QMB Modul 1 PDF - Grundlagen des Qualitätsmanagements
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This document provides an overview of quality management concepts, including definitions of management and quality, as well as the Kano model for customer requirements. It details how to systematically ensure quality from development to customer service in order to improve sales.
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2. Grundlagen des Qualitätsmanagements 2.1 Begriffe und Definitionen Der Qualitätsmanagement Begriff ist einer von vielen, die auf "-management" enden. Aus dem guten alten Hausmeister ist heute ein Facility Manager geworden, der sich um das Gebäudemanagement kümmert. Im Alltag benutzen wir solche Be...
2. Grundlagen des Qualitätsmanagements 2.1 Begriffe und Definitionen Der Qualitätsmanagement Begriff ist einer von vielen, die auf "-management" enden. Aus dem guten alten Hausmeister ist heute ein Facility Manager geworden, der sich um das Gebäudemanagement kümmert. Im Alltag benutzen wir solche Begriffe häufig. Jedoch machen wir uns in den seltensten Fällen Gedanken über ihre tatsächliche Bedeutung. Es stellt sich die Frage: Was bedeutet eigentlich Management? Und - wenn wir dazu noch die andere Hälfte des Wortes "Qualitätsmanagement" betrachten: Was ist eigentlich Qualität? Bevor Sie auf den folgenden Seiten die Antworten erhalten, lehnen Sie sich jetzt kurz zurück und überlegen Sie, wie Sie zum jetzigen Zeitpunkt diese zwei Fragen beantworten würden. Möglicherweise werden Sie Ihre Einschätzung im weiteren Verlauf des Kapitels noch einmal überdenken. 2.1.1 Management Lassen Sie uns zunächst klären, welche Bedeutung sich hinter dem Begriff Management verbirgt. Allgemein wird darunter die Gesamtheit aller Steuerungsaufgaben in einem arbeitsteiligen System verstanden. Diese Aufgaben werden im Rahmen der Leistungserstellung und zur Sicherung derselben erbracht. Der Aufgabenbereich des Managements umfasst dabei alle notwendigen Vorgänge der Planung, Durchsetzung, Kontrolle und Steuerung. Unter Planung werden dabei alle Tätigkeiten zusammengefasst, die sich mit der Festlegung von Zielen und Leistungsstandards beschäftigen. Die Durchsetzung umfasst alle Maßnahmen zur Umsetzung des Geplanten. Im Rahmen der Kontrolle erfolgt ein Vergleich des gewünschten Soll-Zustands mit der tatsächlichen Ist-Situation. Hier wird der Grad der Zielerreichung ermittelt, um Abweichungen transparent zu machen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Werden bei der Kontrolle Abweichungen ermittelt und transparent gemacht, müssen vom Management Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden. Ebenso sind Maßnahmen zu Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 6 ergreifen, welche die Leistung des Unternehmens verbessern und weiterentwickeln. Die Steuerung umfasst dementsprechend alle Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele dienen. Das Unternehmen muss dabei unter optimalem Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen gelenkt werden. Gleichzeitig dürfen die übergeordneten Ziele nicht aus den Augen verloren werden. Zielorientierung ist somit ein wesentlicher Aspekt des Managements. Als Fazit können wir also festhalten, dass Management die Gesamtheit der Handlungen darstellt, die auf die bestmögliche Erreichung der Ziele einer Organisation gerichtet sind. In der Norm ISO 9000 wird Management definiert als "aufeinander abgestimmte Tätigkeiten zum Führen und Steuern einer Organisation". 2.1.2 Qualität Der zweite Begriff, den wir klären wollen, ist der Qualitätsbegriff. Wie Sie gleich erkennen werden, ist dies keine einfache Aufgabe. Um der Vielzahl an Deutungen des Qualitätsbegriffs entgegenzuwirken und ein im internationalen Warenverkehr einheitliches Verständnis zu erreichen, wurde Qualität in einer internationalen Norm definiert. Gemäß ISO 9000 ist Qualität der „Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objekts Anforderungen erfüllt“. Diese Definition ist sicherlich erklärungsbedürftig. Zum besseren Verständnis werden wir daher die einzelnen Bestandteile dieser Definition nachfolgend genauer betrachten. Inhärente Merkmale sind solche, die dem betrachteten Objekt innewohnen, also ständige Merkmale, die dessen Beschaffenheit ausmachen. Beispiele für inhärente Merkmale von Produkten oder Dienstleistungen sind der Durchmesser einer Schraube, die Wartezeit am Telefon für Kunden in einem Call Center oder die Produktionsleistung einer Maschine. Das zweite Schlagwort, das offenbar eng mit dem Qualitätsbegriff verknüpft ist, lautet: Anforderungen. Auch bei unserer Beispielfirma, Wagner Bergschuh, macht man sich natürlich Gedanken über die Qualität: Qualität bei den Produkten Qualität bei Dienstleistungen Der Schuhhersteller hat richtig erkannt, dass eine hohe Qualität bei den hergestellten Produkten in Kombination mit qualitativ hochwertigen Dienstleistungen zur Zufriedenheit der Kunden der Organisation führt. Doch was erwarten die Kunden? Was verstehen sie unter Qualität? Und deckt sich das Verständnis der Kunden von Qualität mit dem des Schuhherstellers? Je nachdem, wen Sie fragen, werden Sie wahrscheinlich unterschiedliche Antworten auf die Frage nach der Bedeutung von Qualität erhalten. So haben auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Unternehmensführung unserer Schuhfirma durchaus voneinander abweichende Einschätzungen. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 7 Beispiele einzelner Meinungen: Qualität ist die Übereinstimmung von SOLL und IST Qualität heißt für mich, dass der Kunde zurückkommen soll - und nicht das Produkt. Qualität heißt: Was versprochen ist, wird auch gehalten. Qualität ist ein fehlerfreies Produkt, eine fehlerfreie Leistung. Die Antworten lassen sich auf einen Nenner bringen: Qualität ist die Erfüllung von Anforderungen und Erwartungen. Diese Einschätzung aus Sicht der Manager lässt sich durchaus auf die Kundenperspektive übertragen. Denn auch der potenzielle Käufer eines Paars Schuhe stellt sich zunächst einmal die Frage nach den Anforderungen an die neuen Schuhe. Was die Vorstellungen beim Kauf einer Ware betrifft, kann man die Kundenanforderungen in zwei wesentliche Gruppen unterteilen: ausdrücklich formulierte Anforderungen vorausgesetzte Anforderungen, die nicht ausdrücklich formuliert werden Bei den ausdrücklichen Anforderungen handelt es sich um messbare Daten, wie Größe, Länge, Farbe, Leistung, Lebensdauer und andere Spezifikationen. Diese Daten sind vertraglich zwischen Kunde und Lieferant festgelegt. Verlangt beispielsweise ein Kunde in einem Sportgeschäft ein Paar Wanderschuhe in Größe 42, so spezifiziert er damit genau, was er will: einen robusten Schuh mit trittfesten Eigenschaften in einer bestimmten Größe. Schwieriger wird es bei den nicht ausdrücklich festgelegten Anforderungen. Dabei handelt es sich zunächst einmal um Leistungen oder Verhaltensweisen, die der Kunde als selbstverständlich voraussetzt und deshalb nicht artikuliert. Zum Beispiel verlangt der Kunde im Schuhgeschäft nicht explizit, dass der Schnürschuh auch Schnürsenkel haben sollte. Er wird auch nicht ausdrücklich den Wunsch nach einem fabrikneuen Schuh äußern, weil er davon ausgeht, dass in einem Schuhgeschäft ohnehin nur neue Schuhe verkauft werden. Aber oft geht es hier auch um nicht greifbare, nicht messbare Anforderungen. Solche nicht artikulierten Erwartungen wären zum Beispiel der Wunsch nach einer freundlichen Bedienung im Schuhgeschäft, die schnelle und kulante Fehlerbeseitigung oder generell eine bestimmte Anspruchshaltung in Bezug auf die Zuverlässigkeit und Gebrauchstauglichkeit der Schuhe im Anwendungsbereich. Diese stillschweigende Erwartungshaltung der Kunden zu ermitteln, ist eine besondere Herausforderung - zumal ihre Erfüllung für die Kundenzufriedenheit meist genauso wichtig ist wie die Erfüllung der expliziten Anforderungen. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 8 2.1.3 Systematisierung von Kundenanforderungen Die Schuhe passen, die Materialqualität ist makellos. Man könnte annehmen, dass ein Kunde zufrieden ist, sobald alle seiner Anforderungen erfüllt sind. Die Praxis zeigt aber leider, dass der Zusammenhang zwischen der bloßen Erfüllung von Anforderungen und der Kundenzufriedenheit weitaus komplexer ist. Lassen Sie uns nun diesen Sachverhalt anhand eines grafischen Modells herleiten, das nach seinem Entwickler benannt wurde und als Kano-Modell bekannt ist. Wir bedienen uns dabei eines Koordinatensystems, auf dessen horizontalen Achse (x-Achse) wir den Erfüllungsgrad der Kundenanforderungen abtragen. Die Spanne reicht von völlig unzureichend bis vollständig. Auf der vertikalen Achse (y-Achse) geben wir den Grad der Kundenzufriedenheit an; die Spanne reicht hier von völlig unzufrieden bis sehr zufrieden. Der Schnittpunkt der beiden Achsen zeigt die neutrale Zone. Der Grad der Erfüllung der Kundenanforderungen sowie die Zufriedenheit des Kunden sind hier weder positiv noch negativ. Basismerkmale Versetzen Sie sich nun einmal in die Rolle eines Kunden, der seine Wanderschuhe zur Reparatur einer defekten Sohle in die Werkstatt bringt. Wenn Sie bei der Abholung feststellen, dass die Sohle nicht ordentlich befestigt wurde, wären Sie verständlicherweise unzufrieden mit der erbrachten Leistung. Eine Nicht-Erfüllung von Anforderungen führt also zu einer Unzufriedenheit, die wir in der Grafik eintragen. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 9 Wenn die Schuhe dagegen ordentlich repariert und Ihnen in dem erwarteten Zustand ausgehändigt wurden, steigt Ihre Zufriedenheit. Allerdings betrachten Sie die ordnungsgemäße Reparatur wahrscheinlich als Selbstverständlichkeit. Der Grad Ihrer Zufriedenheit liegt bestenfalls im neutralen Bereich. Die Schuhwerkstatt hat also lediglich erreicht, dass Sie als Kunde nicht unzufrieden sind - mehr aber auch nicht. Denn mit der bloßen Erfüllung der Basismerkmale lässt sich eine echte Zufriedenheit nicht erreichen. Um in den Bereich oberhalb der x-Achse zu gelangen, müssen also weitere Aspekte eine Rolle spielen. Leistungsmerkmale Leistungsmerkmale beschreiben Zusatzleistungen bezogen auf Produkte und Dienstleistungen, die der Kunde explizit erfragt. Wünschen Sie beispielsweise im Zuge der Reparatur Ihrer Schuhe den Ersatz der Sohle durch ein besonders robustes und haltbares Exemplar - und dieses wird schnell geliefert, eingesetzt und befindet sich in einem makellosen Zustand, so werden Sie als Kunde überaus zufrieden sein. Mit dem Grad der Erfüllung der Leistungsfaktoren steigert sich also zunehmend die Kundenzufriedenheit. Doch Achtung: Bei Nicht-Erfüllung der Leistungsfaktoren schlägt die Zufriedenheit rasch in Unzufriedenheit um, selbst wenn die Basisfaktoren erfüllt sein sollten. Begeisterungsmerkmale Die Frage ist nun: Lässt sich die Kundenzufriedenheit noch weiter steigern? Die Antwort lautet: Ja! Nehmen Sie einmal an, Sie erhielten Ihre Schuhe nicht nur fachmännisch repariert zurück, sondern obendrein auch noch gründlich geputzt und frisch imprägniert. Mit Sicherheit wären Sie von diesem zusätzlichen Service begeistert, vor allem wenn er kostenlos für Sie war. Solche zusätzlichen Leistungen fallen in die Kategorie der Begeisterungsmerkmale. Die nicht voraussetzten und auch nicht explizit erfragten Leistungen müssen für den Kunden einen zusätzlichen Nutzen bringen, dann gelangen wir mit ihrer Hilfe in der grafischen Darstellung in den Bereich größtmöglicher Zufriedenheit. Allerdings tritt bei Kunden auch rasch ein Gewöhnungseffekt ein. Wenn Sie öfter Ihre Schuhe zu Reparatur geben, werden Sie die geputzten und imprägnierten Schuhe irgendwann als Selbstverständlichkeit erachten und diesen Zustand voraussetzen. Die Begeisterung lässt mit der Zeit nach. Schlimmer noch: Bekommen Sie irgendwann einmal Ihre Schuhe nicht mehr geputzt und imprägniert zurück oder sollen Sie für diesen Service bezahlen, wird das zur Unzufriedenheit führen. Begeisterungsfaktoren werden also mit der Zeit zu Leistungsfaktoren und diese wiederum zu Basisfaktoren. In anderen Worten: Die Zufriedenheit der Kunden auf einem hohem Niveau zu halten, erfordert dauerhafte Anstrengungen seitens der Verkäufer bzw. Dienstleister. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 10 2.1.4 Qualitätsmanagement Um die Qualität von der Entwicklung bis zum Kundendienst sicherzustellen, benötigen Unternehmen einen systematischen Qualitätsansatz. In Zeiten sinkender Absatzchancen und eines sich verschärfenden Wettbewerbs hat sich Qualität zu einem wesentlichen Verkaufsargument entwickelt. Die Sicherstellung von Qualität in allen Bereichen der unternehmerischen Tätigkeit ist somit eine wichtige Aufgabe für jede Organisation und bildet die Voraussetzung für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Deshalb entscheiden sich moderne Organisationen für einen systematischen Ansatz zur Herstellung von Qualität: Das Qualitätsmanagement. Der Begriff Qualitätsmanagement umfasst alle aufeinander abgestimmten Tätigkeiten zum Führen und Steuern einer Organisation bezüglich Qualität. Dazu gehören beispielsweise die Festlegung der Qualitätspolitik und der Qualitätsziele, die Qualitätsplanung und -steuerung sowie die Qualitätssicherung und -verbesserung. Qualität wird somit zu einem der obersten Unternehmensziele erhoben. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss die Unternehmensleitung die Qualitätspolitik definieren sowie die Qualitätsziele abstecken - und dann auch die notwendigen Rahmenbedingungen für die Durchsetzung schaffen. 2.1.5 Systematischer Qualitätsansatz Natürlich spielt die laufende Überwachung und Steuerung der Qualität im Produktions- und Dienstleistungsprozess eine wichtige Rolle, aber das Qualitätsmanagement darf sich keinesfalls rein auf die Kernleistungen beschränken. Qualitätsmanagement muss vielmehr in allen Bereichen des Unternehmens seine Anwendung finden. Qualität beginnt schon in der Entwicklung, da bereits hier die Spezifikationen und Standards für das spätere Produkt definiert werden. Damit gilt die Entwicklung als Ausgangspunkt und als Grundlage für die Erbringung einer qualitativ hochwertigen Leistung. Auch der Vertrieb hat hinsichtlich der Qualität wichtige Aufgaben. Dabei sind besonders die Qualität der Beratung und das Verhalten gegenüber dem Kunden von Bedeutung. Dazu gehört beispielsweise, dass dem Kunden stets die aktuellsten Informationen vermittelt und Kundenanfragen im eigenen Haus systematisch und zeitnah bearbeitet werden. Dies erfordert eine genaue Ermittlung der Kundenwünsche, die vor der Angebotserstellung präzisiert werden müssen. Nachdem die Anfrage mit dem Kunden genau geklärt und die Machbarkeit durch das Unternehmen geprüft wurde, müssen die vereinbarten Leistungen in einem Angebot oder Vertrag schriftlich festgelegt werden. Mit der Auftragsabwicklung ist der Prozess der Qualitätserbringung noch nicht beendet. Für Produkte bedeutet dies zum Beispiel, dass durch entsprechende Maßnahmen der ursprüngliche Soll-Zustand eines Produkts so lange wie möglich aufrechterhalten wird. Ebenso wichtig für das Qualitätsniveau der Produkte und Dienstleistungen sowie die Zufriedenheit der Kunden sind Aspekte der Auftragsabwicklung, Kundenbetreuung und Service. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 11 2.1.6 Qualitätsmanagementsystem Qualitätsmanagement ist nicht die Aufgabe einer einzelnen Person, sondern setzt das Zusammenwirken aller Abteilungen von der Entwicklung über die Produktion und den Vertrieb bis hin zum Kundendienst voraus. Das Unternehmen kann als eine Einheit betrachtet werden, die aus mehreren Teilen besteht. Die Einheiten stehen untereinander in enger Beziehung und bilden dadurch ein funktionstüchtiges Ganzes. Ist diese Beziehung an einer Stelle gestört, so wirkt sich das auf die Funktionstüchtigkeit der Einheit aus. Denn: Nur wenn alle Teile des gewählten Systems optimal miteinander verknüpft sind, bringt das Gesamtsystem die volle Leistung. Um diese Prozesse gezielt zu koordinieren, bauen die Unternehmen ein Qualitätsmanagement-System auf. Die Norm ISO 9000 definiert ein Managementsystem als einen „Satz zusammenhängender oder sich gegenseitig beeinflussender Elemente einer Organisation, um Politiken, Ziele und Prozesse zum Erreichen dieser Ziele festzulegen“. Ein Qualitätsmanagementsystem ist folglich gemäß ISO 9000 „Teil eines Managementsystems bezüglich der Qualität". 2.2 Qualitätsmanagement 2.2.1 Entwicklung des Qualitätsmanagements Auch wenn der Begriff Qualitätsmanagement relativ jung ist, so reichen seine Wurzeln doch weit in die Vergangenheit zurück. Der Mensch hat schon früh ein Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung von Qualität entwickelt. Bereits in der Antike waren Qualitätskontrollen üblich, zum Beispiel im Bauwesen. Der Weg von der einfachen Kontrolle bis hin zum heutigen Verständnis von Qualitätsmanagement war allerdings lang. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 12 Im Mittelalter schlossen sich Handwerker zu Zünften zusammen, die innerhalb ihres Gewerbes überwachten, ob die Qualitätsvorgaben eingehalten wurden. Die Industrialisierung brachte mit der Massenproduktion einen großen Wandel. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden aufgrund der Arbeitsteilung (Taylorismus) Produkte hergestellt, welche mehrheitlich ohne Qualitätsprüfung an die Kunden ausgeliefert wurden. Dies hatte zur Folge, dass die Fehlerquote der Produkte sehr hoch war. Durch die Einführung von Qualitätskontrollen wurde dann sichergestellt, dass die Produkte vor der Auslieferung auf ihre Tauglichkeit überprüft wurden. Dabei standen Kostensenkungen und Qualitätssteigerungen noch nicht im Vordergrund. Ziel war die reine Fehlerentdeckung, um fehlerhafte Produkte aussortieren zu können. Erst später wurden die Qualitätskontrollen verfeinert und in die Produktionsprozesse integriert. Durch diese Qualitätsprüfung wurde sichergestellt, dass fehlerhafte Komponenten produktionsnah erkannt und bereits während der Produktionsprozesse aussortiert werden konnten. Über die Qualitätsplanung wurden einzelne Tätigkeiten bereits im Vorfeld festgelegt. Durch die Einführung der Qualitätssicherung wurden die qualitätsbezogenen Aktivitäten in die bestehenden Abläufe und Verantwortlichkeiten eingebunden. Die Qualitätssicherung stellt damit den ersten Schritt von der reinen Fehlerentdeckung zur Fehlervermeidung dar. Die ersten statistischen Methoden zur Produktions- und Qualitätssicherung wurden bereits in den 1920er Jahren entwickelt. Der US-amerikanische Physiker und Statistiker William Edwards Deming entwickelte mit dem „Kontinuierlichen Verbesserungsprozess“ das Qualitätswesen weiter. In den 50er Jahren implementierte er in Japan das Qualitätsmanagement als Instrument der Produktivitätssteigerung. Erst in den 80er Jahren wurde die Methode als Kaizen-Philosophie auch in Europa und den USA in den Unternehmen eingeführt. Neben dem Aspekt der Fehlervermeidung beinhaltet Qualitätsmanagement dabei die Planung, Umsetzung und Lenkung von Qualität in allen qualitätsrelevanten Unternehmensprozessen. Darüber hinaus ist die kontinuierliche Verbesserung aller Qualitätsaktivitäten die zentrale Idee des Qualitätsmanagements. Hierbei orientiert sich das Qualitätsmanagement an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden. Das Management wird in die Pflicht genommen, um einen ganzheitlichen und systematischen Ansatz umzusetzen. Zur Umsetzung von Qualitätsmanagementsystemen wurden die ersten Qualitätsmanagementnormen eingeführt. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 13 Total Quality Management, abgekürzt TQM, beruht auf dem Konzept, dass zur Sicherung und Verbesserung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens zwingend alle Mitarbeiter und Führungskräfte sich gemeinsam für das Qualitätsmanagement verantwortlich fühlen. TQM ist dabei im Sinne von „umfassendem Qualitätsmanagement“ zu verstehen. Qualität steht auch hier im Mittelpunkt. Sie wird unternehmensweit definiert und überwacht. TQM zielt durch Kundenorientierung auf den langfristigen Geschäftserfolg sowie auf den Nutzen für die Mitarbeiter und die Gesellschaft ab. TQM-Systeme setzen auf das Prinzip der Reifegradbewertung. Die eingesetzten Qualitätswerkzeuge werden hinsichtlich ihrer Umsetzung und ihrer Wirksamkeit für die Organisation bewertet. TQM-Systeme werden somit bewertbar und auch untereinander vergleichbar. 2.2.2 Qualitätsmanagement in der Praxis Die produktbezogene Qualitätskontrolle und die prozessorientierte Qualitätssicherung sind Bestandteile des Qualitätsmanagements. Das Konzept des Qualitätsmanagements orientiert sich an der gesamten Wertschöpfungskette. Lassen Sie uns nun untersuchen, was dies in der Praxis bedeutet. Betrachten wir dazu unseren Schuhhersteller. Qualitätskontrolle und Qualitätsprüfung Bei der Qualitätskontrolle steht das Produkt im Mittelpunkt: Dessen Qualität muss während und am Ende des Herstellungsprozesses sichergestellt werden. Dazu werden Vorgaben für das Produkt festgelegt und definiert, wie diese Qualität geprüft werden kann. Bezogen auf unseren Schuhhersteller sind dies beispielsweise: Keine Kratzer im Leder, keine Verschmutzungen, sauber verklebte Sohle, keine Klebstoffreste sichtbar, korrekte Abmessungen, rechter und linker Schuh weisen keine Farbabweichungen voneinander auf, usw. Qualitätssicherung Die Qualitätssicherung zielt insbesondere darauf ab, potenziell negative Einflüsse auf die Qualität des Endprodukts während der Herstellung zu erkennen und zu beseitigen. Die Qualitätssicherung umfasst also alle diesbezüglich vorbeugenden Maßnahmen. Bei der Herstellung der Schuhe müssen entsprechend alle Tätigkeiten und Abläufe sorgfältig geplant und umgesetzt werden. Dies beginnt schon beim Entwurf eines neuen Modells und bei der Auswahl des zu verarbeitenden Materials. Es setzt sich bei den Fertigungsabläufen wie und dem Zuschneiden des Leders, dem Nähen bzw. Kleben der einzelnen Teile, der Montage des Schuhs sowie des Finishs fort und schließt auch die optimale Einsetzung der vorhandenen Arbeitsmittel ein. Qualitätsmanagement Es steht nun nicht mehr nur das Produkt oder der Produktionsprozess im Mittelpunkt. Stattdessen werden alle Elemente der Wertschöpfungskette gleichermaßen einbezogen. Produktionsverfahren, Maschinen und Abläufe werden optimiert und auch die Folgeprozesse vor- und nachgelagerten Prozesse sowie Unterstützungsprozesse werden gelenkt. Ein Beispiel wäre die Auslieferung an die einzelnen Filialen, die logistisch geplant, kontrolliert und durchgeführt umgesetzt werden muss. Auch die Prozesse im Rahmen der Kundenbetreuung sowie Service gehören dazu, beispielsweise die Bereitstellung von Ersatzsohlen und Schnürsenkel. Ebenso die Schulung und Qualifizierung von Mitarbeitern sowie die Auswahl und Kontrolle von Lieferanten. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 14 2.2.3 Sieben Grundsätze des Qualitätsmanagements Ausgehend von einem ganzheitlichen Ansatz, der alle beteiligten Parteien mit ihren Bedürfnissen berücksichtigt, wurden in der Norm ISO 9000 sieben Grundsätze formuliert, die die wesentlichen Bestandteile eines modernen Qualitätsmanagements widerspiegeln: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Kundenorientierung Führung Engagement von Personen Prozessorientierter Ansatz Verbesserung Faktengestützte Entscheidungsfindung Beziehungsmanagement Kundenorientierung Der Hauptschwerpunkt des Qualitätsmanagements liegt in der Erfüllung der Kundenanforderungen und dem Bestreben, Kundenerwartungen zu übertreffen. Nachhaltiger Erfolg wird erreicht, wenn eine Organisation das Vertrauen von Kunden und anderen interessierten Parteien gewinnt und beibehält. Das Verstehen gegenwärtiger und zukünftiger Erfordernisse von Kunden und anderen interessierten Parteien trägt zum nachhaltigen Erfolg einer Organisation bei. Führung Führungskräfte schaffen auf allen Ebenen die Übereinstimmung von Zweck und Ausrichtung der Organisation. Sie schaffen die Bedingungen, unter denen Personen in die Erreichung der Qualitätsziele der Organisation einbezogen sind. Dies ermöglicht einer Organisation, ihre Strategien, Politik, Prozesse und Ressourcen zum Erreichen ihrer Ziele anzupassen. Die Unternehmensleitung muss nicht nur eine Qualitätspolitik und messbare Qualitätsziele entwickeln, sondern diese den Mitarbeitern vermitteln und die Rahmenbedingungen schaffen, um die Ziele zu erreichen. Engagement von Personen Für die Organisation ist es von wesentlicher Bedeutung, dass alle Personen kompetent, befugt und engagiert sind. Dies verbessert die Fähigkeit der Organisation, Werte zu schaffen. Um eine Organisation wirksam und effizient zu leiten und zu lenken ist es wichtig, sämtliche Personen auf allen Ebenen einzubeziehen und diese als Individuen zu respektieren. Anerkennung, Befähigung und Förderung von Fähigkeiten und Kenntnissen erleichtern die Einbeziehung von Personen zum Erreichen der Qualitätsziele einer Organisation. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 15 Prozessorientierter Ansatz Die Wahrscheinlichkeit ein gestecktes Ziel tatsächlich zu erreichen ist am höchsten, wenn alle Tätigkeiten als Prozess geleitet und gelenkt werden. Alle Prozesse sollen als ganzheitliches System funktionieren, verstanden und gelenkt werden. Das Qualitätsmanagementsystem setzt sich aus miteinander in Wechselbeziehung stehenden Prozessen zusammen. Das Verständnis, wie Ergebnisse durch dieses System erzielt werden, ermöglicht einer Organisation, ihre Leistung zu optimieren. Um die Qualitätsziele zu erreichen, Kosten zu reduzieren, Fehler zu vermeiden, Ressourcen zu schonen und die Prozesse ständig zu verbessern, muss ein Unternehmen seine Prozesse beherrschen. Verbesserung Erfolgreiche Organisationen legen einen fortlaufenden Schwerpunkt auf Verbesserung. Die Verbesserung ist für eine Organisation wesentlich, um gegenwärtige Leistungsstufen zu halten, auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren und neue Chancen zu nutzen. Das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung der Gesamtleistung muss ein permanentes Ziel eines jeden Unternehmens sein und sich in der Unternehmensstrategie wiederfinden. Schulungen, Coaching und die Bereitstellung benötigter Ressourcen können dazu beitragen, dass die Mitarbeiter des Unternehmens an der kontinuierlichen Verbesserung von Produkten und Prozessen mitwirken und ihre Ideen aktiv einbringen. Faktengestützte Entscheidungsfindung Entscheidungen auf Grundlage der Analyse und Auswertung von Daten und Informationen werden wahrscheinlich eher zu den gewünschten Ergebnissen führen. Entscheidungsfindung kann ein komplexer Prozess sein und weist immer eine gewisse Unsicherheit auf. Es ist wichtig, die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung sowie die möglichen unbeabsichtigten Folgen zu verstehen. Tatsachen, Nachweise und Datenanalyse führen zu größerer Objektivität und Vertrauen in getroffene Entscheidungen. Beziehungsmanagement Für nachhaltigen Erfolg leiten und lenken Organisationen ihre Beziehungen mit interessierten Parteien, z.B. Lieferanten. Interessierte Parteien beeinflussen die Leistung einer Organisation. Nachhaltiger Erfolg wird mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erreicht, wenn die Organisation Beziehungen zu allen ihren interessierten Parteien leitet und lenkt, um deren Auswirkung auf ihre eigene Leistung zu optimieren. Beziehungsmanagement mit Lieferanten und Partnernetzwerken ist oftmals von besonderer Bedeutung. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 16 2.3 Qualitätsmanagementsysteme 2.3.1 Anlass für die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems Qualitätsmanagement schließt alle Maßnahmen innerhalb eines Betriebs ein, die darauf abzielen, die Qualität der produzierten Produkte oder der angebotenen Dienstleistung zu verbessern. Die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems führt zur Verbesserung bestehender Organisationsabläufe. Um dies zu verdeutlichen, werfen wir einen Blick auf einen kleinen Produktionsbetrieb. Der Betrieb fertigt mit einer Handvoll Mitarbeiter Produkte individuell für seine Kunden. Sein Betrieb funktioniert nach einem Ordnungssystem, das weder schriftlich festgelegt noch auf sonstige Weise dokumentiert ist. Verantwortlichkeiten, Arbeitsabläufe und der Einsatz von Mitteln werden vom Inhaber fallweise eingeteilt. Er hat sein betriebliches Ordnungssystem im Kopf. Der Erfolg scheint ihm Recht zu geben, denn der Kreis der zufriedenen Kunden wird immer größer. Mit der Zahl der Kunden wächst auch der Betrieb. Und irgendwann gelingt es dem Inhaber nicht mehr, mit allen Mitarbeitern im erforderlichen Maß zu kommunizieren, um ihnen seine Vorstellungen von Qualität direkt zu vermitteln. Aufgrund der erforderlichen Arbeitsteilung stehen die Mitarbeiter nicht mehr in direktem Kontakt. Was die anderen gerade machen, ist für die Mitarbeiter nicht mehr ersichtlich. Ein Überblick über die Gesamtabläufe und Zusammenhänge fehlt. Einzelne Aufträge werden nicht mehr in der gewohnten Qualität erledigt, Produkte immer häufiger mit Fehlern ausgeliefert. Kunden beschweren sich und die ersten Kunden drohen, bei der Konkurrenz zu kaufen. Dem Inhaber wird klar: Ein schriftlich dokumentiertes Ordnungssystem, das Transparenz im Unternehmen schafft und für klare Organisationsabläufe sorgt, muss her. Ein solches Ordnungssystem, das Abläufe, Zuständigkeiten und Verantwortungen regelt, benötigt jedes Unternehmen, unabhängig von seiner Größe, um störungsfrei zu funktionieren. Qualitätsmanagement bedeutet auch, aus eigenen Fehlern zu lernen. Qualitätsmanagement ist ein kontinuierlicher Prozess. Durch die systematische Beurteilung der eigenen Leistung werden Fehler erkannt und behoben. Darüber hinaus wird über die ständige Weiterentwicklung der Vorgehensweisen und Methoden die Qualität der Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich verbessert. 2.3.2 Grundelemente Für den Aufbau eines funktionsfähigen Qualitätsmanagementsystems gibt es - trotz aller Individualität - gewisse Grundelemente. Die wichtigen Grundbausteine eines QM-Systems sind die Qualitätspolitik sowie die Qualitätsziele, eine klare Aufbau- und Ablauforganisation sowie Festlegungen zu den eingesetzten Mitteln. Zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems im Unternehmen gehört, dass die Unternehmensleitung ihr Verständnis von Qualität festlegt und die Verpflichtung des Unternehmens zur Qualität verbindlich festschreibt. Die Qualitätspolitik bildet sozusagen das Dach des Qualitätsmanagementsystems. Aus der Qualitätspolitik werden die Qualitätsziele abgeleitet. Es wird festgelegt, welche konkreten Ziele erreicht werden sollen. Die Unternehmensführung muss außerdem die Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 17 Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die in der Qualitätspolitik formulierten Ziele in die Praxis umgesetzt werden können. Zu den wichtigsten Rahmenbedingungen gehört, dass Verantwortlichkeiten und Befugnisse klar geregelt werden. Ein Qualitätsmanagementsystem muss deshalb klare Aussagen zur Aufbauorganisation des Unternehmens machen. Innerhalb eines Qualitätsmanagementsystems wird auch festgelegt, wie die einzelnen Tätigkeiten auszuführen sind und wie die damit verbundenen Prozesse ineinander greifen. Ein Qualitätsmanagementsystem muss also die Ablauforganisation eines Unternehmens festlegen. Basis jedes Qualitätsmanagementsystems sind die Mittel, die ein Unternehmen einsetzt, um seine Qualitätsansprüche zu erreichen. Dazu zählen die Mitarbeiter, Anlagen, Werkzeuge, Maschinen, Einrichtungen, Techniken und Methoden. Deren Einsatz muss im Qualitätsmanagementsystem geregelt sein. Das Qualitätsmanagementsystem ist also das schriftlich fixierte Ordnungssystem des Unternehmens. Es beantwortet die folgenden Fragen: Was ist zu tun? Von wem ist es zu tun? Wie ist es zu tun? Wann ist es zu tun? Wo ist es zu tun? Womit ist es zu tun? Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 18 2.3.3 Nutzen eines Qualitätsmanagementsystems Wir kehren noch einmal zu dem kleinen Produktionsbetrieb zurück. Seit der Einführung des Qualitätsmanagementsystems ist inzwischen ein Jahr vergangen. Der Inhaber möchte nun wissen, ob sich der Aufwand gelohnt hat. Zeit also für eine Zwischenbilanz. Sie sehen auf der folgenden Seite den Notizzettel des Inhabers, auf dem er die Vorteile zusammengestellt hat. Arbeitszeit, Material, Ausstattung eingespart Rückblickend erinnert sich der Inhaber daran, wie wenig effektiv er manche Praktiken früher gehandhabt hatte. Bei der Ist-Analyse war er mehr als einmal auf Bearbeitungsschritte gestoßen, die unnötigerweise doppelt ausgeführt wurden. Weil er dies erkannt und die Doppelarbeit beseitigt hatte, sparte er Arbeitszeit, Material und Ausstattung. Anzahl fehlerhafter Produkte reduziert, Fehlerkosten gesenkt In der Produktion konnten Kontrolllücken gefunden und geschlossen werden. Dies führte zu einer deutlichen Reduzierung von fehlerhaften Produkten und damit von Fehlerkosten. Weniger Kundenbeschwerden, geringere Reklamationskosten Durch die gestiegene Produktqualität nahm die Zahl der Kundenbeschwerden um fast ein Drittel ab. Die Reklamations- und Kulanzkosten konnten gesenkt werden. Durchlaufzeit gesenkt Die Durchlaufzeit konnte reduziert werden (um rund 25 Prozent). Dadurch verbesserte sich die Termintreue. Auf Kundenwünsche kann nun deutlich schneller eingegangen werden als früher. Lagerkosten reduziert Durch die Optimierung der Abläufe konnten die Lagerbestände reduziert werden. Hierdurch verringerten sich die Lagerkosten. Marktposition gesichert, Marktanteil erhöht Aufgrund der höheren Kundenzufriedenheit konnte der Inhaber die Marktposition seines Produktionsbetriebes sichern und den Marktanteil erkennbar erhöhen. Das gezeigte Beispiel lässt sich auf viele Unternehmen übertragen. Oftmals amortisieren sich die Kosten für die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems über eine Steigerung des Betriebsergebnisses schon innerhalb eines Jahres. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 19 Ein Qualitätsmanagementsystem ist damit eine Chance zur Optimierung aller betrieblichen Abläufe. Ein funktionierendes Qualitätsmanagementsystem trägt dazu bei, die Qualität der Produkte und Prozesse besser zu beherrschen, Kosten zu sparen und durch größere Kundenzufriedenheit bessere Betriebsergebnisse zu erzielen. 2.4 Normen und Richtlinien 2.4.1 Normenreihe ISO 9000 Die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war von einer zunehmenden Internationalisierung der Handelsbeziehungen geprägt. Die Unternehmen forderten international gültige, branchenübergreifende Qualitätsstandards. Aus diesem Grund wurde die Normenreihe ISO 9000 entwickelt, mit der wir uns auf den folgenden Seiten beschäftigen werden. Zu der Normenfamilie der ISO 9000 gehören die Normen ISO 9000, ISO 9001, ISO/TS 9002 und ISO 9004. Diese Normenreihe formuliert Definitionen für ein gemeinsames Verständnis des Qualitätsbegriffs, legt Anforderungen an QM-Systeme fest und formuliert Methoden und Verfahren, die eine Organisation beim Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems anwenden sollte. 2.4.2 Historie Normen sind keine Errungenschaft der Neuzeit, sondern ein uralter Bestandteil jeder Gesellschaft. Überall, wo Menschen zusammenleben, miteinander arbeiten und handeln, entstehen Normen - allgemein gültige Regeln, die das Zusammenleben in der Gemeinschaft ordnen. Die ersten technischen Normen entstanden im vierten Jahrhundert vor Christus. In jener Zeit wurde damit begonnen, die geforderten Maße und die stoffliche Zusammensetzung von Werkstücken zu spezifizieren. Diese Vereinbarungen sollten den Austausch von Waren und Dienstleistungen erleichtern, sowohl für den Kunden als auch für den Lieferanten. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 20 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde in Dresden eine internationale Konferenz einberufen, auf der Teilnehmer aus Amerika und Russland mit Europäern über die Notwendigkeit international gültiger Industrienormen diskutierten. Nur wenige Jahre später Anfang des 20. Jahrhunderts - wurde in London die erste internationale Normungsorganisation gegründet. Die Internationale Elektrotechnische Kommission, kurz IEC, konzentriert sich, wie der Name schon andeutet, bis heute auf die Schaffung internationaler Normen auf dem Gebiet der Elektrotechnik. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die International Organization for Standardization, abgekürzt als ISO, ins Leben gerufen. Sie nahm 1947 offiziell ihre Arbeit in Genf auf, wo sie auch heute noch ansässig ist. Ziel der ISO ist es, durch internationale Normen den weltweiten Austausch von Waren und Dienstleistungen zu erleichtern. Die Anerkennung und Anwendung der von der ISO entwickelten Normen erfolgt grundsätzlich auf freiwilliger Basis. 2.4.3 Normung Vor der Einführung von Normensystemen wurde auf Kundenseite ausschließlich selbständig geprüft, ob die zugelieferte Ware alle qualitätsrelevanten Merkmale aufweist. Diese Kontrollen entwickelten sich zunehmend zu einem Problem, da die Prüfverfahren mit der steigenden Vielfalt und Komplexität der Produkte immer zeitaufwendiger, arbeits- und kostenintensiver wurden. Aus diesem Grund suchte man vor allem auf Seite der Kunden nach einer effektiveren Methode, die Qualität der eingekauften Produkte und Dienstleistungen sicherzustellen. Statt selbst umfangreiche Eingangsprüfungen durchzuführen, gingen daher immer mehr Kunden dazu über, von ihren Lieferanten entsprechende Nachweise zu verlangen. Vorläufer der ISO 9000 waren mehrere nationale und branchenspezifische Regelwerke, in denen bereits Forderungen an ein Qualitätsmanagementsystem beschrieben wurden. Diese sollten das Vertrauen in die Qualität einer gelieferten Ware oder Dienstleistung stärken. Die ersten Normen, in denen Anforderungen an das Qualitätsmanagement eines Lieferanten beschrieben wurden, entstanden bereits um 1950 in den Vereinigten Staaten in Form der so genannten Military Standards. Diese auf den Bereich der militärischen Beschaffung abgestimmten Vorgaben zur Qualitätssicherung wurden von anderen Streitkräften auf der ganzen Welt übernommen. In den 1960er Jahren folgten zivile Industriezweige dem militärischen Vorbild und entwickelten eigene Normen zum Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen, allen voran die Raumfahrt- und Atomindustrie. So entstanden beispielsweise in zahlreichen Ländern nationale Normen zum Bau von Kernkraftwerken. Nachdem sich Qualitätsmanagementsysteme in diesen sensiblen Branchen als geeignete und effektive Mittel bewährt hatten, um die Qualität von zugelieferten Waren und Dienstleistungen sicherzustellen, gingen weitere Industriezweige dazu über, Forderungen an Qualitätsmanagementsysteme ihrer Lieferanten zu formulieren. So wurden beispielsweise in der Pharma- und in der Lebensmittelindustrie branchenspezifische Normen entwickelt; ebenso in der Ölindustrie und im Bereich der Elektrotechnik. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 21 Neben den branchenspezifischen Regelwerken entstanden auch firmenspezifische Qualitätsnormen, beispielsweise beim amerikanischen Automobilkonzern Ford, der mit dem Ford QOS (Quality Operating System) Qualitätsanforderungen an seine Zulieferunternehmen ausdrückte. Mit zunehmender Internationalisierung der Wirtschaft wurde die Fülle nationaler, branchenund firmenspezifischer Normen jedoch immer mehr zum Problem. Lieferanten, die ganz unterschiedliche Hauptkunden hatten, waren nicht selten gezwungen, in ihrem Unternehmen mehrere Qualitätsmanagementsysteme zu installieren, die sich manchmal sogar widersprachen. Auch Mehrfachüberprüfungen störten nicht nur den Betrieb, sondern forderten von Lieferanten und Kunden auch ein Mehrfaches an Arbeitsaufwand und Verwaltungskosten. Hinzu kam, dass die verschiedenen Normen auch sprachlich nicht einheitlich waren und ein unterschiedlicher Umgang mit Begriffen herrschte, der den internationalen Austausch erschwerte. Aus diesem Grund gingen einige Länder daran, die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme zumindest national zu vereinheitlichen. 1979 unterbreitete das British Standards Institute der ISO den formellen Vorschlag, eine internationale Norm zum Aufbau und zur Bewertung von Qualitätsmanagementsystemen zu entwickeln. So wurden die in verschiedenen Ländern und Branchen bereits existierenden QM-Normen aufgegriffen und daraus eine international einheitliche Norm entwickelt. Diese Arbeit dauerte fast zehn Jahre, bis 1987 die erste Ausgabe der Norm ISO 9000 veröffentlicht wurde, in die zahlreiche nationale und branchenspezifische Vorläufer eingeflossen sind. Im Jahr 2000 wurde die ISO 9000 ff. grundlegend überarbeitet. Seitdem sind die Normen prozessorientiert aufgebaut und sowohl auf Produktionsals auch auf Dienstleistungsunternehmen anwendbar. Im Rahmen der regelmäßigen Überprüfung und Überarbeitung der ISO Normen wurde die Normenreihe der ISO 9000ff. im Jahr 2015 erneut grundlegend überarbeitet. Neben einer neuen, für alle Managementsysteme einheitlichen Struktur wurde der Ansatz der Prozessorientierung weiter gestärkt. Die Bedeutung des QM-Systems als Managementaufgabe wurde hervorgehoben und neue Themenstellungen, wie z.B. das Risikobasierte Denken wurden aufgenommen. 2.4.4 International Organization for Standardization (ISO) Die International Organization for Standardization, kurz ISO, ist eine weltweite Vereinigung nationaler Normungsorganisationen. Insgesamt haben sich bis heute 164 Länder in der ISO zusammengeschlossen. Aus jedem Land wird ein Mitglied entsandt. Deutschland wird seit 1951 in der ISO durch das Deutsche Institut für Normung e. V. in der ISO vertreten, Österreich durch das Österreichische Normungsinstitut und die Schweiz durch die Schweizerische Normenvereinigung. Bei einem Großteil der ISO-Normen handelt es sich um technische Normen, die die Anforderungen an ein Produkt weltweit festschreiben und vereinheitlichen. Daneben hat die ISO eine Reihe von Begriffsnormen entwickelt, um durch die einheitliche Definition zentraler Begriffe für sprachliche Eindeutigkeit im wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Verkehr zu sorgen. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 22 Der Begriff DIN EN ISO 9001 bedeutet also entsprechend, dass diese Norm eine international gültige, von der ISO veröffentlichte Norm ist. Die Abkürzung EN besagt, dass es sich dabei um eine europäische Norm handelt, d.h. dass diese Norm von einem europäischen Komitee für Standardisierung ratifiziert wurde. Die Abkürzung DIN steht dafür, dass diese Normenreihe von Deutschland übernommen wurde und vom Deutschen Institut für Normung herausgebracht wird. 2.4.5 Normenreihe ISO 9000 ff. Die Normenreihe der ISO 9000 setzt sich aus vier Normen zusammen. Die Norm ISO 9000 enthält Grundlagen zum Qualitätsmanagement und Definitionen. Hier sind die Grundsätze des Qualitätsmanagements sowie grundlegende Konzepte beschrieben. Die festgelegten Definitionen ermöglichen ein international einheitliches Verständnis der Begriffe aus dem Bereich des Qualitätsmanagements. In der ISO 9000 sind keine bindenden Forderungen dargelegt, diese Norm hat also in erster Linie einen informierenden Charakter. In der ISO 9001 sind die Anforderungen an ein QM-System formuliert. Diese Forderungen sollten von Unternehmen umgesetzt werden, wenn sie ein wirksames QM-System aufbauen wollen. Die ISO 9001 ist auch die Grundlage für die Zertifizierung von QM-Systemen. Dann müssen die Forderungen umgesetzt werden, um den Nachweis über die Umsetzung der Standards zu geben. Die ISO/TS 9002 wurde entwickelt, um Benutzern zu helfen, die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001 in der Praxis umzusetzen. Die Norm ISO 9004 ist ein Leitfaden für Manager zum Erreichen nachhaltigen Erfolgs in einer komplexen, anspruchsvollen und von permanenten Veränderungen geprägten Umgebung. ISO 9004 zeigt dabei den Weg zu einem umfassenden Qualitätsmanagement auf. Da alle ISO Normen regelmäßig überprüft und überarbeitet werden, tragen alle Normen als Zusatz eine Jahreszahl, die das Jahr der Veröffentlichung nennt. Die ISO 9000 und 9001 wurden im Jahr 2015 überarbeitet. Die ISO/TS wurde 2016 veröffentlicht. Die ISO 9004 wurde zuletzt im Jahr 2018 überarbeitet. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 23 ISO 9000:2015 Dieses Dokument ist in drei Abschnitte gegliedert: 1. Anwendungsbereich 2. Grundlegende Konzepte und Grundsätze des Qualitätsmanagements 3. Begriffe Der zweite Abschnitt stellt grundlegende Konzepte und Grundsätze bereit, die bei der Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems angewendet werden sollen. Hier werden unter anderem die sieben Qualitätsmanagementgrundsätze, die Sie bereits kennengelernt haben, erläutert und begründet. Die Erläuterung der Begriffe in Abschnitt 3 soll für ein weltweit einheitliches Verständnis sorgen und damit die Normenreihe international anwendbar machen. Die ISO 9000 ist eine Art Wörterbuch und Nachschlagewerk und stellt die Basis für das richtige Verständnis und die wirksame Umsetzung eines QM-Systems dar. ISO 9001:2015 Die Nachweisnorm ISO 9001 enthält die Anforderungen zum Aufbau und zur Bewertung von Qualitätsmanagementsystemen. Die Abschnitte 0 bis 3 enthalten eine Einleitung und grundlegende Erläuterungen zu den Ansätzen des Qualitätsmanagements. In den Abschnitten 4 bis 10 sind die Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 definiert. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Kontext der Organisation Führung Planung Unterstützung Betrieb Bewertung der Leistung Verbesserung Die ISO 9001 folgt der sogenannten High Level Structure der ISO. Sie gewährleistet eine identische Definition und Struktur für alle ISO Managementsystemnormen sowie einen einheitlichen Gebrauch von Kerntexten und Begriffen. Diese einheitliche Struktur hilft, die Norm zu verstehen und erleichtert den Aufbau und die Zertifizierung von integrierten Managementsystemen (siehe auch Kap. 2.4.9). Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 24 Bei der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems im Unternehmen gilt dabei, dass grundsätzlich alle Anforderungen aus der Norm umzusetzen sind. Ausnahmen sind möglich, wenn diese Forderungen auf das Unternehmen nicht anwendbar sind. So braucht z.B. ein Unternehmen, das über keine eigene Produktentwicklung verfügt, die diesbezüglichen Anforderungen nicht anwenden. ISO/TS 9002:2016 Das Dokument mit dem Titel „Quality management systems — Guidelines for the application of ISO 9001:2015“ gibt Beispiele, was eine Organisation tun kann, um die Anforderungen der ISO 9001 in die Praxis umzusetzen. Es fügt aber keine neuen Anforderungen zur ISO 9001 hinzu. Die Praxisbeispiele in diesem Dokument stellen nur Möglichkeiten dar, die nicht notwendigerweise für jede Organisation geeignet sind. Die ISO 9001 enthält Anforderungen, die objektiv geprüft oder bewertet werden können. Die ISO/TS 9002:2016 enthält Beispiele, Beschreibungen und Optionen, die sowohl bei der Einführung eines Qualitätsmanagementsystems als auch bei der Stärkung seiner Beziehung zum gesamten Managementsystem einer Organisation helfen sollen. Obwohl die Empfehlungen in diesem Dokument mit den Anforderungen der ISO 9001 übereinstimmen, sind sie nicht dazu gedacht, Interpretationen der Anforderungen von ISO 9001 zu liefern oder für Audit- oder Evaluierungszwecke verwendet zu werden. Die Inhaltsstruktur ist identisch zur ISO 9001. ISO 9004:2018 Dieses Dokument ist eine Anleitung für Manager aller Ebenen zur Unterstützung des nachhaltigen Erfolgs von Organisationen in einer komplexen und von permanenten Veränderungen geprägten Umgebung. Während sich die ISO 9001:2015 darauf konzentriert, die Zufriedenheit mit den Produkten und Dienstleistungen einer Organisation zu erreichen, unterstützt die ISO 9004 Unternehmen dabei, Vertrauen in die Fähigkeit der Organisation zu erzeugen, nachhaltigen Erfolg zu erzielen. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 25 Im Anhang A wird den Unternehmen ein Werkzeug zur Selbstbewertung zur Verfügung gestellt. Die zentralen Abschnitte gliedern sich wie folgt: 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Qualität einer Organisation und nachhaltiger Erfolg Kontext einer Organisation Identität einer Organisation Führung Prozessmanagement Ressourcenmanagement Analyse und Bewertung der Leistung einer Organisation Verbesserung, Lernen und Innovation Anhang A (informativ) Werkzeug zur Selbstbewertung Literaturhinweise Turnusmäßige Aktualisierung Alle ISO-Normen werden im Abstand von fünf Jahren einer Überprüfung unterzogen und ggf. überarbeitet, um deren Aktualität sicherzustellen. Mit der Revision aus dem Jahr 2015 wurde die ISO 9001 umfassend überabeitet: Neben der Umsetzung der einheitlichen Struktur für Managementsystemnormen wurden der prozessorientierte Ansatz und die Verantwortung der Obersten Leitung für das QM-System verdeutlicht. Es wird eine stärkere Einbindung des QM-Systems in die Strategie des Unternehmens gefordert. Neue Themen, wie der risikobasierte Ansatz und die Forderung nach einem systematischen Umgang mit Wissen wurden aufgenommen. Gleichzeitig bietet die Norm deutlich mehr Flexibilität hinsichtlich Verantwortlichkeiten und Dokumentation des QMSystems. 2.4.6 Zertifizierung nach ISO 9001 Ein wesentliches Ziel der Anwendung international anerkannter Qualitätsnormen besteht darin, beim Kunden das Vertrauen in die Fähigkeit des eigenen Unternehmens als Lieferant zu erzeugen. Eine Zertifizierung, die durch eine anerkannte, neutrale Organisation vorgenommen wurde, ist der Nachweis, dass man die Anforderungen der ISO 9001 an Qualitätsmanagementsysteme umgesetzt hat. Bezogen auf die Normen der ISO 9000-Reihe überprüft eine unabhängige Institution im Rahmen der Zertifizierung, ob das Qualitätsmanagementsystem eines Unternehmens die Anforderungen der entsprechenden Nachweisnorm erfüllt und ob dieses wirksam angewendet wird. Ist dies der Fall, erhält das Unternehmen als offizielle Bestätigung ein Zertifikat nach ISO 9001. Solange Konkurrenzunternehmen noch nicht zertifiziert sind, stellt das Zertifikat einen Marktvorteil für das Unternehmen dar. Über den neutralen Nachweis, dass das Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 26 Unternehmen ein QM-System eingeführt hat, kann es sich von anderen Wettbewerbern abgrenzen. Durch diesen Umstand sind in den vergangenen Jahren viele Unternehmen unter den Druck geraten, sich zertifizieren zu lassen, weil Kunden es von ihnen verlangen. Dies gilt besonders für Branchen, in denen Fehler ein hohes Sicherheitsrisiko darstellen, zum Beispiel in der Pharmaindustrie oder bei Unternehmen, die gefährliche Güter transportieren. Auch bei der Auftragsvergabe durch Behörden und andere öffentlichen Stellen wird dieser Trend deutlich. 2.4.7 Genormte Anforderungen, aber kein genormtes System Die Normenfamilie ISO 9000 wurde geschaffen, um die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme international zu vereinheitlichen. Die mitunter geäußerte Befürchtung, die Norm zwinge Unternehmen - gleich welcher Branche in ein einheitliches, starr geformtes Qualitätsmanagementsystem, ist jedoch unbegründet. Anders ausgedrückt: Die Nachweisnorm formuliert lediglich das Ziel, das mit dem entsprechenden Abschnitt erreicht werden soll. Der Weg zum Ziel wird dagegen nicht vorgeschrieben. Dem einzelnen Unternehmen bleibt damit genügend Spielraum, ein Qualitätsmanagementsystem zu entwickeln, das - trotz genormter Anforderungen - den individuellen Bedürfnissen der jeweiligen Organisation entspricht. 2.4.8 Branchenspezifische Normen Neben der universell anwendbaren Normenreihe ISO 9000 existieren diverse branchenspezifische Systeme und Normen, die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme in verschiedenen Wirtschaftszweigen definieren. Gesundheitswesen: KTQ-Kriterienkatalog Die KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen) hat einen zertifizierungsfähigen Kriterienkatalog speziell für Krankenhäuser entwickelt, das auf einem bereits vorhandenen Qualitätsmanagementsystem aufbaut. Die Zertifizierungsurkunde bestätigt, dass das Qualitätsmanagementsystem sowie die Strukturen und Abläufe dem KTQ-Kriterienkatalog entsprechen. Die Basis für Aktivitäten im Rahmen KTQ bildet die Analyse einer zielführenden Selbst- und Fremdbewertung. Im Mittelpunkt der Qualitätsbemühungen steht eine verbesserte und transparente Leistungserbringung gegenüber den Patienten, den einweisenden Ärzten, Krankenkassen und der Öffentlichkeit. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 27 Medizinprodukte: ISO 13485 Bei der ISO 13485 handelt es sich um eine Norm für Qualitätsmanagementsysteme, die auf den Anforderungen der Norm ISO 9001 aufbaut, jedoch branchenspezifische Anforderungen für Medizinprodukte einbezieht. Die ISO 13485 stellt die Produktsicherheit in den Mittelpunkt. Die Norm kann, anders als die ISO 9001, nicht freiwillig angewendet werden, sondern fällt in den gesetzlich geregelten Bereich. Zum Nachweis der Konformität von Medizinprodukten ist eine Zertifizierung nach ISO 13485 zwingend erforderlich. Automobilindustrie: IATF 16949 Diese Norm vereint weltweit existierende Forderungen der Automobilindustrie an ein branchenspezifisches Qualitätsmanagementsystem. Durch die Einigung auf einen gemeinsamen Anforderungskatalog wird vermieden, dass sich Unternehmen, die mehrere Automobilhersteller beliefern, mehrfach zertifizieren lassen müssen. Im Jahre 2016 erfolgte die letzte Revision mit Anpassung der automobilspezifischen Anforderungen an die Norm ISO 9001:2015. Die IATF 16949 basiert auf den Anforderungen der ISO 9001 und fügt den Abschnitten branchenspezifische Ergänzungen hinzu. Automobilindustrie: VDA-Regelwerk Das VDA-Regelwerk ist ein Normenkatalog der deutschen Automobilindustrie e.V. Der VDANormenkatalog richtet sich an die Hersteller von Kraftfahrzeugen, Anhängern und Aufbauten sowie an alle Zulieferer, die Kfz-Teile und Zubehör direkt an die Automobilhersteller liefern. 2.4.9 Integriertes Managementsystem Neben den ISO 9000-Normen mit ihren universellen Grundsätzen des Qualitätsmanagements gibt es eine Reihe spezialisierter Managementsystemnormen. Beispiele sind: ISO 14001 – Umweltmanagement ISO 50001 – Energiemanagement ISO 45001 – Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Trotz der unterschiedlichen Schwerpunkte weisen diese Normen viele Gemeinsamkeiten hinsichtlich Zielsetzung, Struktur, Aufbau, Bewertung und Weiterentwicklung auf: Ihre Aufgabe ist die Sicherstellung der Zielerreichung mittels Planung, Umsetzung, Steuerung und Kontrolle von Abläufen. Seit der Revision der ISO 9001 und der ISO 14001 für Umweltmanagementsysteme im Jahr 2015 sind die Anforderungen an die durch die ISO veröffentlichten Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 28 Managementsystemnormen deutlich harmonisiert worden. Die Struktur der Normen (High Level Structure) sowie die grundlegenden Begriffe und Definitionen sind vereinheitlicht worden. Der Aufbau eines integrierten Managementsystems ist dadurch deutlich vereinfacht worden. Dabei werden die Grundsätze des Qualitätsmanagements angewandt: So müssen beispielsweise relevante Verantwortlichkeiten und Befugnisse festgelegt werden und für die geforderten Tätigkeiten müssen ausreichende Mittel und entsprechend geschultes Personal zur Verfügung stehen. Aufgrund der Ähnlichkeiten bietet es sich an, alle unterschiedlichen Managementsysteme in ein ganzheitliches Managementsystem zu integrieren. So lassen sich Synergien nutzen und Ressourcen bündeln. Besteht beispielsweise bereits ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001, so kann die bewährte Struktur beibehalten und um die offenen Punkte ergänzt werden, beispielsweise um ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001. Die Integration der ISO 9001 und weiterer Managementsystemnormen unterstützt neben umwelt- und sicherheitspolitischen sowie energetischen Aspekten auch die unternehmerische Wertschöpfung. Managementsysteme sollten daher so gestaltet sein, dass sie in einheitlicher und transparenter Form alle unternehmensrelevanten Vorgaben und Abläufe betrachten. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 29 3. Prozessgrundlagen 3.1 Was ist ein Prozess? Grundsätzlich werden Leistungen in einem Unternehmen durch Prozesse geschaffen. Unter einem Prozess verstehen wir ein Bündel oder eine Abfolge von Aktivitäten, für die Eingaben benötigt werden und die zu einem Ergebnis führen. Die Eingaben können sowohl materieller als auch immaterieller Natur sein. Es kann sich dabei um Rohstoffe oder Halbfertigteile handeln, ebenso aber auch um Anweisungen an die Mitarbeiter oder um technische Spezifikationen. Zusätzlich müssen Mittel eingesetzt werden, sei es in materieller Form als Anlagen und Werkzeuge oder immateriell in Form von Methoden, Fähigkeiten und Techniken. Während des Prozesses werden nun die Eingaben unter Einsatz der Mittel in Ergebnisse umgewandelt. Die dazu erforderlichen Aktionen und Vorgänge folgen dabei je nach Erfordernis aufeinander oder sie laufen parallel zueinander ab. Ein Prozess zielt immer auf ein Ergebnis hin. Dieses kann wiederum etwas Materielles sein, ein Produkt also. Genauso kann aber auch eine Dienstleistung als Ergebnis aus einem Prozess hervorgehen, ebenso wie Informationen oder Daten. Was ist ein Prozess? Um dies zu verdeutlichen, sehen wir uns einen Produktionsprozess und einen Dienstleistungsprozess einmal an. Wenn wir die Herstellung eines Schuhs als Prozess ansehen, was sind dann die Eingaben und die eingesetzten Mittel? Und was steht als Ergebnis am Ende des Prozesses? Kommen wir nun zum Dienstleistungsprozess. Nehmen wir dazu an, in der Schuhfabrik steht die Auslieferung von Schuhen an einen Großhändler an. Auch diese Tätigkeit kann als Prozess betrachtet werden. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 30 Im Sinne des Prozessdenkens kann ein Prozess definiert werden als logische Organisation von Abläufen, Tätigkeiten, Menschen, Materialien und Einrichtungen, die darauf ausgerichtet sind, ein spezifiziertes Ergebnis zu erzielen. 3.2 Prozessmanagement nach ISO 9001 Zur Einführung eines QM-Systems ist ein systematisches Prozessmanagement erforderlich. Daher muss man alle qualitätsrelevanten Prozesse im Unternehmen festlegen, messbar machen, umsetzen, regelmäßig bewerten und verbessern. Dabei müssen diese Prozesse an den Kundenbedürfnissen und den Unternehmenszielen ausgerichtet werden. Im Abschnitt 4.4 der ISO 9001 werden die Anforderungen festgelegt, die zur Einführung eines prozessorientierten Ansatzes systematisch umgesetzt werden müssen. Das Unternehmen muss zur Einführung eines QM-Systems die benötigten Prozesse festlegen und umsetzen. Um ein systematisches Prozessmanagement sicherzustellen, muss das Unternehmen im Zusammenhang mit diesen Prozessen verschiedene Festlegungen treffen und umsetzen: Die benötigten Eingaben für die Prozesse und was die Ergebnisse der Prozesse sein sollen. Die Reihenfolge der Prozesse und wie verschiedene Prozesse im Unternehmen zusammenwirken. Wie die Tätigkeiten umgesetzt werden sollen, z.B. mit welchen Methoden ein Schuh gefertigt wird und wie die Tätigkeiten überwacht werden können. Hierzu sind Leistungsindikatoren festzulegen. Welche Mittel für die Durchführung der Prozesse benötigt werden Wer die Verantwortung für den gesamten Ablauf und für einzelne Tätigkeitsschritte trägt und wer welche Befugnisse hat, z.B. Entscheidungen treffen darf. Welche Risiken und Chancen der Prozess in sich birgt. Was kann unerwartet eintreten und einen Einfluss auf den Ablauf und das Ergebnis des Prozesses haben? Wie kann die Leistung des Prozesses bewertet werden? Wie sind Änderungen der Abläufe umzusetzen? Wie kann der Prozess verbessert werden? Um sicherzustellen, dass die Prozesse dann auch so umgesetzt werden, wie es festgelegt wurde, müssen diese Festlegungen dokumentiert werden. Hierzu werden in der Regel Prozessbeschreibungen oder Verfahrensanweisungen im Unternehmen erstellt. 3.3 Identifikation von Prozessen Die Leistungen eines Unternehmens sind das Ergebnis einer Vielzahl an Einzelprozessen. Die einzelnen Prozesse dürfen aber nicht isoliert betrachtet werden. Denn oftmals bilden die Ergebnisse eines Prozesses die Eingaben für einen weiteren Prozess. Es ist daher nötig, die Prozesse und deren Schnittstellen zu anderen Prozessen zu Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 31 identifizieren. Hierzu nimmt man für jeden Prozess eine Abgrenzung vor, das heißt: für jeden Prozess wird dessen Anfang und Ende festgelegt, ebenso sein Zweck bzw. das Ergebnis. Darüber hinaus wird der interne oder externe Empfänger des Ergebnisses dokumentiert. Im weiteren Verlauf ordnet man die erkannten Prozesse in einer Prozesskette bzw. in einem Prozessnetzwerk an. Zur Vereinfachung hilft eine Einteilung in Prozessarten. Kernprozesse Die Kernprozesse sind die Prozesse, die für die Wertschöpfungskette im Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind und den Hauptteil zum Geschäftserfolg beitragen. Die Kernprozesse eines Unternehmens beginnen beim Kunden - zum Beispiel mit einer Bestellung - und enden mit der Auslieferung auch beim Kunden. Unterstützende Prozesse Unterstützende Prozesse sind für die Funktionsfähigkeit des Kernprozesses von Bedeutung. Sie tragen nur indirekt zur Wertschöpfung bei, unterstützen bzw. sichern jedoch den reibungslosen Ablauf der Kernprozesse. Dazu gehören in vielen Unternehmen Prozesse wie Beschaffung, Instandhaltung, Prüfmittelüberwachung oder zentrale Dienste. Führungsprozesse System- und Führungsprozesse dienen der Führung des Unternehmens, beispielsweise Politik, Strategie, Budgetierung, Personalentwicklung und Zielmanagement. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 32 3.4 Prozessmodell ISO 9001 Die ISO 9001 fordert von Unternehmen die Umsetzung eines prozessorientierten Ansatzes. Die Forderungen der ISO 9001 folgen ebenfalls diesem prozessorientierten Ansatz und können als zusammenhängendes System dargestellt werden. Die Abbildung zeigt die Prozessverknüpfung der Normabschnitte. Aus der Abbildung geht hervor, dass Kunden eine bedeutende Rolle bei der Festlegung der Anforderungen, die vom Unternehmen umgesetzt werden müssen, spielen. Die Erwartungen anderer interessierter Parteien können ebenfalls eine Rolle bei der Festlegung der Anforderungen stellen. Die Ergebnisse des QM-Systems sind neben den Produkten und Dienstleistungen auch die erreichte Kundenzufriedenheit, die entsprechend überwacht werden muss. Das Modell enthält alle Anforderungen der Norm, ohne Einzelprozesse darzustellen. Das System als Ganzes kann mithilfe der PDCA-Methode gelenkt werden. Der PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) kann kurz wie folgt beschrieben werden: Planen: Festlegen von Zielen des Systems und der Teilprozesse und Festlegen von Ressourcen, die zum Erzielen von Ergebnissen in Übereinstimmung mit den Kundenanforderungen und den Politiken der Organisation notwendig sind, sowie Ermitteln und Behandeln von Risiken und Chancen. Durchführen: Umsetzen des Geplanten. Prüfen: Überwachen und (sofern zutreffend) Messen von Prozessen und den daraus resultierenden Produkten und Dienstleistungen im Hinblick auf Politiken, Ziele, Anforderungen und geplante Tätigkeiten, sowie Berichterstattung über die Ergebnisse. Handeln: Ergreifen von Maßnahmen zur Verbesserung der Leistung, soweit notwendig. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 33 4. Unternehmensumfeld 4.1 Kontext der Organisation Die Einführung eines QM-Systems sollte eine strategische Entscheidung eines Unternehmens sein. Wie das QM-System im Unternehmen umgesetzt wird, wird durch den Kontext der Organisation beeinflusst. Gleichzeitig muss das QM-System in die strategische Ausrichtung des Unternehmens eingebunden werden. Zum Kontext der Organisation können dabei Unternehmenskultur und externe Faktoren, wie Rahmenbedingungen gehören. interne Faktoren, wie z.B. die z.B. wirtschaftliche oder soziale Was versteht die Normenreihe der ISO 9000 ff. unter dem Kontext der Organisation? Die ISO 9000 besagt in Abschnitt 3.2.2, dass der Kontext der Organisation eine Kombination interner und externer Themen ist, die eine Auswirkung auf die Vorgehensweise einer Organisation hinsichtlich der Entwicklung und des Erreichens ihrer Ziele haben kann. Das Umfeld eines Unternehmens ändert sich ständig, unabhängig von der Größe der Organisation. Daher sollte dieses Umfeld analysiert und überwacht werden. Diese Überwachung sollte es dem Unternehmen ermöglichen, potentielle Risiken zu ermitteln und veränderte Ansprüche und Bedürfnisse rechtzeitig zu erkennen. Nur so können Entscheidungen zu organisatorischen Änderungen oder Innovationen rechtzeitig getroffen werden. Das wiederum ist zwingend notwendig, um den Leistungsstand des Unternehmens zu erhalten und zu verbessern. Das Verständnis des Kontextes einer Organisation ist ein Prozess. Dieser Prozess bestimmt Faktoren, die Zweck, Ziele und Nachhaltigkeit der Organisation beeinflussen. Die ISO 9001 fordert im Abschnitt 4.1, dass eine Organisation externe und interne Themen bestimmen muss. Doch was genau können solche externen und internen Themen sein, die einen Einfluss auf das QM-System und die Strategie des Unternehmens haben können? Externe Themen können z.B. sein: Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 34 Je nach Unternehmen müssen diese Themen im lokalen, regionalen, nationalen oder internationalen Zusammenhang betrachtet werden. Zu den internen Themen, die einen Einfluss auf das Unternehmen haben können, gehören: Welche Themen müsste unser Schuhhersteller betrachten, um das Unternehmensumfeld zu identifizieren? Welche internen und externen Themen haben einen Einfluss auf die Strategie und das QM-System? Der Kontext des Unternehmens muss ermittelt werden, um die Anforderungen an das QM-System zu identifizieren und berücksichtigen zu können. 4.2 Interessierte Parteien Im Abschnitt 4.2 behandelt die ISO 9001 die Anforderungen zu interessierten Parteien. Neben der Analyse des Kontextes des Unternehmens ist die Ermittlung der Erwartungen der interessierten Parteien wichtiger Ausgangspunkt für den Aufbau und die Umsetzung eines QM-Systems. Die Anforderungen und Erwartungen der Kunden stehen im Mittelpunkt der Tätigkeiten eines Unternehmens. An diesen Anforderungen richten sich die Produkte und Dienstleistungen und die Prozesse des Unternehmens aus. Allerdings gibt es weitere Interessensgruppen, die einen Einfluss auf das Unternehmen haben. Diese sogenannten interessierten Parteien müssen im Rahmen eines QM-Systems identifiziert werden. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 35 Dann muss das Unternehmen ermitteln, welche Anforderungen diese interessierten Parteien an das Unternehmen stellen, die für das QM-System relevant sind. Damit ist nicht gemeint, dass alle Anspruchsgruppen und alle Anforderungen dieser Anspruchsgruppen vom Unternehmen berücksichtigt und erfüllt werden müssen. Vielmehr legt das Unternehmen fest, welche interessierten Parteien für das Unternehmen und das QM-System relevant sind und welche dieser Anforderungen relevant sind. Mögliche interessierte Parteien können hier sein: 4.3 Anwendungsbereich Der Abschnitt 4.3 der ISO 9001 behandelt die Anforderungen zu den Grenzen und zur Anwendbarkeit eines QM-Systems. Nachdem das Unternehmen den Kontext und die interessierten Parteien identifiziert und analysiert hat, muss es also den Anwendungsbereich des QM-Systems festlegen. Es muss also festlegen, für welche Unternehmensbereiche und ggf. Standorte das QM-System gelten soll. Hat beispielsweise unser Schuhhersteller eine weitere Fertigungsstätte in Spanien, kann das Unternehmen festlegen, ob das Managementsystem übergreifend für alle Bereiche und Standorte gelten soll oder sich nur auf die Niederlassung in Deutschland bezieht. Innerhalb des festgelegten Anwendungsbereichs muss ein Unternehmen dann alle Anforderungen der ISO 9001 umsetzen, die für das Unternehmen anwendbar sind. Stellt sich heraus, dass eine Anforderung der ISO 9001 für das Unternehmen nicht anwendbar ist, kann diese Anforderung als nicht zutreffend bestimmt werden. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn in einem Dienstleistungsunternehmen keinerlei Messmittel eingesetzt werden. In diesem Fall müssen die Forderungen des Abschnitts 7.1.5 der ISO 9001 nicht umgesetzt werden. Es dürfen aber nur solche Anforderungen nicht umgesetzt werden, die auch tatsächlich nicht anwendbar sind und keinerlei Einfluss auf die Konformität von Produkten und Dienstleistungen haben. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 36 5. Führung 5.1 Verpflichtung für das QM-System 5.1.1 Führung und Verpflichtung Die Norm ISO 9001 basiert auf sieben Grundsätzen des Qualitätsmanagements, in denen sich die Anforderungen an die Organisation und die Systematik des Qualitätsmanagements widerspiegeln. Der Kundenorientierung wird dabei die oberste Priorität eingeräumt. Der Schwerpunkt des Qualitätsmanagementsystems liegt in der Erfüllung der Kundenanforderungen und dem Bestreben, die Kundenerwartungen zu übertreffen. Eine zentrale Stellung nimmt dabei die Unternehmensführung ein. Sie muss nicht nur ihr Verständnis von Qualität offenlegen und bereit sein, Qualität als ein zentrales Unternehmensziel festzulegen. Der Unternehmensführung obliegt es auch, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit dieses Ziel in die Praxis umgesetzt werden kann. Die ISO 9001 stellt die Verantwortung der Unternehmensleitung ins Zentrum des QMSystems. Führungskräfte tragen die Verantwortung dafür, dass Bedingungen geschaffen werden, damit die Unternehmensziele und somit auch die Qualitätsziele, erreicht werden können. Abschnitt 5 der ISO 9001 beinhaltet die Anforderungen an die oberste Leitung. Die oberste Leitung muss ihre Führungsrolle wahrnehmen. Sie muss die Verantwortung für das QMSystem und die Kundenorientierung übernehmen. Sie legt die Qualitätspolitik sowie die Verantwortlichkeiten und Befugnisse im Unternehmen fest. Unter der obersten Leitung versteht die Norm dabei die oberste Person oder Personengruppe der Organisation, für die das QM-System gilt. Wenn sich das QM-System nur auf einen bestimmten Bereich eines Unternehmens beschränkt, ist damit die Leitung dieses Bereiches gemeint. Die Unternehmensleitung trägt die Gesamtverantwortung für das QM-System. Sie ist dafür verantwortlich, dass das QM-System wirksam eingeführt und umgesetzt wird. Der Abschnitt 5.1.1 der ISO 9001 thematisiert Unternehmensleitung für die Wirksamkeit des QM-Systems. diese Verantwortung der Die Leitung muss sicherstellen, dass die Qualitätspolitik, also die Absichten und die Ausrichtung des Unternehmens, festgelegt werden. Außerdem müssen die konkreten Qualitätsziele festgelegt werden. Dabei muss sichergestellt sein, dass sowohl die Politik als auch die Ziele mit der Strategie und dem Unternehmensumfeld vereinbar sind. Die Leitung muss sicherstellen, dass eine Einbindung des QM-Systems in die Geschäftsprozesse erfolgt. Es soll sichergestellt sein, dass das QM-System nicht losgelöst von anderen Aktivitäten im Unternehmen existiert. Ebenso muss die Leitung den prozessorientierten Ansatz im Unternehmen fördern, also sicherstellen, dass alle Tätigkeiten im Unternehmen als aufeinander abgestimmte Prozesse systematisch umgesetzt und gelenkt werden. In diesem Zusammenhang muss auch das risikobasierte Denken gefördert werden, also ein vorbeugender Ansatz, bei dem bei der Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 37 Planung der Tätigkeiten bereits mögliche Konsequenzen von unerwarteten Ergebnissen berücksichtigt werden. Die oberste Leitung muss die für das QM-System erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Hier ist neben der Infrastruktur auch die erforderliche Anzahl und Qualifikation des Personals gemeint. Nicht zuletzt muss allen Beteiligten ausreichend Zeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen. 5.1.2 Kundenorientierung Neben der Verantwortung für die Wirksamkeit des QM-Systems trägt die oberste Leitung ebenso die Verantwortung für die Kundenorientierung. Die Unternehmensleitung muss gemäß Abschnitt 5.1.2 der ISO 9001 sicherstellen, dass die Anforderungen der Kunden ermittelt werden. Dass das neben den festgelegten Anforderungen auch vorausgesetzte Anforderungen sein können, haben Sie bereits erfahren. Auch geltende gesetzliche und behördliche Anforderungen müssen ermittelt werden und es muss sichergestellt werden, dass diese Anforderungen eingehalten werden. Im Sinne des risikobasierten Denkens müssen Risiken und Chancen ermittelt und berücksichtigt werden, die einen Einfluss auf die Konformität der Produkte und Dienstleistungen haben können. Die Leitung muss sicherstellen, dass nur Produkte und Dienstleistungen bereitgestellt werden, die die Anforderungen erfüllen. Über die reine Erfüllung der Kundenanforderungen trägt die Leitung die Verantwortung dafür, dass die Erhöhung der Kundenzufriedenheit im Fokus des Unternehmens steht. Die Unternehmensaktivitäten sind also an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden zu orientieren. Der Erfolg der Organisation ist davon abhängig, inwieweit sie die Erfordernisse und Erwartungen von Kunden, einschließlich anderer interessierter Parteien versteht. Sie sollte danach streben, die aktuellen und künftigen Erwartungen der Kunden, wie auch die Erwartungen anderer interessierter Parteien, nicht nur zu erfüllen, sondern auch zu übertreffen. Dies kann in der Praxis nur dann realisiert werden, wenn die Unternehmensführung das Verständnis der Mitarbeiter für die Erfüllung der Kundenwünsche fördert und alle Mitarbeiter in die Ermittlung der Kundenerwartungen einbezieht. 5.2 Qualitätspolitik Die Norm ISO 9001 verlangt im Abschnitt 5.2 von der Unternehmensführung die Festlegung und Bekanntmachung einer Qualitätspolitik. Die Absichten und die Ausrichtung einer Organisation spiegeln sich allgemein in ihrer Politik wider. Die Qualitätspolitik stellt demnach die unternehmenseigenen Grundsätze zum Qualitätsverständnis dar. Sie hat eine wichtige Bedeutung für das Funktionieren eines Qualitätsmanagementsystems. Indem die oberste Leitung ihre Absichten und die Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 38 Ausrichtung des Unternehmens hinsichtlich Qualität schriftlich festlegt und bekanntmacht, schafft Sie Verbindlichkeit. Die Qualitätspolitik ist ein wichtiger Wegweiser und gibt den Rahmen für die Festlegung konkreter Qualitätsziele vor. Je klarer die oberste Leitung eines Unternehmens sich zur Qualität verpflichtet und ihre grundsätzlichen Zielrichtungen und Strategien offenlegt, desto leichter fällt es dem einzelnen Mitarbeiter, das gemeinsame Ziel zu erkennen und in der täglichen Arbeit entsprechend zu handeln. Voraussetzung ist natürlich, dass alle Mitarbeiter die geltende Qualitätspolitik auch wirklich kennen, sie verstehen und tatsächlich danach handeln. Dies sicherzustellen, ist laut Normentext eine explizite Aufgabe des Managements. Dabei muss die Qualitätspolitik für den Zweck des Unternehmens angemessen sein, sie muss die Strategie des Unternehmens unterstützen, und sie muss eine Aussage enthalten, dass das Unternehmen sich zur Erfüllung von Anforderungen verpflichtet. Die Qualitätspolitik muss außerdem die Verpflichtung zur fortlaufenden Verbesserung enthalten, sie muss dokumentiert werden und im Unternehmen veröffentlicht und umgesetzt werden. Zudem muss die Qualitätspolitik gegebenenfalls anderen interessierten Parteien zur Verfügung gestellt werden. Anhand unserer Beispielfirma, die in der Schuhherstellung tätig ist, soll nun gezeigt werden, wie eine Qualitätspolitik konkret formuliert sein könnte. Nachdem sich die Mitglieder der Führungsebene intensiv mit den Zielen, Strategien und Grundsätzen des Unternehmens auseinandergesetzt haben, sind sie nun bereit, die Qualitätspolitik niederzuschreiben. Diese Qualitätspolitik wurde von der Unternehmensleitung schriftlich festgelegt und durch Unterschrift als verbindlich erklärt. Über eine Betriebsversammlung und einen Aushang am schwarzen Brett wurde sie den Mitarbeitern vorgestellt und erläutert. Darüber hinaus stellen die Führungskräfte sicher, dass den Mitarbeitern bewusst ist, was diese Grundsätze für ihre tägliche Arbeit bedeuten. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 39 5.3 Verantwortlichkeiten und Befugnisse Wie Sie bereits wissen, trägt die oberste Leitung des Unternehmens die Gesamtverantwortung für die Wirksamkeit des QM-Systems sowie die Sicherstellung der Kundenorientierung und sie legt die Qualitätspolitik fest. Darüber hinaus liegt es im Verantwortungsbereich der obersten Leitung, klare Regelungen zu Verantwortlichkeiten und Befugnissen im Unternehmen zu treffen. Verantwortungen und Befugnisse innerhalb der Organisation müssen zur Erleichterung eines effektiven Qualitätsmanagements definiert und vermittelt werden. Wie man diese Forderung umsetzt, wird von der Norm nicht konkret vorgeschrieben. Das folgende Beispiel soll zeigen, warum die Norm ISO 9001 im Abschnitt 5.3 von der Geschäftsleitung eine klare Regelung von Verantwortlichkeiten und Befugnissen fordert. Da in der Hauptstadt vor kurzem eine internationale Sportartikelmesse stattgefunden hat, ist die Nachfrage nach Sport- und Outdoor Schuhen sprunghaft gestiegen. Herr Hofer, Inhaber mehrerer Sportartikel-Geschäfte, wendet sich daher telefonisch an den Schuhhersteller mit der Bitte um Nachlieferung weiterer Schuhe aus dem Wanderschuh-Sortiment. Sein Lagerbestand ist aufgrund der großen Nachfrage fast vollständig verkauft und er möchte seine Stammkundschaft nicht mit leeren Regalen verprellen. Da die Vertriebsmitarbeiter gerade in anderen Telefonaten gebunden sind, landet Herr Hofer mit seinem Anruf in der Telefonzentrale. Der Mitarbeiter dort, ein Student, der als Urlaubsvertretung eingesetzt wurde, ist der irrtümlichen Meinung, es handele sich um eine Reklamation und verbindet ihn zur Reklamationsabteilung. Der Mitarbeiter dort lässt Herrn Hofer wissen, dass er für Bestellungen nicht zuständig sei und er wisse auch nicht, ob die nachgefragten Schuhe in dieser Menge derzeit auf Lager seien. Er könne ihn aber gerne ins Lager verbinden. Der Mitarbeiter im Lager ist mit dem Anliegen des mittlerweile etwas gereizten Herrn Hofer etwas überfordert. Immerhin kann er ihm mitteilen, dass die gewünschten Schuhe durchaus in ausreichender Stückzahl auf Lager seien. Allerdings könne er keine Auslieferung veranlassen, weil er dazu nicht befugt sei. Er könne Herrn Hofer aber gerne mit dem Vertrieb verbinden. Da alle Vertriebsmitarbeiter gerade in anderen Telefonaten gebunden sind, landet Herr Hofer schließlich wieder bei der Urlaubsvertretung in der Telefonzentrale. Er legt entnervt auf. Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass die Mitarbeiter den Umfang, die Verantwortung und die Befugnisse ihrer Tätigkeit und ihren Einfluss auf die Qualität der Produkte sowie des Unternehmens genau kennen, um einen reibungslosen Betriebsablauf möglich zu machen. Wie wir bereits mehrfach erwähnt haben, genügt es nicht, dass die Unternehmensleitung die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems beschließt und die entsprechenden Zielsetzungen vorgibt. Sie trägt auch die Verantwortung dafür, dass das eingeführte System wirkungsvoll arbeitet und aufrechterhalten wird. Hierzu müssen verschiedene Verantwortlichkeiten und Befugnisse an Personen im Unternehmen zugewiesen werden. Dies soll sicherstellen, dass das Qualitätsmanagementsystem des Unternehmens auch wirklich funktioniert. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 40 Die folgenden Aufgaben müssen im QM-System zugewiesen werden: Wer stellt sicher, dass das QM-System die Anforderungen der ISO 9001 erfüllt? Wer stellt sicher, dass die Prozesse laufen? Wer stellt sicher, dass der Leitung über das QM-System berichtet wird? Wer setzt die Kundenorientierung im gesamten Unternehmen um? Wer kümmert sich darum, dass das QM-System weiterhin funktioniert, wenn es Änderungen gibt? In vielen Unternehmen werden hierzu so genannte Qualitätsbeauftragte eingesetzt. Die Bestimmung eines Beauftragten der Obersten Leitung war bis zur Revision der ISO 9001 im Jahr 2015 eine explizite Forderung. Seit der Revision können die Aufgaben im Unternehmen je nach Organisationsstruktur und Erfordernissen des Unternehmens verteilt werden. Dies bedeutet, dass die Oberste Leitung natürlich weiterhin einen Beauftragten oder mehrere Beauftragte für Qualität einsetzen kann. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 41 6. Planung 6.1 Umgang mit Risiken und Chancen 6.1.1 Risikobasiertes Denken Risikobasiertes Denken ist zum Erreichen eines wirksamen Qualitätsmanagementsystems unerlässlich. Es ist eine Kernaufgabe eines Qualitätsmanagementsystems, als vorbeugendes Instrument zu wirken. Entsprechend den Anforderungen des Abschnitts 6.1 der ISO 9001 ist die Organisation für die Anwendung des risikobasierten Denkens sowie für das Einleiten von Maßnahmen zur Behandlung eines Risikos verantwortlich. 6.1.2 Risiken und Chancen Sowohl die Betrachtung von Risiken als auch die von Chancen bildet eine Grundlage für die Steigerung der Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems, damit verbesserte Ergebnisse erreicht werden und negative Auswirkungen vermieden werden. Gemäß der Norm ist Risiko die Auswirkung von Ungewissheiten. Jede dieser Ungewissheiten kann positive oder negative Auswirkungen besitzen. Eine positive Abweichung, die aus einem Risiko hervorgeht, kann eine Chance liefern. Gemäß dieser Definition sind Risiken und Chancen also quasi zwei Seiten einer Medaille und gemeinsam zu betrachten. 6.1.3 Risikomanagement Obwohl im Abschnitt 6.1 der Norm festgelegt ist, dass die Organisation Maßnahmen zur Behandlung von Risiken planen muss, sind keine formellen Methoden für das Risikomanagement oder ein dokumentierter Risikomanagementprozess erforderlich. Organisationen können entscheiden, ob sie eine umfangreiche Vorgehensweise für das Risikomanagement umsetzen möchten. Dann können andere Leitlinien oder Normen angewendet werden. Eine beispielhafte Methode zur wirkungsvollen Risikoprävention ist die sogenannte FMEA, die wir Ihnen im Kapitel 8.3.7 dieses Dokuments vorstellen werden. Die Failure Mode and Effect Analysis, kurz: FMEA ist ein Hilfsmittel, um Risiken aufzudecken. Das Unternehmen kann also selber entscheiden, welcher Ansatz zum risikobasierten Denken umgesetzt werden soll. Unbedingt sinnvoll ist jedoch ein systematischer Umgang mit Risiken. Das Unternehmen sollte zunächst die möglichen Risiken identifizieren, die für das Unternehmen von Bedeutung sein könnten. Die Risiken müssen im Folgenden analysiert werden. Sie sollten möglichst exakt benannt werden. Vor allem die Wahrscheinlichkeit, dass ein Risiko auftritt und die Bedeutung, die das Risikoereignis dann für das Unternehmen hat, müssen analysiert werden. Auf Basis der Analyse erfolgt die Bewertung der Risiken. Hier sollte das Unternehmen wiederum eine Bewertungssystematik festlegen. Hier kann entweder eine Einteilung in hoch, Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 42 mittel, gering, oder aber auch eine Bewertung über eine %-Skala erfolgen. Bewährt hat sich auch die Einstufung von Risiken auf einer Skala von 1 bis 10 (siehe unten). Nach der Bewertung der Risiken erfolgt die Priorisierung der Risiken. Die abgeleiteten Maßnahmen müssen in Relation zu der Bedeutung der Risiken stehen. Für die Maßnahmenplanung ist es wieder sinnvoll, Verantwortlichkeiten und Termine zu benennen. Die Umsetzung der Maßnahmen sollte anhand der Planung überwacht werden. Abschließend ist eine Bewertung erforderlich, ob die eingeleiteten Maßnahmen geeignet waren, die möglichen Risiken zu verhindern oder zu minimieren. Nicht alle Prozesse eines Qualitätsmanagementsystems verkörpern den gleichen Risikograd im Hinblick auf die Fähigkeit der Organisation, ihre Ziele zu erreichen. Die Auswirkungen von Unsicherheiten sind nicht immer für alle Organisationen gleich. Eine Risikoanalyse kann damit beginnen, dass zunächst mögliche Risikobereiche des Unternehmens identifiziert werden. In einem zweiten Schritt sollten dann die entsprechenden Risiken bestimmt und bewertet werden. Als Bewertungsskala für die Einstufung der Risiken kann z.B. diese Skala von 1 bis 10 Punkten mit der entsprechenden Definition genutzt werden. Dabei wird das potentielle Risiko hinsichtlich seiner Bedeutung und Wahrscheinlichkeit jeweils mit einem Wert von 1 bis 10 gewichtet. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 43 Über die Multiplikation der beiden Werte kommt man zu einer Einstufung des Risikos. Dieses Ergebnis ist nicht als absolute Risikohöhe zu bewerten. Die Zahl stellt immer nur eine Relation gegenüber den anderen bewerteten Risiken dar. Stellen wir uns vor, unser Schuhhersteller möchte das Risiko eines Maschinenausfalls bewerten. Er wird die Bewertung für die zwei relevanten Maschinen vornehmen. Bei Maschine A wäre die Bedeutung eines Ausfalls sehr hoch, weil diese Maschine unersetzlich für die Produktion ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Maschine ausfällt, ist jedoch aufgrund der vorbeugenden Instandhaltung des Unternehmens gering mit einer 5 einzuschätzen. Insgesamt würde das Risiko mit 40 bewertet werden. Der Ausfall von Maschine B ist mäßig hoch und wird mit 6 bewertet. Die Wahrscheinlichkeit, dass Maschine B ausfällt, ist geringer als bei Maschine A, da diese noch neuer und wenig anfällig für technische Ausfälle ist. Dieses Risiko würde mit einer 24 bewertet werden. In Relation stellt der Ausfall der Maschine A also das höhere Risiko dar. Das Unternehmen sollte zunächst Maßnahmen für dieses Risiko ableiten und festlegen. 6.1.4 Maßnahmenplanung Auf Basis der Risikoanalyse und -bewertung muss die Organisation Maßnahmen planen. Außerdem muss sie sicherstellen, dass die Maßnahmen in die QM-Prozesse integriert und dort umgesetzt werden. Schließlich muss die Organisation die Wirksamkeit der Maßnahmen bewerten. 6.2 Qualitätsziele und Planung 6.2.1 Qualitätsziele Jedes Unternehmen, das ein wirksames Qualitätsmanagementsystem einführen will, muss Qualitätsziele festlegen. Diese Qualitätsziele müssen gemäß ISO 9001 Abschnitt 6.2.1 für relevante Funktionen und Ebenen im Unternehmen festgelegt werden. So werden häufig übergeordnete Qualitätsziele vorgegeben und dann auf verschiedene Abteilungen oder Hierarchieebenen heruntergebrochen. Ebenso müssen die Qualitätsziele für Prozesse definiert werden. Wie Sie bereits gesehen haben, müssen für die Prozesse Leistungsindikatoren oder Kennzahlen festgelegt werden, mit denen die Prozesse überwacht und gesteuert werden Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 44 können. Für diese Kennzahlen müssen Zielwerte in Form von Qualitätszielen definiert werden. Hat ein Unternehmen beispielsweise festgelegt, dass es einen Produktionsprozess anhand der Fehlerquote steuern will, muss festgelegt werden, welche Höhe diese Fehlerquote maximal erreichen darf, bzw. welche Höhe Sie unterschreiten muss. Sind die Qualitätsziele festgelegt, müssen die Maßnahmen geplant werden, mit denen die Qualitätsziele erreicht werden sollen. Damit die Qualitätsziele wirksam und zweckmäßig sind, müssen sie folgende Anforderungen erfüllen: Die Qualitätsziele müssen im Einklang mit der Qualitätspolitik stehen. Sie müssen messbar sein. Die Messbarkeit von Qualitätszielen kann zum einen dadurch erreicht werden, dass die Ziele mit einer konkreten Kennzahl belegt werden, wie z.B. Fehlerquoten (Anzahl der Fehler im Verhältnis zu Anzahl der hergestellten Produkte). Auch qualitative Ziele sind möglich und sinnvoll. So kann beispielsweise die Durchführung einer Mitarbeiterbefragung ein Qualitätsziel darstellen. Dieses Ziel muss nicht unbedingt mit einer Kennzahl verbunden werden. Es muss aber so konkret wie möglich beschrieben werden und mit einem Erledigungstermin verbunden sein, so dass die Zielerreichung hieran gemessen werden kann. Die Qualitätsziele müssen darüber hinaus relevante Anforderungen, z.B. von Kunden oder anderen interessierten Parteien berücksichtigen und relevant sein für die Produktkonformität und die Kundenzufriedenheit. Ist z.B. die Liefertermintreue eine wichtige Anforderung des Kunden, sollte sich ein Qualitätsziel auf diese Termintreue beziehen. Die Qualitätsziele und die Zielerreichung müssen überwacht werden. Es ist nicht sinnvoll, ein Jahresziel, wie z.B. eine Fehlerquote von unter 2% für das gesamte Geschäftsjahr festzulegen, und erst im Dezember den tatsächlichen Stand der Fehlerquote zu erheben. Will man die Ziele zur Steuerung der Organisation und zur Verbesserung der Qualität einsetzen, müssen die Ziele in festgelegten Abständen überwacht werden, um auch ggf. noch Korrekturen einleiten zu können. Die Qualitätsziele müssen den betroffenen Unternehmensbereichen und Mitarbeitern vermittelt werden. Die Mitarbeiter müssen über die Ziele, den Zielwert sowie die Maßnahmen, wie diese Ziele erreicht werden sollen, informiert werden. Das Unternehmen dokumentieren. 6.2.2 muss Informationen zu den Qualitätszielen aktualisieren und Planung von Maßnahmen zur Zielerreichung Bei der Festlegung der Maßnahmen zur Zielerreichung muss das Unternehmen gemäß ISO 9001 Abschnitt 6.2.2 festlegen, was getan werden soll, um die Qualitätsziele zu erreichen. Es muss geplant werden, welche Ressourcen, wie z.B. finanzielle oder personelle Ressourcen, benötigt werden. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 45 Für jede Maßnahme muss die Verantwortlichkeit definiert sein, so wie der Termin oder das Ereignis, mit dem die Maßnahme abgeschlossen ist. Abschließend muss festgelegt werden, wie die Ergebnisse bewertet werden. 6.3 Planung von Änderungen Nehmen wir an dieser Stelle einmal an, der Schuhhersteller aus unserem Praxisbeispiel hätte bereits ein Qualitätsmanagementsystem aufgebaut: Alle Verantwortlichkeiten sind definiert, alle Abläufe und Verfahren sind festgelegt. Das Qualitätsmanagementsystem funktioniert, der Laden läuft sozusagen „wie geschmiert“. Doch irgendwann möchte der Schuhhersteller neben Wanderschuhen auch Schuhe für den Freizeit- und Businnessbereich herstellen. Dazu wird ein weiterer Produktionsstandort eröffnet. Das Beispiel zeigt, dass auch ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem Änderungen unterworfen ist. Es werden neue Produkte hergestellt oder weitere Dienstleistungen erbracht, Fertigungsverfahren geändert oder neue Maschinen eingesetzt. Ein Unternehmen ist kein statisches Gebilde und muss ständig auf neue Anforderungen reagieren. Dementsprechend muss auch das Qualitätsmanagementsystem angepasst werden. Damit diese Anpassung an Neues in einem Unternehmen ohne Qualitätseinbußen erfolgt, fordert die ISO 9001 in Abschnitt 6.3, dass diese Änderungen auf geplante Weise umgesetzt werden. Das Unternehmen muss im Rahmen der Planung sicherstellen, dass das Qualitätsmanagementsystem weiterhin funktionsfähig bleibt, auch wenn Änderungen am Qualitätsmanagementsystem erforderlich werden. Die Änderungen sollten nicht einfach vorgenommen werden, sondern vorausschauend und systematisch geplant werden. Dadurch können nachträgliche Korrekturmaßnahmen deutlich reduziert bzw. ganz vermieden werden. Neben der Funktionsfähigkeit des QM-Systems muss bei der Umsetzung von Änderungen am QM-System die Verfügbarkeit von Ressourcen, wie finanzielle und personelle Ressourcen berücksichtigt werden. Ebenso muss beachtet werden, ob sich durch die Änderungen am QM-System Verantwortlichkeiten und Befugnisse im Unternehmen verändern. Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 46 7. Unterstützung 7.1 Ressourcen Derr Abschnitt 7 der ISO 9001 beinhaltet die Anforderungen an die Prozesse, die zur Unterstützung des QM-Systems benötigt werden. Im Abschnitt 7.1 sind die Anforderungen an die Bereitstellung von Ressourcen festgelegt. Um die Unternehmensstrategie in die Praxis umzusetzen und die gesteckten Ziele erreichen zu können, benötigt jedes Unternehmen Ressourcen. Die Aufgabe im Unternehmen besteht darin, zu ermitteln, welche Ressourcen in welchem Umfang benötigt werden und diese bereitzustellen. 7.1.1 Überblick Die Norm unterscheidet fünf Arten von Ressourcen: Im Fokus steht dabei die Umsetzung und Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems. Das Unternehmen muss ermitteln, welche Ressourcen benötigt werden, um das QM-System aufrechtzuerhalten und die Prozesse umzusetzen. Die erforderlichen Ressourcen müssen bereitgestellt werden. Dabei muss das Unternehmen berücksichtigen, welche unternehmenseigene Ressourcen zur Verfügung stehen oder wo eventuell auf externe Anbieter zurückgegriffen werden soll. 7.1.2 Personen Für Unternehmen haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihren individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten eine hohe Bedeutung. In Summe zeichnen sie ein Unternehmen aus. Unternehmen müssen festlegen, welche Mitarbeiter mit welcher Qualifikation und welchen Fähigkeiten, in welchem Umfang benötigt werden. Die Frage, die sich Unternehmen stellen müssen: Haben wir genügend Personal, um unsere Ziele umsetzen zu können und die Kundenanforderungen zu erfüllen? Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 47 7.1.3 Infrastruktur Ohne eine geeignete Infrastruktur, adäquat ausgestattete Arbeitsplätze und ohne die notwendigen Werkzeuge, Maschinen und IT-Infrastruktur kann kein Unternehmen seine Prozesse umsetzen und Kunden qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen anbieten. Die Unternehmensleitung muss die Infrastruktur bereitstellen, die für die Produktrealisierung oder Dienstleistungserbringung erforderlich ist. In einer systematischen Betrachtung der Prozesse muss bestimmt werden, welche Infrastruktur in welcher Art und in welchem Umfang für einen reibungslosen Ablauf benötigt werden. Auf die Festlegung der benötigten Infrastruktur haben Aspekte wie Leistungsfähigkeit, Funktionstüchtigkeit, Sicherheit, Kosten und die erforderliche Verfügbarkeit einen Einfluss. Als Ergebnis der Bedarfsermittlung ergibt sich die Festlegung der erforderlichen Infrastruktur. Aus dem Abgleich mit der bereits bestehenden Infrastruktur ergeben sich dann wiederum ggf. Abweichungen und Investitionsbedarfe. Bei der Bestimmung der Infrastruktur sollten immer übergeordnete Themenstellungen berücksichtigt werden. Das heißt: Kundenanforderungen Bedeutung für die Erfüllung von Produkt- und Dienstleistungsanforderungen Unternehmensstrategie Qualitätsziele Verbesserung Innovation Gesetzliche Anforderungen Auch gesetzliche Anforderungen an die Infrastruktur dürfen nicht außer Acht gelassen werden, z.B. Anforderungen aus dem Arbeits- und Umweltschutz. Die Unternehmensleitung hat dafür Sorge zu tragen, dass die Infrastruktur den Anforderungen entsprechend einsatzbereit und funktionstüchtig ist. Es gilt also, für alle qualitätsrelevanten Bereiche, Strategien und Methoden zur Instandhaltung zu entwickeln und zu verwirklichen. Dies erfolgt bei Maschinen unter Umständen über zum Teil aufwändige Wartungstätigkeiten. Sie kann entweder intern organisiert oder ganz oder teilweise an externe Dienstleister vergeben werden. Die Gebäudeversorgung ist oftmals über Wartungsverträge extern geregelt. Gleiches gilt für die Betreuung von EDV-Systemen. Die Qualitätsfähigkeit unterstützender Dienstleistungen wird zum Beispiel über Kontrollen und Bewertungen aufrechterhalten. Über alle Aktivitäten zur Festlegung und Aufrechterhaltung der Infrastruktur sollten entsprechende Nachweise geführt werden. Hier sehen Sie einige Beispiele: Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 48 Nachweise für Aktivitäten, z.B. Wartungs- und Instandhaltungspläne Arbeitsplatzstudien Investitionspläne Protokolle über Prozessfähigkeitsuntersuchungen Risikoanalysen Berichts- und Meldewesen über Störfälle und Gefahren Wartungs- und Instandhaltungsprotokolle und -nachweise Lieferantenbewertungen Bezogen auf unser Beispielunternehmen gehören zur Infrastruktur unter anderem: 7.1.4 Gebäude Werkstätten Maschinen (Stanzmaschinen, Nähmaschinen, Polierbürsten) Werkzeuge (Stanzmesser, Zangen) Transportbänder Aufbewahrungsständer EDV Software, z.B. zum Design neuer Schuhe Pressen, Sprühkabinen, Prozessumgebung Neben der Infrastruktur hat auch die Umgebung, in der die Prozesse umgesetzt werden, einen Einfluss auf die Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Die Unternehmensleitung muss dafür sorgen, dass Menschen und Produkte vor schadhaften Einflüssen geschützt werden und die Umgebung so gestaltet ist, dass Qualitätsminderungen ausgeschlossen werden können. Die Prozessumgebung im Unternehmen stellt eine Kombination aus physikalischen, sozialen, psychologischen und umweltbezogenen Faktoren dar. Eine ungünstige Arbeitsumgebung kann sich negativ auf das Personal auswirken. Ein Mitarbeiter beispielsweise, der während seiner Tätigkeit einer permanenten Lärmbelastung ausgesetzt ist, wird auf Dauer keine guten Arbeitsergebnisse liefern können. Auch die Qualität von Produkten leidet unter ungeeigneten Umgebungsbedingungen. Wird zum Beispiel Tiefkühlkost bei einer zu hohen Temperatur gelagert, so wird sie schnell verderben und entspricht nicht mehr den definierten Qualitätsansprüchen. Die ISO 9001 formuliert daher im Abschnitt 7.1.4 die folgend dargestellten Anforderungen an die Umgebung zur Durchführung von Prozessen. Die Prozessumgebung muss so beschaffen sein, dass fehlerfreie Produkte hergestellt und einwandfreie Dienstleistungen erbracht werden können. Bei ihrer Gestaltung muss die Unternehmensführung nicht nur physikalische, sondern auch menschliche Faktoren Qualitätsbeauftragter Online (TÜV) Modul 1 (Sem.-Nr. 09620) – Rev. 2.1 49 beachten. Bezogen auf unser Beispielunternehmen gehören zur Prozessumgebung unter anderem folgende Aspekte: Temperatur, insbesondere für die Verarbeitung der empfindlichen Materialien Lichteinfall in die Produktions- und Lagerbereiche Luftfeuchtigkeit der Lagerbereiche Ergonomie der Arbeitsplätze Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften, wie z.B. Arbeitsschutzunterweisungen, Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung, Erstellung von Betriebsanweisungen etc. Bei der Gestaltung der Prozessumgebung sind insbesondere auch die Anforderungen an den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu berücksichtigen. Einige der genannten Aspekte unterliegen also auch gesetzlichen Regelungen. Ob sie diese erfüllen, muss im Rahmen des Qualitätsmanagements nicht noch einmal separat nachgewiesen werden. Hier kann auf die Regelungen in der Arbeitsschutzorganisation verwiesen werden. Zum Erreichen fehlerfreier Produkte kann es aber durchaus notwendig sein, dass über die Erfüllung der gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus weitere Maßnahmen getroffen werden müssen. Alle Anstrengungen, die zur Schaffung und Aufrechterhaltung einer geeigneten Arbeitsumgebung unternommen werden, sollten nachvollziehbar dokumentiert werden. Beispiele hierfür sind 7.1.5 7.1.5.1 Nachweise über Arbeitsschutzunterweisungen Nachweise zur Erfüllung behördlicher oder