Document Details

AutonomousAlder

Uploaded by AutonomousAlder

Matthias Merten Pritschow

Tags

bilanzsteuerrecht bilanzierung betriebsvermögen steuerrecht

Summary

This document is a study guide on German balance sheet taxation, outlining the concepts of business assets, private assets, leased assets, and various forms of corporate structures. It explains the methods for distinguishing between business and personal assets for tax purposes and offers examples.

Full Transcript

Bilanzsteuerrecht Bilanzierung Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung 1.1 4 Betriebsvermögen 5 1.1.1 Betriebsvermögen bei Einzelunternehmen 5 1.1.1.1 Lernziel 5 1.1.1.2 Betriebsvermögen vs. Privatvermöge...

Bilanzsteuerrecht Bilanzierung Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung 1.1 4 Betriebsvermögen 5 1.1.1 Betriebsvermögen bei Einzelunternehmen 5 1.1.1.1 Lernziel 5 1.1.1.2 Betriebsvermögen vs. Privatvermögen 5 1.1.1.3 Notwendiges Betriebsvermögen 6 Beispiel für notwendiges Betriebsvermögen 1.1.1.4 Gewillkürtes Betriebsvermögen 7 Wahlrecht bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und EÜR Zuordnungsregel für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter, die keine Grundstücke sind Beispiel für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen 1.1.2 Zuordnung von Immobilien zu Betriebsvermögen oder Privatvermögen 10 1.1.3 Betriebsvermögen bei Personengesellschaften 11 1.1.3.1 11 Arten von Personengesellschaften Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative Überblick über die Personengesellschaften Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)/ BGB-Gesellschaft Offene Handelsgesellschaft (OHG) Kommanditgesellschaft (KG) Spezialfall: Die GmbH & Co. KG Partnerschaftsgesellschaft Typische und atypische stille Gesellschaft 1.1.3.2 Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter 14 Sonderbetriebsvermögen I und II 1.1.3.3 Gewinn- und Verlustanteil sowie Sondervergütungen der Gesellschafter 16 Sondervergütungen und Sonderbetriebsausgaben Bilanzierungskonkurrenzen bei Mitunternehmerschaften 1.1.4 Betriebsvermögen bei Kapitalgesellschaften 18 Private oder betriebliche Nutzung 1.1.5 Zurechnung von Wirtschaftsgütern © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) 19 Seite 1 von 47 1.1.5.1 Arten von Leasing 19 Arten von Finanzierungsleasingverträgen 1.1.5.2 Zuordnung des Leasinggegenstands 20 Bilanzierung beim Leasingnehmer Bilanzierung beim Leasinggeber Teilamortisation in Leasing-Verträgen 1.1.5.3 Bilanzierung des Leasinggegenstands bei Leasinggeber und Leasingnehmer 21 Berechnung der jährlichen Verbindlichkeiten beim Leasingnehmer und der jährlichen Forderungen beim Leasinggeber Berechnung anhand der Zinsstaffelmethode Berechnung anhand der Barwertvergleichsmethode 1.1.5.4 Mietkaufverträge 24 Mietkaufverträge 1.1.6 1.2 Mietereinbauten / Mieterumbauten 25 1.1.6.1 Unterscheidung der Mietereinbauten / Mieterumbauten 25 1.1.6.2 Scheinbestandteile 25 1.1.6.3 Betriebsvorrichtungen 26 Abstrakte Bilanzierungsfähigkeit 26 1.2.1 27 Positives Wirtschaftsgut Begriffsdefinition Abgrenzung des Wirtschaftsguts Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen 1.3 1.2.2 Negatives Wirtschaftsgut 29 1.2.3 Abstrakte Aktivierungsfähigkeit 29 1.2.4 Abstrakte Passivierungsfähigkeit 30 Bilanzierungsverbote 31 1.3.1 Aktivierungsverbote 31 1.3.1.1 Originärer Geschäfts- oder Firmenwert 31 1.3.1.2 Derivativer Geschäfts- und Firmenwert 32 Bestandteile des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts Derivativer Geschäfts- oder Firmenwert nach BilMoG 1.3.1.3 1.3.2 1.4 Gründungsaufwendungen Passivierungsverbote Bilanzierungswahlrechte © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) 33 33 34 Seite 2 von 47 1.4.1 1.4.2 Aktivierungswahlrechte 34 1.4.1.1 Disagio 34 1.4.1.2 Immaterielle Vermögensgegenstände 38 1.4.1.3 Immaterielle Wirtschaftsgüter 39 1.4.1.3.1 Überblick über die immaterielle Wirtschaftsgüter 39 1.4.1.3.2 Patente und Lizenzen 40 Passivierungswahlrechte 41 Zusammenfassung zu den Wahlrechten und Verboten 1.5 Rechnungsabgrenzungsposten 42 1.5.1 42 Arten von Rechnungsabgrenzungsposten Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten 1.5.2 Transitorische Abgrenzungsposten 43 1.5.3 Überblick über die aktivischen Abgrenzungsposten 43 1.5.4 Aktivische Abgrenzungsposten - Normalfälle und Beispiele 43 Unterschiedliche Behandlung von ARAP in Handelsrecht und Steuerrecht 1.5.5 Aktivische Abgrenzungsposten - Sonderfall Disagio 44 Verbuchung mittels aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten Abschreibung des Disagios 1.5.6 Überblick über die passivischen Abgrenzungsposten 46 1.5.7 Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten 46 Sonstige Verbindlichkeiten und sonstige Forderungen Schema zur Einordung der Rechnungsabgrenzungsposten © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 3 von 47 1 Bilanzierung  MERKE Sie sollen nach Durchsicht dieses Kapitels verstehen, wann man einen Vermögensgegenstand oder eine Schuld bilanziert. Insbesondere sollen Sie also die abstrakte Aktivierungsfähigkeit, Aktivierungsverbote und -wahlrechte kennen. Es geht also um die Frage ob (!) eine Sache in die Bilanz gelangt (= Bilanzierung), wo sie hingelangt (= Ausweis) und in welcher Höhe sie in die Bilanz Eingang findet (= Bewertung)  HINWEIS Die Behandlung des Disagios ist geregelt in § 250 III HGB, nicht in § 255 III HGB, wie im Video genannt und auch auf dem Whiteboard zu sehen. Wichtig ist, den Bilanzansatz (= Bilanzierung dem Grunde nach) von der Bilanzbewertung (= Bilanzierung der Höhe nach) zu unterscheiden. Dabei bestimmen die Ansatzvorschriften des HGB (§§ 246-251 HGB), ob etwas bilanziert werden muss oder nicht. Insbesondere § 246 Abs. 1 HGB als zentrale Ansatzvorschrift bestimmt, dass der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen hat, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Dabei finden die handelsrechtlichen Ansatzvorschriften über den in § 5 I 1 EStG normierten Maßgeblichkeitsgrundsatz grundsätzlich (vorbehaltlich § 5 II-VII EStG) auch für die Steuerbilanz Anwendung. Die Frage, mit welchem Wert etwas bilanziert werden muss, wird durch die handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften (§§ 252-256a HGB, 5 I 1, 6 EStG) geregelt. Die Bewertung wird noch im weiteren Verlauf Gegenstand dieses Skripts sein. Für die Frage des Ansatzes sind drei Unterpunkte zu beachten.  METHODE Für die Frage, ob ein Vermögensgegenstand oder eine Schuld in die Bilanz gelangt, sind also folgende Fragen zu beantworten: 1. Ist der Gegenstand abstrakt bilanzierungsfähig? Ist er also a) abstrakt aktivierungsfähig oder b) abstrakt passivierungsfähig? 2. Existieren Bilanzierungsverbote im Konkreten? 3. Gibt es Bilanzierungswahlrechte? © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 4 von 47 Eine Übersicht über die Bilanzierungsschritte erhalten Sie in diesem Video: www.steuerkurse.de/go/0d46894 1.1 Betriebsvermögen 1.1.1 Betriebsvermögen bei Einzelunternehmen 1.1.1.1 Lernziel MERKE  LERNZIELE: Sie sollten zwischen notwendigem Betriebsvermögen, gewillkürtem Betriebsvermögen sowie notwendigem Privatvermögen unterscheiden können. Insbesondere sollten Sie die Konsequenz der Behandlung gemischtgenutzter Gegenstände aufzeigen. Außerdem ist wichtig, bei Personenvereinigungen Sonderbetriebsvermögen I und II zu unterscheiden. Schließlich ist die Kenntnis des Leasing (Bilanzierung und Bewertung) sowie von Mietereinbauten wichtig. 1.1.1.2 Betriebsvermögen vs. Privatvermögen Es ist bei der Ermittlung der Steuer zwischen der betrieblichen und der privaten Sphäre des Steuerpflichtigen zu unterscheiden. Die Positionen auf der betrieblichen Seite heißen Betriebsausgaben und mindern die zu ermittelnde Steuer. Abzugspositionen auf der privaten Seite tun dies grundsätzlich nicht. Es ist daher eine Abgrenzung notwendig bei der betrieblichen Gewinnermittlung.Wirtschaftsgüter sind hierbei entweder dem notwendigen Betriebsvermögen, dem gewillkürten Betriebsvermögen oder dem notwendigen Privatvermögen zuzuordnen. Dies wird in der folgenden Abbildung veranschaulicht: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 5 von 47 Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden oder die ihrer Art nach dazu bestimmt sind (R 4.2 Abs. 1 Satz 1 EStR). Auch Wirtschaftsgüter, bei denen die entstandenen Aufwendungen steuerlich ganz oder teilweise nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, können notwendiges Betriebsvermögen darstellen beispielsweise „Gästehäuser“ oder Arbeitszimmer. Solche Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige hingegen für die private Lebensführung verwendet, zählen zum notwendigen Privatvermögen. Wenn ein Wirtschaftsgut weder eindeutig zum einen noch zum anderen Bereich zu zählen ist, so hat der Betriebsinhaber weitgehend ein Wahlrecht der Hinzurechnung zum betrieblichen oder zum privaten Bereich (= gewillkürtes Betriebsvermögen). 1.1.1.3 Notwendiges Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter, welche ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden oder dazu bestimmt sind, sind notwendiges Betriebsvermögen (R 4.2 Abs. 1 Satz 1 EStR). Hierbei kommt es auf die Zweckbestimmung und auch auf die tatsächliche Verwendung im Betrieb an. Ein Wirtschaftsgut ist nicht schon allein deshalb notwendiges Betriebsvermögen, weil es mit betrieblichen Mitteln angeschafft worden ist.  MERKE Die Konsequenz der Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen ist, dass es bilanziert werden muss. Der fehlende Ausweis in der Bilanz ändert nichts an der Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen. Die Bilanz ist insoweit falsch (vgl. R 4.2 I 2 EStR; anders hingegen bei gewillkürten Betriebsvermögen, vgl. unten) © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 6 von 47 Beispiel für notwendiges Betriebsvermögen  BEISPIEL Betrieblich genutzte Grundstücke, Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe, Forderungen aus Lieferung und Leistung. 1.1.1.4 Gewillkürtes Betriebsvermögen Gewillkürtes Betriebsvermögen kann dem Grunde nach nur bei Einzelunternehmen und im Sonderbetriebsvermögen von Mitunternehmerschaften vorkommen. Es kann nur bei Wirtschaftsgütern angenommen werden, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind siehe hierzu R 4.2 Abs. 1 Satz 3 EStR und H 4.2 Abs. 1, Stichworte „gewillkürtes Betriebsvermögen“, „Wertpapiere“ und „Wirtschaftsgut – verlustbringende WG“ sowie R 4.2 Abs. 9 EStR für Grundstücke und Grundstücksteile. Bei sowohl privat als auch betrieblich genutzten Wirtschaftsgütern gilt grundsätzlich eine widerlegbare Vermutung, dass Privatvermögen vorliegt. Diese Vermutung kann nur widerlegt werden, wenn die betriebliche Nutzung anhand objektiv nachprüfbarer Merkmale leicht und einwandfrei feststellbar ist. Aber selbst dann zählt das WG entweder ganz zum Betriebsvermögen oder ganz zum Privatvermögen vergleiche hierzu R 4.2 Abs. 1 Satz 4 EStR. Ein typisches Beispiel in diesem Bereich ist der Pkw. Wahlrecht bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und EÜR Dieses Wahlrecht besteht sowohl bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als auch bei der Gewinnermittlung nach der Einnahmenüberschussrechnung.  EXPERTENTIPP Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt gewissermaßen durch konkludentes Handeln. Wenn der Unternehmer ein Wirtschaftsgut in der Bilanz ausweist, welches weder eindeutig notwendig zum Betriebs- noch zum Privatvermögen zu rechnen ist, so hat er dies daher dem Betriebsvermögen zugeordnet. Wenn er dies nicht tut und also nicht bilanziert, so hat er das Wirtschaftsgut dem Privatvermögen zugerechnet und nicht dem gewillkürten - Betriebsvermögen. Eine andere Rechtsfolge hierzu ist, dass wenn ein Wirtschaftsgut nicht bilanziert worden ist, die Bilanz auch nicht falsch ist und also nicht berichtigt werden kann. Als kleiner Vorgriff auf eine spätere Lerneinheit sei deswegen hier schon erwähnt, dass man unter einer Bilanzberichtigung versteht, dass ein richtiger Bilanzansatz einen falschen Bilanzansatz ersetzt. Wenn aber ein Wirtschaftsgut nicht in der Bilanz erwähnt ist, dann ist dies die Ausübung des Wahlrechts durch den Unternehmer und als solches nicht falsch und also auch nicht berichtigungsfähig. Wenn ein Wirtschaftsgut dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet wurde, indem bilanziert © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 7 von 47 wurde, so kann es nur dadurch den betrieblichen Bereich wieder verlassen, dass es veräußert oder entnommen wird. Hierdurch kommt es zu einer Gewinn- oder Verlustrealisierung. Wenn also die Voraussetzungen für die Bildung als gewillkürtes Betriebsvermögen vorliegen und das Wirtschaftsgut zulässigerweise bilanziert wurde, so ist es nicht möglich, ein einmal ins gewillkürte Betriebsvermögen gebuchtes Wirtschaftsgut erfolgsneutral auszubuchen. Das Wirtschaftsgut ist steuerverstrickt, mithin die im Wirtschaftsgut enthaltene stille Reserve (Differenz zwischen Veräußerungspreis/Teilwert und Buchwert) der Besteuerung unterworfen. Die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen muss unmissverständlich sein und in der Weise kundgetan werden, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des Steuerpflichtigen die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen erkennen kann. Siehe hierzu auch H 4.2 Abs. 1 EStH, Stichwort „Gewillkürtes Betriebsvermögen“, 2. und 3. Gedankenstrich beziehungsweise auch R 4.3 Abs. 3 EStR zur Entnahmehandlung: hier wird die Buchung als Ausdruck der Zuordnung und als Zuordnungszeitpunkt bestimmt. Zuordnungsregel für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter, die keine Grundstücke sind Problematisch ist oftmals, dass bestimmte Wirtschaftsgüter zum Teil beruflich und zum anderen Teil privat genutzt werden. Die Zuordnung zum betrieblichen Bereich bzw. zum privaten Bereich fällt dadurch schwer. Deshalb existieren für gemischt genutzte Wirtschaftsgüter, die keine Grundstücke sind, folgende Zuordnungsregeln (vgl. R 4.2 I 4-6 EStR): betriebliche Nutzung > 50 % ◦ notwendiges Betriebsvermögen betriebliche Nutzung mindestens 10 % und höchstens 50 % betriebliche Nutzung ◦ gewillkürtes Vermögen ▪ gewillkürtes Betriebsvermögen ▪ gewillkürtes Privatvermögen betriebliche Nutzung < 10 % ◦ notwendiges Privatvermögen Dies wird in der folgenden Abbildung noch einmal veranschaulicht: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 8 von 47 Beispiel für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter  BEISPIEL Der Steuerpflichtige Fritz aus Stuttgart nutzt sein Auto zu 70 % beruflich und zu 30 % privat. Das Auto ist ein gemischt genutztes bewegliches Wirtschaftsgut und muss, weil es zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt wird, in vollem Umfang dem betrieblichen Bereich zugerechnet werden (R 4.2 Abs. 1 Satz 4 EStR). Es kommt also nicht etwa zu einer Bilanzierung nur in Höhe von 70 %. Zur Klarstellung: anders ggf. beim umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen, vgl. Skript zur USt sowie § 15 I 2 UStG, Abschn. 15.2c UStAE. Ertragsteuerliches Betriebsvermögen und umsatzsteuerliches Unternehmensvermögen können, müssen aber folglich nicht identisch sein.  MERKE Zusätzlich hierzu ist die private Mitbenutzung als Entnahme mit den anteiligen Kosten zu erfassen. Wenn die anteiligen Privatkosten vorsteuerbelastet waren, so entsteht zusätzlich Umsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).  HINWEIS Vgl. § 6 I Nr. 4 EStG. Sofern der Unternehmer den PKW vollständig dem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zugeordnet hat, kann er die Vorsteuer aus der Anschaffung und den laufenden Kosten unter den Voraussetzungen des § 15 UStG abziehen. Zur Kompensation der privaten Nutzung unterliegt diese dann als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer, soweit vorsteuerbelastete Ausgaben angefallen sind (vgl. §§ 3 IX a Nr. 1, 10 IV Nr. 2 UStG). Wenn die betriebliche Nutzung zwischen 10 % und 50 % (beides inklusive) liegt, so hat der Unternehmer ein Wahlrecht der Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen. Dieses kann nur durch eine Einlagebuchung , mithin also durch Ausweis in Buchführung und Bilanz, ausgeübt werden. Unterbleibt diese Einlagebuchung, so ist es im Nachhinein nicht möglich, das Wirtschaftsgut rückwirkend dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Die private Mitbenutzung ist auch hier wieder mit den anteiligen Kosten zu erfassen. Ebenso wie oben entsteht Umsatzsteuer, wenn die anteiligen Privatkosten vorsteuerbelastet waren (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Verbindung mit § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG).  BEISPIEL Ein Gewerbetreibender nutzt seinen Pkw zu 35 % eigenbetrieblich und zu 65 % privat. Er hat das Wahlrecht, den Pkw dem gewillkürten Betriebsvermögen © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 9 von 47 zuzuordnen. Dieses Wahlrecht kann durch Bilanzierung des Pkw ausgeübt werden.  HINWEIS Wertpapiere können gewillkürtes Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs sein, wenn nicht bereits bei ihrem Erwerb oder ihrer Einlage erkennbar ist, dass sie dem Betrieb keinen Nutzen, sondern nur Verluste bringen. Die Zurechnung von Wertpapieren zum gewillkürten Betriebsvermögen scheidet nicht allein deshalb aus, weil sie in spekulativer Absicht, mit Kredit erworben und Kursverluste billigend in Kauf genommen wurden. (vgl. H 4.2 I EStH „Wertpapiere“). Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen Wenn ein Wirtschaftsgut weder dem notwendigen Betriebsvermögen noch zulässigerweise dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnen ist, handelt es sich um Privatvermögen (vgl. § 264c III HGB). Das ist nach R 4.2 I 5 EStR der Fall, wenn ein Wirtschaftsgut, das kein Grundstück ist, zu weniger als 10% betrieblich genutzt wird (vgl. R 4.2 I 5 EStR) oder aber zu mehr als 10%, aber zu weniger als 50% betrieblich genutzt wird und nicht in der Buchführung und Bilanz ausgewiesen wird  EXPERTENTIPP Die Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen kann also zum einen durch die besondere Eigenart des Wirtschaftsguts erfolgen, zum anderen nach dem Umfang der tatsächlichen Nutzung im privaten Bereich. Oder mangels Ausweises in Buchführung und Bilanz bei einem Nutzungsumfang zwischen 10% und 50%. 1.1.2 Zuordnung von Immobilien zu Betriebsvermögen oder Privatvermögen Wirtschaftsgüter, die keine Grundstücke sind, werden entweder in vollem Umfang dem Betriebsvermögen (notwendig oder gewillkürt) oder dem Privatvermögen zuordnet. Auch die gemischte Nutzung führt wegen der oben erwähnten Nutzungsaufteilung zu einer Bilanzierung beim Betriebsvermögen oder beim Privatvermögen. Bei Grundstücken hingegen gilt vielmehr die Regel, dass der betrieblich genutzte Teil eines Grundstücks Betriebsvermögen und der privat genutzte Teile Privatvermögen darstellt. Daher ist ein unbebautes Grundstück entsprechend seiner tatsächlichen Nutzung dem Betriebs- oder Privatvermögen zuzuordnen. Bilanzsteuerrechtlich liegen hingegen bei einem bebauten Grundstück mindestens zwei eigenständige Wirtschaftsgüter vor, die einheitlich entweder dem Betriebs- oder dem Privatvermögen zuzuordnen sind, wobei für die Zuordnung grundsätzlich auf die tatsächliche Nutzung des Gebäudes abzustellen ist. Eine eigenständige Zuordnung des Grund und Bodens bei einem bebauten Grundstück kommt dann in Betracht, wenn © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 10 von 47 dieser eigenständig genutzt wird (beispielsweise als Lagerplatz). Grundstücke und Grundstücksteile, die ausschließlich und unmittelbar eigenbetrieblichen Zwecken dienen, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen (vgl. R 4.2 VII EStR), es sei denn, ihr Wert beträgt nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts (§ 9 BewG) des gesamten Grundstücks und nicht mehr als 20.500 EUR (vgl. § 8 EStDV, R 4.2 VIII EStR). Dagegen sind umgekehrt Grundstücke, die einheitlich eigenen Wohnzwecken dienen, zwingend dem Privatvermögen zuzuordnen. Schließlich können Grundstücke, die im Rahmen eines Miet- oder Pachtvertrags einheitlich fremden betrieblichen oder fremden Wohnzwecken dienen, als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgewiesen werden, da diese regelmäßig objektiv geeignet sind, das Betriebskapital zu stärken (beispielsweise als Sicherheit zur Erlangung weiteren Fremdkapitals, vgl. R 4.2 IX EStR). Wird ein Gebäude nebst dazugehörigem Grund und Boden dagegen teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt, stellt jeder der vier unterschiedlich genutzten Gebäudeteile nebst dazugehörigem Grund und Boden jeweils ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar (max. acht Wirtschaftsgüter), welches nach den zuvor beschriebenen Kriterien entweder dem Betriebs- oder dem Privatvermögen zuzuordnen ist (vgl. R 4.2 IV EStR unter vertiefend unter 5.2.1.3). MERKE  Es erfolgt also bei Immobilien eine Aufteilung. Ein gemischt genutzte Immobilie wird im Rahmen der Nutzung zu einem bestimmten Prozentsatz dem Betriebsvermögen und in Höhe des Rests dem Privatvermögen zugeordnet. 1.1.3 Betriebsvermögen bei Personengesellschaften 1.1.3.1 Arten von Personengesellschaften Eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (= Mitunternehmer) anzusehen sind, nennt man eine Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Das Steuersubjekt für die Einkommensteuer ist nicht die Gesellschaft, sondern lediglich der einzelne Gesellschafter. Er ist Mitunternehmer, weil er in der Regel am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven beteiligt ist. Ein Mitunternehmer trägt Mitunternehmerrisiko und zeigt Mitunternehmerinitiative. Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative Mitunternehmerrisiko bedeutet, dass der Steuerpflichtige den Betrieb zumindest teilweise auf seine Rechnung und Gefahr mitführt, am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt ist und regelmäßig am Vermögen als auch an den stillen Reserven. Mitunternehmerinitiative hingegen bedeutet, dass der Betrieb durch den Mitunternehmer mitgestaltet wird, so etwa durch Ausübung von Stimmrechten oder der Geschäftsführung. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 11 von 47 MERKE  Für die Mitunternehmerschaft ist das zivilrechtliche Gesellschaftsverhältnis nicht notwendige Voraussetzung. So kann ein Steuerpflichtiger Mitunternehmer sein, ohne dass er Gesellschafter ist. Ebenso ist es möglich, dass er zwar Gesellschafter ist, aber nicht Mitunternehmer. Überblick über die Personengesellschaften Folgende Arten von Personengesellschaften existieren: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), Offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG), Partnerschaftsgesellschaft und stille Gesellschaft. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)/ BGB-Gesellschaft Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (= BGB-Gesellschaft = GbR) bildet einen Zusammenschluss von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dient besonders als Rechtsform für Zusammenschlüsse kleinerer Gewerbebetriebe, welche einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht benötigen. Auch Freiberufler schließen sich häufig in der Rechtsform der GbR zusammen, sofern sie nicht eine Partnerschaftsgesellschaft gründen. Offene Handelsgesellschaft (OHG) Bei der offenen Handelsgesellschaft (OHG) haftet jeder Gesellschafter unbeschränkt mit seinem gesamten Privatvermögen. Die OHG kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sie lebt von der persönlichen Mitwirkung ihrer Gesellschafter. Kommanditgesellschaft (KG) Die Kommanditgesellschaft (KG) ist ein Zusammenschluss eines oder mehrerer Komplementäre und eines oder mehrerer Kommanditisten. Ihr Zweck ist der Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma. Der Komplementär haftet unbeschränkt für die Gesellschaftsschulden, ein Kommanditist haftet lediglich in Höhe seiner Einlage. Der Kommanditist ist deswegen auch von der Leitung der Gesellschaft ausgeschlossen, der Komplementär leitet die Gesellschaft.  EXPERTENTIPP Die Praxis sieht hierbei jedoch oft anders aus. Da häufig auch Ehepaare Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sind, wobei dann der Ehemann Komplementär und die Ehefrau Kommanditistin ist oder umgekehrt, wird die Gesellschaft nur offiziell lediglich durch den Komplementär geleitet. In Wahrheit hat der Kommanditist oft ein erhebliches Mitspracherecht bei der Leitung der Gesellschaft, wenn nicht sogar oftmals die faktische Leitung selbst. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 12 von 47 Spezialfall: Die GmbH & Co. KG Einen Spezialfall der KG stellt die GmbH & Co. KG dar. Hierbei ist der persönlich haftende Komplementär eine Kapitalgesellschaft, nämlich die GmbH. Mehrere Kommanditisten sind dann in dem Zusatz "& Co." vereinigt.  EXPERTENTIPP Die GmbH & Co. KG höhlt in gewisser Weise die Idee der KG, nämlich der unbeschränkten Haftung des Komplementärs, aus. So haftet zwar der Komplementär (= GmbH) mit seinem Betriebsvermögen unbeschränkt, die Gesellschafter, welche hinter dem Komplementär, also der GmbH, stecken, haften allerdings bei der GmbH nur beschränkt.  BEISPIEL Die Schlick GmbH & Co. KG wird gebildet durch die Schlick GmbH als Komplementärin und die Kommanditisten Kerstin und Renate. Gesellschafter der GmbH sind wiederum Dieter, Kerstin und Renate zu gleichen Teilen. Das Vermögen der Schlick GmbH liegt bei 500.000 €, die Einlagen der Gesellschafter Dieter, Kerstin und Renate bei der GmbH jeweils bei 100.000 €. Zusätzlich liegt die Kommanditeinlage von Kerstin und Renate bei der KG bei jeweils 500 €. Die Haftung der GmbH ist bei der KG zunächst unbeschränkt. Dies bedeutet aber lediglich, dass die GmbH mit ihrem gesamten Vermögen haftet. Sie haftet also mit 500.000 € Betriebsvermögen. Die eigentlichen Gesellschafter der KG, nämlich Dieter, Kerstin und Renate, haften allerdings bei der GmbH nur in Höhe ihrer Einlage von 100.000 €. Zusätzlich haften Kerstin und Renate mit 500 €, nämlich ihrer Kommanditeinlage. Partnerschaftsgesellschaft Die Partnerschaftsgesellschaft wiederum ist ausschließlich Freiberuflern vorbehalten. Die Partner haften gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Typische und atypische stille Gesellschaft Bei der stillen Gesellschaft beteiligt sich eine Person am Geschäft eines anderen. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Geschäftsinhabers über, es wird hierbei allerdings kein gemeinsames Vermögen gebildet. Der stille Gesellschafter ist am Gewinn und gegebenenfalls auch am Verlust beteiligt. Gegenüber Dritten tritt nur der Geschäftsinhaber in Erscheinung, so dass der stille Gesellschafter nicht gegenüber Dritten haftet, der Geschäftsinhaber allerdings sehr wohl. Die stille Gesellschaft existiert als atypisch stille Gesellschaft und als typisch stille Gesellschaft. Nur im Falle der atypisch stillen Gesellschaft ist sie auch eine Mitunternehmerschaft. Die Gesellschaft ist atypisch still, wenn der (atypisch) stille Gesellschafter nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt ist. Wenn er also schuldrechtlich so gestellt ist wie ein Kommanditist einer Kommanditgesellschaft, so ist er ein atypisch stiller © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 13 von 47 Gesellschafter. Wenn er hingegen ein typisch stiller Gesellschafter ist, also nicht an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt, so hat er keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern lediglich aus Kapitalvermögen.  EXPERTENTIPP Noch einmal zur Wiederholung: Die atypisch stille Gesellschaft beteiligt ihre Gesellschafter am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven. Der atypisch stille Gesellschafter erhält Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die atypisch stille Gesellschaft ist Mitunternehmerschaft. Die typisch stille Gesellschaft beteiligt ihre Gesellschafter hingegen zwar am Gewinn und Verlust, nicht jedoch an den stillen Reserven. Der typisch stille Gesellschafter erhält Einkünfte aus Kapitalvermögen. 1.1.3.2 Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter Die Gesamtheit aller Wirtschaftsgüter, welche in die steuerliche Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich einzubeziehen sind, bilden das Betriebsvermögen der Personengesellschaft (= Mitunternehmerschaft). Zum Betriebsvermögen der Persongesellschaft zählen daher das Gesamthandvermögen der Personengesellschaft und die Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter. Zivilrechtlich sind Personenhandelsgesellschaften wie OHG, KG, GmbH & Co.KG soweit den Kapitalgesellschaften angenähert, als sie „unter ihrer Firma“ unter anderem Eigentum erwerben können, siehe hierzu §§ 123 ff. und 161 Abs. 2 HGB. Das erworbene Eigentum wird Gesellschaftsvermögen in Form von Gesamthandsvermögen nach § 105 Abs. 3 HGB in Verbindung mit §§ 718, 719 BGB für die OHG beziehungsweise für die KG über § 161 Abs. 2 HGB. Alles, was sich im Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft befindet - die eine Mitunternehmerschaft ist, also Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG bezieht, stellt somit Betriebsvermögen dar. Da die Gesellschaft im Gegensatz zu einer natürlichen Person keinen Privatbereich haben kann, scheidet handelsrechtlich Privatvermögen aus. Steuerrechtlich führt der Grundsatz der Maßgeblichkeit gemäß § 5 Abs. 1 EStG dazu, dass das Gesamthandsvermögen grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen ist. Gewillkürtes Betriebsvermögen ist somit auch steuerlich nicht denkbar. Darüber hinaus wird Gesamthandsvermögen auch dann nicht zum steuerlichen Betriebsvermögen gerechnet, wenn es ausschließlich und unentgeltlich privaten Zwecken eines oder mehrerer Gesellschafter dient siehe hierzu H 4.2 Abs. 11 EStH „Ausnahme bei privater Nutzung“. Die Einkommensteuerrichtlinien H 4.3 Abs. 2 bis 4 EStH, Stichworte „Grundstücke und Grundstücksteile“ und „Personengesellschaften“ stützen sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH und des Bundesverfassungsgerichts. Wird ein zum Gesamthandsvermögen gehörendes Grundstück von einem oder einigen Gesellschaftern bebaut und für private Wohnzwecke genutzt, sind folgende Rechtsfolgen zu unterscheiden: Entnahme des Grundstücks, wenn keine weiteren Vereinbarungen vorliegen. Im Falle des Urteils im BStBl II 1988, S. 418, auf das sich H 4.3 (2 – 4) EStH („Personengesellschaften“) bezieht, hatte ein Gesellschafter auf einem Grundstück der © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 14 von 47 Personengesellschaft (auf seine Kosten) ein Einfamilienhaus errichtet, wobei für die Nutzung des Grund und Bodens kein Entgelt verlangt wurde. keine Entnahme des Grundstücks, ◦ wenn im Anschluss an die Bebauung der Gesellschafter das Grundstück zu Bedingungen erwirbt, die einem Fremdvergleich standhalten. ◦ wenn nach Belastung eines Grundstücks des Gesamthandsvermögens mit einem Erbbaurecht der Gesellschafter das Grundstück mit einem privat genutzten Einfamilienhaus bebaut. Nach Ansicht des VIII. Senats sind Erbbaurecht und Grundstück zwei selbständige Wirtschaftsgüter. Das Grundstück verliere durch die Bebauung nicht die Fähigkeit, auf Dauer dem Betrieb zu dienen, was sich aus der Erzielung von Einnahmen in Form des Erbbauzinses zeige. Unter dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter versteht man deren Privatvermögen, und zwar insoweit, als es der Personengesellschaft für betriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt wird (R 4.2 Abs. 2 EStR). Wenn ein Wirtschaftsgut beim gewerblichen Einzelunternehmer Betriebsvermögen darstellt, so ist es auch im Falle einer Mitunternehmerschaft Betriebsvermögen. Die Aufwendungen und Erträge im Zusammenhang mit dem Sonderbetriebsvermögen wirken sich auf die Höhe der Einkünfte des betreffenden Gesellschafters aus.  BEISPIEL A ist Komplementär der A-KG, B ist ihr Kommanditist. Der B als Eigentümer eines Grundstücks vermietet dieses für 30.000 € pro Jahr an die KG. Da das Grundstück zivilrechtlich der Kommanditgesellschaft nicht gehört, kann sie dieses auch nicht bilanzieren. Vielmehr ist das Grundstück Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters B. Dieser erzielt mit der Vermietung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern vielmehr stellt die Vermietung eine Sondervergütung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar. Das Entgelt für die Miete ist also Einkunft aus Gewerbebetrieb und nicht Einkunft aus Vermietung und Verpachtung. Sofern die Miete im handelsrechtlichen Jahresabschluss der KG als Aufwand gebucht worden ist, muss dieser Aufwand außerbilanziell wieder hinzugerechnet werden, um das steuerliche Ergebnis zu erhalten. Sonderbetriebsvermögen I und II Das Sonderbetriebsvermögen gliedert sich wiederum auf in Sonderbetriebsvermögen I und Sonderbetriebsvermögen II. Zum Sonderbetriebsvermögen I gehören all jene Wirtschaftsgüter, welche unmittelbar dem Betrieb der Persongesellschaft dienen (R 4.2 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz EStR). Zum Sonderbetriebsvermögen II hingegen zählen solche Wirtschaftsgüter, welche unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt werden sollen (R 4.2 Abs. 2 Satz 2, HS.2 EStR). Sonderbetriebsvermögen, das nicht zum Gesamthandvermögen der Mitunternehmerschaft gehört, gleichgültig ob Sonderbetriebsvermögen I oder II, zählt zum notwendigen Betriebsvermögen. In den folgenden beiden Videos gehen wir genauer auf das Sonderbetriebsvermögen ein und behandeln dazu zusammen mehrere Fälle. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 15 von 47 www.steuerkurse.de/go/0e68e98 www.steuerkurse.de/go/0e70495 1.1.3.3 Gewinn- und Verlustanteil sowie Sondervergütungen der Gesellschafter Der Gesellschafter einer Mitunternehmerschaft erhält nicht immer nur Gelder, die offiziell als Gewinn- und Verlustanteile deklariert werden. Oftmals erhält er auch Mietzinsen für von ihm an die Gesellschaft vermietete Grundstücke oder Darlehenszinsen für von ihm an die Gesellschaft geliehene Gelder. Hierbei ist es zusätzlich möglich, dass die Miete bzw. der Darlehenszins überhöht sind, dass der Gesellschafter also mehr Gelder erhält als ein fremder Dritter erhalten hätte. Wichtig ist, dass es keine Rolle spielt, wie die Gelder genannt werden, sie sind in jedem Falle eine Zahlung oder eine Vorauszahlung auf den Gewinn. Ein Gesellschafter erhält, kurz gesprochen, Gewinn- oder Verlustanteile und Sondervergütungen. Sondervergütungen und Sonderbetriebsausgaben Bei Sondervergütungen handelt es sich um Vergütungen, welche der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Diese Sondervergütungen dürfen das © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 16 von 47 steuerliche Ergebnis der Mitunternehmerschaft und somit die Einkünfte des Mitunternehmers nicht mindern. Sollten sie das handelsrechtliche Ergebnis gemindert haben, weil handelsrechtlich ein Aufwand vorliegt, so muss für die Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlage die Sondervergütung einkünfterhöhend berücksichtigt werden. Wichtig ist allerdings, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Mitunternehmerschaft und der Leistung gegeben ist.  BEISPIEL Der Rechtsanwalt Christoph Z. ist an der Rechtsverdreher-KG beteiligt. Ihr gegenüber erbringt der Anwalt des öfteren Beratungsleistungen, welche mit dem üblichen Gebührensatz vergütet werden. Im letzten Quartal hat Christoph Z. hierfür insgesamt 2.000 € erhalten. Die Beratungsleistungen stehen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Mitunternehmerschaft. Diese Honorare sind eine Sondervergütung der KG an den Rechtsanwalt Z. Sie sind bei Christoph Z. nicht als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu erfassen, sondern bilden Einkünfte aus seiner Beteiligung an der KG. Sollten die 2.000 € handelsbilanziell als Aufwand berücksichtigt worden sein, so müssen sie einkommensteuerlich wieder hinzugerechnet werden.  BEISPIEL Rechtsanwalt Christoph Z. erhält ein Mandat von der Rechtsverdreher-KG, an welcher er beteiligt ist. Es handelt sich in diesem Fall nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 HS. 2 EStG, denn die Mitunternehmerschaft und die Leistung des Anwalts treffen nur zufällig aufeinander. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist damit ausgeschlossen. Insgesamt ist also die Mitunternehmerschaft ähnlich zum gewerblichen Einzelunternehmer. Alle steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben mindern also den Gewinn der Mitunternehmerschaft, egal ob die Gesellschaft selbst oder ein Gesellschafter die Aufwendungen bestritten hat. Wenn der Gesellschafter die Aufwendungen selbst getragen, aber für die Gesellschaft getätigt hat, so spricht man von Sonderbetriebsausgaben.  BEISPIEL Christoph Z., Anwalt in der oben erwähnten Rechtsverdreher-KG, hat seinen Wohnsitz in Essen. Für ein Mandat reist er nach München und trägt die Aufwendungen für die Bahnfahrt selbst. Z. bezahlt für die Bahnfahrt insgesamt 200 €. Es handelt sich um Sonderbetriebsausgaben des Z., welche seinen steuerlichen Gewinnanteil mindern. Es ist insgesamt für die Frage, ob es sich bei Zahlungen um Betriebsausgaben oder um Vorabvergütung handelt unerheblich , ob ein Gesellschafter mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 2, Satz 2 EStG). Der mittelbar beteiligte Gesellschafter einer Personengesellschaft © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 17 von 47 wird insofern dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleichgestellt. Bilanzierungskonkurrenzen bei Mitunternehmerschaften Im folgenden Video gehen wir auf die Bilanzierungskonkurrenz bei Mitunternehmerschaften ein und behandeln dazu Fälle: www.steuerkurse.de/go/9c52599 1.1.4 Betriebsvermögen bei Kapitalgesellschaften Da Kapitalgesellschaften als juristische Personen auch für Zwecke der Besteuerung als eigenständige Steuersubjekte ausgestaltet sind, gibt es kein Privatvermögen, denn juristische Personen haben keinen privaten Bereich. Folglich stellen sämtliche Wirtschaftsgüter im Eigentum der Kapitalgesellschaft (auch wirtschaftliches Eigentum) Betriebsvermögen dar. Wirtschaftsgüter im Eigentum eines oder mehrerer Gesellschafter können niemals Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft sein. Soweit diese Wirtschaftsgüter durch die Kapitalgesellschaft genutzt werden, liegen in der Regel Miet- oder Pachtverhältnisse vor, bei denen sich allenfalls Fragen nach verdeckten Einlagen oder einer Betriebsaufspaltung ergeben können. Es existieren unterschiedliche Kapitalgesellschaften, nämlich beispielsweise die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) und die Aktiengesellschaft. Private oder betriebliche Nutzung Eine private Nutzung ist bei Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaften nicht möglich. Sofern Wirtschaftsgüter der Kapitalgesellschaft von den Gesellschaftern privat genutzt werden sollten, so führt dies allenfalls zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Privates Vermögen der Gesellschafter führt andererseits durch eine betriebliche Nutzung im Dienst der Kapitalgesellschaft nicht zu Sonderbetriebsvermögen bei der Kapitalgesellschaft. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 18 von 47 1.1.5 Zurechnung von Wirtschaftsgütern 1.1.5.1 Arten von Leasing Leasing sieht auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche Miete aus, hat aber jedoch einige Besonderheiten, die es von einer Miete unterscheiden. Man unterscheidet Operating-Leasing und Finanzierungsleasing (= Financial-Leasing). Beim Operating-Leasing handelt sich um ein jederzeit kündbares Mietverhältnis, bei dem der Leasinggeber die Verpflichtung übernimmt, den Leasinggegenstand zu pflegen, zu reparieren und sonstige hiermit zusammenhängende Arbeiten zu übernehmen. Beim Finanzierungsleasing hingegen ist der Leasingvertrag innerhalb einer gewissen Zeit (= Grundmietzeit ) unkündbar. Wenn zusätzlich die Gebühren, welche in der Grundmietzeit zu entrichten sind, die Anschaffungskosten des Gegenstandes sowie Finanzierungs- und Nebenkosten für den Leasinggeber decken, so spricht man von einem Vollamortisationsvertrag. Arten von Finanzierungsleasingverträgen Man unterscheidet folgende Finanzierungsleasingverträge: mit Kaufoption, mit Mietverlängerungsoption, ohne derartige Optionen und Spezialleasing. Die Optionen sind jeweils nach Ablauf der Grundmietzeit auszuüben. Bei der Kaufoption hat der Leasingnehmer das Recht, nach Ablauf der Grundmietzeit den Leasinggegenstand zu erwerben. Insofern liegt also bei einem Leasingvertrag mit Kaufoption gerade kein ausschließlicher Mietvertrag vor. Bei einer Mietverlängerungsoption kann der Leasingnehmer nach dem Ende der Grundmietzeit das Vertragsverhältnis verlängern. Bei dem sog. Spezialleasing wird der Gegenstand speziell auf die Nutzung durch den Leasingnehmer zugeschnitten. Hierdurch ist ausschließlich die Nutzung speziell bei ihm möglich. Nachfolgend erhalten Sie zusammenfassende Informationen zum Leasing. www.steuerkurse.de/go/bc2cfe1 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 19 von 47 1.1.5.2 Zuordnung des Leasinggegenstands Fraglich ist nun, ob der Leasinggeber oder der Leasingnehmer den Leasinggegenstand zu bilanzieren hat.  MERKE Lies für die folgenden Ausführungen unbedingt den Leasing-Erlass vom 19. April 1971. Bilanzierung beim Leasingnehmer Bei Finanzierungsleasingverträgen wird regelmäßig der Leasingnehmer den Gegenstand zu aktivieren haben, wenn dieser voraussichtlich (annähernd) über die gesamte Nutzungsdauer hinweg den Leasinggegenstand nutzen wird. Der nach dem Ende der Leasingzeit resultierende Herausgabeanspruch durch den Leasinggeber würde also annähernd wertlos werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Spezialleasing vorliegt bzw. wenn die Grundmietzeit mehr als 90 % der Nutzungsdauer ausmacht bzw. wenn bei der Ausübung einer Option diese erwartungsgemäß durch den Leasingnehmer ausgeübt wird, ◦ weil die vereinbarten Konditionen dies erwarten lassen. Letzteres ist bei einer Mietverlängerungsoption dann der Fall, wenn die Anschlussmiete (also nach Ablauf der Grundmietzeit) kleiner als der Werteverzehr bei linearer Abschreibung ist. Bei einer Kaufoption ist dies der Fall, wenn der Kaufpreis (im Anschluss an die Grundmietzeit) kleiner als der Restbuchwert bei linearer Abschreibung oder dem niedrigeren gemeinen Wert ist.  BEISPIEL Bei einem Leasingvertrag über eine Maschine wird eine Grundmietzeit von 14 Jahren vereinbart. Die Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes betrage 15 Jahre. Da die Grundmietzeit 14/15 = 93,3 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, also mehr als 90 %, umfasst, erfolgt die Bilanzierung beim Leasingnehmer. Bilanzierung beim Leasinggeber  BEISPIEL Die Anschaffungskosten eines Leasinggegenstandes liegen bei 1.000 €. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer betrage 15 Jahre, die Grundmietzeit werde mit 10 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Grundmietzeit habe der Leasingnehmer die Option, für 100 € pro Periode den Leasinggegenstand weiterhin zu nutzen. Die Grundmietzeit liegt bei 10/15 = 66,67 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Die Bilanzierung ist also von der Option abhängig. Es liegt eine Mietverlängerungsoption vor. Die © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 20 von 47 Anschlussmiete von 100 € pro Periode ist größer als der Werteverzehr bei linearer Abschreibung, dieser liegt bei 1000/15 = 66,67 €. Damit erfolgt die Bilanzierung beim Leasinggeber.  BEISPIEL Die Anschaffungskosten eines Leasinggegenstandes liegen bei 1.000 €. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer betrage 15 Jahre, die Grundmietzeit werde mit 10 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Grundmietzeit habe der Leasingnehmer die Option, für 250 € den Leasinggegenstand zu erwerben. Die Grundmietzeit liegt bei 66,67 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer. Die Bilanzierung ist also von der Option abhängig. Es liegt eine Kaufoption vor. Der Restbuchwert bei linearer Abschreibung errechnet sich als RBW = AK - 10·AB = 1000 - 10·66,67 = 333,33 €. Der Kaufpreis liegt mit 250 € unterhalb dieses Restbuchwerts, weshalb die Bilanzierung beim Leasingnehmer zu erfolgen hat. Teilamortisation in Leasing-Verträgen Ein Teilamortisationsvertrag ist dann gegeben, wenn die Leasingraten innerhalb der Grundmietzeit nicht die Anschaffungskosten einschließlich der Finanzierungs- und Nebenkosten decken, allerdings eine volle Amortisation durch andere Vertragsklauseln gewährt wird, welche nach Ablauf der Grundmietzeit eintreffen. Wenn der Leasingnehmer den Leasinggegenstand zu aktivieren hat, so muss er nicht nur einen aktiven Bestandsposten bilden, sondern zusätzlich auch in derselben Höhe eine Verbindlichkeit in seiner Bilanz aufstellen, welche teilweise durch die Leasingraten im Verlauf der Grundmietzeit getilgt wird. In genau derselben Höhe hat der Leasinggeber eine Forderung zu aktivieren, welche analog getilgt wird. 1.1.5.3 Bilanzierung des Leasinggegenstands bei Leasinggeber und Leasingnehmer Nachdem man die Frage geklärt hat, ob der Leasinggegenstand beim Leasinggeber oder beim Leasingnehmer zu aktivieren ist, geht es nun um die Frage, wie die Bilanzierung konkret erfolgt. Wenn der Leasingnehmer bilanzieren muss, so hat er den Leasinggegenstand mit den Anschaffungskosten, welche der Leasinggeber dem Leasingvertrag zugrunde legt, zzgl. den eigenen Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren. Darüber hinaus muss er den aktivierten Leasinggegenstand über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (nicht also lediglich über die Grundmietzeit) abschreiben. Außerdem muss der Leasingnehmer eine Leasingverbindlichkeit passivieren, wobei die jährlichen Leasingraten hierbei in Zinsanteil, Kostenanteil und Tilgungsanteil untergliedert werden. Dies geschieht wie folgt: Berechnung der jährlichen Verbindlichkeiten beim Leasingnehmer und der jährlichen Forderungen beim Leasinggeber Zur Berechnung der jährlichen Verbindlichkeiten beim Leasingnehmer und der jährlichen Forderungen beim Leasinggeber kann nach dem folgenden Schema verfahren werden: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 21 von 47  METHODE 1. Ermittle die insgesamt zu zahlenden Leasingraten während der Grundmietzeit. 2. Subtrahiere hiervon die Anschaffungskosten des Leasinggebers. 3. Die Differenz ergibt den Zins- und Kostenanteil. 4. Subtrahiere hiervon den insgesamt anfallenden Kostenanteil. 5. Die Differenz ergibt den gesamten Zinsanteil. 6. Ermittle die Zinsanteile der einzelnen Jahre 7. Trage die Kostenanteile, die Zinsanteile, ihre Summe sowie die Leasingraten in eine Tabelle ein. 8. Die Differenz aus Leasingrate und Zins- und Kostenanteil ergibt den jeweiligen Tilgungsanteil der einzelnen Jahre. 9. Die erste Verbindlichkeit bzw. Forderung entsteht in Höhe der Anschaffungskosten des Leasinggebers. 10. Subtrahiere hiervon den Tilgungsanteil des ersten Jahres und erhalte die Verbindlichkeit bzw. die Forderung des 2. Jahres usw. Berechnung anhand der Zinsstaffelmethode  BEISPIEL Die Anschaffungskosten einer Maschine, die speziell für die Bedürfnisse der Calvin OHG aus Mülheim entwickelt wurde, betragen 180.000 €. Die Leasing AG aus Essen-Kettwig, die diese Maschine anschafft und danach an die Calvin OHG verleast, verlangt eine Leasingrate pro Jahr in Höhe von 80.000 € während einer Grundmietzeit von vier Jahren. Hierbei ist ein Kostenanteil pro Jahr von 10.000 € eingerechnet. Um die Maschine funktionsfähig zu machen, muss die Calvin OHG zusätzlich noch Fundamentierungsarbeiten vornehmen lassen, die mit 20.000 € zu Buche schlagen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt fünf Jahre. Die Maschine wird Anfang 01 geliefert. Bei wem muss die Maschine aktiviert werden? Stelle im Falle der Bilanzierung beim Leasingnehmer seine zu passivierende Verbindlichkeit bzw. die zu aktivierende Forderung des Leasinggebers über die Grundmietzeit dar.  EXPERTENTIPP Digitale Methode Schreibe diesen Betrag, um welchen die einzelnen Beträge abnehmen, in die letzte Periode und rechne dann jeweils die 10.000 € darauf. Man erhält die einzelnen Zinsanteile. Damit erhält man © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 22 von 47 Jahre Zinsanteil 1 40.000 € 2 30.000 € 3 20.000 € 4 10.000 € In die Tabelle trägt man also die einzelnen Zinsanteile ein. Die Kostenanteile sind aus der Aufgabenstellung bekannt und können ebenfalls notiert werden, genauso wie die einzelnen Leasingraten. Die Summe aus Zins- und Kostenanteil folgt damit auch. Schließlich beträgt die Forderung bzw. Verbindlichkeit im ersten Jahr 180.000 €. Wenn man schließlich von der Leasingrate von 80.000 € den Zins- und Kostenanteil von 50.000 € abzieht, erhält man den Tilgungsanteil des ersten Jahres in Höhe von 30.000 €. Die Forderung bzw. Verbindlichkeit des zweiten Jahres liegt damit bei 180.000 - 30.000 = 150.000 €. Analog rechnet man die anderen Bestände aus und erhält Verbindlichkeit/ Forderung Leasingrate Zinsund Kostenanteil Kostenanteil Zinsanteil Tilgungsanteil 1 180.000 € 80.000 € 50.000 € 10.000 € 40.000 € 30.000 € 2 150.000 € 80.000 € 40.000 € 10.000 € 30.000 € 40.000 € 3 110.000 € 80.000 € 30.000 € 10.000 € 20.000 € 50.000 € 4 60.000 € 80.000 € 20.000 € 10.000 € 10.000 € 60.000 € Jahre Berechnung anhand der Barwertvergleichsmethode Bei der Barwertvergleichsmethode berechnet man zunächst den Zins, der die Gleichung 180.000 = 80.000/(1 + i) + 80.000/(1 + i) 2 + … + 80.000/(1 + i) 4 löst. Nach der Methode der linearen Interpolation erhält man für i die Approximation i = 27,769 %. Hiermit wird die Forderung bzw. Verbindlichkeit des ersten Jahres multipliziert: 180.000·0,27769 = 49.984,2. Man erhält den Zins- und Kostenanteil des ersten Jahres. Wenn man hiervon den Kostenbestandteil abzieht, erhält man den ausschließlichen Zinsanteil im Jahr 1 in Höhe von 39.984,2 €. Wieder errechnet sich der Tilgungsanteil als Differenz aus Leasingrate und Zins- und Kostenstandteil, also hier 80.000 – 49.984,2 = 30.015,20 €. Die zu passivierende Verbindlichkeit liegt daher im zweiten Jahr beim Leasingnehmer bei 180.000 - 30.015,2 = 149.984,20 €. Dies rechnet man analog weiter und erhält © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 23 von 47 Verbindlichkeit/ Forderung Leasingrate Zinsund Kostenanteil Kostenanteil Zinsanteil Tilgungsanteil 1 180.000 € 80.000 € 49.984,2 € 10.000 € 39.984,2 € 30.015,2 € 2 149.984,2 € 80.000 € 41.649,11 € 10.000 € 31.649,11 € 38.351,89 € 3 111.633,31 € 80.000 € 30.999,45 € 10.000 € 20.999,45 € 49.000,55 € 4 62.633,76 € 80.000 € 17.392,41 € 10.000 € 7392,49 € 62.608,51 € Jahre Die Differenz zwischen Verbindlichkeit/Forderung des letzten Jahres von 62.633,76 € und dem Tilgungsanteil im Jahre 4 in Höhe von 62.608,51 € liegt darin begründet, dass der Zins von 27,769 % nicht genau genug war. Es empfiehlt sich also hier, recht genau den Zins zu interpolieren, bevor man mit der Tabelle beginnt. Im kommenden Video wird mit Ihnen eine Leasing Aufgabe gelöst. www.steuerkurse.de/go/bc3792a 1.1.5.4 Mietkaufverträge Mietkaufverträge Bevor es buchhalterisch um die Erfassung von Leasingverträgen und deren Gegenstände ging, gab es bereits die sogenannten Mietkaufverträge. Im Allgemeinen werden in derartigen Verträgen aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus Bestandteile des Mietvertrags und des Kaufvertrags zu finden sein. Häufig wird eine sprichwörtliche Miete vereinbart, um dem Kaufinteressenten die Erprobung des Gegenstandes für seine betrieblichen Zwecke zu ermöglichen. Gleichzeitig wird ihm die Option eingeräumt, diesen Gegenstand jederzeit zu erwerben. Hierbei sind wiederum zwei Varianten denkbar: Bei Ausübung der Kaufoption wird der bisherig gemietete Gegenstand durch den bisherigen Mieter zum Zeitwert - zum Zeitpunkt der Erwerbung - erworben. Bilanzsteuerrechtlich wäre diese Variante wie folgt zu beurteilen: Bis zur Ausübung der Kaufoption liegt eine Miete vor, das Nutzungsentgelt stellt beim Vermieter Einnahme, beim Mieter Betriebsausgabe dar. Bei Ausübung der Option erfolgt ein Kauf durch den bisherigen Mieter zum Zeitwert zum Zeitpunkt © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 24 von 47 der Erwerbung. Bei Ausübung der Kaufoption wird der vereinbarte Listenpreis berechnet, gleichzeitig werden die bereits gezahlten Mieten angerechnet. Bilanzsteuerrechtlich wäre diese Variante wie folgt zu beurteilen: Bis zur Ausübung der Kaufoption liegt ebenfalls Miete vor. Bei Ausübung der Kaufoption wird allerdings ein Kauf von Anfang an unterstellt. Die Anschaffungskosten ergeben sich aus Restkaufpreis + bisher gezahlter nun erstatteter Miete. Dabei werden allerdings vorangegangene Wirtschaftsjahre nicht berichtigt. Die Konsequenz daraus ist, dass der bisherige Mieter im Jahr der Kaufoption Erträge in Höhe der erstatteten Miete erhält, allerdings auch im Gegenzug die Abschreibungen als Aufwand für die Wirtschaftsjahre der bisherigen Mietzeit im Optionsjahr nachholen kann. 1.1.6 Mietereinbauten / Mieterumbauten 1.1.6.1 Unterscheidung der Mietereinbauten / Mieterumbauten Mietereinbauten oder Mieterumbauten sind solche Baumaßnahmen, die ein Mieter oder Pächter im eigenen Namen und für eigene Rechnung, aber auf fremdem Grund und Boden bzw. in einem ihm nicht gehörenden Gebäude durchführt. Weiterhin darf keine Verrechnung mit der monatlich zu zahlenden Miete oder Pacht erfolgen, die Ein- oder Umbauten müssen auf Rechnung des Mieters oder Pächters vorgenommen worden sein und die Aufwendungen dürfen nicht Erhaltungsaufwand sein. Der Mieter oder Pächter muss außerdem mit der Baumaßnahme ein aktivierungspflichtiges Wirtschaftsgut geschaffen haben. Im folgenden Video wird unter anderem auf die Definition, Prüfungsschritte und Nutzungsdauer bzgl. der Mieteinbauten eingegangen: www.steuerkurse.de/go/9c5bd6e Der Mieteinbautenerlass vom 15.1.1976 regelt die Grundsätze, die auf Mietereinbauten und -umbauten anzuwenden sind. Dieser ist auf alle Gewinnermittlungsarten anzuwenden, also auf den Betriebsvermögensvergleich als auch auf die Einnahmenüberschussrechnung. Man unterscheidet Scheinbestandteile, Betriebsvorrichtungen und sonstige Mietereinbauten. 1.1.6.2 Scheinbestandteile Scheinbestandteile sind Einbauten, welche mit dem Gebäude des Vermieters nur zu einem vorübergehenden Zweck verbunden sind. Sie sind dem Mieter nach § 39 Abs. 1 AO als bewegliches © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 25 von 47 materielles Wirtschaftsgut zuzurechnen. Ein Scheinbestandteil ist beim Mieter nach der Mietdauer bzw. nach der kürzeren Nutzungsdauer als bewegliches Wirtschaftsgut abzuschreiben. Dies kann, weil es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut handelt, linear (§ 7 Abs. 1 EStG) oder degressiv (§ 7 Abs. 2 EStG) erfolgen. Im Erstjahr ist die Abschreibung immer zeitanteilig vorzunehmen.  BEISPIEL Der Mieter einer Diskothek baut eine hochwertige Beleuchtungsanlage ein, welche nach Ablauf des Mietvertrages wieder ausgebaut werden muss. Nach dem Ausbau kann die Leuchtanlage noch anderweitig verwendet werden. Die Nutzungsdauer der Beleuchtungsanlage liegt bei 15 Jahren. Der Einbau wurde am 1.9. im Jahr 01 fertiggestellt, Herstellungskosten wurden vom Mieter aufgewendet in Höhe von € 20.000 €. Als die Leuchtanlage fertiggestellt wurde, hatte der Mietvertrag noch eine Laufzeit von sechs Jahren. Es handelt sich um einen Scheinbestandteil, da die Anlage nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Gebäude des Vermieters verbunden ist. Allerdings ist dieser Scheinbestandteil dem Mieter als bewegliches materielles Wirtschaftsgut zuzurechnen. Sodann hat der Mieter zu entscheiden, über welche Laufzeit er die Anlage abzuschreiben hat. Da es sich um ein bewegliches Wirtschaftsgut handelt, kann er neben der linearen Abschreibung auch die degressive Abschreibung verwenden. Die Restlaufzeit des Mietvertrags liegt mit sechs Jahren unterhalb der Nutzungsdauer der Anlage, insofern wird über diese kürzere Restlaufzeit abgeschrieben. Bei linearer Abschreibung erhält man einen Abschreibungsprozentsatz von 1/6 = 16,67 %. Bei degressiver Abschreibung darf das Zweieinhalbfache, also 2,5*16,67 % = 42 %, höchstens aber 25 %, abgeschrieben werden. Im ersten Jahr würde 0,25*20.000 = 5.000 € abgeschrieben. Da im ersten Jahr die Abschreibung zeitanteilig vorzunehmen ist, genauer gesagt monatsweise, lautet die Abschreibung im Jahre 01 allerdings lediglich 4/12*5.000=1.666,67 €. 1.1.6.3 Betriebsvorrichtungen Der Mieter ist wirtschaftlicher Eigentümer, wenn eine Betriebsvorrichtung nach R 7.1 Abs. 3 EStR eingebaut wird, da solche Einbauten häufig wesentliche Gebäudebestandteile werden. Sie ist, genau wie der Scheinbestandteil, nach der Mietdauer bzw. nach der kürzeren Nutzungsdauer als bewegliches Wirtschaftsgut linear oder degressiv abzuschreiben. Auch erfolgt im ersten Jahr stets eine zeitanteilige Abschreibung. 1.2 Abstrakte Bilanzierungsfähigkeit Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Wirtschaftsgutes in das Betriebsvermögen ist, dass das Wirtschaftsgut auch dem Kaufmann beziehungsweise dem Steuerpflichtigen gehört. Die zivilrechtliche beziehungsweise wirtschaftliche Zurechnung von Vermögensgegenständen und Schulden richtet sich nach § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB und ist identisch mit § 39 AO, zum wirtschaftlichen Eigentum. In den Verwaltungsanweisungen ist die Zurechnung an folgenden Stellen geregelt: R 4.2 Abs. 1 und Abs. 2 EStR für allgemeine Zurechnungsgrundsätze für Einzelunternehmen und Personengesellschaften R 4.2 Abs. 3 bis Abs. 14 EStR für Grundstücke, Grund & Boden, Gebäude R 4.2 Abs. 15 EStR für Verbindlichkeiten R 4.2 Abs. 16 EStR bei Einnahmenüberschussrechnung, Schätzung und Gewinnermittlung nach § 13a Abs. 3 bis Abs. 6 EStG © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 26 von 47 Begriffsdefinition Zentraler Begriff der steuerlichen Bilanzierung ist das sog. Wirtschaftsgut (§ 6 Abs. 1 EStG). Dieses bildet das Analogon zu den handelsrechtlichen Positionen des Vermögensgegenstandes und der Schulden (§ 240 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB) und ist zentraler Bestandteil der Steuerbilanz. Diese besteht aus Wirtschaftsgütern ◦ positive Wirtschaftsgüter und ◦ negative Wirtschaftsgüter sonstigen Positionen, z.B. ◦ Rechnungsabgrenzungsposten und ◦ steuerfreien Rücklagen Wir reden über § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB. Abstrakte Bilanzierungsfähigkeit heißt: abstrakte Aktivierungsfähigkeit bzw. abstrakte Passivierungsfähigkeit. 1.2.1  Positives Wirtschaftsgut MERKE Sie müssen zwischen positiven und negativen Wirtschaftsgütern unterscheiden können und die Bilanzierung derselben beherrschen. Weiterhin sollten sie die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beherrschen sowie auch die Herangehensweise an Forderungen und Verbindlichkeiten. Begriffsdefinition Zentraler Begriff der steuerlichen Bilanzierung ist das sog. Wirtschaftsgut (§ 6 Abs. 1 EStG). Dieses bildet das Analogon zu den handelsrechtlichen Positionen des Vermögensgegenstandes und der Schulden (§ 240 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB) und ist zentraler Bestandteil der Steuerbilanz. Diese besteht aus: Wirtschaftsgütern ◦ positive Wirtschaftsgüter und ◦ negative Wirtschaftsgüter sonstigen Positionen, z.B. ◦ Rechnungsabgrenzungsposten und ◦ steuerfreien Rücklagen. Unter positiven Wirtschaftsgütern versteht man nach der Finanzrechtsprechung Sachen und Rechte im Sinne des bürgerlichen Rechts sowie sonstige Vorteile, welche durch Aufwendungen erlangt und nach der Verkehrsauffassung selbstständig bewertbar sind. Mit Urteil vom 26.11.2014, X R 20/ 12 hat der BFH das Tatbestandsmerkmal "ökonomischer Nutzen über den Bilanzstichttag hinaus" abgeschafft. Unter Sachen versteht man speziell Grundstücke, Gebäude oder Maschinen. Rechte sind z.B. Forderungen bzw. Patente. Wirtschaftliche Vorteile bilden z.B. der Firmen- oder Geschäftswert. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 27 von 47  BEISPIEL Der Steuerpflichtige Fritz aus München hat für 200.000 € ein Grundstück erworben. Dieses ist eine Sache im Sinne des bürgerlichen Rechts und durch Aufwendungen erlangt. Nach der Verkehrsauffassung ist das Grundstück selbstständig bewertbar. Es ist damit insgesamt ein positives Wirtschaftsgut. Abgrenzung des Wirtschaftsguts Positive Wirtschaftsgüter lassen sich wie folgt systematisieren: nach der Art ◦ materielle Wirtschaftsgüter und ◦ immaterielle Wirtschaftsgüter nach der Erwerbsform ◦ angeschaffte Wirtschaftsgüter, ◦ hergestellte Wirtschaftsgüter, ◦ unentgeltlich erworbene Wirtschaftsgüter, nach der Zweckbestimmung ◦ Anlagevermögen ◦ Umlaufvermögen nach der örtlichen Einsatzmöglichkeit ◦ bewegliche Wirtschaftsgüter und ◦ unbeweglichen Wirtschaftsgüter. Materielle Wirtschaftsgüter lassen sich anfassen, immaterielle nicht.  BEISPIEL Derivativer Goodwill, Wirtschaftsgüter. Patente, Lizenzen sind Beispiele für immaterielle Entgeltlich erworben sind Wirtschaftsgüter, die gekauft oder im Tausch erworben sind.  BEISPIEL Wenn man eine Maschine gegen ein altes, sehr wertvolles Gemälde tauscht, so handelt es sich durchaus um einen entgeltlichen Erwerb der Maschine. Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen Der Unterschied zwischen Anlage- und Umlaufvermögen rührt aus § 247 Abs. 2 HGB her. Das Anlagevermögen dient dauernd dem Geschäftsbetrieb (§ 247 Abs. 2 HGB), das Umlaufvermögen ist dazu bestimmt, im Produktionsprozess unterzugehen. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 28 von 47  EXPERTENTIPP Denken Sie bitte immer daran, die Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen mit „§ 247 Abs. 2 HGB Umkehrschluss“ zu begründen. Bewegliche Wirtschaftsgüter lassen sich bewegen, unbewegliche hingegen nicht.  BEISPIEL Maschinen sind beweglich, der derivative Goodwill, Patente und Lizenzen sowie Grundstücke hingegen nicht. 1.2.2 Negatives Wirtschaftsgut Ein Wirtschaftsgut wird negatives Wirtschaftsgut genannt, wenn mit seinem Erwerb zukünftige Ausgaben verbunden sind, die eine über die Abrechnungsperiode hinausgehende wirtschaftliche Last darstellen und selbstständig bewertbar sind. Hierzu gehören Verbindlichkeiten und Rückstellungen. 1.2.3 Abstrakte Aktivierungsfähigkeit Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit gliedert sich auf in: selbstständige Veräußerbarkeit und bilanzielle Greifbarkeit Bei der Frage der selbstständigen Veräußerbarkeit ist zu prüfen, ob der Gegenstand als Einzelheit am Absatzmarkt veräußerbar ist. Bei der Frage der bilanziellen Greifbarkeit ist vielmehr wichtig, ob er als Einzelheit ins Gewicht fällt. Hierzu die folgenden Beispiele:  BEISPIEL Die X-AG verkauft ein Gebäude. Dieses verkaufte Gebäude ist beim Käufer zu bilanzieren, weil es selbstständig veräußert wurde und als Einzelheit ins Gewicht fällt. Sollte also das kaufende Unternehmen veräußert werden, so steigt nicht lediglich der Gesamtwert des kaufenden Unternehmens durch das Gebäude, sondern bereits dieser einzelne Posten fällt ins Gewicht.  BEISPIEL Die X-AG denkt darüber nach, den Aufzugsschacht zu verkaufen. Hier handelt es sich um einen Gegenstand, der nicht selbstständig veräußerbar ist. Ein Aufzugsschacht lässt sich nicht ohne das darum liegende Gebäude verkaufen, insofern kann keine © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 29 von 47 Bilanzierung (konkret Aktivierung) des Gebäudeschachts erfolgen. Der Ausdruck bilanzielle Greifbarkeit bedeutet, dass sich der Gegenstand nicht ins Allgemeine verflüchtigt, d.h. dass er nicht lediglich den Goodwill einer Unternehmung bei Verkauf des gesamten Vermögens erhöht. Dies heißt damit, dass der Gegenstand als Einzelheit ins Gewicht fällt. Beim Verkauf des gesamten Unternehmens wird also nicht lediglich der Goodwill einer Unternehmung (also der Gesamtunternehmung) erhöht.  BEISPIEL Die X-AG möchte Unternehmensberater aktivierungsfähig? das ins Unternehmen restrukturieren und holt sich Haus. Ist die Beratungsleistung abstrakt Die Beratungsleistung ist zwar selbstständig veräußerbar, nicht aber bilanziell greifbar, denn sie fällt nicht als Einzelheit ins Gewicht. Durch die Beratungsleistung nämlich (neuer Prozess, Restrukturierung der Unternehmung, besseres Management) steigt zwar der Gesamtwert der Unternehmung bei Veräußerung, nicht aber ein einzelner Wert. Das heißt, lediglich der Gesamtwert der Unternehmung würde bei Veräußerung der X AG steigen. Insofern erhöht sich lediglich der Goodwill, d.h. der gesamte Unternehmenswert, die Beratungsleistung, verflüchtigt sich ins Allgemeine und ist also nicht abstrakt aktivierungsfähig. 1.2.4 Abstrakte Passivierungsfähigkeit Auf der Passivseite der Bilanz werden nach § 247 Abs. 1 HGB lediglich das Eigenkapital, die Schulden und die passivischen Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen. Was eine Schuld ist, wird durch den Passivierungsgrundsatz konkretisiert. Die abstrakte Passivierungsfähigkeit wiederum bedeutet: rechtliche Verpflichtung bilanzielle Greifbarkeit wirtschaftliche Belastung Quantifizierbarkeit. Bei der bilanziellen Greifbarkeit kommt es wiederum darauf an, dass eine Schuld einzeln ins Gewicht fällt und sich nicht ins Allgemeine verflüchtigt. Wirtschaftliche Belastung bedeutet, dass es in der Zukunft zu einer Verminderung des Vermögens kommen wird. Quantifizierbarkeit wiederum existiert in unterschiedlicheren Ausprägungen: eindeutig feststehend oder mindestens in Bandbreiten angebbar. Hierbei ist die Interpretation des Vorsichtsprinzips fraglich. Muss man bei Schulden immer den höchsten Wert dessen ansetzen, was zu befürchten ist? Vorsichtsprinzip bedeutet nicht, dass immer der niedrigste Wert anzugeben ist. Vielmehr bedeutet Vorsichtsprinzip, dass man den wahrscheinlichsten Wert anzusetzen hat. Der Passivierungsgrundsatz legt, abschließend gesagt, lediglich fest, ob es sich um eine Schuld handelt oder nicht. Unter Schulden wiederum sind auf der Passivseite der Bilanz dann allerdings zwei Punkte aufzulisten: Verbindlichkeiten und Rückstellungen. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 30 von 47 Eine Verbindlichkeit kommt hierbei dann in Betracht, wenn die Grundlage der Schuld sicher und ihr Betrag bestimmt ist. Wenn einer dieser beiden Bedingungen nicht erfüllt ist, wenn also die Grundlage der Schuld unsicher oder der Betrag unbestimmt ist, dann ist vielmehr von einer Rückstellung und nicht von einer Verbindlichkeit auszugehen. Beim Wort "oder" ist hier von einem einschließenden "oder" auszugehen, nicht von einem "entweder-oder".  METHODE Bei einer Verbindlichkeit ist das Bestehen (oder das Entstehen) und die Höhe der Verpflichtung bestimmt, bei der Rückstellung hingegen ist das Bestehen oder die Höhe der Verpflichtung unsicher. 1.3 Bilanzierungsverbote Nachdem die Frage der abstrakten Bilanzierungsfähigkeit geklärt ist, ist ein zweiter, sehr entscheidender Punkt zu klären: nämlich ob es ein Bilanzierungsverbot im Konkreten gibt. Hierbei existieren sowohl Aktivierungsverbote und Passivierungsverbote. 1.3.1 Aktivierungsverbote Diese Aktivierungsverbote listet § 248 HGB auf: Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens und die Beschaffung des Eigenkapitals (§ 248 Abs. 1 Nr. 1, 2 HGB) Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen (§ 248 Abs. 1 Nr. 3 HGB) selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 HGB). 1.3.1.1 Originärer Geschäfts- oder Firmenwert Der originäre Geschäftswert (= originärer Goodwill) ist nicht abstrakt aktivierungsfähig, denn er ist nicht einzeln veräußerbar, sondern lediglich in Zusammenhang mit dem gesamten restlichen Unternehmen. Insofern muss die Aktivierung desselben nicht explizit verboten werden, sie ist bereits nicht möglich, weil der originäre Geschäfts- oder Firmenwert schon auf der ersten Stufe, also der abstrakten Aktivierungsfähigkeit, rausfällt.  MERKE Bei dem originären Geschäftswert besteht also nicht die Möglichkeit diesen zu bilanzieren, auf den derivativen Geschäftswert besteht hingegen ein Aktivierungsgebot (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 31 von 47 Zum originären Geschäftswert gehören z.B. folgende Punkte: Qualität des Managements Kundenstamm Image. Nach § 246 Abs. 1 S. 4 HGB wird der Firmenwert wie folgt ermittelt: Schwer bis unmöglich ist es, für das Image bzw. den Kundenstamm einen halbwegs objektiven Wert zu finden. Dieser darf nach HGB nicht angesetzt werden, obwohl er sehr wohl ein großes Nutzenpotenzial und damit einen großen Wert für die Unternehmung für die Zukunft darstellt. Auf den derivativen Geschäftswert werden wir im nächsten Abschnitt über die Aktivierungswahlrechte eingehen. 1.3.1.2 Derivativer Geschäfts- und Firmenwert Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert (= derivativer Goodwill) bezeichnet den Unterschiedsbetrag zwischen Kaufpreis einer Unternehmung und der Differenz aus Vermögen und Schulden dieser Unternehmung, sofern die Differenz positiv ist.  BEISPIEL Die X-AG kauft die Y-AG, die über ein Vermögen von 5 Mill. € verfügt und Schulden von 2 Mill. € hat. Der Kaufpreis beträgt 10 Mill. €. Wie hoch ist der derivative Geschäftswert? Da der eigentliche „Wert“ der Y-AG dann 5 – 2 = 3 Mill. € beträgt, ist der Kaufpreis von 10 Mill. € gewissermaßen um 7 Mill. € „überhöht“. Diese 7 Mill. € bilden damit den derivativen Geschäftswert. Der derivative Geschäftswert ist also ein Maß dafür, wie sehr der Kaufpreis einer Unternehmung „überhöht“ ist. Er findet seine Berechtigung darin, dass man offenbar positive Erwartungen für die Zukunft der gekauften Unternehmung hat, so dass sich der gewissermaßen überhöhte Kaufpreis rentieren wird. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 32 von 47 Bestandteile des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts Gründe für den derivativen Geschäfts- oder Firmenwert liegen in: Qualität des Managements, Kundenstamm, Image des gekauften Unternehmens und nicht zuletzt positive Gewinnerwartungen für die Zukunft des gekauften Unternehmens. Derivativer Geschäfts- oder Firmenwert nach BilMoG Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert gilt nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB bereits handelsrechtlich (nach BilMoG!) ein zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand, der bereits handelsrechtlich aktiviert werden muss. Steuerlich besteht ohnehin ein Ansatzgebot und die Pflicht, diesen über 15 Jahre abzuschreiben (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG). Man erhält eine aktive latente Steuer, wenn die Nutzungsdauer nach Handelsrecht echt kleiner ist als jene nach Steuerrecht. Außerdem ist zu beachten, dass die Nutzungsdauer nach Handelsrecht in der Klausur gegeben sein muss. Sollte dies nicht geschehen sein, so ist eine Nutzungsdauer von 10 Jahren zu unterstellen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Für den Firmenwert gilt handels- und steuerrechtlich Folgendes: 1.3.1.3 Gründungsaufwendungen Die Aufwendungen für die Gründung des Unternehmens dürfen ebenfalls nicht aktiviert werden nach § 248 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Hierzu zählen insbesondere Notariatskosten Kosten für Registereintragungen etc. All jene Aufwendungen sind als solche lediglich in die Gewinn- und Verlustrechnung aufzunehmen, hingegen aber nicht in der Bilanz als Vermögensgegenstand aktivierbar. 1.3.2 Passivierungsverbote Auf der Passivseite der Bilanz existieren deutlich weniger Verbote der Aufnahme als auf der Aktivseite. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 33 von 47 § 249 Abs. 2 HGB redet davon, dass all jenes, was nicht in § 249 Abs. 1 HGB erwähnt ist, nicht Rückstellung sein darf. Insofern handelt es sich hier um ein explizites Passivierungsverbot. 1.4 Bilanzierungswahlrechte Bilanzierungswahlrechte treten auf als Aktivierungswahlrechte und Passivierungswahlrechte Es sei schon hier erwähnt, dass es Passivierungswahlrechte nach dem BilMoG nicht mehr gibt. 1.4.1 Aktivierungswahlrechte Zu den Aktivierungswahlrechten gehören Aufwendungen für ein Disagio (§ 250 Abs. 3 Satz 1 HGB), selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB), aktive latente Steuern. Das dritte Wahlrecht auf der Aktivseite beinhaltet aktive latente Steuern. Da die Materie recht kompliziert ist, werden wir erst im Kapitel über latente Steuern hierauf eingehen können. Allgemein gilt für Aktivierungswahlrechte Folgendes: Zu den anderen Aktivierungswahlrechten im Einzelnen. 1.4.1.1 Disagio Ein Disagio liegt vor, wenn bei einem aufgenommenen Kredit der Auszahlungsbetrag geringer ist als der Rückzahlungsbetrag. Wie handels- bzw. steuerrechtlich mit einem Disagio umgegangen wird, wird nun erläutert: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 34 von 47 www.steuerkurse.de/go/baa3723  BEISPIEL Die X-AG nimmt bei der B Bank einen Kredit auf in Höhe von 1.000 €. Ausgezahlt werden 960 €, der Nominalzins liegt bei 7 %. Es wird eine Laufzeit von vier Jahren vereinbart und eine endfällige Tilgung. Beim Kredit liegt ein Disagio von 4 % vor, denn der X AG werden nur 960 € ausgezahlt, obwohl sie 1.000 € zurückzahlen muss. Insofern handelt es sich um eine Schuld (= Verbindlichkeit) in Höhe von 1.000 €, nicht von 960 €. Insbesondere müssen diese 1.000 € auf der Passivseite unter Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Die Zahlungsreihe des Kredits sieht wie folgt aus: Jahr 0 Kredit 1 2 3 4 -70 -70 -70 -70 +960 Zinsen Tilgung -1.000 Kreditplan mit Disagio  METHODE Haben Sie es bemerkt? Wir gehen an dieser Stelle nicht lediglich auf die Bilanzierung des Disagios ein (wie die Überschrift erwarten lässt), sondern auch schon auf seine Bewertung. Diese Inkonsistenz liegt darin begründet, dass wir nicht im späteren Kapitel das Thema Disagio komplett neu aufrollen möchten, sondern hier schon alles erwähnen, was für Sie in der Prüfung über das Disagio wichtig ist. Es handelt sich um ein Disagio von 40 € (d.h. 4 % des Kreditbetrags von 1.000 €) mit dem man auf doppelte Weise umgehen kann laut dem Wahlrecht des § 250 III HGB. Erste Möglichkeit – Aktivierung Ausnutzen des Wahlrechts und Aktivierung der 40 € Rechnungsabgrenzungsposten. Der Buchungssatz hierzu wäre dann unter © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) den aktivischen Seite 35 von 47 ARAP 40 Bank 960 an Verbindlichkeiten 1.000 Es würde damit, wenn der Kredit am Ende des Jahres ausgezahlt wird und es also zu keiner Abschreibung des Disagios im laufenden Geschäftsjahrs kommt, zu keiner Abschreibung und zu keinem Aufwand im laufenden Geschäftsjahr führen, d.h. das Ergebnis würde nicht verschlechtert. Man würde sich daher „reich” rechnen. Zweite Möglichkeit – keine Aktivierung Die zweite Möglichkeit des Umgangs mit dem Disagio: Verzicht auf die Aktivierung des Disagios. Es käme dann zu einer Aufwendung im laufenden Geschäftsjahr, da das Disagio ökonomisch gesehen lediglich eine vorweggenommene Zinsaufwendung ist. Insofern wäre der Buchungssatz Zinsaufwand 40 Bank 960 an Verbindlichkeiten 1.000 Es käme daher zu einer Verringerung des Jahresüberschusses in Höhe von 40 €, da bei dieser zweiten Möglichkeit eine Aufwendung vorliegt. Man rechnet sich daher „arm”.  BEISPIEL Es wird ein Kredit aufgenommen am 01.03.01, der eine Laufzeit von vier Jahren haben möge bei endfälliger Tilgung, Disagio von 6 % und Nominalzins von 12%. Der Nominalbetrag liege bei 1.000 €. Stelle die Zahlungsreihe auf. Hier ist das Beispiel ein bisschen aufwändiger, weil die Zinszahlungen noch zu berücksichtigen sind. Beim oberen Beispiel fielen noch keine Zinszahlungen an, weil der Beginn des Kredits erst am Jahresende lag. Bei der Möglichkeit der Ausnutzung des Disagios wird das Disagio aktiviert, allerdings muss dieses dann über die Laufzeit verteilt, d.h. abgeschrieben werden (§ 250 III 2 HGB). Das bedeutet, dass, da wir das Disagio im Laufe des Jahres 01 aufgenommen haben, wir es auch bereits für das Jahr 01 abschreiben müssen. Die Abschreibung des Disagios in 01 beläuft sich also auf (60/4)·(10/12) = 12,5 €, denn es wird monatsgenau abgeschrieben, d.h. für 10 Monate (März bis Dezember) und das Disagio wird über die Laufzeit verteilt, d.h. über vier Jahre. Demnach entsteht pro Jahr eine Abschreibung von 60/4 = 15, und diese 15 € bezogen auf zehn von zwölf Monaten bedeuten für das Jahre 01 insgesamt eine Disagioabschreibung von 12,50 €. Der Zinsaufwand, der monatsgenau berechnet werden soll im vorliegenden 2. Beispiel, lautet für das Jahr 01 also (10/ 12)*12% = 10 %. Damit fällt im Jahr 01 ein Zinsaufwand von 100 € an. In den Jahren 02, 03 und 04, also den folgenden Jahren des Kredits, ist der Zinsaufwand natürlich höher, nämlich bei 12 % von 1000 €, also bei 120 €. Schließlich liegt der Zinsaufwand in 05 bei (2/12)·0,12·1.000 = 20 €. Die Zahlungsreihe sieht damit folgendermaßen aus: Jahr Darlehensauszahlung 01 02 03 04 05 940 Abschreibungen des Disagios -12,5 -15 -15 -15 -2,5 Zinsaufwand -100 -120 -120 -120 -20 Tilgung -1.000 Abschreibung des aktivierten Disagios © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 36 von 47 Wiederum existiert auch die Möglichkeit, das Disagio nicht zu aktivieren, man erhält so zwei Möglichkeiten: (s. folg. Tab). Aktivierung und Verteilung als Abschreibung über die Laufzeit wie wir sie in der oben erwähnten Tabelle zusammengetragen haben, Ansatz in der Gewinn- und Verlustrechnung als sofortigen Zinsaufwand. Die Tabelle lautet dann: Jahr 01 02 03 04 05 Darlehensauszahlung 940 Aufwand für Disagio -60 0 0 0 0 -100 -120 -120 -120 -20 Zinsaufwand Tilgung -1.000 Ansatz Disagio als Aufwand: Jahr der Kreditaufnahme Im Vergleich zwischen den beiden Methoden sieht man, dass die zweite Methode zu einem höheren Verlust in der jetzigen Periode, also in 01, führt, da der Aufwand mit 60 € heute höher ist als die Abschreibung in der Methode 1 mit 12,50 € heute. Man rechnet sich also heute ärmer mit Methode 2. Trotzdem ist wichtig zu erwähnen, dass man sich in der Zukunft reicher rechnet, da bei Methode 2 kein Disagioaufwand in der Zukunft entsteht im Gegensatz zur Abschreibung in Methode 1. Die Tatsache, dass man sich also heute ärmer rechnet und dafür morgen reicher, werden wir im Zusammenhang mit unterschiedlichen Handels- und Steuerbilanzergebnissen noch im Kapitel über latente Steuern diskutieren. Je nachdem, wie der zugrundeliegende Kredit getilgt wird, wird ein evtl. aktiviertes Disagio nach folgenden Methoden auf die Laufzeit verteilt: Fälligkeitsdarlehen ◦ Bedeutung ▪ Tilgung erst komplett am Ende ◦ Konsequenz ▪ lineare Methode für eine gleichmäßige Disagioverteilung Tilgungsdarlehen ◦ Bedeutung ▪ Tilgung des Kredits in den einzelnen Jahren bereits ◦ Konsequenz ▪ Zinsstaffelmethode für die Verteilung des Disagios. Das Fälligkeitsdarlehen wurde in der vorletzten Tabelle durchgerechnet. Die Zinsstaffelmethode hingegen funktioniert folgendermaßen.  BEISPIEL Wie im vorherigen Beispiel, nur dass der Kredit am 31.12. (01) ausbezahlt wird. Der Kredit wird per Ratentilgung getilgt. Man rechnet © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 37 von 47 jährlicher DegressionsbetragZinsstaffelmethode = Höhe Disagio/(1 + 2 + … + n) = 60/(1 + 2 + 3 + 4) = 60/10 = 6 €. Daher nimmt also die Abschreibung des Disagios in jedem Jahr um 6 € ab. Man erhält Jahr 01 02 03 04 05 -24 -18 -12 -6 Zinsaufwand -120 -90 -60 -30 Tilgung -250 -250 -250 -250 Darlehensauszahlung 940 Abschreibung des aktivierten Disagios 1.4.1.2 Immaterielle Vermögensgegenstände Bei immateriellen Vermögensgegenständen, die nicht entgeltlich erworben wurden, ist ein Aktivierungswahlrecht nur dann gegeben, wenn die folgenden Punkte alle gleichzeitig erfüllt sind: immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens kein entgeltlicher Erwerb = selbst geschaffen. Hierbei ist also insbesondere wichtig, dass es sich um Vermögensgegenstände des Anlagevermögens handelt. Immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, die nicht entgeltlich erworben wurden, sind anders zu behandeln und müssen aktiviert werden.  BEISPIEL Die Software eines Softwareunternehmens ist immateriell und nicht entgeltlich erworben, gehört aber zum Umlaufvermögen, wenn sie, die Software, weiter veräußert werden soll. Insofern besteht hier ein Aktivierungsgebot. Darüber hinaus muss der Gegenstand immateriell sein.  BEISPIEL Patente, Lizenzen etc. sind immaterielle Vermögensgegenstände. Die X-AG stellt ein Patent selbst her. Darf dieses Patent aktiviert werden? Ein selbsterstelltes Patent ist ein Beispiel für ein Aktivierungswahlrecht des § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB, weil es als Patent immateriell ist, es zum Anlagevermögen gehört, denn es dient dauernd dem Geschäftsbetrieb © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 38 von 47 es nicht entgeltlich erworben wurde, da es selbst erstellt ist. Für Aktivierungswahlrechte § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB ist also insbesondere der Unterschied zwischen dem Anlage- und dem Umlaufvermögen sehr wichtig. Den Unterschied zwischen den beiden klärt § 247 Abs. 2 HGB.  METHODE Hiernach gehören zum Anlagevermögen nur jene Gegenstände, die bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Dies heißt insbesondere nicht (!), dass ein Gegenstand des Anlagevermögens stets langfristig da ist und ein Gegenstand des Umlaufvermögens kurzfristig. Insofern kommt es für die Unterscheidung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen nicht auf die Dauer der Zurverfügungstellung an, sondern auf die Zweckbestimmung.  METHODE Wir haben bisher die Frage behandelt, ob ein Gegenstand in die Bilanz darf (Bilanzierungsfähigkeit bzw. Bilanzierung dem Grunde nach). Die Frage, in welcher Höhe er in die Bilanz darf oder muss (= Bilanzierung der Höhe nach), wird erst hiernach zu beantworten sein und erst dann insofern der Gegenstand aktiviert oder passiviert wird. Die Frage, ob ein Gegenstand in die Bilanz darf, muss oder nicht darf, lässt sich also in drei Schritten behandeln: Ist ein Gegenstand abstrakt aktivierungs- oder passivierungsfähig? Liegen Aktivierungs- oder Passivierungsverbote im Konkreten vor? Gibt es Aktivierungs- oder Passivierungswahlrechte? Wichtig bei der Aktivierung selbsterstellter immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens: es ist zusätzlich dann der § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB zu beachten. Dieser redet von einer Ausschüttungssperre insofern, als dass nach der Ausschüttung verbleibende frei verfügbare Rücklagen zzgl. eines Gewinnvortrags und abzgl. eines Verlustvortrags den insg. angesetzten Beträgen abzgl. der hierfür gebildeten passiven latenten Steuern entsprechen müssen. Da das Verständnis für latente Steuern an dieser Stelle wichtig ist, werden wir auf diesen Punkt erst später eingehen können. 1.4.1.3 1.4.1.3.1 Immaterielle Wirtschaftsgüter Überblick über die immaterielle Wirtschaftsgüter Wir behandeln im Folgenden die immateriellen Wirtschaftsgüter Patente, Lizenzen © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 39 von 47 derivativer Geschäfts- oder Firmenwert. Für die steuerrechtliche Behandlung Anlagevermögens das Folgende: ergibt sich für immaterielle Wirtschaftsgüter des Für Immaterielle Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens kann das Folgende festgehalten werden: 1.4.1.3.2 Patente und Lizenzen Patente und Lizenzen sind klarerweise immaterielle Wirtschaftsgüter. Sind sie entgeltlich erworben (also durch Kauf oder Tausch), so besteht handels- als auch steuerrechtlich ein Aktivierungsgebot. Wenn sie unentgeltlich erworben wurden, so spricht das Handelsrecht von einem Aktivierungswahlrecht (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB), weil es sich beim Patent um einen © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 40 von 47 Vermögensgegenstand des Anlagevermögens handelt, der dann selbst geschaffen ist. Steuerlich hingegen darf ein unentgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstand nicht aktiviert werden (§ 5 Abs. 2 EStG).  EXPERTENTIPP Oft wird in Prüfungsaufgaben die sog. Einheitsbilanz verlangt, d.h. Handelsund Steuerbilanz sollen, wenn möglich, identisch sein. Dies bedeutet, dass das handelsrechtliche Aktivierungswahlrecht für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstande des Anlagevermögens nicht (!) auszuüben ist, denn in der Steuerbilanz darf auch nicht aktiviert werden. Sollte bereits handelsrechtlich aktiviert worden sein, so wäre dies wieder herauszurechnen, der Gewinn würde entsprechend sinken. 1.4.2 Passivierungswahlrechte Durch das BilMoG sind die letzten verbliebenen Passivierungswahlrechte weggefallen. Grundsätzlich würde für sie aber Folgendes gelten: Zusammenfassung zu den Wahlrechten und Verboten Bevor wir uns in den nächsten Kapiteln mit der Bewertung des Vermögens beschäftigen, erhalten Sie noch eine zusammenfassende Übersicht über die Bilanzierungsverbote und -wahlrechte: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 41 von 47 www.steuerkurse.de/go/bac3343 1.5 1.5.1 Rechnungsabgrenzungsposten Arten von Rechnungsabgrenzungsposten Der § 250 HGB sieht zwei unterschiedliche Arten von Rechnungsabgrenzungsposten vor: aktivische Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) passivische Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP).  METHODE Die Rechnungsabgrenzungsposten müssen extra kodifiziert werden, denn sie sind keine Vermögensgegenstände. Dies wird aus der Formulierung des § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB klar, denn Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten sind getrennt voneinander erwähnt. Rechnungsabgrenzungsposten entstehen dann, wenn Ausgaben und Aufwendungen zeitlich auseinanderfallen, genauer gesagt, wenn Ausgaben in dem einen Jahr und Aufwendungen im anderen Jahr, bzw. wenn Einnahmen in einem Jahr und Erträge im anderen Jahr entstehen. Wichtig ist, dass nicht alle Rechnungsabgrenzungsposten als solche in der Bilanz stehen. Vielmehr ist es so, dass manche Rechnungsabgrenzungsposten als sonstige Forderungen bzw. sonstige Verbindlichkeiten in der Bilanz Verwendung finden, andere Rechnungsabgrenzungsposten hingegen als solche gebucht werden. Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten Konkret unterscheidet man: transitorische Rechnungsabgrenzungsposten und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten. Nur die transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten tauchen als solche in der Bilanz auf, die © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 42 von 47 antizipativen werden nicht als Rechnungsabgrenzungsposten verbucht (obwohl sie RAP sind) sondern vielmehr als sonstige Forderungen bzw. sonstige Verbindlichkeiten verbucht. 1.5.2 Transitorische Abgrenzungsposten Transitorische Rechnungsabgrenzungsposten finden ihre Berechtigung in folgenden Vorgängen: aktivische RAP ◦ Ausgabe vor dem Bilanzstichtag, aber Aufwand später ◦ zusätzlich strenger Zeitraumbezug (ARAP) oder passivische RAP ◦ Einnahme vor dem Bilanzstichtag, aber Ertrag später ◦ zusätzlich strenger Zeitraumbezug (PRAP). 1.5.3 Überblick über die aktivischen Abgrenzungsposten Wir behandeln Normalfälle ◦ Kfz-Steuern, Zinsen, Pachten etc. und den Spezialfall ◦ Disagio für aufgenommenen Kredit ▪ handelsrechtlich Aktivierungswahlrecht ▪ steuerrechtlich Aktivierungspflicht. 1.5.4 Aktivische Abgrenzungsposten - Normalfälle und Beispiele  BEISPIEL Die X-AG zahlt die Miete für den Januar schon im Dezember. Es liegt eine Ausgabe jetzt vor (genauer gesagt sogar eine Auszahlung), aber ein Aufwand erst später, da der Verbrauch des Gutes erst im folgenden Geschäftsjahr liegt. Ökonomisch handelt es sich damit gewissermaßen um eine Forderung, denn es wird etwas zu früh bezahlt, worauf man dann noch ein Anrecht hat. Deswegen wird der Vorgang „Ausgabe jetzt, Aufwand später“ als aktivischer Rechnungsabgrenzungsposten (ARAP) gebucht. Entscheidend ist zusätzlich zu dem Auseinanderfallen zwischen Erfolgsvorgängen (Aufwendungen und Erträgen) und Zahlungsvorgängen (Ausgaben und Einnahmen), dass der Erfolgsvorgang dieses Jahres innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Bilanzstichtag anfallen muss. Hier sprechen § 250 Abs. 1 HGB (für die ARAP) und § 250 Abs. 2 HGB (für die PRAP) beide von einer „bestimmten Zeit“.  BEISPIEL Die X-AG schließt am 01.10. des Jahres 01 eine Kfz-Versicherung für einen Firmenwagen ab. Die KfZ-Versicherung läuft über ein Jahr. Als Prämie fällt für das gesamte Jahr ein Betrag von 400 € an. Inwieweit handelt es sich um einen Rechnungsabgrenzungsposten? Die Prämie von 400 € erstreckt sich auf drei Monate im alten Jahr und neun Monate im neuen Jahr. Das heißt, dass 3/12∙400 = 100 € auf das alte Jahr zuzuordnen sind, d.h. in Höhe von 100 € handelt © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 43 von 47 es sich um Ausgaben und Aufwendungen für das Jahr 01. Lediglich der Rest des Betrages, nämlich 9/ 12∙400 = 300 € ist zwar eine Ausgabe des alten Jahres, hingegen eine „Aufwendung im neuen Jahr, weil der Verbrauch des Gutes Versicherung erst im Jahr 02 liegt. Damit diese 300 € aber „als ARAP“ nach § 250 Abs. 1 HGB angesetzt werden dürfen, muss zusätzlich geprüft werden, ob der Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag anfällt. Das ist der Fall, denn der Zeitraum ist genau eingegrenzt vom 01.01. bis 31.09. des Jahres 01, d.h. zeitlich begrenzt und damit zeitlich bestimmt. Unterschiedliche Behandlung von ARAP in Handelsrecht und Steuerrecht Die bisher behandelten Arten von Rechnungsabgrenzungsposten sind handelsrechtlich als auch steuerrechtlich aktivierungspflichtig. Darüber hinaus existiert aber in manchen Fällen ein Unterschied zwischen handels- und steuerrechtlicher Behandlung, insbesondere nach Inkrafttreten des BilMoG: handelsrechtlich verboten, steuerrechtlich Pflicht ◦ als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchssteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Vermögensgegenstände des Vorwärtsvermögens entfallen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 EStG), ◦ als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende oder von den Vorräten offen gesetzte Anzahlungen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 EStG) handelsrechtlich Wahlrecht, steuerrechtlich Pflicht ◦ Disagio (= Damnum = Abgeld) bei der Aufnahme eines Kredits (§ 250 Abs. 3 HGB). 1.5.5 Aktivische Abgrenzungsposten - Sonderfall Disagio Ein Disagio liegt vor, wenn bei einem aufgenommenen Kredit der Auszahlungsbetrag geringer ist als der Rückzahlungsbetrag.  BEISPIEL Die X-AG nimmt bei der B-Bank am 31.12. einen Kredit auf in Höhe von 1.000 €. Ausgezahlt werden 960 €, der Nominalzins liegt bei 7 %. Es wird eine Laufzeit von vier Jahren vereinbart und eine endfällige Tilgung. Beim Kredit liegt ein Disagio von 4 % vor, denn der X-AG werden nur 960 € ausgezahlt, obwohl sie 1.000 € zurückzahlen muss. Insofern handelt es sich um eine Schuld (= Verbindlichkeit) in Höhe von 1.000 €, nicht von 960 €. Insbesondere müssen diese 1.000 € auf der Passivseite unter Verbindlichkeiten ausgewiesen werden. Die Zahlungsreihe des Kredits sieht wie folgt aus: Jahr 0 Kredit 960 € Zinsen 1 2 3 4 -70 € -70 € -70 € -70 € Tilgung -1.000 € Kreditplan mit Disagio Es handelt sich um ein Disagio von 40 € (d.h. 4 % des Kreditbetrags von 1.000 €) mit dem man auf doppelte Weise umgehen kann laut dem handelsrechtlichen (!) Wahlrecht des § 250 Abs. 3 HGB. Ausnutzen des handelsrechtlichen Wahlrechts und also Aktivierung der 40 € unter den aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten. Steuerrechtlich hingegen besteht eine © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 44 von 47 Aktivierungspflicht als Rechnungsabgrenzungsposten (H 6.10 EStH). Verbuchung mittels aktivischen Rechnungsabgrenzungsposten Der Buchungssatz hierzu wäre dann ARAP 40 € Bank 960 € an Verbindlichkeiten 1.000 €. Es würde damit, wenn der Kredit am Ende des Jahres ausgezahlt wird und also es zu keiner Abschreibung des Disagios im laufenden Geschäftsjahrs kommt zu keiner Abschreibung und zu keinem Aufwand im laufenden Geschäftsjahr führen, d.h. das Ergebnis würde nicht verschlechtert. Man würde sich daher „reich“ rechnen.  BEISPIEL Es wird ein Kredit aufgenommen am 01.03. des Jahres 01, der eine Laufzeit von vier Jahren haben möge bei endfälliger Tilgung, Disagio von 6 % und Nominalzins von 12%. Der Nominalbetrag liege bei 1.000 €. Stelle die Zahlungsreihe auf. Beim oberen Beispiel fielen noch keine Zinszahlungen an, weil der Beginn des Kredits erst am Jahresende lag. Bei der Möglichkeit der Ausnutzung des Disagios wird das Disagio aktiviert, allerdings muss dieses dann über die Laufzeit verteilt abgeschrieben werden (§ 250 Abs. 3 Satz 2 HGB) d.h., dass, da wir das Disagio im Laufe des Jahres 2015 aufgenommen haben, wir es auch bereits für das Jahr 01 abschreiben müssen. Abschreibung des Disagios Die Abschreibung des Disagios in 01 beläuft sich also auf 12,50 €, denn es wird monatsgenau abgeschrieben, d.h. für 10 Monate (März bis Dezember) und das Disagio wird über die Laufzeit verteilt, d.h. über vier Jahre. Demnach entsteht pro Jahr eine Abschreibung von 15 €, und diese 15 € bezogen auf zehn von zwölf Monaten bedeuten für das Jahre 2015 insgesamt eine Disagioabschreibung von 12,50 €. Der Zinsaufwand, der monatsgenau berechnet werden soll, lautet im vorliegenden Beispiel 100 € (d.h. 10/12 von 120 € Zinsaufwand pro Jahr) und damit für das Jahr 01 entsprechend 10%. Damit fällt im Jahr 01 ein Zinsaufwand von 100 € an. In den Jahren 02, 03, 04 und 05, also den vier Jahren des Kredits, ist der Zinsaufwand natürlich höher, nämlich bei 12 % von 1.000 €, also bei 120 €. Die Zahlungsreihe sieht damit folgendermaßen aus: Jahr 0 1 2 3 4 Darlehensauszahlung 960 € Abschreibung des Disagios -12,5 € -15 € -15 € -15 € -2,5 € Zinsaufwand -100 € -120 € -120 € -120 € -20 € Tigung -1.000 € Es existiert steuerrechtlich nur eine Möglichkeit, mit dem Disagio umzugehen, nämlich die Aktivierung und Verteilung als Abschreibung über die Laufzeit, wie wir sie in der oben erwähnten Tabelle zusammengetragen haben. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 45 von 47 1.5.6 Überblick über die passivischen Abgrenzungsposten  BEISPIEL Die X-AG ist Vermieter in einer Büroräumlichkeit und erhält die Januarmiete des folgenden Geschäftsjahres bereits im Dezember des aktuellen Geschäftsjahres. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Einnahme (sogar um eine Einzahlung) des aktuellen Geschäftsjahres, hingegen um einen Ertrag erst später. Der Erfolgsvorgang liegt damit im folgenden Geschäftsjahr, der Zahlungsvorgang im aktuellen. Da man „zu früh das Geld erhält“ handelt es sich um so etwas wie eine Verbindlichkeit, weshalb der Vorgang „Einnahme jetzt und Ertrag später“ als passivischer Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP) gebucht wird. Dies findet seine Berechtigung in § 250 Abs. 2 HGB. Das Gesetz spricht hier von Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. (Für das grundlegende Verständnis verweisen wir auf unser Video zum Thema ARAP aus dem Online-Kurs "Buchführung und Abschluss" (Link)  EXPERTENTIPP Es existieren lediglich handelsrechtlich Rechnungsabgrenzungsposten, nicht Rechnungsabgrenzungsposten (PRAP). 1.5.7 Ansatzwahlrechte hingegen für für aktivische passivische Transitorische und antizipative Rechnungsabgrenzungsposten Neben den transitorischen Rechnungsabgrenzungsposten, die als RAP in die Bilanz Eingang finden, existieren auch so genannte antizipative Rechnungsabgrenzungsposten. Diese können in zwei Fällen auftreten: Aufwendungen vor dem Bilanzstichtag aber Ausgaben nachher, oder Erträge vor dem Bilanzstichtag aber Einnahmen nachher. Sonstige Verbindlichkeiten und sonstige Forderungen Im ersten Fall handelt es sich um sonstige Verbindlichkeiten, da schon jetzt verbraucht wird, was erst später bezahlt wird, im zweiten Fall um sonstige Forderungen, da die Einnahme erst später erfolgt als der erfolgswirksame Vorgang des Ertrags. Schema zur Einordung der Rechnungsabgrenzungsposten Die Überlegungen des obigen Abschnitts fasst die folgende Merkregel zusammen:  EXPERTENTIPP 1) Vor oder nach dem Abschlussstichtag? Fallen Ausgaben/Einnahmen und Aufwendungen/Erträge zeitlich auseinander, © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 46 von 47 d.h. liegt der eine Posten vor dem Abschlussstichtag, der andere hingegen nach dem Abschlussstichtag? 2) Ist der strenge Zeitraumbezug gegeben? wenn ja: transitorische Rechnungsabgrenzungsposten prüfen, wenn nein: antizipatorische Rechnungsabgrenzungsposten prüfen. 3) Welcher der folgenden Fälle liegt vor? a) Ausgabe jetzt, Aufwand später (transitorischer RAP, speziell aktivischer ARAP), b) Einnahme jetzt, Ertrag später (transitorischer RAP, speziell passivischer RAP), c) Aufwand jetzt, Ausgabe später (antizipativer RAP, speziell sonstige Verbindlichkeit), d) Ertrag jetzt, Einnahme später (antizipativer RAP, speziell sonstige Forderung). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 47 von 47

Use Quizgecko on...
Browser
Browser