Lernskript – Teil 2 EBS03 PDF Wintersemester 2024/25

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This document is a past paper for EBS03, Wintersemester 2024/25. It covers the basics of political and state order within the European context. It contains information about the European Union's treaties, institutions, and foreign policy and includes questions.

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Lernskript – Teil 2 Modul 2: Grundlagen der politischen und staatlichen Ordnung im europäischen Kontext EBS03 Wintersemester 2024/25 Inhalt 1. Die Europäische Union – Vertragsgrundlagen und Entscheidungsverfahren....................... 1 a. Der Vertrag von L...

Lernskript – Teil 2 Modul 2: Grundlagen der politischen und staatlichen Ordnung im europäischen Kontext EBS03 Wintersemester 2024/25 Inhalt 1. Die Europäische Union – Vertragsgrundlagen und Entscheidungsverfahren....................... 1 a. Der Vertrag von Lissabon – aktuelle Rechtsgrundlage der EU............................................ 1 b. Die Kompetenzen der EU..................................................................................................... 3 c. Entscheidungs- und Gesetzgebungsverfahren...................................................................... 4 d. Exkurs: Trilog..................................................................................................................... 5 2. Das Institutionengefüge der Europäischen Union – ein politisches System „sui generis“..... 6 a. Der Europäische Rat............................................................................................................ 7 i. Präsident des Europäischen Rates (PER)................................................................................. 7 b. Europäische Kommission..................................................................................................... 8 c. Europäisches Parlament.....................................................................................................10 d. Rat der EU..........................................................................................................................12 e. Gerichtshof der Europäischen Union..................................................................................14 3. Europäische Außen- und Sicherheitspolitik........................................................................16 a. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)..........................................................17 4. Politikwissenschaftliche Theo rien der Internationalen Beziehungen...................................20 a. Neorealismus......................................................................................................................20 b. Institutionalismus...............................................................................................................21 c. Liberalismus.......................................................................................................................22 d. Konstruktivismus...............................................................................................................22 e. Anwendung: Theorien der Internationalen Beziehungen....................................................23 5. Lernerfolgskontrollfragen..................................................................................................24 Anlage: Operatorenkatalog 1. Die Europäische Union – Vertragsgrundlagen und Entscheidungsverfahren Die aktuelle primärrechtliche Grundlage für das Handeln der Europäischen Union ist der Vertrag von Lissabon. Dieser Vertrag gibt den Stand der bisher letzten Änderung der europäischen Verträge wieder, die sich seit 1952 (Inkrafttreten des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EGKS) stetig entwickelt haben. Er besteht aus zwei (Teil-)Verträgen, wobei der Vertrag über die Europäische Union (EUV) die Grundanlage der EU darstellt, während der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) das Handeln der Organe und die Zuständigkeiten der EU präzisiert. Mit dem Vertrag von Lissabon gibt es für die institutionelle Organisation der europäischen Integration nur noch die Bezeichnung EU; die bisherigen Europäischen Gemeinschaften (EG und Euratom) gehen in der EU auf. Der Vertrag nennt und bekräftigt die Werte und Ziele der Europäischen Union. Er steht für ein Europa der Freiheit und Sicherheit und sieht neue Instrumente der Solidarität vor. Jeder Mitgliedstaat der EU muss die Grundwerte achten: Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Schutz von Minderheiten. Diese vertraglich festgelegten Kriterien mögen auf den ersten Blick selbstverständlich erscheinen, doch hat sich in den vergangenen Jahren erwiesen, dass es in konkreten Fällen nicht immer einfach ist, ein gemeinsames politisches Verständnis über sie herzustellen. Im Vertrag werden die sozialen Belange der Bürgerinnen und Bürger den wirtschaftlichen Zielen der EU gleichgestellt. Die EU erhält mehr Kompetenzen in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Recht. Das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft wird erstmalig im europäischen Vertragswerk genannt, ebenso der Grundsatz der repräsentativen Demokratie. Der Reformvertrag weist eine hohe Detaildichte auf und auf den ersten Blick sind viele Regelungen nur schwer zu durchschauen. Trotzdem ermöglicht der Vertrag im Vergleich zu seinen Vorgängern (EWG-Vertrag, Einheitliche Europäische Akte, Maastrichter Vertrag, Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza) mehr Transparenz und Klarheit. So regelt er erstmals den freiwilligen Austritt eines Staates aus der Union. a. Der Vertrag von Lissabon – aktuelle Rechtsgrundlage der EU Die beiden Teilverträge des Lissabonner Vertrages sind klassische intergouvernementale Verträge (Primärrecht). Die Regierungen der Mitgliedstaaten haben sie ausgearbeitet und nach den Regeln ihrer nationalen Verfassungen ratifiziert. Mit den Verträgen werden Souveränitätsrechte durch die Mitgliedstaaten an die EU übertragen. Die EU gewinnt ihre Souveränität somit durch die Abgabe von Souveränitätsrechten seitens der Mitgliedstaaten ("Souveränitätsgewinn durch Souveränitätsverzicht") und bildet eine eigene Rechtsunion. Konkret heißt das: Die Organe der EU setzen für die EU, deren Mitgliedstaaten, ihre Bürgerinnen und Bürger (natürliche Personen) sowie Körperschaften (juristische Personen) unmittelbar geltendes Recht (Sekundärrecht). 1 Darüber hinaus kann die EU auch abgeleitete, sogenannte tertiäre Rechtsakte verfügen; so kann der Kommission zum Beispiel mittels eines sekundärrechtlichen Rechtsaktes die Befugnis erteilt werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, aber mit allgemeiner Wirkung zu erlassen. Dies kann sie in allen Politikbereichen, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft, indem sie Vorschriften für Betriebe festlegt, in denen Landtiere gehalten werden. In einem Interinstitutionellen Register werden diese delegierten Rechtsakte katalogisiert. Die EU kann für die Mitgliedstaaten politisch handeln, Gesetze erlassen und durchsetzen – allerdings nur im Rahmen der ihr von Mitgliedstaaten in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten (Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung). Die EU verfügt über eine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie ist befugt, völkerrechtlich verbindliche Verträge abzuschließen und internationalen Organisationen beizutreten. Das eigenständige Generieren von Zuständigkeiten ("Kompetenz-Kompetenz") ist der EU und ihren Organen grundsätzlich nicht gestattet – auch wenn es immer wieder Versuche gibt, diese Grenze zu überschreiten und durch extensive Auslegung von im Vertrag getroffenen Regelungen eine Ausweitung der EU-Kompetenzen zu erreichen. Es gibt allerdings eine Klausel im Vertrag, die entsprechende Möglichkeiten eröffnet: Sie erlaubt die Vervollständigung von Kompetenzen der EU, indem der Europäische Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments (EP) geeignete Vorschriften erlassen kann. In bestimmten Bereichen, etwa in Teilen der Außen- und Sicherheitspolitik, bleiben die Mitgliedstaaten jedoch weiterhin die entscheidenden Akteure. Im Lauf der Jahre hat sich so eine eigenständige Rechtsordnung der EU ausgebildet, wobei die unmittelbare Geltung des Unionsrechts auch bei Kollisionen mit nationalem Recht Vorrang hat. Dieser Grundsatz "Europarecht bricht nationales Recht" war jahrelang Konsens, aber nicht in allen (auch wissenschaftlichen) Diskursen unumstritten. Nationale Verfassungs- und Höchstgerichte haben hier immer mal wieder widersprochen. So hat ein Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2020 zu den Staatsanleihekäufen durch die EZB diesem (bisherigen) Grundsatz einen weiteren Riss hinzugefügt: Das Bundesverfassungsgericht hat die Ankäufe als teilweise verfassungswidrig befunden und widersprach damit dem EuGH, der sie als rechtens eingestuft hatte. Das Bundesverfassungsgericht stellt damit den EuGH als die Instanz zur Auslegung europäischen Rechts infrage. Das sekundäre Gemeinschaftsrecht wird von drei der (Haupt-)Organe der EU – Kommission, Rat der Europäischen Union und Europäischem Parlament – gesetzt. Der Gerichtshof der 2 Europäischen Union legt das Recht aus. So ist über die Jahrzehnte ein dichtes Netz von rechtlichen Reglungen entstanden. Das Primärrecht und das daraus entstandene sekundäre Gemeinschaftsrecht werden auch als "gemeinschaftlicher Besitzstand" (frz.: acquis communautaire) bezeichnet; diesen muss jedes Beitrittsland übernehmen, wenn es Mitglied der EU werden will. Der Lissabon-Vertrag verlieh der im Dezember 2000 von den Staats- und Regierungschefs der EU unterzeichneten Grundrechtecharta Rechtsverbindlichkeit, auch wenn sie nicht unmittelbar in das Vertragswerk aufgenommen wurde. EU-Bürgerinnen und -Bürger können sich vor dem Gerichtshof der EU auf dieses Dokument berufen. Die Charta steht nicht im Widerspruch zu nationalen Grundrechtsgarantien; wo diese weitergehen, sind sie von der europäischen Charta nicht berührt. Polen ist hier ein "opting out" eingeräumt worden; für dieses Land gelten Ausnahmeregelungen, weil die Regierung befürchtete, dass einige allgemeine Bestimmungen der Charta, etwa zu Fragen der Moral und der Familie, im Gegensatz zur polnischen Gesetzgebung stehen und juristische Probleme aufwerfen könnten. b. Die Kompetenzen der EU Grundsätzlich gilt in der EU das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Die EU darf also nur innerhalb der Grenzen derjenigen Zuständigkeiten tätig werden, die die Mitgliedstaaten ihr übertragen haben. Im Laufe der Zeit sind der EU auf fast allen klassischen Politikfeldern von den Mitgliedstaaten Kompetenzen übertragen worden; dies können Gesetzgebungskompetenzen sein, aber auch "nur" Kompetenzen zur Koordinierung von Politikfeldern. Es gibt  ausschließliche Zuständigkeiten der EU: hier setzt die EU verbindliches Recht;  geteilte Zuständigkeiten: sowohl die EU als auch die Mitgliedstaaten können gesetzgeberisch tätig sein;  unterstützende Zuständigkeiten: die EU ergänzt oder koordiniert Maßnahmen der Mitgliedstaaten;  Sonderformen für die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie für die Außen- und Sicherheitspolitik. Zwei Prinzipien sind für die Rechtsetzung leitend: Das Subsidiaritätsprinzip regelt, dass die EU in den Politikfeldern, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur dann tätig werden darf, wenn die Ziele von den Mitgliedstaaten allein nicht erreicht werden. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass grundsätzlich nur Maßnahmen ergriffen werden dürfen, die geeignet, erforderlich und angemessen sind. Der Lissabonner Vertrag sieht erstmals explizit die Möglichkeit der Rückverlagerung von Kompetenzen an die Mitgliedstaaten vor. Auf diese Weise begegnet die EU der Kritik, sie würde Grenzen ausschöpfen – in Teilen sogar überschreiten – und einmal auf sie übertragene Aufgaben nicht mehr abgeben wollen. 3 c. Entscheidungs- und Gesetzgebungsverfahren Standardverfahren für die Gesetzgebung im Bereich des Sekundärrechts ist das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren (OGV); an ihm sind die Kommission, das EP und der Rat der EU beteiligt. Das Verfahren sieht maximal drei Lesungen und bei Nichteinigung gegebenenfalls ein Vermittlungsverfahren vor. Die Kommission hat das alleinige Initiativrecht für Gesetzgebungsakte; in spezifischen Fällen gibt es aber auch die Möglichkeit, dass eine Gruppe von Mitgliedstaaten, das EP oder der Rat der EU die Kommission dazu auffordern, eine Gesetzesinitiative einzuleiten. Der Gesetzesvorschlag der Kommission wird dann vom EP und vom Rat der EU beraten. Bei unvereinbaren Positionen ist ein Vermittlungsverfahren vorgesehen. Wird hier keine Einigung erzielt, ist der Rechtsakt gescheitert; kommt eine Einigung zustande, haben der Rat der EU und das EP jeweils sechs Wochen Zeit, den gemeinsamen Entwurf zu erlassen; geschieht dies nicht, ist der Rechtsakt ebenfalls gescheitert. Das EP kann – wenn die Beratungen mit dem Rat nicht zufriedenstellend laufen – ab der zweiten Lesung den geplanten Rechtsakt mit der Mehrheit seiner Mitglieder ablehnen. In bestimmten Politikfeldern (z. B. wenn grundlegende Aspekte des nationalen sozialen Sicherungssystems betroffen sind) kann ein Mitgliedstaat allein beantragen, dass der Europäische Rat sich mit der Frage befasst; das OVG wird dann ausgesetzt. Entscheidend bei diesem Gesetzgebungsverfahren ist, dass sowohl das EP wie auch der Rat der EU gleichberechtigt daran mitwirken. Dies war nicht immer so und das EP hat jahrzehntelang darum gekämpft, mit dem Rat der EU zusammen Gesetzgeber der EU zu sein. Der Rat der EU entscheidet entweder einstimmig, mit einfacher oder qualifizierter Mehrheit. Für Politikmaterien, die grundlegende Interessen der Mitgliedstaaten berühren, ist Einstimmigkeit festgeschrieben. Verlangt das Vertragsrecht eine einfache 4 Mehrheit, hat jedes Mitgliedsland eine Stimme. In den meisten Fällen sieht der Vertrag eine Abstimmung mittels qualifizierter Mehrheit vor. Eine qualifizierte Mehrheit ist erreicht, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Zustimmen müssen mindestens 55 Prozent der Mitglieder im Rat der EU, die gemeinsam mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung abbilden ("doppelte Mehrheit"); jedes Mitgliedsland hat dabei eine Stimme. Die entsprechende Sperrminorität, mit der ein Beschluss verhindert werden kann, liegt bei vier Staaten, die 35 Prozent der EU-Bevölkerung abbilden. Neben dem Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren kennen die Verträge noch das "besondere Gesetzgebungsverfahren"; hierbei handelt es sich nicht um einen speziellen Typ, sondern je nach Sachzusammenhang oder Politikmaterie sind die Verfahren unterschiedlich ausgestaltet. Ein Beispiel ist das Verfahren zur Annahme des jährlichen EU-Haushaltsplanes. Ergebnis der Entscheidungsverfahren sind Gesetzesnormen (Rechtsakte) unterschiedlichen Typs; für diese Rechtsakte wird in den Vertragstexten eine Vielzahl unterschiedlicher Bezeichnungen gewählt. Sie lassen sich in folgende (Haupt-)Kategorien systematisieren:  Verordnungen gelten unionsweit unmittelbar; sie sind in allen Teilen verbindlich und stehen über nationalem Recht;  Richtlinien müssen von den Mitgliedstaaten, an die sie gerichtet sind, in nationales Recht umgesetzt werden, ihre Ziele sind verbindlich;  Beschlüsse sind für die benannten Empfänger, zum Beispiel Staaten oder Unternehmen, in allen Teilen verbindlich;  Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindlich. Der Lissabonner Vertrag sieht noch die Instrumente "delegierte Rechtsakte" und "Durchführungsrechtsakte" vor. Bei den "delegierten Rechtsakten" ermächtigen EP und Rat der EU die Kommission, nicht wesentliche Teile eines Rechtsaktes zu ändern oder zu ergänzen. "Durchführungsakte" kann die Kommission erlassen, wenn für die Durchführung eines Rechtsaktes einheitliche Bedingungen erforderlich sind. d. Exkurs: Trilog Als Trilog werden informelle Verhandlungstreffen zwischen Vertretern der drei am EU- Gesetzgebungsprozess beteiligten Organe – Kommission, Parlament und Ministerrat – bezeichnet. Die interinstitutionellen Konsultationen haben das Ziel, unter Vermittlung der Kommission rasch eine politische Einigung zwischen Europäischem Parlament (EP) und Ministerrat zu einem Gesetzesvorschlag herbeizuführen. Der im Trilog ausgehandelte Kompromiss ist vorläufig und muss im Anschluss von Rat und EP formell verabschiedet werden, was i. d. R. ohne substantielle Änderungen geschieht. Triloge können in jeder Phase des Gesetzgebungsverfahrens organisiert werden. Während Befürworter dieser legislativen Praxis die gestiegene Schnelligkeit und Effizienz des Prozesses sowie die Vertraulichkeit als Grundlage erfolgreicher Kompromissfindung herausstellen, bemängeln Kritiker, dass dies auf Kosten der Prinzipien demokratischer Legitimation gehe. So seien die einzelnen Verhandlungspositionen sowie etwaige Kompromisse durch das für die Öffentlichkeit intransparente Verfahren kaum 5 nachvollziehbar. Zudem gehe mit der Verengung der Beteiligtenstruktur eine aus Repräsentativitätsgesichtspunkten bedenkliche Machtverschiebung einher, weil der Einfluss der Verhandlungsdelegation gegenüber dem Plenum des jeweiligen Mit-Gesetzgebers überproportional ansteige. Schließlich wird auch der gewachsene Einfluss der Kommission kritisiert. 2. Das Institutionengefüge der Europäischen Union – ein politisches System „sui generis“ Die Europäische Union (EU) ist eine einzigartige politische Gemeinschaft, die weder ein klassischer Staatenbund noch ein Bundesstaat ist. Ihr Institutionengefüge bildet die Grundlage dafür, wie Entscheidungen auf europäischer Ebene getroffen werden. Es verbindet Elemente der Zusammenarbeit zwischen souveränen Staaten mit Ansätzen supranationaler Governance. Die wichtigsten Institutionen – wie die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union – stehen in einem komplexen Zusammenspiel, das auf Machtteilung und gegenseitiger Kontrolle basiert. Das politische System der EU weist viele Anleihen auf, die aus nationalstaatlichen Strukturen bekannt sind, wie etwa demokratische Legitimation und Gewaltenteilung. Doch aufgrund seiner transnationalen und hybriden Struktur lässt es sich nicht in die klassische nationalstaatliche Systematik einordnen und wird daher als ein System „sui generis“ (einzigartig in seiner Art) bezeichnet. 720 6 a. Der Europäische Rat Im Europäischen Rat (ER) kommen die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten zusammen und die Personen, die das Präsidentenamt des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission innehaben. Der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV) nimmt an den Arbeiten des ER teil, wenn über Materien aus seinem Arbeitsfeld beraten wird. In den 1970er-Jahren als informelles Kamingespräch der neun Staats- und Regierungschefs eingerichtet, unterstützen heute zahlreiche nationale und europäische Beamtinnen und Beamte sowie Beraterinnen und Berater die Verhandlungen im ER und das Medieninteresse ist groß. Die Zusammentreffen des ER werden auch als europäische Gipfel bezeichnet, die Ergebnisse als Schlussfolgerungen veröffentlicht. Der ER wurde durch den Vertrag von Lissabon in den Rang eines Organs der EU gehoben; er ist eines der Entscheidungsgremien für die Union. Der ER hat insbesondere in Krisenzeiten eine zentrale Rolle bei der Koordinierung von Positionen der Mitgliedstaaten, bei der Entwicklung von Lösungsansätzen und Zukunftsentwürfen. Er gibt der EU Impulse für ihr Handeln und ihre Fortentwicklung, er legt die allgemeinen politischen Ziele sowie ein Arbeitsprogramm fest, ist aber nicht gesetzgeberisch tätig. Der ER fasst seine Entscheidungen in der Regel im Konsens. Er kann einstimmig beschließen, Entscheidungen, für die es bisher der Einstimmigkeit bedurfte, künftig mit qualifizierter Mehrheit zu treffen (Passerelle-Klausel). Ebenso kann er auf diesem Weg das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren auf Politikfelder ausdehnen, auf denen es im Vertrag nicht vorgesehen ist. i. Präsident des Europäischen Rates (PER) Er wird für die Dauer von zweieinhalb Jahren mit qualifizierter Mehrheit vom ER gewählt. Entgegen dem ursprünglichen Rotationsverfahren, das einen halbjährlichen Wechsel an der Spitze des ER vorsah, sichert dieses Verfahren mehr Kontinuität im Amt und ermöglicht mehr Professionalität in der Ausübung. Als PER ist man hauptamtlich für die EU tätig und darf kein nationales Staatsamt mehr innehaben. Der PER gibt dem Europäischen Rat Impulse, bereitet zusammen mit der Präsidentin der Kommission dessen Treffen vor und leitet dessen Sitzungen; mit dem Amt ist auch die Erwartung verbunden, Konsens und Zusammenhalt im ER zu fördern. Der PER legt dem Europäischen Parlament (EP) zweimal pro Halbjahr einen Bericht vor und unterrichtet es über seine politischen Aktivitäten. Darüber hinaus vertritt er die EU in Angelegenheiten der 7 Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) – und dies unbeschadet der Befugnisse des HV. b. Europäische Kommission Die Kommission ist das supranationale Organ der EU: Sie ist dem Gemeinschaftswohl verpflichtet. Alle Informationen und Aktivitäten der Union laufen bei der Kommission zusammen und die meisten gehen auch von ihr aus. Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Kommission werden dadurch garantiert, dass sie weder vom Rat noch von den Mitgliedstaaten abgesetzt werden kann. Nur ein Misstrauensvotum des EP mit Zweidrittelmehrheit kann die gesamte Kommission zum Rücktritt zwingen. Bei schweren Verfehlungen eines Mitglieds der Kommission ist die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens beim Gerichtshof der EU möglich. Auch kann die Präsidentin bzw. der Präsident der Kommission ein Kommissionsmitglied auffordern, sein Amt niederzulegen. 720 Die Kommission ist zugleich Kontroll-, Initiativ- und Exekutivorgan. Sie hat im Wesentlichen vier Hauptaufgaben: 1. Sie ist Akteurin im Gesetzgebungsverfahren und hat das Initiativmonopol für Gesetzgebungsakte. Eine Gruppe von Mitgliedstaaten, der Rat und das EP können die Kommission auffordern, initiativ zu werden, dürfen jedoch nicht ohne solche Vorschläge selbst tätig werden. Die Wahl des Zeitpunktes, des Inhalts und der Rechtsgrundlage für einen Gesetzesakt liegt ausschließlich in der Kompetenz der Kommission. Sie kann zudem ihren Gesetzesvorschlag jederzeit im Verfahren zurückziehen. Um den Erfolg der Initiative zu sichern, übt die Kommission ihr Initiativrecht in enger Abstimmung mit den anderen beiden Hauptorganen der EU und den Mitgliedstaaten aus. Die mit dem Vertrag von Lissabon eingeführte 8 Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen Parlamente eröffnet die Möglichkeit, die Initiativen der Kommission einzuschränken. Auch Bürgerinnen und Bürger der EU können die Kommission mittels einer europäischen Bürgerinitiative auffordern, neue politische Vorschläge zu unterbreiten. 2. Die Kommission ist das Exekutivorgan der EU, das heißt, sie ist mit der Durchführung von Verträgen beauftragt. Dazu gehören auch der Vorentwurf und die Ausführung des EU-Haushaltsplans, die Planung und Verwaltung der EU- Programme sowie die Ausarbeitung von Entwürfen für internationale Verträge. 3. Die Kommission ist die Hüterin der Verträge und somit verantwortlich für die Umsetzung und Anwendung des Unionsrechts sowie der Bestimmungen, die von den Organen getroffen werden. Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedsland gegen eine Verpflichtung aus den Verträgen verstoßen, so kann sie ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, das bis zur Klage vor dem Gerichtshof der EU führen kann. Gegen den Rat der EU kann die Kommission eine Untätigkeitsklage beim Gerichtshof der EU einreichen. 4. Die Kommission und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV) agieren bei vielen Regelungen der Verträge gemeinsam oder aufeinander abgestimmt. So kann die Kommission dem HV gemeinsam mit dem Rat Vorschläge für außenpolitische Maßnahmen unterbreiten. Zu Verhandlungen mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen muss der Rat die Kommission ermächtigen, wobei sie in Einzelfällen Abkommen abschließen kann. Die Kommission vertritt die EU nach außen, sofern die Themen nicht die Außen- und Sicherheitspolitik oder andere im Vertrag genannten Ausnahmen betreffen. Nicht zuletzt arbeiten im Europäischen Auswärtigen Dienst auch Kommissionsbeamtinnen und -beamte mit. Grundsätzlich ist die Kommission eher ein "hybrides" Organ; sie folgt in der Zuordnung keiner nationalstaatlich bekannten Gewaltenteilung (Exekutive, Legislative), sondern bedient sich je nach vertraglich zugewiesener Aufgabe aus deren Funktionsrepertoire. Die 27 Kommissionsmitglieder sind zu voller Unabhängigkeit verpflichtet und dürfen keine andere berufliche Tätigkeit ausüben; sie verantworten in der Regel ein bestimmtes Politikfeld in der Kommission (Ressortprinzip). Die Amtszeit beträgt fünf Jahre und ist dem Wahlrhythmus des EP angepasst. Der Präsident der Kommission wird – am Ende eines gestaffelten Wahl- und Zustimmungsverfahrens, in dem das EP eine entscheidende Rolle spielt – vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt. Dabei sind die Ergebnisse der letzten Wahlen zum EP zu berücksichtigen. In der Lesart vor allem des EP bedeutet diese Regelung des Lissabonner Vertrages, dass der Spitzenkandidat der stärksten EP-Fraktion an die Spitze der Kommission gewählt wird. In Abstimmung mit dem designierten Kommissionspräsidenten nimmt der Rat mit qualifizierter Mehrheit die von den Mitgliedsländern vorgeschlagenen übrigen Mitglieder an. Das Kollegium muss sich dann einem Zustimmungsvotum des EP stellen, wobei das EP darauf besteht, vorher jeden einzelnen Kandidaten im entsprechenden Ausschuss intensiv zu seinen Plänen zu befragen. Auf der Grundlage dieser endgültigen Zustimmung wird die Kommission mit qualifizierter Mehrheit vom Europäischen Rat ernannt. Die Kommission entscheidet per Mehrheitsbeschluss, faktisch strebt sie aber danach, ihre Angelegenheiten im Konsens zu beschließen. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben verfügt die Kommission über einen Verwaltungsapparat mit Generaldirektionen und verschiedenen Diensten, in denen circa 32.000 Mitarbeitende beschäftigt sind. 9 c. Europäisches Parlament Das EP ist das zweite supranationale und das einzige direkt demokratisch legitimierte Organ der EU; die Direktwahl der europäischen Abgeordneten verleiht ihm eine hohe Legitimation. Trotzdem wird das EP in der Öffentlichkeit häufig als machtlos und mit wenigen Kompetenzen ausgestattet angesehen. Dabei hat es weitreichende Befugnisse, die fast alle klassischen Funktionen eines Parlaments umfassen: Vertragsänderung: Beim Verfahren zur Vertragsänderung erhält das EP, wie die Mitgliedstaaten und die Kommission, ein Initiativrecht und ist an der Ausarbeitung von Änderungen beteiligt. Gesetzgebungsfunktion: In der EU findet meist das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren (OGV) Anwendung, in dem das EP – zusammen mit dem Rat der EU – über rechtsverbindliche Gesetzgebungsakte entscheidet. 720 Abgeordnete in 22 15 15 81 14 9 31 20 53 15 9 61 der Wahlperiode 2024 - 2029 Wahlfunktion (im Hinblick auf die Exekutive): Die Präsidentin/der Präsident der Kommission wird vom EP gewählt. Anschließend muss das EP allen Kandidierenden für die Kommission zustimmen. Die Kommission kommt also nur ins Amt, wenn das EP zustimmt. Zustimmungsrecht zu wesentlichen politischen Handlungen der EU: Dazu gehören unter anderem Beitritte und Assoziierungen zur EU sowie EU-Verträge mit Dritten, Finanzprotokolle und Freihandelsabkommen, aber auch die Errichtung der Strukturfonds sowie die Feststellung einer schwerwiegenden Verletzung der Unionsgrundsätze durch ein Mitgliedsland. Haushaltsrecht: Seit dem Lissabonner Vertrag hat das EP das volle Mitentscheidungsrecht im Haushaltsverfahren. 10 Kontrollfunktionen: Das EP kann die Kommission durch ein Misstrauensvotum geschlossen zum Rücktritt zwingen. Es diskutiert in öffentlicher Sitzung den Jahresbericht der Kommission und die Kommission legt dort Rechenschaft über dessen Umsetzung ab. Der HV unterliegt in seiner Funktion als Vizepräsident indirekt auch einer Kontrolle des EP. Die Ratspräsidentschaft berichtet über die Ergebnisse der europäischen Gipfel vor dem EP. Das Parlament kann Anfragen an die Kommission, den Rat der EU und den Europäischen Rat stellen, hat Klagerechte vor dem Gerichtshof der EU, kann den Rechnungshof zur Abgabe von Stellungnahmen auffordern und Untersuchungsausschüsse einsetzen. Das EP verfügt darüber hinaus über einen Haushaltskontrollausschuss. Informationsfunktion gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern: Die Bürgerinnen und Bürger können sich über die Tätigkeit des EP informieren, etwa durch öffentlich tagende Ausschüsse und Plenarsitzungen oder durch die Veröffentlichung schriftlicher Dokumente. Das EP hat kein direktes Initiativrecht für Gesetzesakte, dieses ist der Kommission vorbehalten; damit fehlt dem EP ein klassisches Instrument nationaler Parlamente. Auf der anderen Seite verfügt es über ein größeres Maß an Handlungsautonomie und Durchsetzungsmacht als manches nationale Parlament. Ähnlich den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten unterteilt sich das Europäische Parlament in Fraktionen und Ausschüsse. Die Fraktion bildet die politische Grundeinheit des Europäischen Parlaments. In den EU-Verträgen jedoch wird die Fraktion als politische Substruktur des Parlamentes nicht erwähnt. Hierzu muss näher in die Geschäftsordnung des Parlamentes geschaut werden. Dort ist die Bildung von Fraktionen vorgesehen, um zu einer wirksameren Organisation des Parlamentes zu gelangen. So arbeiten die Abgeordneten im Europaparlament nicht nach ihrer nationalen Zugehörigkeit, sondern nach ihrer politischen Orientierung zusammen. Abgeordnete unterschiedlicher Länder, aber mit ähnlicher politischer Orientierung, bilden meist eine gemeinsame Fraktion. Das Besondere im Europäischen Parlament ist die Vielzahl nationaler Parteien, die sich zu einer Fraktion zusammenschließen. Derzeit gibt es im Europäischen Parlament 8 Fraktionen, in denen rund 180 nationale Parteien vertreten sind. Zudem gibt es Abgeordnete, die sich keiner Fraktion angeschlossen haben und infolgedessen als „Fraktionslos" bezeichnet werden. Im EP wird (anders als beispielsweise im Bundestag) nicht zwischen Regierungs- und Oppositionsfraktion unterschieden: Viele Beschlüsse des EP werden mit absoluter Mehrheit oder mit Zweidrittelmehrheit gefasst, was wechselnde, häufig auch große, fraktionsübergreifende Einigungen erfordert. Für die Wählerinnen und Wähler verwischen dadurch die klaren parteipolitischen Linien, nach denen sie gewohnt sind, ihre Wahlentscheidungen zu treffen. Gleichzeitig bilden Konservative (EVP), Sozialdemokratien (S&D) und Liberale (Renew) häufig eine Art große Koalition im EP, um sich im Wettstreit mit den anderen EU-Institutionen durchzusetzen. Das EP ist ein Arbeitsparlament, es besteht laut EU-Vertrag aus maximal 750 Abgeordneten plus dem Präsidenten. Nach der Europawahl 2024 beträgt die Anzahl derzeit 720 Abgeordnete. Die nationalen Kontingente werden im EU-Vertrag nicht explizit genannt, aber die Untergrenze (6 Sitze pro Land) und die Obergrenze (96 Sitze pro Land) festgelegt, wobei die Bürgerinnen und Bürger degressiv proportional vertreten sein sollen (d. h. kleinere Länder haben im Verhältnis zur Bevölkerungszahl eine höhere Zahl von Abgeordneten). 11 Der Präsident des EP wird jeweils für zweieinhalb Jahre gewählt; in seiner Arbeit wird er unter anderem von 14 Vizepräsidentinnen bzw. -präsidenten unterstützt. Die Arbeit des EP ist in Ausschüssen organisiert: In der zehnten Wahlperiode (2024–2029) sind 24 Ständige Ausschüsse eingerichtet worden. Sie dienen vor allem der Beratung von Gesetzesvorhaben und entwickeln die Positionen des EP gegenüber dem Rat der EU und der Kommission. Abstimmungen finden, je nach Regelung im Lissabonner Vertrag, entweder mit einfacher Mehrheit, absoluter Mehrheit oder Zweidrittelmehrheit statt, aber auch über weitere vertraglich definierte Quoten. Das EP kann die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen beschließen. Die Verwaltung des EP und damit der Sitz des Generalsekretariats befindet sich in Luxemburg; ebenfalls gibt es Verwaltungsstrukturen in Brüssel. Die Plenarsitzungen finden in Straßburg und Brüssel statt. Außer der Frage seines Sitzes kann das EP seine Angelegenheiten selbst regeln. d. Rat der EU 12 Der Rat der Europäischen Union wird gemeinhin auch als Ministerrat oder einfach nur als Rat bezeichnet. Er ist nicht mit dem Europarat zu verwechseln, der nicht zur EU gehört, sondern eine eigenständige internationale Organisation darstellt. Der Rat darf auch nicht mit einem anderen EU-Organ, dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs, gleichgesetzt werden. Im Rat der Europäischen Union sind die Mitgliedstaaten der EU auf Ebene der Fachministerinnen und -minister, die verbindlich für ihre Regierung handeln können, vertreten. Damit ist der Rat eine Institution, die nicht wie die anderen Organe der EU über eine personelle Kontinuität verfügt. Der Rat ist gleichberechtigt mit dem EP am europäischen Gesetzgebungsprozess beteiligt und bringt dort die Interessen der Mitgliedstaaten ein. Der Vorsitz im Rat wechselt halbjährlich (jeweils am 1. Januar und am 1. Juli). Der Europäische Rat, in dem die Staats- und Regierungschefs der EU zusammenkommen, legt die Reihenfolge fest, wobei darauf geachtet wird, dass sich große und kleine Mitgliedstaaten abwechseln. Davon ausgenommen ist der "Rat für Auswärtige Angelegenheiten". Dessen Vorsitz wird in Personalunion vom Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HV) wahrgenommen. Um die Kontinuität der halbjährlich wechselnden Ratspräsidentschaften zu wahren, wird die amtierende Präsidentschaft von der vorangegangenen und der nachfolgenden unterstützt: Seit 2004 arbeiten diese jeweils aufeinanderfolgenden drei Präsidentschaften (sogenannte Trio- oder Teampräsidentschaften) ein gemeinsames Programm aus, um so politische Ziele über einen entsprechend längeren Zeitraum von 18 Monaten verfolgen zu können. Der Rat für Allgemeine Angelegenheiten hat eine Sonderstellung inne: Er koordiniert die Sitzungen und ist für alle Bereiche der Politik zuständig, die nicht durch eine der neun anderen Ratsformationen abgedeckt werden. Seine wichtige Funktion kommt auch darin zum Ausdruck, dass er in Verbindung mit den jeweiligen Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission die Sitzungen des Europäischen Rates vorbereitet und die Kontinuität der Arbeiten sichert. Über 150 Fachausschüsse sowie Ratsarbeitsgruppen und Adhoc-Gruppen bereiten die Entscheidungen des Rates vor. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Ausschüsse der Ständigen Vertreter (AStV I und AStV II), sie sichern die Kohärenz der Arbeit des Rates der EU. In ihnen stimmen hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Mitgliedstaaten Positionen ab und bereiten Problemlösungen vor. Grundsätzlich hat der Rat folgende Aufgaben, in denen sich die Funktionen einer Exekutive und eines Legislativorgans mischen:  Rechtsetzung und Erlass von Rechtsvorschriften,  Mitwirkung bei der Entscheidung über den jährlichen Haushalt der EU,  Erteilung von Mandaten an die Kommission zur Aushandlung von Abkommen mit Drittstaaten und internationalen Organisationen sowie deren Abschluss,  Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten,  zentrale Rolle in der GASP und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). 13 Die Sitzungen des Rates der EU, in denen über Gesetzgebungsakte verhandelt wird, finden öffentlich statt. So soll dem Demokratie- und Transparenzgebot bei gesetzgebenden Entscheidungen der EU Rechnung getragen werden. Darüber hinaus müssen die Abstimmungsergebnisse sowie die Erklärungen zur Stimmabgabe und die Protokollerklärungen veröffentlicht werden. Damit ist die bisher häufig geübte Praxis, in der Ratssitzung eine Entscheidung mitzutragen und sich vor den heimischen Medien dann von dieser Entscheidung zu distanzieren, nicht mehr so einfach möglich. Neben dem EP ist der Rat der EU das zentrale Entscheidungsorgan der EU. Der Rat nimmt im politischen System der EU eine Zwitterrolle ein: Einerseits ist er ein EU-Organ und entscheidet als dieses für die Union. Andererseits werden im Rat die nationalen Interessen der Mitgliedstaaten artikuliert und durchzusetzen versucht. In dem Bemühen, beiden Anforderungen gerecht zu werden, strebt der Rat in der Regel eine Konsensentscheidung an – unabhängig davon, welche Mehrheit erforderlich ist. Denn jedes Mitgliedsland muss damit rechnen, einmal in eine Minderheitenposition zu gelangen, bei der es auf die Rücksicht der anderen Partner angewiesen ist. e. Gerichtshof der Europäischen Union Der Gerichtshof der Europäischen Union mit Sitz in Luxemburg besteht aus einem Gerichtshof (EuGH) und einem Gericht (EuG). Sie sichern das Recht bei der Auslegung und Anwendung der Verträge und gewährleisten die rechtliche Kontrolle des Zustandekommens sowie des Inhalts der Rechtsakte. Die Urteile des EuGH haben zum Teil wesentlich zur Fortentwicklung der europäischen Integration beigetragen. Der EuGH wird deshalb auch als "Integrationsmotor" bezeichnet, der wie die anderen Organe auf das Ziel der EU, der "Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas", verpflichtet ist. Der EuGH ist für das primäre und sekundäre Unionsrecht sowie für die von der Union geschlossenen völkerrechtlichen Verträge zuständig – mit Ausnahme des Bereichs der Außen- und Sicherheitspolitik. 14 Die 27 Richterinnen und Richter (je eine/r pro Mitgliedsland) sowie elf Generalanwältinnen und -anwälte des EuGH werden von den nationalen Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen für sechs Jahre ernannt. Eine teilweise Neubesetzung erfolgt nach drei Jahren. Das Gericht verfügt über 54 Richterinnen und Richter (je zwei pro Mitgliedsland) und kann bei Bedarf und zur Unterstützung bei besonders schwierigen und komplexen Verfahren ebenfalls Generalanwältinnen und -anwälte hinzuziehen. Diese werden dann aus den 54 Richterinnen und Richtern rekrutiert. Die Präsidentinnen und Präsidenten des Gerichtshofes und des Gerichts wählen die Richterinnen und Richter für drei Jahre aus ihrer Mitte. Mit dem Vertrag von Lissabon ist ein zweistufiges Gerichtsverfahren in der EU eingeführt; gegen alle Entscheidungen des Gerichts kann vor dem Europäischen Gerichtshof Revision eingelegt werden. Grundsätzlich entscheiden die Gerichte in Kammern mit drei oder fünf Richterinnen und Richtern – als Plenum entscheiden sie dagegen eher im Ausnahmefall. Die wichtigsten Klagearten sind:  die Nichtigkeitsklage, die eine unmittelbare gerichtliche Überprüfung von Rechtsakten der Organe der EU ermöglicht;  das Vertragsverletzungsverfahren, mittels dessen der Gerichtshof eventuelle Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht durch Handlungen oder Unterlassungen der Mitgliedstaaten prüft;  das Vorabentscheidungsverfahren, das den nationalen Gerichten dazu dient, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts im Rahmen von nationalen Gerichtsverfahren vorzulegen;  die Untätigkeitsklagen von Mitgliedstaaten und EU-Organen gegen EU-Organe wegen Nichtumsetzung eines Beschlusses. Der Gerichtshof nimmt Funktionen unterschiedlicher Gerichtstypen wahr: Er ist Verfassungsgericht, indem er europäisches Recht auslegt und damit wesentlich zur Wahrung der Rechtseinheit beiträgt. Er handelt als Verwaltungsgericht bei Klagen von natürlichen und juristischen Personen zur Anfechtung oder wegen Unterlassung von Rechtsakten der EU. Er agiert als Zivilgericht insbesondere bei der Behandlung von Haftungsfragen sowie bei der Prüfung von Schadensersatzklagen gegen die EU. Außerdem fungiert er als Schiedsgericht bei Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten, und er kann von den Organen der EU oder den Mitgliedstaaten mit der Begutachtung von vertraglichen Vereinbarungen mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen beauftragt werden. Gegen die Urteile des Gerichtshofes ist eine Berufung nicht möglich. 15 3. Europäische Außen- und Sicherheitspolitik In den europäischen Verträgen ist eine spezifische außenpolitische Programmatik festgelegt worden, die einen normativen Rahmen vorgibt. Demnach lässt sich die Union "[...] bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten, die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten [...]" (Art. 21 (1) EUV). Die Prinzipien, die im Innern der Union gelten, sollten idealerweise auch der Kompass für die Außenbeziehungen sein. Kritische Stimmen werten das Streben der EU aber oftmals als reine Rhetorik, der die EU in der Wirklichkeit nicht gerecht wird, und halten ihren Anspruch, als Vorbild und Modell für andere Länder zu gelten, für anmaßend. Schwellenländer wie Brasilien oder Südafrika stellen die Selbstwahrnehmung der EU als eine Kraft des Guten in der internationalen Politik infrage. Die EU vertritt den Anspruch, "eine Weltordnung zu fördern, die auf einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit und einer verantwortungsvollen Weltordnungspolitik beruht" (Art. 21 (2 h) EUV). Entsprechend bevorzugt sie regelgebundenes Vorgehen, an dem stets mehrere Akteure oder Organisationen beteiligt sind, um gemeinsame Lösungen für internationale Probleme zu finden. Die Vereinten Nationen, die ähnlich agieren, sind deshalb für die EU ein zentraler Bezugs- und Handlungsrahmen (Art. 21 (1) EUV). Diese Grundsätze bestimmen den Umgang mit Schlüsselthemen europäischer Außenpolitik. Zu diesen zählen vor allem Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Konfliktprävention, Krisenmanagement und Peacebuilding (Friedenssicherung) sowie Nichtverbreitung von ABC- Waffen (atomare, biologische und chemische Waffen), Rüstungskontrolle und Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die EU hat auch in der Außen- und Sicherheitspolitik über die Jahrzehnte einen politischen Besitzstand (frz.: acquis politique) entwickelt. Er stellt zwar keinen rechtsverbindlichen Korpus an Sekundärrecht dar, bildet jedoch ein außenpolitisches Fundament und Profil, das auch für alle neuen Mitglieder politisch verbindlich ist. Ein solches gemeinsames Verständnis beispielsweise in Bezug auf das transatlantische Verhältnis, den Nahostkonflikt oder Russland ist in einer heterogenen Gemeinschaft von inzwischen 27 Staaten allerdings schwierig zu entwickeln. Doch wo die Geschlossenheit fehlt, liegt es nicht immer nur an handfesten wirtschaftlichen oder sicherheitspolitischen Interessen. Oft bestimmen nationale oder ander e kollektive Identitäten – Lage und Geschichte – die Sicht der Mitgliedsländer auf außenpolitische Entwicklungen und Probleme. Die Interessendefinition und Legitimierung von außenpolitischem Handeln lässt sich demnach nicht immer auf materielle Kalküle reduzieren. Aktuelle Konfliktlinien zwischen Mitgliedstaaten sind häufig festzumachen an den Beziehungen zu Russland, Israel oder den USA. Teils sind auch besondere nationale, innenpolitische Interessen ausschlaggebend, wenn sich ein Mitgliedstaat gegen die Mehrheit in der EU positioniert. Aus diesen Beweggründen erkennen fünf Mitgliedstaaten der EU das Kosovo nicht an. Spanien beispielsweise verweigert die Anerkennung wegen der innerspanischen Sezessionsbewegungen – das Baskenland und Katalonien streben seit Jahrzehnten nach Unabhängigkeit –, Zypern verweigert sie wegen des eigenen Anspruchs auf eine Vereinigung mit dem Inselnorden, der 16 sich 1974 von der Republik Zypern abspaltete und sich seit 1983 Türkische Republik Nordzypern nennt. Deutschland wird vorgeworfen, eine von den eigenen wirtschaftlichen Interessen dominierte Politik zu verfolgen (Deutschland als geoökonomische Macht) und sich nicht loyal zu Positionen der EU – etwa in Menschenrechtsfragen – zu verhalten. So stößt es auf Kritik, dass die Bundesregierung den chinesischen Staatskonzern Huawei nicht von vornherein vom Ausbau der 5G-Infrastruktur ausschloss und die Beteiligung deutscher Unternehmen am Bau der Pipeline Nord Stream 2 billigte, obwohl dieses Projekt Moskau rein geopolitisch betrachtet in die Hände spielte, weil es die Ukraine damit schwächen konnte. a. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) Die europäische Außenpolitik ist gekennzeichnet von einem komplizierten Nebeneinander von supranationalem und intergouvernementalem Handeln, von politikfeldspezifischen Kompetenzen mit entsprechender Beteiligung von Organen und Institutionen und vielfältigen Handlungsformen. Daraus ergibt sich ein hybrider Rechtsrahmen. Im Vertrag von Lissabon finden sich an mehreren Stellen Bestimmungen zu den Außenbeziehungen der EU: im EUV der Titel V mit den Allgemeinen Bestimmungen über das auswärtige Handeln der Union und besonderen Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) sowie im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) der Fünfte Teil, der das auswärtige Handeln von der Gemeinsamen Handelspolitik bis zur Solidaritätsklausel regelt. Ferner ließen sich Artikel 8 EUV zu den Nachbarn der Union und Artikel 49 EUV zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten im Sinn der Erweiterungspolitik hinzuzählen. Die Liste ist erweiterbar, wenn die externe Dimension anderer Handlungsfelder mitberücksichtigt wird, wie bei der Energiepolitik oder der Migrations- und Asylpolitik im "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts". Allein den Gegenstandsbereich europäischer Außenbeziehungen abzustecken, ist also ein schwieriges Unterfangen. Das hängt auch mit seiner Entstehungsgeschichte zusammen. Das außenpolitische Profil der Europäischen Gemeinschaften entwickelte sich erst allmählich und ging von unterschiedlichen Interessen und Konstellationen aus. Aus dem Einigungsmotiv der Friedenssicherung und Selbstbehauptung Westeuropas heraus wäre zu erwarten gewesen, dass zur europäischen Gemeinschaftsbildung auch eine eigene sicherheitspolitische Komponente gehörte. Jedoch scheiterte die geplante Europäische Verteidigungsgemeinschaft 1954 an der Absage Frankreichs, sodass die NATO und die ihr gegenüber vergleichsweise unbedeutende Westeuropäische Union (WEU) die zentralen sicherheitspolitischen Organisationen für Westeuropa und die EG-Staaten wurden. Erst im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) seit den 1970er-Jahren bzw. der GASP (im Maastrichter Vertrag 1993) und dann ab 1999 bzw. 2008 in der Europäischen bzw. Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik entwickelte(n) die EG/EU allmählich eine ausdrücklich sicherheitspolitische und militärische Dimension. Heute verfolgt die EU die "[…] schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik", die nach einem einstimmigen Beschluss des Europäischen Rats zu einer "gemeinsamen Verteidigung" (Art. 42 (2) EUV) führen soll. 17 Die GASP nimmt weiterhin eine Sonderstellung im Handeln der EU ein. Das verdeutlichen die besonderen Bestimmungen in den Artikeln 23 bis 46 EUV, die die Zuständigkeiten, Verfahren und Instrumente regeln. Die GASP ist umfassend angelegt und schließt die GSVP ein. Dazu gehören:  Abrüstungsmaßnahmen, Konfliktverhütung und friedenserhaltende Aufgaben;  Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedenschaffender Maßnahmen;  Bekämpfung des internationalen Terrorismus;  Beistandsverpflichtung;  gemeinsame Verteidigung, sofern der Europäische Rat dies einstimmig beschließt. Die EU ist zwar kein kollektives Verteidigungsbündnis, aber ihre Mitglieder sind verpflichtet, sich bei bewaffneten Angriffen beizustehen und alles in ihrer Macht Stehende zur Hilfe und Unterstützung zu tun (Art. 42 (7) EUV). Eine andere Klausel (Art. 222 AEUV) verlangt Solidarität bei terroristischer Bedrohung und Naturkatastrophen, sofern ein Mitgliedstaat darum ersucht. Wie stark der Auftritt der EU auf internationaler Bühne ist, wie erfolgreich sie ihre operativen Ziele – Werte, grundlegende Interessen, ihre Sicherheit, Wahrung ihrer Unabhängigkeit und ihrer Unversehrtheit (Art. 21 (2a) EUV) – umsetzen kann, hängt nicht zuletzt von ihren internen Voraussetzungen ab. Blickt man auf den Rechtsrahmen für die GASP, die Akteure, Instrumente und Ressourcen, so wird verständlich, weshalb die Lücke zwischen Erwartungen und Fähigkeiten so schwer zu schließen ist. Die Binnenorganisation der GASP und der Außenbeziehungen im weiteren Sinn ist zwar nicht abgeschlossen, hat sich aber doch konsolidiert. Der Europäische Rat (ER) ist als das zentrale Beratungs- und Beschlussorgan in Angelegenheiten der GASP fest etabliert. Dort bestimmen die Staats- und Regierungschefs die strategischen Interessen der Union und legen die Ziele und Leitlinien der GASP fest (Art. 22 EUV). So hat der ER beispielsweise ab 2014 die Richtung in der Sanktionspolitik gegenüber Russland vorgegeben und die Kommission mit deren Ausarbeitung beauftragt. Der Präsident des ER kann eine außerordentliche Sitzung einberufen, wenn die internationale Lage das erfordert, und hat wie auch der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der Kommission (HV/VP) ein Initiativrecht. Tatsächlich handelt der Präsident des ER auch auf Drängen von Regierungschefs, die die Agenda mitbestimmen und die Leitlinie vorzeichnen wollen. Sie setzen zugleich weitere Akzente, indem sie Handlungsoptionen und Maßnahmen ankündigen und den Zeitrahmen festlegen. Der Präsident des ER vertritt die EU gegenüber Drittstaaten auf seiner Ebene, zumeist zusammen mit dem Kommissionspräsidenten und/oder dem HV/VP. Mittlerweile ist die Rolle des HV im Ensemble der außenpolitischen Top-Positionen klarer profiliert. Über die Stellenbeschreibung dieses Amtes war lange politisch gestritten worden, die Bezeichnung und Machtfülle eines Außenministers bzw. einer Außenministerin wurde dem Amt mit Bedacht vorenthalten. Der HV führt den Vorsitz im Rat "Auswärtige Angelegenheiten" (RAA), der sich aus den Außenministern und Außenministerinnen der 27 EU-Länder zusammensetzt und für das laufende Geschäft verantwortlich ist. Je nach Agenda können außerdem die für Verteidigung, Handel oder Entwicklungszusammenarbeit zuständigen Mitglieder den RAA bilden. 18 Dem HV ist der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) unterstellt, was zumindest operativ eine Führungsposition bedeutet. Dass der HV durch die Vizepräsidentschaft der EU- Kommission einen Doppelhut aufhat, ist ein politischer Kompromiss. Er führt die beiden Handlungs- und Legitimitätsstränge der Mitgliedstaaten über den Rat und die supranationale Kommission mit ihren operativen Zuständigkeiten in einem Amt und einer Person zusammen. Entscheidungsmacht und Ressourcen sollen auf diese Weise schnell und abgestimmt zusammenkommen, um Effizienz und Kohärenz des Handelns zu verbessern. Für die Durchführung der GASP sind der HV und die Mitgliedstaaten zuständig. Die Zusammensetzung des EAD mit Personal aus den Außenministerien aller Mitgliedstaaten, aus der Kommission und dem Rat spiegelt diese Hybridität wider. Der EAD hat eine eigene Rechtsbasis, ist also weder Teil der Kommission noch des Rats. Der EAD ist in fünf geografische Abteilungen – Asien-Pazifik, Afrika, Europa und Zentralasien, Naher und Mittlerer Osten sowie Süd-, Mittel- und Nordamerika und zwei horizontale Abteilungen zu globalen und multilateralen Fragen wie Menschenrechte, Demokratiehilfe, Migration, Krisenreaktion und Entwicklung organisiert. Im EAD sind auch die sicherheitspolitischen und GSVP-Strukturen, darunter verschiedene Gremien sowie Krisenreaktionseinheiten, untergebracht. Organisationsfragen sind wichtig. Denn angesichts der politikfeldübergreifenden Zielsetzungen (siehe Art. 21 EUV) müssen die Handlungsinstrumente, die der EU insgesamt zur Verfügung stehen, auch wirkungsvoll miteinander verknüpft werden. Das Europäische Parlament (EP) spielt wie viele nationale Parlamente in der Außenpolitik nur eine untergeordnete Rolle. Es führt Aussprachen, wird von Rat und Kommission angehört und kann mitentscheiden, wenn es um den Einsatz von Mitteln aus dem EU-Haushalt geht. Das EP muss den EU-Handelsabkommen mit Drittstaaten zustimmen. Es weitet seinen Einfluss aus, indem es über seine Haushalts- und Bestellungsrechte indirekt Einfluss auf die GASP und die Außenbeziehungen insgesamt nimmt. Dem Gerichtshof der Europäischen Union ist die GASP weiterhin nicht unterworfen. Rat der EU und ER fassen ihre Beschlüsse zur GASP einstimmig, wobei der Konsenszwang durch die Möglichkeit der konstruktiven Enthaltung (Art. 31 (1) EUV) gelockert wird. Beschlüsse können in Form von Aktionen, Standpunkten, Strategien oder Durchführungsbeschlüssen gefasst werden. Eine Brückenklausel (Art. 31 (3) EUV) schafft die Möglichkeit, mit qualifizierter Mehrheit zu entscheiden, wenn dies zuvor einstimmig vom Rat beschlossen worden ist. Beschlüsse mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen sind davon ausgenommen. Außerdem kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, wenn er eine/n Sonderbeauftragte/n ernennt, wenn er auf der Grundlage eines Beschlusses des ER über strategische Interessen und Ziele der Union eine Aktion oder einen Standpunkt beschließt oder wenn der HV auf Ersuchen des ER einen Vorschlag für eine Aktion oder einen Standpunkt unterbreitet. Diese Möglichkeiten werden allerdings so gut wie nicht genutzt. Die Mitgliedstaaten beteiligen sich an der Umsetzung der GSVP-Beschlüsse gemäß ihren Fähigkeiten und ihrem politischen Willen, was in der Praxis eine starke Differenzierung zur Folge hat. So bindet Deutschland seine Teilnahme an allen militärischen Aktionen an eine Zustimmung des Bundestages. Der Rat kann eine Gruppe direkt beauftragen oder einige Länder können im Zuge der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (SSZ) bei sogenannten anspruchsvollen Kriterien in Bezug auf militärische Fähigkeiten eine Avantgardegruppe 19 bilden, die untereinander höhere Verpflichtungen eingeht. Inzwischen beteiligen sich nahezu alle Mitgliedstaaten an der SSZ. Um die militärischen Fähigkeiten zu stärken, wurde ein Europäischer Verteidigungsfonds (EVF) geschaffen, dessen Mittel dazu dienen sollen, Forschung und Entwicklung zu fördern und gemeinsam militärische Verteidigungsgüter und -technologien zu beschaffen. Außerdem wurde eine jährliche Übersicht über die nationalen Verteidigungsausgaben der Mitgliedstaaten (engl.: Coordinated Annual Review on Defence, CARD) eingeführt. Größere Transparenz bei den Ausgaben und Projekten soll zu verbesserten europäischen Industriestrukturen im Rüstungssektor führen, um schneller, kostengünstiger und abgestimmter zu produzieren. 4. Politikwissenschaftliche Theorien der Internationalen Beziehungen Die Theorien der Internationalen Beziehungen (IB) dienen dazu, die komplexen Interaktionen zwischen Staaten, internationalen Organisationen, nichtstaatlichen Akteuren und Individuen im internationalen System zu analysieren und zu verstehen. Ihr zentrales Ziel ist es, Muster und Mechanismen der internationalen Politik zu erklären, um systematische Einblicke in Konflikte, Kooperation, Machtverteilung und Entscheidungsprozesse zu gewinnen. Dabei geht es nicht nur um die Beschreibung der Realität, sondern auch um die Entwicklung von Erklärungsmodellen, die Prognosen ermöglichen. Theorien wie der Neorealismus, Institutionalismus, Liberalismus oder Konstruktivismus bieten jeweils unterschiedliche Perspektiven auf die zentralen Fragen der internationalen Politik: Warum handeln Staaten, wie sie handeln? Unter welchen Bedingungen kommt es zu Krieg oder Frieden? Welche Rolle spielen Institutionen, Normen und Ideen? Indem sie komplexe politische Prozesse der internationalen Politik strukturieren und verständlich machen, helfen die IB-Theorien nicht nur Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern, sondern auch Politikinteressierten, fundierte Urteile über das aktuelle weltpolitische Geschehen zu entwickeln. Sie tragen dazu bei, die Dynamiken der internationalen Politik zu entschlüsseln und Problemlösungen für globale Herausforderungen wie Sicherheit, Klimawandel oder Migration zu analysieren. a. Neorealismus Der Neorealismus ist eine Theorie der Internationalen Beziehungen (IB) in dessen Zentrum die Struktur des internationalen Systems steht, das als anarchisch beschrieben wird. Anarchie bedeutet hier nicht Chaos, sondern die Abwesenheit einer übergeordneten Autorität, die die Beziehungen zwischen den Staaten regelt. In diesem Kontext sind Staaten die zentralen Akteure, die als rationale und egoistische Einheiten agieren und primär darauf bedacht sind, ihre eigene Sicherheit zu gewährleisten. Der Neorealismus unterscheidet sich vom klassischen Realismus vor allem durch seine Fokussierung auf die Systemebene. Während der klassische Realismus die Innenpolitik und die menschliche Natur als treibende Kräfte internationaler Politik betont, erklärt der Neorealismus staatliches Verhalten durch die Struktur des internationalen Systems. Di eses System zwingt Staaten, sich selbst zu helfen ("Selbsthilfesystem"), da sie niemanden haben, 20 der ihre Sicherheit garantiert. Dies führt zu einem ständigen Machtstreben und einem Sicherheitsdilemma: Wenn ein Staat seine Sicherheit durch Aufrüstung erhöht, fühlen sich andere Staaten bedroht und rüsten ebenfalls auf, was zu einem Rüstungswettlauf führen kann. Eine weitere zentrale Annahme des Neorealismus ist das Konzept der relativen Gewinne. Staaten sind weniger daran interessiert, absolut zu profitieren, als daran, sicherzustellen, dass andere Staaten nicht mehr gewinnen als sie selbst. Dies erschwert internationale Kooperation, da das Misstrauen zwischen Staaten groß bleibt. Zusammengefasst erklärt der Neorealismus internationale Beziehungen durch die Struktur des internationalen Systems, das durch Anarchie, Machtstreben und Sicherheitsdilemmata gekennzeichnet ist. Internationale Institutionen spielen in dieser Theorie nur eine untergeordnete Rolle, da sie die anarchische Struktur nicht überwinden können. b. Institutionalismus Der Institutionalismus ist eine Theorie der Internationalen Beziehungen, die sich mit der Rolle von Institutionen und Regimen in der internationalen Politik beschäftigt. Im Gegensatz zum Neorealismus sieht der Institutionalismus Anarchie im internationalen System nicht zwangsläufig als Hindernis für Kooperation. Vielmehr argumentiert er, dass Institutionen und Regime dazu beitragen können, das Verhalten von Staaten zu koordinieren und Konflikte zu minimieren. Institutionen werden dabei als dauerhafte und strukturierte Regelwerke verstanden, die das Verhalten der Akteure beeinflussen, indem sie Informationen bereitstellen, Transaktionskosten senken und die Einhaltung von Vereinbarungen überwachen. Beispiele für solche Institutionen sind die Vereinten Nationen, die Welthandelsorganisation (WTO) oder die Europäische Union. Sie schaffen Anreize für Staaten, zu kooperieren, indem sie die Kosten von Regelbrüchen erhöhen und die Vorteile langfristiger Zusammenarbeit betonen. Regime, definiert als spezifische Prinzipien, Normen, Regeln und Entscheidungsfindungsverfahren in bestimmten Politikfeldern, spielen ebenfalls eine zentrale Rolle. Sie ermöglichen eine koordinierte Handhabung von Themen wie Handel, Umwelt oder Sicherheit und fördern dadurch die Stabilität im internationalen System. Eine zentrale Annahme des Institutionalismus ist, dass Staaten nicht nur nach relativen, sondern auch nach absoluten Gewinnen streben. Das bedeutet, dass Staaten bereit sind zu kooperieren, wenn sie dadurch absolute Vorteile erzielen, selbst wenn andere Staaten ebenfalls profitieren. Dadurch unterscheidet sich der Institutionalismus grundlegend vom Neorealismus, der Kooperation wegen des Fokus auf relative Gewinne als schwierig erachtet. Institutionalisten betonen, dass die Interdependenz zwischen Staaten eine wichtige Rolle spielt. In einer globalisierten Welt, in der wirtschaftliche und politische Verflechtungen zunehmen, steigen auch die Anreize zur Kooperation. Institutionen helfen dabei, Unsicherheiten zu reduzieren und Vertrauen zwischen den Akteuren aufzubauen. Insgesamt sieht der Institutionalismus internationale Institutionen als zentrale Mechanismen zur Förderung von Kooperation und Stabilität in einem anarchischen internationalen System. Er bleibt jedoch ein rationalistischer Ansatz, da er davon ausgeht, dass Staaten nach ihren eigenen Interessen handeln und diese durch Institutionen besser verwirklichen können. 21 c. Liberalismus Der Liberalismus ist eine Theorie der Internationalen Beziehungen, die von der Annahme ausgeht, dass Staaten nicht die einzigen relevanten Akteure in der internationalen Politik sind. Neben Staaten spielen auch internationale Organisationen, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Individuen eine zentrale Rolle. Der Liberalismus betont die Bedeutung von Kooperation und gemeinsamen Interessen in der internationalen Politik. Ein Kerngedanke des Liberalismus ist, dass die Innenpolitik eines Staates und die Präferenzen seiner Gesellschaft maßgeblich dessen Verhalten in der internationalen Politik beeinflussen. Demokratien beispielsweise neigen dazu, friedlichere Außenbeziehungen zu unterhalten, weil sie auf Konsensbildung und Rechtsstaatlichkeit beruhen. Dieser Gedanke wird im sogenannten "demokratischen Frieden" zusammengefasst: Demokratien führen selten Krieg gegeneinander. Ein weiterer zentraler Aspekt des Liberalismus ist die Bedeutung wirtschaftlicher Verflechtungen. Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit schaffen gegenseitige Abhängigkeiten, die Konflikte unattraktiver machen, da die Kosten von Auseinandersetzungen steigen. Globalisierung und internationale Märkte fördern somit Stabilität und Wohlstand. Internationale Institutionen werden im Liberalismus als Mechanismen angesehen, die Kooperation erleichtern, Konflikte reduzieren und gemeinsame Probleme lösen können. Sie bieten Foren für Verhandlungen, überwachen die Einhaltung von Vereinbarungen und schaffen Vertrauen zwischen den Akteuren. Beispiele sind die Vereinten Nationen oder die Weltbank. Im Gegensatz zum Institutionalismus, der sich auf die Rolle institutioneller Rahmenbedingungen und Regime konzentriert, legt der Liberalismus mehr Gewicht auf die innere Verfasstheit der Staaten und die Rolle nichtstaatlicher Akteure. Während der Institutionalismus vor allem erklärt, wie und warum Staaten in einem anarchischen System kooperieren, betont der Liberalismus die Bedeutung gesellschaftlicher Präferenzen und wirtschaftlicher Interdependenz. Zusammengefasst sieht der Liberalismus die internationale Politik als ein dynamisches und von Vielfalt geprägtes Feld, in dem Kooperation und gegenseitige Abhängigkeiten eine zentrale Rolle spielen. Er bietet eine optimistischere Perspektive als der Neorealismus und unterstreicht die Bedeutung von Institutionen, Handel und Demokratie als Faktoren für Frieden und Stabilität. d. Konstruktivismus Der Konstruktivismus ist eine Theorie der Internationalen Beziehungen, die sich von den rationalistischen Ansätzen wie dem Neorealismus und dem Institutionalismus abhebt. Sie betont, dass die internationale Politik nicht allein durch materielle Faktoren wie Macht oder Institutionen erklärt werden kann, sondern dass Ideen, Normen und Identitäten eine zentrale Rolle spielen. Ein grundlegender Gedanke des Konstruktivismus ist, dass die internationale Anarchie keine objektive Gegebenheit ist, sondern eine soziale Konstruktion. Damit ist gemeint, dass die Art 22 und Weise, wie Staaten die Anarchie wahrnehmen und darauf reagieren, von ihren sozialen Interaktionen, Überzeugungen und Normen geprägt ist. Der Konstruktivismus geht davon aus, dass die Interessen und Identitäten von Staaten nicht festgelegt, sondern sozial konstruiert und wandelbar sind. Durch Kommunikation und Interaktion können Staaten ihre Wahrnehmung voneinander ändern und neue Normen etablieren. Ein Beispiel hierfür ist der Wandel im Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Einst Erzfeinde, entwickelten sie durch institutionalisierte Kooperation, die geteilte Normen widerspiegeln und durch gemeinsame Werte eine partnerschaftliche Beziehung. Normen und Ideen spielen eine zentrale Rolle im Konstruktivismus, da sie das Verhalten von Akteuren prägen. Internationale Regime und Institutionen werden nicht nur als Werkzeuge zur Förderung von Kooperation gesehen, sondern auch als Plattformen, auf denen sich Normen verstetigen, Werte ausgehandelt und verbreitet werden. Beispiele sind die Menschenrechte oder Umweltschutzstandards, die sich durch internationale Diskussionen und Vereinbarungen etabliert haben. Zusammenfassend bietet der Konstruktivismus eine Perspektive, die die Bedeutung von sozialen Faktoren, Ideen und Normen in den Vordergrund stellt. Er erweitert das Verständnis der Internationalen Beziehungen, indem er zeigt, dass internationale Politik nicht nur durch materielle Machtverhältnisse, sondern auch durch geteilte Überzeugungen und soziale Strukturen geformt wird. e. Anwendung: Theorien der Internationalen Beziehungen Aufgabe: Ordnen Sie die nachfolgenden Aussagen derjenigen Theorieperspektive der Internationalen Beziehungen zu, mit welcher sie am ehesten korrespondiert und begründen Sie Ihre Zuordnung. Aussage 1: Neorealismus: Bedrohung der eigenen Macht, sichern des Machtverhältnisses „Für Russland ist der Ukrainekonflikt ein Ausdruck seines Anspruchs auf geopolitische Kontrolle im postsowjetischen Raum. Die NATO-Erweiterung und westliche Einflussnahme werden als Bedrohung der eigenen Machtbasis gesehen. Moskaus Aktionen sind geprägt von dem Ziel, seine nationale Sicherheit und seinen Einflussbereich in einer internationalen Ordnung zu sichern, in der Machtverhältnisse dominieren und Allianzen strategisch abgewogen werden.“ Aussage 2: Liberalismus: Sucht Schutz in der EU und internationalen Institutionen „Die Ukraine sucht in der Zusammenarbeit mit der EU und internationalen Institutionen Schutz und Entwicklungsmöglichkeiten. Ihre Regierung strebt an, demokratische Strukturen zu festigen und wirtschaftliche Fortschritte durch Partnerschaften zu erreichen. Der Weg zu politischer Stabilität und Wohlstand wird durch gegenseitige Abkommen, Freihandelszonen und eine tiefere Verankerung in westlichen Bündnissen verfolgt, um sich langfristig von autoritärem Einfluss zu lösen.“ Konstruktivismus: Vorstellungen, Normen, Werte Aussage 3: „Die Europäische Union stützt ihre Handlungen auf eine Vorstellung von Normen und Werten, die sie in ihrer Außenpolitik umsetzt. Im Ukrainekonflikt steht die EU für Prinzipien wie Souveränität, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, die ihre Identität prägen. Die 23 Unterstützung der Ukraine ist Teil eines Wertefundaments, das über reine Machtpolitik hinausgeht und von der Überzeugung getragen ist, dass gemeinsame Wertvorstellungen und Normensysteme das Verhalten von Staaten formen.“ Aussage 4: Konstruktivismus: Überzeugung Widerstand ideologisch notwendig „Die Narrative von Hamas und Hizbollah betonen historische und religiöse Elemente, die das kollektive Gedächtnis ihrer Gemeinschaften prägen. Ihre Aktionen basieren auf der Überzeugung, dass der Widerstand gegen Israel nicht nur politisch, sondern ideologisch notwendig ist, um eine Identität zu bewahren, die auf Unabhängigkeit und religiöser Souveränität beruht. Diese Wahrnehmung beeinflusst ihr Verhalten in politischen Verhandlungen und Militäraktionen.“ Aussage 5: Neorealismus: Sicherung der Vorherrschaft, Kampf um Einfluss „Der Iran agiert im Nahen Osten aus einer Position der Machtbalance heraus, um seine regionalen Interessen gegen rivalisierende Akteure zu verteidigen. Seine Unterstützung von Gruppen wie Hamas und die Förderung von militärischen Allianzen sind Teil seiner Strategie, die regionale Vorherrschaft zu sichern und die Einflusssphären westlicher Mächte zu begrenzen. Der Einsatz militärischer und wirtschaftlicher Ressourcen unterstreicht den Kampf um Einfluss und Sicherheit.“ Neorealismus: Abschreckung und Präventivschläge Aussage 6: „Israels Sicherheitsdoktrin basiert auf der Wahrnehmung, dass eine stabile Existenz nur durch militärische Stärke gesichert werden kann. Umgeben von feindlich gesinnten Akteuren sieht Israel die strategische Absicherung seiner Grenzen und die Verteidigung gegen Bedrohungen als existenzielle Notwendigkeit. Daher folgt die israelische Außenpolitik einer sicherheitspolitischen Logik der Abschreckung und Präventivschläge, um seine Machtstellung zu wahren.“ Aussage 7: Liberalismus: gesellschaftliche Zusammenarbeit, langfristiger Frieden „Die EU setzt im Nahostkonflikt auf multinationale Gespräche und Projekte zur demokratischen und wirtschaftlichen Entwicklung, um einen nachhaltigen Frieden zu fördern. Ihre Bemühungen umfassen diplomatische Interventionen, die Förderung von Handelsbeziehungen und humanitäre Hilfe, um Spannungen abzubauen und Vertrauen zu schaffen. Ihr Ansatz ist von der Überzeugung geprägt, dass wirtschaftliche Verflechtungen, demokratische Strukturen und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit langfristig Frieden und Stabilität gewährleisten können.“ 5. Lernerfolgskontrollfragen Vertragsgrundlagen und Entscheidungsverfahren a. Beschreiben Sie wesentliche Inhalte des Vertrages von Lissabon b. Erklären Sie die nachfolgenden Begriffe: 1) Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nur das Regeln wozu berechtigt 2) Primärrecht Recht über Struktur und Vorgehen der EU zusammengesetzt aus GR Charta, EUV und AEUV 3) Sekundärrecht Artikel 289 AUEV, Verordnungen, RiLi und Satzungen die in allen MS gelten 4) Tertiärrecht Die EU erlässt Gesetze die in den Mitgliedstaaten gelten 5) acquis communautaire 24 6) opting out Polen hat das opting out, Möglichkeit einzelnen Optionen der Charta zu widersprechen 7) Subsidiaritätsprinzip nur da regeln, wo eine Regelung im kleinen nicht besser erfolgen kann 8) Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur Maßnahmen ergreifen die angemessen, geeignet und erforderlich sind c. Erläutern Sie die wesentlichen Kompetenzkategorien der EU in verschiedenen Politikfeldern. ausschließliche (Währung), geteilte (Verkehr), unterstützende(Sport, Kultur) Sonderfälle GASP d. Erläutern Sie das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren in der EU. P,K, Rat beschließen Gesetze e. Erklären Sie den Begriff „Trilog“. Gespräch zwischen P und Rat auf Antrag der K Institutionengefüge der Europäischen Union f. Erklären Sie – mit Blick auf das politische System der Europäischen Union – den Begriff „sui generis“. g. Beschreiben Sie wesentliche Funktionen und Kompetenzen der nachfolgenden EU- Institutionen: 1) Europäischer Rat Beschließt Ziele und Vorgehen der EU 2) Europäische Kommission Polizei der EU, bringt Vorschläge zu Gesetzen 3) Europäisches Parlament Entscheidet über Gesetze, Bestimmt mit über den Haushalt 4) Rat der EU Bestimmt über Haushalt, Fachgremien zur Gesetzgebung 5) Gerichtshof der Europäischen Union Gewährleistet/Überwacht die Wahrung von EU Rechten Europäische Außen- und Sicherheitspolitik h. Beschreiben Sie wesentliche Inhalte, Strukturen und Prozesse der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik sowie der GASP. i. Erörtern Sie, inwiefern es sich bei der Europäischen Union um eine Verteidigungsgemeinschaft handelt. EU stellt eine größere Macht da und hat somit mehr Gewicht als jedes Land einzeln. Durch das Unterstützungsabkommen, dass im Falle eines Theorien der Internationalen Beziehungen Angriffskriegs jeder dem anderen Helfen muss, stellt sie eine gemeinsame Streitmacht dar. j. Erläutern Sie die nachfolgenden Theorien: 1) Neorealismus Jeder Staat sieht seine Macht in Gefahr und möchte sich durch Aufrüstung und Krieg schützen 2) Institutionalismus geht davon aus, dass Institutionen die Zusammenarbeit verbessern und will daher mehr Institutionen 3) Liberalismus klare Kosten Nutzen Abwägung, gemeinsame Interessen und Verflechtungen sichern den 4) KonstruktivismusSChutz udn Frieden Werte, Ideen und Normen prägen das Denken der Nationen k. Ordnen Sie die Aussagen in Abschnitt 4.e. derjenigen Theorieperspektive der Internationalen Beziehungen zu, mit welcher sie am ehesten korrespondiert und begründen Sie Ihre Zuordnung. 25 Abgrenzungen der Operatoren (Lehrervorlage) Anforderungsbereich I nennen Etwas knapp nennen (in der Regel mit Aufzählung) bezeichnen Begriffe in Tabellen, Schaubildern, Diagrammen oder Karten einfügen beschreiben Etwas schlüssig wiedergeben (in der Regel mittels verfügbarer Kenntnisse) Anforderungsbereich II herausarbeiten Etwas aus Texten entsprechend der gegebenen Aufgabenstellung entnehmen charakterisieren typische Merkmale und Grundzüge aufzeigen analysieren Vorliegende Statistiken, Diagramme etc. systematisch untersuchen und auswerten (siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) Vorliegende Konflikte mittels eines Instruments (v.a. dem Politikzyklus) systematisch untersuchen und auswerten (siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) erläutern Etwas mit geeigneten Beispielen oder Belegen veranschaulichen erklären Etwas schlüssig aus Kenntnissen in einen Zusammenhang stellen (zum Beispiel Theorie, Modell, Gesetz, Regel, Funktions-, Entwicklungs- und/oder Kausalzusammenhang) ein-, zuordnen Etwas schlüssig in einen vorgegebenen Zusammenhang stellen begründen Aussagen (zum Beispiel eine Behauptung, eine Position) durch Argumente stützen, die durch Beispiele oder andere Belege untermauert werden darstellen in der Regel in grafischer Form strukturiert und zusammenhängend verdeutlichen erstellen Etwas in der Regel in grafischer Form aufzeigen (Mind-Map, Concept-Map, Strukturmodell; siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) vergleichen Vergleichskriterien festlegen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede einander gegenüberstellen sowie ein Ergebnis formulieren ZPG Gemeinschaftskunde 2018 (Krämer, Dr. Kübler, Müller, Seitz, Willfahrt) Anforderungsbereich III überprüfen Etwas anhand vorgegebener Materialien überprüfen und ein begründetes Ergebnis formulieren erörtern zu einer vorgegebenen These/Problemstellung Pro - und Contra- Argumente ausführen und ein begründetes Ergebnis formulieren (siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) beurteilen Etwas anhand von Kriterien überprüfen (siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) bewerten beurteilen + eigene Wertmaßstäbe offenlegen und ein begründetes Werturteil formulieren (siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK) entwickeln zu einer Problemstellung einen begründeten Lösungsvorschlag (Lösungsskizze, politische Strategie) entwerfen gestalten zu einer Problemstellung einen rollen- und adressatenorientierten Text formulieren (Lesebrief, Blogeintrag, Rede, Streitgespräch; siehe auch „Vorlage zu ausgewählten pbK“) ZPG Gemeinschaftskunde 2018 (Krämer, Dr. Kübler, Müller, Seitz, Willfahrt)

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