Einführung in die Erziehungswissenschaft 1 PDF
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These lecture notes provide an introduction to the field of educational science. They cover key historical figures and concepts, discussing the problem of the beginnings of pedagogy, and also different approaches to the field.
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Einführung in die Erziehungswissenscha2 1 22.09.23 Das Problem des Anfangs - Literatur auf ILIAS nur zur Ver2efung, nicht prüfungsrelevant - Tutorium für Major Studierende nicht für mich - Podcasts ist meistens am FreitagmiDag auf IILIAS - (an der Prüfung werden keine spezifischen Daten...
Einführung in die Erziehungswissenscha2 1 22.09.23 Das Problem des Anfangs - Literatur auf ILIAS nur zur Ver2efung, nicht prüfungsrelevant - Tutorium für Major Studierende nicht für mich - Podcasts ist meistens am FreitagmiDag auf IILIAS - (an der Prüfung werden keine spezifischen Daten gefragt, Hauptsache grob) - Lese andere Zusammenfassungen, um mehr Details zu lernen (aber AuNau nicht gleich!) - Johann Friedrich Herbart (1776-1841) o Einer oder sogar der Begründer der Pädagogik als WissenschaY o Hat Kinder von wohlhabenden Familien unterrichtet, nachdem er sein Studium abgebrochen hat o Hat dann sein Philosophiestudium doch abgeschlossen o Hat Bücher geschrieben über Pädagogik o Wich2ger Theore2ker à seine Schüler werden immer noch «Herbartanier» genannt à Einfluss bis in die USA (John Dewey) - Zwei Vorlesungen über Pädagogik (1802) o ErziehungswissenschaY ist mehr als nur Erziehung, sondern auch Lernen, … o Sie ist eine eher junge Disziplin (circa 200 Jahre) à gibt nichts, um eine Lobrede zu halten oder Geschichte. Deswegen so schwer eine passende Defini2on zu finden o Heute könnte man dies zwar schon, aber nun ist es zu weit ausgefächert und deswegen ist es schwer einen klaren Überblick zu haben o Herbart lehnt also Defini2on, Lobrede, Geschichte und Überblick ab und will eine pädagogische Sinnesart entwickeln (Studenten das Denken zu zeigen und dass sie dies zu pflegen lernen, also kri2sches Denken) o Was er macht, ist die Pädagogik zu unterscheiden: Pädagogik als WissenschaY wird von der Kunst der Erziehung unterschieden - Erziehung o «Unter Erziehung werden Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Disposi2onen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaY zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten oder die Entstehung von Disposi2onen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten.» Brezinka 1974 à er macht keine Aussage über die Handlung des Zu-Erziehenden, den Menschen oder ob man gewisses verbessern oder erhalten sollte - Wesentliche Punkte: o Differenz: Pädagogik als WissenschaY / Kunst der Erziehung o Theorie-Praxis-Problem: Theorien beschreiben immer allgemeine Zusammenhänge, Praxis bezieht sich immer auf konkrete, spezifische Situa2onen o Pädagogischer Takt als Verbindungsglied von Theorie und Praxis = Fähigkeit, prak2sche Probleme im Hinblick auf theore2sche Erkenntnisse zu beurteilen o Pädagogischer Takt als «Diener der Theorie» und «Regent der Praxis» o Theorie orien2ert, ohne den Prak2ker auf eine bes2mmte Praxis festzulegen, oder ihn gar durch ihren Anspruch instrumentalisieren zu wollen. (Orien2erung ohne dass Theorie schon die Antwort bereitstellt) 1 29.09.23 Strömungen und Paradigmen - Die Begriffe «Strömung» und «Paradigma» werden in dieser Vorlesung als Synonyme verwendet. Es ist schwierig alle Pädagogen in eine einzige Strömung zuzuordnen, weshalb es zwischen den Paradigmen einen gewissen Spielraum gibt. - Klassiker der Pädagogik sind: o Comenius o Locke o Rousseau o Pestalozzi o Humboldt o Schleiermacher o Herbart o Montessori o Noh - Die wich2gsten Epochen sind: o An2ke (8 BC bis 6 AC) o MiDelalter und Renaissance o Die pädagogische Auqlärung (ab 1700) o Deutsche Klassik (ab 1800) o Reformpädagogik (ab 1900) - Die wich2gsten Strömungen in der Pädagogik sind: o GeisteswissenschaYliche Pädagogik § 1918-1933 dominante Strömung im deutschen Sprachraum § 1945-1960 Wiederaufnahme der Strömung § Hauptvertreter: Dilthey § Weitere Vertreter: Nohl, Flitner, LiD, Spranger, Weniger § Erziehung / Bildung als geschichtlich-kulturelle Phänomene, aus der Geschichte verstehen und in der Praxis anwenden, rela2ve Autonomie der jungen Menschen, die die Erwachsenen ihnen geben sollen o Empirische ErziehungswissenschaY § Ab ca. 1960 als Kri2k zur geisteswissenschaYlichen Pädagogik § Verschiedene Bezeichnungen, keine einheitliche Theorie § Hauptvertreter: Brezinka § Weitere Vertreter: Albert, Fischer, Lay, Lochner, Meumann, Petersen, Popper § Empirisch-analy2sche Denkweisen, kein Praxisanspruch, Wertreiheit = Erkenntnisgewinn sollte frei sein von Werten / Überzeugungen, ra2onal o Kri2sche ErziehungswissenschaY § Kri2k zu beiden anderen (empirisch & geisteswissenschaYlich) § Hauptvertreter: Klaqi § Weitere Vertreter: Adorno, Blankertz, Gruschka, Habermas, Mollenhauer § Emanzipa2on des Menschen, Selbstreflexion, Mündigkeit des Menschen o Reformpädagogik und Schulreformbewegungen § Sehr radikale Strömung die auch interna2onal verbreitet wurde § Hauptvertreter: Montessori 2 § Weitere Vertreter: Dewey, Freinet, Fröbel, Geheeb, Key, Korczak, Lietz, Neills, Pestalozzi, Rousseau, Specht, Steiner, Wyneken § Pädagogik vom Kinde aus und Schulreformbewegung sind die 2 grössten Bewegungen Reformschulen: Ecole d’Humanité Hasliberg, Freie Alterna2vschulen, … Landerziehungsheime: Erziehung auf dem Land, SelbsDä2gkeit des Kindes, freies Lernen o Neuere Strömungen § Ausdifferenzierungen im 20. Jahrhundert à Vielzahl theore2scher Strömungen und pädagogischer Lehren Subdisziplinen und Fachrichtungen Theorien und Forschungszugänge ObjekDheorie / WissenschaYstheorie o WissenschaYstheorie = Beschreibung der Beschreibung o ObjekDheorie = Beschreibung o Erziehung = Sachverhalt = > Kategorienfehler vermeiden, indem man die Kategorien sauber beschreibt § = Theorienpluralismus o (Personale Zuordnung für wich2ge Pädagogen die nicht einordbar sind) 06.10.23 Theorienpluralismus und WissenschaBsverständnis - Theoriepluralismus = aktuelle Situa2on in der ErziehungswissenschaY o Wie lässt sich die Entwicklung der ErziehungswissenschaY selbst noch einmal zum Gegenstand der Forschung machen? § ErziehungswissenschaY als Entstehung, Aufrechterhaltung und Veränderung von Paradigmen § ErziehungswissenschaY als Zirkel der Problemgenerierung - Paradigmentheorie o Paradigma: § Disziplinäre Matrix (= Paradigma im weiten Sinne) = Die ganze Konstella2on von Meinungen, Werten, Methoden usw., die von den Mitglieder einer GemeinschaY geteilt werden § Musterbeispiele (= Paradigma im engeren Sinne) = konkrete Problemlösungen, die von der Gruppe als paradigma2sch anerkannt sind => Musterbeispiele sind die zentrale Komponente der disziplinären Matrix - WissenschaYsverständnis: o Vornormale WissenschaY § = es besteht kein Konsens über die theore2sche Grundlagen (Pluralität an Posi2onen oder gruppenspezifische Paradigmen), herausragende Problemlösung wird erzielt (wie ein Musterbeispiel, eine Musterlösung) o Normale WissenschaY § = Forschung wird im Rahmen eines Paradigmas betrieben. Charakteris2sch ist eine Praxis des Rätsellösens, das Paradigma wird ungefragt akzep2ert (z.B dass Erde rund ist) und besitzt somit ein quasi- 3 dogma2sches Moment. Neue WissenschaY basiert sich auf diesem Paradigma und nimmt es für wahr o Ausserordentliche WissenschaY à Revolu2on § = das AuYauchen von Anomalien führt zur Problema2sierung des Paradigmas und zur Suche nach alterna2ven Theorien, die schliesslich in eine Revolu2on münden kann o ErkenntnisfortschriD als Lösung von Problemen: § ErkenntnisfortschriD in der vornormalen WissenschaY = kein FortschriD zwischen den konkurrierenden Schulen, es sei denn innerhalb der Schulen § ErkenntnisfortschriD in der normalen WissenschaY = FortschriD besteht in der Lösung dieser Probleme § ErkenntnisfortschriD in der ausserordentlichen WissenschaY = spätere wissenschaYliche Theorien sind besser als frühere geeignet, um Probleme zu lösen und markieren deshalb gerade den wissenschaYlichen FortschriD o Befindet sich die ErziehungswissenschaY womöglich noch in einer Phase der vornormalen WissenschaY? Wenn man dem Modell von Kuhn folgt? Prof findet, dass man in der ErziehungswissenschaY nicht diesem Modell folgen soll. Da gibt es 3 Punkte gegen sein Modell: § Das, was Kuhn als normale WissenschaY beschreibt, das zeugt von einem veralteten Verständnis von WissenschaY. Laut Popper ist WissenschaY die ste2ge Hinterfragung § Feyerabend findet, dass normale WissenschaY und die Suche nach Alterna2ven parallel exis2ert und nicht ein Zeichen von einer vornormalen WissenschaY § Schurz behauptet, dass es hinterfragbar ist, wenn man die NaturwissenschaY als das Mass für eine reife WissenschaY nimmt 13.10.23 Sternstunden pädagogischen Denkens - Ideengeschichte = Geschichte pädagogischen Denkens (oY eingeengt auf die Thema2sierung pädagogischer Klassiker) - Sozialgeschichte = Der Anspruch ist zu zeigen, wie in der gesellschaYlichen Realität Erziehung und Bildung zu eigener Form gerinnen - Beide stehen in einer Wechselwirkung zueinander und sind beide relevant - Klassiker sind diejenigen, die eine Idee/Posi2on/Tradi2on, … besonders deutlich und eindringlich repräsen2eren. Sie müssen nicht die ersten sein, die diese Posi2on vertreten, aber sie müssen präzise (treffsicher) die pädagogische Posi2on darstellen. Sie sind noch heute von Bedeutung. Man soll das Problembewusstsein bewahren und zugleich weiterentwickeln. Der biographische Hintergrund spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle, zuerst gilt das vorgetragene Argument 4 - Platon: Paideia als Kunst der Umlenkung des Blicks à das Höhlengleichnis, Die Idee des Guten als die höchste Erkenntnis, Aufs2eg, Befreiung, Blickwendung, … o Erziehung (= Kunst, den Blick des anderen umzulenken) o Bildung (=. Kunst, den eigenen Blick umzulenken) o Erziehung ermöglicht Bildung o Paideia = Erziehung und Bildung in einem o Höhle à wird hochgeschleppt, man geht nicht ganz von selbst aus der Höhle, sobald man aus der Höhle ist, erkennt man Sachen selbst o Der zur Erkenntnis gelangte geht in die Höhle zurück und erklärt den anderen, wie es wirklich ist-. Man glaubt ihm nicht und ist wütend. Es gelingt dem Rückkehrer also nicht, die anderen zu überzeugen. Sie müssen für sich selbst aus der Höhle, um die Realität zu erkennen - Rousseau: nega2ve Erziehung o Frühe Kindheit (1. Buch), Knabenalter (2. Buch), Jünglingsalter (3. Buch), Reifezeit (4. Buch), junges Erwachsenenalter (5. Buch) o «Zweite Geburt» zwischen Jünglingsalter und Reifezeit o Der Mensch ist von Natur aus gut. Rousseau problema2siert die verdorbenen gesellschaYlichen Umstände. Er postuliert, dass der Mensch sein Verderben selbst herausfinden könne oder gar nicht erst hineingeraten müsse o «nega2v» ist eine Erziehung, wenn Heranwachsende von den verderblichen Einflüssen einer GesellschaY abgeschirmt werden, um den «gewünschten» Menschen herzustellen. Zudem soll man das Kind zum eigenen Denken auffordern und möglichst das Aufzwingen von Normen unterlassen o Rousseau wendet sich gegen die Auffassung, die Gegenwart es Kindes auf eine Lebensphase zu reduzieren, in dem dieses etwas lernen soll, das vielleicht dem zukünYigen Erwachsenen nützlich sein wird. Man soll die glückliche ZukunY des Kindes nicht durch eine unglückliche Gegenwart erkaufen. Die Aufgabe der Erziehung ist, dem Einzelnen dabei zu helfen, seine Lebensform selbst zu wählen o Perfek2bilität = Unbes2mmtheit, Nicht-Festgelegtheit => ist was Posi2ves für Rousseau o Drei Erzieher: Natur, Mensch, Dinge - Herbart: Erziehung zur Moralität 5 o Moralität als Aufgabe der Erziehung à Wille führt zu Handlung. Dies wird jedoch von Urteil (Befehl) & Gehorsam beeinflusst («Du sollst nicht stehlen») o Urteil wird gebildet aus Ideen § Wohlwollen (Empathie) § Recht (Regeln für das Zusammenleben) § Billigkeit (Vergeltung) o Moderne Erziehung als Einheit de Differenz von Regierung, Unterricht und Zucht führt Heranwachsende nicht in eine vorgegebene moralische Ordnung ein, sondern fordert diese dazu auch, im Lichte prak2scher Ideen eigene Urteile zu fällen und diesen im Handeln zu entsprechen o Der Grundbegriff der Pädagogik ist die Bildsamkeit des Zöglings 20.10.23 Zirkel der Problemgenerierung - Begriffe definieren o Problem = Erkenntnishindernisse, die formuliert und bearbeitet werden, um neue Erkenntnisse zu erzielen. à Fragen, auf die wir (noch) keine Antwort haben. § Wie können wir die GesellschaY dazu bringen, sich vegetarischer zu ernähren? o Haltepunkt = theore2sche Voraussetzungen, die Beschreibungen von Sachverhalten zugrunde liegen. à Wir haben Probleme, die bearbeitet werden, um diese zu lösen. Diese Problemlöseversuche münden in Beschreibungen. Diese Beschreibungen von Sachverhalten werden so formuliert, dass wir bes2mmte Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Diese Voraussatzungen sind die Haltepunkte. Haltepunkte ≠ Prämissen § Der Fleischkonsum pro Kopf steigt immer mehr und es gibt prozentual nur wenig Vegetarier im Vergleich zu Fleischessern. § Fleisch essen ist unmoralischer als vegetarische Ernährung o Perspek2ve = der spezifische Zugriff auf einen Sachverhalt. à einen spezifischen Blick auf einen Sachverhalt erhalten § Wir brauchen mehr Vegetarier in der GesellschaY, weil der Massenkonsum zu Massenschlachthöfen führt, welche das Leiden der Nutz2ere verschlimmert. o Perspek2vität = der Umstand, dass eine Situa2on aus einer Vielzahl von Perspek2ven besteht, ohne das es möglich wäre, die allein «rich2ge» Perspek2ve zu bes2mmen à Die Perspek2ve ist die Tatsache des spezifischen Zugriffs auf ein Sachverhalt. Die Perspek2vität ist der Umstand, dass Sachverhalte unter der Bedingung unterschiedlicher perspek2vischen Zugriffe erfasst werden § Es gibt verschiedene Perspek2ven auf die Massenhaltung. Es gibt die Perspek2ve, dass gewisse Tiere Nutz2ere sind. Es gibt die Perspek2ve, dass Menschen Fleisch benö2gen. Es gibt die Perspek2ve, dass Metzger ihr Job verlieren, wenn sie keine Tiere mehr schlachten können usw. o Problemgenerierung = der Entwurf einer neuen Problemstellung im Zuge der Problema2sierung von Haltepunkten à durch die Haltepunkte entstehen weitere Probleme. Die eigenen Haltepunkte bringen einen stets dazu seine Perspek2ve zu rechter2gen. 6 § Benö2gen wir Fleisch? Wie können Menschen Fleisch kompensieren? Braucht der Mensch Fleisch, was es unmöglich macht darauf zu verzichten? Ist vegetarische Ernährung wirklich besser? o Alterna2ven = Entwurf neuer Beschreibungen im Zuge von Problemformulierung, -bearbeitung und -lösung à durch die Problema2sierung werden Alterna2ven generiert § Vegetarisches Fleisch à viele Nährwerte und Proteine, die Fleisch auch bietet, ohne dass man dabei Tiere töten muss § Omega TableDen anstaD Fisch essen etc. etc. - ErkenntnisfortschriD im Zirkel der Problemgenerierung o Im Zirkel der Problemgenerierung werden Lösungen für Probleme problema2siert und alterna2ve Lösungsvorschläge entwickelt, sowie jede alterna2ve Problemstellung und -lösung wiederum der Problema2sierung auf ihre Voraussetzungen hin ausgesetzt. - Im Zirkel der Problemgenerierung kann prinzipiell alles problema2siert werden – nicht alles zur gleichen Zeit, prinzipiell jedoch alles! 27.10.23 EnkulturaIon als umfassender, Erziehung als zentraler Gegenstand - «Die Kons2tu2on dessen, was Erziehung ist, erfolgt in Systemen und Tradi2onen erziehungstheore2schen Denkens und Handelns. Die Feststellung von Erziehung setzt einen Begriff von Erziehung voraus» à Die Defini2on von Erziehung geschieht, indem man eine Handlung als Erziehung definiert. Begriffe werden im Kontext von Theorien bes2mmt. Erst im Kontext gewinnt ein Wort also ein Ausdruck (z.B. Verdrängung à siehe 2. Vorlesung) - Theorie à Begriff à Gegenstand - Problemstellung von Loch: Gegenstandsproblema2k (was ist überhaupt der Gegenstand der ErziehungswissenschaY?) à Erziehung = Funk2onsbegriff, umfassender Begriff o Der Begriff Erziehung erfüllt nach Loch eine Leistung für etwas anders, das nicht Erziehung selbst ist à das ist eigentlich paradox, denn wir interessieren uns ja für Erziehung, aber Erziehung steht für etwas anderes, man kann es nur sinnvoll bes2mmen, wenn man definiert, für was es steht. Deshalb kann man nach Loch nicht nur auf Erziehung fokussiert sein - Lösungsvorschlag nach Loch: Was unterscheidet uns denn von Tieren? Für ihn sind Tiere nicht erziehbar und die menschliche Lebensform ist nicht von Geburt an festgelegt, sondern muss gelernt werden. Mit dieser Lebensform meint er die Kultur, 7 in die man hineingeboren wird. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier ist laut Loch, dass der Mensch ein Kulturwesen ist. o Problem: wie definiert Loch dann Kultur? Er definiert sie als «alle Gebilde, durch deren Benutzung und Verlebendigung der Mensch sein Leben realisiert». Für ihn ist Kultur also kein engbes2mmter Begriff wie z.B in der Philosophie, sondern alles menschengemachte ist Kultur. o Laut seiner Defini2on ist also Kultur nicht nur Gegenstand der Pädagogik, sondern übergreifend auf verschiedene Fachgebiete (GeisteswissenschaY, SozialwissenschaY, Geschichte, …) à was also ist der umgreifende Gegenstand der Pädagogik? à Laut Loch ist das «Lernen der Kultur» der eigentümliche und ganze Gegenstand der Pädagogik, zu dessen Bezeichnung wir den Ausdruck «Enkultura2on» übernehmen - Loch definiert also die Erziehung als «Interak2onsform der Lernhilfe, die Menschen beim Lernen eines kulturellen Sachverhalts gehemmt sind. Erziehung ist also eine Hilfeleistung, die der Mensch benö2gt, wenn er eine Lernaufgabe nicht selbstständig bewäl2gen kann» à Die Erziehung hilY dem Menschen also beim Lernen von Kultur, wenn der Mensch es nicht selber scha}. - Erzieher hilY dem Zu-Erziehenden mit Lernhilfe à helfen die Lernaufgabe zu überwinden (Erziehung ist also keine Einwirkung, die zwingt, sondern eine Unterstützung) à AbschniDe aus Kultur werden gelernt à kulturelle Sachverhalte (nicht die ganze Kultur, man kann sich nicht Kultur im Total aneignen, sondern nur die Bereiche, die für einen wich2g sind) 03.11.23 Kindheit - Vorbemerkungen: o starke Reduzierung der Komplexität der Frage nach der Natur und Beschaffenheit von Kindern und der im Verhältnis zueinander zu betrachtenden Aspekten unausweichlich o Kind ist von Geschlecht, Kultur, Sozialer Schicht, Milieu und Geschichte abstrahiert und meistens unabhängig davon o Norma2ve Differenz: Kinder / Erwachsene - Für die Pädagogik unerlässliche Prämissen: o Mensch ist ein Kind, ehe er zum Erwachsenen wird. Das Kind kann nur durch Erziehung zum Erwachsenen werden. à Problem sind starre Altersstereotypen (Unterscheidung im Sinne von Kind und Nicht-Kind, Übergang von 17 auf 18, plötzlich Erwachsen und mündig) o Kindheit = Zeitspanne in der nach und nach Autonomiefähigkeiten erworben werden, AbschniD der menschlichen Entwicklung,… - Sozialgeschichte der Kindheit: o Hoch- und SpätmiDelalter § Prinzipielle Vormachtstellung des Vaters (Kinder in seinem Besitz) § Ungleichbehandlung von ehelichen und unehelichen Kindern § Ungleichbehandlung von Mädchen und Jungs § Zunehmender Einfluss der Kirche o 18. und 19. Jahrhundert § Auqlärung und bürgerliche Pädagogik à kind als öffentliches Wesen § Annahme, dass es der Erziehung bedarf, damit der Mensch zu seiner Bes2mmung und vernünYigen Natur kommt 8 § Kollek2ves Interesse der GesellschaY an Kinder à Rousseaus Emile (1762) § Breite Alphabe2sierung des Volkes § Schulpflicht ab 6 Jahren (für Jungs, ging noch lange bis Mädchen dieselbe Erziehung geniessen konnten) § Arbeitsverbot für Kinderarbeit unter 12 Jahren § Kultur insgesamt wird zum Thema § Elterliche Rechte und Pflichten gegenüber dem Kind wurden verfasst (Weimarer Verfassung à recht des Kindes auf Schutz, Bildung etc.) § Ideengeschichte beeinflusst vor allem die Lebens- und Bildungsbedingungen de Kinder aus Aristokra2e und Bildungsbürgertum, nicht jener der Kinder aus Bauern- und Arbeiterfamilien à Kind war dort eine Überlebensnotwendigkeit o Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert § Pädagogik vom Kinde aus § Kindheit als Entwicklungs- und Vorbereitungsphase des modernen Menschen § Dominanz der norma2ven Vorstellung einer idealen Kindheit als Schutz- , Schon- und Lernraum § Kindheit und Erwerbsarbeit werden zu Gegensätzen § Idealtypus des bürgerlichen Kindererlebens, veränderte Macht- und Rechtsverhältnisse § Muster moderner Kindheit: ins2tu2onalisierte Altershierarchie, Scholarisierung/Pädagogisierung (Klavier Unterricht, BalleD, Fussball à Freizeithobbies), De-Kommodifizierung (Kinder müssen nicht arbeite à Schutzraum), Familialisierung (Kind wird eher dem privaten als dem öffentlichen zugewiesen) § Epoche von grossen Innova2onen und Veränderungen à veränderten auch das Familienverständnis und die Rollen (Fernseher, Spülmaschine,...) o Spätmoderne § Während Krieg oder Diktatur aufwachsen § Schwarze Pädagogik à in einem gewaltvollen Haushalt aufwachsen § KindergewerkschaYen à z.B in Südamerika, wo Kinder sich zusammentun und sich gegensei2g helfen § Bildungsexpansion und Bildungsreform (MiDe der 1960er) § Kri2scher und reflexiver Blick auf die Kons2tu2ons- und Strukturbedingungen von Kindheit (z.B nach Krieg aufwachsen, ohne Vater,... à wurde viel geforscht und disku2ert) § Verhäuslichung von Kindheit, Kommerzialisierung der Kinderkultur (Spiele, Essen, Kleider, …) § Das Verschwinden der Kindheit durch zunehmenden Fernsehkonsum und den Einfluss elektronischer Medien, Kind als potenziell gefährdetes Subjekt - Kindheitsgeschichte ist (auch) Mentalitätsgeschichte! - Unterscheidung umfassender | zentraler Gegenstand o Mensch | Tier o Leben in der Kultur | Lernen von der Kultur 9 o Enkultura2on | Enkultura2onshilfe - Unterscheidung Erziehender | Zu-Erziehender | kultureller Sachverhalt 10.11.23 SozialisaIon - Homo Sociologicus / Internalisierung: Rolf Dahrendorf o Sozialisa2on = Internalisierung sozialer Rollen o Soziale Posi2on = Ort in einem Feld sozialer Beziehungen o Soziale Rolle = zu jeder Stellung, die ein Mensch einnimmt, gehören gewisse Verhaltensweisen, die man von dem Träger dieser Posi2on erwartet; zu jeder sozialen Posi2on gehört also eine soziale Rolle. Soziale Rollen sind Bündel von Erwartungen, die sich in einer gegebenen GesellschaY an das Verhalten der Träger von Posi2onen knüpfen (also Verhalten der Person in dieser sozialen Rolle, welche an gewisse Erwartungen geknüpY ist) o Erwartungen: o Bezugsgruppen o Posi2ons- und Rollensegmente o Rollenkonflikte = § Inter-Rollenkonflikt (Individuum ist Träger verschiedener sozialer Posi2onen, welche widersprüchliche Erwartungen haben) § Intra-Rollenkonflikt (Individuum ist Träger einer sozialen Posi2on, welche widersprüchliche Erwartungen in sich selbst besitzt) o Sozialisa2on als Individuum oder GesellschaY, welche das Internalisieren sozialer Rollen benö2gt à Prozess der Sozialisa2on durch Verinnerlichung von Verhaltensmustern à dann wird der Mensch als Homo Sociologicus zum zweiten Male geboren - Produk2ve Realitätsverarbeitung: Klaus Hurrelmann o Kri2k an tradi2onellem Begriff von Sozialisa2on o Der einzelne Mensch als Realität produk2v verarbeitendes Subjekt o Sozialisa2on = Prozess der Persönlichkeitsentwicklung in produk2ver Auseinandersetzung mit der inneren Realität und der äusseren Realität o Mensch ist schon immer produk2v tä2g, nicht hintergehbare innere und äussere Realitäten, nicht hintergehbares Sich-Verhalten zu den eigenen Abhängigkeiten – unabhängig von Entwicklungsstand und Situa2on, Auseinandersetzung erfolgt nicht notwendigerweise bewusst, kein direkter 10 Zugriff auf die Realität sondern Orien2erung in subjek2ven Wirklichkeitskonstruk2onen - Inkorporierung: Pierre Bourdieu o Habitus = Einzelne inkorporierte Strukturen, die das Denken und Handeln des Menschen bes2mmen o Der Habitus: § Steht für stabile Disposi2onen des Denkens und Handelns (Struktur) § Wird von GesellschaY erzeugt unter der ein Mensch lebt (strukturierte Struktur) § Führt zur Reproduk2on der jeweiligen gesellschaYlichen Verhältnisse (strukturierende Struktur) § Limi2ert Möglichkeiten des Denkens (Vorstellungen) und Handelns (Prak2ken), ohne beides zu determinieren o Sozialisa2on = Habitus ist eine inkorporierte Geschichte (Gehirn, Körper, Ges2k, Sprache, Ticks, alles was wir sind) 17.11.23 Jugendalter - Jugend = besondere Lebensphase, als gesellschaYlich eingerichtete Lebensphase à Kinderarbeit, Schule, deswegen kein Kind aber auch kein Erwachsener - Im Beginn des 20. Jahrhundert beginnt die Jugendforschung als Forschungsparadigma im SchniÄeld von ErziehungswissenschaY und Soziologie - Die Kinderforschung kam zuerst und hat der Jugendforschung den Weg freigemacht à Jugendforschung ist dennoch immer noch weniger beliebt als Kindheit - Die Unterteilung zwischen Kind und Erwachsener ist noch immer gesetzlich sehr streng à 17 Kind und mit 18 gerade Erwachsen - Jugend à Sturm und Drang Phase, jugendlicher Leichtsinn, Hoffnung, Glück, Freiraum, das utopische Streben nach Sinn. Als Erwachsener sollte man dann das Leben mehr im Griff haben und realis2scher sein. - Jugend = 14-18 Jahre. In der Jugendforschung 12-27 Jahre, da man annimmt, dass man nicht künstlich eine fixe Zeitspanne legen kann. - Anzahl Kinder pro Haus sind in der westlichen Welt gesunken, da es wirtschaYlich nicht mehr nö2g war so viele Kinder zu bekommen. Hinzu kommt die Erfindung der An2- Babypille. Die Lebensdauer hat sich verändert, die Lebensphase Kindheit und Erwachsensein verkürzt sich, weil Jugend und Alter/Senior sich verlängert haben. - Die Ausdifferenzierung in Jugend und Senior begann in den 1950ern und ab den 2000ern ist das Erwachsenenalter nicht mehr automa2sch das lebensperspek2vische Zentrum, sondern kann auch eine weiterführende Jugend sein. Es gibt nicht mehr «das eine Leben» - Jugend ist eine sozial bedeutsame Lebensphase à vorbereitend auf das Berufsleben, Bildungszeit, Status von Kind zu Erwachsenen, noch keine volle gesellschaYliche Verantwortung, Peergroups, soziale Medien etc. à gute Freunde finden 97% der Jugendlichen von 12 bis 25 Jahren wich2g - Peers können sehr einflussreich sein, orien2erungsgebend, aber auch Ausgrenzung/Mobbing oder Gefahr von Substanzkonsum und Jugendgewalt à Peers haben eine existenzielle Bedeutung 11 - Jugendliche haben eine zunehmende Tendenz, Demokra2e zu kri2sieren (NZZ Studie) - Jugendliche konnten in Pandemie nicht ihre Jugend ausleben à Folgen? (SOTOMO) - Dauerkrisenmodus von Jugendlichen (Hurrelmann) - Shell-Jugendstudie à Lebenseinstellung von Jugendlichen, Befragung seit über 19 Jahren - Jugend = keine klare Phase, sondern ein fliessender Übergang. Ausdifferenzierung der Lebensphase Jugend, verbunden mit Entwicklungsaufgaben und Übergängen. Peers sind dabei eine zentrale Sozialisa2onsinstanz 24.11.23 Familie - Vorbemerkungen o Familien sind allgegenwär2g und omnipräsent o «Alle glücklichen Familien ähneln einander; jede unglückliche aber ist auf ihre eigene Art unglücklich» - Tolstoy o Schwer zu sagen, was man als Familie definiert à kulturell unterschiedlich, homosexuelle Paare, muss es BlutverwandtschaY sein etc. - Familienbegriff in der Forschung zu Familie o Auf ihre je eigene Art organisiert Familie das Miteinander und Zusammenleben von mindestens 2 Genera2onen, der Eltern – und der Kindergenera2on o Sorgt sich zunächst um die jüngere Genera2on o Erfüllt Erziehungsaufgaben und -pflichten, Bildungsprozesse, sozialisatorische Interak2on, … o Bringt Freiheiten aber auch Verbindlichkeiten o VermiDelt norma2ve Erwartungen o Also Ehepaar ohne Kind keine Familie o Solidaritätsbeziehungen § Nichtaustauschbarkeit der Personen (biologisch-sozialer Vater s2rbt à wenn S2efvater, dann ist dieser maximal ein sozialer Vater. Aber niemand kann den biologisch-sozialen Vater austauschen) § Ero2sche Solidarität (Paarebene) § Affek2ve Solidarität (emo2onale Bindung) § Solidarität des gemeinsamen Lebenswegs (zeitliche Unbegrenztheit der Beziehung) 12 § Unbedingtheit der Sozialbeziehungen im Sinne von Nichtauflösbarkeit (in Paarbeziehung bildet einen grenzen- und kriterienlose Vertrauensvorschuss die Grundlage der Beziehung) o Als Beziehungsform ordnet Familie Genera2onsverhältnisse und arrangiert eigenlogische Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, bes2mmt durch einen Kanon an Rechten und Pflichten § Verkörpert Nähe, Vertrauen und Verlässlichkeit § Verbunden mit Anspruch, einander verpflichtet zu sein und zu bleiben, auch wenn der Status der Beziehung unklar, brüchig wird (Weihnachtsessen, man geht auch wenn es eine schlechte S2mmung gibt) § Repräsen2ert eine bes2mmte Art des Umgangs miteinander § Beziehungen sind affek2v, anerkennend und auf gegensei2ge Wertschätzung bezogen, so dass Gefühle miteinander geteilt, aber auch ertragen werden müssen § Bringt individuelle Geschicke in PartnerschaY, ElternschaY und Eltern- Kind-Beziehungen zusammen, demonstriert Zusammengehörigkeit und bildet SolidargemeinschaYen o Als Beziehungs- und Lebensform zeigt Familie unabhängig von ihren vielfäl2gen Erscheinungsformen in der heu2gen GesellschaY eine unerschüDerliche Vitalität - sie ist kein Auslaufmodell oder eine Zombie-Kategorie, sondern sehr wich2g! - Historische und aktuelle Entwicklungen o Ganzes Haus (HausgenossenschaY) à Bürgerlich (GaDen bzw. Kernfamilie) à (Un)konven2onelle Familien (neue MiDelschicht, Co-Paren2ng, Wechselmodelle,…) o Altertum § à Hochkulturen der alten Welt § konjungale Familie = Kernfamilie § erweiterte Familie = Stammfamilie § konsanguine Familie = Blutsverwandte § matrizentrische Familie = Single Mom o MiDelalter § à Zeit der Völkerwanderung (5. bis 15. Jahrhundert) § engere Familie = monogame Familie § Ga6en – oder Kernfamilie = BlutsverwandschaY § Erweitere Familie = zwei oder mehr Kernfamilien § Eheliche Kleinfamilie = § Häusliche Herde = FamiliengemeinschaY o Neuzeit § à Ganzes Haus (15. bis 19. Jahrhundert) § Konsolidierung Kernfamilie durch Erbteilung etc. § Hausgemeinscha> = Familienoberhaupt, seine Frau und untergeordnete Kinder § Hierarchisierung der Beziehungen § Haushalte können sich auch aus mehreren Kernfamilie zusammensetzen § Sehr unterschiedlich je nach Milieu à in Arbeiterfamilie anders 13 o Moderne § Moderne Familie (19. Jahrhundert) § Isolierte Kleinfamilie eingebeDet in ein «offenes mul2lineares Ga6enfamiliensystem» § Rückzug ins Private § Klare Geschlechter- und Rollenverteilung § Zweigenera2onenfamilie § Trennung von Wohnen und Arbeiten o Spätmoderne § 20. und 21. Jahrhundert § Kernfamilie mit wenigen Kindern à bewusstere Kinderentscheidung, Lebensplanung § MulBlokale MehrgeneraBonenfamilie § Pluralität und Formenvielfalt (Regenbogenfamilie, Scheidung, …) - Theore2sche Perspek2ven auf Familie o Grundannahmen § Genera2onenbeziehung, Care, Privatheit § Juris2sch und moralische Ins2tu2on § Dynamisches Geschehen à organisieren, strukturieren, … § Neu zu erbringende biographische Herstellungsleistung à immer wieder neue Herausforderungen, Reproduk2on o Zwei Grundformen der Herstellung von Familien § Organisatorisch (durch alltägliche Prak2ken) § Symbolisch (Zusammengehörigkeitsgefühl, displaying family) o Doing family § Doing gender à Geschlecht als soziale Praxis, interak2ver Prozess § Lebensführung à Alltagsgestaltung, stabiler Gesamtzusammenhang o Strukturale Triade § Die Triade ist eine die Familie ordnende Struktur, die der inneren Verfasstheit von Familie – ob konven2onell oder unkonven2onell, ob in Vergangenheit oder der Gegenwart – eine Gestalt verleiht. § Familie ist triadisch à Beziehungsdynamiken und die Besonderheit der Sozialbeziehungen selbst 14 § Jede Familie, egal wie unkonven2onell, beginnt mit einer Dreierkonstella2on - ErziehungswissenschaYliche Forschung zu Familie o Familie = besondere Lebensform genera2ons-übergreifender Solidaritätsbeziehungen, die durch tektonische Verschiebungen verändern o Familie wird stets von verschiedenen Bereichen beeinflusst à Digitalisierung, Medien, SÖS, Kultur, Gender, Religion, … 01.12.23 Klassikerinnen: Frauen in der ErziehungswissenschaB - Rückblick Jugend = in der Moderne entstanden (ab dem 20. Jahrhundert im SchniÄeld von ErziehungswissenschaY und Soziologie), fluider Begriff (LebensabschniD zwischen Kind und Erwachsen sowie bes2mmte soziale Gruppen innert der GesellschaY), demografischer Wandel (Lebensdauer verlängert sich, Lebensphasen werden länger), besondere soziale Bedeutung der Lebensphase, Statuspassage vom Kind zum erwachsenen (Peers, soziale Medien, Ausbildung und Berufsfindung, Entwicklungsaufgaben) - Rückblick Familie = Familie als selbst gestaltete soziale Wirklichkeit, als soziale Praxis des Zusammenlebens. Familie = mind. 2 Genera2onen!!, arrangierte Sorgeverhältnisse, Erziehungsaufgaben – und pflichten, Bildungsprozesse, …Wandel von Familie und Familienformen von Altertum bis Spätmoderne (diese Folie muss man nicht auswendig lernen! à dafür Doing-family und Triade wich2g, erziehungswissenschaYliche Familienforschung können, auch wenn der Gastvortrag nur kurz darüber geredet hat) o Doing-Family ist eine praxeologische Perspek2ve auf Familie (Herstellung von Familie in aller Vielfalt) o Strukturale Perspek2ve auf Familie mit dem triadischen Beziehungsgefüge. - Zusatz zur Vorlesung Familie: o Schweizerisches ZGB-Familienrecht à «Gesamtheit der Normen, welche die personen- und vermögensrechtlichen Beziehungen der durch Ehe oder VerwandtschaY verbundenen Personen regeln, sowie das Erwachsenenschutzrecht» o Familienpoli2k (Bundesamt für Sozialversicherungen) à «Der Begriff der Familie bezeichnet jene Lebensformen, die in den Beziehungen von Eltern und Kindern im Mehrgenera2onenverbund begründet und gesellschaYlich anerkannt sind» à was die Schweiz ganz grundlegend unter Familie versteht o Familienar2kel Ar2kel 116 Bundesverfassung à regelt die Rechte von Familien - Beispiele für eine Prüfungsfrage à in ganzen Sätzen oder MC-Fragen (Frage gibt 3 Punkte, also müssen 3 angekreuzt werden!! Immer so. Und im Zweifelsfall bei 1 von 3 lieber nicht ankreuzen, sonst minus, lieber 2 punkte als 1) à man kann auch eine Prüfungsfrage bekommen, wo man S2chpunkte zuordnen muss - Vorbemerkungen o Klassiker finden sich in allen Disziplinen, aber was man darunter versteht, ist fachspezifisch o Klassiker fast nur Männer - Defini2on von einem Klassiker: o Gemeinsamer Korpus von Texten trägt zu einem Fundus bei, an dem man sich abarbeiten und auf den man jederzeit wieder zurückgreifen kann 15 o Hans-Georg Gadamer à «Klassisch ist, was sich bewahrt, weil es sich selbst bedeutet und sich selber deutet.» à was sich über die Zeit immer wieder als wertvoll beweist à wird immer wieder gelesen und als wertvoll gedeutet à dabei gibt es zwei kons2tu2ve Momente: historisch und norma2v (ein Klassiker muss vergangen sein und es braucht Zeit, um sich zu bewähren und es kann in neuen Kontexten immer wieder gelesen werden = norma2v) = Das, was über die Zeit hinweg in verschiedenen Kontexten immer wieder gelesen werden kann und Bedeutung für die je spezifische historische SituaBon erlangen kann o Hans Scheuerl à «Klassiker müssen nicht die ersten sein, die eine Posi2on vertreten, aber sie müssen eine pädagogische Posi2on oder Idee möglichst prägnant darstellt» à Zeit und Norm weniger wich2g, aber Qualität wich2g - Klassikerinnen à kri2sche Auseinandersetzung begann in den 1970/80ern intensiver, aber gab sie schon viel früher o Mathilde Vaer2ng: erste Professorin für ErziehungswissenschaY, kam aus einer reichen Bauernfamilie, was das Studieren vereinfachte à Ziel der Erziehung ist laut ihr «die siDliche Autonomie, die im eigenen Selbst begründet ist» o Maria Montessori: Ärz2n, Schule gegründet (Montessorimaterial: «Hilf mir, es selbst zu tun» à weltweit über 40'000 Montessori-Einrichtungen!), Gerüchte, dass sie Mussolini-Fan war à Ziel der Erziehung ist laut ihr «dem Kind auf eine angemessene Weise zur Entaltung aller KräYe zu verhelfen» o Anna Siemsen: Sozialis2n, deswegen wurde sie poli2sch verfolgt, Erziehung ist laut ihr «die höchste gesellschaYliche Aufgabe», gibt wenig Literatur zu ihr o Minna Specht: Lebensgefähr2n vom Philosophen Leonard Nelson, Lehrerin, Gerech2gkeit und VernunY in der GesellschaY sehr wich2g, Erziehung ist laut ihr «autoritätsfrei und undogma2sch, SelbsDä2gkeit der Kinder und Urteilsbildung durch eigene Erfahrung ist essenziell», Leiterin der Odenwaldschule (reformgeleitete Schule, die früher sehr wich2g war) o Weitere Klassikerinnen: § Jane Addams: amerikanische Feminis2n, Sozialreformerin, Soziologin § Elisabeth Blockmann: deutsche Pädagogin, eine der ersten Professorinnen § Ellen Key: schwedische Reformpädagogin und SchriYstellerin § Helene Lange: Poli2kerin, Pädagogin, Frauenrechtlerin § Edith Geheeb: deutsche Reformpädagogin § Olga Essig: deutsche Berufsschulpädagogin => viele wurden verfolgt, weil sie WissenschaY und Ak2vismus vermischt haben à generell kri2sch wegen WissenschaYlichkeit 08.12.23 Erziehung, quo vadis? - Erziehungs- und bildungswissenschaYliche Forschung: Erziehungsbegriff findet im Nachdenken und Sprechen über Erziehung wenig Beachtung - Grosses Interesse an Erziehung im öffentlichen Diskurs - Kinder und Jugendliche durch absichtsvolles Handel befähigen, GemeinschaY mitzugestalten - Erziehung = individuell zu verantwortende und zu gestaltende Begleitung des Lebenslaufs von Kindern und Jugendlichen; intersubjek2ver Handlungszusammenhang à immer in Bezug auf ein und mit einem Kind. Erziehung als Form des 16 Miteinanderumgehens, wenn ein Kind als Akteur in Erscheinung triD, Voraussetzung ist die Annahme der Bildsamkeit - Bildsamkeit = «Bildsamkeit des Zöglings», Theorie von Herbart, die das Miteinanderumgehen von Erziehung und Edukand thema2siert. Grundlegenden, faceDenreichen und anspruchsvollen Zugang zum Verständnis von Pädagogik verschaffen o ErziehungsbedürYigkeit: Mensch ist imperfektes Wesen, ist auf Erziehung angewiesen. Erziehung braucht es, weil man sich nicht auf Aufwachsen ohne Erziehung stützen soll (es nicht riskieren soll). Mensch braucht Erziehung, weil er bildsam ist. o Erziehungsfähigkeit: Mensch ist fähig, diese Unterstützung anzunehmen. o Erziehungstatsache: steht ab dem Moment seiner Geburt in einer Geschichte der Erziehung, in der er sich in den Auseinandersetzungen mit seinem Erzieher die altersentsprechenden Fähigkeiten des Weiterkommens aneignet => Bildsamkeit kann nicht ohne andere Menschen da sein (Erziehung zwischen mindestens 2 Personen) - Kinderrechte: 20. November 1989, UN-Konven2on über Kinderrechte, Existenz eines Menschenrechtsabkommens ausschliesslich für Kinder à wieso? - Kern des interna2onalen Systems zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte bilden Menschenrechtsverträge. Bilden zusammen mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die interna2onale Menschenrechtscharta - Der Weg zur UN-Kinderrechtskonven2on o Genfer Erklärung 1924 o Deklara2on der Kinderrechte (1948 und 1959) o Revidierte Konven2on der Kinderrechte (1978) o Konven2on der Kinderrechte, Übereinkommen über die Kinderrechte (UN- KRK = UN-Kinderrechtskonven2on) 1989 => Kinderrechte wurden vor allem aus wirtschaYlichen Gründen nicht eingeführt (Kinderarbeit war profitabel). 65-jährige Entstehungsgeschichte! - Art der Kinderrechte o Schutzrechte(z.B. Kinderarbeit verboten) o Förderrechte (z.B. Recht auf Leben und Bildung) o Mitwirkungs- Anhörungs- und Beteiligungsrechte (z.B. Meinungsäusserung des Kindes bei Scheidung der Eltern) § Führung des Kindes und Entwicklung seiner Fähigkeiten (Art. 5) «In einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise angemessen zu leiten und zu führen» à Entwicklung des Kindes soll bei Erziehung berücksich2gt werden - Kinderrechte und BIldsamkeit o Problem: Recht ist nicht pädagogisch gedacht (ab dem 18. Geburtstag plötzlich kein Kind mehr und hat andere Pflichten und Rechte) o Berücksich2gung des Alters bzw. der Reife des Kindes und dessen Fähigkeiten = «Die auf jeder Altersstufe erworbenen Fähigkeiten des Weiterkommens» o Bildsamkeit als Leistungs- und Funk2onszusammenhang à Bildsamkeit ist sinnvoll o Problem: Haltung als sinnvoll zu erachten, kann nicht vorausgesetzt werden. Haltung muss überzeugen, egal wie sinnvoll es ist. Haltung ist nichts, was sich vorschreiben/erzwingen lässt. Deswegen brauchen wir Kinderrechte. Sonst bleiben die Argumente wirkungslos. 17