PDF Vorlesungen_Notizen Privatrecht
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Diese PDF-Datei enthält Vorlesungsnotizen zum österreichischen Privatrecht. Die Notizen umfassen Themen wie Privatrechtssubjekte, Rechtsfähigkeit, Handlungsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, Deliktsfähigkeit und wichtige Vertragsrechtlichen Aspekte. Die Datei dient als Zusammenfassung wichtiger Konzepte und Rechtsgrundsätze im Privatrecht.
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1. Einheit Privatrechtssubjekte: 1. Allgemein: 2. Natürliche Personen: § 16 Natürliche Person Natürliche Person: ist ein Einzelwesen, das als lebendiges Individuum existiert und rechtliche Rechte und Pflichten innehat. Dies umfasst Me...
1. Einheit Privatrechtssubjekte: 1. Allgemein: 2. Natürliche Personen: § 16 Natürliche Person Natürliche Person: ist ein Einzelwesen, das als lebendiges Individuum existiert und rechtliche Rechte und Pflichten innehat. Dies umfasst Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, Alter oder Staatsangehörigkeit. Rechtsfähigkeit Rechtsfähigkeit: „Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein“ → (Rechtsfähigkeit bedeutet, dass jemand oder etwas rechtliche Rechte und Verpflichtungen hat. Das gilt für Menschen und Unternehmen gleichermaßen.) o Beginn der Rechtsfähigkeit → Geburt ▪ (grds) mit vollendeter Lebendgeburt (Eine vollendete Lebendgeburt tritt auf, wenn ein Kind nach der Geburt lebensfähig ist und eigenständig außerhalb des Mutterleibes atmet.) ▪ Ausnahme: nasciturus (§ 22 ABGB) – doppelt bedingte Rechtsposition→ Er hat keine Pflichte, aber Rechte "Nasciturus" bezieht sich auf ein ungeborenes Kind, das im Mutterleib existiert und bestimmte rechtliche Anerkennung und Schutz genießt. o Ende der Rechtsfähigkeit→ Tod ▪ Totenschein, Todesbeweis, Todeserklärung (bei Verschollenheit) Bsp.: Sowohl das ungeborene Kind (bedingt rechtfähig), ein 2-jähriges Kind, als auch ein 80-jähriger Pensionist sind rechtsfähig. Handlungsfähigkeit Handlungsfähigkeit: „… Fähigkeit einer Person, sich im jeweiligen rechtlichen Zusammenhang durch eigenes Handeln zu berechtigen und zu verpflichten“ (§ 24 (1) S 1 ABGB) (Handlungsfähigkeit bedeutet, dass jemand in der Lage ist, rechtliche Entscheidungen zu treffen und Verträge abzuschließen) 1 o Individuelle Voraussetzungen: ▪ Geisteszustand: Gem § 865 (1) S 2 ABGB setzt Geschäftsfähigkeit voraus, „dass die Person entscheidungsfähig ist und wird bei Volljährigen vermutet“ o Generelle Voraussetzungen: ▪ Alter Geschäftsfähigkeit Geschäftsfähigkeit: „… Fähigkeit einer Person, sich durch eigenes Handeln rechtsgeschäftlich zu berechtigen und zu verpflichten“ (§ 865 (1) ABGB) (Geschäftsfähigkeit bedeutet, dass jemand alt genug und geistig fit genug ist, um Verträge abzuschließen. Minderjährige und manchmal auch Personen mit geistigen Beeinträchtigungen haben möglicherweise nicht die volle Geschäftsfähigkeit.) Die Eltern müssen zustimmen → sonst gibt es keinen Vertrag Deliktsfähigkeit Deliktsfähigkeit: Fähigkeit aus eigenem rechtswidrigem Verhalten schadenersatzpflichtig zu werden (Deliktsfähigkeit bedeutet, dass jemand für sein Fehlverhalten haftbar gemacht werden kann. Erwachsene sind normalerweise deliktsfähig, während Minderjährige und geistig beeinträchtigte Personen möglicherweise eingeschränkte Deliktsfähigkeit haben.) ▪ bis 14 Jahre nicht deliktsfähig (§ 176 ABGB) es haften die Aufsichtspflichtigen (wenn Aufsichtspflicht vernachlässigt; § 1309 ABGB) Ausnahme: (subsidiäre) Billigkeitshaftung unter 14 Jahren (insb bei Einsichtsfähigkeit; § 1310 ABGB) (Kinder unter 14 Jahren sind normalerweise nicht direkt für Schäden verantwortlich. Stattdessen können die Eltern haftbar gemacht werden, wenn das Kind den Schaden nicht ausgleichen kann) 2 3. Juristische Personen: Rechtsfähigkeit o Beginn / Ende hängt von Rechtsform ab; zB o Beginn GmbH / AG: (konstitutive) Eintragung im FB o Ende GmbH / AG: (konstitutive) Löschung im FB o Juristische Personen haben die gleichen Rechte und Pflichten, wie Menschen Geschäftsfähigkeit o JP nicht geschäftsfähig, dafür braucht es natürliche Personen, die für sie als Vertreter handeln o Organe, zB Geschäftsführer, Vorstand Deliktsfähigkeit o JP wird aber das schuldhafte Verhalten ihrer Organe und ihrer Repräsentanten (Machthaber) zugerechnet, wenn diese in Ausübung ihrer Funktion gehandelt haben Grundsätze des Vertragsrechts: 1. Privatautonomie und ihre Schranken o Zivilrecht verfolgt die Privatautonomie o Privatautonomie: ist die Möglichkeit jedes Rechtssubjekts, seine rechtlichen Beziehungen nach eigenem Willen frei zu gestalten o Daher hat jeder Entscheidungsfreiheit, ob und in welcher Weise er rechtsgeschäftlich tätig wird. o Abschlussfreiheit und Inhaltsfreiheit= Ausprägungen der Privatautonomie Ein Versorgungsunternehmen ist Bürgerschaft bezeichnet die Testierform bezieht sich auf die Zwangsgerichtsstände ermöglichen Gesetzliche Verbote sind durch ein Unternehmen, das Gesetze festgelegte Regeln, die rechtliche und soziale rechtlichen Anforderungen, die erfüllt einem Gericht, in bestimmten Fällen zu Dienstleistungen wie bestimmte Handlungen verbieten, Zugehörigkeit einer Person sein müssen, damit ein Testament als entscheiden, obwohl es normalerweise Energieversorgung (Strom, Gas), während gute Sitten auf allgemein zu einem Staat oder einer gültig angesehen wird, wie z.B. die nicht zuständig wäre. Wasserversorgung, akzeptierten moralischen Normen Gemeinschaft, was ihr Schriftform und die Unterschrift des Abwasserentsorgung oder und ethischen Standards beruhen. bestimmte Rechte und Testators. → nicht Prüfungsrelevant Telekommunikation bereitstellt. Pflichten verleiht. 3 2. Unternehmer und Verbraucher Wer ist Unternehmer? Wer ist Verbraucher? Unternehmensgesetzbuch: Konsumentenschutzgesetz: 3. Unternehmer und Verbraucher – Anwendbare Gesetze Geschäfte zwischen Unternehmern ABGB UGB Bsp: Die Bau AG kauft von der Schotter GmbH 10 Tonnen Sand. Geschäfte zwischen Nicht-Unternehmern ABGB Bsp: Student Henning kauft von der Pensionistin Marie ein gebrauchtes Auto. Geschäfte zwischen Unternehmer und Verbraucher ABGB KSchG FAGG teilweise UGB Bsp: BWL-Student Justus bestellt bei einem Online-Versandhandelsunternehmen einen Drucker. Rechtsgeschäftslehre: 1. Willenserklärungen Rechtsgeschäfte bestehen aus einer oder mehreren Willenserklärungen (insb. Verträge) Ein Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung zustande → Diese Willenserklärung nennt man Angebot und Annahme Willenserklärung: ist eine mit Rechtsfolgewillen abgegebene Erklärung einer Person, welche nach außen tritt (z.B. durch Sprechen, Schreiben, Deuten) o ausdrückliche (= geschrieben, gesprochen, allgemein anerkannte Zeichen) Willenserklärung ▪ Ausdrücklich: A sagt: „Um € 3.000 kaufe ich das Auto.“ → Allg. anerkannte Zeichen: B nickt zustimmend mit dem Kopf o schlüssige (= konkludente) Willenserklärung (§ 863 ABGB) ▪ Konkludent: Supermarkt-Fall (das Ablegen der Ware auf das Kassaband → man sagt im Supermarkt auch nicht laut „ich kaufe die Tomaten“) 4 Bloßes Schweigen gilt grds nicht als Willenserklärung Zugangsprinzip: wirksam ab Einlagen im Machtbereich des Empfängers! o Da sich die Willenserklärung an eine bestimmte Person richtet, muss sie nach außen treten, um Gültigkit zu erlangen. Zweifellos ist die Willenserklärung dann Wirksam, wenn der Empfänger sie tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. 2. Vertragsabschluss Offener Dissens Erklärungen decken sich schon äußerlich nicht Es liegt ein offener Dissens vor, die Prüfung des Vertragsabschlusses kann mangles sich deckender Willenerklärungen abgeborchen werden Bsp: o A möchte B einen Anzug um € 500 verkaufen. B möchte aber nur um € 400 kaufen. o Vera bietet an, einen Anzug um 600 ohne Abzüge zu verkaufen, Krista erklärt sich einverstanden, wenn sie 10% erhält → Die Willenserklärungen decken sich schon äußerlich nicht → Die Annahme entspricht nicht dem Angebot es besteht Dissens Natürlicher Konsens Wenn beide Parteien tatsächlich dasselbe wollen, es liegt ein natürlicher Konsens vor Maßgeblich ist übereinstimmender Wille (beide Parteien wollen dasselbe) Falschbezeichnung schadet nicht („falsa demonstratio non nocet“), weil natürlicher Konsens vorliegt Bsp: o A möchte B einen Anzug um € 500 verkaufen. B möchte auch um € 500 kaufen. Normativer Konsens: Vertrauenstheorie Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers Objektiver Erklärungswert Bsp: o A verkauft B einen Anzug um 500 in seinem Geschäft in London. B ist von einem Kaufpreis in €, A hingegen von einem Kaufpreis in £ ausgegangen 5 3. Vertragsabschluss – Vertragsauslegung § 914 ABGB: 1. Einfache Auslegung ▪ Auszugehen ist dabei: vom Wortsinn der Erklärung in seiner gewöhnlichen Bedeutung, dabei ist auf die Übung des redlichen Verkehrs Bedacht zu nehmen Bsp: o Bei der Auslegung des Begriffs „unverzügliche Lieferung“ ist darauf Bedacht zu nehmen, welche administrativen und technischen Anforderungen mit der Lieferung der betreffenden Ware verbunden sind. o Mit „Viertel Neun“ ist in Wien eine andere Uhrzeit gemeint, als in Vorarlberg, diese regionalen Gegebenheiten sind zu beachten o Viktor verkauft Konrad einen Computer um 2000 Euro. Bei der Lieferung ist eine Rechnung dabei, auf der ein Kaufpreis von 2400 ausgewiesen ist. Selbstverständlich sei die MwSt beim Kaufpreis dabei, meint Konrad. Es besteht eine Verkehrssitte, wonach der Preis inkl. Steuern zu verstehen ist. Konrad hat also Recht. 2. Dispositives Recht kann uU Lücke schließen ▪ Wurde über den eintretenden Konfliktfall nicht gesprochen, kann dispositives recht die vorhandene Lücke schließen Bsp: o Dispositive Regelungen über Leistungsort und Leistungszeit (§§ 904 f ABGB) o V verkauft K seinen Gebrauchtwagen. Einige Tage nach Übergabe zeigt sich, dass die Bremsen defekt sind. Auch wenn die Vertragsparteien nicht über die Folgen der Schlechterfüllung gesprochen haben, kann sich K auf das dispositive Gewährleistungs- und Schadenerstazrecht stützen 3. Ergänzende Auslegung ▪ Wurde über das auftretende Problem nichtr gesprochen, ist auch eine ergänzende Auslegung der Vereinbarung möglich ▪ Es richt sich nach dem hypothetischen Parteiwille – es ist zu fragen: Was hätten redliche, vernünftige Parteien vereinbart? Bsp: o X GmbH und Y GmbH haben ein gemeinsames Projekt vereinbart. Die Erteilung einer der für die Umsetzung des Projekts erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung wird von der zuständigen Behörde verweigert. Das Vorhaben kann nun entweder angepasst oder aufgegeben werden. Hätten vernünftige Parteien in Kenntnis der künftigen behördlichen Entscheidung eine bestimmte Anpassung des Projekts vereinbart, so ist der Vertrag dahingehend auszulegen. 4. Unklarheitenregel (§915 ABGB) ▪ Erst wen ndie Auslegung nach den ersten drei Schritten zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat, geben die Unklarheitenregeln des §915 Auskunft. ▪ Unentgeltliche Rechtsgeschäfte → im Zweifel die geringere als die schwerere Last für Verpflichteten ▪ Entgeltliche Rechtsgeschäfte → eine undeutliche Auslegung wird zum Nachteil desjenigen ausgelegt, der sich derselben bedient hat 6 5. Dissens ▪ Lässt sich mit Hilfe dieser vier Auslegungsregeln kein eindeutiger vernünftiger Erklärungssinn ermitteln, ist das Geschäft wegen Unbestimmtheitnichtig, es liegt Dissens vor ▪ Es liegt keine Einigung der Vertragsparteien über einen gewissen Punkt vor ▪ Dieser kann auch nicht durch die Auslegungsregeln ermittelt werden ▪ Es kommt grundsätzlich zu keinem Vertragsabschluss! 4. Allgemeine Geschäftsbedingungen: - Werden Vertragsbestandteil kraft Vereinbarung der Parteien - Sowohl ausdrückliche als auch schlüssige Vereinbarung möglich - Tatsächliches Durchlesen nicht erforderlich! 7 Fallbeispiele 1 Fall 1: Die neunjährige Marie geht zum Zeitschriftenhändler Justus und sagt, sie wolle das neue „Lustige Taschenbuch“ von Walt Disneys kaufen. Justus gibt ihr das Heft und verlangt dafür € 4,-. Marie hat kein Geld mit, verspricht aber, am nächsten Tag € 4,- vorbeizubringen, womit Justus einverstanden ist. Die Eltern weigern sich, Marie das Geld für das Taschenbuch zu geben. Kann Justus von Marie oder ihren Eltern € 4,- verlangen? Antwort: Es liegt zwar ein altersübliches Geschäft über eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens vor, allerdings ist ein derartiges Rechtsgeschäft erst mit Erfüllung der den Minderjährigen treffenden Pflichten wirksam. Da Marie gerade nicht gezahlt (ihre Pflicht aus dem Geschäft nicht erfüllt) hat, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam. Daher kann Justus von Marie keine Zahlung verlangen. Von den Eltern kann Justus auch keine Zahlung verlangen, da sie nicht seine Vertragspartner sind. (Justus hat freilich einen Anspruch auf Herausgabe des Taschenbuchs.) Für Fall 2 und Fall 3, beurteilen und begründen Sie, ob in folgenden Fällen ein Verbrauchervertrag vorliegt und ob das KSchG zur Anwendung gelangt: Fall 2: Der Unternehmer Viktor tätigt im Supermarkt einen Großeinkauf an Champagner (30 Kisten) für seine Geburtstagsparty. Antwort: F ist Verbraucher, da das Geschäft nicht zum Betrieb seines Unternehmens gehört (Geburtstagsparty). Betreiber des Supermarkts ist hingegen ein Unternehmer, da der Supermarkt eine auf Dauer eingerichtete Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit darstellt. Fall 3: Der Tischlermeister Toni bestellt vor Aufnahme seines eigenen Tischlereibetriebs eine gebrauchte Holzfräse beim Maschinenhändler Max. (Vergleichen Sie dazu insb § 1 Abs 3 KSchG). Antwort: Toni und Max sind zwar Unternehmer, jedoch ist der Kauf der Holzfräse für Toni noch ein Vorbereitungsgeschäft (§ 1 Abs 3 KSchG), sodass er noch wie ein Verbraucher behandelt wird und für ihn die Vorschriften des KSchG zur Anwendung gelangen. 8 2. Einheit Inhaltliche Mängel des Vertrages 1. Wurzelmängel - Grundlagen Bindung an die Vereinbarung Pacta sunt servanda („Verträge sind einzuhalten“) Durchsetzbarkeit o Hält sich eine der Parteien nicht an eine selbst auferlegte Verhaltenspflicht, so kann die andere die Einhaltung der Vereinbarung gerichtlich verlangen und notfalls zwangsweise durchsetzen o Gerichtlich o (notfalls) zwangsweise Bsp.: o Valerie hat Klara ein Auto um 25.000 verkauft. Zahlt Klara den Kaufpreis zum vereinbarten Zeitpunkt nicht, kann Valerie diese Pflicht Klaras notfalls gerichtlich durchsetzen. Ausnahmen von der Bindung Wurzelmangel (=Fehler im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) o Unwirksamkeit – Absolute Nichtigkeit o Berufung auf Unwirksamkeit – relative Nichtigkeit /chwebende Unwirksamkeit o Gestaltungsrecht – z.B. Anfechtung Leistungsstörung (=Fehler, der nach Vertragsabschluss bei Erfüllung auftritt) 2. Wurzelmängel – Anfängliche Unmöglichkeit Anfängliche Unmöglichkeit: Erbringung des Versprochenen ist bei Geschäftsabschluss unmöglich Es unterscheidet sich von nachträglichen Unmöglichkeiten (Fehler kommt nachträglich → Leistungsstörung) klar Anfängliche Unmöglichkeit liegt vor, wenn eine Vertragsleistung von Anfang an nicht erbracht werden kann, etwa weil das Vertragsobjekt schon beim Vertragsabschluss nicht existiert. Der Vertrag ist dann nichtig, da die erforderliche Leistung unmöglich ist. Bsp: Unmöglich ist der Erwerb einer bereits zerstörten Uhr. Wurde die Uhr vor Abschluss des Kaufvertrages zerstört, liegt anfängliche Unmöglichkeit vor. Man unterscheidet zwischen „geradezu“ Unmöglichem (Wurzelmangel) und schlichter anfänglicher Unmöglichkeit (kein Wurzelmangel). o Geradezu Unmögliches (Wurzelmangel): Die Erfüllung des Vertrages ist absolut unmöglich, weil das Vertragsobjekt nicht existiert oder nie existieren konnte. (rechtlich unmöglich und faktisch absurd) Bsp: Rechtlich Unmögliches: Wohnungseigentum für mehr als zwei Personen Faktisch Absurdes: Versprechen, zur Sonne zu reisen o Schlichte anfängliche Unmöglichkeit (kein Wurzelmangel): Die Vertragserfüllung ist von Anfang an unmöglich, aber die Gründe sind weniger tiefgreifend, etwa aufgrund spezifischer, veränderbarer Umstände. 9 3. Wurzelmängel - Gesetz- oder Sittenwidrigkeit Geregelt ist das Ganze im § 879 ABGB: Verträge, die gegen gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstoßen, sind nichtig Zwingendes Recht (keine abweichenden vertraglichen Vereinbarungen möglich) Gesetzwidrigkeit: Zweck der Verbotsnorm (Inhaltsverbot) Bsp: Wucher Gesetwidrig ist, was verboten ist und damit absolut nichtig ist Gesetzwidrigkeit bezeichnet eine Handlung oder Vereinbarung, die gegen bestehende Gesetze verstößt. Sittenwidrigkeit: „Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, also aller billig und gerecht Denkenden“ Persönlichkeitssphäre, wirtschaftliche Übermacht, Einrichtungen der Rechtsordnung, familienrechtliche Institutionen Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn eine Handlung oder Vereinbarung grundlegenden moralischen oder ethischen Normen der Gesellschaft widerspricht Rechtsfolgen: Absolute oder relative Nichtigkeit Gesamt- oder Teilnichtigkeit Bsp: Werkvertrag zum Diebstahl einer Uhr → unwirksam Verträge mit Pfuschern → wirksam Bsp: Verzicht auf Rechtsweg bei zukünftigen Streitigkeiten → unwirksam 4. Wurzelmängel – Willensmängel 10 Irrtum Irrtum ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit Beachtliche Irrtümer sind Erklärungs- und Geschäftsirrtümer Ein Irrtum ist kausal, wenn er die Willensbildung beeinflusst hat Ein Irrtum führt zur Anfechtbarkeit des Vertrages, wenn er durch die Gegenpartei verursacht wurde, der Gegenpartei hätte offenbar auffallen müssen oder rechtzeitig aufgeklärt wurde Ein zurecht angefochtener Vertrag wird ex tunc beseitigt und muss rückabgewickelt werden Irrtum ist ein falsches Verständnis oder eine falsche Annahme über eine Tatsache. Arten von Irrtümern o Erklärungsirrtum: Irrtum über den Inhalt der eigenen Erklärung o Geschäftsirrtum: Irrtum über den Vertragsinhalt o Motivirrtum: Irrtum über die Beweggründe für den Vertragsschluss (grds unbeachtlich!) Geltendmachung des Irrtums 11 o Klage des Irrenden oder o Einwendung des Irrenden o Behauptungs- und Beweislast des Irrenden o Kausalität des Irrtums für Vertragsabschluss o Verjährung: 3 Jahre ab Vertragsabschluss Rechtsfolge der Anfechtung o Wegfall des Vertrages mit Ex-tunc-Wirkung o Rückabwicklung von bereits erbrachten Leistungen o Prozess und Voraussetzungen für die Anfechtung eines Vertrags wegen Irrtums: 1. Existenz eines Vertrags: Ein rechtsgültiger Vertrag muss vorliegen. 2. Vorhandensein eines Irrtums: Eine Partei war sich über wesentliche Fakten beim Vertragsabschluss nicht im Klaren. 3. Kausalität des Irrtums: Der Irrtum war ausschlaggebend für den Vertragsabschluss. 4. Erheblichkeit des Irrtums: Der Irrtum betrifft wichtige Vertragsaspekte. 5. Erfüllung einer der Voraussetzungen nach § 871 ABGB: Der Irrtum muss sich auf wesentliche Eigenschaften der Sache oder Person oder auf den Beweggrund des Vertrages beziehen. 6. Verjährungsfrist von 3 Jahren: Die Anfechtung muss innerhalb dieser Frist erfolgen. 7. Rechtsfolgen: Die erfolgreiche Anfechtung führt zur Nichtigkeit des Vertrags und kann Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. Drohung Drohung in rechtlichem Sinne ist die Androhung eines Übels gegen jemanden, um dessen Willen zu einer bestimmten Handlung zu beeinflussen. Bsp: A will B‘s Wohnung erwerben. Da B nicht verkaufen möchte, droht ihm A damit, ihn wegen einer Straftat anzuzeigen. Daraufhin verkauft B die Wohnung unter Wert. Ein Vertrag kommt zustande, dieser kann aber angefochten werden. 12 List: - List ist das absichtliche Täuschen oder Irreführen einer Person, um sie zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. (Zivilrechtlicher Betrug) („obwohl es ihm Bewusst war“) Bsp: Wenn A dem B weismacht, dass in Kürze in der Nachbarschaft ein Atomkraftwerk gebaut werde, obwohl er weiß, das keine derartigen Pläne existieren und B daraufhin A sein Haus verkauft, liegt List vor und ist der Vertrag anfechtbar. 5. Verbraucherschutz 13 Stellvertretung 1. Grundlagen Stellvertretung = Rechtsgeschäftliches Handeln für andere indirekte Stellvertretung / direkte Stellvertretung Beteiligte Personen sind o der Stellvertreter, o der Vertretene (Geschäftsherr) und o der Dritte, mit dem der Vertrag abgeschlossen wird 2. Grundlagen - indirekte Stellvertretung Der Stellvertreter handelt in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Vertretenen. Die rechtliche Bindung des Vertrags besteht zunächst zwischen dem Stellvertreter und dem Dritten. Der Vertretene ist nicht direkt in das Außenverhältnis involviert, sondern wird vor allem im Innenverhältnis durch die Handlungen des Stellvertreters betroffen. Der Dritte muss nicht unbedingt wissen, dass der Stellvertreter für einen anderen handelt. 14 3. Grundlagen - direkte Stellvertretung Der Stellvertreter handelt im Namen des Vertretenen Die Vertragsbeziehung entsteht direkt zwischen dem Vertretenen und dem Dritten. Der Dritte muss wissen, dass er mit dem Vertretenen und nicht mit dem Stellvertreter einen Vertrag schließt. Eine ausdrückliche Vollmacht ist notwendig, und diese Vertretungsmacht muss gegenüber dem Dritten offengelegt werden Unterschied zwischen direkter und indirekter Stellvertretung: Bei der direkten Stellvertretung ist der Vertretene offensichtlich die vertragschließende Partei, während bei der indirekten Stellvertretung der Stellvertreter als die vertragschließende Partei nach außen auftritt 4. Stellvertretung – Grundlagen Bei direkter Stellvertretung ist zu trennen o Innenverhältnis (= Dürfen) ▪ kann unterschiedlich ausgestaltet sein (Dienstvertrag, Auftrag, Ermächtigung) ▪ Verletzung des Innenverhältnisses dringt grds nicht nach außen durch ▪ Zusammengefasst: Hier geht es um die Beziehung zwischen dem Vertretenen und dem Stellvertreter, die durch verschiedene Vertragsarten wie Dienstvertrag, Auftrag oder Ermächtigung geregelt sein kann Dieses Verhältnis legt fest, was der Stellvertreter tun darf, also seine Befugnisse und Beschränkungen, die ihm vom Vertretenen auferlegt werden. Verletzungen des Innenverhältnisses, also Handlungen des Stellvertreters, die gegen die Vereinbarungen mit dem Vertretenen verstoßen, haben normalerweise keine direkten rechtlichen Auswirkungen auf das Außenverhältnis. 15 o Außenverhältnis (= Können) ▪ wichtig für die Frage der Gültigkeit einer Vertretungshandlung ▪ Zusammengefasst: Dies bezieht sich auf die Interaktion des Stellvertreters mit Dritten und ist entscheidend für die Wirksamkeit der durch den Stellvertreter ausgeführten Handlungen. Im Außenverhältnis wird bestimmt, ob eine Handlung des Stellvertreters rechtlich gültig ist und ob der Vertretene an diese Handlung gebunden ist. Die Gültigkeit der Vertretungshandlungen hängt davon ab, ob der Stellvertreter die erforderliche Vertretungsmacht besitzt und diese ordnungsgemäß nach außen hin offenlegt. Bsp: Indirekte Stellvertretung V befindet sich derzeit im Ausland und benötigt direkt nach seiner Rückkehr ein Moped. Aus diesem Grund bittet er seinen Freund S, für ihn ein solches zu erwerben. Kauft S das Moped im eigenen Namen, erwirbt daran Eigentum und gibt es dann gegen Ersatz des Kaufpreises an V weiter, damit dieser Eigentümer wird, liegt indirekte Stellvertretung vor. Hier bestehen keine besonderen Probleme, es liegen schlichtweg zwei hintereinander geschaltete Verträge vor. Bsp: Direkte Stellvertretung Bevollmächtigt V den S aber, kann S das Moped im Namen des V kaufen. Dann liegt nur ein Vertrag vor: Durch das Handeln von S (dem Stellvertreter) entsteht direkt ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer (dem Dritten) und V (dem Vertretenen). V ist Gläubiger des Mopeds und Schuldner des Kaufpreises. 16 5. Voraussetzungen der Stellvertretung Vertretungsmacht Rechtsgeschäftliche STV o Jede geschäftsfähige Person kann Vertretungsmacht auch rechtsgeschäftlich begründen o Bevollmächtigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung Organschaftliche STV o Juristische Personen (GmbH, AG, …) handeln durch ihre Organe o Organstellung wird von natürlichen Personen eingenommen (Organwalter, zB Geschäftsführer, Vorstand) Gesetzliche/ gerichtliche STV Offenlegung Handeln im Namen des Vertretenen muss dem Vertragspartner grds offengelegt werden Zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vertreters Alter über 7 Jahre Ausnahme: Für gesetzliche/ gerichtliche STV ist volle Geschäftsfähigkeit notwendig 6. Direkte Stellvertretung- Rechtsgeschäftliche STV- Prokura Prokura ist eine Vollmacht, die ihrem Umfang nach gesetzlich festgelegt und unbeschränkbar (Formalvollmacht) ist im Firmenbuch einzutragen ist nur von 1 Unternehmer, der im Firmenbuch eingetragen ist, erteilt werden kann unübertragbar sowie jederzeit widerruflich ist kann jede Art von Geschäften abschließen (Außer: Keine Grundstücke veräußern und belsaten) Gesetzlich festgelegter Umfang – Prokura ermächtigt o zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen o die der Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt 17 Ausnahmen: o Veräußerung und Belastung von Grundstücken (Immobiliarklausel, § 49 (2) UGB) o Erteilung einer Prokura; Übertragung der eigenen Prokura auf einen anderen o Anmeldungen zum Firmenbuch o Unterzeichnung des Jahresabschlusses o Änderungen des Gesellschaftsvertrags des Unternehmensträgers (Stilllegung, Veräußerung, Änderung Rechtsform, …) Rechtsquelle o §§ 48 – 53 Unternehmensgesetzbuch – UGB Bsp: P ist Angestellter der B-AG und auch deren Prokurist. P hat mit der B-AG einen Dienstvertag abgeschlossen, wobei unter anderem der Einkauf für die B-AG in seinen Aufgabenbereich fällt. Aufgrund der Prokura ist P nach außen trotzdem zum Abschluss aller Rechtsgeschäfte bevollmächtigt, die der Betrieb irgendeines Unternehmens mit sich bringt. 7. Direkte Stellvertretung- Rechtsgeschäftliche STV- Handlungsvollmacht Handlungsvollmacht: Handlungsvollmacht: jede von einem Unternehmer in seinem Unternehmen erteilte Vollmacht (außer Prokura) o (vgl zB §§ 54-58 UGB, § 28 GmbHG) o Umfang kann beliebig ausgestaltet werden – keine Formalvollmacht! o Gesetzliche Vermutungsregeln über den Umfang der Vollmacht (§ 54 UGB) Besonderer Schutz des Verbrauchers im B2C-Geschäft nach KSchG nach § 10 (1) KSchG erstreckt sich Vollmacht, welche ein Unternehmer erteilt, auf alle „gewöhnlichen“ damit verbundenen Rechtshandlungen Beschränkungen gelten nur, wenn Sie dem Verbraucher bewusst waren § 10 (2) KSchG: War dem Verbraucher Beschränkung nur aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht bewusst, kann Unternehmer vom Vertrag zurücktreten 8. Stellvertretung- Anscheinsvollmacht: Voraussetzungen Anschein, dass Vertretungsmacht vorliegt (Rechtsschein) Der Rechtsschein hat Grundlage im Verhalten des Geschäftsherrn Der Dritte vertraut auf den Rechtsschein (leichte Fahrlässigkeit schadet) 18 Rechtfolge Die Erklärung des Vertreters wird dem Geschäftsherrn zugerechnet Bsp: Antonia ist in einem Antiquariat der Xenia angestellt, hat jedoch ausschließlich die Aufgabe, Kunden zu beraten. Es wurde ihr keinerlei Vollmacht zum Vertragsabschluss erteilt. Verkauft sie dennoch ein Buch an den Kunden Karl, so kommt ein Vertrag zwischen Xenia und Karl zustande, sofern Karl nicht wissen konnte (etwa durch einen entsprechenden Anschlag) dass ein Kauf nur direkt bei Xenia erledigt werden kann. 9. Stellvertretung- Missbrauch der Vollmacht: Voraussetzung Vertreter hält sich im Rahmen der Vollmacht, verstößt aber gegen interne Beschränkungen Rechtfolgen Die Erklärung des Vertreters wird dem Geschäftsherrn zugerechnet Der Vertreter haftet dem Geschäftsherrn für allfälligen Schaden Ausnahmsweise keine wirksame Stellvertretung, wenn auch den Dritten Verschulden trifft ( insb Kollusion) Bsp: P hat F eine Vollmachtsurkunde erstellt, worin F berechtigt wird für P Bürobedarf einzukaufen. Gleichzeitig hat P den F mündlich angewiesen um höchstens EUR 2.000 einzukaufen. Kauft F in P‘s Namen bei der P-AG Bürobedarf um EUR 2.500, so verstößt er gegen die interne Anweisung, nicht aber gegen die Grenzen der Vollmacht. Die Vollmacht wird missbraucht. Der Kaufvertrag kommt wirksam zustande. 10. Stellvertretung- Falsa procuratio (Scheinvertretung): Voraussetzung Jemand handelt als Vertreter, obwohl er keine Vertretungsmacht hat Rechtsfolgen Kein Vertrag des Dritten mit dem Geschäftsherrn oder mit dem Scheinvertreter (es kommt keinen Vertrag zustande) Schadenersatzhaftung des Scheinvertreters gegenüber dem Dritten (Vertrauensinteresse) Bsp: F stellt sich beim Uhrenhändler U mit einer gefälschten Vollmacht als Stellvertreter der E vor und kauft in deren Namen eine Uhr. F hat keine Vertretungsmacht, er ist falsus procurator. Ein Vertrag zwischen U und E kommt nicht zustande. P hat F eine Vollmacht erteilt, die ihn berechtigt, Bürobedarf um höchstens EUR 2.000 für ihn einzukaufen. Kauft F in P‘s Namen beim Händler P-AG Bürobedarf um EUR 2.500, kommt der Vertrag nicht wirksam zustande (Überschreitung der Vollmacht). F ist falsus procurator. Gleiches gilt, wenn F statt Bürobedarf Elektrogeräte kauft. 19 11. Stellvertretung- Organschaftliche Stellvertretung: Vertretungsmacht, welche Organen einer juristischen Person aufgrund Ihres Amtes zukommt Juristische Personen sind zwar rechtsfähig, benötigen aber für sie handelnde natürliche Personen Beschränkungen der Vertretungsmacht sind Ausnahme o im Geschäftsleben sind klare Strukturen nötig → Formalvollmacht Unterscheidung Gesamt- und Einzelvertretung o Gesamtvertretung liegt vor, wenn nur mehrere Personen gemeinsam wirksam vertreten können Bsp: Werden Anna und Beatrix vom Unternehmer Ulrich zu Prokuristinnen bestellt und wird festgelegt, dass sie ihn jeweils einzeln vertreten können, so haben sie die Einzelvertretungsbefugnis. Bestimmt Ulrich, dass Anna und Beatrix ihn nur gemeinsam vertreten können, so entsteht eine Gesamtvertretungsbefugnis. 12. Stellvertretung- Gesetzliche Stellvertretung: Minderjährige werden durch Obsorgeberechtigte vertreten o Grundsätzlich ist jeder Elternteil vertretungsbefugt Geschäftsunfähige Volljährige → Erwachsenenschutz o Vorsorgevollmacht 20 o Gewählte Erwachsenenvertretung o Gesetzliche Erwachsenenvertretung durch nächste Angehörige o Gerichtliche Erwachsenenvertretung 21 QUIZ: Was zählt zu den Voraussetzungen einer wirksamen direkten Stellvertretung? a. Vertretungsmacht b. Offenlegung c. zumindest beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vertreters d. Dienstvertrag zwischen dem Geschäftsherrn und dem Vertreter Was gehört zu den Wurzelmängeln? a. Schlichte anfängliche Unmöglichkeit (→ das ist eine Leistungsstörung) b. Willensmängel c. Verzug (→ Leistungsstörung) d. Sittenwidrigkeit Was gilt, falls jemand durch eine ungerechte Drohung zu einem Vertragsabschluss gezwungen wurde? a. Der Vertrag kann angefochten werden. b. Beide Geschäftspartner können die relative Nichtigkeit des Vertrags geltend machen. c. Der Vertrag ist absolut nichtig. d. Das Recht des Bedrohten auf Geltendmachung des Willensmangels verjährt in drei Jahren ab Wegfall der Zwangslage. Fallbeispiele 2 Fall 1: Der ehemalige Fußballtrainer Hans verkauft seiner Ex-Freundin Erika eine seiner Wiener Innenstadtwohnungen zu einem besonders günstigen Preis, weil er möchte, dass sie in seiner Nähe bleibt. In den Kaufvertrag lässt er die auflösende Bedingung einbauen, dass Erika nicht ohne seine Zustimmung heiraten darf. Beurteilen Sie die Gültigkeit dieses Vertrages. Antwort: Das Eheverbot ist gem § 879 Abs 1 ABGB als „sittenwidrig“ zu qualifizieren und bewirkt einen, von der Käuferin geltend zu machenden, Wurzelmangel. Der Vertrag kommt entsprechend dem Gesetzeszweck ohne die auflösende Bedingung zustande, da es in Erikas Interesse liegt, den Restvertrag aufrecht zu erhalten. Es handelt sich hier um eine relative Teilnichtigkeit des Vertrags. Fall 2: Der erfolgreiche Bauunternehmer Bene stellt seinen Schwiegersohn Konrad, der länger arbeitslos war, in seinem Unternehmen an. Um Konrad einen hohen Status zu verleihen, will ihn Bene zum Prokuristen machen (→keine Handlungsvollmacht). Allerdings fürchtet Bene, dass sein Schwiegersohn eigenmächtig ungünstige Geschäfte abschließen könnte, und will jede dahin gehende Gefahr vermeiden. Wie sollte er daher vorgehen? Antwort: Er könnte Konrad (gemeinsam mit einem zuverlässigen Mitarbeiter) Gesamtprokura erteilen 22 3. Einheit Schuldverhältnis: Entstehung und Inhalt 1. Wesen des Schuldverhältnisses Schuldverhältnisse: sind rechtliche Sonderbeziehungen, durch die eine Person gegenüber einer anderen Person verpflichtet wird, etwas zu tun oder zu unterlassen. Schuldverhältnis = („vinculum iuris“ – Rechtsband zwischen Schuldner und Gläubiger) Schuldner: Gläubiger: Ihn trifft die Er hat einen Anspruch Verbindlichkeit (=Forderungsrecht) (= Schuld) Die aus dem Schuldverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten sind relativ, sie wirken nur gegenüber bestimmten Personen im Gegensatz zu Sachenrechten, die gegenüber jedermann wirken. Bsp: Durch den Abschluss eines Kaufvertrags wird der Verkäufer Gläubiger hinsichtlich des Kaufpreises und Schuldner hinsichtlich der Ware. Umgekehrt hat der Käufer (als Gläubiger) den Anspruch auf die Übergabe der Ware und ist gleichzeitig (als Schuldner) zur Bezahlung des Kaufpreises verpflichtet. 2. Umfang und Entstehung Umfang: Schuldverhältnisse umfassen Hauptpflichten (z.B. Kaufpreiszahlung gegen Warenübergabe) und Nebenpflichten (z.B. Schutz- und Sorgfaltspflichten). Entstehung: Sie entstehen entweder durch Rechtsgeschäfte wie Verträge oder durch gesetzliche Regelungen, die Ansprüche wie Schadenersatz vorsehen. 23 3. Vorvertragliches Schuldverhältnis Begriff: Culpa in contrahendo bezieht sich auf das Verschulden, das während der Anbahnung eines Vertrags entstehen kann. Bedeutung: Dies bedeutet, dass bereits mit der Aufnahme von Verhandlungen oder sonstigem rechtsgeschäftlichem Kontakt ein Schuldverhältnis beginnt, das bestimmte Pflichten für die beteiligten Parteien begründet. Inhalt: o Schutz- und Sorgfaltspflichten: Diese Pflichten verpflichten die Parteien, während der Vertragsverhandlungen die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei nicht zu verletzen. o Aufklärungspflichten: Die Parteien sind verpflichtet, wesentliche Informationen, die für die Vertragsentscheidung der anderen Partei relevant sind, offen zu legen. Haftung: Bei Verletzung dieser Pflichten kann schadenersatzrechtliche Vertragshaftung greifen. Das heißt, die schuldige Partei kann zum Schadenersatz verpflichtet werden, wenn durch ihr Verschulden bei den Vertragsverhandlungen dem Vertragspartner ein Schaden entsteht. 24 4. Relativität der Schuldrechte - Relativität → nur zwischen den Vertragsparteien Man kann es gegen jedermann einsetzen Schuldrechte (Relative Rechte): o Schuldrechte sind Rechte, die nur zwischen bestimmten Personen wirken (Relativität). Diese Rechte betreffen Ansprüche, die aus Verträgen oder ähnlichen rechtlichen Beziehungen resultieren. Sachenrechte (Absolute Rechte): o Sachenrechte wirken gegenüber jedermann (Absolutheit). Diese Rechte sind an einer Sache selbst haftend und müssen von allen respektiert werden, unabhängig davon, ob sie von der rechtlichen Beziehung wissen. Leistungsstörungen 1. Leistungszeit und Leistungsort Leistungszeit Leistungsort Geldschulden Primär Parteienvereinbarung Parteienvereinbarung - maßgeblich Zweck der Leistung Zweck der Leistung Sonst - entscheidend entscheidend Gläubiger kann die Im zweifelfall Leistung jederzeit Holschuld Bringschuld fällig stellen Besonderheiten bei Verbrauchergeschäften: - Verbraucher kann jedenfalls durch Banküberweisung Besonderheiten - - bezahlen - Erteilung des Überweisungsauftrags am Fälligkeitstag ausreichend 25 Primär maßgeblich: o Leistungszeit: Bestimmung der Zeit für die Erfüllung einer Leistung gemäß der Parteienvereinbarung. o Leistungsort: Bestimmung des Ortes für die Erfüllung einer Leistung gemäß der Parteienvereinbarung. Sonst: o Leistungszeit: Falls keine spezifische Zeit vereinbart wurde, entscheidet der Zweck der Leistung über die angemessene Leistungszeit. o Leistungsort: Falls kein spezifischer Ort vereinbart wurde, ist der Zweck der Leistung für die Bestimmung des Leistungsortes entscheidend. Bei Geldschulden gibt es keine expliziten Regelungen bezüglich des Leistungsorts. Im Zweifelsfall: o Leistungszeit: Der Gläubiger kann die Leistung jederzeit fällig stellen, wenn keine eindeutigen Vereinbarungen getroffen wurden. Zusätzlich zu diesen Kategorien gibt es spezifische Regelungen für Geldschulden bei Verbrauchergeschäften: o Der Verbraucher kann seine Zahlungsverpflichtungen durch Banküberweisung erfüllen, und die Erteilung des Überweisungsauftrags am Fälligkeitstag ist ausreichend. Bsp: Beim Werkvertrag über die Reparatur des Heizkörpers ergibt sich aus dem Zweck der Leistung, dass die Wohnung des Werkbestellers der Leistungsort ist. Erfüllungsort eines ärztlichen Dienstleistungsvertrages ist die Ordination des jeweiligen Arztes. 2. Leistungsstörungsrecht: Rechtsfolgen bei mangelhafter Leistung Übersicht: Rechtsfolgen bei mangelhafter Leistung Vor Übergabe Nach Übergabe Verzug/ Gewährleistung Anderslieferung Unmöglichkeit §§ 918 f, 920 f §§ 922 ff §§ 918, 920 f Gleiche Rechtsfolgen Leistung wird nicht erfüllt → vor Übergabe →Unmöglichkeit Leistung wird spät erfüllt → Verzug Leistung wird falsch erfüllt → Verzug + Anderslieferung Leistung wird mangelhaft erfüllt → Gewährleistung 26 Vor Übergabe: o Verzug/Unmöglichkeit (§§ 918 f., 920 f.): Bei Nichterbringung oder Verzögerung der Leistung entstehen Ansprüche wie Schadensersatz oder Vertragsrücktritt. Nach Übergabe: o Gewährleistung (§§ 922 ff.): Bei Mängeln an der übergebenen Sache stehen dem Käufer Rechte wie Nachbesserung oder Minderung zu. o Anderslieferung (§§ 918, 920 f.): Bei Lieferung einer falschen Sache gelten ähnliche Rechtsfolgen wie bei Verzug. 3. Leistungsstörungsrecht- nachträgliche Unmöglichkeit Liegt vor, wenn die vertraglich vereinbarte Leistung, welche zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch möglich war, aufgrund eines Ereignisses zwischen Vertragsabschluss und geplanter Erfüllung endgültig nicht mehr erbracht werden kann. Nachträgliche Unmöglichkeit kann grundsätzlich nur bei Stückschulden eintreten Nachträgliche Unmöglichkeit der Leistung dem Schuldner dem Gläubiger Zufall zuzurechnen zuzurechnen Vertrag (vorerst) aufrecht Vertrag aufrecht Vertrag zerfällt Schadenersatzanspruch Gläubiger trägt die bereits Geleistetes wird des Gläubigers: Preisgefahr zurückgestellt Wahlrecht am Vertrag festhalten + vom Vertrag zurücktreten Austauschanspruch + Differenzanspruch Bsp: A einigt sich mit B auf den Verkauf seiner Vespa. Vor dem Übergabetermin wird die Vespa bei einem zufälligen Unfall zerstört. Die Gefahr ist noch nicht auf B übergegangen. A (Eigentümer) trägt das Risiko. Er bekommt den Kaufpreis nicht, der Vertrag zerfällt. Bereits Geleistetes ist zurückzugeben. →ZUFALL Bsp: Amalia möchte die Luxusuhr Molex Mabmeriner von Renate (Wert: € 8000) haben, da diese von Amalias Geburtsjahr stammt. Schließlich vereinbaren die Beiden, dass die Uhr gegen eine Luxusuhr Molex Maytona Amalias (Wert: € 10 000) getauscht wird (→Tauschvertrag). Bevor die vereinbarte Übergabe stattfindet, wird Amalias Uhr wegen ihrer Unachtsamkeit von ihrem kleinen Sohn zerstört. Die nachträgliche Unmöglichkeit der Vertragserfüllung ist Amalia zuzurechnen, die daher gegenüber Renate schadenersatzpflichtig ist. Renate kann sich entweder für den Austauschanspruch 27 entscheiden, am Vertrag festhalten und für die Übergabe ihrer Uhr den Wert der untergegangenen Sache (€ 10 000) verlangen oder aber den Differenzanspruch wählen, vom Vertrag zurücktreten, ihre eigene Uhr behalten und den Preisunterschied von € 2000 einfordern. →AMALIA IST DIE SCHULDNERIN → DEM SCHULDNER ZUZURECHNEN → WAHLMÖGLICHKEIT Bsp: B erscheint nicht zum vereinbarten Übergabezeitpunkt. Sie ist im Gläubigerverzug. Stürzt der Baum danach unvorhergesehen um, trägt sie das Risiko des zufälligen Sachuntergangs. A kann das vereinbarte Entgelt verlangen. → DEM GLÄUBIGER ZUZURECHNEN (muss zahlen aber kriegt nichts dafür) 4. Leistungsstörungsrecht- Verzug Verzug → es kommt zu einer verspäteten Erfüllung, aber es kommt zur Erfüllung Verspätete Erfüllung → Vertrag wird nicht am gehörigen Ort, zur gehörigen Zeit oder auf die bedungene Weise erfüllt, die Erfüllung ist aber noch möglich. Verzug Schuldnerverzug Gläubigerverzug subjektiver Verzug Schuldner haftet objektiver Verzug Gläubiger trägt nur für grobe (kein Verschulden) (Verschulden) die Preisgefahr Fahrlässigkeit oder Vorsatz Erfüllungsanspruch Rücktritt (+Nachfrist) Erfüllungsanspruch Nachfrist → + + Rücktritt Verspätungsschaden Erfüllungsinteresse Schuldnerverzug: o Objektiver Verzug: Kein Verschulden des Schuldners, Erfüllungsanspruch bleibt bestehen. o Subjektiver Verzug: Verschulden des Schuldners, führt zu Erfüllungsanspruch und Verspätungsschaden; bei Nichterfüllung nach Nachfrist kann Rücktritt und Schadensersatz folgen. Gläubigerverzug: o Der Gläubiger trägt die Preisgefahr, wenn er die Leistung nicht annimmt. o Schuldner haftet nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Bsp: Justus kauft von Henning ein Auto. Es wird vereinbart, dass Justus das Auto am 31. Jänner um 17.00 Uhr bei Henning abholt. Erscheint Henning zu der vereinbarten Zeit infolge eigener Vergesslichkeit nicht am vereinbarten Ort, so gerät er in subjektiven Schuldnerverzug (Es ist ihm zuzurechnen, weil er es vergessen hat). Wurde Henning hingegen durch einen Unfall verhindert, liegt objektiver Schuldnerverzug vor. Wenn Justus nicht kommt, so gerät er in den Gläubigerverzug. (Im letzteren Fall ist das Verschulden des Gläubigers für die Rechtsfolgen irrelevant.) 28 Sonderfall: Fixgeschäft Das Geschäft muss am besprochenen Tag, Zeitpunkt stattfinden → Hochzeitstorte will ich später nicht essen, nur am Tag der Hochzeit Fixgeschäft Arten Rechtsfolgen des Verzugs Natur des Geleistetes Rettung des Ausdrückliche Geschäfts / Vertrag uU Vereinbarung Zweck der zerfällt wird Vertrages uU Schadenersatz Leistung zurückgestellt möglich Arten von Fixgeschäften: o Diese können durch ausdrückliche Vereinbarung oder aufgrund der Natur des Geschäfts bzw. Zwecks der Leistung bestimmt werden. Rechtsfolgen des Verzugs: o Vertrag zerfällt: Der Vertrag wird ungültig, wenn die termingerechte Erfüllung essentiell ist und nicht eingehalten wird. o Geleistetes wird zurückgestellt: Bereits erbrachte Leistungen werden rückgängig gemacht. o Rettung des Vertrages unter Umständen möglich: In manchen Fällen kann der Vertrag trotz Verzugs fortgesetzt oder angepasst werden. o Schadenersatz: Der geschädigte Partei steht möglicherweise ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Bsp: Justus & Marie bestellen eine Torte für ihre Hochzeit am 31.01. Wird diese nicht am 31.01. zur Hochzeit geliefert, zerfällt der Vertrag. Die Gläubiger haben kein Interesse an einer verspäteten Lieferung. 5. Leistungsstörungsrecht- Gewährleistungsrecht 29 Begriff: Haftung des Schuldners für Mängel, die bei Übergabe der Ware existieren. Zweck: Ziel ist die Wiederherstellung der vereinbarten Leistung und Gegenleistung. Mangel: Abweichungen vom Vertrag wie Sach- oder Rechtsmängel. Maßgebender Zeitpunkt: Bei Übergabe wird vermutet, dass Mängel bereits existierten. Gewährleistungsfristen (GWL): 2 Jahre für bewegliche Sachen, 3 Jahre für unbewegliche. Verjährungsfrist: 3 Monate nach Ende der GWL für Sachmängel; 2 Jahre für Rechtsmängel ab Kenntnis. Diese Punkte definieren, wann und wie Gewährleistungsansprüche bei mangelhaften Produkten oder Dienstleistungen geltend gemacht werden können. 30 Primäre Gewährleistungsbehelfe: o Verbesserung: Reparatur des mangelhaften Produkts. o Austausch: Ersatz des Produkts durch ein mängelfreies Exemplar. o Preisminderung: Reduzierung des Kaufpreises aufgrund des Mangels. Sekundäre Gewährleistungsbehelfe (greifen, wenn primäre nicht möglich oder verweigert werden): o Vertragsauflösung: Aufhebung des Vertrags aufgrund signifikanter Mängel. Der Käufer hat das Wahlrecht, zwischen diesen Optionen zu wählen, basierend auf der Schwere und Art des Mangels sowie der Durchführbarkeit der primären Behelfe. Das Diagramm erklärt die Vorgehensweise bei offenkundigen Mängeln und wie diese gerichtlich geltend gemacht werden können Keine Gewährleistung bei Augenfälligkeit des Mangels: Ist der Mangel offensichtlich oder bekannt, besteht in der Regel kein Gewährleistungsanspruch. Abhängigkeit von der Besichtigung: Wenn der Mangel bei einer Besichtigung erkennbar war, wird davon ausgegangen, dass der Käufer ihn akzeptiert hat. Unabhängig von der Einsichtnahme: Mängel, die aus öffentlichen Büchern ersichtlich sind, werden als bekannt vorausgesetzt, unabhängig davon, ob der Käufer sie tatsächlich eingesehen hat. Form der Geltendmachung: Ansprüche oder Einreden zu diesen Mängeln müssen gerichtlich, entweder durch Klage oder als Einrede im Prozess, geltend gemacht werden. 31 6. Leistungsstörungsrecht- Gewährleistungsrecht B2B Rügeobliegenheit (§ 377 UGB) o Unternehmergeschäft o Mängel sind binnen angemessener Frist anzuzeigen → ansonsten keine Gewährleistung! Händlerregress (§ 933b ABGB) o Absatzketten (Produzent → Importeur → Großhändler → Kleinhändler → Verbraucher) o Muss Unternehmer einem Verbraucher Gewähr leisten → Besonderer Rückgriff in Vertragskette auf Vormann o Regress binnen 3 Monaten ab Erfüllung eigener GW-Pflicht; absolute Verjährungsfrist 5 Jahre Produkte bewegen sich vom Großhändler zum Einzelhändler und müssen innerhalb von 3 Monaten auf Mängel überprüft und reklamiert werden. Wenn der Einzelhändler das Produkt an den Verbraucher verkauft, hat dieser bis zu 2 Jahre Zeit, um Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Die maximale Frist, innerhalb derer Mängelansprüche geltend gemacht werden können, beträgt 5 Jahre, gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem der Großhändler die Ware an den Einzelhändler liefert. 6. Leistungsstörungsrecht- Gewährleistungsrecht B2C Gewährleistung beim § 8 KSchG: Bestimmt den Ort, an dem die Verbrauchergeschäft Gewährleistung zu erfüllen ist. § 9 KSchG: Jeglicher Ausschluss oder § 9a Einschränkung der Gewährleistung ist § 8 KSchG § 9 KSchG KSchG unzulässig. § 9a KSchG: Bezieht sich auf vertragliche Ausschluss Garantien, die zusätzlich zu den gesetzlichen Ort oder Vertragliche Gewährleistungsrechten angeboten werden Einschränkung Garantien unzulässig können. 7. Leistungsstörungsrecht- Garantie, laesio enomris, Wucher Garantie o Übernahme der Haftung für Mängelfreiheit (Verkäufergarantie/Herstellergarantie) Laesio Enormis (Verkürzung über die Hälfte) o Leistung ist nicht einmal die Hälfte des Gegenwertes Wert 32 Wucher o Grobe Leistungsinäquivalenz o Bei Mangel → Anfechtung 8. Leistungsstörungsrecht- Vergleich laesio enormis & Wucher Wucher: o Bedingt durch ein auffallendes Missverhältnis der Leistungen. o Ausbeutung einer beschränkten Willensfreiheit des Betroffenen, typischerweise aufgrund von Leichtsinn, Zwangslage, Verstandesschwäche oder Unerfahrenheit. o Die Rechtsfolge ist die relative Nichtigkeit des Vertrags. Laesio enormis: o Bezieht sich auf Verträge, bei denen die Gegenleistung weniger als die Hälfte des Leistungswertes beträgt. o Anfechtbar innerhalb von 3 Jahren ab Vertragsabschluss unter § 935 AGBG. o Anfechtungsrecht des Verkürzten und Alternativverpflichtung des anderen Vertragspartners. 33 Quiz: Was gehört zu den Leistungsstörungen? a. Verzug b. Gewährleistung c. Irrtum über den Vertragsgegenstand d. Nachträgliche Unmöglichkeit Was gehört zu den primären Gewährleistungsbehelfen? a. Auflösung des Vertrages b. Verbesserung c. Preisminderung d. Austausch Wann kann die culpa in contrahendo geltend gemacht werden? a. Wenn vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten verletzt werden b. Wenn ein Geschäftspartner den anderen vor dem Vertragsabschluss pflichtwidrig falsch aufklärt c. Wenn der Verkäufer seine Pflicht zur Lieferung der Ware verletzt d. Wenn der Käufer seine Pflicht zur Bezahlung des Kaufpreises verletzt Fallbeispiele 3 Fall 1 Raphael kauft ein neues Auto um € 20.000,- bei Autohändlerin Klarissa. Die Übergabe ist für den 3. November vereinbart, findet aber nicht statt, weil Klarissa auf die Bestellung vergessen hat. Weil Raphael unbedingt ein Auto benötigt, nimmt er sich einen Mietwagen, was Kosten von € 1.000,- verursacht. Klarissa reagiert auf weitere Nachfragen des Raphael ebenso wenig wie auf dessen Rücktritt vom Vertrag, den Raphael unter Setzung einer zweiwöchigen Nachfrist erklärt. Am 15. Jänner beschafft Raphael ein identisches Auto bei einem anderen Autohändler. Dort muss er allerdings den mittlerweile gestiegenen Marktpreis von € 22.000,- bezahlen. Welche Ersatzansprüche hat Raphael gegen Klarissa? Antwort: Es handelt sich um einen Schuldnerverzug. Der unter Setzung der Nachfrist erklärte Rücktritt vom Vertrag ist daher wirksam. Es handelt sich weiters um einen von Klarissa verschuldeten („subjektiven“) Verzug, da er auf Klarissa Vergesslichkeit zurückzuführen ist und somit fahrlässig verursacht wurde. Raphael kann daher im Wege des Schadenersatzes die Mietkosten sowie den Kaufpreisunterschied (insgesamt somit € 3.000) geltend machen. Fall 2 Der Student Raphael erwirbt von seiner Bekannten, der Marie, um € 10.000,- einen Pkw, der vereinbarungsgemäß einen Kilometerstand von 70.000 km aufweisen soll. Einen Monat nach der Übergabe stellt sich allerdings heraus, dass der Wagen tatsächlich 170.000 km im Einsatz gewesen ist, wovon Marie genauestens in Kenntnis war. Marie war bewusst, dass Raphael nur ein Auto kaufen wollte, welches weniger als 100.000 km gefahren worden ist. Prüfen Sie, ob Raphael Gewährleistung geltend machen kann und erläutern Sie bejahendenfalls, welche Rechte ihm aus der Gewährleistung zustehen. Geben Sie auch an, welche Wurzelmängel alternativ von Raphael geltend gemacht werden könnten. Erläutern Sie zusätzlich, welches Gesetz jeweils zur Anwendung kommt. 34 Antwort: Dass das Auto nicht die zugesicherten Eigenschaften besitzt, ist als Sachmangel zu werten. Raphael kann daher Gewährleistungsansprüche geltend machen. Primäre Gewährleistungsbehelfe – Verbesserung und Austausch – sind unmöglich, da der Kilometerstand nicht mehr reduziert werden kann und es sich um eine Gattungsschuld handelt. Daher kann Raphael die sekundären Gewährleistungsbehelfe geltend machen, nämlich die Preisminderung und (da es sich um keinen geringfügigen Mangel handelt) die Auflösung des Vertrags. Er hat zwischen den beiden ein Wahlrecht. (Da keiner der Beteiligten als Unternehmer am Geschäft beteiligt war, kommt das ABGB zur Anwendung. Allerdings wäre der Fall auch nach dem VGG nicht anders zu lösen.) Alternativ könnte Raphael die Wurzelmängel Irrtum oder List geltend machen: Raphael hat nämlich über den Kaufgegenstand geirrt (Geschäftsirrtum ieS) und dieser Irrtum wurde durch die Verkäuferin verursacht und war für den Vertragsabschluss kausal. Daher wäre eine Irrtumsanfechtung berechtigt. Da Marie gewusst hat, dass die vereinbarungsmäßig zugesicherte Eigenschaft nicht vorliegt, handelt es sich sogar um List. Daher wäre auch Vertragsanfechtung wegen List berechtigt. (Es kommt das ABGB zur Anwendung. Darin ist die Anfechtung wegen Irrtum oder List für Unternehmer und Verbraucher einheitlich geregelt.) 35 4. Einheit Vertragliche Schuldverhältnisse 1. Veräußerungsverträge Es geht um die Übertragung von Eigentümern Schenkungsvertrag: Schenkung kann grundsätzlich nicht wiedergerufen werden Veräußerungsverträge Schenkungsvertrag Tauschvertrag Kaufvertrag (§§ 938 ff ABGB) (§§ 1045 ff ABGB) (§§ 1053 ff ABGB) Unentgeltliche Überlassung einer Übereignung einer Sache gegen eine Übereignung einer Sache gegen Sache andere Sache Geld (Einseitig verpflichtender Vertrag) (Zweiseitig verpflichtender Vertrag) (Zweiseitig verpflichtender Vertrag) Formgebot Formfreiheit Formfreiheit Wirkliche Übergabe oder Notariatsakt erforderlich Konsensualvertrag Konsensualvertrag 2. Kaufvertrag Kaufvertrag: Verpflichtungsgeschäft; zur Änderung der Eigentumsverhältnisse bedarf es noch eines gültigen Modus (=Verfügungsgeschäft) Verkäufer: Verpflichtet sich nach § 1061 AGBG, die Ware zu übergeben und das Eigentum daran zu übertragen. Käufer: Muss nach § 1062 AGBG den vereinbarten Kaufpreis zahlen. 36 3. Gebrauchsüberlassungsverträge Gebrauchsüberlassungsvert räge Leihvertrag Darlehensvertrag Bestandvertrag ( §§ 971 ff ABGB) (§§ 983 ff ABGB) (§§ 1090 ff ABGB / MRG) Unentgeltliche Überlassung Übereignung vertretbarer Sachen Miete – Entgeltliche Pacht - Entgeltliche einer unverbrauchbaren gegen das Versprechen der späteren Überlassung einer Sache Überlassung der Sache zu Sache zum Gebrauch Übereignung ebenso vieler Sachen zum Gebrauch Gebrauch und derselben Gattung und Güte Fruchtziehung Übergabe der Sache für den Vertragsabschluss Formfreiheit Formfreiheit Formfreiheit erforderlich Realvertrag Konsensualvertrag Konsensualvertrag Konsensualvertrag Bsp: Wird etwas zu Gebrauchszwecken überlassen, ist es Miete (Wohnung, Haus). Die Überlassung einer Tankstelle oder eines Wirtshauses zum Betrieb (Fruchtgenuss) des selbigen ist Pacht. Leasingvertrag Beteiligte Parteien: Leasingnehmer: Person oder Firma, die das Leasingobjekt (z.B. ein Auto) nutzt. Leasinggeber: Person oder Firma, die das Objekt gegen ein Entgelt zur Nutzung bereitstellt. Vertragsmerkmale: Es ist ein gemischter Vertrag, der Elemente von Miete und Kauf kombiniert. Die Nutzungsdauer des Leasingobjekts wird vertraglich festgelegt. 37 Rechtliche Einordnung: Operating-Leasing: Ähnlich einer Miete, normalerweise kurzfristig und flexibel, ohne Übernahme des Eigentums am Ende der Laufzeit. Finanzierungsleasing: Langfristiger, bei dem am Ende der Laufzeit oft eine Kaufoption besteht. Gesetzliche Regelung: Leasingverträge sind nicht gesetzlich geregelt! 4. Dienstleistungsverträge Dienstvertrag und freier Dienstvertrag werden in „Grundlagen des Arbeits- und Sozialrechts“ behandelt Dienstleistungsverträge Verwahrungsvertrag Auftrag Werkvertrag (§ 957 ff ABGB) (§§ 1002 ff ABGB) (§§§ 1165 ff ABGB) Übernahme der Geschäftsbesorgung für Entgeltliche Herstellung Obsorge über eine einen anderen auf eines Erfolgs fremde Sache dessen Rechnung Übergabe der Sache für den Formfreiheit Formfreiheit Vertragsabschluss erforderlich Realvertrag Konsensualvertrag Konsensualvertrag Verwahrungsvertrag (§ 957 ff AGBG): Zweck: Übernahme der Obhut über eine fremde Sache. Vertragsabschluss: Erfordert die tatsächliche Übergabe der Sache. Art des Vertrages: Realvertrag, da die Übergabe essentiell ist. Auftrag (§ 1002 ff AGBG): Zweck: Geschäftsbesorgung für jemand anderen auf dessen Rechnung. Vertragsabschluss: Formfrei. Art des Vertrages: Konsensualvertrag, basierend auf dem Konsens der Parteien. 38 Werkvertrag (§ 1165 ff AGBG): Zweck: Entgeltliche Herstellung eines Erfolges, d.h., die Leistung ist auf ein spezifisches Arbeitsergebnis ausgerichtet. Vertragsabschluss: Formfrei Art des Vertrages: Konsensualvertrag. 5. Werkvertrag - Pauschale, Regiepreis vom Kostenvoranschlag zu unterscheiden Rechte und Pflichten: Werkunternehmer: Verpflichtet zur Herstellung des Werks; haftet für seine Gehilfen gemäß § 1313a AGBG. Werkbesteller: Muss die Werklohnzahlung nach Vollendung und Prüfung des Werks leisten. Kostenvoranschlag: Ohne Gewähr: Nach § 1170a (1) AGBG, dient als Orientierung und bildet die Obergrenze des Werklohns, kann aber überstiegen werden. Mit Gewähr: Übersteigungen des Voranschlags ab 10-15% müssen angezeigt werden; Rücktrittsrecht des Werkbestellers möglich. Warnpflicht (§ 1168a AGBG): Werkunternehmer: Muss warnen, falls der vom Werkbesteller beigestellte Stoff oder die Anweisung offensichtlich ungeeignet oder unrichtig ist. Werkbesteller: Trägt Risiken bei Anweisungen und bereitgestellten Materialien. 39 Mehrpersonalität 1. Zession (Abtretung einer Forderung) Forderungsübergang durch Willenseinigung zwischen Altgläubiger und Neugläubiger Wurde der Schuldner nicht verständigt, so kann er schuldbefreiend an den Altgläubiger leisten Rechtsstellung des Schuldners bleibt unverändert (Einwendungen können auch gegen den Neugläubiger erhoben werden) Bsp: AG hat eine unbeglichene Kaufpreisforderung gegen S und tritt diese an NG ab. Tritt innerhalb der GWL- Frist ein unbehebbarer Mangel an der Kaufsache hervor und macht S eine berechtigte Minderung des Kaufpreises geltend, so wird der Anspruch von NG gegen S entsprechend gemindert. Altgläubiger (Zedent): Überträgt seine Forderung gegenüber dem Schuldner auf einen neuen Gläubiger. Neugläubiger (Zessionar): Übernimmt die Forderung und tritt in die Rechte des Altgläubigers ein. Schuldner: Bleibt unverändert und ist nun verpflichtet, die Schuld an den Neugläubiger zu erfüllen. 2. Bürgschaft Formvorschrift: Schriftform Akzessorietät: Bürgschaft vom Bestand der Hauptforderung abhängig Regress: Hat der Bürge die Forderung beglichen, so kann er vom Schuldner die Rückerstattung fordern Verbraucherschutz: Aufklärungspflicht des Gläubigers über schlechte wirtschaftliche Lage des Schuldners (§ 25c KSchG) Richterliches Mäßigungsrecht (§ 25d KSchG) 40 Arten der Bürgschaft: Gemeiner Bürge: Kann nur belangt werden, wenn der Schuldner trotz Mahnung nicht leistet → Gilt, falls nicht anderes vereinbart Bürge und Zahler: Haftet gleichberechtigt neben dem Schuldner, kann bei Fälligkeit sofort in Anspruch genommen werden Ausfallsbürge: Kann nur belangt werden, wenn Exekution gegen den Schuldner gescheitert ist Nachbürge: Bürgt für einen Bürgen; kann nur belangt werden, wenn der Bürge nicht leistet Entschädigungsbürge: Haftet gegenüber dem Bürgen; hält den Bürgen schadlos, falls diesem Nachteile entstehen 41 Quiz: Der Kaufvertrag... a. kann formfrei abgeschlossen werden b. ist ein Gebrauchsüberlassungsvertrag c. ist ein Realvertrag d. bewirkt, sobald er abgeschlossen ist, dass der Käufer Eigentum am Kaufgegenstand erwirbt Was gehört zu den Dienstleistungsverträgen? a. Auftrag b. Bestandvertrag (=Gebrauchsüberlassungsvertrag) c. Verwahrungsvertrag d. Werkvertrag Die Bürgschaft... a. erlischt auf Grund der Akzessorietät, sobald die Hauptforderung erloschen ist b. bedeutet, dass der Bürge jedenfalls zur Zahlung herangezogen werden kann, sobald die Forderung fällig wird c. bedeutet, dass der Bürge mit seinem gesamten Vermögen für die Hauptforderung haftet d. bedarf der Schriftform Fallbeispiele 4 Fall 1 Paula ist Assistentin der Geschäftsführung in der XY GmbH. Sie wird von der Geschäftsführung beauftragt bei Klaus einen wertvollen, alten chinesischen Teppich möglichst kostengünstig reinigen zu lassen. Klaus erkennt sofort, dass der Teppich schon derart abgenutzt ist, dass er eine Reinigung nach der herkömmlichen (kostengünstigeren, weil maschinellen) Methode wahrscheinlich nicht unbeschadet überstehen wird, worauf er Paula auch hinweist. Er bietet ihr daher die zwar wesentlich teurere, weil manuelle, aber dafür sichere Reinigungsmethode an. Paula, die im Namen der XY GmbH auftritt, besteht dennoch darauf, dass der Teppich maschinell gereinigt wird. Da sich Klaus‘ Befürchtungen bewahrheiten und der Teppich bei der maschinellen Reinigung beschädigt wird, weigert sich Paula die vereinbarten Reinigungskosten zu bezahlen und verlangt darüber hinaus Schadenersatz zu Gunsten der XY GmbH. Erörtern Sie, welcher Vertrag abgeschlossen wurde, und prüfen Sie, ob welche Ansprüche Klaus und die XY GmbH gegeneinander erheben können. Antwort: Es wurde ein Werkvertrag abgeschlossen, weil bei Übergabe einer Sache zur Reinigung nach der Verkehrssitte davon ausgegangen werden kann, dass ein faktischer Erfolg geschuldet sein soll und ein Werkvertrag beabsichtigt wird. Klaus ist seiner Warnpflicht betreffend Unrichtigkeit von Anweisungen der Werkbestellerin nachgekommen, Paula als Vertreterin der XY GmbH hat jedoch auf der gefährlichen Reinigungsmethode bestanden. Die XY GmbH kann daher keinen Schadenersatz von Klaus verlangen und ist zur Bezahlung des vollen Werklohns verpflichtet. Fall 2 Der „Kryptoexperte“ Hugo hat vor einiger Zeit bei seinem bekannten Otto ein Darlehen in der Höhe von € 30.000, aufgenommen. Hugos Freund Bert verbürgt sich gegenüber Otto schriftlich für die Rückzahlung. Auf Bitte Hugos, der seinen Arbeitsplatz 42 verloren hat, erlässt ihm Otto im Vertrauen auf die Bürgschaft des Bert die Schuld. Kann Otto Bert tatsächlich in Anspruch nehmen? (Begründen Sie die Antwort.) Antwort: Nein. Die Bürgschaft ist akzessorisch und daher durch die Erlassung der gesicherten Schuld erloschen. → C2C Bereich → Bürgschaftsvertrag für Darlehen wird geschlossen → Der Vertrag kommt auch gültig zustande → Schuld wird erlässt →es gibt keine Schuld (keine Forderung) → Bürgschaft ist akzessorisch (Schuld wird erlässt) → Otto kann daher Bert nicht in Anspruch nehmen (es gibt nichst zu bürgen) 43 5. Einheit Schadenersatzrecht 1. Schadenersatzrecht- Grundlagen Grundregel im Schadenersatzrecht: ▪ Casum sentit dominus (ABGB §1311) („den Schaden trägt der Eigentümer“) – Jeder trägt seinen Schaden und das allgemeine Lebensrisiko selbst ▪ Die Ausnahmen enthält das Schadenersatzrecht, das regelt, unter welchen Voraussetzungen jemand von einem anderen Ausgleich für eine Schädigung verlangen kann Überwälzung Es geht nur um die Frage der Überwälzung des Nachteils Funktion ▪ Ausgleich ▪ Prävention ▪ Keine Straffunktion Zurechnungsgründe Es muss einen Zurechnungsgrund geben, um einen Anderen („Dritten“) zum Ersatz zu verpflichten, da es einer zweiseitigen Rechtfertigung bedarf ▪ Verschulden ▪ Gefährdung ▪ Eingriff (ermöglicht Ersatz bei Schadenszufügung aufgrund einer konkret erlaubten Handlung) Arten der Verschuldenshaftung ▪ Vertraglich = ex contractu ▪ Deliktisch = ex delicto Schadenersatz Verschuldenshaftung Gefährdungshaftung Schaden Kausalität Rechtswidrigkeit Verschulden PHG EKHG 44 2. Arten von Schadenersatz 1. Schaden- Verschuldenshaftung Nach der Rsp ist auch der Verlust einer ziemlich sicheren Erwerbschance ein „positiver Schaden“. Der Begriff „entgangener Gewinn“ hat daher nur eine geringe Bedeutung. Vermögennschäden sind in Geld messbar Positiver Schaden: Die Vermögensminderung, die sich aus der Zerstörung eines schon vorhandenen Rechtsgutes ergibt (z.B. ein Auto wird zerstört) → Wer sein Vermögen aufwendet, um die beschädigte Sache zu reparieren oder sich eine neue Sache statt der zerstörten anschafft, erleidet einen positiven Schaden Entgangener Gewinn: entgangener Gewinn ist die unterbliebene Vermögensvermehrung durch Vernichtung einer Erwerbssache. Es handelt sich um die Beeinträchtigung einer Gewinnaussicht, die der Geschädigte nach dem gewöhlichen Lauf der Dinge gehabt hätte Ideeller Schaden (=immaterieller Schaden) sind nicht in Geld messbar §1325, §1328, §1329- Körperverletzung Schaden Vermögenschade Ideeller Schaden n Positiver Schaden Entgangener Gewinn Haftung bei jeder Haftung nur bei Verschuldensform grobem Verschulden Vermögensschaden: Positiver Schaden: Direkte finanzielle Verluste, die jemandem entstanden sind. Entgangener Gewinn: Gewinne, die jemand hätte erzielen können, aber aufgrund des schädigenden Ereignisses nicht realisiert wurden. Haftung tritt bei jeder Form des Verschuldens ein. Ideeller Schaden: Schaden, der nicht direkt finanziell messbar ist, wie emotionaler Stress oder Rufschädigung. Haftung tritt in der Regel nur bei grobem Verschulden ein 45 2. Kausalität- Verschuldenshaftung Kausalität Bsp: Bsp: Aus Unachtsamkeit lässt Aus Unachtsamkeit lässt der Hotelmitarbeiter Conditio Sine Qua Non der Hotelmitarbeiter Adäquanztheorie (CSQN) Hans den Koffer von Hans den Koffer von Amalia zu Boden fallen. Amalia zu Boden fallen. Dabei wird ein im Koffer Infolgedessen explodiert befindlicher Laptop der im Koffer befindliche beschädigt. Sprengstoff. Gehaftet wird nur für Tritt der Schaden auch adäquat kausale ein wenn man sich die Handlungen: schädigende Handlung wegdenkt? War der Schaden vorhersehbar? CSQN: Ein Verhalten ist für einen Schaden kausal, wenn der Schaden ohne dieses Verhalten nicht eingetreten wäre. Das Verhalten muss CSQN für den Schadenseintritt sein Adäquanz: Der Eintritt des Schadens muss vorhersehbar und darf nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung sein Setzen mehrere eine Bedingung für den Eintritt eines Schadens, so haften alle für den gesamten Schaden solidarisch (Dieses Konzept der solidarischen Haftung bedeutet, dass jeder der Beteiligten zur Gänze für den gesamten Schaden haftbar gemacht werden kann, und nicht nur für seinen individuellen Beitrag zum Gesamtschaden.) 3. Rechtswidrigkeit- Verschuldenshaftung Rechtswidrigkeit Rechtfertigungsgründe Notwehr Notstand Einwilligung Verletzung Verletzung vertraglicher deliktischer Pflichten Pflichten Eingriff in Verletzung Absichtliche Hauptleistungs Nebenpflicht absolut Verletzung von einer pflicht geschützte Schutzgesetzen Verkehrssicher sittenwidrige Rechtsgüter ungspflicht Schädigung Hier bei den grünen Kästchen muss man es auch erkläre können, was das ist. 46 Grafik: Verletzung vertraglicher Pflichten: Hierbei geht es um Pflichten, die sich aus einem Vertrag ergeben. Es gibt zwei Arten: Hauptleistungspflicht: Das sind die Kernverpflichtungen, die aus einem Vertrag hervorgehen, wie z.B. die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer Dienstleistung. Nebenpflicht: Das bezieht sich auf Zusatzverpflichtungen, die den Vertragspartner schützen sollen, wie z.B. Informationspflichten und Sorgfaltspflichten. Verletzung deliktischer Pflichten: Diese beziehen sich auf Handlungen, die unabhängig von vertraglichen Verpflichtungen rechtswidrig sind und andere schädigen können. Eingriff in absolut geschützte Rechtsgüter: Dies betrifft Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum. Verletzung von Schutzgesetzen: Das umfasst die Nichteinhaltung von Gesetzen, die speziell zum Schutz bestimmter Werte und Interessen erlassen wurden. Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht: Dies bezieht sich auf die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um zu verhindern, dass andere durch Gefahrenquellen verletzt werden, die von einem selbst ausgehen können. Absichtliche sittenwidrige Schädigung: Hier geht es um Handlungen, die bewusst und gegen die guten Sitten gerichtet sind, um anderen Schaden zuzufügen. Der Schädiger handelt rechtswidrig, wen er gegen ein Gebot oder Verbot der Rechstordnung vertößt, also anders handeln hätte sollen Pflichtwidrig: "Pflichtwidrig" heißt, dass jemand etwas getan hat, was er nicht tun durfte, oder etwas nicht getan hat, was er eigentlich tun sollte. Unterschied Pflichtwidrig und Rechtswidrig: "Pflichtwidrig" bedeutet, man hat etwas nicht so gemacht, wie man es sollte, zum Beispiel eine Regel in einem Vertrag nicht eingehalten. "Rechtswidrig" heißt, man hat etwas getan, was laut Gesetz verboten ist. Notwehr (§ 3 StGB) erlaubt dem Schädiger einen Eingriff in ein Rechtsgut des Angreifers zur: Notwendigen Abwehr Eines gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Rechtswidrigen Angriffs Notstand erlaubt erlaubt genauso wie Notwehr einen Eingrif in fremde Rechtsgüter. Zum Unterschied von der Notwehr greift der in rechtfertigendem Notstand Handelnde aber nicht in ein Rechtsgut des Angreifers, sondern eines unbeteiligten Dritten zur Abwendung einer Gefahr ein. Einwilligung: Die Einwilligung des Verletzten in die schädigende Handlung beseitigt die Rechtswidrigkeit. Jedermann kann in gewissem Rahmen über seine eigenen Rechtsgüter verfügen, etwa über das eigene Vermögen und auch zum Teil über die körperliche Unversehrtheit Handeln auf eigene Gefahr: Wer auf eigene Gefahr handelt, der willigt zwar nicht in eine konkrete Verletzung, aber doch in eine bestimmte Gefährdung der eigenen Rechtsgüter ein. (z.B Sport) 47 4. Verschulden- Verschuldenshaftung Beachte: Bei der Vertragshaftung kommt es zu einer Beweislastumkehr Verschulden Leichte Fahrlässigkeit Grobe Fahrlässigkeit Vorsatz „Grobes Verschulden“ Rechtswidrige Schadensverursachung führt nur dann zur Haftung, wenn sie auch subjektiv vorwerfbar ist, Das ist dann der Fall, wenn man von konkreten Schädiger erwarten konnte, dass er sich rechtsmäßig verhält → Deliktsfähigkeit (Alter (Mündigkeit), Geisteszustand) Aufsichtspersonen haften nur bei Aufsichtspflichtverletzung (§1309) → z.B. wenn sich das Kind plötzlich losreißt und einen Schaden verursacht (oft unzutreffende Schild: „Eltern haften für ihre Kinder) Billigkeitshaftung (§1310): Billigkeitshaftung basiert auf Fairness, nicht auf klaren Regeln, und hält jemanden für einen Schaden verantwortlich, selbst wenn kein direktes Gesetz oder Abkommen verletzt wurde. Vorsatz: Wer vorsätzlich handelt, fügt wissentlich und willentlich Schaden zu. Fahrlässigkeit: Wer zwar nicht vorsätzlich handelt, aber die nötige Sorgfalt außer Acht lässt, der handelt fahrlässig Leichte Fahrlässigkeit: Wem eine Sorgfaltswidrigkeit unterläuft, die in dieser Situation gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen kann, handelt leicht fahrlässig Grobe Fahrlässigkeit: Wem eine Sorgfaltswidrigkeit unterläuft, die einem ordentlichen Menschen in dieser Situation keinesfalls unterläuft, der handelt grob fahrlässig. Sorgfaltsmaßstab: Der Sorgfaltsmaßstab richtet sich grundsätzlich nach den „gewöhnlichen Fähigkeiten“ eines Maßmenschen; diese werden bei einem Deliktsfähigen vermutet. Dem Schädiger steht aber der Beweis offen, dass es ihm an diesen Fähigkeiten mangelt. Mitverschulden: oft wird ein Schaden nicht allen durch die Sorgfaltswidrigkeit des Schädigers verursacht, sondern auch durch mangelnde Sorgfalt des Geschädigten 48 3. Gehilfenhaftung Gehilfenhaftung Erfüllungsgehilfe Besorgungsgehilfe (§ 1313a ABGB) (§ 1315 ABGB) Besteht ein Vertrag zwischen dem Der Geschäftsherr haftet Geschäftsherrn und dem unabhängig von einer Geschädigten, so haftet der Vertragsbeziehung, wenn er Geschäftsherr für das Verhalten von Personen, die er zur Erfüllung seiner sich einer untüchtigen oder vertraglichen Verpflichtung wissentlich einer gefährlichen eingesetzt hat, wie für sein eigenes. Person bedient hat. Jeder haftet grundsätzlich nur für eigenes Verhalten. Die Gehilfenhaftung ist die schadenerstazrechtliche Ausnahme Erfüllungsgehilfe (§1313a): Erfüllungsgehilfen werden dem Geschäftsherrn umfassend zugerechnet: Der Geschäftsherr haftet für jedes Verhalten der Gehilfen, die er zur Erfüllung des Schuldverhältnisses mit dem Geschädigten einsetzt, wie für sein eigenes Erfüllungsgehilfe § 1313a ABGB Das Diagramm stellt das Konzept des Erfüllungsgehilfen nach § 1313a AGBG dar: Geschäftsherr: Ist die Partei in einem Vertrag, die einen Erfüllungsgehilfen einsetzt. 49 Erfüllungsgehilfe: Person oder Organisation, die vom Geschäftsherrn beauftragt wird, um Vertragspflichten gegenüber einem Dritten zu erfüllen. Vertragstypen: Kann Arbeitsverträge oder Werkverträge umfassen, bei denen der Erfüllungsgehilfe zur Leistungserbringung eingesetzt wird. Dritter: Vertragspartner des Geschäftsherrn, der von den Handlungen des Erfüllungsgehilfen betroffen ist. Schadenszufügung: Sollte der Erfüllungsgehilfe bei der Ausführung seiner Aufgaben einen Schaden verursachen, haftet der Geschäftsherr für diese Schäden unter der Annahme, dass die Tätigkeit des Erfüllungsgehilfen unter seiner Verantwortung stattfand. Bsp: Lukas ist Lehrling im Fliesenleger-Betrieb von Felix und beschädigt bei Arbeiten in Wolfgangs Wohnung die Mauer. Felix (Geschäftsherr) haftet für das Verhalten von Lukas wie für sein eigenes. Besorgungsgehilfe § 1315 ABGB Geschäftsherr: Die Person oder Organisation, die einen Mitarbeiter beschäftigt. Mitarbeiter (Besorgungsgehilfe): Die vom Geschäftsherrn angestellte Person, die Aufgaben im Rahmen eines Arbeitsvertrages ausführt. Dritter: Eine externe Partei, die mit dem Geschäftsherrn in Kontakt kommt oder von den Handlungen des Mitarbeiters betroffen ist. Schadenszufügung: Wenn der Mitarbeiter bei der Ausführung seiner Arbeitspflichten einem Dritten Schaden zufügt, kann der Geschäftsherr dafür haftbar gemacht werden, abhängig von den spezifischen Umständen und der Natur des Schadens. 50 Bsp: Lukas ist Lehrling im Fliesenlegerbetrieb von Felix. Als er nach der Ausführung der Arbeiten bei einem Kunden mit Fahrrad in die Betriebsstätte zurückfährt, verursacht er aus Unachtsamkeit einen Unfall, bei dem Anita verletzt wird. Felix haftet für diesen Schaden nur, falls die Voraussetzungen gemäß § 1315 ABGB erfüllt sind. 51 QUIZ: Was sind die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch im Rahmen der Verschuldenshaftung? a. Kausalität b. Schaden c. Rechtswidrigkeit d. Gefährdung e. Verschulden Wann haftet der Geschäftsherr für das schädigende Verhalten seines Gehilfen? a. Nur dann, wenn eine derartige Haftung vertraglich vereinbart wurde. b. Immer dann, wenn es sich um einen Erfüllungsgehilfen handelt. (ABGB §1313a) c. Nur dann, wenn der Gehilfe eine Straftat begangen hat. d. Immer dann, wenn es sich um einen Besorgungsgehilfen handelt. Was gehört zu den Verschuldensformen im Schadenersatzrecht? a. Vorsatz b. Leichte Fahrlässigkeit c. Naturalobligation d. Grobe Fahrlässigkeit Fallbeispiele 5 Fall 1 Anton arbeitet als Installateur bei der Schnelle Hilfe GmbH in Mödling. Er hat sich bislang immer als ein sorgfältiger und zuverlässiger Mitarbeiter erwiesen. Am 2. Februar 2021 fährt er zur Vornahme einer dringenden Reparatur mit dem Fahrrad. Um den Weg abzukürzen, fährt er durch eine Fußgängerzone, verhält sich dabei allerdings äußerst rücksichtslos und achtet überhaupt nicht auf die Passanten. Schließlich stößt er gegen die Fußgängerin Fiona und reißt sie zu Boden. Fiona erleidet beim Unfall einen Beinbruch sowie eine Gehirnerschütterung (Heilungskosten: € 1800). In Folge der Verletzungen muss sie 14 Tage schwere Schmerzen, weitere 14 Tage mittlere Schmerzen und schließlich 21 Tage leichte Schmerzen ertragen. Prüfen Sie, ob Anton gegenüber Fiona schadenersatzpflichtig ist. Qualifizieren Sie genau den von Fiona erlittenen Schaden (realer Schaden/Vermögensschaden/Nichtvermögensschaden). Geben Sie genau an, worin die Rechtswidrigkeit Antons Verhaltens liegt und welcher Verschuldensgrad ihn trifft. Prüfen Sie weiters, ob Fiona (auch) ein Schadenersatzanspruch gegen die Schnelle Hilfe GmbH zusteht. Antwort: Anton ist schadenersatzpflichtig, weil alle vier Schadenersatzvoraussetzungen erfüllt sind: - Schaden:Der Schaden besteht in den Heilungskosten (materieller Schaden) sowie in den Schmerzen (immaterieller Schaden). (Die Verletzungen an sich sind ein realer Schaden.) - Kausalität: Der Schaden wurde durch Anton verursacht. Wäre er nicht gegen Fiona gestoßen und hätte er sie nicht zu Boden gerissen, wäre der Schaden nicht entstanden. Er ist also kausal für den entstandenen Schaden. Es war adäquat vorhersehbar. 52 - Rechstwidrigekeit: Anton hat rechtswidrig gehandelt → Er hat ein absolut geschütztes Gut (körperliche Unversehrtheit) Fionas verletzt. - Verschulden: Antons Verhalten ist hier (insb wegen der vollkommenen Außerachtlassung der Passanten in der Fußgängerzone) als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Zum Schadenersatz: Fiona kann den Ersatz der Heilungskosten (1800 Euro) verlangen. Bei Körperverletzung ist kraft ausdrücklicher Anordnung des § 1325 ABGB ausnahmsweise auch der in Schmerzen bestehende immaterielle Schaden zu ersetzen, daher kann Fiona zusätzlich auch das Schmerzensgeld geltend machen. Schadenersatzpflicht des Dienstgebers? Anton war im Dienst der Schnelle Hilfe GmbH unterwegs, er wurde aber nicht zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber Fiona eingesetzt, zwischen der GmbH und Fiona besteht überhaupt kein Vertragsverhältnis. Daher richtet sich die Haftung der GmbH