Arbeits- und Organisationspsychologie DLPOPS02 PDF

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This document is a course book for the course "Arbeits- und Organisationspsychologie DLPOPS02". It covers topics such as work analysis, motivation, work satisfaction, and organizational design. The course material is structured into different lessons.

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ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLO GIE DLPOPS02 ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected]...

ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLO GIE DLPOPS02 ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de DLPOPS02 Versionsnr.: 001-2023-1215 N. N. ©2023 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden „IU“) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dementsprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE Einleitung Wegweiser durch das Studienskript................................................. 6 Literaturempfehlungen............................................................ 7 Übergeordnete Lernziele.......................................................... 9 Lektion 1 Die Arbeits- und Organisationspsychologie 11 1.1 Aufgaben und Formen der Arbeits- und Organisationspsychologie................ 12 1.2 Arbeit....................................................................... 16 1.3 Geschichte der Arbeitspsychologie............................................ 17 Lektion 2 Konzepte und Methoden der Arbeitsanalyse und -bewertung 19 2.1 Arbeitsanalysen............................................................. 20 2.2 Tätigkeitsanalysen........................................................... 22 2.3 Arbeitsbewertung............................................................ 23 Lektion 3 Konzepte und Methoden der Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit 25 3.1 Motivationspsychologie...................................................... 26 3.2 Modelle der Motivationspsychologie........................................... 28 3.3 Theorien der Arbeitszufriedenheit............................................. 34 Lektion 4 Konzepte und Methoden der Arbeits- und Arbeitsplatzgestaltung 37 4.1 Gestaltung des Arbeitsumfeldes............................................... 38 4.2 Arbeitsplatzgestaltung....................................................... 39 4.3 Herausforderung der neuen Arbeitswelt........................................ 40 Lektion 5 Arbeitssicherheit und Gesundheit 5.1 5.2 5.3 5.4 43 Belastungen bei der Arbeit.................................................... 44 Stress....................................................................... 45 Work Life Balance............................................................ 46 Arbeitssicherheit............................................................. 46 3 Lektion 6 Grundlagen der Organisationspsychologie 49 6.1 Organisationspsychologie.................................................... 50 6.2 Organisation................................................................ 52 6.3 Organisation gleich Interaktion?............................................... 53 Lektion 7 Konzepte und Methoden der Organisationsanalyse und -gestaltung 55 7.1 Aufbau und Strukturen von Organisationen.................................... 56 7.2 Organisationsdiagnose....................................................... 57 7.3 Durchführung einer Organisationsdiagnose.................................... 58 Lektion 8 Interaktion und Kommunikation in Organisationen 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 63 Kommunikationsmodelle..................................................... 64 Gruppen und Teamarbeit..................................................... 69 Teamentwicklung............................................................ 70 Konflikte.................................................................... 72 (Personal-)Führung.......................................................... 76 Lektion 9 Organisationsklima und Organisationskultur 85 9.1 Betriebs- und Organisationsklima............................................. 86 9.2 Unternehmenskultur......................................................... 87 Lektion 10 Die lernende Organisation 89 10.1 Lernende Organisation...................................................... 90 10.2 Organisationsentwicklung................................................... 91 10.3 Innovationen............................................................... 92 Verzeichnisse Literaturverzeichnis.............................................................. 98 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 104 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS STUDIENSKRIPT Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript stehen Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntypspezifische Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben. Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lernplattform unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Skripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Skripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Männer, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 LITERATUREMPFEHLUNGEN Hierbei handelt es sich um Standardwerke und vertiefende Literatur zum jeweiligen Kurs, die nicht klausurrelevant sind und nicht zwingend in den Datenbanken der Bibliothek verfügbar sein müssen. Vorhandene Titel sind mit einem Link versehen. ALLGEMEIN Bamberg, E./Mohr, G./Busch, C. (2012): Arbeitspsychologie. Hogrefe Verlag, Göttingen. Marcus, B. (2011): Einführung in die Arbeits- und Organisationspsychologie. Springer VS Verlag, Wiesbaden. Nerdinger, F. W./Blickle, G./Schaper, N. (2014): Arbeits- und Organisationspsychologie. 3. Auflage, Springer Verlag, Berlin. Rosenstiel, L. von (2007): Grundlagen der Organisationspsychologie. 6. Auflage, SchäfferPoeschel Verlag, Stuttgart. Schuler, H./Moser, K. (2014): Lehrbuch Organisationspsychologie. 5. Auflage, Huber Verlag, Bern. Sonntag, K./Frieling, E./Stegmaier, R. (2012): Lehrbuch Arbeitspsychologie. 3. Auflage, Huber Verlag, Bern. Ulich, E. (2011): Arbeitspsychologie. 7. Auflage, vdf Hochschulverlag, Zürich. LEKTION 1 k. A. LEKTION 2 Chatterji, M./Devlin, S. (2011): How heavy is a job?: A critical survey of job evaluation as a payment device. Sire Discussion Paper. (Datenbank: EBSCO). LEKTION 3 Eller, E. (2014): Arbeitszufriedenheit, Motivation und Leistung: Eine empirische Untersuchung in einem großen, deutschen Automobilunternehmen. Dissertation an der Universität Paderborn, S. 21–55, 64–68. (Datenbank: EBSCO). 7 LEKTION 4 k. A. LEKTION 5 Beile, J./Jahnz, S. (2007): Work-Life-Balance in der Unternehmenspraxis. In: Sozialwissenschaften und Berufspraxis, Heft 1, S. 85–102. (Datenbank: WISO). LEKTION 6 Köper, B./Richter, G. (2012): Restrukturierung in Organisationen und mögliche Auswirkungen auf die Mitarbeiter. In: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. (Im Internet verfügbar). LEKTION 7 Reiß, M. (2006): Virtuelle Unternehmen: Vom Mythos zum Modell. In: Jahrbuch aus Lehre und Forschung der Universität Stuttgart, S. 60–76. (Datenbank: EBSCO). LEKTION 8 Bartelt, D. (2011): Wertschätzende, kompetente und ethische Führung: Das „Vertrauen“ der Mitarbeiter in ihre Führungskräfte. Dissertation Universität Duisburg-Essen, S. 58–63. (Datenbank: EBSCO). LEKTION 9 Baumgartner, M. (2006): Die kollektive Gestaltung einer gemeinsamen Organisationswirklichkeit: Zur Diagnose von Organisationskultur anhand Mitarbeiterbefragungen und systemischer Strukturaufstellungen in einem sozial-medizinischen Unternehmen. Dissertation ETH Zürich, Nr. 16649, S. 20–27. (Datenbank: EBSCO). LEKTION 10 Dragusanu, G. (2006): Wissensmanagement: Sicherung und Weitergabe des Wissens beim Stellenwechsel. Dissertation an der LMU München, S. 9–37. (Datenbank: EBSCO). Voegel, S. (2011): Organisation im Wandel: Methodologische und methodische Rekonstruktion der Veränderung von Organisationen und deren Implikationen für geplante organisatorische Veränderungen. Dissertation an der Universität St. Gallen, S. 21–55, 64–68. (Datenbank: EBSCO). 8 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Die Zusammenarbeit von Menschen in Organisationen wird ganz entscheidend von den formellen und informellen Prozessen der Interaktion und Kommunikation determiniert. Der Kurs Arbeits- und Organisationspsychologie befasst sich mit den theoretischen Grundlagen, Konzepten und Methoden der Arbeits- und Organisationsgestaltung und fokussiert dabei die Auswirkungen auf das Erleben und Handeln der verschiedenen Organisationsmitglieder. In den Inhalten der Organisationspsychologie finden Sie Theorien und Methoden, um sich solchen Aufgaben zu stellen. Der Kurs vermittelt Ihnen zunächst einen Überblick über die wichtigsten Grundlagen dieses Fachgebiets. So werden Sie sich beispielsweise mit dem Themenfeld der Arbeitsanalyse und Arbeitsbewertung, mit Modellen zur Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit sowie Methoden der Arbeits(platz)gestaltung befassen. Aufbauend auf die Themenfelder der Arbeitspsychologie werden Sie des Weiteren Kommunikations- und Interaktionsmodelle kennenlernen und sich mit den Themenfeldern Organisationsklima, Organisationskultur und der lernenden Organisation vertraut machen. 9 LEKTION 1 DIE ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – womit sich die Arbeits- und Organisationspsychologie beschäftigt. – mit welchen Wissenschaften die Arbeits- und Organisationspsychologie eng verwoben sind. – womit sich speziell die Arbeitspsychologie befasst. 1. DIE ARBEITS- UND ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE Aus der Praxis Stellen Sie sich vor: Sie sind ein Sachbearbeiter und Ihnen wird die Möglichkeit zur Personalentwicklung in Ihrem Unternehmen geboten. Die Stelle des Teamleiters in einem anderen Team des gleichen Bereiches ist vakant und die Geschäftsführung bietet Ihnen diese Position. Wenn Sie während Ihrer Probezeit einen „guten Job“ machen, besteht eine Festanstellung als Teamleiter. Und das bedeutet neben neuen Aufgaben auch ein höheres Gehalt. Voraussetzung für die oben genannte Personalentwicklung ist das Bestehen eines Auswahlgesprächs, in dem durch eine neutrale Instanz (Personalabteilung) auch andere Kandidaten für die neue Position getestet werden. Sie entscheiden sich dafür, sich dieser Herausforderung zu stellen und willigen in das Auswahlgespräch ein. Sie werden zur Vorbereitung informiert, dass man Sie über verschiedene Dinge befragen wird. Neben fachlichen Fragen werden auch solche Fragen erfolgen, die sich mit der Organisation von Arbeit sowie Themen der Motivation und Arbeitsgestaltung befassen. Da Sie bisher keine (bewussten) Berührungspunkte mit den Themen hatten, beginnen Sie zu recherchieren und stoßen auf die Wissenschaft der Arbeits- und Organisationspsychologie. Bei dieser handelt es sich um eine praxisorientierte und zugleich theoretisch fundierte Wissenschaft, die sich mit Verhalten und Erleben in Organisationen beschäftigt. Die Arbeits- und Organisationspsychologie gibt in diesem Kontext Antworten auf Fragen, wie Arbeitsprozesse gestaltet werden sollten, wie die Motivation von Mitarbeitern beeinflusst werden kann, welche Faktoren Einfluss auf die Arbeit nehmen und die Arbeitsleistung beeinflussen, welchen Einfluss Kommunikation hat und wie diese erfolgen sollte, aber auch wie Prozesse in Organisationen zu gestalten sind. Die Arbeits- und Organisationspsychologie bietet Methoden und Instrumente, menschliche Arbeitsfelder strukturell zu gestalten. Dies beinhaltet nicht nur das Zusammenwirken einzelner Teilbereiche in Organisationen und die Gestaltung von Arbeit, sondern auch Themenfelder, die den „arbeitenden Menschen“ unmittelbar selbst betreffen. 1.1 Aufgaben und Formen der Arbeitsund Organisationspsychologie Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten und Erleben des Menschen. Die Arbeits- und Organisationspsychologie befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung arbeitsbezogenen Erlebens und Verhaltens von Personen in Organisationen. Bei der Arbeits- und Organisationspsychologie handelt es sich um eine angewandte Wissenschaft mit praktischer Relevanz. Alltagsphänomene lassen sich meist nicht allein mithilfe 12 einer Disziplin beschreiben. Daher bedienen sich auch die Arbeits- und die Organisationspsychologie anderer psychologischer und nichtpsychologischer Disziplinen. Der Übergang von der Arbeits- zur Organisationspsychologie ist vom Gegenstand her fließend. Beide wissenschaftlichen Zweige setzen sich mit den Themen der Qualifizierung, Sozialisation, Eignungsdiagnostik, Arbeitsanalyse, Arbeitsmotivation, Arbeitsgestaltung, Gruppen- und Teamarbeit, Führung und des Führungsstils, Arbeitszufriedenheit und (der Reduktion von) Arbeitsbelastung(en) auseinander. Die Arbeits- und Organisationspsychologie nutzt als angewandte Wissenschaft hierzu die Erkenntnisse von verschiedenen Fachgebieten der Psychologie. Die nachstehende Grafik stellt dies dar: Abbildung 1: Wissen aus psychologischen Disziplinen Quelle: Jörg Greulich, 2015. 13 Die Arbeits- und Organisationspsychologie bedient sich aber auch der Methoden und Theorien anderer Wissenschaften, wie z. B. der Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre. Die Wissenschaften, zu denen die Arbeits- und Organisationspsychologie einen engen Kontakt hat, sind in nachstehender Abbildung dargestellt: Abbildung 2: Wissen aus anderen Disziplinen Quelle: Jörg Greulich, 2015. Wo aber unterscheidet sich die Arbeits- von der Organisationspsychologie? ARBEITSPSYCHOLOGIE Die Arbeitspsychologie beschäftigt sich mit psychologischen Aspekten der Arbeit, wobei der Untersuchungsgegenstand das Erleben und Verhalten des Menschen bei der Arbeit in Abhängigkeit von Arbeitsbedingungen, Arbeitsaufgaben und den dazu erforderlichen Leistungsvoraussetzungen ist. Zentrale Themen sind dabei theoretische Konzepte zur Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von Arbeitshandlungen, Motivation, Wirkungen von Arbeitstätigkeiten sowie Arbeitszufriedenheit, Konzepte der Arbeitssicherheit, Formen und Gestaltungsansätze der Gruppenarbeit sowie Konzepte und Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung (vgl. Nerdinger/Blickle/Schaper 2011). 14 ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE Im Fokus der Organisationspsychologie hingegen steht das Erleben und Verhalten von Menschen in Organisationen sowie die Abhängigkeit des Erlebens und Verhaltens von organisationalen Rahmenbedingungen. Der organisationspsychologische Ansatz ist zu beobachten, zu beschreiben, zu erklären, zu prognostizieren und zu verändern. Dabei werden nicht nur einseitig die Wirkungen der Organisationsgrößen auf das Verhalten der Organisationsmitglieder betrachtet, sondern auch die Wechselwirkungen, die durch den Einfluss des Individuums auf die Organisation entstehen (Nerdinger/Blickle/Schaper 2011). „Zentrale Themen und Fragestellungen der Organisationspsychologie sind theoretische Konzepte zur Beschreibung und zum Verständnis von Organisationsmerkmalen, -strukturen und -formen, Kommunikations-, Interaktions- und Sozialisationsprozesse und ihre Rolle in Organisationen, Konzepte der Führung von Mitarbeitern sowie Konzepte und Instrumente zur Diagnose und Veränderung von Organisationen“ (ebenda, S. 7). Die Schnittmenge von Arbeits- und Organisationspsychologie liegt in Fragen wie: Welche Funktionen und welchen Stellenwert nimmt Arbeit im Leben von Menschen ein? Welche Ansprüche richten Menschen an ihre Arbeitstätigkeit? Welche Belastungen und Beanspruchungen entstehen durch Arbeit? Wie wird mit Belastungen und Beanspruchungen umgegangen? Welche Folgen entstehen daraus für die betroffenen Menschen? Zudem interessieren sich die Arbeits- sowie Organisationspsychologie dafür, wie Verhalten und Erleben der Organisationsmitglieder gesteuert wird, welche Effekte sich daraus ergeben, wie sich die Zugehörigkeit zu einer Organisation auf den Menschen auswirkt und wie der Einzelne die Organisation beeinflusst (vgl. Nerdinger/Blickle/Schaper 2011). Nachstehende Abbildung skizziert die Zusammenhänge sowie Unterschiede und Schnittmengen der Arbeits- und Organisationspsychologie: 15 Abbildung 3: Die Beziehung zwischen Arbeits- und Organisationspsychologie Quelle: von Rosenstiel 2003, S. 8. 1.2 Arbeit Kennen Sie die „zwei Seiten“ von Arbeit? Der eine jammert: Man muss jeden Tag aufstehen, pünktlich zur Arbeit, zeitweise fallen Überstunden an und es ist schwierig, seine Freizeit mit Hobbies, Familie und sonstigen Verpflichtungen zu organisieren. Zudem denkt er auch während der Freizeit an Arbeit, hat Ideen oder wird durch etwas – zum Beispiel einen Fernsehbericht – an die Arbeit erinnert. Hat nicht jeder schon einmal den Gedanken gehabt, wie schön es wäre, mit dieser „Belastung“ nicht konfrontiert zu werden? Aber vielleicht kennen Sie auch den anderen Typ Menschen, der gerne zur Arbeit geht oder gar keine Arbeit hat. Geht es diesen Personen stets „gut“? Beklagen sie nicht auch etwas im Leben? Nehmen diese Personen – entgegen der oben beschriebenen Personengruppe – Zeit anders wahr und beklagen eher, Langeweile zu haben? Um in der „Welt“ leben zu können, müssen sich Menschen die Welt erst durch Arbeit zugänglich machen. Arbeit ist folglich eine elementare Aktivität des Menschen und beeinflusst den Menschen stetig in den verschiedensten Bereichen. Arbeit dient der Existenzsicherung des Arbeitenden und seiner Angehörigen (vgl. von Rosenstiel 2006). Darüber hinaus beeinflusst Arbeit aber auch weitere Felder des täglichen Lebens wie z. B. das Freizeitinteresse, den sozialen Status, finanzielle Möglichkeiten und – nicht zuletzt – den Freundeskreis (vgl. von Rosenstiel 2007). Beruf und Arbeit begegnen einem stets mit zwei verschiedenen Gesichtern: einerseits als „Last ohne eigenen Wert“ (Lewin 1920, S. 11), anderseits als Möglichkeit, „dem individuellen Leben Sinn und Gewicht zu geben“ (Lewin 16 1920, S. 11f.). Auf der einen Seite beinhaltet der Begriff Arbeit daher die materielle Absicherung des Lebens, auf der anderen Seite Sinngebung, Selbstverwirklichung, Erweiterung des Horizonts und Kontakt mit anderen Menschen. Auch hier sei wieder auf die Ambivalenz des Begriffes verwiesen, denn Arbeit macht krank, aber auch gesund. In den letzten Jahren haben sich die Bedingungen von Arbeit stark verändert. Prägte vor rund 200 Jahren noch die Agrarwirtschaft das Bild der (westlichen) Arbeitswelt, so hat sich dieses Bild mit den verschiedenen industriellen Revolutionen immer wieder gewandelt. Die Veränderung von Arbeits- und Organisationsmitteln bringt auch neue Arbeitsformen und Anforderungen an den Menschen. Nicht zuletzt die Entwicklung der Informationsund Kommunikationstechnologien der letzten Jahre führte zu neuen Arbeitsformen wie der Telearbeit oder Teilzeitarbeit. Dabei ist hervorzuheben, dass die körperlichen Arbeitsanforderungen im Verlauf der letzten 50 Jahre an vielen Arbeitsplätzen deutlich zurückgegangen sind. Durch die technische Entwicklung der Mikroelektronik und nicht zuletzt der Informations- und Kommunikationstechnologien haben die kognitiven Anforderungen bei der Erledigung von Arbeit erheblich zugenommen (Nerdinger/Blickle/Schaper 2011). Die zunehmende Technisierung, Globalisierung und die Entstehung eines Weltarbeitsmarktes haben nicht nur zu einer beschleunigten Veränderung der Bedeutung von Arbeit und ihrer Organisation geführt, sondern auch zu neuartigen Belastungen und Beanspruchungen. 1.3 Geschichte der Arbeitspsychologie Die Ursprünge der Arbeitspsychologie werden in der industriellen Entwicklung zum Ende des 19. Jahrhunderts gesehen. Ausgehend von den Untersuchungen F. W. Taylors zu den Auswirkungen finanzieller Anreizsysteme sowie des Designs von Werkzeugen auf die Arbeitsleistung, entwickelte dieser das Konzept des Scientific Managements (vgl. Ulich 2011). Auf Basis der Annahme, dass es einen besten Weg zur Ausführung von Arbeitstätigkeiten gäbe, versuchte man alle überflüssigen Bewegungen beim Ausführen einer Arbeitstätigkeit zu eliminieren und die Arbeitsabläufe den Arbeitern vorzugeben. Mit der Einführung der Fließbandarbeit, die auf der Zerstückelung von Arbeitsprozessen beruhte, erhielt diese Form der Arbeitsorganisation zunächst großen Aufwind (hierzu vertiefend Staehle 1999). In den 1930er Jahren fanden in den Hawthorne-Werken der Western Electric Company Untersuchungen statt. Hier versuchten die Forscher den Einfluss einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen auf die Arbeitsergebnisse zu erkunden. Die Beobachtungen der Untersuchungen irritierten die Forscher zunächst, da sowohl fast jede Veränderung der Umweltbedingungen wie auch deren nachträgliche Rücknahme die Arbeitsergebnisse verbesserte (vgl. Staehle 1999; Ulich 2011). Die Forscher erklärten die unerwarteten Ergebnisse als Effekt der jeweiligen sozialen Situation, womit die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung sozialer Beziehungen gerichtet war (siehe Ulich 2011, S. 41). Man vermutete von diesem Zeitpunkt an, dass eine Verbesserung der Leistung erreicht werden könnte, wenn man die Teamarbeit förderte (ebenda). Dies wurde zum Ausgangspunkt der sogenannten Human Relation-Bewegung, deren Ziel darin lag, die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb von Arbeitsgruppen sowie zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern zu verbessern (ebenda), was die Entwicklung neuer sozialpsychologischer Theorien 17 ermöglichte (vgl. Staehle 1999). Die Arbeitspsychologie befasst sich mit dem menschlichen Erleben und Verhalten im Kontext von Arbeit. Semmer und Volpert (1999) merken an, dass die Arbeitspsychologie auf zwei Ansätzen basiert: Die erste Seite bildet die wechselseitige Anpassung von Mensch und Arbeit. Bei der Anpassung der Arbeit an den Menschen stehen im Vordergrund Arbeitsanalysen, Handlungsregulation im Tätigkeitsvollzug, Fragen der Arbeitsmotivation und -zufriedenheit, Möglichkeiten der Arbeitsgestaltung sowie Fragen der Reduktion von Belastungen. Bei der Anpassung des Menschen an die Arbeit hingegen widmet man sich den Problemen bei Qualifizierungsprozessen und der betrieblichen Sozialisation sowie Fragen der Zuordnung von Personen zu Arbeitsplätzen mithilfe der Eignungsdiagnostik. Der zweite Strang umfasst die Bereiche der Motivation, Führung und Kommunikation. Dabei merken die beiden Autoren an, dass dieser Strang der Arbeitspsychologie sich zu einer eigenen Disziplin der Organisationspsychologie entwickelt hat (vgl. Semmer/Volpert 1999, S. 52). ZUSAMMENFASSUNG Die Arbeits- und Organisationspsychologie ist eine angewandte Wissenschaft mit praktischer Relevanz. Als angewandte Wissenschaft nutzt sie die Erkenntnisse verschiedener Fachgebiete der Psychologie sowie Methoden und Theorien anderer Wissenschaften. Inhaltlich befasst sich die Arbeits- und Organisationspsychologie mit der Beschreibung und Erklärung arbeitsbezogenen Erlebens und Verhaltens von Personen in Organisationen. Insbesondere die Veränderung von Arbeit, der Organisation von Arbeit und die Auswirkung auf den Menschen sind zentrale Interessen der Arbeits- und Organisationspsychologie. 18 LEKTION 2 KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITSANALYSE UND -BEWERTUNG LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – – – – was sich hinter dem Begriff einer Arbeitsanalyse verbirgt. wie bei einer Arbeitsanalyse vorgegangen werden sollte. was unter einer Tätigkeitsanalyse verstanden wird. wie eine Arbeitsbewertung erfolgt. 2. KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITSANALYSE UND -BEWERTUNG Aus der Praxis Einem Freund von Ihnen, der als stellvertretende Filialleitung in einem Supermarkt arbeitet, haben Sie von Ihrer Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch erzählt. Bei Ihrem nächsten Treffen klagt der Freund, dass es bei ihm im Job derzeit nicht gut läuft: Die Umsätze werden zum wiederholten Male nicht erreicht und die Abwesenheitstage im Team sind konstant hoch. Sie persönlich stellen sich die Frage, womit dies zu tun haben könnte und finden in der Literatur zur Arbeits- und Organisationspsychologie Konzepte und Methoden zu Arbeitsanalysen und Arbeitsbewertung. Mithilfe dieser Informationen versuchen Sie sich der Frage zu nähern, was die Rahmenbedingungen von Arbeitstätigkeiten sind und wie man die Einflussfaktoren und Anforderungen herausfinden kann. 2.1 Arbeitsanalysen In der Arbeitspsychologie nimmt die Betrachtung der Wechselwirkungen von Person und (Arbeits-)Situation eine wichtige Rolle ein. Arbeits- und Anforderungsanalysen helfen dabei, die Anforderungen, die Arbeit an Arbeitnehmer stellt, nachzuvollziehen (Schuler 2006). Bei solchen Analysen geht es um die Erfassung von Arbeitsbedingungen und deren Rückwirkungen auf die Person. Hierzu werden Daten, Fakten und Informationen über eine Arbeit hinsichtlich eines Arbeitsplatzes mit physikalischen und sozialen Gegebenheiten, Umgebung, betrieblicher Auftrag, Materialfluss, Leistung und Eignung sowie subjektiven Empfindungen (Arbeitszufriedenheit, -motivation) und Qualifizierung etc. gesammelt, methodisch aufbereitet und im Hinblick auf Ziele interpretiert (vgl. Schaper 2011a). Dabei können zwei Perspektiven unterschieden werden: Einerseits kann eine Anpassung des Menschen an die Arbeit, andererseits eine Anpassung der Arbeit an den Menschen erfolgen (ebenda). Das Anwendungsfeld von Arbeitsanalysen erstreckt sich dabei auf die drei nachstehenden Aufgabenbereiche: 1. Analysen von Arbeitstätigkeiten und Arbeitssystemen, 2. Bewertung von Arbeitstätigkeiten und Arbeitssystemen sowie 3. Mitwirkung bei Prozessen der Neu-/Umorganisation von Arbeitstätigkeiten (Ulich 2011). In psychologischen Arbeitsanalysen befasst man sich mit der Analyse und Bewertung von Arbeitstätigkeiten, deren Bedingungen sowie den Wechselwirkungen von Arbeitsbedingungen und Anforderungen auf ein Individuum. Hierzu werden Informationen über eine bestimmte Tätigkeit in systematischer Form erfasst und beurteilt (Schaper 2011a). Neben Arbeitsanalysen finden auch oftmals Anforderungsanalysen als arbeitsdiagnostische Methode Anwendung. Hier wird z. B. im Vorfeld von Auswahlgesprächen ermittelt, über welche Erfahrungen und Kompetenzen ein Bewerber verfügen soll (vgl. Hell 2011). In die- 20 sen Fällen werden Merkmale von Personen für eine bestimmte Arbeitstätigkeit identifiziert, die für die Erfüllung dieser bestimmten Tätigkeit notwendig erscheinen. Die Merkmale können in den sensomotorischen, kognitiven, sozialen und motivationalen Fähigkeiten einer Person liegen (vgl. Schaper 2011a). Matern (1983) formuliert zwei Hauptschritte für eine psychologische Arbeitsanalyse, die in eine psychologische Auftrags- und eine psychologische Bedingungsanalyse unterschieden werden können. Das Konzept beschreibt die schrittweise Analyse von Aufträgen sowie deren Erfüllungsbedingungen. Da für psychologische Arbeitsanalysen sowohl die personenbezogenen Auswirkungen sowie die produktbezogenen Auswirkungen von Arbeitstätigkeiten eine wichtige Rolle spielen, schlägt Ulich (2011, S. 69) ein dreistufiges Rahmenkonzept für psychologische Arbeitsanalysen vor. In einer ersten Phase erfolgt die Analyse der Auftrags- und Erfüllungsbedingungen einer Arbeitstätigkeit. Die zweite Phase umfasst eine Analyse der Arbeitstätigkeiten und der erforderlichen Regulationsvorgänge. Die dritte Phase befasst sich dann mit der Analyse der Auswirkungen von Produktionsbedingungen und Arbeitsbedingungen auf das Befinden und Erleben der Beschäftigten. Hacker und Matern (vgl. 1980, S. 38) empfehlen ein Konzept zur Analyse von Arbeitsaufträgen und Erfüllungsbedingungen in sieben Schritten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Gliederung eines Produktionsprozesses in seine technologischen Abschnitte; Identifizierung des Arbeitsprozesses innerhalb des Produktionsprozesses; Erfassung der Möglichkeiten des Arbeiters zur Einwirkung auf den Prozess; Erfassung der arbeitsbedingten Kommunikation und Kooperation; Beschreibung der Grobstruktur des Arbeitsauftrages; Festlegung der zeitlichen Bedingungen; Erfassung wiederkehrender Arbeitsaufträge. Gehen wir die sieben Punkte des Konzeptes nach Hacker und Matern (vgl. 1980) am Beispiel des eingangs erwähnten Problems des Freundes durch. Stellen Sie sich hierzu vor, Sie seien die stellvertretende Marktleitung und haben die Aufgabe erhalten, die Arbeitstätigkeiten im Supermarkt zu analysieren. Im ersten Schritt schauen wir uns die anfallenden Aufgaben im Supermarkt an. Die Angestellten haben die Aufgaben, die Ware bei Lieferung anzunehmen, abzugleichen und dann die Regale zu befüllen. Zudem gibt es noch Kollegen, die für den Kassiervorgang zuständig sind. Mit dem zweiten Schritt untersuchen Sie Konsequenzen der einzelnen Arbeiten. Sie stellen fest, dass die Ware nicht immer pünktlich geliefert wird und Kunden sich über die leeren Regale beschweren. Wenn neue Ware angeliefert wird, verfügen Sie nicht immer über das nötige Personal zum Einräumen der Ware und auch die Kassenkraft ist zu dieser Zeit stärker gefordert, da die zweite Kassenkraft zum Auffüllen benötigt wird. Wir haben uns nun einen Überblick über die Arbeitstätigkeiten im Supermarkt verschafft und diese beschrieben. 21 Im dritten Schritt betrachten wir nun, welche Möglichkeit der/die Arbeiter/in besitzt, auf den Prozess einzuwirken. Hier ist es von Interesse, die individuellen Fertigkeiten und Fähigkeiten zu betrachten. Kann jeder alles oder gibt es Spezialisten, die z. B. nur Kassieren. Mit dem vierten Schritt gilt es nun, die Arbeitsteilung und Kooperation der Mitarbeiter zu beschreiben. Hier können Sie darauf achten, wie sich die Kollegen in unserem Beispiel organisieren und gegebenenfalls gegenseitig unterstützen könnten. So könnte etwa eine zweite Kassenkraft, die gerade Regale bestückt, sich entweder auf das Einräumen konzentrieren und eine zweite Kasse nur eröffnen, wenn sie dazu aufgefordert wird – oder sie behält gleichzeitig die Kasse im Blick und unterstützt die Kollegin, sobald sich eine Schlange bildet. Wenn wir Arbeitsteilung und Kooperation erfasst haben, können wir uns dem fünften Schritt zuwenden und eine Grobstruktur der einzelnen Arbeitsaufträge formulieren. Hier geht es darum, unterschiedliche Komplexitätsgrade zu kennzeichnen und Annahmen über erforderliche Regulierungen abzuleiten. Wenn in unserem Beispiel auffällt, dass die zweite Kassenkraft nur bei Aufforderung in den Kassenbetrieb einsteigt, dann könnte aus dieser Situation eine Regel abgeleitet werden, die besagt, dass eine zweite Kassenkraft ab einer Warteschlange von sieben Personen aus eigenem Antrieb an die Kasse zur Unterstützung geht. Ähnliche Regularien könnten auch sein, dass die zweite Kasse geschlossen wird, sobald die Warteschlange abgearbeitet wurde und eine Kasse zum Kassieren ausreicht. Zudem gilt es durch sorgfältiges Studieren der Arbeitsabläufe Möglichkeiten zu erkennen, wie (unterschiedlich) die Kollegen bei der Ausführung ihrer Arbeitstätigkeiten agieren. Es ist von entscheidendem Interesse zu erfahren, ob die subjektiven Handlungsmöglichkeiten mit den objektiven übereinstimmen: Habe ich (als stellvertretende Filialleitung) überhaupt die Möglichkeit, die zweite Kassenkraft zum Einräumen der Ware einzusetzen? Im sechsten Schritt werden wir dann die zeitlichen Bedingungen ermitteln. Hierzu befragen wir die Kollegen und sichten uns zugängliche Dokumente. Hieraus können wir dann Voraussetzungen für die Arbeitsprozesse ableiten. Schlussendlich erarbeiten wir uns im siebten Schritt noch ein Bild, welche Arbeitstätigkeiten wie häufig auftreten. Ware wird in unserem Beispiel jeweils dienstags, donnerstags und samstags geliefert. Bestellungen sind täglich auszuführen und so weiter. Danach folgt dann die Analyse der Tätigkeiten selbst. 2.2 Tätigkeitsanalysen Tätigkeitsanalysen werden im Rahmen von Arbeitsanalysen angestellt. Mit ihrer Hilfe werden die Verrichtung von Arbeit sowie der Arbeitsinhalt untersucht. In Tätigkeitsanalysen werden Rahmenbedingungen, Merkmale der Tätigkeit sowie Kommunikation oder Arbeitsaufträge betrachtet und bewertet. Diese Bewertung kann zu Aussagen zur (benötigten) Kommunikationsfähigkeit, zum analytischen/strukturierten/kreativen Denken führen, oder zu Aussagen, ob Team- oder eher Einzelarbeit für eine Tätigkeit verlangt wird. Die 22 Verfahren für eine Tätigkeitsanalyse setzen sich aus Checklisten, Arbeitsbüchern, Gesprächen, Beobachtungen, Interviews oder Fragebögen zusammen. In unserem fiktiven Beispiel könnten wir zum Beispiel die zweite Kassenkraft interviewen und erfahren, wie diese ihre Arbeitstätigkeit wahrnimmt. So könnte die Kassenkraft die regelmäßigen Tätigkeitswechsel zwischen dem Ware einräumen und der Kassentätigkeit als sehr belastend empfinden. In den letzten Jahren wurden Tätigkeitsanalysen auch in verschiedenen Darstellungen durch die Medien vermarktet (großen Erfolg erlangte z. B. das RTL-Format „Undercover Boss“, das Teile einer Tätigkeitsanalyse dem breiten Publikum zugänglich machte). 2.3 Arbeitsbewertung Zentrales Ziel von Arbeitsanalysen ist es, „Grundlagen zur Gestaltung und Optimierung von Arbeitstätigkeiten zu ermitteln und bereitzustellen“ (Schaper 2011a, S. 342). Dazu ist eine Interpretation und Bewertung der Analyseergebnisse erforderlich, wozu Kriterien zu Gestaltungsempfehlungen herangezogen werden müssen, die Schlussfolgerungen über die Gestaltung und Optimierung von Arbeitstätigkeiten erlauben (Schaper 2011a). Was aber macht eine gut gestaltete Arbeitstätigkeit aus? Welche Kriterien sollte man zur Bewertung einer Arbeitstätigkeit heranziehen und auf welcher Grundlage kann entschieden werden, ob diese Kriterien erfüllt sind? Es existiert eine Vielzahl von Ansätzen zur Formulierung von Kriterien. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um die Ausführbarkeit einer Tätigkeit, die physische und psychische Schädigungslosigkeit oder die Zumutbarkeit. Schaper verweist diesbezüglich vor allem auf Ansätze, die versuchen, die Kriterien humaner Arbeitsgestaltung zu definieren (vgl. vertiefend Schaper 2011a). Anfänglich stand vor allem die Verrichtung mechanischer Arbeiten im Fokus einer Arbeitsbewertung. Mit dem technischen Fortschritt veränderte sich nicht nur die Arbeitstätigkeit selbst, sondern auch das Repertoire an Kriterien zur Arbeitsbewertungen. Einen umfassenden Überblick gibt Ulich (vgl. 2011, S. 141–173). ZUSAMMENFASSUNG Das zentrale Ziel von Arbeitsanalysen ist es, „Grundlagen zur Gestaltung und Optimierung von Arbeitstätigkeiten zu ermitteln und bereitzustellen“ (Schaper 2011a, S. 342). Es geht hierbei um die Erfassung von Arbeitsbedingungen und deren Rückwirkungen auf die Arbeitenden. Hierzu werden Daten, Fakten und Informationen über eine Arbeit gesammelt, methodisch aufbereitet und im Hinblick auf Ziele interpretiert (ebenda). Tätigkeitsanalysen werden im Rahmen von Arbeitsanalysen angestellt. Der Fokus liegt hier auf der Verrichtung einer Arbeitstätigkeit sowie deren Arbeitsinhalt. Merkmale einer Tätigkeit werden 23 betrachtet und bewertet. Die Bewertung kann dann zu Aussagen über (benötigte) Fähigkeiten führen, welche für die Verrichtung einer Tätigkeit notwendig erscheinen. 24 LEKTION 3 KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITSMOTIVATION UND ARBEITSZUFRIEDENHEIT LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – was unter Arbeitsmotivation zu verstehen ist. – welche Faktoren die Arbeitsmotivation positiv beeinflussen können. – was unter Arbeitszufriedenheit zu verstehen ist. 3. KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITSMOTIVATION UND ARBEITSZUFRIEDENHEIT Aus der Praxis Der Tag Ihres Auswahlgesprächs nähert sich. Durch einen Arbeitskollegen wissen Sie, dass immer eine bestimmte Frage zum Einstieg in ein solches Gespräch gestellt wird: „Was hat Sie bewogen, sich für die neue Aufgabe zu bewerben?“ Diese Frage beschäftigt Sie schon eine geraume Zeit. Sie überlegen, was Sie motiviert hat, sich einer neuen Aufgabe zu stellen. Dabei sind Sie sich nicht einmal sicher, was überhaupt Motivation ist. Und zu allem Überfluss haben Sie in der Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ einen Polizeibeamten sagen hören, dass das Motiv des Täters für seine Tat unklar gewesen sei. Wie hängen Motiv und Motivation zusammen? Sie finden in der Arbeits- und Organisationspsychologie ein Kapitel zum Thema Motivation. Hier erhalten Sie nicht nur Informationen über Motivation und Motiv(e), vielmehr können Sie der Literatur auch eine Menge Informationen entnehmen, wie es sich mit der Motivation im Kontext von Arbeit verhält und was unter Arbeitszufriedenheit verstanden wird. 3.1 Motivationspsychologie Die Motivationspsychologie beschäftigt sich mit der Frage, warum Menschen sich in spezifischen Situationen an bestimmten Zielen orientieren. Dabei differenziert die Motivationspsychologie die Begriffe Motivation und Motiv (von Rosenstiel 2007). MOTIVATION Motivation ist Voraussetzung für zielorientiertes Handeln, eine leistungssteigernde Beeinflussungsstrategie (vgl. Staehle 1999). Motivation kann unter zwei Blickwinkeln betrachtet werden: mit Blick auf den Mitarbeiter oder auf die Situation, in der dieser handelt (vgl. Heckhausen und Heckhausen 2010) und sie ergibt sich immer aus dem Zusammenspiel von Person und Situation (von Rosenstiel 2007). Nach Nerdinger (2011) handelt es sich bei Motivation um das Produkt aus individuellen Merkmalen eines Menschen, dessen Motiven und Merkmalen einer aktuell wirksamen Situation. 26 Wechseln wir zur Veranschaulichung in unser fiktives Eingangsbeispiel. Was reizt Sie daran, sich für Personalentwicklung zu empfehlen und sich auf ein Auswahlverfahren vorzubereiten? Ist es Geld, Verantwortung oder gar der neue Status? Motivation unterliegt verschiedenen Antriebskräften. Intrinsisch motiviert sind Menschen, die eine Sache um ihrer selbst willen vollziehen. Dem steht die extrinsische Motivation gegenüber. Von dieser wird gesprochen, wenn die Folgen einer Tätigkeit Befriedigung und Freude bringt (z. B. durch die Bezahlung im Job). Motive bilden dabei die Grundlage für Motivation. MOTIVE Motive können angeboren, erlernt oder auch während der Sozialisation entwickelt worden sein (vgl. von Rosenstiel 2007). Grundsätzlich wird in der Wissenschaft zwischen angeborenen Motiven, die auf physiologischen Vorgängen beruhen, und erlernten sekundären Motiven (z. B. Status, Geselligkeit, Macht) unterschieden (vgl. Staehle 1999). Für die Aktivierung von Motiven sind Anreize notwendig. Diese ergeben sich aus Situationen, die auf das menschliche Handeln einwirken, wie z. B. Geld, Arbeitsinhalt, Gruppenkontakte, oder entstehen aus der Person selber (ebenda). Das Zusammenspiel zwischen Anreizen, Motiv und Motivation veranschaulicht folgende Abbildung: Abbildung 4: Zusammenspiel zwischen Anreizen, Motiv und Motivation Quelle: Kastner 2010a. 27 3.2 Modelle der Motivationspsychologie Nachstehend stellen wir Ihnen exemplarisch einige wichtige Modelle der Motivationspsychologie vor. Maslow: Die Bedürfnispyramide Bei der Bedürfnispyramide nach Maslow handelt es sich um ein Modell, das in der Vergangenheit viel Aufmerksamkeit, aber auch Kritik erfuhr. Grundannahmen der Bedürfnistheorie sind fünf hierarchisch geschichtete Motive (Stufen). In der Theorie Maslows findet eine sich zeitlich verschiebende Motivstruktur statt: Zu Beginn dominiert die Befriedigung der physiologischen Motive. Unter solchen Bedürfnissen werden Schlaf, Essen oder auch Sexualität verstanden. Sind diese Bedürfnisse befriedigt, dominiert die nächste Stufe: das Bedürfnis nach Sicherheit usw. Werden die Bedürfnisse einer Stufe befriedigt, so schwächt dies den Handlungsantrieb einer solchen Stufe und der Handlungsantrieb der nächsthöheren Stufe wird aktiviert. Die Stufen 1 bis 4 werden dabei als Defizitbedürfnisse bezeichnet. Hier liegt der Handlungsantrieb in der Beseitigung eines spezifischen Defizits. Die fünfte Stufe hingegen wird als Wachstumsbedürfnis beschrieben. Hier liegt der Handlungsantrieb in dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Aufgrund der Anordnung und der Annahme, dass ein neues Bedürfnis erst zu Handlungen veranlasst, sobald eine Stufe befriedigt wurde, bezeichnet man diesen Ansatz auch als Bedürfnispyramide. Die nachstehende Grafik skizziert dies: 28 Abbildung 5: Bedürfnispyramide Quelle: Maslow 1987, S.33. Die Kritik dieses Modells richtet sich vor allem darauf, dass weder Bedürfnisschichtung noch -reihenfolge empirisch belegbar sind, sondern dass es im Gegenteil vielfach eindeutige Belege dafür gibt, dass gerade diese Annahmen nicht haltbar sind, viele Aussagen nicht zwingend erscheinen, da einfache Gegenbeispiele konstruierbar sind, und dass keine Berücksichtigung schichtspezifischer Sozialisationsprozesse dargestellt werden. Dies hat dem Bekanntheitsgrad des Modells aber bis heute nichts anhaben können. Hackman/Oldham: Arbeitsmotivation Hackman und Oldham haben sich der Frage gewidmet, wie Motivation im Kontext von Arbeit zu erklären ist. Dabei sind sie in ihren Forschungsarbeiten zu der Erkenntnis gekommen, dass die Vielseitigkeit einer Aufgabe, deren Ganzheitlichkeit sowie die Bedeutsamkeit der Aufgabe, die eigene Autonomie bei der Bewältigung dieser Aufgaben und nicht zuletzt die Rückmeldung über die eigene Arbeitsleistung für den Arbeitenden wichtige (messbare) Merkmale für die Arbeitsmotivation darstellen. Ihre Erkenntnisse haben Hackman und Oldham in dem Job Characteristics-Modell zusammengefasst, das in nachstehender Grafik abgebildet wird: 29 Abbildung 6: Job Characteristics-Modell Quelle: Hackman 1975, S. 129. Die Grafik stellt die Beziehung zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Auswirkungen einer Arbeitstätigkeit dar. Das Modell gründet auf der Annahme, dass drei psychologische Erlebniszustände für die Arbeitsmotivation verantwortlich sind. Um diese psychologischen Erlebniszustände hervorzurufen (Spalte 2 in der Grafik), müssen demnach bestimmte Dimensionen der Arbeit oder Tätigkeitsmerkmale erfüllt sein (Spalte 1). Auf diesem Weg entsteht dann eine hohe intrinsische Arbeitsmotivation neben verschiedenen weiteren erwünschten Folgen für die Arbeit (Spalte 3). Der ersten Spalte des Job Characteristics-Modells können Sie die fünf wesentlichen Merkmale einer Tätigkeit entnehmen: 1. Die Anforderungsvielfalt beschreibt, dass Mitarbeiter gefordert werden wollen, und zwar am besten vielfältig. Eine Aufgabe sollte also nach Möglichkeit unterschiedliche Fähigkeiten erfordern. In unserem Einführungsbeispiel könnte Sie an einer neuen 30 2. 3. 4. 5. Tätigkeit vor allem reizen, dass diese Ihnen mehr Abwechslung bietet und Sie nicht mehr ausschließlich Vorgänge mit immer wiederkehrenden Arbeitsabläufen ausführen müssen. Unter Ganzheitlichkeit wird verstanden, dass Sie (in unserem Beispiel) mit Ihrer monotonen Sachbearbeitung unzufrieden sind und lieber für eine Dienstleistung in größerem Umfang verantwortlich wären. Denn dann hätte die eigene Arbeit eine größere Bedeutung. Unter Bedeutsamkeit wird im Kontext des Modells verstanden, dass jemand, der sich der Konsequenzen seiner Tätigkeit bewusst ist, eher mit seiner Tätigkeit zufrieden ist, als jemand, der diese nicht kennt. Stellen Sie sich vor, Sie führen jeden Tag Ihre sachbearbeitende Tätigkeit durch, wissen aber nicht, was diese Tätigkeit für Ihren Arbeitgeber bedeutet. Im Gegensatz dazu: Sie erhalten wöchentlich eine Rückmeldung, welchen Anteil Ihre Arbeitsleistung an dem Unternehmenserfolg hat. Nach Hackman und Oldham können sich diese Faktoren auch gegenseitig beeinflussen. Autonomie meint die Eigenverantwortung, mit der Mitarbeiter ihre Mittel, Wege und Teilziele wählen. Die Rückmeldung – das kennen Sie vielleicht aus eigener Erfahrung – ist wichtig für die persönliche Motivation. Wenn Sie ihre Fehler selbst korrigieren dürfen, verbessern Sie sich mit der Zeit und entwickeln einen größeren Ehrgeiz, Fehler zu vermeiden. Die Beachtung dieser Faktoren erleichtert die Durchführung der Arbeitsaufgabe, schützt die Gesundheit, fördert das Wohlbefinden und bildet die individuellen Fertig- und Fähigkeiten weiter aus (vgl. auch DIN EN ISO 9241). Herzberg: Zwei-Faktoren-Theorie Herzberg (1959) lenkte die Aufmerksamkeit auf jene Motivationsmöglichkeiten, die in der Arbeit selbst liegen. Er fand heraus, dass es Faktoren gibt, die bei den Befragten zu besonderer Zufriedenheit bzw. auch Unzufriedenheit führten. Hieraus leitete er die Erkenntnis ab, dass Zufriedenheit und Unzufriedenheit aus verschiedenen Quellen resultieren. Zum einen gibt es sogenannte Satisfier. Hierbei handelt es sich um Motivatoren (Zufriedenmacher). Sind Motivatoren nicht vorhanden, so kann dies zu zusätzlichen Unzufriedenheitsfaktoren führen. Bei dem Dissatisfier handelt es sich um Hygienefaktoren, sogenannte Unzufriedenheitsmacher. Durch die Beseitigung dieser kritischen Faktoren kann lediglich Unzufriedenheit beseitigt, nicht jedoch Motivation erzeugt werden. In der weiteren Forschung konnten Ursachen für große Zufriedenheit identifiziert werden. Diese können demnach liegen in der Chance, Leistung zu erbringen und zu erleben, der Anerkennung, der interessanten und herausfordernden Arbeit, der Verantwortung, den Perspektiven zur persönlichen Entwicklung sowie der erlebten Forderung und dem Wachstum. Hingegen werden nachstehende Faktoren als Auslöser für besonders große Unzufriedenheit gesehen: 31 Unternehmenspolitik, Richtlinien und Verwaltung, Arbeitsbedingungen, zwischenmenschliche Beziehung zu Vorgesetzten und Kollegen, Entlohnung, Status, Sicherheit sowie die mit Arbeit zusammenhängenden Lebensumstände. (für eine detaillierte Behandlung vgl. Comelli/von Rosenstiel 2009, S. 142ff.). Nachstehendes Modell bildet die Untersuchungsergebnisse Herzbergs ab, aus dem die zuvor genannten Zusammenhänge abgeleitet wurden: 32 Abbildung 7: Faktoren für Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit bei der Arbeit Quelle: Herzberg 1959, S. 57. 33 In der Grafik sind die Faktoren ausgewiesen. Der rechten Seite können Sie die Ausprägung für die Motivatoren entnehmen. Hier sind die Häufigkeiten bestimmter Faktoren aufgeführt, die zufrieden machen. Der linken Seite können Sie die Häufigkeit der Faktoren entnehmen, die unzufrieden machen. Die stärkste Ausprägung für die Hygiene weisen die Faktoren in der unteren Hälfte der Grafik links auf. Diese Faktoren können zu extremer Unzufriedenheit führen (Klammer Hygiene). In der oberen Hälfte liegen die Faktoren, die eine starke Ausprägung bei der Zufriedenheit aufweisen. Diese Faktoren führen zu extremer Zufriedenheit und werden als Motivatoren bezeichnet (Klammer Motivation). 3.3 Theorien der Arbeitszufriedenheit Das Konzept der Arbeitszufriedenheit wurde durch die Forschungen zur Humanisierung der Arbeit bekannt. Das durch die Bundesregierung initiierte Programm „Forschung zur Humanisierung des Arbeitslebens“ (vgl. Salfer et al. 1981, S. 237) verfolgte folgende Ziele: Verbesserung der Arbeitsinhalte und Arbeitsbeziehung, Abbau von Über- und Unterbeanspruchungen, Erhöhung der Arbeitssicherheit, Verminderung negativer Wechselbeziehungen zwischen Arbeitswelt und anderen Lebensbereichen sowie Entwicklung einer übergreifenden Strategie der Humanisierung (Staehle 1999). Das durch die Regierung geförderte Programm führte zu Maßnahmen, die auf Aspekte des Arbeitsvollzuges zielten. Dabei nahmen insbesondere die Erweiterung des Handlungsspielraums, die Mitbestimmung am Arbeitsplatz, räumliche Anordnungen, die soziale Kontakte erlaubten, Anlern- und Umschulungsprogramme und nicht zuletzt der Faktor Arbeitszeit entscheidende Rollen ein. Die Frage blieb aber weiter offen: Was ist unter Arbeitszufriedenheit zu verstehen? Bei Arbeitszufriedenheit handelt es sich zunächst um die Einstellung zur Arbeit. Das Konstrukt der Arbeitszufriedenheit umfasst neben der emotionalen Reaktion auf eine Arbeitstätigkeit auch die Meinung über die Arbeit sowie die Bereitschaft, sich für die Arbeitstätigkeit einzusetzen (vgl. Nerdinger 2001). Als Konzept zur Einschätzung der Zufriedenheit orientiert sich die Arbeitszufriedenheit immer an einem Bezugssystem. Bei der Orientierung ist der (jeweils) individuelle Anspruch maßgebend, was wiederum heißt, dass die Zufriedenheit durch Merkmale der Person und Situation beeinflusst wird (ebenda). ZUSAMMENFASSUNG Inhaltlich befasst sich die Motivationspsychologie mit der Frage, warum Menschen sich in spezifischen Situationen an bestimmten Zielen orientieren. Motivation erfolgt aus dem Zusammenspiel von Person und Situation. Motive sind von der Motivation abzugrenzen. Sie bilden die Grundlage für Motivation. Motive können angeboren, erlernt oder auch während der Sozialisation entwickelt worden sein, wobei in der Wissen- 34 schaft zwischen angeborenen Motiven und erlernten Motiven unterschieden wird. Für die Aktivierung von Motiven sind Anreize notwendig. Diese folgen aus Situationen, die auf das menschliche Handeln einwirken. Bei der Arbeitszufriedenheit handelt es sich um die Einstellung zur Arbeit. Neben der emotionalen Reaktion auf eine Arbeitstätigkeit beinhaltet die Arbeitszufriedenheit auch die Meinung über die Arbeit sowie die Bereitschaft, sich für eine Arbeitstätigkeit einzusetzen. 35 LEKTION 4 KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITSUND ARBEITSPLATZGESTALTUNG LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – welche Ziele und theoretischen Annahmen mit der Gestaltung von Arbeit verknüpft werden. – welche Ansätze und Strategien zur Arbeitsgestaltung in der Praxis existieren. 4. KONZEPTE UND METHODEN DER ARBEITS- UND ARBEITSPLATZGESTALTUNG Aus der Praxis Ihr Auswahlgespräch zur Position des Teamleiters ist bereits eine Woche her. Heute haben Sie einen Termin mit der Personalabteilung; in diesem Gespräch wird man Sie über den Ausgang und die Beurteilung des Gesprächs informieren. Sie sind gespannt, und dann beglückwünscht der Personalchef Herr Müller Sie persönlich: Ihr Arbeitgeber hat sich für Sie als Teilnehmer der Personalentwicklung zum Teamleiter entschieden! Nun beschreibt Herr Müller Ihnen die Erwartungen, die an Ihre Person während der Personalentwicklungsmaßnahme gestellt werden. In den nächsten 6 Monaten werden Sie die Teamleiterin Frau Rossmann bei der Arbeit mit dem Team unterstützen. Während dieser Zeit fallen zwei Bereiche in Ihren Aufgabenbereich. Sollten Sie diese zwei Bereiche meistern, so können Sie das Team ab dem 7. Monat alleine und auf Dauer führen. Bei dem ersten Bereich handelt es sich um die Arbeitsplatz und Arbeitsgestaltung; der zweite umfasst Gesundheit und Sicherheit. 4.1 Gestaltung des Arbeitsumfeldes Äußere Einflüsse – seien sie physikalischer oder psychische Natur – beeinflussen die Ausführung einer Arbeitstätigkeit und die Gesundheit. Mit der Gestaltung des Arbeitsumfeldes wird versucht, die Einflüsse der Umgebung auf die Arbeit zu verbessern. Der Bereich des Arbeitsumfeldes umfasst Arbeitsmittel, Arbeitsplatz sowie den Arbeitsinhalt (vgl. Schaper 2011b). Was bedeutet dies im Kontext Ihrer Aufgabe während der Personalentwicklung? Wie ist das Arbeitsumfeld Ihrer Mitarbeiter geschaffen? Verfügen die Mitarbeiter Ihres Teams über alle notwendigen Arbeitsmittel zur Erfüllung ihrer Arbeitsaufträge? Oder können Sie beispielsweise durch die Anschaffung einer neuen Software oder der Bereitstellung eines Organigramms die Arbeitsbedingungen der Kollegen verbessern? Wie sieht es mit dem Arbeitsplatz der Kollegen aus? Böte etwa die Anschaffung ergonomisch verstellbarer Bürotische eine Möglichkeit, die Arbeitsbedingungen zu verbessern? Und was wissen Sie über den Arbeitsinhalt und die Arbeitsabläufe? Ist dieser gesundheits- und persönlichkeitsförderlich mit Blick auf die Bewältigung der Arbeitsaufgaben gestaltet? Sind Komponenten der Planung, Organisation, Durchführung und Prüfung für die Erledigung der Aufgaben gegeben oder können Sie auch hier nachsteuern? Und was ist mit Ihrem sehbehinderten Mitarbeiter? Oftmals klagt dieser, dass Dokumente nicht barrierefrei, also für einen Sehbehinderten lesbar, seien. Bestünde die Möglichkeit, dass alle Dokumente barrierefrei gestaltet werden? Wenden Sie bitte einmal kurz Ihren Blick von diesem fiktiven Beispiel ab und betrachten Sie Ihre reale Arbeitserfahrung. 38 4.2 Arbeitsplatzgestaltung Mit dem Programm zur Humanisierung stieg das Interesse an den psychologischen Aspekten der Arbeitsgestaltung (Schaper 2011b). Es wurden Methoden und Konzepte entwickelt, um die gestaltbaren Bedingungen von Arbeit so zu verändern, dass das Wohlbefinden und die persönliche Weiterentwicklung der Arbeitnehmer berücksichtigt werden (vgl. Schaper 2011b). Die psychologische Arbeitsgestaltung dient dazu, die Persönlichkeitsund Kompetenzentwicklung zu fördern und die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter langfristig zu erhalten (Schaper 2011b). Hier stehen besonders die Belastungen und Beanspruchungen im Fokus, da Arbeitsbedingungen abwechslungsreich und lernförderlich gestaltet sein sollten. Dunckel und Volpert (vgl. 1997) verstehen unter Arbeitsgestaltung die systematische Veränderung technischer, organisatorischer und (oder) sozialer Arbeitsbedingungen. Ziel dieser Veränderungen ist es, die Leistungsvoraussetzungen an den Menschen so anzupassen, dass diese der Erhaltung der Gesundheit und der Entwicklung des Mitarbeiters im Rahmen effizienter und produktiver Arbeitsprozesse dienen. Für die Arbeitsgestaltung lassen sich aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht drei zentrale theoretische Orientierungen unterscheiden: Ansatz zur soziotechnischen Systemgestaltung, handlungs- und tätigkeitstheoretische Konzepte sowie motivationstheoretische Ansätze (vgl. Schaper 2011b). Der Ansatz zur soziotechnischen Systemgestaltung befasst sich mit Wechselwirkungen zwischen technischen und sozialen Systemkomponenten eines Arbeitssystems. Dabei werden soziotechnische Systeme als offene Systeme verstanden, die in einem stetigen Austausch mit ihrer jeweiligen Umwelt stehen. Das Arbeitssystem setzt sich aus einer sozialen und einer technischen Komponente zusammen. Die soziale Komponente umfasst alle Mitarbeiter samt ihrer Qualifikationen und Bedürfnisse im Unternehmen. Die technische Komponente besteht dabei aus den technischen und räumlichen Arbeitsbedingungen (vgl. Ulich 2011). Auch die jeweilige Arbeitsaufgabe umfasst soziale und technische Komponenten. Diese werden durch die Zuweisung einer Arbeitsrolle miteinander verknüpft, was 1. die Festlegung einer Funktion im Arbeitsprozess ermöglicht und 2. erforderliche Kooperationsbeziehungen bestimmt (Ulich 2011). Was bedeutet dies für unser fiktives Beispiel? Ihr Team besteht aus sechs Sachbearbeitern mit unterschiedlichen Ausbildungen und Erfahrungen. Sie haben diesen Job ebenfalls viele Jahre ausgeführt, kennen einige der Kollegen noch aus Ihrer Ausbildungszeit und sind nun ihr Vorgesetzter. Dies sind einige (nicht alle) soziale Komponenten. Die Arbeit der Kollegen besteht in der Bearbeitung von Dokumenten. Zur Bearbeitung werden spezielle Computerprogramme eingesetzt (technische Komponente). Jedem Mitarbeiter ist eine Rolle zugewiesen (Sachbearbeiter, stellvertretender Teamleiter), die mit bestimmten Aufgaben verbunden ist. Ihre Aufgabe als stellvertretender Teamleiter ist es, zu kontrollieren, ob die Arbeit im Team einwandfrei funktioniert (soziale Komponente) und ob z. B. alle Kollegen über das notwendige fachliche Können verfügen, die Programme zu bedienen (technische Komponente). Aus Ihren Erkenntnissen könnten Sie nun die Arbeit neu gestalten. 39 Handlungs- und tätigkeitstheoretische Ansätze der Arbeitsforschung sind auf die Frage fokussiert, wie Aufgaben und Tätigkeiten lern- und persönlichkeitsförderlich gestaltet werden können. Im Interesse von handlungs- und tätigkeitstheoretischen Ansätzen steht der jeweilige Arbeitsauftrag. Die grundlegende Annahme dieser Ansätze besteht darin, dass unterschiedliche Möglichkeiten bei der Arbeitsgestaltung mit verschiedenen Möglichkeiten zur Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung verbunden sind. Wenn Sie Ihre Arbeit (z. B. die Planung und Organisation eines Projektes) selbstbestimmt organisieren und erledigen können, ist dies motivierender, als wenn Sie fremdbestimmt sind und eine monotone – vielleicht sozial isolierte Tätigkeit – (z. B. immer die gleichen Deckel auf Behälter an einem Fließband zu schrauben) ausführen. Nach Ulich (vgl. 2011) setzt sich der Handlungsspielraum aus drei Komponenten zusammen: Handlungs-, Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum. Der Handlungsspielraum umfasst die individuelle Flexibilität bei der Ausführung einer Arbeit und setzt sich aus den objektiv vorhandenen und subjektiv wahrgenommenen Wahlmöglichkeiten zusammen, eine Arbeitsaufgabe zu bewältigen. Der Gestaltungsspielraum bezeichnet den Grad, nach dem eine Aufgabe selbstständig strukturiert und gestaltet werden kann. Für den Entscheidungsspielraum ist das Ausmaß wichtig, welches ein Arbeitnehmer besitzt, seine Arbeitsaufgaben selbst festzulegen und voneinander abzugrenzen. Motivationstheoretische Ansätze befassen sich mit den Gestaltungsmerkmalen von Arbeitsaufgaben, welche die intrinsische Motivation und Arbeitszufriedenheit fördern. 4.3 Herausforderung der neuen Arbeitswelt Im Laufe der Zeit haben sich die Arbeit selbst und auch ihre Bedingungen verändert. Die technischen Entwicklungen führten im Lauf der Geschichte zu veränderten Arbeitsformen. Die Entwicklung neuer Arbeitstechnologien, die fortschreitende Globalisierung und die Entstehung eines Weltarbeitsmarktes (vgl. Oelsnitz/Stein/Hahmann 2007) haben zu einer beschleunigten Veränderung der Bedeutung von Arbeit und ihrer Organisation geführt. Den jeweiligen Anforderungen mussten sich die Unternehmen anpassen. Im Zuge der fortschreitenden Entwicklung hielt die Automatisierung Einzug in die Fertigungsprozesse. Diese bewirkte, dass der Mensch sich immer weiter vom unmittelbaren Herstellungsprozess entfernte und die Bedeutung von Dienstleistungstätigkeiten stetig zunahm (Semmer/ Volpert 1999). Um den neuen Bedingungen begegnen zu können, entstanden neue Arbeits- und Organisationsformen, deren Ziel eine zunehmende Flexibilisierung bestehender Strukturen ist (Reick/Kastner 2001). Die Arbeitsprozesse und Aufgaben werden zunehmend komplexer, dynamischer und vernetzter (vgl. Kastner 2003). Infolgedessen nehmen die Anforderungen an die Beschäftigten zu. Dies wiederum bewirkt einen Anstieg der Belastungen und der psychischen Beeinträchtigung. Unternehmen benötigen demnach Mitarbeiter, die über eine hervorragende Ausbildung verfügen und darüber hinaus den dynamischen und komplexen Anforderungen der neuen Arbeitswelt gewachsen sind. Denn immer größer werdende Veränderungen sind in immer kürzerer Zeit zu bewältigen (vgl. Bleicher 2011). Für die Arbeit müssen Mitarbeiter in der heutigen Zeit ständig neue 40 Qualifikationen und Sozialkompetenzen sowie Metakompetenzen (wie etwa Problemlösefähigkeit, Selbstmanagement, lebenslanges Lernen) erwerben, um mit den neuen Arbeitsanforderungen umgehen zu können (Kastner 2006). ZUSAMMENFASSUNG Ziel der Gestaltung des Arbeitsumfeldes ist es, die Leistungsvoraussetzungen an den Menschen so anzupassen, dass die Erhaltung der Gesundheit und die Entwicklung des Mitarbeiters im Rahmen effizienter und produktiver Arbeitsprozesse gewährleistet werden. Für die psychologische Arbeitsgestaltung entstanden Methoden und Instrumente, um die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung zu fördern und die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter langfristig zu erhalten. Insbesondere durch Technisierung und Globalisierung haben sich die Arbeitsbedingungen verändert. Infolgedessen haben auch die Anforderungen an die Beschäftigten zugenommen, was wiederum einen Anstieg der Belastungen und der psychischen Beeinträchtigung bewirkt. 41 LEKTION 5 ARBEITSSICHERHEIT UND GESUNDHEIT LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – – – – durch welche externen Faktoren der Mensch belastet wird. was unter „Stress“ verstanden wird. was sich hinter dem Begriff Work Life Balance verbirgt. was die Arbeits- und Organisationspsychologie mit Arbeitssicherheit verbindet. 5. ARBEITSSICHERHEIT UND GESUNDHEIT Aus der Praxis Den ersten Auftrag haben Sie in Ihrer neuen Funktion als Teamleiter zielgerichtet in Angriff genommen und aufgrund Ihres Wissens aus der Arbeits- und Organisationspsychologie bereits erste Erfolge erzielen können. Nun gilt es, sich dem zweiten Bereich zu widmen: Gesundheit und Sicherheit. In den vergangenen Jahren haben sich Arbeitsanforderungen im Unternehmen immer öfter gewandelt. Über den „Flurfunk“ haben Sie zudem immer häufiger mitbekommen, dass Teammitglieder gestresst sind. Auch haben Sie in einem Radiobericht gehört, dass Stress bei der Arbeit krank machen kann. Sie wollen sich dieses Themas annehmen und recherchieren, was eigentlich Stress ist und wie hier im Kontext von Gesundheit verfahren werden kann. Hierzu lesen Sie erneut die Literatur der Arbeitsund Organisationspsychologie. 5.1 Belastungen bei der Arbeit Die Arbeitsbedingungen der Vergangenheit waren geprägt durch externe Faktoren wie Lärm, Staub, Gase, Gifte oder schwere, einseitige Tätigkeiten. Denken Sie hier z. B. an die Arbeit von Bauern auf den Feldern, den Bergleuten unter Tage oder den Fabrikarbeitern. Die Ergebnisse der Studien in den Hawthorne-Werken führten dazu, dass eine „effiziente Organisation und Führung ohne Beachtung der sogenannten sozialen Dimension bzw. informaler Phänomene nicht zu erzielen sind“ (Staehle 1999, S. 34). Das Interesse an der emotionalen und motivationalen Bedeutung informaler Beziehungen innerhalb festgelegter Organisationsstrukturen führte zu weiteren Experimenten. Diese prüften, ob soziale Beziehungen zu Leistung motivieren (Ulich 2011). Die Untersuchungen brachten die Erkenntnis, dass Arbeitsleistung nicht nur eine Funktion objektiver physikalischer Arbeitsbedingungen ist, sondern davon abhängt, wie Arbeiter ihre Arbeit, ihre Mitarbeiter und Vorgesetzten wahrnehmen und sich selbst behandelt fühlen (vgl. Staehle 1999). Den Untersuchungen folgten weitere interessante Beobachtungen, da bestimmte Muster der Leistungszurückhaltung und der Erwartungshaltung an das Verhalten der Vorgesetzten identifiziert werden konnten. Dies führte zu einem neuen Paradigma, in welchem der Arbeiter nicht mehr nur als Individuum, sondern als Mitglied eines komplexen und sozialen Systems verstanden wurde. Die neuen Arbeitsbedingungen, wie z. B. die Arbeit am Computer, belasten die Arbeitnehmer weniger. Jedoch zeichnet sich die neue Arbeitswelt durch Unbeständigkeit, permanente Umwälzungen und Intransparenz aus. Durch die neuen Arbeitsformen kommt es zunehmend zu Leistungsintensivierungen, auch emotionale Stressfaktoren treten häufiger auf, hervorgerufen durch ein Ansteigen dialogischer Arbeitsanteile. Zudem werden die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zunehmend fluider, was sich verstärkt auf die individuelle Regeneration und den Biorhythmus auswirkt. Dies alles fordert den Menschen zwar 44 nicht mehr physisch, wie oben erwähnt; jedoch hat die psychosoziale Beeinträchtigung des Menschen durch die neuen Arbeitsbedingungen rapide zugenommen. Hier wird oftmals auch der Begriff Stress genannt. 5.2 Stress Kein Tag vergeht, in dem man nicht in irgendeiner Weise mit dem Begriff Stress konfrontiert ist: Stress im Job, in der Beziehung, Stress im Straßenverkehr … Doch was ist Stress konkret? Jeder kennt die Situation: Man fühlt sich überfordert und ist gereizt, hektisch oder nervös. Der Körper reagiert hierauf mit einer erhöhten Anspannung. Man fühlt sich hilflos und ausgeliefert. In solchen Fällen entsteht ein Missverhältnis zwischen einem persönlichen Ziel und dem, wozu man tatsächlich in der Lage ist. Zu den Faktoren, die zu Stress führen, zählen sowohl äußere Umstände wie Lärm, Termindruck oder Konflikte als auch innere Umstände wie Überforderung oder Unzufriedenheit. In solchen Fällen spricht man von Disstress, den Gerring und Zimbardo (2008, S. 468) als Reaktionsmuster „eines Organismus auf Stimulusereignisse, die dessen Gleichgewicht stören und dessen Fähigkeiten, die Einflüsse zu bewältigen, stark beanspruchen oder übersteigen“, beschreiben. Dabei kann Stress negativ, aber auch positiv wirken. Man fühlt sich motiviert und wird durch eine entsprechende Situation zu körperlichen und geistigen Höchstleistungen angespornt. Als Reaktion werden dann „Glücksmomente“ wahrgenommen. Positiver Stress – Eustress genannt – führt zu erhöhter Aufmerksamkeit und fördert die Leistungsfähigkeit eines Menschen, ohne diesem zu schaden. Ob bestimmte Einflussgrößen positiv oder negativ wirken, ist also vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren abhängig. Das Konzept von Rohmert und Rutenfranz (vgl. 1975) beschreibt diese Faktoren und ihr Zusammenwirken. Nach diesem Konzept entsteht Stress aus den Komponenten Belastung und Beanspruchung: Menschen werden durch Belastungen aufgrund der individuellen Persönlichkeitseigenschaften unterschiedlich in Anspruch genommen. Unter den Persönlichkeitseigenschaften werden relativ zeitstabile psychische und physische Eigenschaften einer Person verstanden. Als Belastungen (englisch: stress) werden Faktoren außerhalb des Körpers bezeichnet, die meist physikalisch und chemisch definierbar sind (Lärm, Stäube, Temperatur, Luftfeuchte) oder psychosoziale Faktoren darstellen (Mobbing, Zeitdruck etc.). Es gibt aber auch innere Belastungen, wie etwa physische Belastungen (Muskulatur). Je nach den individuellen Persönlichkeitseigenschaften führt Belastung zu Beanspruchung (englisch: strain), also einer unterschiedlich starken Ausschöpfung individuell unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. 45 Solche als Beanspruchungen bezeichnete Wirkungen sind etwa somatisch-physiologische Erregungen (Puls, Blutdruck, Körpertemperatur, psychogalvanischer Hautreflex) oder Reaktionstendenzen wie Monotonie, Ermüdung, Sättigung, Vigilanz und Veränderungen der Befindlichkeit und Gesundheit (z. B. Burnout, chronische Ermüdung). 5.3 Work Life Balance Im Kontext der neuen Arbeitsbedingungen gewinnt das Bedürfnis nach einem Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben immer mehr an Bedeutung. Hierfür ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Belastungen/Anforderungen und den eigenen Ressourcen herzustellen. Bei den eigenen Ressourcen handelt es sich um Fertig- und Fähigkeiten, die die Möglichkeit bieten, erwünschte Aktivitäten und Energien zu verstärken und einen „Return on Investment“ zu erzielen (vgl. Kastner 2004). Dabei handelt es sich bei dem Begriff Return on Investment (RoI) um eine Kennzahl, welche die Rendite einer unternehmerischen Tätigkeit darstellt. Wenn also die Veränderung der Arbeitsanforderungen zu gestressten Mitarbeitern führt, so könnte man die Ressourcen der Mitarbeiter durch geeignete Schulungen stärken, wodurch die Mitarbeiter befähigt werden, mit den Anforderungen optimiert umzugehen. Als Ergebnis dieser Optimierung wird der Faktor Stress durch die Anforderungen geringer oder entfällt im optimalen Falle völlig. Sowohl Belastungen/Anforderungen wie auch Ressourcen sind wertfrei zu betrachten und hängen voneinander ab: Ressourcen werden zur Bewältigung der Belastungen/Anforderungen benötigt, Belastungen/Anforderungen hingegen werden benötigt, um Ressourcen aufzubauen. Demnach ist im Kontext einer gesunden Work Life Balance wichtig, sich der eigenen Ressourcen bewusst zu werden. Stellen Sie sich selbst bitte die Frage: Woher schöpfen Sie persönlich Kraft, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen? Es gibt Menschen, die diese Kraft aus dem Sport ziehen, aber auch Familie oder Hobbies sind geeignete Möglichkeiten, den eigenen „Akku“ wieder aufzuladen. 5.4 Arbeitssicherheit Das Themenfeld Arbeitssicherheit umfasst grob alle Gefahren und Gefährdungen, die einem in der Arbeitswelt begegnen können (Schaper 2011a). Dies beinhaltet die Vermeidung von Unfällen durch Aufklärung und Schulung von Mitarbeitern sowie die Planung und Realisierung von Maßnahmen zur Gefahrenminimierung (vgl. Thommen/Achleitner 2009). Arbeitsunfällen wird aufgrund von Folgekosten wie Ausfallzeiten und medizinischen Behandlungskosten große gesellschaftliche wie auch betriebliche Aufmerksamkeit gewidmet. Seit Beginn der statistischen Auswertungen von Arbeitsunfällen in Deutschland im Jahre 1960 sind die Unfälle zwar stetig zurückgegangen, die verursachten Kosten sind aber immer noch erheblich für Staat, Betrieb und nicht zuletzt für den Menschen selbst (vgl. Niclas 2011; Zapf/Dormann 2001). Ausgangslage der Arbeitssicherheit ist die Identifizierung gefährlicher Situationen, in denen es zu Unfällen kommen kann. Diese betreffen 46 externe physikalische und chemische Rahmenbedingungen (z. B. die Handhabung von Chemikalien oder das Bedienen von Maschinen) sowie psychische Bedingungen des Individuums beim Ausführen einer Arbeitstätigkeit (vgl. Zapf/Dormann 2001). Die Arbeits- und Organisationspsychologie hat sich mit Blick auf psychologische Faktoren in das Feld der Arbeitssicherheit und ihrer Gewährleistung einbringen können. (Schaper 2011a). Eine Möglichkeit der Reduzierung von Unfällen ist der Blick auf den Menschen selbst. Häufig sind für einen Unfall nicht technische Mängel verantwortlich, sondern organisatorische Unzulänglichkeiten oder unpassende Verhaltensweisen Arbeitender. Die psychologische Arbeitssicherheit widmet sich diesen Problemen und untersucht, warum Menschen in bestimmten Situationen sicherheitsgemäß arbeiten und in anderen sicherheitswidrig handeln (vgl. Ulich 2011). Dabei stellt die psychologische Arbeitssicherheit verschiedene Ansätze zur Verfügung. Die Personalauswahl bietet eine Möglichkeit, die Unfallhäufigkeit zu mindern, beispielsweise durch die Auswahl geeigneten Personals auf Basis der Anforderungen (Zapf/Dormann 2001). Eine andere Möglichkeit ist die zielgerichtete Qualifizierung von Mitarbeitern durch Schulungen (Zapf/Dormann 2011). Diese Schulungen fokussieren dann Verhaltensweisen, aber auch auf kognitive Prozesse. Eine dritte Option ist die Analyse von Unfallursachen. Hier empfiehlt Schaper (2011a) ein systematisches Vorgehen, das aus vier Phasen besteht. In der ersten Phase gilt es, die Gefahren zu ermitteln und zu analysieren. Aus diesen Erkenntnissen werden dann im zweiten Schritt Arbeitsschutzziele abgeleitet und definiert. Nun können in einer dritten Phase Maßnahmen und Instrumente geplant und umgesetzt werden sowie in viertens eine Evaluation der eingesetzten Maßnahmen erfolgen, sodass Aussagen über Nutzen sowie Kosten getroffen und Verbesserungen initiiert werden können. ZUSAMMENFASSUNG Die gegenwärtige Arbeitswelt ist durch eine Zunahme psychosozialer Beeinträchtigungen des Menschen gekennzeichnet. Sogenannter Stress – oder genauer Disstress – ist die Folge dieser Entwicklung. Stress setzt sich aus den Komponenten Belastung und Beanspruchung zusammen. Als Belastungen werden physikalische und chemische Faktoren bezeichnet, die einen Menschen individuell unterschiedlich beanspruchen können. Unter Beanspruchungen werden die Wirkungen dieser Belastungen innerhalb des Körpers verstanden. Die psychologische Arbeitssicherheit widmet sich der Aufgabe, Unfälle zu reduzieren. Sie nimmt dabei insbesondere organisatorische Unzulänglichkeiten oder unpassende Verhaltensweisen von Arbeitenden in den Blick. Als Ansätze hierfür dienen die Auswahl geeigneten Personals, die zielgerichtete Qualifizierung von Mitarbeitern und die Analyse von Unfallursachen. 47 LEKTION 6 GRUNDLAGEN DER ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – mit welchen Themen sich die Organisationspsychologie befasst. – was unter dem Begriff Organisation verstanden werden kann. – in welchen Bereichen Ihnen die Organisationspsychologie geeignetes „Werkzeug“ zur Verfügung stellt. 6. GRUNDLAGEN DER ORGANISATIONSPSYCHOLOGIE Aus der Praxis Herzlichen Glückwunsch! Sie haben Ihre Personalentwicklungsmaßnahme erfolgreich abschließen können. Fortan sind Sie der alleinige Teamleiter. Um sich den vollständigen Anforderungen stellen zu können, haben Sie sich mit Ihrer Vorgängerin Frau Rossmann hierzu intensiv ausgetauscht. Frau Rossmann hat Sie bereits darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit verschiedene Facetten umfasst. Neben den bereits durchgeführten Arbeiten werden Sie sich aber zusätzlich mit der Teamführung, dem Team als solches und der Organisation von Arbeit befassen müssen. In diesem Zusammenhang erinnern Sie sich an Ihre Vorbereitung zum Vorstellungsgespräch, bei der Sie sich auch mit der Organisationspsychologie befasst haben. Organisationspsychologie, was war das doch gleich … 6.1 Organisationspsychologie Die Organisationspsychologie ist ebenso wie die Arbeitspsychologie ein Teilgebiet der angewandten Psychologie. Die Organisationspsychologie beobachtet, beschreibt, erklärt und prognostiziert menschliches Verhalten und Erleben in Organisationen (vgl. Schuler/ Moser 2007). Dabei werden zwei Perspektiven unterschieden. Einerseits befasst sich die Organisationspsychologie damit, wie Arbeitsplätze und Organisationsstrukturen das Verhalten, Befinden und die Zusammenarbeit von Menschen beeinflusst. Andererseits wird aber auch untersucht, wie der Mensch eine Organisation beeinflusst (vgl. Schuler 2014). Als anwendungsorientierte (Forschungs-)Disziplin befasst sich die Organisationspsychologie mit Thematiken wie Beanspruchung, Wissensgewinn, Mensch-Maschine-Interaktion, Angst und Sicherheit. Damit benötigt die Organisationspsychologie über die psychologischen Fächer hinaus auch Wissen aus anderen Disziplinen, z. B. den Wirtschaftswissenschaften, der Technik und Ergonomie, der Medizin, der Soziologie, den Rechtswissenschaften etc. Für die Praxis stellt die Organisationspsychologie Methoden zur Beschreibung und Bewertung von Aufgaben, Tätigkeiten und Arbeitsorganisationen. Die Ziele der Organisationspsychologie sind dabei einerseits Arbeit, Organisationen, Strukturen und Prozesse menschengerechter zu gestalten, andererseits aber auch den hohen technischen, wirtschaftlichen und sozialen Anforderungen gerecht zu werden, ohne überfordert zu sein (Schuler/Moser 2007). Nichtsdestotrotz hat organisationspsychologisches Forschungsbemühen meist die Leistungssteigerung der Organisation und/oder die Interessen des individuellen Organisationsmitgliedes zum Ziel. Dabei können zwei verschiedene Perspektiven für Fragestellungen der Organisationspsychologie eingenommen werden: 50 1. Auf welche Weise beeinflussen Arbeitsplätze und Organisationsstruktur das Verhalten, Befinden und Zusammenarbeit der Menschen? 2. Welchen Einfluss üben Individuen auf Organisationen und ihre Komponenten oder Subsysteme aus (vgl. von Rosenstiel 2007)? Nach von Rosenstiel (2007) behandelt die Organisationspsychologie Phänomene unter vier Teilaspekten: Aufgabe Individuum Gruppe Organisation. Nachstehende Abbildung skizziert einen groben Überblick über die Aktionsfelder der Organisationspsychologie: Abbildung 8: Aktionsfelder der Organisationspsychologie Quelle: Jörg Greulich, 2015. 51 6.2 Organisation Was ist unter dem Begriff Organisation zu verstehen? Der Begriff Organisation findet in unterschiedlichen Wissenschaften wie der Soziologie, den Wirtschaftswissenschaften oder eben der Psychologie Anwendung. Und er wird in unterschiedlichen Kontexten verwendet. In der Betriebswirtschaftslehre beinhaltet der Begriff Organisation einen gestalterischen, einen instrumentalen sowie einen institutionellen Aspekt (Thommen/Achleitner 2009). In der Soziologie umfasst der Begriff Organisation die Analyse von Formen, Strukturen, Prozessen sowie dem Verhalten in Organisationen (vgl. Reinhold/Samnek/Recker 2000). Die Organisationspsychologie legt den Fokus auf die Betrachtung des strukturellen Aufbaus und des funktionalen Ablaufs (vgl. von Rosenstiel 2007). Eine Handlung bezeichnet im Gegensatz dazu eine geschlossene und zeitlich gegliederte Tätigkeit (siehe Hacker 1999). So weist jede institutionelle Organisation eine funktionale Organisation auf, die diese symbolisch darstellt: Was verbinden Sie z. B. mit der Bundeswehr, der Bundesagentur für Arbeit, der Allianz oder mit der Firma Google? Was glauben Sie, wie unterscheidet sich die jeweilige Arbeitstätigkeit in den (exemplarisch) genannten Organisationen? Sind Arbeitstätigkeiten, die Organisation der Arbeit und das Klima in den Organisationen vergleichbar oder gar identisch? Organisationen sind zudem soziale Gebilde mit Menschen, die ihre Aktivitäten rational koordinieren, um Ziele zu erreichen. Dies erfolgt durch Arbeitsteilung, Funktionsdifferenzierung, (hierarchische) Ordnung, Autorität, Befugnis und Verantwortung (von Rosenstiel 2007). Zu beachten ist, dass dem Begriff Organisation in den unterschiedlichen Wissenschaften verschiedene Ziele zugeordnet sind: Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müssen Unternehmen so gesteuert werden, dass wirtschaftliche Ziele erreicht werden. In der volkswirtschaftlichen Annahme hingegen müssen staatliche Ziele mit Blick auf wirtschaftliche Prozesse so gesteuert werden, dass diese erreicht werden. Es gibt aber auch eine philosophische Sicht, wonach man Menschen dazu bringen sollte zu erkennen, die Inhalte ihres Verhaltens möglichst im Konsens zu bestimmen, sodass sie glücklich werden. Nicht zu vernachlässigen ist die medizinische Sicht, wonach das Verhalten von Menschen so organisiert werden soll, dass sie gesund bleiben bzw. werden. Aus soziologischer Perspektive hingegen müssen Gesellschaften so organisiert werden, dass ethisch definierte Ziele erreicht werden (z. B. Menschenrechte) und aus psychologischer Sicht schließlich muss Verhalten und Erleben so beeinflusst bzw. organisiert werden, dass Individuen und Kollektive psychisch gesund und leistungsfähig sind und Lebensqualität haben. Dabei müssen individuelle und kollektive Interessen ausbalanciert werden. 52 6.3 Organisation gleich Interaktion? Organisation ist zugleich Interaktion, denn unter Interaktion wird eine zweckgerichtete soziale Beziehung verstanden, die nicht nur das Zustandekommen verbaler und nonverbaler Kommunikation ermöglicht, sondern darüber hinaus eine Form des sozialen Handelns darstellt (vgl. Staehle 1999). Im Zusammenhang mit Organisationen bedeutet dies, fortlaufende, unabhängige Handlungen zu vernünftigen Folgen zu organisieren, um so vernünftige Ergebnisse erzielen zu können (vgl. Weick 1995). Beim Organisieren handelt es sich somit um Interaktionen, die durch ineinandergreifende und wechselwirksame menschliche Handlungen geordnete Abläufe bilden. Ordnung wird dabei nicht nur bewusst erzeugt, sondern entwickelt sich. Dies erfolgt teilweise auch zufällig. Da Menschen in unterschiedlicher Ausprägung auch dazu neigen, egoistisch, eigensinnig und irrational zu handeln, zudem unterschiedlich motiviert sind, erfolgt die Fremdorganisation ihres Verhaltens durch Zwang, Belohnung und Normen (Etzioni 1964). Vorschriften, Verbote, Kontrollen und Strafen bieten eine Möglichkeit, Verhalten zu kontrollieren. Bei dieser Art des Organisierens geht es nicht um freiwillige Zusammenschlüsse, sondern um Herrschafts- und Machtverhältnisse. Sie funktionieren, solange die subjektiven Vorteile der Unterdrückten und ihre Angst vor Sanktionen größer sind, als der Wille zur Selbstbestimmung und die Fähigkeit, den Widerstand zu organisieren. Eine weitere Möglichkeit der Fremdorganisation bietet die Organisation von Verhalten durch Anreizsysteme. Hier organisiert man im Sinne von Austauschtheorien, d. h. Organisationen entstehen durch die freiwillige Kooperation von Menschen, die ihre Arbeitsleistung, Bodenschätze, Geld oder Wissen koordinieren, um gemeinsame Ziele zu erreichen. Solche Koalitionen haben Bestand, solange die Anreize und die individuellen Beiträge ausbalanciert sind. Der moralische Appell stellt eine weitere Möglichkeit zur Organisation von Verhalten dar. Durch Identifikationsprozesse werden emotionale Bindung, Sitten und Traditionen, Elitebewusstsein, Glauben, kulturelles Gemeinschaftserleben, gemeinsames Handeln und Erleben organisiert. Beispiele hierfür sind z. B. die Kirchen oder Unternehmen wie Apple. Diese Systeme haben Bestand, solange die subjektiven Vorteile die Nachteile überwiegen und die Angst vor Verlust der Zugehörigkeit zu diesem sozialen System („Schmore ich in der Hölle, wenn ich aus der Kirche austrete?“) größer ist als das Vertrauen in die individuelle Unabhängigkeit. In den meisten Fällen treten in der Wirklichkeit Mischungen aus diesen drei Arten des Organisierens auf. In einer anderen Perspektive bezeichnen Organisationen den Zusammenschluss von Menschen zur Erreichung bestimmter Ziele, die hierfür eine zielgerichtete Ordnung bzw. Regelung von Aufgaben in bestimmten sozialen Gebilden (z. B. Betrieben oder gesellschaftlichen Institutionen) entwickelt haben bzw. sich dieser Ordnung unterwerfen. In dieser Perspektive dominiert der Begriff Struktur. In der Regel sind Organisationen durch bestimmte formale und zweckgerichtete Strukturen bzw. Regelsysteme gekennzeichnet, in denen festgelegt ist, was Organisationsmitglieder in welcher Situation wie zu tun haben, wer wem Anweisungen gibt und wer diese zu befolgen hat, wer über was durch wen zu informieren ist und wer in welcher Hinsicht wie zu behandeln ist. Diese Funktions-, Führungs- und Kommunikationsstrukturen weisen, je nach Zielsetzung, Größe und Selbst- 53 verständnis der Organisation sowie abhängig von wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen, unterschiedliche Aufbau- und Ablaufformen auf (vgl. Nerdinger/Blickle/ Schaper 2011). ZUSAMMENFASSUNG Die Organisationspsychologie beobachtet, beschreibt, erklärt und prognostiziert menschliches Verhalten und Erleben in Organisationen. Unterschieden werden können zwei Perspektiven. Einerseits befasst sich die Organisationspsychologie damit, wie Arbeitsplätze und Organisationsstrukturen das Verhalten, Befinden und die Zusammenarbeit von Menschen beeinflusst. Andererseits untersucht sie, wie der Mensch eine Organisation beeinflusst. Organisation ist hier eine Form von Interaktionen, durch die ineinandergreifende und wechselwirksame menschliche Handlungen zu geordneten Abläufen werden. Möglichkeiten zur Ordnung bietet die Fremdorganisation des Verhaltens durch Zwang, Belohnung und Normen. Doch auch durch Anreize oder moralische Appelle kann Ordnung erzeugt werden. 54 LEKTION 7 KONZEPTE UND METHODEN DER ORGANISATIONSANALYSE UND GESTALTUNG LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – – – – was unter einer Organisation verstanden wird. was sich unter dem Begriff Organisationsdiagnose verbirgt. welche Akteure bei einer Organisationsdiagnose beteiligt sein können. welche Arbeitsschritte für eine Organisationsdiagnose durchzuführen sind. 7. KONZEPTE UND METHODEN DER ORGANISATIONSANALYSE UND GESTALTUNG Aus der Praxis In Ihrer Tätigkeit als Teamleiter wollen Sie einen umfassenden Eindruck der Tätigkeit Ihres Teams erhalten. Warum werden einige Ziele erreicht, warum andere wiederum nicht? Weshalb klappt die Zusammenarbeit mit einigen anderen Teams sehr gut, in anderen Fällen jedoch nicht? Sie haben in den letzten Tagen erfahren, dass derzeit ein renommiertes Beratungsunternehmen im Hause seine Tätigkeit aufnimmt, mit dem Ziel von Verbesserungen. Woher jedoch weiß man, welches die Stellschrauben für eine Optimierung sind? In Ihrer Literatur zur Organisationspsychologie werden Sie fündig: Sie erfahren, dass Organisationsdiagnosen dazu dienen, Probleme und Fehlentwicklungen innerhalb einer Organisation zu identifizieren und Veränderungsbedarf zu erkennen. Aus diesem Wissen werden spezifische Maßnahmen zur Behebung der festgestellten Mängel entwickelt. Sie erkennen für sich, dass Ihnen eine Organisationsdiagnose die Möglichkeit bietet, Antworten auf die eingangs gestellten Fragen zu erhalten. 7.1 Aufbau und Strukturen von Organisationen ORGANISATION Organisationen sind soziale Gebilde, die bestimmte Ziele verfolgen. Eine Organisation ist ein gegenüber ihrer Umwelt offenes System, das zeitlich dauernd existiert, spezifische Ziele verfolgt, sich aus Individuen bzw. Gruppen zusammensetzt und eine bestimmte Struktur aufweist, die meist durch Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet ist (vgl.von Rosenstiel 2007). Unter „organisieren“ kann das Zusammenfügen fortlaufender und unabhängiger Handlungen zu sinnvollen Folgen verstanden werden, sodass vernünftige Ergebnisse erzielt werden können (vgl. Weick 1995). 56 Organisationen können aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden. Entsprechend gibt es eine Vielzahl an Metaphern, die für Organisation verwendet werden. Diese Metaphern haben jeweils einen anderen Schwerpunkt und sind unterschiedlich gewichtet. Bei den gängigsten Bildern handelt es sich um: Maschinenmetapher (Bürokratie, Taylorismus), Bedürfnismetapher (Maslow, Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit, Führung, Partizipation, Gruppendynamik), Politikmetapher (Mikropolitik, Interessenkonflikte, Herrschafts- und Verteilungsproblem als zentrale Themen), Organismusmetapher (Die Organisation wird als offenes System betrachtet. Sie steht im ständigen Austausch mit ihrer Umwelt und bewahrt dabei trotz ständiger Umweltveränderungen ihre Eigenart). Die unterschiedlichen Metaphern sowie ihre detaillierte Beschreibung können der Ausarbeitung Morgans (2008) sowie Scholl (1993) entnommen werden. An dieser Stelle gilt es noch zu erwähnen, dass systemtheoretische Überlegungen (wechselseitige Anpassung von technischen und sozialen Gebilden, die auf differenzielle Ziele hin operieren) bei dem Begriff Organisation berücksichtigt werden. Systemisches Denken erfolgt in einer Art Netzwerk. Es wird angenommen, dass das Handeln eines Individuums, einer Gruppe oder die Einführung neuer technischer Gegebenheiten Auswirkungen auf die Umwelt hat. Systemtheoretische Überlegungen bieten lösungsorientierte Ansätze: Probleme werden nicht als Störung angesehen, sondern haben stets eine Ursache, die im „Netzwerk“ zu analysieren und lösen sind (Foerster/Schmidt/Köck 2006). 7.2 Organisationsdiagnose Bei Organisationsdiagnosen handelt es sich um Diagnosen des Ist-Zustandes einer Organisation zum Zweck der Organisationsentwicklung. Dieser Begriff wird als Sammelbegriff für diagnostische, intervenierende wie auch präventive Maßnahmen für die Schaffung sinnvoller Strukturen und Verhaltensänderungen in Organisationen und ihrer Vernetzung mit ihrer jeweiligen Umwelt verwendet (vgl. Kastner 1990). Organisationsdiagnosen dienen der Diagnose vom Erleben und Verhalten in Organisationen sowie der Beschreibung von Regelhaftigkeit im Erleben und Verhalten sowie von Interaktionen (hierzu Nerdinger 2011). Auch die Gegenstände von Organisationsdiagnosen sind unterschiedlich. Analysiert werden insbesondere: das Individuum und die Arbeitstätigkeit; Gruppen; die Abteilung; die Gesamtorganisation/Organisationsstruktur. 57 Ziel einer Organisationsdiagnose ist es, unsichtbare Dinge (z. B. Konflikte) aufzudecken. Dabei können drei Gruppen von Interessenten an Organisationsdiagnosen festgehalten werden: 1. Organisationsmitglieder, 2. externe, an der Organisation interessierte Parteien oder 3. Wissenschaftler. Die Aufgabe und Anwendung von Organisationsdiagnosen in erstgenanntem Falle liegt für Organisationsmitglieder in der Unterstützung von Arbeitsplatzentscheidungen, der Verbesserung des Managements des Personalwesens, der Vorbereitung und Begleitung organisationaler Veränderungen sowie der Programmevaluation und der Unterstützung bei der Verteilung organisationaler Ressourcen. Externen Parteien hingegen dienen Organisationsdiagnosen als Grundlage: für Investitionsentscheidungen, für ein Berichtswesen über den Zustand von Arbeitsbedingungen, Gesundheit am Arbeitsplatz, Unfallgefahr, Qualität der Arbeit sowie zur Einstellung der Arbeit. Wissenschaftler nutzen Organisationsdiagnosen bei der Entwicklung von Organisationstheorien (vgl. Büssing 1993; Nerdinger 2011). Die konzeptionellen Schwerpunkte von Organisationsdiagnosen können grob in drei Bereiche differenziert werden (vgl. Büssing 1993): 1. Die Diagnose von Veränderungen organisationaler Sachverhalte. Hierbei handelt es sich um einen mehrstufigen Vorgang, in dem mithilfe diagnostischer Methoden Veränderungen festgestellt werden sollen. 2. Die Diagnose von sozialen Handlungsvollzügen, von sozialer Interaktion und Kommunikation in Organisationen ist als zweiter Bereich zu nennen. In diesem Kontext werden organisationale Phänomene diagnostiziert. 3. Die Diagnose von Wechselwirkungen zwischen Strukturmerkmalen, situativen Bedingungen sowie dem Erleben und Verhalten in Organisationen. 7.3 Durchführung einer Organisationsdiagnose Organisationsdiagnosen bedürfen einer konkreten Fragestellung, auf die eine Diagnose hin ausgerichtet wird (Nerdinger 2011). Eine Organisationsdiagnose kann durch unterschiedliche Methoden erfolgen. Bei den gängigsten Methoden handelt es sich um die Erhebung von Daten durch Beobachten, schriftlicher oder mündlicher Befragung sowie der 58 Sichtung von Dokumenten. Im Anschluss gilt es, die gesammelten Daten zu verarbeiten und auszuwerten. Erst dies macht eine Urteilsbildung möglich (vgl. Büssing 1993). Laut Nerdinger (vgl. 2011) wird eine Organisationsdiagnose in folgenden Phasen durchgeführt: 1. Einführungsphase, in der grundlegende Fragen wie nach den Zielen, der Unterstützung oder Ressourcen zu klären sind. 2. Erkundungsphase, in welcher ein grober Überblick geschaffen wird. 3. Planungsphase, in der ein geeignetes Erhebungsinstrument entwickelt wird. 4. Durchführungsphase, in der die Hauptuntersuchung mittels geeigneter Instrumente /Methoden erfolgt. 5. Datenverarbeitung. 6. Datenaufbereitung und Interpretation. 7. Präsentation der Ergebnisse. Kastners (1998) „Systemverträgliche Organisations-Entwicklung“ (SOE) bietet eine anschauliche Möglichkeit, sich dem Thema Organisationsdiagnose zu nähern: Abbildung 9: Prozess einer Organisationsdiagnose auf Basis der SOE Quelle: Jörg Greulich, 2015. 59 In der SOE werden aufeinander aufbauend alle sinnvollen Schritte zur Verhaltensoptimierung sozialer Systeme und Organisationen und Verhaltensoptimierung von Individuen systematisch dargestellt. Kastner legt durch seinen Kreislauf der SOE so auch eine Vorgehensweise der (systemischen) Organisationsdiagnose vor. Diese werden in den ersten drei Schritten sowie unter der Hilfestellung des Controllings klar beschrieben: Zunächst findet mithilfe einer Idealdiagnose die Entwicklung eines Organisationszielsystems als Vielhirnproblem – durch intensive Kommunikationsprozesse – statt. Hierbei gilt es, die verschiedenen Systemsichten zu beachten und heterogene Meinungen einzufordern. Es schließt sich die Entwicklung eines Zielsystems an, welches als kognitive Landkarte zur Orientierung und Optimierung des jeweiligen Systems dient. Im zweiten Schritt findet die Realdiagnose statt. Auf Basis der vorherigen Idealdiagnose werden sogenannte blinde Flecken zunächst eliminiert, Schuldzuweisungen entfallen und gemäß dem Motto „Ähnlichkeit macht sympathisch“ die Gruppenarbeit gefördert. Bei der eigentlichen Realdiagnose handelt es sich wiederum um einen kommunikativen Prozess. Es bietet sich an, die Realdiagnose durch eine neutrale Person vorzunehmen, um Interessenkonflikten vorzubeugen. Die Realdiagnose kann zudem erweitert werden um eine Softfaktoranalyse (Mitarbeiter-, Kunden-, Lieferantenbefragung) sowie um die Instrumente der critical incidence oder current state analysis. Im Anschluss an Ideal- und Realdiagnose kann nun eine Diskrepanzanalyse vorgenommen werden. Hier findet ein Abgleich von Ideal und Realität statt und es werden die Items nach Wichtigkeit, Dringlichkeit und kausalen Ketten geordnet. Eine Möglichkeit hierzu bietet das „Eisenhower-Schema“ (Knoblauch et al. 2012), welches in nachstehender Grafik abgebildet ist: 60 Abbildung 10: Eisenhower-Schema Quelle: Jörg Greulich, 2015. Durch die Differenzierung einer Aufgabe in wichtig und dringlich erhält man die Möglichkeit, Aufgaben zu systematisieren. Die ermittelten Ergebnisse können nun für weiterführende Entwicklungen – und somit Veränderungen – genutzt werden. Hierfür ist es notwendig, durch ein geeignetes Controlling die jeweilige Position auf der Entwicklungslinie permanent (besonders in Hinblick auf den Verhaltensaspekt) nachzuhalten und bei Bedarf gegenzusteuern. ZUSAMMENFASSUNG Organisationsdiagnosen dienen einer Diagnose des Erlebens und Verhaltens von Mitarbeitern in Organisationen sowie der Beschreibung von Regelhaftigkeit im Erleben, Verhalten und von Interaktionen. Ziel von Organisationsdiagnosen ist es, Unsichtbares (z. B. Konflikte) aufzudecken. Organisationsdiagnosen werden beispielsweise eingesetzt bei Arbeitsplatzentscheidungen, bei Programmevaluationen, bei der Planung und Steuerung von Verbesserungsmaßnahmen oder bei sonstigen Aufgaben der Nutzung oder Verteilung organisationaler Ressourcen. Fer- 61 ner können Organisationsdiagnosen als Grundlage für Investitionsentscheidungen, für ein themenspezifisches Berichtswesen oder für Aussagen zur Arbeitseinstellung dienen. 62 LEKTION 8 INTERAKTION UND KOMMUNIKATION IN ORGANISATIONEN LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion werden Sie wissen, … – – – – – was unter Kommunikation verstanden wird. wie Kommunikation erfolgen kann. welche Modelle als wichtig angesehen werden. welches Gründe für Konflikte sind und wie diese gelöst werden können. was unter dem Begriff Führung verstanden wird. 8. INTERAKTION UND KOMMUNIKATION IN ORGANISATIONEN Aus der Praxis Sie haben den Verdacht, dass es in Ihrem Team Konflikte gibt, die zu Unruhen führen. Um sich der Sache zu stellen, versuchen Sie, sich im Vorfeld schlau zu machen. In der Literatur über Konfliktbewältigung kommt auch immer das Thema Kommunikation auf. Sie hegen den Verdacht, dass es auch in Ihrem Team zu Konflikten kam, die auf einer fehlgeschlagenen Kommunikation basieren. Bevor Sie sich der vermeintlichen Konflikte annehmen, wollen Sie sich erst ein genaueres Bild über Kommunikation und die Arbeit in einem Team erarbeiten. Dabei stellen Sie sich die Fragen, was unter dem Begriff Kommunikation verstanden wird, was die Grundlage von Konflikten ist und welche Erkenntnisse über Führung in der Wissenschaft existieren. 8.1 Kommunikationsmodelle Interaktion im Kontext von Organisation haben wir bereits behandelt. Dabei wurde Interaktion als ineinandergreifende und wechselwirksame menschliche Handlungen beschrieben. Interaktion wird wissenschaftsübergreifend als ein Austauschprozess verstanden, der nicht nur eine spezielle Form der Kommunikation darstellt, sondern über den Austausch von Informationen hinausgeht (vgl. Staehle 1999). Kommunikation selbst ist mehr als nur das gesprochene Wort. Nach der Theorie von Paul Watzlawick kann man nie nicht kommunizieren (vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson 2011). Auch ein Schweigen, sich Umdrehen, Wegsehen oder Weggehen beinhalten für den Gesprächspartner eine Nachricht. Neben dem eigentlich gesprochenen Wort sind auch Mimik, Gestik, Körperhaltung, Sprechweise usw. an der Kommunikation beteiligt. All dies wird unter dem Begriff der „nonverbalen Kommunikation“ zusammengefasst und kann ebenso wie die verbale Kommunikation zu einer Reihe von Missverständnissen führen. Bedeutet z. B. ein Lächeln des Vorgesetzten bei einem Vorschlag des Mitarbeiters Zustimmung oder Überheblichkeit? Demonstriert ein Vorgesetzter durch verschränkte Arme Ablehnung, Desinteresse oder handelt es sich lediglich um eine bequeme Armhaltung? Kommunikation tritt folglich immer in verschiedenen Formen auf. Neben der verbalen Sprache und der oben vorgestellten nonverbalen Sprache gibt es noch die sogenannte paraverbale Sprache. Unter dieser versteht man z. B. die Lautstärke oder auch Betonung des gesprochenen Wortes. Von der Kommunikation gilt es zudem die Interaktion zu unterscheiden. „Soziale Interaktion bezeichnet die Einwirkung verschiedener Personen aufeinander, wobei der Einwirkung nicht notwendigerweise eine Absicht, ein Plan oder auch nur das Wissen der Personen über die wechselseitige Einwirkung zu unterstellen ist“ (Nerdinger 64 2011, S. 56, nach Blickle 2004). Kommunikation hingegen ist die Übermittlung von Informationen zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Erwartungen, Einstellungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer Zielsetzungen (Bruhn 2005). In klassischen Modellen besteht Kommunikation zunächst immer aus drei Faktoren: einem Sender (im Gespräch der jeweils Sprechende), einem Empfänger (im Gespräch der jeweils Zuhörende) und einer Aussage. Die Rolle des Senders und Empfängers wechselt ständig, je nachdem, wer gerade spricht. Probleme entstehen nun bei der Übermittlung der Nachricht. Denn der Sender formuliert seinen Gesprächsbeitrag mit seinen individuellen Sprachmöglichkeiten. Das können verbale und nonverbale (körpersprachliche) Aussagen sein. Der Zuhörende (Empfänger) greift bei der Interpretation der Nachricht seinerseits auf den ihm eigenen Zeichenvorrat zurück, ebenfalls wieder verbal und nonverbal. Unklarheiten und Missverständnisse entstehen immer dann, wenn Sender und Empfänger unterschiedliche Zeichen benutzen. Und dies ist leider nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Dabei kann es zu Verständnisschwierigkeiten kommen, weil der Sender … … Wörter benutzt (z. B. Fremdwörter oder Fachbegriffe), die der Empfänger möglicherweise nicht kennt. … Wörter mit mehreren Bedeutungen verwendet. … der Sender mit Beispielen operiert, die für den Empfänger keine Aussagekraft haben. … Informationen oder Vorerfahrungen voraussetzt, mit denen sich der Empfänger nur wenig oder gar nicht auskennt. … nonverbale Äußerungen (z. B. bestimmte Gesten) verwendet, die vom Empfänger anders interpretiert werden können, als sie gemeint sind. Ein anderer Ansatz liegt in der

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