Bilanzsteuerrecht PDF
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Matthias Merten Pritschow
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This document provides an overview of German balance sheet principles and the valuation of equity capital. It offers a comprehensive approach to German accounting and tax laws.
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Bilanzsteuerrecht Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital 3 1.1 Gezeichnetes Kapital 3 1.2 Kapitalrücklage 4 1.3 Gewinnrücklagen 5 1.3.1...
Bilanzsteuerrecht Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) © examio GmbH - 26.02.2024 INHALTSVERZEICHNIS 1 Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital 3 1.1 Gezeichnetes Kapital 3 1.2 Kapitalrücklage 4 1.3 Gewinnrücklagen 5 1.3.1 Gesetzliche Rücklagen 5 1.3.2 Satzungsmäßige Rücklagen 6 1.3.3 Andere Gewinnrücklagen 6 1.3.4 Steuerliche Rücklagen 7 1.3.4.1 Arten von Rücklagen 7 1.3.4.2 Stille Rücklagen 8 1.3.4.3 Steuerfreie Rücklagen - Sonderposten mit Rücklageanteil 8 Alte Regelung vor BilMoG Neue Regelung ab BilMoG Handelsrechtlicher Aufwand und steuerlich zulässige Sonderabschreibung Rücklageanteil aus steuerlicher Sicht 1.3.4.4 Steuerfreie Rücklagen - Rücklagen für Ersatzbeschaffung 10 Aufdeckung der stillen Rücklage Übertragung der stillen Reserve Verbuchung 1.3.4.5 1.3.5 Sonderposten mit Rücklageanteil 12 Begünstigung von stillen Reserven 14 1.3.5.1 14 § 6b EStG Einführung 1.3.5.2 1.4 1.3.5.1.1 Voraussetzungen 16 1.3.5.1.2 Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 1, 3 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag 20 1.3.5.1.3 Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 10 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag 22 R 6.6 EStR 28 1.3.5.2.1 Einführung 28 1.3.5.2.2 Voraussetzungen nach R 6.6 Abs. 1 EStR 29 1.3.5.2.3 Rechtsfolgen (Rücklagenbildung, Übertragungsfristen, Übertragungshöhe) 31 Gewinnvortrag, Verlustvortrag © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) 33 Seite 1 von 37 1.5 Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag 34 1.6 Kauf eigener Anteile 34 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 2 von 37 1 Bilanzierung und Bewertung Eigenkapital MERKE Im vorliegenden Kapitel sollen Sie erlernen: die Zusammensetzung des Eigenkapitals, Bedeutung des gezeichneten Kapitals, Sinn der Kapitalrücklage, Aufgabe der Gewinnrücklagen, Bedeutung des Gewinn- und Verlustvortrags, Jahresüberschuss, Jahresfehlbetrag. Insbesondere ist wichtig zu wissen, wie sich einzelne Größen (nämlich gezeichnetes Kapital und Kapitalrücklage) bei einer Kapitalerhöhung verändern. Schließlich gehen wir noch auf den Rückkauf eigener Anteile ein, der keine Position an sich ist, aber einige Positionen des Eigenkapitals (nämlich Gezeichnetes Kapital und jeweils freie Rücklagen) senkt. Auf der Passivseite der Bilanz werden die Positionen grundsätzlich zum Rückzahlungsbetrag angesetzt. Die Passivseite gliedert sich auf in Eigenkapital, Fremdkapital und passivische Rechnungsabgrenzungsposten. Zum Eigenkapital gehören, zumindest für Aktiengesellschaften, fünf unterschiedliche Positionen: gezeichnetes Kapital Kapitalrücklagen Gewinnrücklagen Gewinnvortrag bzw. Verlustvortrag Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag. Man unterscheidet im Übrigen folgende Formen des Erfolgsausweises vor Ergebnisverwendung nach teilweiser Ergebnisverwendung nach vollständiger Ergebnisverwendung. 1.1 Gezeichnetes Kapital Das gezeichnete Kapital gibt den Betrag an, auf den die Haftung der Aktionäre beschränkt ist. In der Kapitalrücklage werden Agios (= Aufgelder) aus der Emission von Aktien bzw. von Wandel- oder © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 3 von 37 Optionsschuldverschreibungen zusammengefasst. BEISPIEL Die X-AG emittiert 10.000 neue Aktien zum Emissionskurs von 10 € und einem Nennwert von 1 €. Welche Beträge sind dem gezeichneten Kapital zuzuführen? Im gezeichneten Kapital finden sich die Nennwerte der Aktien wieder, das heißt im vorliegenden Fall, dass 10.000 Aktien à 1 €, also 10.000 €, in das gezeichnete Kapital zu buchen sind. 1.2 Kapitalrücklage Innerhalb der Kapitalrücklage werden unterschiedliche Positionen zusammengefasst (§ 272 Abs. 2 HGB): Beträge, die bei der Emission von Aktien über den Nennbetrag hinaus erzielt werden (= Agio, vergleiche hierzu § 9 AktG, §§ 150, 152 Abs. 2 AktG), Betrag, der bei der Emission von Wandel- und Optionsschuldverschreibungen über ihren Rückzahlungsbetrag hinaus erzielt wird (= Agio, vergleiche hierzu § 221 AktG), Zuzahlungsbeträge, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten (§ 221 Abs. 3 AktG), Betrag anderer Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten (§ 42 Abs. 2 GmbHG). www.steuerkurse.de/go/a912cb6 BEISPIEL Im vorliegenden Beispiel rechnet man folgendermaßen. Das Agio bei der Aktienemission berechnet sich als: Agio = Emissionskurs - Nennwert, d.h. also hier: Agio = 10 – 1 = 9 € pro Aktie. Der Emissionskurs übersteigt den Nennwert der Aktie um 9 €, d.h. bei 10.000 Aktien steigt die Kapitalrücklage der X AG um insgesamt 10.000·9 = 90.000 €. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 4 von 37 1.3 Gewinnrücklagen www.steuerkurse.de/go/a918a01 Dritte Position des Eigenkapitals sind die Gewinnrücklagen. Hier existieren vier Positionen: 1.3.1 gesetzliche Rücklagen Rücklagen für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen satzungsmäßige Rücklagen andere Gewinnrücklagen. Gesetzliche Rücklagen Die gesetzliche Rücklage erfasst einen bestimmten Betrag der vom Jahresüberschuss nicht ausgeschüttet werden darf, sondern einbehalten (= thesauriert) werden muss. Hierfür ist folgende Formel maßgeblich, die sich nach dem Aktiengesetz bemisst (§ 150 Abs. 2 AktG). Sie lautet: Zusätzliche Dotierung der gesetzlichen Rücklage: 0,05·(Jahresüberschuss – Verlustvortrag) solange, bis Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklage = 0,1·gezeichnetes Kapital. BEISPIEL Die X-AG habe einen Jahresüberschuss von 5.000.000 € und einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe eines Betrags von 1.000.000 €. Die gesetzliche Rücklage aus dem Vorjahr beträgt 2.000.000 €, ebenso wie die Kapitalrücklage aus der Bilanz des Vorjahres. Die X-AG verfügt über ein gezeichnetes Kapital von 50.000.000 €. Wieviel muss aus dem Jahresüberschuss der gesetzlichen Rücklage zugeführt werden? Zur Beantwortung muss man zunächst die untere Formel prüfen, d.h. man muss schauen, ob Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage zusammen 10 % des gezeichneten Kapitals ergeben oder nicht. Wenn Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage zusammen kleiner sind als 10 % des gezeichneten Kapitals, muss weiterhin die gesetzliche Rücklage aufgefüllt werden, ansonsten nicht. Im vorliegenden Fall rechnet man © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 5 von 37 Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklage = 2.000.000 + 2.000.000 = 4.000.000 < 0,1·gezeichnetem Kapital = 0,1·50.000.000 = 5.000.000 €. Da 4.000.000 € < 5.000.000 €, muss noch die gesetzliche Rücklage weiterhin aufgefüllt werden, und zwar höchstens in Höhe der fehlenden 1.000.000 €. Die Dotierung selbst lautet Dotierung = 0,05·(Jahresüberschuss – Verlustvortrag) = 0,05·(5.000.000 – 1.000.000) = 0,05·4.000.000 = 200.000 €. Es muss also aus dem Jahresüberschuss des laufenden Jahres von 5.000.000 € ein Betrag von 200.000 € in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden. Man rechnet mithin Positionen Betrag Jahresüberschuss 5.000.000,00 € abzgl. Verlustvortrag 1.000.000,00 € Bemessungsgrundlage 4.000.000,00 € hiervon 5 %, höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 Einstellung gesetzliche Rücklage also 200.000,00 € 1.000.000,00 € 200.000,00 € Dotierung gesetzliche Rücklage 1.3.2 Satzungsmäßige Rücklagen Die satzungsmäßigen Rücklagen werden, wie der Name bereits sagt, von der Satzung der Unternehmung bestimmt und ergänzen die gesetzliche Pflicht der Thesaurierung, die in die gesetzliche Rücklage wandert, um eine zusätzliche Thesaurierung, die in die satzungsmäßige Rücklage Eingang findet. 1.3.3 Andere Gewinnrücklagen Nach der Einstellung in die gesetzliche Rücklage darf höchstens die Hälfte des verbliebenen Betrags in die sog. anderen Gewinnrücklagen eingestellt (also thesauriert) werden (§ 58 AktG). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 6 von 37 BEISPIEL Gegeben seien die Zahlen aus Beispiel der Vorseite. Welcher Betrag kann höchstens einbehalten werden? Man rechnet wie folgt: Positionen Betrag Jahresüberschuss 5.000.000,00 € abzgl. Verlustvortrag 1.000.000,00 € Bemessungsgrundlage 4.000.000,00 € hiervon 5 %, 200.000,00 € höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 Einstellung gesetzliche Rücklage also 1.000.000,00 € 200.000,00 € Bemessungsgrundlage II 3.800.000,00 € hiervon höchstens die Hälfte in die anderen Gewinnrücklagen 1.900.000,00 € Dotierung andere Gewinnrücklagen METHODE Beachte aber, dass es von der Aufgabenstellung abhängt, wieviel tatsächlich einbehalten wird: wenn möglichst viel einbehalten (= thesauriert) werden soll: volle Ausnutzung der 50 % für die anderen Gewinnrücklagen wenn möglichst viel ausgeschüttet werden soll: 0 % in die anderen Gewinnrücklagen. Beachten Sie also die Aufgabenstellung sehr genau! 1.3.4 Steuerliche Rücklagen 1.3.4.1 Arten von Rücklagen Rücklagen sind Teil des Eigenkapitals. Man unterscheidet folgende Arten von Rücklagen: stille Rücklagen (= stille Reserven), offene Rücklagen handelsrechtliche Rücklagen Kapitalrücklage , © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 7 von 37 Gewinnrücklagen gesetzliche Rücklage, Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen, satzungsmäßige Rücklage, andere Gewinnrücklage steuerrechtliche Rücklagen. Sonderposten mit Rücklageanteil. Wir betrachteten im Folgenden die steuerbilanziellen Rücklagen, nämlich Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR), Reinvestitionsrücklage (§ 6b EStG), Investitionsrücklage für kleinere und mittlere Unternehmen (§ 7g EStG). 1.3.4.2 Stille Rücklagen Bei stillen Rücklagen (= stillen Reserven) handelt es sich um Unterbewertung von Aktiva oder Überbewertung von Passiva. Folgendes Beispiel dient der Verdeutlichung, was stille Rücklagen sind. BEISPIEL Eine Maschine steht mit 1.000 € in der Bilanz und wird zu 1.200 € verkauft. Durch den Verkauf wird eine stille Rücklage (= stille Reserve) in Höhe von 200 € aufgedeckt. 1.3.4.3 Steuerfreie Rücklagen - Sonderposten mit Rücklageanteil Der § 247 Abs. 3 HGB a.F. (vor BilMoG) sah für alle Kaufleute vor, Passivposten zum Zwecke der Steuern vom Einkommen und Ertrag in der Handelsbilanz zu bilden. Diese waren als Sonderposten mit Rücklageanteil auszuweisen und nach Maßgabe des Steuerrechts später aufzulösen. Wichtig ist, dass die Bildung eines solchen Postens dafür sorgte, dass bestimmte Teile des Gewinns in der aktuellen Periode nicht besteuert werden und vielmehr ihre Besteuerung in folgenden Perioden nachgeholt wird. Im Rahmen des BilMoG wurde § 247 Abs. 3 HGB sowie § 273 HGB komplett aufgehoben, d.h. handelsrechtlich darf kein Sonderposten mit Rücklageanteil mehr gebildet werden. In Art 67 Abs. 3 EGHGB wurde jedoch eine Übergangsvorschrift geschaffen, so dass bereits vor Inkrafttreten des BilMoG gebildete Sonderposten beibehalten werden dürfen. Steuerlich hingegen ist die Bildung eines solchen Postens weiterhin möglich, so dass hier eine Abweichung zwischen der Handels- und der Steuerbilanz entstehen kann. Die im Folgenden dargestellte Funktionsweise eines Sonderpostens mit Rücklageanteil bezieht sich daher ausschließlich auf einen ggf. steuerlich zu bildenden Posten. Alte Regelung vor BilMoG Der Sonderposten mit Rücklageanteil durfte nur insoweit gebildet werden, als das Steuerrecht die Anerkennung des Wertansatzes davon abhängig machte, dass der Sonderposten bereits in der © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 8 von 37 Handelsbilanz gebildet wurde (§ 273 HGB a.F.) Neue Regelung ab BilMoG Der Ansatz eines Sonderpostens mit Rücklageanteil erfolgt unabhängig von der Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 letzter HS EStG). Möglicherweise muss für steuerliche Zwecke ein gesondertes Verzeichnis nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG geführt werden. MERKE Beim Ansatz des Sonderpostens mit Rücklageanteil handelte es sich daher lediglich um eine Steuerverschiebung, nicht um eine Steuerersparnis. Der Sonderposten mit Rücklageanteil wies also Zwittercharakter auf: er war Fremdkapital in Höhe des Ertragssteueranteils und Eigenkapital in Höhe des verbleibenden Rests. Das entscheidende war also, dass z.B. eine erhöhte Sonderabschreibung steuerlich in Anspruch genommen wird, welche die planmäßige handelsrechtliche Abschreibung übersteigt. In diesem Fall darf der Unterschiedsbetrag zwischen der handelsrechtlich gebotenen und der steuerrechtlich möglichen Abschreibung als Sonderposten mit Rücklageanteil gebildet werden (bzw. muss bei Kapitalgesellschaften). Hierzu dient zur Veranschaulichung folgendes BEISPIEL Die X-GmbH hat sich eine Maschine in Höhe von 50.000 € Anschaffungskosten zugelegt. Eine erhöhte steuerrechtliche Abschreibung sieht im ersten Jahr einen Betrag von ausgangsweise 22.000 € vor. Die Nutzungsdauer der Maschine beträgt fünf Jahre. Stelle den Abschreibungsplan auf: ohne die Berücksichtigung des Sonderpostens mit Rücklageanteil bzw. mit Berücksichtigung. Handelsrechtlicher Aufwand und steuerlich zulässige Sonderabschreibung Der gewöhnliche handelsrechtliche Aufwand für Abschreibungen liegt bei pro Jahr. Die steuerlich zulässige Sonderabschreibung im ersten Jahr mit 22.000 € liegt damit um 12.000 € über dieser handelsrechtlich gebotenen Abschreibung. Insofern greift § 247 Abs. 3 HGB bzw., da es sich um eine Kapitalgesellschaft handelt, strenger noch § 273 HGB, nach denen der Unterschiedsbetrag von 12.000 € handelsrechtlich bereits als Aufwand im ersten Jahr verrechnet werden muss, damit überhaupt die Sonderabschreibung von 22.000 € steuerlich anerkannt wird. Dieser handelsrechtlich zusätzliche Aufwand von 12.000 € wird als Sonderposten mit Rücklageanteil ausgewiesen und in den folgenden Jahren dann aufgelöst. Die Auflösung dieses anfänglichen Aufwands erfolgt durch Erträge in den Perioden 2-5. Die folgende Abbildung gibt den Sachverhalt wieder. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 9 von 37 Sonderposten mit Rücklagenanteil Abschreibung Restbuchwert Bildung (= Aufwand) Auflösung (=Ertrag) Stand GuV 1 10.000 € 40.000 € 12.000 € - 12.000 € 22.000 € 2 10.000 € 30.000 € - 3.000 € 9.000 € 7.000 € 3 10.000 € 20.000 € - 3.000 € 6.000 € 7.000 € 4 10.000 € 10.000 € - 3.000 € 3.000 € 7.000 € 5 10.000 € 0€ - 3.000 € - 7.000 € Periode Berücksichtigung Sonderp. mit Rücklageanteil Zum Vergleich schreiben wir in der folgenden Tabelle die gewöhnliche Wertentwicklung. Eine Abschreibung erfolgt in der maximal zulässigen Höhe von 22.000 €, danach lauten die Abschreibungen nicht mehr 10.000 €, sondern lediglich noch 7.000 €, denn es darf nicht mehr als die Anschaffungskosten abgeschrieben werden. Sonderposten mit Rücklagenanteil Abschreibung Restbuchwert Bildung (= Aufwand) Auflösung (=Ertrag) Stand GuV 1 22.000 € 28.000 € - - - 22.000 € 2 7.000 € 21.000 € - - - 7.000 € 3 7.000 € 14.000 - - - 7.000 € 4 7.000 € 7.000 € - - - 7000 € 5 7.000 € 0€ - - - 7.000 € Periode Keine Berücksichtigung des Sonderpostens Rücklageanteil aus steuerlicher Sicht Weiterhin ist zu beachten, dass der Sonderposten mit Rücklageanteil aus steuerlicher Sicht in folgenden Fällen gebildet werden kann: Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR) Rücklage nach § 6b EStG Rücklage nach § 6d EStG. 1.3.4.4 Steuerfreie Rücklagen - Rücklagen für Ersatzbeschaffung Der Rücklage für Ersatzbeschaffung liegt der Gedanke zugrunde, dass die für die ausscheidenden Wirtschaftsgüter (z.B. infolge höherer Gewalt, also etwa Brand, Diebstahl) erlangten Beträge ungeschmälert einer Ersatzbeschaffung zur Verfügung stehen sollen - sofern am Ende des Wirtschaftsjahres eine Ersatzbeschaffung geplant, aber noch nicht vorgenommen wurde. Schauen wir uns das in einem Beispiel näher an. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 10 von 37 BEISPIEL Beispiel: Bei der Hubert GmbH brennt am 01.06. des Jahres 00 die Lagerhalle ab. Die planmäßigen linearen Abschreibungen betrugen bis dahin 200.000 € pro Jahr. Der Restbuchwert am Ende des Jahres 00 lag bei 3.000.000 €. Die Versicherung leistet am 15.10. des Jahres 01 eine Entschädigungszahlung von 4.000.000 €. Der Wiederaufbau der Lagerhalle begann im Februar 02, die Fertigstellung und ihre Bezahlung fand am 1.8.02 statt. Herstellungskosten waren angefallen in Höhe von 3.400.000 €. Die Nutzungsdauer liegt bei 15 Jahren, die neue Lagerhalle wird linear abgeschrieben. Das Wirtschaftsjahr der Hubert GmbH entspricht dem Kalenderjahr. a) Wird durch den Brand der Lagerhalle und die Zahlung durch die Versicherung eine stille Reserve aufgedeckt? b) Ist es möglich, die entstandenen stillen Reserven nach R 6.6 Abs. 4 EStR auf die neu hergestellte Fabrikhalle zu übertragen? c) Beschreibe die Wertentwicklung in der Handels- und Steuerbilanz. Gib zusätzlich die relevanten Buchungssätze an. Aufdeckung der stillen Rücklage a) Eine stille Reserve (= stille Rücklage) ist die Überbewertung von Passiva oder die Unterbewertung von Aktiva. Um also zu entscheiden, ob bei der verbrannten Lagerhalle mehr „erlöst" als vernichtet wurde, muss man die Entschädigungszahlung durch die Versicherung mit dem Restbuchwert zum Zeitpunkt des Ausscheidens vergleichen. Letzterer ermittelt sich als RBW05 = RBW04 - anteilige Abschreibungen05 = = 3.000.000 - 83.333,33 = 2.916.666,67 €. Also wird eine stille Reserve aufgedeckt in Höhe von € 4.000.000 - 2.916.666,67 = 1.083.333,33 €. Übertragung der stillen Reserve b) Problematisch bei stillen Reserven ist, dass sie im Zeitpunkt ihrer Aufdeckung normalerweise versteuert werden müssen. Wegen des Prinzips, dass Vermögensgegenstände nach dem HGB höchstens mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu aktivieren sind, kommt es niemals zu einer höheren Bewertung als zu diesem Betrag. Wenn nun allerdings der Marktwert des Gegenstandes deutlich über diese Anschaffungs- oder Herstellungskosten steigt, so liegt eine mitunter sehr große stille Reserve vor. Das Einkommensteuerrecht gibt einem Steuerpflichtigen unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, die Versteuerung der aufgedeckten stillen Reserve hinauszuzögern. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 11 von 37 Diese Voraussetzungen sind (R 6.6 Abs. 1 Satz 2 EStR): das Wirtschaftsgut wegen höherer Gewalt oder wegen behördlicher Eingriffe aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, innerhalb einer bestimmten Frist ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut (Ersatzwirtschaftsgut) angeschafft oder hergestellt wird, auf dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten die aufgedeckten stillen Reserven übertragen werden, und das Wirtschaftsgut wegen der Abweichung von der Handelsbilanz in ein besonderes laufend zu führendes Verzeichnis aufgenommen wird (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). All diese Voraussetzungen sind im Fall der vorliegenden Aufgabe erfüllt. Die aufgedeckten stillen Reserven können also auf ein im gleichen Wirtschaftsjahr angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut übertragen werden. Weil allerdings die Ersatzbeschaffung nicht im laufenden Jahr möglich ist, kann eine weitere Möglichkeit ausgenutzt werden. Es kann nämlich in Höhe der stillen Reserven eine Rücklage für Ersatzbeschaffung zu Lasten des steuerlichen Gewinns gebildet werden (§ R 6.6 Abs. 4 Satz 1 EStR). Diese Rücklage für Ersatzbeschaffung muss im Jahr der Herstellung in Form eines Bewertungsabschlags auf das neue Wirtschaftsgut übertragen werden. Verbuchung c) Im Jahre 00 wird zunächst die Abschreibung bis Ende Mai des Jahres berücksichtigt: Abschreibungen auf Sachanlagen an Grundstücke und Gebäude 83.333,33 € Danach wird die Entschädigungszahlung berücksichtigt als Bank 4.000.000 € an Grundstücke und Gebäude 2.916.666,67 € sonstige betriebliche Erträge 1.083.333,33 € Die Rücklagenbildung erfolgt schließlich durch den Buchungssatz SBA 1.083.333,33 € an Sonderposten mit Rücklagenanteil 1.083.333,33 € Im Jahre 02 bucht man die Fertigstellung der neuen Halle am 1.8. durch Grundstück und Gebäude an Bank 3.400.000 Die stillen Reserven können nun allerdings nur anteilig übertragen werden, weil die Herstellungskosten der neuen Halle mit 3.400.000 € kleiner sind als die Versicherungszahlung für das alte Gebäude mit 4.000.000 € (H 6.6 Abs. 3 Mehrentschädigung EStH). 1.3.4.5 Sonderposten mit Rücklageanteil EXPERTENTIPP Ein steuerrechtliches Wahlrecht durfte nach der umgekehrten Maßgeblichkeit nur dann in Anspruch genommen werden, wenn es in der Handelsbilanz auch angesetzt wurde. Die Abschreibung, die über das handelsrechtliche Ausmaß hinausging, wurde durch den sog. Sonderposten mit Rücklageanteil gebildet. Nach Inkrafttreten des BilMoG darf ein solcher Sonderposten mit Rücklageanteil handelsrechtlich nicht mehr gebildet werden (sogenanntes Passivierungsverbot). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 12 von 37 BEISPIEL Die Anschaffungskosten einer Maschine liegen bei 200.000 €, die Nutzungsdauer sei acht Jahre. Aufgrund einer steuerlichen Sonderregelung sei es möglich, eine steuerliche Sonderabschreibung von 30 % im ersten Jahr in Anspruch zu nehmen. Danach ist die Maschine in gleichen Teilen abzuschreiben. Der Unterschied zwischen steuerrechtlicher und handelsrechtlicher Abschreibung wurde in den Sonderposten mit Rücklageanteil gestellt: Abschreibungsarten Werte steuerrechtliche Abschreibung 60.000 € handelsrechtliche Abschreibung 25.000 € Sonderposten mit Rücklageanteil 35.000 € Sonderposten mit Rücklageanteil Der Buchungssatz lautet im Jahre 01 (TAM steht für Technische Anlagen und Maschinen): TAM an Abschreibungen SBA Bank 200.000 € an an TAM 25.000 € SOPO 35.000 € Es wurde also in der Handelsbilanz ebenfalls mit Aufwendungen in Höhe von 25.000 + 35.000 = 60.000 € gerechnet statt nur mit 25.000 €, wie es ohne den Sonderposten mit Rücklageanteil der Fall wäre. Der Buchungssatz in den Jahren 02 – 08 ist hingegen Abschreibungen Sonderposten mit Rücklagenanteil an TAM 25.000 € an SBE 5.000 € Der Sonderposten mit Rücklageanteil wurde im ersten Jahr gebildet mit 35.000 €, weil die steuerrechtliche Abschreibung in dieser Größenordnung höher ist als die handelsrechtliche Abschreibung. In den folgenden Jahren allerdings wurde dieser dann pro rata temporis wieder aufgelöst, denn die steuerrechtliche Abschreibung war dann jeweils kleiner als die handelsrechtliche. Die vorstehenden Überlegungen fasst die folgende Tabelle zusammen. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 13 von 37 Jahr handelsrechtl. Abschreibung steuerrechtl. Abschreibung Wertentw. SOPO RBW – HaBi Maschine Buchwert SOPO GuV 1 25.000 € 60.000 € 35.000 € 175.000 € 35.000 € -60.000 € 2 25.000 € 20.000 € -5.000 € 150.000 € 30.000 € -20.000 € 3 25.000 € 20.000 € -5.000 € 125.000 € 25.000 € -20.000 € 4 25.000 € 20.000 € -5.000 € 100.000 € 20.000 € -20.000 € 5 25.000 € 20.000 € -5.000 € 75.000 € 15.000 € -20.000 € 6 25.000 € 20.000 € -5.000 € 50.000 € 10.000 € -20.000 € 7 25.000 € 20.000 € -5.000 € 25.000 € 5.000 € -20.000 € 8 25.000 € 20.000 € -5.000 € 0€ 0€ -20.000 € Entwicklung Sonderposten mit Rücklageanteil 1.3.5 1.3.5.1 Begünstigung von stillen Reserven § 6b EStG Einführung Die Begünstigung von stillen Reserven wird in diesem Video zusammengefasst: www.steuerkurse.de/go/1e46c7c Die als personenbezogene Begünstigung gestaltete Norm des § 6b EStG hat zum Ziel, dass die aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens realisierten Gewinne (stille Reserven) nicht der sofortigen Versteuerung unterworfen werden. Hierzu bietet die Vorschrift des § 6b EStG zwei Möglichkeiten an: Der Steuerpflichtige kann (steuerliches Wahlrecht) unter bestimmten © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 14 von 37 Voraussetzungen den realisierten Gewinn auf bestimmte Reinvestitionsgüter übertragen (unmittelbare Übertragung der stillen Reserven durch Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionsguts) oder aber aufwandswirksam in eine Rücklage einstellen. Die so in der Rückstellung "geparkte" stille Reserve kann dann auf ein bestimmtes Reinvestitionswirtschaftsgut übertragen werden, sofern dessen Anschaffung/Herstellung innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt (erfolgswirksame Auflösung der Rücklage, aufwandswirksamer Abzug von der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts). Letztlich bewirkt die Regelung des § 6b EStG damit also keinen endgültigen Steuerverzicht, sondern lediglich eine Steuerstundung zugunsten einer bestimmten Reinvestition. Nach § 6b EStG begünstigte stille Reserven ergeben sich, wenn ein Veräußerungsgewinn im Sinne von § 6b Abs. 2 EStG realisiert wird. Dass ist der Fall, wenn der Veräußerungserlös größer ist als der Buchwert zum Zeitpunkt des Verkaufs sowie etwaiger Veräußerungskosten. Beispiel: Veräußerungserlös (Grund & Boden) 800.000 € abzüglich Buchwert zum Zeitpunkt des Verkaufs 500.000 € ergibt stille Reserven von 300.000 € Sofern nun keine weiteren Veräußerungskosten nach § 6b Abs. 2 Satz 1 EStG abziehbar sind, wären die vollen 300.000 € als Ertrag zu versteuern. Genau das kann durch die Regelung des § 6b EStG vorübergehend vermieden werden. www.steuerkurse.de/go/4f1ad97 HINWEIS Das Wahlrecht zur Ausübung des § 6b EStG kann ausschließlich in einer von der Handelsbilanz abweichenden Steuerbilanz ausgeübt werden, da es sich bei § 6b EStG um eine rein steuerliches Wahlrecht handelt, welches unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden darf (vgl. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. HS. EStG). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 15 von 37 1.3.5.1.1 Voraussetzungen Zunächst ein Blick in § 6b Abs. 1 EStG: www.steuerkurse.de/go/4f26c8e 1. Begünstigte Veräußerung § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG setzt voraus, dass ein bestimmtes Wirtschaftsgut veräußert wird. Begünstigt sind damit Vorgänge, welche die entgeltliche Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einer Person auf eine andere Person zum Gegenstand haben. Es muss mithin ein Rechtsträgerwechsel stattfinden. Die Freiwilligkeit der Veräußerung ist ohne Bedeutung. Eine entgeltliche Veräußerung liegt grundsätzlich auch vor, wenn die Veräußerung im Wege des Tausches (vgl. § 6 Abs. 6 EStG) erfolgt. MERKE Eine Veräußerung liegt nicht vor, wenn das Wirtschaftsgut lediglich entnommen wird (kein Rechtsträgerwechsel) oder verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt wird (keine Entgeltlichkeit). Wir schauen uns ein Beispiel zu § 6b Abs. 1 EStG an. www.steuerkurse.de/go/6c4ab90 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 16 von 37 2. Begünstigtes Wirtschaftsgut Veräußert werden muss ein begünstigtes Wirtschaftsgut. Entsprechend der Vorschrift des § 6b Abs. 1 Satz 1, Abs. 10 Satz 1 EStG handelt es sich dabei um die folgenden Wirtschaftsgüter: Grund und Boden, Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wennn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört, Gebäude, Binnenschiffe sowie Kapitalgesellschaftsanteile. Zu beachten ist bei der Veräußerung von Gebäuden, dass die Veräußerung von solchen Gebäudeteilen nicht begünstigt sind, die nicht in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem eigentlichen Gebäude stehen, da es sich hierbei um selbständige Wirtschaftsgüter handelt (bspw. Betriebsvorrichtungen, Scheinbestandteile, Ladeneinbauten, sonstige Mietereinbauten). 3. Begünstigte Reinvestition § 6b EStG begünstigt die Anschaffung oder Herstellung bestimmter Wirtschaftsgüter. Anschaffung in diesem Sinne meint den entgeltlichen Erwerb eines bereits existenten Wirtschaftsguts. Anschaffungszeitpunkt ist der Lieferung (vgl. § 9a EStDV), mithin der Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht. Die Anschaffung setzt folglich einen Rechtsträgerwechsel voraus, so dass die Einlage keine Anschaffung darstellt. Begünstigt ist auch die Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsguts. Herstellung bedeutet die Fertigstellung des Wirtschaftsguts (vgl. § 9a EStDV). Das ist der Zeitpunkt, in dem der bestimmungsgemäße Gebrauch möglich ist. HINWEIS Der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden steht ihre Erweiterung, ihr Ausbau oder ihr Umbau gleich (vgl. § 6b Abs. 1 Satz 3 EStG). In diesem Fall ist allerdings die Übertragung der stillen Reserve nur von dem Aufwand für die Erweiterung, den Ausbau oder den Umbau vom Gebäude zulässg (vgl. § 6b Abs. 1 Satz 4 EStG). 4. Begünstigtes Reinvestitionswirtschaftsgut Begünstigte Wirtschaftsgüter, auf welche eine Übertragung stiller Reserven in Betracht kommen, sind (vgl. § 6b Abs. 1 Satz 2) Grund und Boden, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden entstanden ist, Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden, wenn der Aufwuchs zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehört, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden oder Veräußerung von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden entstanden ist, Gebäuden, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden, von Aufwuchs auf Grund und Boden mit dem dazugehörigen Grund und Boden oder Gebäuden entstanden ist, Binnenschiffen, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Binnenschiffen entstanden ist. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 17 von 37 Sofern Kapitalgesellschaftsanteile veräußert werden (s. zuvor unter 2.), kommen als begünstigte Reinvestitionswirtschaftsgüter neben Gebäuden auch Kapitalgesellschaftsanteile sowie abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Betracht (§ 6b Abs. 10 Satz 1 EStG). 5. Begünstigungsberechtigter Die Begünstigung können grundsätzlich sowohl natürliche als auch juristische beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Personen in Anspruch nehmen. Die Begünstigung ist personenbezogen. Das bedeutet, dass einerseits eine Übertragung zwischen einzelnen Betrieben desselben Steuerpflichtigen zulässig ist. Aufgedeckte stille Reserven können aber auch aus einem Betrieb oder Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen auf Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft und umgekehrt übertragen werden, bei welchem der Steuerpflichtige als Mitunternehmer anzusehen ist. Letzteres gilt allerdings nur, soweit der Steuerpflichtige an der Personengesellschaft beteiligt ist. MERKE Gemäß § 6b Abs. 4 Satz 2 EStG dürfen allerdings die in einem gewerblichen Betrieb aufgedeckten stillen Reserven nicht auf Wirtschaftsgüter eines land- und forstwirtschaftlichen oder Betriebs im Sinne von § 18 EStG übertragen werden. Auf juristische Personen findet § 6b Abs. 10 EStG keinen Anwendung (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG), da die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften durch Kapitalgesellschaften bereits nach § 8b Abs. 2, 3 KStG steuerbefreit ist. 6. Begünstigter Gewinn § 6b Abs. 2 Satz 1 EStG normiert, welcher Gewinn begünstigt ist. Danach ist Gewinn der Betrag, um den Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den Buchwert übersteigt, mit dem das veräußerte Wirtschaftsgut im Zeitpunkt der Veräußerung anzusetzen gewesen wäre. Hierbei gilt es zu beachten, dass reguläre AfA im Sinne des § 7 EStG zeitanteilig bis zur Veräußerung noch vorzunehmen ist und der Buchwert damit entsprechend vermindert wird. Sofern auf das veräußerte Wirtschaftsgut in der Vergangenheit eine Teilwertabschreibung (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG) vorgenommen wurde, muss auf den Zeitpunkt der Veräußerung ggf. eine Teilwertzuschreibung erfolgen, die den Buchwert entsprechend erhöht und zu einer Minderung des begünstigten Gewinns führt. www.steuerkurse.de/go/4f2dfc1 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 18 von 37 HINWEIS In der Lösung unterstellt der Dozent die Vorsteuerberechtigung aus den Nebenkosten nach § 15 UStG. Diese sind somit kein Teil der Veräußerungskosten. Ohne die Unterstellung ist die Veräußerung des Grundstücks steuerfrei; die Veräußerungskosten sind entsprechend dann Brutto zu berücksichtigen. Von dem Veräußerungspreis ist auch eine infolge der Veräußerung (Lieferung) enstandene und geschuldete Umsatzsteuer abzuziehen. 7. Weitere Voraussetzungen www.steuerkurse.de/go/3d3a2a5 § 6b Abs. 4 EStG normiert weitere Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit die Begünstigung des § 6b EStG in Anspruch genommen werden kann. Danach ist Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG ermitteln, HINWEIS Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, haben nach § 6c EStG dieselbe Möglichkeit der Übertragung stiller Reserven wie Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bilanzierung ermitteln. die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung mindestens 6 ununterbrochen zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört (Ereignisfrist; Berechnung nach § 187 BGB), die angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen inländischen Betriebsstätte gehören, der bei der Veräußerung entstandene Gewinn bei der Ermittlung des im steuerpflichtigen Gewinns nicht außer Ansatz bleibt, © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Jahre haben einer Inland Seite 19 von 37 HINWEIS Letztere Voraussetzung gilt wegen des Teileinkünfteverfahrens (§§ 3 Nr. 40 lit. a, 3c Abs. 2 EStG) nicht für Veräußerungsgewinne im Sinne des § 6b Abs. 10 EStG (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 4 EStG). der Abzug nach § 6b Absatz 1 und Absatz 10 EStG (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 4 EStG) und die Bildung und Auflösung der Rücklage § 6b Abs. 3 EStG in der Buchführung verfolgt werden können. 1.3.5.1.2 Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 1, 3 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag Ein Abzug nach § 6b Abs. 1 EStG bzw. die Einstellung in eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG hat in dem Wirtschaftsjahr zu erfolgen, in welchem der nach § 6b Abs. 2 EStG begünstigte Gewinn entstanden ist, mithin also in dem Wirtschaftsjahr der Veräußerung. www.steuerkurse.de/go/4f391cc 1. Reinvestition erfolgt im Wirtschaftsjahr der Veräußerung Erfolgt die Anschaffung/Herstellung des neuen Wirtschaftsguts in demselben Wirtschaftsjahr, in welchem das begünstigte Wirtschaftsgut veräußert wurde, erfolgt von dem neu angeschafften/ hergestellten Wirtschaftsgut ein aufwandswirksamer Abzug von dessen Anschaffungs/Herstellungskosten. HINWEIS In Höhe des von den Anschaffungs-/Herstellungskosten vorgenommenen Abzugs mindert sich ab dem Wirtschaftsjahr des Abzugs die AfA-Bemessungsgrundlage (vgl. § 6b Abs. 6 EStG). © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 20 von 37 www.steuerkurse.de/go/4f4045f 2. Reinvestition im Jahr vor Veräußerung § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG ermöglicht den Abzug von den Anschaffungs-/Herstellungskosten auch von solchen begünstigten Wirtschaftsgütern, die im Jahr vor der Veräußerung angeschafft/hergestellt wurden. Die stillen Reserven werden in diesem Falll also erst in dem dem Erwerb/der Herstellung folgenden Jahr aufgedeckt. In diesem Fall erfolgt die AfA im Jahr der Anschaffung/Herstellung regulär, also ohne Berücksichtigung des Abzugsbetrags nach § 6b Abs. 1 EStG. Dieser darf erst im Wirtschaftsjahr der Veräußerung vorgenommen werden und mindert daher auch erst dann die AfABemessungsgrundlage um den vorgenommenen Abzugsbetrag (vgl. § 6b Abs. 6 EStG). 3. Reinvestition in einem der Veräußerung folgenden Wirtschaftsjahr Kommt es in einem Wirtschaftsjahr infolge der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts zur Aufdeckung stiller Reserven, erfolgt in diesem Wirtschaftsjahr aber noch keine Reinvestition, kann es mangels Reinvestitionswirtschaftsguts auch nicht zu einer unmittelbaren Übertragung des nach § 6b Abs. 2 EStG begünstigten Gewinns kommen. In diesen Fällen ermöglicht § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG, die aufgedeckte (und damit eigentlich zu versteuernde) stille Reserve im Wirtschaftsjahr der Veräußerung zu neutralisieren, indem maximal in dieser Höhe eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage (Rücklage nach § 6b EStG) passiviert wird. Erfolgt in den folgenden vier Wirtschaftsjahren eine begünstigte Reinvestition (Anschaffung, Herstellung), kann der Steuerpflichtige bis zur Höhe der gebildeten Rücklage von den Anschaffungsoder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts im Jahr der Anschaffung/Herstellung einen entsprechenden Betrag gewinnmindernd abziehen (§ 6b Abs. 3 Satz 2 EStG). Die Rücklage selbst ist dann in Höhe des Abzugsbetrags gewinnerhöhend aufzulösen (§ 6b Abs. 3 Satz 4 EStG)., so dass im Ergebnis die in der Vergangenheit aufgedeckte begünstige stille Reserve auf das begünstigte Wirtschaftsgut übertragen wird. HINWEIS Die Reinvestitionsfrist von 4 Jahren verlängert sich gemäß § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG bei neu hergestellten Gebäuden auf 6 Jahre, wenn mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist (maßgend grundsätzlich: Einreichung des Bauantrags). Sofern der Steuerpflichtige innerhalb von 4 Jahren nach Bildung der Rücklage keine begünstigte Reinvesition getätigt hat oder aus sonstigen Gründen eine Übertragung auf ein begünstigtes © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 21 von 37 Wirtschaftsgut unterbleibt, ist die Rücklage in diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen, soweit nicht ein Abzug von den Herstellungskosten von Gebäuden in Betracht kommt, mit deren Herstellung bis zu diesem Zeitpunkt begonnen worden ist (vgl. § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG). Im letzteren Falle ist auch diese Rücklage spätestens im 6. Jahr auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres aufzulösen, sofern diese dann noch passiviert ist. Das ist dann der Fall sein, sofern das Gebäude noch nicht fertiggestellt und daher eine Übertragung der stillen Reserve (mangels Herstellung) nicht möglich ist. 4. Gewinnzuschlag Soweit eine nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildete Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst wird, ohne dass ein entsprechender Betrag nach § 6b Abs. 3 EStG abgezogen wird, ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in dem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um 6 Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrags zu erhöhen (vgl. § 6b Abs. 7 EStG). www.steuerkurse.de/go/4f45fbc MERKE Für die Anwendung des § 6b Abs. 7 EStG ist es unerheblich, ob die Auflösung "freiwillig" oder aufgrund Überschreitens der Reinvestitionsfrist (vgl. § 6b Abs. 3 EStG) erfolgt. Als "volles Jahr" im Sinne des § 6b Abs. 7 EStG gilt nicht das Jahr der Rücklagenbildung, hingegen aber das Jahr der Rücklagenauflösung, und zwar unabhängig davon, ob die Rücklage im laufenden Jahr oder zum 31.12. aufgelöst wurde. Der Gewinnzuschlag selbst ist außerbilanziell zu berücksichtigen, führt folglich nicht zu einer Erhöhung des steuerbilanziellen Gewinns. 1.3.5.1.3 Rechtsfolgen in den Fällen des § 6b Abs. 10 EStG, Übertragungsfristen, Gewinnzuschlag Werden Kapitalgesellschaftsanteile veräußert, richtet sich die Übertragung der stillen Reserven sowie die Rücklagenbildung nach § 6b Abs. 10 Sätze 2 ff. EStG. Hierbei ist zu beachten, dass die Übertragung je Wirtschaftsjahr betragsmäßig auf 500.000 EUR begrenzt ist (§ 6b Abs. 10 Satz 1 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 22 von 37 EStG). Zu § 6b Abs. 10 EStG haben wir eine umfangreiche Videoreihe, um gut in die Thematik einzusteigen. www.steuerkurse.de/go/4f4f7d4 www.steuerkurse.de/go/4f5568b www.steuerkurse.de/go/dcd100b © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 23 von 37 www.steuerkurse.de/go/dcd777d www.steuerkurse.de/go/dcdde94 www.steuerkurse.de/go/dce4558 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 24 von 37 www.steuerkurse.de/go/dceb433 www.steuerkurse.de/go/dcf1c5c 1. Reinvestition erfolgt im Wirtschaftsjahr der Veräußerung Erfolgt die Anschaffung/Herstellung des Wirtschaftsguts (nur Kapitalgesellschaftsanteile, abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter, Gebäude) in demselben Wirtschaftsjahr, in welchem die Kapitalgesellschaftsanteile veräußert wurden, erfolgt auch hier von dem neu angeschafften/ hergestellten Wirtschaftsgut ein aufwandswirksamer Abzug von dessen Anschaffungs/Herstellungskosten (§ 6b Abs. 10 Satz 1 EStG). Allerdings ist bei der Höhe des Abzugsbetrags zu differnzieren, auf welche Wirtschaftsgüter der nach § 6b Abs. 2 EStG begünstigte Gewinn übertragen werden soll. Soll die begünstigte stille Reserve auf bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter oder Gebäude übertragen werden, so darf von den Anschaffungs-/Herstellungskosten gemäß § 6b Abs. 10 Satz 2 EStG lediglich ein Betrag bis zur Höhe des bei der Veräußerung entstandenen und nicht nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreiten Betrags abgezogen werden. Von dem aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen begünstigten Gewinn dürfen folglich wegen Anwendung des Teileinkünfteverfahrens lediglich 60 % übertragen werden (also der steuerpflichtige Teil des Veräußerungsgewinns). Eine Übertragung der restlichen 40% darf nicht erfolgen, weil dieser Teil des Gewinns wegen des Teileinkünfteverfahrens bereits steuerbefreit ist. Soll die begünstigte stille Reserve dagegen auf neu angeschaffte Kapitalgesellschaftsanteile übertragen werden, so darf von den Anschaffungskosten ein Abzug in Höhe des Veräußerungsgewinns einschließlich des nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 ESG steuerbefreiten Betrags abgezogen werden © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 25 von 37 MERKE Der Höchstbetrag von 500.000 EUR umfasst den übertragungsfähigen und steuerbefreiten Teil (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 2 EStG), so dass bei beweglichen abnutzbaren Wirtschaftsgütern und Gebäuden lediglich 60% von 500.000 EUR = 300.000 EUR des begünstigten Gewinns übertragen werden können. MERKE Mangels einer § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG entsprechenden Regelung ist im Rahmen des § 6b Abs. 10 EStG keine Reinvestition im Jahr vor der Veräußerung möglich (str., vgl. R 6b.2 Abs. 13 EStR; a. A. unter Verweis auf die durch § 6b Abs. 10 Satz 4 EStG normierte sinngemäße Anwendung von § 6b Abs. 5 EStG bspw. FG München 27.4.2010, EFG 2011, 426). www.steuerkurse.de/go/4f5b44e www.steuerkurse.de/go/6e27fa4 © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 26 von 37 2. Reinvestition in einem der Veräußerung folgenden Wirtschaftsjahr Kommt es in einem Wirtschaftsjahr infolge der Veräußerung eines begünstigten Wirtschaftsguts zur Aufdeckung stiller Reserven und erfolgt in diesem Wirtschaftsjahr aber noch keine Reinvestition, kann es mangels Reinvestitionswirtschaftsguts auch nicht zu einer unmittelbaren Übertragung des nach § 6b Abs. 2 EStG begünstigten Gewinns kommen. In diesen Fällen ermöglicht § 6b Abs. 10 Satz 5 EStG, die aufgedeckte (und damit eigentlich zu versteuernde) stille Reserve im Wirtschaftsjahr der Veräußerung zu neutralisieren, indem in dieser Höhe bis maximal 500.000 EUR eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage (Rücklage nach § 6b EStG) passiviert wird. MERKE Da im Zeitpunkt der Bildung der Rücklage noch nicht feststeht, in welches Wirtschaftsgut reinvestiert wird, normiert § 6b Abs. 10 Satz 5 EStG, dass eine Rücklage nach Maßgabe des § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG (also bis maximal 500.000 EUR) einschließlich des nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreiten Betrags gebildet werden darf. 3. Übertragungsfrist, Rücklagenauflösung, Gewinnzuschlag Die Übertragung auf angeschaffte Anteile an Kapitalgesellschaften sowie bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter ist im Jahr der Veräußerung oder den dem Jahr der Veräußerung folgenden 2 Wirtschaftsjahren möglich. Lediglich bei Gebäuden verlängert sich diese Frist auf die dem Jahr der Veräußerung folgenden 4 Wirtschaftsjahren. Bei der Übertragung der in der Rücklage nach § 6b Abs. 10 EStG "geparkten" stillen Reserve auf ein begünstigtes Reinvestitionswirtschaftsgut (Kapitalgesellschaftsanteile, Gebäude, bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter) gilt es zu beachten, dass die Rücklage einschließlich des nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreiten Betrags gebildet werden durfte, mithin also sowohl den steuerpflichtigen als auch steuerbefreiten Teil des Veräußerungsgewinns beinhaltet (s. o.). Erfolgt nunmehr die Übertragung der stillen Reserve in den Folgenjahren auf Gebäude oder bewegliche abnutzbare Wirtschaftsgüter, darf diese stille Reserve aber nur zu 60% auf diese Wirtschaftsgüter übertragen werden (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 6 und Satz 2 EStG). Da § 6b Abs. 10 Satz 7 EStG gleichwohl anordnet, dass die Rücklage einschließlich des nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreiten Betrags aufzulösen ist (in dieser Höhe wurde die Rücklage ja auch gebildet), wird innerbilanziell auch in Höhe des steuerbefreiten Teils (40 % des Veräußerungsgewinns) der Gewinn erhöht. Dieser Teil des Gewinns, den das Teileinkünfteverfahren aber steuerfrei stellt, ist dann folgerichtig wieder außerbilanziell zu kürzen. Erfolgt die Übertragung der stillen Reserve dagegen auf angeschaffte Kapitalgesellschaftsanteile, darf die Übertragung dagegen in voller Höhe erfolgen. Da die Auflösung der Rücklage ebenfalls in voller Höhe zu erfolgen hat (vgl. § 6b Abs. 10 Satz 7 EStG), ergibt sich im Ergebnis kein bilanzieller Gewinn, der außerbilanziell wieder zu kürzen wäre. Gemäß § 6b Abs. 10 Satz 8 EStG ist eine Rücklage spätestens am Schluss des vierten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufzulösen. Da die Rücklagenbildung einschließlich des nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerbefreiten Betrags gebildet werden durfte, erfolgt die Auflösung entsprechend. Da 40% des Auflösungsbetrags allerdings nach § 3 Nr. 40 Satz 1 lit. a und b in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG steuerfrei sind, muss in dieser Höhe eine außerbilanzielle Kürzung vorgenommen werden. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 27 von 37 Erfolgt keine Reinvestition oder kommt es zwingend zur Auflösung der Rücklage wegen Überschreitens der Reinvestitionsfristen, hat nur hinsichtlich des nicht steuerbefreiten Anteils (60%) ein Gewinnzuschlag von 6 % für jedes volle Wirtschaftsjahr (§ 6b X 9 EStG) zu erfolgen. Ein Gewinnzuschlag für die übrigen 40% erfolgt nicht, da dieser Teil ja steuerbefreit ist. Der Gewinnzuschlag selbst hat außerhalb der Bilanz zu erfolgen. Wir betrachten zuletzt noch zwei Beispielvideos zu § 6b Abs. 10 EStG. www.steuerkurse.de/go/6c9d213 www.steuerkurse.de/go/6ca320c 1.3.5.2 1.3.5.2.1 R 6.6 EStR Einführung Die in R 6.6 EStR als Billigkeitsregelung gestaltete Verwaltungsvorschrift ermöglicht die Vermeidung der Gewinnverwirklichung durch Aufdeckung stiller Reserven in bestimmten Fällen der Ersatzbeschaffung, wenn ein Wirtschaftsgut infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. In diesen Fällen hat der Steuerpflichtige unter Beachtung der Voraussetzungen der R 6.6 Abs. 1 EStR die Möglichkeit, aufgedeckte stille Reserven im Wirtschaftsjahr der Ersatzbeschaffung auf das Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen. Sofern im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens des Wirtschaftsguts © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 28 von 37 noch keine Ersatzbeschaffung erfolgt, eröffnet R 6.6 EStR zudem die Möglichkeit, die aufdeckten stillen Reserven zunächst in eine den Gewinn mindernde Rücklage (Rücklage nach R 6.6 EStR) einzustellen und in einem späteren Wirtschaftsjahr, in dem die Ersatzbeschaffung erfolgt, auf das Ersatzwirtschaftsgut zu übertragen. HINWEIS Im Gegensatz zu § 6b EStG handelt es sich bei R 6.6 EStR nicht um eine personenbezogene, sondern um eine betriebsbezogene Begünstigung. www.steuerkurse.de/go/4ede98c 1.3.5.2.2 Voraussetzungen nach R 6.6 Abs. 1 EStR 1. Begünstigte Wirtschaftsgüter Gemäß R 6.6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStR kommen als Wirtschaftsgüter, die aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, sowohl solche des Anlagevermögens als auch des Umlaufvermögens in Betracht. 2. Begünstigtes Ereignis Da es sich bei R 6.6 EStR um eine Billigkeitsregelung handelt, muss es sich um Ereignisse handeln, für die den Steuerpflichtigen kein Verschulden trifft. Dazu zählt ein Ausscheiden infolge höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs. Höhere Gewalt liegt nach R 6.6 Abs. 2 Satz 1 EStR vor, wenn das Wirtschaftsgut von Elematarereignissen wie beispielsweise Brand, Sturm oder Überschwemmung sowie durch andere unabwendbare Ereignisse wie z. B. Diebstahl oder unverschuldeten Unfall aussscheidet. Höhere Gewalt liegt umgekehrt beispielsweise nicht vor, wenn das Wirtschaftsgut infolge eines Bedienungsfehlers durch Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen aus dem Betriebsvermögen ausscheidet oder der Steuerpflichtige ein Wirtschaftsgut aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus veräußert. Auch eine Entnahme ist kein Fall höherer Gewalt. Ein behördlicher Eingriff ist beispielsweise gegeben bei Maßnahmen zur Enteignung oder Inanspruchnahmen für Verteidungszwecke, ferner bei behördlichen Bauverboten oder behördlich © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 29 von 37 angeordneter Betriebsunterbrechung (R 6.6 Abs. 2 Satz 2 EStR; H 6.6 Abs. 2 "Behördlicher Eingriff" EStH). MERKE Die Zwangsversteigerung ist weder ein Fall höherer Gewalt noch ein behördlicher Eingriff, da diese ja grundsätzlich vermeidbar ist. Die Veräußerung im Rahmen der Zwangsversteigerung ist jedoch eine nach § 6b EStG begünstigte Veräußerung, so dass unter den Voraussetzungen des § 6b EStG die Versteuerung einer aufdeckten stillen Reserve durch diese Vorschrift vermieden werden kann. 3. Entschädigung Eine Entschädigung im Sinne von R 6.6 Abs. 1 EStR liegt nur vor, soweit diese für das aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedene Wirtschaftsgut als solches gezahlt wurde. Sofern ein Wirtschaftsgut infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs durch Veräußerung ausscheidet, tritt an die Stelle der Entschädigung der Veräußerungserlös. Hierzu zählen folglich auch Aufwendungen für die beschleunigte Beschaffung eines Ersatzwirtschaftsguts sowie ein etwaiger Schrotterlös. Um keine begünstigte Entschädigung handelt es sich folglich, soweit diese für Folgeschäden geleistet werden (vgl. H 6.6 Abs. 1 "Entschädigung" EStH). BEISPIEL Eine Maschine wird infolge eines unverschuldeten Brands in der Lagerhalle des A vollständig zerstört. Die Versicherung leistet neben einer Zahlung für die Wiederbeschaffung der Maschine auch eine Ertragswertentschädigung für die Beeinträchtigung des verbleibenden Betriebs. Lösung: Lediglich bei der Entschädigungszahlung für die Wiederbeschaffung der Maschine handelt es sich um eine solche im Sinne von R 6.6 Abs. 1 EStR. Die Ertragswertentschädigung hingegen ist nicht begünstigt, da diese nicht für die Maschine als solche geleistet wird. 4. Ersatzbeschaffung Es muss ein Ersatzwirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt werden. Begünstigt ist (neben der Herstellung) lediglich die entgeltliche Anschaffung, mithin also der entgeltliche Erwerb von Eigentum, so dass die Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen keine Ersatzbeschaffung im Sinne vom R 6.6 EStR. Da R 6.6 EStR als betriebsbezogene Begünstigung gestaltet ist, greift die Begünstigung nur, wenn es sich bei dem Ersatzwirtschaftsgut um ein funktionsgleiches Wirtschaftsgut handelt, welches auch tatsächlich funktionsgleich genutzt wird. 5. Aufnahme in das Verzeichnis nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG In formaler Hinsicht ist zu beachten, dass das Wirtschaftsgut, da es bei Übertragung der stillen Reserve in Abweichung von der Handelsbilanz angesetzt wird, in das besonders laufend zu führende © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 30 von 37 Verzeichnis nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG aufgenommen wird. Abschließend noch ein zusammenfassendes Video zu den Voraussetzungen des R 6.6 Abs. 1 EStR. www.steuerkurse.de/go/4ee7a2d 1.3.5.2.3 Rechtsfolgen (Rücklagenbildung, Übertragungsfristen, Übertragungshöhe) Liegen die Voraussetzungen der R 6.6 Abs. 1 EStR vor, hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, ob er die Begünstigung in Anspruch nehmen möchte. In diesem Fall hängt die Art der Inanspruchnahme der Begünstigung davon ab, zu welchem Zeitpunkt der Steuerpflichtige das Ersatzwirtschaftsgut anschafft. www.steuerkurse.de/go/4ef013c 1. Ersatzbeschaffung im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens Die Ersatzbeschaffung ist nicht nur begünstigt, wenn diese im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens nach dem Ereignis erfolgt, welches zum Ausscheiden des Wirtschaftsguts geführt hat. Begünstigt ist vielmehr auch die Ersatzbeschaffung, die im gleichen Wirtschaftsjahr zeitlich vor dem Ausscheiden © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 31 von 37 erfolgt. Erforderlich ist in diesem Fall allerdings ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Veräußerung und Ersatzbeschaffung (vgl. H 6.6 Abs. 3 "Vorherige Anschaffung" EStH). 2. Ersatzbeschaffung in einem Wirtschaftsjahr vor dem Ausscheiden Eine begünstigte Anschaffung kommt unter den unter 1. dargestellten Voraussetzungen (ursächlicher Zusammenhang) auch in Betracht, wenn die Ersatzbeschaffung in einem Wirtschaftsjahr erfolgt, welches dem Wirtschaftsjahr des Ausscheidens vorangeht. Zwar ergibt sich aus R 6.6 EStR in zeitlicher Hinsicht unmittelbar keine zeitliche Einschränkung. Hier dürfte allerdings maximal ein Zeitraum von 3 Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr des Ausscheidens in Betracht kommen. 3. Ersatzbeschaffung in Wirtschaftsjahren nach dem Ausscheiden, Rücklagenbildung, Übertragungsfristen Soweit am Schluss des Wirtschaftsjahres, in dem das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist, noch keine Ersatzbeschaffung vorgenommen wurde, kann in Höhe der aufgedeckten begünstigen stillen Reserve eine steuerfreie Rücklage gebildet werden. Erforderlich dafür ist, dass zu diesem Zeitpunkt die Ersatzbeschaffung ernstlich geplant und zu erwarten ist (vgl. R 6.6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStR). Für die Dokumentation der Investition ist die Bildung der Rücklage ausreichend. Die Rücklagenbildung kann nicht in späteren Jahren nachgeholt werden, sondern muss zwingend im Wirtschaftsjahr des Ausscheidens erfolgen. Der Zeitraum, innerhalb dessen der Steuerpflichtige eine Reinvestition tätigen muss, hängt von dem ausgeschiedenen Wirtschaftsgut ab. Eine Rücklage, die auf Grund des Ausscheidens eines beweglichen Wirtschaftsguts gebildet wurde, muss zwingend am Schluss des ersten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres gewinnerhöhend aufgelöst werden, falls bis dahin ein Wirtschaftsgut weder angeschafft noch hergestellt wurde (R 6.6 Abs. 4 Satz 3 EStR). Diese Frist verlängert sich bei einer Rücklage, die wegen Ausscheidens eines Wirtschaftsguts im Sinne von § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG gebildet wurde, auf vier bzw. bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre. HINWEIS Die Frist von einem Jahr kann in Einzelfällen auf bis zu vier Jahren verlängert werden, wenn der Steuerpflichtige glaubhaft macht, dass die Ersatzbeschaffung nocht ernstlich geplant und zu erwarten ist, aber aus besonderen Gründen ncoh nicht durchgeführt werden konnte (vgl. R 6.6 Abs. 4 Satz 5 EStR). Zudem ist eine Verlängerung auf bis zu sechs Jahre möglich, wenn die Ersatzbeschaffung im Zusammenhang mit der Neuherstellung eines Gebäudes erfolgt (vgl. R 6.6 Abs. 4 Satz 6 EStR). Nach BMF v. 20.09.22 - IV C 6 - S 2138/19/10002 :003 verlängern sich die genannten Fristen um jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Die genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. Sie verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 1. Januar 2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre. 4. Eingeschränkte Übertragung bei Mehrentschädigung © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 32 von 37 Abweichend von dem Grundsatz, dass die durch die Entschädigung/begünstigte Veräußerung aufgedeckte stille Reserve (Berechnung entsprechend § 6b Abs. 2 EStG) von dem Ersatzwirtschaftsgut in voller Höhe abgezogen werden darf, gilt dies nicht im Fall der sog. Mehrentschädigung. Ein solcher liegt vor, wenn die Anschaffungskosten des Ersatzwirtschaftsguts unter dem Wert der Entschädigung liegt. In diesem Fall dürfen die stillen Reserven nur im Verhältnis der Anschaffungskosten zur Entschädigungsleistung übertragen werden. MERKE Für die Frage, ob eine Mehrentschädigung vorliegt, sind bei bebauten Grundstücken der Grund und Boden und das Gebäude als Einheit zu betrachten (vgl. R 6.6 Abs. 3 EStR). 5. Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage Nach Abzug der stillen Reserve vom Ersatzwirtschaftsgut mindert sich die AfA-Bemessungsgrundlage im Jahr der Übertragung um den Betrag des Abzugs (vgl. R 7.3 Abs. 4 EStR). 1.4 Gewinnvortrag, Verlustvortrag Der Gewinnvortrag entsteht deswegen, weil über die Gewinnverwendung früherer Jahre noch nicht endgültig entschieden wurde. Ein Verlustvortrag rührt analog aus Verlusten früherer Perioden. Näheres dazu wird Ihnen im folgenden Video erläutert. www.steuerkurse.de/go/bd6424c BEISPIEL Die oben erwähnte X-AG aus vorigem Beispiel möchte 300.000 € ausschütten, d.h. als Dividende zahlen. Es werden weiterhin den Rücklagen die gesetzlichen Höchstbeträge zugeführt. Wie hoch ist der Gewinnvortrag? © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 33 von 37 Wie wir oben errechnet hatten, fließen vom Jahresüberschuss in Höhe von 5.000.000 € dann 1.000.000 € in die Ausbuchung des Verlustvortrags, 200.000 € in die gesetzliche Rücklage und 1.900.000 € in die anderen Gewinnrücklagen (wegen des Hinweises, dass den Rücklagen die gesetzlichen Höchstbeträge zugeführt werden sollen). Weitere 300.000 € werden ausgeschüttet, d.h. nach der Thesaurierung (= Einbehaltung) von 200.000 € und 1.900.000,00 € und der Ausschüttung von 300.000 € verbleiben noch 1.600.000 €, über deren Verwendung, d.h. Ausschüttung oder Thesaurierung noch nicht endgültig entschieden wurde. Es handelt sich bei diesem Betrag von 1.600.000 € um den Gewinnvortrag, der ins nächste Jahr mitgenommen wird. Man rechnet Positionen Betrag Jahresüberschuss 5.000.000,00 € abzgl. Verlustvortrag 1.000.000,00 € Bemessungsgrundlage 4.000.000,00 € hiervon 5 %, 200.000,00 € höchstens aber 0,1·50.000.000 – (2.000.000 + 2.000.000) = 0,1·50.000.000 – 4.000.000 = 5.000.000 – 4.000.000 = 1.000.000 1.000.000,00 € Einstellung gesetzliche Rücklage also 200.000,00 € Bemessungsgrundlage II 3.800.000,00 € hiervon höchstens die Hälfte in die anderen Gewinnrücklagen 1.900.000,00 € Bemessungsgrundlage III 1.900.000,00 € Ausschüttung (= Dividendenzahlung) 300.000,00 € es verbleiben (= Gewinnvortrag) 1.600.000,00 € 1.5 Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag Der Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag bildet den letzten Posten des Eigenkapitals. Es handelt sich hierbei um den Saldo der Gewinn- und Verlustrechnung. Wenn die Erträge größer sind als die Aufwendungen, liegt ein Jahresüberschuss vor, sind die Erträge kleiner als die Aufwendungen, liegt ein Jahresfehlbetrag vor. 1.6 Kauf eigener Anteile Der Kauf eigener Anteile kommt einer Kapitalherabsetzung gleich und wird auch – allerdings nach BilMoG und durch den Wegfall der Aktivierung mit gleichzeitiger Bildung einer „Rücklage für eigene Anteile“ – so behandelt. Es wird folgendermaßen vorgegangen: METHODE KAUF EIGENER ANTEILE: Überprüfe die Voraussetzungen der § 71 Abs. 1 AktG zur Zulässigkeit des Rückkaufs eigener Aktien (oft wird § 71 Abs. 1 Nr. 2 einschlägig sein, © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 34 von 37 nämlich Erwerb der Anteile, um sie eigenen Mitarbeitern anzubieten) beachte auch die quantitative Voraussetzung des § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG, nämlich dass höchstens 10 % des Grundkapitals zurückgekauft werden darf Buche das gezeichnete Kapital herunter um den Betrag (Anzahl zurückgekaufter Aktien·Nennwert) (§ 272 Abs. 1a Satz 1 HGB) senke freie Rücklagen um den Betrag (Anzahl zurückgekaufter Aktien·(Kaufpreis – Nennwert)) (§ 272 Abs. 1a Satz 2 HGB) senke das Konto Bank/Kasse entsprechend. BEISPIEL Die Neu-AG hat ein gezeichnetes Kapital von 1.000.000 €, einen Jahresüberschuss am Ende des Jahres 01 von 8.000.000 € und möchte am 15.12.01 möglichst viele eigene Aktien erwerben, um diese eigenen Mitarbeitern zum Kauf anzubieten. Der Nennwert der Aktien liegt bei 100 € pro Stück, der Kaufpreis zum Erwerbszeitpunkt bei 300 €. Bisher hält die Neu-AG keine eigenen Aktien, eine Kapitalrücklage und eine gesetzliche Rücklage liegen bisher nicht vor. Der Jahresüberschuss soll zur Hälfte ausgeschüttet und zur anderen Hälfte thesauriert werden. Erstelle die notwendigen Buchungen und die Bilanz am Ende des Jahres 01. Zunächst muss die gesetzliche Rücklage dotiert werden (siehe das Kapitel „Gesetzliche Rücklagen“), nämlich mit 0,05·(8.000.000 – 0) = 0,05·8.000.000 = 400.000 €, höchstens aber mit Höchstbetrag gesetzliche Rücklage = 0,1·gezeichnetem Kapital – (Kapitalrücklage + gesetzliche Rücklagealt) = 0,1·(1.000.000 – (0 + 0)) = 100.000 €. Damit wird 100.000 € in die gesetzliche Rücklage eingestellt. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 35 von 37 Danach macht man sich Gedanken um die Ausschüttung bzw. Dotierung der anderen Gewinnrücklagen (siehe Kap. „Andere Gewinnrücklagen"). Es soll die Hälfte als Dividende gezahlt (= ausgeschüttet werden, die andere Hälfte soll einbehalten (= thesauriert) werden. Man rechnet daher Positionen Betrag Jahresüberschuss 8.000.000,00 € abzgl. Verlustvortrag 0,00 € Bemessungsgrundlage 8.000.000,00 € hiervon 5 %, 400.000,00 € höchstens aber 100.000,00 € Einstellung gesetzliche Rücklage also 100.000,00 € Bemessungsgrundlage II 7.900.000,00 € Hiervon die Hälfte thesauriert 3.950.000,00 € die andere Hälfte ist Bilanzgewinn 3.950.000,00 € Berechnung Bilanzgewinn Nun kommt man erst zur Frage des Rückkaufs eigener Aktien, denn es müssten freie Rücklagen vorhanden sein, die gebucht werden können. Die Voraussetzung des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG ist erfüllt, die Neu-AG darf also Aktien zurückkaufen. Wie viel erlaubt ist, sagt § 71 Abs. 2 Satz 1 AktG: 10 % von 1.000.000 €, d.h. im Werte von höchstens 100.000 €. Da dieser Wert voll ausgeschöpft werden soll, erfolgt dies hier, die Neu-AG erwirbt daher 100.000/100 = 1.000 Aktien zurück und zahlt hierfür 1.000·300 = 300.000 €. Der Buchungssatz ist Gezeichnetes Kapital 100.000 an freie Rücklagen 200.000 an Bank 300.000 Mithin sieht die Bilanz nach der Dotierung der gesetzlichen Rücklage, der Entscheidung über Bilanzgewinn und dem Rückkauf eigener Anteil wie folgt aus: © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 36 von 37 Aktiva Passiva Position Beträge Position Zwischenrechnung Vermögensgegenstände 8.700.000,00 € Gezeichnetes Kapital 1.000.000,00 € abzgl. Rückkauf -100.000,00 € Beträge 900.000,00 € Gewinnrücklagen Bilanzsumme 8.700.000,00 € - gesetzliche Rücklage 100.000,00 € - freie Gewinnrücklagen 3.950.000,00 € Abzug wg. Differenz aus Kaufpreis und Nennbetrag 200.000,00 € Gewinnrücklagen 3.850.000,00 € Bilanzgewinn 3.950.000,00 € Bilanzsumme 8.700.000,00 € Bilanz nach Rückkauf eigener Aktien Beachte also, dass die freien Gewinnrücklagen nach Abzug der 200.000,00 € dann nur noch 3.750.000 € betragen. © examio GmbH - 26.02.2024 - Erstellt für Matthias Merten Pritschow (Nur für den persönlichen Gebrauch) Seite 37 von 37