Staatsrecht – Grundrechte PDF HWS 2023

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

Document Details

TimeHonoredKelpie

Uploaded by TimeHonoredKelpie

Universität Mannheim

2023

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz

Tags

constitutional law fundamental rights german law public law

Summary

This document is a lecture script on constitutional law, specifically focusing on fundamental rights. It details the different types of fundamental rights, and covers topics like the functions of fundamental rights. The lecture is from the winter semester of 2023.

Full Transcript

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 B. Allgemeine Grundrechtslehren I. Grundrechtstypen 1. Norm- und sachgeprägte Grundrechte ▪ Normgeprägte Grundrechte = Grundrechte, deren Schutzbereich normativer (d.h. gesetzlicher) Ausgestaltung bedarf, damit der Grundrechtsberecht...

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 B. Allgemeine Grundrechtslehren I. Grundrechtstypen 1. Norm- und sachgeprägte Grundrechte ▪ Normgeprägte Grundrechte = Grundrechte, deren Schutzbereich normativer (d.h. gesetzlicher) Ausgestaltung bedarf, damit der Grundrechtsberechtigte von dieser Freiheitsgewährleistung überhaupt erst Gebrauch machen kann (vor allem Art. 14 I 1 GG – was Eigentum ist, muss zunächst vom Gesetzgeber definiert werden; Art. 6 I GG – was eine Ehe ist, welche rechtlichen Verpflichtungen mit ihr verbunden sind und wer zu ihrer Eingehung berechtigt ist, bedarf ebenfalls gesetzlicher Konkretisierung). ▪ Sachgeprägte Grundrechte = Grundrechte, die auf dem Staate vorgegebene Lebenssachverhalte Bezug nehmen (z.B. Art. 2 II 1 GG – was Leben ist, bestimmt sich zuvörderst nach biologischen Merkmalen; Art. 13 GG – was eine Wohnung ist, bestimmt sich primär nach der sinnlichen Wahrnehmung). Solche Grundrechte werden auch gerne als „urwüchsige Grundrechte“ bezeichnet, da ihre Inanspruchnahme auf keine „normative Vorleistung“ angewiesen ist. 2. Grundrechte mit und ohne Gesetzesvorbehalt ▪ Die Mehrzahl der Grundrechte steht unter Gesetzesvorbehalt (= Schranke). Sie können also durch oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden, wobei diese Beschränkung ihrerseits sog. „Schranken-Schranken“, d.h. Restriktionen, unterliegen (dazu noch später). Bsp.: Art. 2 II 3 GG, Art. 5 II GG, Art. 8 II GG, Art. 12 I 2 GG. ▪ Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt: Einige Grundrechte wurden vom Verfassungsgeber demgegenüber nicht mit einem expliziten Gesetzesvorbehalt versehen. Hierzu zählen Art. 4 I und II GG (str.), Art. 5 III GG, Art. 6 I GG und Art. 8 I GG für Versammlungen in geschlossenen Räumen. Hieraus folgt allerdings nicht, dass diese Grundrechte nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden dürften. Die Legitimation für ein solches Gesetz kann sich nach dem methodischen Grundsatz der Einheit der Verfassung (s. Staatsrecht I) allerdings aus der Verfassung selbst herleiten lassen (sog. „verfassungsimmanente Schranken“ – dazu noch später). Dass es hierzu dennoch eines (Parlaments-)Gesetzes bedarf, sprich die Beschränkung nicht einfach unmittelbar aus der Verfassung deduziert werden kann), folgt aus der Wesentlichkeitsdoktrin sowie aus einem „Erst-recht-Schluss“. 5 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 3. Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte ▪ Die in den Art. 1 bis 19 GG verbürgten Rechte bezeichnet man als Grundrechte (obschon nicht alle der dort normierten Bestimmungen auch Grundrechte verbürgen – vgl. z.B. Art. 7 GG; str. für Art. 1 I GG – dazu noch später). ▪ Die außerhalb der Art. 1 bis 19 GG verbürgten subjektiven Rechte mit Grundrechtsqualität bezeichnet man demgegenüber als grundrechtsgleiche Rechte. Welche dies sind, kann Art. 93 I Nr. 4a GG unschwer entnommen werden (z.B. Art. 33 und Art.38 GG). ▪ Nota bene: Es handelt sich hierbei primär um eine terminologische Unterscheidung. Über die Qualität der Rechte ist damit nichts ausgesagt; insbesondere handelt es sich bei den grundrechtsgleichen Rechten nicht um Grundrechte minderer Qualität, d.h. um per se rangniedrigere Rechte. 4. Kombinationsgrundrechte = „i.V.m.“-Grundrechte (z.B. Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG; Art. 1 I i.V.m. Art. 20 I GG; Art. 2 I i.V.m. Art. 4 I GG) II. Grundrechtsfunktionen 1. Abwehrfunktion (status negativus) ▪ Nach bis heute herrschendem Grundrechtsverständnis, welches seine Wurzeln einerseits im Geist der geschichtlichen Tradition des liberalen Rechtsstaats, andererseits in der geschichtlich erfahrenen Totalität durch das nationalsozialistische Unrechtsregime findet, handelt es sich bei den Grundrechten primär um gegen staatliche Machtentfaltung gerichtete subjektive Abwehrrechte (vgl. BVerfGE 7, 198 [204] – Lüth). ▪ In dieser sog. status negativus-Funktion (vgl. Georg Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl. 1919) räumen sie dem Bürger gegen die öffentliche Gewalt einen Anspruch darauf ein, ungesetzliche oder unverhältnismäßige Eingriffe in seinen grundrechtlich gewährleisteten Freiheitsbereich zu unterlassen (Aspekt der Grundrechte als Freiheit vom Staat). ▪ In ihrer Abwehrfunktion verbürgen die Grundrechte damit einen Beseitigungsanspruch, soweit der staatliche Eingriff bereits erfolgt ist, bzw. einen Unterlassungsanspruch, soweit der staatliche Eingriff noch bevorsteht. 6 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 2. Leistungsfunktion (status positivus) ▪ In ihrer Leistungsfunktion sind Grundrechte dadurch gekennzeichnet, dass sie dem Einzelnen einen subjektiv-rechtlichen (d.h. einforder-, einklagbaren) Anspruch auf eine bestimmte staatliche Handlung (finanzielle oder sonstige Leistung, Teilhabe an etwas, Schutz oder auch Verfahrensausgestaltung) gewähren. ▪ Der Einzelne begehrt hier folglich nicht – wie bei der Abwehrfunktion – Freiheit vom Staat, sondern will durch den Staat seine Handlungsfreiheit gerade erweitern (Aspekt der Grundrechte als Freiheit nicht ohne den Staat bzw. durch den Staat). ▪ Da – wie gesehen – das Grundgesetz „sozialen Grundrechten“ ablehnend gegenübersteht, gewähren die Art. 1 ff. GG allerdings nur wenige explizite Leistungsrechte. Zu diesen zählen etwa: ➢ Art. 1 I i.V.m. Art. 20 I GG (Sozialstaatsprinzip): Anspruch auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (im Rahmen des gesellschaftlich Möglichen) ➢ Art. 6 IV GG: Anspruch der Mutter auf Schutz und Fürsorge ➢ Art. 7 IV GG: Anspruch privater Schulträger auf Finanzierung eines funktionierenden Privatschulsystems. Der einzelne private Schulträger hat indessen keinen Anspruch auf Gewährung solcher finanziellen Leistungen, die gerade seine individuelle Existenz sichern. Entscheidend ist vielmehr, dass ein Privatschulsystem als Ganzes Bestand haben kann. Nur Letzteres kann subjektiv-rechtlich eingeklagt werden (vgl. BVerfGE 75, 40 ff.; 112, 74 ff.). ➢ Art. 19 IV GG: Anspruch auf Gewährung von Rechtschutz (Justizgewährungsanspruch). ▪ Auch sonst können sich aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 3 I GG (Gleichbehandlungsgebot), ausnahmsweise Ansprüche des Bürgers auf gleiche Teilhabe an staatlichen Leistungen ergeben (zum Teil wird dieser Gesichtspunkt allerdings auch der nachfolgend beschriebenen Teilhabefunktion der Grundrechte zugeordnet). Klassisches Bsp: Gleiche Teilhabe an knappen Studienplätzen. Das BVerfG hat in seiner berühmten numerus clausus-Entscheidung (BVerfGE 33, 303 ff.) einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an der Vergabe knapper Studienplätze aus Art. 12 I 1 Alt. 3 i.V.m. Art. 3 I GG hergeleitet. 3. Teilhabefunktion (status activus) ▪ Grundrechte gewähren dem Einzelnen einen sog. status activus, wenn sie ihm eine politische Teilhabe an der Gestaltung des staatlichen 7 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 Gemeinwesens (Aspekt der Grundrechte als Freiheit im und für den Staat). ▪ Dieser status activus wird durch die staatsbürgerlichen Rechte ausgeformt und gesichert (Bürgerrechte). Hierzu zählt vor allem das aktive und passive Wahlrecht (Art. 38 GG), sowie die Bestimmungen über den Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 I – III GG). ▪ Häufig tritt hier die Freiheit des Bürgers in die Dienste des Staates, der insoweit zum Raum für grundrechtliche Betätigung wird. U.a. resultiert hieraus die Problematik des sog. Sonderstatusverhältnisses (auch „besonderes Gewaltverhältnis“ genannt), welches den Bürger zwar nicht grundrechtslos stellt, wohl aber eine stärkere Einschränkung seiner Grundrechte im Interesse der Funktionsfähigkeit dieses Sonderstatusverhältnisses rechtfertigt (z.B. Kopftuchverbot für Lehrerinnen). 4. Objektiv-rechtliche Funktionen a) „Ausstrahlungswirkung“ der Grundrechte ▪ Das BVerfG hat in seiner Lüth-Entscheidung (BVerfGE 7, 198 ff.) aus den Grundrechten eine „objektive Werteordnung“ hergeleitet. Die in den Grundrechten enthaltenen (Rechts-)Werte sollen in die gesamte Rechtsordnung „ausstrahlen“ und insbesondere unbestimmte Rechtsbegriffe (wie die Begriffe „Sittenwidrigkeit“ oder „Treu und Glauben“ – vgl. z.B. §§ 138 BGB, 242 BGB, 826 BGB, 33a II Nr. 2 GewO, 4 I Nr. 1 GastG) bei deren Interpretation beeinflussen. Auf dieser Ausstrahlungswirkung der Grundrechte basiert die Verpflichtung zu grundrechtskonformer Auslegung, also zur möglichst grundrechtsschützenden und -fördernden Auslegung des einfachen Rechts sowie die sog. mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht. ▪ In späteren Entscheidungen hat das BVerfG diese „objektiven Wertentscheidungen“ als „objektive Gehalte“ der Grundrechte bzw. als die „objektiv-rechtliche Dimension“ der Grundrechte charakterisiert. Bei dieser handelt es sich im Verhältnis zur subjektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte gleichsam um die „zweite Seite“ der (Grundrechts-)Medaille: Sie soll den subjektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte verstärken, ist von daher aber auch in seiner persönlichen wie sachlichen Reichweite mit der subjektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte kongruent. Insbesondere darf die objektiv-rechtliche Dimension der Grundrechte nicht gegen die subjektiv-rechtliche ausgespielt werden. ▪ Robert Alexy verdanken wir in diesem Zusammenhang die Erkenntnis, dass die objektiv-rechtlichen Gehalte der Grundrechte letztlich als Prinzipien zu begreifen sind, die – wie jedes Prinzip – 8 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 nach Optimierung durch staatliche Maßnahmen (etwa in Gestalt von Schutzgesetzen, bei der Ermessensausübung der Verwaltung etc.) verlangen. b) Schutzpflichtenfunktion (status positivus) ▪ Aus diesem Optimierungsgedanken heraus hat das BVerfG in seiner „ersten Abtreibungsentscheidung“ (BVerfGE 39, 1 ff.) die Schutzpflichtendimension der Grundrechte entwickelt. Die Schutzpflichtendimension der Grundrechte betrifft das trigonale Verhältnis zwischen Störer, Opfer und Staat. Das Opfer einer privaten Grundrechtsbeeinträchtigung – etwa eines Übergriffs in das Recht auf Leben – hat aus den Grundrechten (hier: Art. 2 II 1 GG) heraus einen Anspruch gegen den Staat, Maßnahmen zu ergreifen, um den privaten Übergriff abzuwehren. ▪ Das BVerfG stützt sich – wie erwähnt – für die Herleitung dieser Schutzpflichtenfunktion u.a. auf die objektiv-rechtliche Funktion der Grundrechte (was allerdings mit dem Problem der „Resubjektivierung“ des Schutzanspruchs behaftet ist). In späteren Entscheidungen, so erstmalig in der „zweiten Abtreibungsentscheidung“ (BVerfGE 88, 203 ff.), hat das Gericht diese Funktion zudem auf Art. 1 I 2 GG („schützen“) gestützt. Seitdem verwendet es beide Herleitungsansätze. ▪ Die Schutzpflichtenfunktion der Grundrechte ist unstreitig und wohl schon „universeller Natur“ (EU-GRC, EGMR). Sie wird auch vom rechtswissenschaftlichen Schrifttum ausnahmslos akzeptiert. Zum Teil variieren die dogmatischen Herleitungsansätze. So vertritt etwa Josef Isensee die Auffassung, dass die Schutzpflichtendimension letztlich aus der Funktion des Staates herzuleiten ist, seinen Bürgern nach innen und außen Schutz zu gewähren („staatstheoretischer Ansatz“). ▪ Bei der Entscheidung über die Frage, wie die grundrechtlichen Schutzpflichten zu erfüllen sind, kommt dem Gesetzgeber nach Auffassung des BVerfG indes ein beträchtlicher Gestaltungsspielraum zu. Das grundrechtliche Schutzrecht ist erst dann verletzt, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen bzw. Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben (vgl. BVerfGE 92, 26 [46]). Dem Gesetzgeber kommt insoweit ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Dabei hat er i.Ü. auf kollidierende Rechtspositionen Dritter Rücksicht zu nehmen („Schleyer“-Problematik – vgl. BVerfGE 46, 160). ▪ Aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (Wesentlichkeitsdoktrin) ist die Verwirklichung der 9 Staatsrecht – Grundrechte Prof. Dr. R. Müller-Terpitz HWS 2023 grundrechtlichen Schutzpflichtenfunktion zudem auf eine gesetzliche Ausgestaltung angewiesen. Die Schutzpflicht des Staates vor privaten Übergriffen ist folglich stets „gesetzesmediatisiert“. c) Verfahrensschutz ▪ „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ wird ebenfalls als eine Facette der objektiv-rechtlichen Funktion der Grundrechte angesehen. Bedeutung erlangt dies insbesondere dort, wo Beeinträchtigungen von Grundrechten nachträglich keiner wirksamen gerichtlichen Kontrolle mehr unterzogen werden können, weil sie sich mit dem Eingriffsakt erledigen. In diesen Fällen muss der Grundrechtsschutz bereits im Vorfeld durch eine adäquate verfahrensrechtliche Ausgestaltung sichergestellt werden. Bsp: ➢ Schutz der Grundrechte im Strafverfahren durch Einschaltung eines Ermittlungsrichters bei strafverfahrensrechtlichen Handlungen (z.B. richterliche Anordnung der Hausdurchsuchung – vgl. Art. 13 II GG; richterliche Anordnung von fernmeldetechnischen Überwachungsmaßnahmen; richterliche Anordnung einer OnlineDurchsuchung). ➢ Beteiligung betroffener Bürger bei komplexen verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren (etwa zur Genehmigung einer emittierenden Anlage oder zur Errichtung einer Lärm verursachenden Straße; Einzelheiten hierzu sind in den verwaltungsrechtlichen Genehmigungsgesetzen – etwa dem BImSchG oder dem FStrG – bzw. im VwVfG geregelt). d) Institutsgarantien/Institutionelle Garantien ▪ Ebenfalls der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte werden die (privatrechtlichen) Institutsgarantien bzw. die (öffentlich-rechtlichen) institutionellen Garantien zugerechnet. ▪ So entnimmt man etwa der Eigentumsfreiheit (Art. 14 I 1 GG) zugleich die Garantie, dass es (privates) Eigentum als solches überhaupt geben muss. In ähnlicher Weise sind Ehen über Art. 6 I GG, Privatschulen über Art. 7 IV GG und das Berufsbeamtentum 10 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 über Art. 33 V GG als objektive Einrichtungen gegen ihre ersatzlose (gesetzliche) Abschaffung geschützt. ▪ Auch folgert das BVerfG aus der Rundfunkfreiheit (Art. 5 I 2 GG) im gegenwärtigen dualen Rundfunksystem eine Bestandsgarantie (und damit eine institutionelle Garantie) für die Institution „öffentlich-rechtlicher Rundfunk“ in seiner Gänze (nicht aber für die einzelne öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt). 5. Grundpflichten? ▪ Im Gegensatz zur WRV (aber auch zur aktuellen bayerischen Landesverfassung), welche ihren 2. Hauptteil mit „Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen“ überschrieb, verwendet das GG den Terminus „Grundpflicht“ bewusst an keiner Stelle. ▪ Von Art. 12 II und Art. 12a GG abgesehen, statuiert es denn auch keine solchen Grundpflichten. Insbesondere aus den Wertentscheidungen der Grundrechte kann nicht die Pflicht des Einzelnen hergeleitet werden, die grundrechtlich umhegten Lebensbereiche anderer Rechtsgenossen genauso wie der Staat zu respektieren. Dies liefe auf eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Privaten hinaus, was allgemein abgelehnt wird. Oder anders formuliert: Für die Grundrechte wird nur eine mittelbare, nicht aber eine unmittelbare Drittwirkung anerkannt. ▪ Die Art. 1 ff. GG können deshalb nicht zugleich als Grundpflichten (etwa eine Pflicht zu Leben – vgl. Art. 2 II 1 GG oder eine Pflicht, religiös zu sein – vgl. Art. 4 I, II GG), interpretiert werden. Sie beinhalten lediglich Grundrechte! 11

Use Quizgecko on...
Browser
Browser