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Bilanzsteuerrecht Bilanzierung und Bewertung Fremdkapital Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung und Bewertung Fremdkapital 1.1 3 Verbindlichkeiten 4 1.1.1 Verbindlichkeiten 4 1.1.2 Arten von Verbindlich...

Bilanzsteuerrecht Bilanzierung und Bewertung Fremdkapital Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung und Bewertung Fremdkapital 1.1 3 Verbindlichkeiten 4 1.1.1 Verbindlichkeiten 4 1.1.2 Arten von Verbindlichkeiten und Bewertung 4 Beispiel zur Bewertung von Verbindlichkeiten Arten von Verbindlichkeiten 1.1.3 Abzinsung und unverzinsliche Verbindlichkeiten 6 Verbuchung des Zinsaufwands 1.1.4 Tilgungsdarlehen 9 Berechnung des Tilgungsdarlehens nach folgender Formel 1.2 Rückstellungen 1.2.1 1.2.2 9 Arten von Rückstellungen 10 1.2.1.1 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten 10 1.2.1.2 Drohverlustrückstellungen 12 1.2.1.3 Kulanzrückstellungen 13 1.2.1.4 Rückstellungen Instandhaltungsaufwendungen 13 1.2.1.5 Rückstellungen für Abraumbeseitigung 14 Bewertung von Rückstellungen 14 1.2.2.1 14 Pensionsverpflichtungen Miterwerb beziehungsweise Übernahme von Verpflichtungen Auflösung von Pensionsrückstellungen Pensionsverpflichtung und Rückdeckungsansprüche Pensionsverpflichtung zusammengefasst 1.2.2.1.1 Sonderfall Gesellschafter-Geschäftsführer 15 Pensionszusage an GesellschafterGeschäftsführer von Personengesellschaften 1.2.3 1.2.2.2 Pensionsrückstellungen 16 1.2.2.3 Andere langfristige Rückstellungen 16 Rückstellungen aus Miet- & Pachtverhältnissen 18 1.2.3.1 Beseitigungsverpflichtungen 18 1.2.3.2 Rekultivierungsverpflichtungen 18 1.2.3.3 Substanzerhaltungsverpflichtung 18 Überblick über die Rückstellungen aus Miet- und © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 1 von 32 Pachtverhältnissen 1.2.4 Rückstellungen 19 1.2.4.1 19 Unterschied zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten Arten von Rückstellungen 1.2.4.2 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten 21 1.2.4.3 Prozesskostenrückstellungen 21 Aufwandsbuchung 1.2.4.4 Gewährleistungsrückstellungen 22 1.2.4.5 Pensionsrückstellungen - Ansatz 23 Pensionsrückstellungen Beispiele 1.2.4.6 Pensionsrückstellungen - Bewertung 1.2.4.6.1 24 Pensionsrückstellung - Heubeck-Richttafeln 2018 G 25 Heubeck-Richttafeln 2018 G 1.2.4.7 Pensionsrückstellungen - Direkte Methode 25 1.2.4.8 Pensionsrückstellungen - Indirekte Methode 26 Übung: Indirekte Berechnung von Pensionsrückstellungen Übung: Direkte Berechnung von Pensionsrückstellungen Beispiel zur Berechnung nach der indirekten Methode: 1.2.4.9 Drohverlustrückstellungen 29 1.2.4.10 Kulanzrückstellungen 31 1.2.4.11 Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsaufwendungen 31 1.2.4.12 Rückstellungen für Abraumbeseitigung 32 1.2.4.13 Spezielle steuerrechtliche Vorschriften für Rückstellungen 32 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 2 von 32 1 Bilanzierung und Bewertung Fremdkapital Im Folgenden geht es um die Bilanzierung und Bewertung von Verbindlichkeiten, Bilanzierung und Bewertung der Rückstellungen, Kenntnis konkreter Rückstellungen wie Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, Drohverlustrückstellung und Kulanzrückstellungen. Nicht zuletzt sollten Sie den Unterschied zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten kennen. Beim Ansatz von Rückstellungen ist eine große Detailkenntnis verlangt, lesen Sie deshalb den § 249 HGB sehr genau. Die nächste großen Position nach dem Eigenkapital auf der Passivseite der Bilanz sind jene des Fremdkapitals. Hierzu zählen Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Der Unterschied zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten besteht darin, dass Rückstellungen dem Grunde und/oder der Höhe nach nicht (!) sicher feststehen. Es könnte bei einer Rückstellung passieren, dass die rückstellende Unternehmung in der Zukunft einer Belastung ausgesetzt ist, dies muss aber nicht geschehen. Wenn dies also nicht sicher ist (aber mehr dafür als dagegen spricht), muss eine Rückstellung gebildet werden und keine Verbindlichkeit. Der Unterschied zwischen den beiden lässt sich durch folgendes Beispiel abbilden.  BEISPIEL Ein Kunde der X-AG rutscht am 09.12.01 beim Hereinkommen in das Verwaltungsgebäude auf einer Bananenschale aus und verklagt die X-AG zwei Wochen später auf Schadenersatz. Der Prozess hierzu wird erst in 02 zu Ende gehen, es spricht jedoch aus Sicht der X-AG vieles dafür, dass der Kunde den Prozess gewinnt und die X-AG Schadenersatz leisten muss. Das Beispiel zeigt, dass hier eine Auszahlung der Zukunft (nämlich 10.000 € im Jahr 02) vorliegt, die zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher ist. Aus diesem Grund darf keine Verbindlichkeit gebucht werden gegenüber dem Kunden, sondern es muss vielmehr eine Rückstellung angesetzt werden. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 3 von 32  METHODE Man sieht an diesem Beispiel sehr gut, dass Rückstellungen das Imparitätsprinzip konkretisieren. Sobald ein Verlust wahrscheinlicher ist als der Nicht-Verlust, muss dieser Verlust der Zukunft bereits heute angesetzt werden. Verluste müssen also antizipiert werden, wie es das Imparitätsprinzip besagt. 1.1 Verbindlichkeiten 1.1.1 Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten sind mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen. Geldleistungsverpflichtungen regelmäßig der Rückzahlungsbetrag. Dies ist bei  BEISPIEL Die Trulla-AG aus Mainz nimmt bei ihrer Hausbank einen Kredit auf über nominal 1.000 €. Dieser wird unter Abschlag eines Disagios von 5 % ausbezahlt. Der Kredit ist im nächsten Jahr zu tilgen. Die Verbindlichkeit ist mit 1.000 € einzubuchen, egal ob das Disagio aktiviert wird. Der Buchungssatz lautet daher Bank 950 an ARAP 50 an Verbindlichkeiten 1.000 im Fall der Aktivierung des Diagios bzw. Bank 950 an Zinsaufwand 50 an Verbindlichkeiten 1.000 im Falle der Nichtaktivierung des Disagios. In jedem Fall aber wird die Verbindlichkeit in Höhe von 1.000 € eingebucht. 1.1.2 Arten von Verbindlichkeiten und Bewertung Eine Verbindlichkeit kommt dann in Betracht, wenn die Grundlagen der Schuld sicher und ihr Betrag hinreichend bestimmt ist. Nach dem Handelsrecht sind Verbindlichkeiten zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Im Steuerrecht sind Verbindlichkeiten mit ihren Anschaffungskosten zu passivieren (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 4 von 32 Hierunter versteht man den Nennwert einer Verbindlichkeit, wobei zwischen dem Nennwert und dem Erfüllungsbetrag normalerweise kein Unterschied besteht (H 6.10 [Anschaffungskosten] EStH).  MERKE Handelsrechtlich werden unverzinsliche Verbindlichkeiten nicht abgezinst, steuerrechtlich hingegen schon, wenn sie eine Laufzeit von länger als einem Jahr haben (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 und 2 EStG). Wenn dem Schuldner nicht der volle Kreditbetrag zufließt, sondern weniger, mithin ein Disagio vereinbart ist, so ist der Rückzahlungsbetrag zu passivieren. Beispiel zur Bewertung von Verbindlichkeiten  BEISPIEL Der Steuerpflichtige Franz aus Kassel erhält von seiner Hausbank einen Kredit in Höhe von 1.000 €, wobei ein Disagio von 4 % vereinbart ist. Die Rückzahlung erfolgt nach vier Jahren zu pari, der Nominalzins beträgt 5 %. Franz erhält also nur 960 € von seiner Hausbank ausbezahlt, da er ein Disagio von 4%, also 40 Euro, zahlen muss. Er muss aber 5 % Zinsen auf 1.000 €, also 50 €, jedes Jahr an Zinsaufwand leisten. Da er am Ende an seine Hausbank 1.000 € zurückbezahlt, ist ein Betrag in Höhe von 1.000 € zu passivieren. Verbindlichkeiten stehen dem Grunde und der Höhe nach sicher fest und unterscheiden sich dadurch von Rückstellungen. Eine Verbindlichkeit ist bis zur Erfüllung, also bis zu ihrer Bezahlung, in der Bilanz des Schuldners zu passieren. www.steuerkurse.de/go/1d3624c Arten von Verbindlichkeiten Man unterscheidet folgende Arten von Verbindlichkeiten: Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, Verbindlichkeiten, welche verzinslich sind, © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 5 von 32 Verbindlichkeiten, die auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG), Verbindlichkeiten unter einer Auflage, nach welcher die Vorteile aus der Zinslosigkeit dem Schuldner nicht verbleiben. In den folgenden zwei Lernvideos werden erhaltene und geleistete Anzahlungen behandelt. www.steuerkurse.de/go/e52e420 www.steuerkurse.de/go/e536db0 1.1.3 Abzinsung und unverzinsliche Verbindlichkeiten Dieses Lernvideo bietet eine Übersicht über Verbindlichkeiten © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 6 von 32 www.steuerkurse.de/go/a937157 Speziell auf Unverzinsliche Verbindlichkeiten wird in diesem Video eingegangen www.steuerkurse.de/go/00e0041 Unverzinsliche Verbindlichkeiten, welche eine Laufzeit von mindestens einem Jahr haben, sind nach dem Steuerrecht abzuzinsen, und zwar mit einem Zinssatz von 5,5 % (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG).  EXPERTENTIPP Beachte, dass handelsrechtlich eine Abzinsung von Verbindlichkeiten unzulässig ist. Ein Abzinsen würde gegen das Realisationsprinzip verstoßen, denn man würde sich reicher rechnen als man ist. Verbuchung des Zinsaufwands Wenn die Verbindlichkeit länger als ein Jahr besteht, so ist in den Folgejahren die Verbindlichkeit zu erhöhen und zwar durch den Buchungssatz © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 7 von 32  MERKE Zinsaufwand an Verbindlichkeit. Ob die 12-Monatsgrenze überschritten ist, entscheidet sich nach der Restlaufzeit der Verbindlichkeit am Bilanzstichtag.  BEISPIEL Der Einzelunternehmer Hubert aus Trier erwirbt am 31.12. des Jahres 01 eine unverzinsliche Verbindlichkeit in Höhe von 30.000 €, die eine Laufzeit von drei Jahren aufweist. Am 31.12. des Jahres 01 hat die Verbindlichkeit noch eine Restlaufzeit von drei Jahren, außerdem ist sie unverzinslich. Damit hat eine Abzinsung zu erfolgen. Der Vervielfältiger für drei Jahre liegt bei 0,852 (§ 12 Abs. 3 BewG). Die Verbindlichkeit wird deswegen mit 30.000 € · 0,852 = 25.560 € angesetzt. Man könnte auch rechnen:. Der Unterschied zum Rückzahlungsbetrag von 30.000 € bildet im Jahr 01 einen Ertrag, der das steuerliche Einkommen erhöht.  EXPERTENTIPP Beachte aber, dass der steuerliche Wert von 0,852 ungenauer ist, aber korrekt. Wir geben also die mathematisch genauere, aber steuerlich eben nicht korrekte Variante nur für das Verständnis an. Im Jahre 03 liegt der Verteilungsfaktor bei 0,898 für zwei Jahre (§ 12 Abs. 3 BewG). Dieser wird gerechnet als. Die Verbindlichkeit ist entsprechend hochzubuchen auf. Der Buchungssatz zur Aufstockung der Verbindlichkeit lautet  MERKE Zinsaufwand an Verbindlichkeit 1.380 €. Die Restlaufzeit einer Verbindlichkeit ist taggenau zu berechnen. Allerdings kann vereinfachend unterstellt werden, dass ein Monat 30 Tage und das Kalenderjahr 360 Tage besitzt. Der Monat, in welchem der Fälligkeitstag liegt, ist mit dem Anteil der tatsächlichen Tage einschließlich des Fälligkeitstages, allerdings höchstens mit 30 Tagen anzusetzen.  BEISPIEL Am Bilanzstichtag 31.12. des Jahres 01 beträgt eine Verbindlichkeit mit einem © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 8 von 32 Nennwert von 100.000 €, die unverzinslich ist, noch vier Jahre, acht Monate und 21 Tage. Die Restlaufzeit beträgt zwischen vier und fünf Jahren. Folglich ist ein Vervielfältiger anzuwenden, der zwischen jenem für vier Jahre und jenem für fünf Jahre, also zwischen den Zahlen 0,807 und 0,765, liegt. Die Differenz dieser Vervielfältiger lautet 0,807 - 0,765 = 0,042. Der Teilbetrag des Jahres beträgt. Mit anderen Worten betragen acht Monate und 21 Tage dann 72,5 % eines ganzen Jahres. Es sind damit 72,5 % der Differenz der Vervielfältiger anzusetzen, also. Der Vervielfältiger für vier Jahre wird entsprechend reduziert, der maßgebende Vervielfältiger liegt also bei 0,807 - 0,030 = 0,777. Daher erfolgt ein Ansatz in der Bilanz am 31.12.02 in Höhe von. 1.1.4 Tilgungsdarlehen Im Folgenden gehen wir auf Tilgungsdarlehen ein. Wenn eine Verbindlichkeit in gleichen Jahresraten getilgt wird (= Tilgungsdarlehen), so erfolgt das Abzinsen mittels der Vervielfältiger aus der Anlage 9a zu § 13 BewG. Berechnung des Tilgungsdarlehens nach folgender Formel  METHODE 1. Ermittle, wie viel Euro in einem Jahr insgesamt getilgt werden. Wenn monatsweise getilgt wird, so multipliziere die Monatstilgungen mit 12. Sollte quartalsweise getilgt werden, so multipliziere die Quartalstilgungen mit 4 usw. Man erhält den sog. Jahreswert der Verbindlichkeit. 2. Schlage den Vervielfältiger aus Anlage 9a zu § 13 BewG nach. 3. Errechne den Bilanzwert der Verbindlichkeit, indem man den Jahreswert der Verbindlichkeit mit dem entsprechenden Vervielfältiger multipliziert. 1.2 Rückstellungen  METHODE Rückstellungen sind abschließend in § 249 HGB aufgelistet. Nur die dort aufgeführten Rückstellungsarten sind handelsrechtlich zu passivieren. § 249 Abs. 2 HGB bestimmt, dass „alles andere“, was nicht im Absatz 1 genannt ist, nicht als Rückstellung passiviert werden darf. Die Bilanzierung und Bewertung der Rückstellungen wird Ihnen nun zunächst nähergebracht: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 9 von 32 www.steuerkurse.de/go/9d2772c Man unterscheidet unterschiedliche Arten von Rückstellungen Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. HGB) Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. HGB) Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltungen, die in den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) Rückstellungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (Kulanzrückstellungen, § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB) Kommen wir zu den Rückstellungen im Einzelnen. 1.2.1 Arten von Rückstellungen 1.2.1.1 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Bei Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten spricht mehr dafür als dagegen, dass es im folgenden Geschäftsjahr zu einer Aufwendung kommen wird. Nach dem Imparitätsprinzip, nach dem Verluste zu antizipieren sind (Gewinne jedoch nach dem Realisationsprinzip nicht) müssen diese Aufwendungen der Zukunft heute bereits als Verlust geltend gemacht werden. Beispiele für Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind: Prozessrückstellungen Pensionsrückstellungen Rückstellungen für Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung. Das oben erwähnte Beispiel des Kunden, der die Unternehmung wegen des Schadens verklagt, zeigt sehr gut die Essenz von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Allgemeinen, nämlich die Vorwegnahme (= Antizipation) von Verlusten. Obwohl der Prozess erst in der Zukunft, also im Jahre 02 beendet sein wird, der Verlust wahrscheinlich, aber nicht sicher ist, ist der Verlust nicht erst in 02 zu buchen, sondern schon heute, also in 01, weil der wirtschaftliche Grund, d.h. das Entstehen des Grundes für die wahrscheinliche Auszahlung der Zukunft in der heutigen Periode liegt, nämlich der Schadensfall des Kunden. Der Buchungssatz lautet deswegen auch folgendermaßen: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 10 von 32 Aufwand für Prozessrückstellungen an Prozessrückstellungen Der Verlust wird also heute bereits angesetzt (Aufwandsbuchung), es entsteht eine Schuld auf der Passivseite der Bilanz in Form der Rückstellung. Es gibt nun zwei Möglichkeiten, wie mit dieser Rückstellung im Jahr 02 umgegangen wird: der Prozess wird tatsächlich, wie erwartet, verloren, der Prozess wird völlig überraschend gewonnen. Im ersten Fall ist „lediglich” noch die Auszahlung zu buchen, aber nicht mehr der Verlust, denn dieser wurde bereits in 01 durch die Bildung der Rückstellung verbucht. Der Buchungssatz lautet Prozessrückstellungen an Bank Die Rückstellungen sind also auszubuchen und die Kasse wird weniger. Es handelt sich im Jahre 02 um eine Bilanzverminderung, da ein Aktivkonto (die Bank) und ein Passivkonto (die Rückstellung) sinken. Erfolgsmäßig passiert in 02 nichts mehr. Im zweiten Fall, dass nämlich der Prozess unvorhergesehener Weise gewonnen wird, muss der Verlust, der in 01 gebucht wurde, nun durch einen Ertrag rückgängig gemacht werden. Durch die Aufwandsbuchung in 01 und die Ertragsbuchung in 02 gleichen sich Gewinne und Verluste über die Jahre hinweg gesehen aus, man erhält also über die Zeit hinweg eine Erfolgsneutralisierung. Der Buchungssatz lautet Prozessrückstellungen an außerordentliche Erträge Eine weitere Position der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden die Rückstellungen für Gewährleistungen, die mit rechtlicher Verpflichtung erbracht werden.  BEISPIEL Die Elektrik-AG aus Mainz stellt Fernsehapparate her. Auf die Fernsehapparate räumt sie eine Garantiefrist von einem Jahr ein und rechnet mit Ansprüchen der Kundschaft in Höhe von 1 Million €. Die Elektrik-AG muss also Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (genauer für Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung) in Höhe von 1 Million € bilden. Da Aufwendungen in der Zukunft in etwa dieser Höhe zu erwarten sind, muss der Verlust heute bereits antizipiert werden, denn der wirtschaftliche Grund für die Aufwendungen der Zukunft ist heute bereits entstanden durch die Gewährleistung bezüglich der einwandfreien Funktionsweise der Fernsehapparate innerhalb eines bestimmten Zeitraums. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 11 von 32 1.2.1.2 Drohverlustrückstellungen www.steuerkurse.de/go/c77cb29 Es sind für die Bildung dieser speziellen Rückstellungen zwei Punkte zu beachten, die in der vorliegenden Reihenfolge abgearbeitet werden müssen: schwebendes Geschäft drohender Verlust daraus. Ein Geschäft wird als schwebend bezeichnet, wenn es beidseitig noch unerfüllt ist. Das heißt konkret, dass der Produzent noch nicht geliefert haben darf, und der Kunde noch nicht bezahlt haben darf, beide Ansprüche aus dem Kaufvertrag dürfen also noch nicht erfüllt worden sein. Die zweite Voraussetzung (nämlich, dass ein Verlust droht) bedeutet, dass der Verkaufspreis unter die Kosten gefallen sein muss.  BEISPIEL Die Beton-GmbH aus Köln stellt hochwertige Garagen her. Der Selbstkostenpreis für die Materialien wie Beton etc. und alle darüber hinausgehenden Kosten liegt bei 20.000 € pro Garage. Im Kaufauftrag mit der Mühle – OHG, in der die MühleOHG sich verpflichtet, fünf Garagen von der Beton-GmbH abzunehmen, wird ein Verkaufspreis pro Garage von 30.000 € vereinbart. Durch widrige Umstände steigen nun die Selbstkosten pro Garage auf 35.000 € an. Wie ist zu verfahren? Zunächst ist zu prüfen, ob es sich um ein schwebendes Geschäft handelt. Dies ist zu bejahen, denn die Beton-GmbH hat noch nicht geliefert, die Mühle-OHG hat noch nicht bezahlt. Insofern hat noch keine der Vertragsparteien geleistet, das Geschäft schwebt also noch. Aus diesem schwebenden Geschäft droht nun ein Verlust, denn die Selbstkosten übersteigen die Verkaufspreise um 35.000 – 30.000 = 5.000 € pro Garage. Da dieser Verlust für die Beton-GmbH wahrscheinlich, aber nicht sicher ist (denn möglicherweise könnten sich die Selbstkosten noch weiter ändern), ist eine Rückstellung zu bilden und keine Verbindlichkeit (denn der Verlust ist nicht sicher, sondern lediglich wahrscheinlich). Speziell ist eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. HGB). Der Buchungssatz lautet: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 12 von 32 Rückstellungsaufwand 1.2.1.3 an Drohverlustrückstellungen 25.000 Kulanzrückstellungen Kulanzrückstellungen werden gebildet für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).  BEISPIEL Die oben erwähnte Elektrik-AG aus vorigem Beispiel hat - wie bereits erwähnt eine Garantiezeit von einem Jahr vertraglich vereinbart. Die anderen Anbieter auf dem Markt bieten noch ein weiteres Jahr kostenlose Reparaturen an. Wie ist nun zu verfahren? Die Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung sind mit Ende der Garantiezeit abgelaufen. Nach dem Ende der Garantiezeit ist man zwar rechtlich nicht mehr verpflichtet die Reparatur für den Kunden kostenfrei vorzunehmen, handelsrechtlich ist man jedoch verpflichtet, eine Rückstellung zu bilden. Dies ist insbesondere deswegen der Fall, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend sind, nicht die rechtlichen. Wenn wegen des Wettbewerbdrucks die Elektrik-AG sehr wohl den Kunden zufriedenstellen und die Reparatur nicht in Rechnung stellen wird, so tut sie dies aus wirtschaftlichen Gründen (wegen des Konkurrenzdrucks), nicht aus rechtlichen. Der Buchungssatz würde lauten: Aufwand für Rückstellungen an Kulanzrückstellungen Für die Höhe der Kulanzrückstellungen müssen Erwartungen gebildet werden, um abzuschätzen, in welcher Höhe Kunden nach Ende der Garantiezeit noch eine Reparatur oder ähnliches verlangen. 1.2.1.4 Rückstellungen Instandhaltungsaufwendungen Wenn im Geschäftsjahr unterlassene (!) Aufwendungen für Instandhaltungen innerhalb des folgenden Geschäftsjahres in den ersten drei Monaten nachgeholt werden, so liegt eine Passivierungspflicht hierfür vor, nämlich für Rückstellungen für unterlassene (!) Instandhaltungsaufwendungen.  BEISPIEL Die X-AG aus Lüne verzeichnet einen Schaden an einem Bagger im November 01. Sie unterlässt es allerdings, die notwendige Reparatur noch im Jahre 01 vorzunehmen; vielmehr nimmt sie die Reparatur vier Monate später, also im März 02 vor. Wie wird gebucht? Es handelt sich offenbar um eine Instandhaltungsaufwendung, die allerdings im alten Geschäftsjahr nicht vorgenommen wird. Da der ökonomische Grund, nämlich der Schaden, aber im alten Geschäftsjahr liegt und die Auszahlung (genauer die Reparatur) im nächsten Geschäftsjahr folgt, ist offenbar nach dem Grundsatz der Verlustantizipation eine Rückstellung zu bilden. Die Norm des § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB konkretisiert dies allerdings dahingehend, dass nur für jene © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 13 von 32 unterlassenen Instandhaltungsaufwendungen eine Rückstellung zu bilden ist, für die die Instandhaltungsaufwendungen innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt wird. Sollte die Instandhaltung vielmehr erst später nachgeholt werden, so liegt ein Passivierungsverbot nach § 249 Abs. 2 HGB vor. Im vorliegenden Beispiel liegt zwar die Instandhaltung vier Monate nach dem Entstehen des Schadens, allerdings wird erst ab Ende des Geschäftsjahres gerechnet und nicht ab Entstehen des Schadens. D.h., hier liegt die Instandhaltung innerhalb der ersten drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres, es muss eine Rückstellung gebildet werden. 1.2.1.5 Rückstellungen für Abraumbeseitigung Sollte eine Abraumbeseitigung, die im laufenden Geschäftsjahr unterlassen wurde, im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, so ist hier eine Rückstellung zu bilden nach § 249 Abs. 1 Nr. 1 HS. 2 HGB. 1.2.2 Bewertung von Rückstellungen 1.2.2.1 Pensionsverpflichtungen Miterwerb beziehungsweise Übernahme von Verpflichtungen Durch das Gesetz zur Anpassung des Investmentsteuergesetzes und anderer Gesetze an das AIFMUmsetzungsgesetz (AFIM-Steuer-Anpassungsgesetz; kurz AIFM-StAnpG) wurde das Einkommensteuergesetz insbesondere § 5 EStG um den Absatz 7 ergänzt. Dieser § 5 Abs. 7 EStG ist für alle Wirtschaftsjahre, die nach dem 28.11.2013 enden, anzuwenden gemäß § 52 Abs. 9 EStG. § 5 Abs. 7 EStG begrenzt beim Übernehmenden den Ansatz beziehungsweise die Bewertung von Rückstellungen aus dem Bereich der drohenden Verluste wie auch der Pensionsrückstellungen nach einer Übernahme zum auf den Erwerb folgenden Bilanzstichtag. Diese Übernahme geschieht meist im Zusammenhang eines Erwerbs des ganzen Betriebes respektive des Teilbetriebes. Es gibt nun zwei mögliche Besonderheiten: Bestand beim Rechtsvorgänger des Betriebes oder des Teilbetriebes beispielsweise für eine Drohverlustrückstellung ein Ansatzverbot, gilt dies nun auch beim Erwerber, allerdings erst am ersten Bilanzstichtag nach dem Erwerb. Bestand beim Rechtsvorgänger des Betriebes oder des Teilbetriebes eine Beschränkung wie nach § 6a Abs. 3 EStG, gilt diese nun in der ersten auf den Erwerb folgenden Bewertung auch beim Erwerber. Der Erwerb selbst wird den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entsprechend erfolgsneutral gebucht, also ohne Berücksichtigung der Ansatz- und Bewertungsvorbehalte. Auflösung von Pensionsrückstellungen R 6a Abs. 22 EStR bezieht sich auf die Auflösung der Pensionsrückstellung nach Eintritt des Versorgungsfalles. Die Auflösung kann dann ausschließlich durch eine versicherungsmathematische Auflösung sowohl für ältere Bestandsfälle wie auch für Neuzusagen erfolgen. Die versicherungsmathematische Auflösung entspricht der technischen Bearbeitung von betrieblichen Rentenverpflichtungen, dementsprechend wird dort eine Zerlegung der Pensionszahlungen in einen Tilgungs- und einen Zinsanteil vorgenommen, wobei der Zinsanteil buchungstechnisch Aufwand darstellt. Sollte bei Eintritt des Versorgungsfalles die gebildete Rückstellung niedriger sein als der versicherungsmathematische Barwert der Pensionsverpflichtung, wird mit der Auflösung der Pensionsrückstellung, welche gewinnerhöhende Auswirkungen hat, erst später begonnen. Sie erfolgt © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 14 von 32 erst ab dem Wirtschaftsjahr, an dessen Ende der Barwert unter den Rückstellungsbetrag am Anfang sinkt; siehe hierzu R 6a Abs. 22 Satz 3 EStR. Pensionsverpflichtung und Rückdeckungsansprüche Schließt der Unternehmer zur Risikodeckung aus der bereits erteilten Pensionszusage eine Rückdeckungsversicherung ab, greift R 6a Abs. 23 EStR. Diese Rückdeckungsversicherung leistet bei Eintritt des Versorgungsfalles Zahlungen an den pensionsverpflichteten Unternehmer. Dies hat zur Folge, dass die Pensionsrückstellung nach § 6a EStG und die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung als getrennte Wirtschaftsgüter nach H 6a Abs. 23 „Getrennte Bilanzierung“ EStH in der Steuerbilanz auszuweisen sind. Für die handelsrechtliche Behandlung wird identisch verfahren. Streng zu unterscheiden sind hier Rückdeckungsversicherung von Direktversicherung nach § 4b EStG. Während bei der Direktversicherung der Anspruchsberechtigte der Arbeitnehmer ist, bleibt bei der Rückdeckungsversicherung der Unternehmer, also der Arbeitgeber anspruchsberechtigt. Die Ansprüche aus einer eventuellen Rückdeckungsversicherung sind mit dem versicherungstechnischen Deckungskapital zu aktivieren. Der Rückkaufswerts wird nur dann zum Ansatz kommen, wenn mit der Auflösung des Versicherungsvertrags ernsthaft zu rechnen ist, siehe hierzu H 6a Abs. 23 EStH „Rückdeckungsanspruch“ und „Teilwertabschreibung“. Der Anspruch aus einer Direktversicherung ist dagegen nicht zu aktivieren, da sie dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies gilt für die Steuerbilanz auch dann, sofern in der Handelsbilanz die Pensionsrückstellung mit einem „insolvenzfesten“, also verpfändeten Rückdeckungsanspruch nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB zu saldieren ist, da nach § 5 Abs. 1a Satz 1 EStG ein ausdrückliches Saldierungsverbot besteht. Pensionsverpflichtung zusammengefasst www.steuerkurse.de/go/1e56ca2 1.2.2.1.1 Sonderfall Gesellschafter-Geschäftsführer Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer von Personengesellschaften Gewährt eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Altersversorgungszusage beziehungsweise eine Pensionszusage, muss diese sowohl in der Handelsbilanz als auch im steuerlichen Gesamthandsvermögen nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zwingend als Rückstellung ausgewiesen werden. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 15 von 32 Steuerrechtlich handelt es sich hierbei jedoch um eine an den Gesellschafter gehende Vergütung für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft. Diese Vorwegvergütung im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG darf den steuerlichen Gesamtgewinn der Personengesellschaft nicht mindern und ist zu diesem Zweck im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, unbeachtet des tatsächlichen Zuflusses, symmetrisch als Forderung gegenüber der Gesellschaft auszuweisen. Siehe hierzu auch BMF vom 29.1.2008, Beck´sche Steuererlasse § 6a/20 zu 1. 1.2.2.2 Pensionsrückstellungen Es gibt drei Arten von Rückstellungen, die beim Ausweis eine Rolle spielen (§ 266 Abs. 3 B Nr. 1 - 3): Pensionsrückstellungen Steuerrückstellungen sonstige Rückstellungen. Bei Pensionsrückstellungen liegen Rückstellungen vor, weil der Grund der Verpflichtung unsicher ist oder die Höhe unsicher ist. Pensionsrückstellungen werden handelsrechtlich wie üblich mit dem nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag angesetzt (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB), steuerrechtlich hingegen mit ihrem Teilwert (§ 6a Abs. 3 EStG). 1.2.2.3 Andere langfristige Rückstellungen Rückstellungen müssen mit dem "nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag" angesetzt werden. Langfristige Rückstellungen müssen abgezinst werden (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Man beachte, dass bzgl. der Fristigkeit ein ganz kleiner Unterschied zwischen dem Handels- und dem Steuerrecht besteht, nämlich (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB, § 6 Abs. 1 Nr. 3a. Buchst. e) Satz 1 in Verbindung mit Nr. 3 Satz 2 EStG). - Handelsrecht, kurzfristige Rückstellungen (die nicht abgezinst werden): Restlaufzeit höchstens ein Jahr - Handelsrecht, langfristige Rückstellungen (die abgezinst werden): Restlaufzeit echt mehr als ein Jahr - Steuerrecht, kurzfristige Rückstellungen (die nicht abgezinst werden): Restlaufzeit echt kürzer als ein Jahr - Steuerrecht, langfristige Rückstellungen (die abgezinst werden): Restlaufzeit mindestens ein Jahr. Der Unterschied besteht also bei Rückstellungen, die eine Restlaufzeit von exakt einem Jahr haben. Diese werden steuerrechtlich abgezinst, handelsrechtlich aber nicht. Handelsrechtlich ist der durchschnittliche Marktzinssatz der letzten sieben Geschäftsjahre anzuwenden (§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB). Dieser wird von der Bundesbank ermittelt und monatlich bekanntgegeben.  BEISPIEL Die X-AG erhält am 31.12.01 die behördliche Genehmigung, auf einem Grundstück Kohle abzubauen. Hierfür muss der Boden ausgehoben werden. Die © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 16 von 32 Genehmigung enthält insbesondere auch die Verpflichtung zur Rekultivierung. Die derzeitige Schätzung geht von 120.000 € aus, die hierfür am Ende des Jahres 06 anfallen werden. Die Kosten sind bisher nachweislich um 3 % gestiegen. Der von der Bundesbank bekanntgegebene Zinssatz der letzten sieben Jahre liegt schließlich bei 5,5 %. Berechne die Höhe der Rückstellungen der Jahre 01 und 02. Zunächst zinsen wir die Verpflichtung fünf Jahre lang auf. Bei einer Kostensteigerung von jährlich 3 % müsste man in fünf Jahren 120.000·1,035 = 139.112,89 € bezahlen. Wir rechnen daher mit einer Belastung pro Jahr in Höhe von 139.112,89/5 = 27.822,58 €. Am Ende des Jahres 01 bilden wir daher nominell (!) eine Rückstellung von 27.822,58 €. Ihr Barwert hingegen beträgt 27.822,58/1,0554 = 27.822,58·1,055-4= 22.458,85 €. Ende des Jahres 02 ist die Rückstellung mit nominell 2·27.822,58 = 55.645,16 € zu bewerten, der Barwert beläuft sich auf 55.645,16/1,0553 = 55.645,16·1,055-3 = 47.388,18 €. Also erfolgt eine Zubuchung der Rückstellung in Höhe von Erhöhung Rückstellung = Barwert02 - Barwert01 = 47.388,18 – 22.458,85 = 24.929,33 €. Der Buchungssatz hierzu lautet Zinsen und ähnliche Aufwendungen an sonstige Rückstellungen 24.929,33  BEISPIEL Für die Zahlen aus dem vorherigen Beispiel berechne man die restlichen Rückstellungen. Man erhält Jahr Berechnung Zubuchung Rückstellung 01 27.822,58/1,0554 22458,85 22458,85 02 (2·27.822,58)/1,0553 24929,33 47388,18 03 (3·27.822,58)/1,0552 27603,61 74991,79 04 (4·27.822,58)/1,055 30496,67 105488,46 05 5·27.822,58 33624,43 139112,89 (=120.000·1,035) Entwicklung langfristiger Rückstellungen © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 17 von 32 1.2.3 1.2.3.1 Rückstellungen aus Miet- & Pachtverhältnissen Beseitigungsverpflichtungen Besteht eine Beseitigungsverpflichtung von Seiten des Pächters oder Mieters für auf einem gepachteten Grundstück errichtete Gebäude beziehungsweise Vorrichtungen, so muss hierfür eine Rückstellung gebildet werden. Die Aufwendungen zur Beseitigung beziehungsweise des Abbruchs können nicht bereits im Wirtschaftsjahr des Vertragsabschlusses als Aufwand erfasst werden, vielmehr sind sie gleichmäßig über die Laufzeit des Vertrages anzusammeln und der Rückstellung zuzuführen. Dies gilt sowohl für die Handelsbilanz nach § 253 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 HGB mit dem Erfüllungsbetrag inklusive eventueller Rückstellungen bis zur Erfüllung als auch für die Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Satz 1 EStG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe d) Satz 1 EStG. Preissteigerungen dürfen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe f) nicht berücksichtigt werden. Zudem ist nach Buchstabe f) des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG zu verfahren und die Rückstellung ist mit einem festem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen gemäß Buchstabe e) von § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG. 1.2.3.2 Rekultivierungsverpflichtungen Besteht eine Rekultivierungsverpflichtung, welche häufig auf einer Nebenabrede in einem Pachtvertrag beruht, muss auch hier eine Rückstellung gebildet werden. Die Zuführungen zur Rückstellung bemessen sich – wie die Absetzung für Substanzverringerung – nach dem Umfang der Fruchtziehung beziehungsweise Ausbeute. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d) Satz 1 EStG sind Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinn der laufende Betrieb ursächlich ist, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Diese Regelung führt aber nun gerade bei Rekultivierungsverpflichtungen nicht zur gleichmäßigen Verteilung, sondern zur Ansammlung nach dem Fortschreiten des tatsächlichen Abbaus. Die Rekultivierungsverpflichtung nimmt nicht nur wirtschaftlich, sondern tatsächlich zu; siehe hierzu auch R 6.11 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 EStR. Zudem reduzieren die künftigen mit dem Auffüllungsvorgang erzielbare Kippgebühren die steuerliche Rekultivierungsrückstellung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c) EStG. Nach R 6.11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EStR scheidet aber die reine Möglichkeit von Einnahmen in Form von Kippgebühren für ein Reduzieren der Rekultivierungsrückstellung aus. Es müssen für die Reduzierung der Rekultivierungsrückstellung mehr Gründe dafür als dagegen für den Eintritt des Vorteils sprechen nach R 6.11 Abs. 1 Satz 1 EStR. 1.2.3.3 Substanzerhaltungsverpflichtung Bei der Vermietung oder Verpachtung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens mit einer vereinbarten Substanzerhaltungspflicht des Mieters oder Pächters steht dem Vermieter beziehungsweise Verpächter als bürgerlich-rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentümer die AfA sowohl an dem im Zeitpunkt des Miet- beziehungsweise Pachtbeginns vorhandenen als auch dem eventuell ersatzbeschafften Anlagegut zu (siehe hierzu Beck’sche Steuererlasse 1 § 4/17). Der Vermieter oder Verpächter hat gegen den Mieter beziehungsweise Pächter einen Anspruch, den er laufend mit dem Teilwert auch unter Berücksichtigung der Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag als Substanzerhaltungsanspruch aktivieren muss. Der Pächter hat entsprechend die Substanzerhaltungsverpflichtung zu passivieren. Derartige Fälle treten regelmäßig bei Betriebsaufspaltungen auf. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 18 von 32 Überblick über die Rückstellungen aus Miet- und Pachtverhältnissen Im folgenden Video gewähren wir einen Überblick über die Rückstellungen aus Miet- und Pachtverhältnissen. www.steuerkurse.de/go/1e4f14a 1.2.4 1.2.4.1 Rückstellungen Unterschied zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten Grundsätzlich sind die steuerlichen Rückstellungen so wie die handelsrechtlichen Rückstellungen zu bilden (R 5.7 Abs. 1 Satz 1 EStR). Jedoch liegen im Detail oftmals strengere Vorschriften für die Zulässigkeit von Rückstellungen in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz vor. Dies ist insbesondere bei den Kriterien der wirtschaftlichen Verursachung vor dem Bilanzstichtag und beim Kriterium der wirtschaftlichen Verpflichtung zu sehen (R 5.7 Abs. 4 und Abs. 5 EStR).  EXPERTENTIPP Wenn allerdings im Steuerrecht keine speziellen Vorschriften enthalten sind, so gelten wegen des Maßgeblichkeitsprinzips die Passivierungsvorschriften des Handelsrechts auch für das Steuerrecht.  BEISPIEL Der Steuerpflichtige Fritz aus Amberg hat einen Schaden im Monat Dezember des Jahres 00 zu verzeichnen. Wegen guter Auftragslage unterlässt er es, den Schaden noch im alten Geschäftsjahr zu beheben. Vielmehr ist die Instandhaltung für den Juni (März) des Jahres 01 geplant. Die handelsrechtlichen Passivierungswahlrechte wurden aufgehoben, so dass steuerlich nur noch die Rückstellungen nicht passiviert werden dürfen, die in § 5 Absätze 3, 4, 4a und 4b EStG genannt sind. Für unser Beispiel bedeutet dies: Auch handelsrechtlich muss Fritz aus Amberg für die Instandhaltung im Folgejahr gemäß § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB eine Rückstellung bilden, wenn sie innerhalb der ersten drei Monate (d.h. bis © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 19 von 32 März) des nächstens Jahres nachgeholt wird. Wenn die Instandhaltung erst im Juni stattfindet, darf handelsrechtlich nun keine Rückstellung mehr gebildet werden! Steuerlich gibt es hierzu keine Sonderregelungen, d.h. es gelten die allgemeinen Grundsätze der Maßgebelichkeit, § 5 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 EStG. Der Unterschied zwischen Rückstellungen und Verbindlichkeiten besteht darin, dass Rückstellungen dem Grunde und/oder der Höhe nach nicht sicher feststehen. Es könnte bei einer Rückstellung passieren, dass die rückstellende Unternehmung in der Zukunft einen Verlust hat, dies muss aber nicht geschehen. Wenn der Verlust der Zukunft also nicht sicher ist, muss eine Rückstellung gebildet werden und keine Verbindlichkeit. Der Unterschied zwischen den beiden lässt sich durch folgendes Beispiel abbilden.  BEISPIEL Ein Kunde der X-AG rutscht am 30.12. des Jahres 00 beim Hereinkommen in das Verwaltungsgebäude auf einer Bananenschale aus und verklagt die X-AG vier Wochen später auf Schadenersatz. Der Prozess hierzu wird erst im Jahre 01 zu Ende gehen, es spricht jedoch aus Sicht der X-AG vieles dafür, dass der Kunde den Prozess gewinnt und die X-AG Schadensersatz leisten muss. Das Beispiel zeigt, dass hier eine Auszahlung der Zukunft (nämlich 10.000 € im Jahr 01) vorliegt, die zwar wahrscheinlich, aber nicht sicher ist. Aus diesem Grund darf keine Verbindlichkeit gegenüber dem Kunden gebucht werden, sondern es muss vielmehr eine Rückstellung angesetzt werden.  EXPERTENTIPP Man sieht an diesem Beispiel sehr gut, dass Rückstellungen das Imparitätsprinzip konkretisieren. Sobald ein Verlust wahrscheinlicher ist als der Nicht-Verlust, muss dieser Verlust der Zukunft bereits heute angesetzt werden. Verluste müssen also antizipiert werden, wie es das Imparitätsprinzip besagt. Der § 249 HGB ist besonders wichtig, denn:  EXPERTENTIPP Rückstellungen sind abschließend in § 249 Abs. 1 HGB aufgelistet. Alles was Rückstellung sein muss oder sein darf, ist in § 249 Abs. 1 HGB erwähnt. § 249 Abs. 2 HGB bestimmt, dass „alles andere“, was nicht in den Absatz I genannt ist, © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 20 von 32 nicht Rückstellung sein darf. Arten von Rückstellungen Man unterscheidet handelsrechtlich fünf unterschiedliche Arten von Rückstellungen. Wir werden diese Rückstellungen zunächst durchgehen, um danach noch weitere, speziell steuerrechtliche Arten von Rückstellungen kennen zu lernen. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 HGB), Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 HGB), Rückstellungen für unterlassene Aufwendungen für Instandhaltungen, die in den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB), Rückstellung für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt wird (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) und Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (Kulanzrückstellungen), (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB). Kommen wir nun zu den Rückstellungen im Einzelnen. 1.2.4.2 Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Bei Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten spricht mehr dafür als dagegen, dass es im folgenden Geschäftsjahr zu einer Auszahlung kommen wird. Nach dem Imparitätsprinzip, nach dem Verluste zu antizipieren sind (Gewinne jedoch nach dem Realisationsprinzip nicht) müssen diese Auszahlungen der Zukunft heute bereits als Verlust geltend gemacht werden. Beispiele für Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind (R 5.7 Abs. 2 EStR): Prozessrückstellungen Pensionsrückstellungen Rückstellungen für Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung 1.2.4.3 Prozesskostenrückstellungen Zunächst zur Wiederholung das Ausgangsbeispiel zur Verdeutlichung der Prozessrückstellung.  BEISPIEL Ein Kunde der X-AG rutscht am 30.12. des Jahres 01 beim Hereinkommen in das Verwaltungsgebäude auf einer Bananenschale aus und verklagt die X-AG vier Wochen später auf Schadenersatz. Der Prozess hierzu wird erst im Jahre 02 zu Ende gehen, es spricht jedoch aus Sicht der X-AG vieles dafür, dass der Kunde den Prozess gewinnt und die X-AG Schadensersatz leisten muss. Das oben erwähnte Beispiel des Kunden, der die Unternehmung wegen des Schadens verklagt, zeigt sehr gut die Essenz von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und Rückstellungen im Allgemeinen, nämlich die Vorwegnahme von Verlusten. Obwohl der Prozess © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 21 von 32 erst in der Zukunft, also im Jahre 02 beendet sein wird, der Verlust wahrscheinlich, aber nicht sicher ist, ist der Verlust nicht erst in 02 zu buchen, sondern schon heute, also in 01, weil der wirtschaftliche Grund, d.h. das Entstehen des Grundes für die wahrscheinliche Auszahlung der Zukunft in der heutigen Periode liegt, nämlich der Schadensfall des Kunden. Der Buchungssatz lautet deswegen auch folgendermaßen: Aufwand für Prozessrückstellungen an Prozessrückstellungen. Aufwandsbuchung Der Verlust wird also heute bereits angesetzt (Aufwandsbuchung), es entsteht eine Schuld auf der Passivseite der Bilanz in Form der Rückstellung. Es gibt nun zwei Möglichkeiten, wie mit dieser Rückstellung im Jahr 2016 umgegangen wird: der Prozess wird tatsächlich, wie erwartet, verloren, der Prozess wird völlig überraschend gewonnen. Im ersten Fall ist „lediglich“ noch die Auszahlung zu buchen, aber nicht mehr der Verlust, denn dieser wurde bereits in 01 durch die Bildung der Rückstellung verbucht. Der Buchungssatz lautet in 02 Rückstellungen für Prozesse an Bank. Die Rückstellungen sind also auszubuchen und die Kasse wird weniger. Es handelt sich im Jahre 02 um eine Bilanzverminderung, da ein Aktivkonto (die Bank) und ein Passivkonto (die Rückstellung) sinken. Erfolgsmäßig passiert in 02 nichts mehr. Im zweiten Fall, dass nämlich der Prozess unvorhergesehener Weise gewonnen wird, muss der Verlust, der in 01 gebucht wurde, nun durch einen Ertrag rückgängig gemacht werden. Durch die Aufwandsbuchung in 01 und die Ertragsbuchung in 02 gleichen sich Gewinne und Verluste über die Jahre hinweg gesehen aus, man erhält also über die Zeit hinweg eine Erfolgsneutralisierung. Der Buchungssatz lautet Rückstellungen für Prozesse 1.2.4.4 an außerordentliche Erträge. Gewährleistungsrückstellungen Eine weitere Position der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten bilden die Rückstellungen für Gewährleistungen, die mit rechtlicher Verpflichtung erbracht werden. Werden Garantierückstellungen gebildet, so werden diese nach dem folgenden Schema berechnet: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 22 von 32  BEISPIEL Die Elektrik-AG aus Mainz stellt Fernsehapparate her. Auf die Fernsehapparate räumt sie eine Garantiefrist von einem Jahr ein und rechnet mit Ansprüchen der Kundschaft in Höhe von 1 Mio. €. Die Elektrik-AG muss also Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (genauer gesagt, für Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung) in Höhe von 1 Million € bilden. Da Auszahlungen in der Zukunft in genau dieser Höhe zu erwarten sind, muss der Verlust heute bereits antizipiert werden, denn der wirtschaftliche Grund für die Auszahlungen der Zukunft ist heute bereits entstanden durch Gewährung der Garantie, muss heute also bereits angesetzt werden. 1.2.4.5 Pensionsrückstellungen - Ansatz Zunächst sind die Voraussetzungen für den Ansatz von Pensionsrückstellungen zu kennen, diese stehen in § 6a Abs. 1 EStG. Wichtig ist, dass der Pensionsberechtigte einen Rechtsanspruch auf einmalige Pensionsleistungen hat (§ 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG), die Pensionszusage schriftlich erteilt ist (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG). oder laufende Pensionsrückstellungen Beachte auch, dass die Pensionsrückstellung erstmals gebildet werden darf, vor Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem die Pensionszusage erteilt wird, erstmals jedoch mit Vollendung eines bestimmten Lebensjahres, das wiederum vom der Zusage der Pensionsleistung abhängig ist (§ 6a Abs. 2 Nr. 1 EStG) nach Eintritt des Versorgungsfalls für das Wirtschaftsjahr, in dem der Versorgungsfall eintritt (§ 6a Abs. 2 Nr. 2 EStG). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 23 von 32 Beispiele  BEISPIEL Die Trulla-AG erteilt im Jahre 2010 dem Mitarbeiter Michael Coldetto schriftlich eine Pensionszusage. Michael wurde am 31.5.1984 geboren. In welchem Jahr kann die Pensionszusage erstmals passiviert werden? Michael wurde am 31.5.1984 geboren und feiert folglich am 31.5.2010 seinen 26. Geburtstag. Sein 27. Lebensjahr vollendet er am 30.5.2011 um 24 Uhr. Die Trulla-AG kann also erstmals im Jahre 2011 die Pensionszusage passivieren.  BEISPIEL Die Trulla-AG erteilt im Jahre 2010 dem Mitarbeiter Bernard Bonk schriftlich eine Pensionszusage. Bernd wurde am 31.8.1983 geboren. In welchem Jahr kann die Pensionszusage erstmals passiviert werden? Bernd wurde am 31.8.1983 geboren und feiert folglich am 31.8.2010 seinen 27. Geburtstag. Er beendet sein 27. Lebensjahr folglich im zweiten (!) Halbjahr des Jahres 2010. Die Trulla-AG kann deshalb die Pensionszusage auch hier erst im Jahre 2011 passivieren.  BEISPIEL Die Trulla-AG erteilt im Jahre 2010 dem Mitarbeiter Cäsar Cäsarius schriftlich eine Pensionszusage. Cäsar wurde am 31.5.1983 geboren. In welchem Jahr kann die Pensionszusage erstmals passiviert werden? Cäsar feiert in der ersten Hälfte des Jahres 2010 seinen 27. Geburtstag und beendet also in der ersten Hälfte des Jahres sein 27. Lebensjahr. Damit kann die Trulla-AG in 2010 die Pensionsrückstellung ansetzen. 1.2.4.6 Pensionsrückstellungen - Bewertung Die Bewertung von Pensionsrückstellungen ist in § 6a Abs. 3 EStG geregelt.  BEISPIEL Die X-AG macht ihrem Geschäftsführer, Herrn Alt, am 2.1.2001 eine Pensionszusage. Beim Ausscheiden aus dem aktiven Angestelltenverhältnis am 2.1.2008 (er ist dann exakt 67 Jahre alt) erhält er jährlich vorschüssig eine Pensionszahlung in Höhe von 30.000 € ausbezahlt. Herr Alt ist seit dem 2.1.1998 bei der X-AG beschäftigt. Berechne für den Zeitraum 2001 – 2007 die Höhe der Zuführung zur Pensionsrückstellung. Rechne mit dem steuerlich vorgeschriebenen Zinssatz von 6 % p.a. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 24 von 32 Eine Pensionsrückstellung ist zu bilden, da Fremdkapital vorliegt (denn das Geld steht einer anderen Person, hier dem zukünftigen Pensionär, zu) und der Abgang der Höhe und/oder dem Grunde nach nicht sicher feststeht. Es existieren zwei unterschiedliche Methoden zur Ermittlung des Wertes, nämlich die Gegenwartswertmethode und die Teilwertmethode. Diese gehen bei der Ansammlung des Barwerts der laufenden Renten von unterschiedlichen Zeitpunkten aus. Die Gegenwartswertmethode berechnet ab dem Zeitpunkt der Zusage, die Teilwertmethode hingegen ab dem Eintritt des Arbeitnehmers in die Unternehmung. Beide Methoden lassen sich zum einen nach einer direkten Methode , zum anderen nach einer indirekten Methode, rechnen. Bei der indirekten Methode werden die Rückstellungswerte über einen sog. Anwartschaftsbarwert ermittelt, bei der direkten hingegen über die Rentenendwerte der Annuitäten. Es ist folgendermaßen zu rechnen. 1.2.4.6.1 Pensionsrückstellung - Heubeck-Richttafeln 2018 G Heubeck-Richttafeln 2018 G Die „Heubeck-Richttafeln 2018 G“ können erstmals der Bewertung von Pensionsrückstellungen am Ende des Wirtschaftsjahres zugrunde gelegt werden, das nach dem 20. Juli 2018 endet. Tag der Veröffentlichung der neuen Richttafeln ist somit der 20. Juli 2018. Der Übergang hat einheitlich für alle Pensionsverpflichtungen und alle sonstigen versicherungsmathematisch zu bewertende Bilanzposten des Unternehmens zu erfolgen. Die zuvor verwendeten „Richttafeln 2005 G“ können letztmals für das Wirtschaftsjahr verwendet werden, das vor dem 30. Juni 2019 endet. Nach § 6a Absatz 4 Satz 2 EStG kann der Unterschiedsbetrag, der auf der erstmaligen Anwendung der „Heubeck-Richttafeln 2018 G“ beruht, nur auf mindestens drei Wirtschaftsjahre als Verteilungszeitraum gleichmäßig verteilt der jeweiligen Pensionsrückstellung zugeführt werden. Die gleichmäßige Verteilung ist sowohl bei positiven als auch bei negativen Unterschiedsbeträgen erforderlich. Die Verteilungsregelung gilt aber nicht für Versorgungszusagen, die im Übergangsjahr erteilt werden; BFH (Urteil v. 13.2.2019, XI R 34/16). Weitere Details können Sie den Beck’schen Steuererlassen 1 § 6a/11 entnehmen. 1.2.4.7 Pensionsrückstellungen - Direkte Methode Beispiel zur Berechnung nach der direkten Methode: Zunächst berechnet man wieder den Barwert der zukünftigen Rente mit Annuitäten kalkuliert, nämlich. Dann werden die und A G =30.872, 65 €. Dann lassen sich die Rückstellungswerte leicht ermitteln durch für die Teilwertmethode und © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 25 von 32 für die Gegenwartsmethode. Z.B. ist für n = 3 und also für das Jahr 2004 Damit erhält man wieder, wie nach der indirekten Berechnung auch, n Jahre RW T RW G 6 2001 86.006,81 € 30.872,64 € 5 2002 11.0827,64 € 63.597,65 € 4 2003 137.137,72 € 98.286,17 € 3 2004 165.026,4 € 135.055,98 € 2 2005 194.588,41 € 174.031,99 € 1 2006 225.924,13 € 215.346,56 € 0 2007 259.140 € 259.140,00 € 1.2.4.8 Pensionsrückstellungen - Indirekte Methode Übung: Indirekte Berechnung von Pensionsrückstellungen 1. Berechne den Barwert V der zukünftigen Rente R auf den Bilanzstichtag bezogen, z.B. mit Hilfe der sog. Heubeck-Richttafel (unten angegeben). Man multipliziert die Rente R mit der passenden Zahl a x : V = R∙a x. 2. Berechne hieraus die Anwartschaftsbarwerte AB, indem man den Rentenbarwert V jeweils n Perioden lang abzinst: AB = V/q n , für die unterschiedlichen n. 3. Ermittle die Annuitäten durch Multiplikation des Anwartschaftsbarwerts AB der künftigen Rente mit dem Annuitätenfaktor bzw. durch Multiplikation von V mit dem dem Faktor : Die Annuitäten werden mit unterschiedlichen Zahlen für n gerechnet. Bei der Teilwertmethode ist n die Anzahl der Jahre zwischen Eintritt des Arbeitnehmer in das Unternehmen und dem Ausscheiden, bei der Gegenwartsmethode ist n hingegen die Anzahl der Jahre zwischen der Zusage und dem Ausscheiden, man rechnet also unterschiedliche Annuitäten A T (für die Teilwertmethode) und A G (für die Gegenwartsmethode) aus. 4. Ermittle die Barwert der am jeweiligen Bilanzstichtag noch nicht verrechneten Annuitäten NVA durch für die unterschiedlichen n, hierbei ist der Rentenbarwertfaktor. Unterscheide wieder zwischen Annuität nach Teilwertmethode (A T ) und Annuität nach Gegenwartsmethode (A G ). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 26 von 32 5. Berechne den Wert der Rückstellung als jeweiligen Barwert der Anwartschaft abzgl. dem Barwert der nach dem Bilanzstichtag noch zu verrechnenden Annuitäten, d.h. RW T/G = AB – NVA T/G. Die Heubeck-Richttafel lautet: Alter x ax 60 10,119 61 9,919 62 9,716 63 9,51 64 9,3 65 9,084 66 8,864 67 8,638 68 8,406 69 8,17 70 7,93 Übung: Direkte Berechnung von Pensionsrückstellungen 1. Berechne V, identisch zum Verfahren bei indirekter Berechnung. 2. Berechne die Annuitäten A T und A G nach der Teilwert- und der Gegenwartsmethode: 3. Kalkuliere die Rückstellungswerte als Rentenendwerte der Annuitäten berechne und , d.h. Rechne hierbei mit dem jeweils richtigen n in Abhängigkeit der beiden Methoden. Beispiel zur Berechnung nach der indirekten Methode: Wir vollziehen die beiden Methoden am nachfolgenden Beispiel nach: Da der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Rentenbeginns exakt 67 Jahre alt ist, rechnet man mit x = 67 und also a 67 = 8,638. Der Barwert der zukünftigen Rente ist damit. Danach berechnet man den Anwartschaftsbarwert durch Abzinsung des Barwerts. Man erhält © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 27 von 32 n Jahre Anwartschaftsbarwert 6 2001 182.683,47 € 5 2002 193.644,48 € 4 2003 205.263,15 € 3 2004 217.578,94 € 2 2005 230.633,68 € 1 2006 244.471,7 € 0 2007 259.140 € Danach werden die Annuitäten ermittelt. Für die Teilwertmethode ist mit n = 10 Jahren zu rechnen, denn zwischen Eintritt des Arbeitnehmers und seinem Ausscheiden vergehen exakt zehn Jahre. Für die Gegenwartsmethode kalkuliert man mit n = 7, denn zwischen der Pensionszusage und dem Ausscheiden vergehen sieben Jahre: Der Barwert der am jeweiligen Bilanzstichtag noch nicht verrechneten Annuitäten NVA ist dann für die Teilwertmethode und unterschiedliche n sowie für die Gegenwartsmethode und unterschiedliche n. Also rechnet man n Jahre NVA T NVA G 6 2001 96.676,66 € 151.810,83 € 5 2002 82.816,84 € 130.046,83 € 4 2003 68.125,43 € 106.976,99 € 3 2004 52.552,54 € 82.522,96 € 2 2005 36.045,27 € 56.601,69 € 1 2006 18.547,57 € 29.125,14 € 0 2007 0€ 0€ Schließlich ermittelt man durch Subtraktion dieser Barwerte der noch nicht verrechneten Annuitäten vom Anwartschaftsbarwert den jeweiligen Rückstellungswert, d.h. man kalkuliert RW T/G = AB – NVA T/G und erhält © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 28 von 32 n Jahre RW T RW G 6 2001 86.006,81 € 30.872,64 € 5 2002 110.827,64 € 63.597,65 € 4 2003 137.137,72 € 98.286,17 € 3 2004 165.026,4 € 135.055,98 € 2 2005 194.588,41 € 174.031,99 € 1 2006 225.924,13 € 215.346,56 € 0 2007 259.140 € 259.140,00 € So ist z.B. im Jahre 2004, also bei n = 3, die Höhe der Pensionsrückstellung beim Teilwertverfahren RW T = AB – NVA T = 217.578,94 – 52.552,538 =165.026,402 €. 1.2.4.9 Drohverlustrückstellungen  EXPERTENTIPP Frage: Warum beschreiben wir etwas, was steuerrechtlich ohnehin verboten ist, nämlich der Ansatz von Drohverlustrückstellungen? Antwort: Weil es in Steuerprüfungen ständig abgefragt wird und dann vom Prüfling erkannt werden muss, dass eine Rückstellung für Drohverluste steuerlich nicht angesetzt werden darf. www.steuerkurse.de/go/c77cb29 Es sind für die Bildung dieser speziellen Rückstellungen also zwei Punkte zu beachten, die in der vorliegenden Reihenfolge abgearbeitet werden müssen: schwebendes Geschäft drohender Verlust daraus. Ein Geschäft wird als schwebend bezeichnet, wenn es beidseitig noch unerfüllt ist. Das heißt konkret, dass der Produzent noch nicht geliefert haben darf und der Kunde noch nicht bezahlt haben darf. Beide Ansprüche aus dem Kaufvertrag dürfen also noch nicht erfüllt worden sein. Die zweite © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 29 von 32 Voraussetzung (nämlich, dass ein Verlust droht) bedeutet, dass der erzielbare Verkaufserlös geringer als die anfallenden Kosten ist.  MERKE Handelsrechtlich muss eine Drohverlustrückstellung gebildet werden, steuerrechtlich besteht ein explizites Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 4a EStG. Diese Art von Rückstellung ist also für solche Klausuren interessant, bei der in der Handelsbilanz die Rückstellung gebildet wurde, aber steuerbilanziell gewinnwirksam wieder ausgebucht werden muss.  BEISPIEL Die Beton-GmbH aus Köln stellt hochwertige Garagen her. Der Selbstkostenpreis für die Materialien wie Beton etc. und alle darüber hinausgehenden Kosten liegt bei 20.000 € pro Garage. Im Kaufauftrag mit der Mühle – OHG, in dem die MühleOHG sich verpflichtet fünf Garagen von der Beton-GmbH abzunehmen, wird ein Verkaufspreis pro Garage von 30.000 € vereinbart. Durch widrige Umstände steigen nun die Selbstkosten pro Garage auf 35.000 € an. Wie ist zu verfahren? Zunächst ist zu prüfen ob es sich um ein schwebendes Geschäft handelt. Dies ist zu bejahen, denn die Beton-GmbH hat noch nicht geliefert, die Mühle-OHG hat noch nicht bezahlt. Insofern hat noch keine der Vertragsparteien geleistet, das Geschäft schwebt also noch. Aus diesem schwebenden Geschäft droht nun aber ein Verlust, denn die Selbstkosten übersteigen die Verkaufspreise um 35.000 – 30.000 = 5.000 € pro Garage. Da dieser Verlust für die Beton-GmbH wahrscheinlich, aber nicht sicher ist (denn möglicherweise könnten sich die Selbstkosten noch weiter bewegen), ist eine Rückstellung zu bilden und keine Verbindlichkeit (denn der Verlust ist nicht sicher, sondern lediglich wahrscheinlich). Speziell ist eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1, 1. Altern. HGB). Der Buchungssatz lautet (handelsrechtlich!): Rückstellungen an Drohverlustrückstellungen 25.000 €. Steuerrechtlich besteht ein Passivierungsverbot (§ 5 Abs. 6a Satz 1 EStG). Ein Buchungssatz existiert nicht, weil erst im Folgejahr, wenn überhaupt, ein Verlust realisiert wird. Man rechnet sich daher handelsrechtlich ärmer als steuerrechtlich in Höhe von 25.000 €. Thema Überleitungsrechnung: Wenn man eine Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 EStDV vollzieht, muss man den handelsrechtlichen Jahresüberschuss um 25.000 € erhöhen, um zum steuerrechtlich richtigen Gewinn zu gelangen. Thema latente Steuern (z.B. bei Steuersatz von 30 %): da der handelsrechtliche Jahresüberschuss aufgrund des o.e. Buchungssatzes zunächst kleiner ist als der steuerrechtliche und sich dieser Unterschied aber in Zukunft aufhebt (zeitliche Differenz = timing difference), ist eine aktive latente Steuer zu bilden (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB) in Höhe von aktive latente Steuer = Steuersatz*(Unterschied Jahresüberschuss nach Handels- und Steuerbilanz) = 0,3*(25.000 - 0) = 0,3*25.000 = 7.500 €. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 30 von 32 1.2.4.10 Kulanzrückstellungen Kulanzrückstellungen werden gebildet für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).  BEISPIEL Die oben erwähnte Elektrik-AG hat wie bereits erwähnt, eine Garantiezeit von einem Jahr vertraglich vereinbart. 15 Monate nach dem Kauf kommt nun ein Kunde mit einem kaputten Fernsehapparat und möchte das Gerät kostenfrei repariert bekommen. Wie ist die Lage, wie ist zu buchen? Die Gewährleistungen mit rechtlicher Verpflichtung sind mit Ende der Garantiezeit abgelaufen. Nach dem Ende der Garantiezeit ist man zwar rechtlich nicht mehr verpflichtet die Reparatur für den Kunden kostenfrei vorzunehmen, handelsrechtlich ist man jedoch verpflichtet, eine Rückstellung zu bilden. Dies ist insbesondere deswegen der Fall, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse entscheidend sind, nicht die rechtlichen (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB). Wenn wegen des Wettbewerbsdrucks die Elektrik-AG sehr wohl den Kunden zufriedenstellen wird und die Reparatur nicht in Rechnung stellen wird, so tut sie dies aus wirtschaftlichen Gründen (wegen des Konkurrenzdrucks), nicht aus rechtlichen. Der Buchungssatz würde lauten: Aufwand für Rückstellungen 1.2.4.11 an Kulanzrückstellungen. Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungsaufwendungen Wenn im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltungen innerhalb des folgenden Geschäftsjahres in den ersten drei Monaten nachgeholt werden, so liegt eine Passivierungspflicht hierfür vor.  BEISPIEL Die X-AG aus Lüne verzeichnet einen Schaden an einem Bagger im November im Jahr 01. Sie unterlässt es allerdings, die notwendige Reparatur noch im Jahre 01 vorzunehmen; vielmehr nimmt sie die Reparatur vier Monate später, also im März des Jahres 02 vor. Wie wird gebucht? Es handelt sich offenbar um eine Instandhaltungsaufwendung , die allerdings im alten Geschäftsjahr nicht vorgenommen wird. Da der ökonomische Grund, nämlich der Schaden, aber im alten Geschäftsjahr liegt und die Auszahlung (genauer die Reparatur) im nächsten Geschäftsjahr folgt, ist nach dem Grundsatz der Verlustantizipation eine Rückstellung zu bilden. Der § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB konkretisiert dies allerdings dahingehend, dass nur für jene unterlassenen Instandhaltungsaufwendungen eine Rückstellung zu bilden ist, für die die Instandhaltungsaufwendungen innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres nachgeholt wird. Im vorliegenden Beispiel liegt zwar die Instandhaltung vier Monate nach dem Entstehen des Schadens, allerdings wird erst ab Ende des Geschäftsjahres gerechnet und nicht ab Entstehen des Schadens. Das heißt hier liegt die Instandhaltung innerhalb der ersten drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres, d.h. es muss eine Rückstellung gebildet werden. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 31 von 32 MERKE  Handels- und steuerrechtlich muss eine Rückstellung für unterlassene Instandhaltungen gebildet werden, wenn die Instandhaltung innerhalb der nächsten drei Monate nach dem Bilanzstichtag nachgeholt wird. Erfolgt die Instandhaltung erst danach , so darf sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz keine Rückstellung gebildet werden. 1.2.4.12 Rückstellungen für Abraumbeseitigung Sollte eine Abraumbeseitigung , die im laufenden Geschäftsjahr unterlassen wurde, im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden, so ist hier eine Rückstellung zu bilden nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2. Halbsatz HGB. 1.2.4.13 Spezielle steuerrechtliche Vorschriften für Rückstellungen Für folgende Rückstellungen bestehen gesonderte steuerrechtliche Vorschriften: Rückstellungen für aus künftigen Erträgen zu tilgende Verpflichtungen (§ 5 Abs. 2a EStG), Rückstellungen wegen Verletzung fremder Patent-, Urheber- oder ähnlicher Schutzrechte (§ 5 Abs. 3 EStG, R 5.7 Abs. 7 EStR), Rückstellungen für Dienstjubiläumsverpflichtungen (§ 5 Abs. 4 EStG), Rückstellungen für Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG). Für Rückstellungen für Anschaffungs- oder Herstellungskosten besteht ein Verbot der Bildung von Rückstellungen. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 32 von 32

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