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SS 2024 VL EI Knelangen Sitzung 2.pdf

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2024

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Europäische Integration 2. Sitzung: Die Entwicklung des Integrationsprozesses (Teil I) Prof. Dr. Wilhelm Knelangen Institut für Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Sommersemester 2024 Lernziele der heutigen Sitzung: Verschiedene Integrationsstrategien abgrenzen können Etappen und...

Europäische Integration 2. Sitzung: Die Entwicklung des Integrationsprozesses (Teil I) Prof. Dr. Wilhelm Knelangen Institut für Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Sommersemester 2024 Lernziele der heutigen Sitzung: Verschiedene Integrationsstrategien abgrenzen können Etappen und Meilensteine des (west-) europäischen Integrationsprozesses kennen und beschreiben können Motive und Handlungsspielräume der Akteure einschätzen können Beabsichtigte und nicht beabsichtigte Konsequenzen einmal getroffener Entscheidungen beurteilen können 2 Gliederung der heutigen Vorlesung (1) Die Entwicklung des Integrationsprozesses 3 Wann fängt die Integrationsgeschichte an? Je nach der Dimension, die für den Integrationsprozess für maßgeblich gehalten wird, kommt man zu unterschiedlichen Antworten – Identität – Kultur – Gesellschaft – Wirtschaft – Politische Institutionenbildung 4 Pläne zur politischen Integration Erste Pläne in der Zwischenkriegszeit – Paneuropa-Union (1923) – Briand-Plan für eine europäische föderale Union (1929/30) Die Katastrophe des 2. Weltkrieges verleiht der Europa-Idee massiven Zuspruch Europa-Pläne der Exilregierungen und der Widerstandsbewegung Aber: Nachkriegsordnung basiert (wieder) auf dem Prinzip der Nationalstaatlichkeit 5 Ausgangsbedingungen 6 Anfänge: Die Gründung des Europarates März 1948: Brüsseler Pakt zur sicherheitspolitischen Zusammenarbeit (Benelux, F, GB) April 1948: Gründung der OEEC zur Verteilung der Marshall- Plan-Gelder Mai 1948: Haager Kongress fordert die Gründung eines Europarats Streit zwischen Föderalisten und Unionisten lässt einen Durchbruch zur Supranationalität nicht zu Mai 1949: Gründung des Europarates als intergouvernementale Organisation (Benelux, DAN, F, GB, IRL, I, N, SWE) Europarat heute: 47 Mitglieder, Schwerpunkt: Demokratie und Rechtsstaatlichkeit 7 Der Schuman-Plan vom 9.5.1950 […] Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offensteht. Die Zusammenlegung der Kohle- und Stahlproduktion wird sofort die Schaffung gemeinsamer Grundlagen für die wirtschaftliche Entwicklung sichern - die erste Etappe der europäischen Föderation - und die Bestimmung jener Gebiete ändern, die lange Zeit der Herstellung von Waffen gewidmet waren, deren sicherste Opfer sie gewesen sind. Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, daß jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist. Die Schaffung dieser mächtigen Produktionsgemeinschaft, die allen Ländern offensteht, die daran teilnehmen wollen, mit dem Zweck, allen Ländern, die sie umfaßt, die notwendigen Grundstoffe für ihre industrielle Produktion zu gleichen Bedingungen zu liefern, wird die realen Fundamente zu ihrer wirtschaftlichen Vereinigung legen. […] 8 Der EGKS-Vertrag Großbritannien lehnt Teilnahme ab Ausgangspunkt: Integration Deutschlands statt Gegengewichtsbildung Hauptmotive – F: Sicherheits- und Wirtschaftsinteresse (Aufhebung der Prod. beschr. für Stahl stand bevor) – D: Souveränitätsgewinn (Ruhrstatut, Besatzungsregime) und Westbindung 18.4.1951: Unterzeichnung des EGKS-Vertrages 18.4.1951: Jean Monnet, Robert Schuman, Konrad Adenauer, Walter Hallstein (von links) 9 Die Organe der EGKS 10 Föderalismus revisited? Der Plan für eine EVG Hintergrund: US-Amerikanische Forderung nach deutschem Wehrbeitrag im Zeichen des Korea-Krieges Frage: Europäische Armee oder deutsche NATO-Mitgliedschaft? 24.10.1950: Pleven-Plan – Schaffung einer europäischen Streitkraft – Integrierter Generalstab und gemeinsames Budget – Politische Führung durch europäischen Verteidigungsminister – Einseitige Diskriminierungen Deutschlands (keine eigenen Truppen, kein NATO-Beitritt, Rüstungsbeschränkungen) 27.5.1952: EVG-Vertrag unterzeichnet – Integration auf Divisionsebene – 9-köpfiges EVG-Kommissariat statt EVG-Minister 11 Das Scheitern der EVG Plan der konstitutionellen Unterfütterung durch eine Politische Gemeinschaft (EPG) März 1953: Ad-hoc-Versammlung der EGKS legt EPG- Vertragsentwurf vor, auf den sich die Mitglieder aber nicht einigen können 30.8.1954: Franz. Nationalversammlung lehnt EVG-Vertrag ab, damit ist auch EPG gescheitert Deutschland wird Mitglied der Westeuropäischen Union und der NATO 12 Konsequenzen des Scheiterns der EVG Integration bleibt ein politisches Projekt, aber der Schwerpunkt liegt auf der ökonomischen Dimension Europäische Sicherheit bleibt bis zum Ende des Ost-West-Konflikts zur Domäne der NATO 13 Die List der funktionalen Idee: Die Gründung von EWG und EURATOM Fortsetzung der Einigungsbemühungen im wirtschaftlichen Bereich Juni 1955: Außenministerkonferenz von Messina berät über Spaak-Bericht – stufenweise Einführung eines Gemeinsamen Marktes – Errichtung einer Atomgemeinschaft Juni 1956 – März 1957: Regierungskonferenz Interessen sind komplementär: – F: Euratom, sektorale Integration, Sozialpolitik – D, NL, I: umfassender Ansatz, gemeinsamer Markt 25.3.1957: Römische Verträge werden unterzeichnet – Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft – Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft 14 EAG EWG EGKS Förderung der Errichtung eines Bessere Verteilung Kernenergie u.a. durch: gemeinsamen Marktes der Güter u.a. durch: u.a. durch: Forschung und Verbreiterung Abschaffung der Binnenzölle Sicherung der der Kenntnisse Gemeinsame Versorgung des Investitionsförderung Außenhandelspolitik gemeinsamen Marktes mit Kohle und Stahl Kontrollen Gewährung eines freien Personen-, Kapitalverkehrs Preisregulierung Einheitliche Sicherheitsnormen Gemeinsame Agrarpolitik Ausbau des Gemeinsames Produktionspotentials Wettbewerbssystem Handels- und Investitionsförderung Koordinierung der Wirtschaftspolitiken Rechtsangleichung 15 Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung „Im Unterschied zu Staaten besitzt die Gemeinschaft keine allumfassende Zuständigkeit. Es gilt vielmehr das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Es besagt, dass Organe der Gemeinschaft nur dann Rechtsnormen erlassen dürfen, wenn sie durch die Gemeinschaftsverträge dazu explizit ermächtigt sind. Die Ermächtigungen werden im einzelnen durch die Mitgliedstaaten in dreifacher Weise definiert: Sie sind jeweils an Sachgegenstand, Organ sowie Handlungstypus gebunden.“ (Claus Giering) 16 Organe der drei Gemeinschaften EG EGKS EAG EWG Ministerrat Rat Rat Hohe Behörde Kommission Kommission Gemeinsame Versammlung Versammlung Versammlung Gerichtshof Gerichtshof Gerichtshof 1967 Fusionsvertrag: Nur noch eine Kommission und einen Rat plus Versammlung und Gerichtshof für alle drei Gemeinschaften 17 Entscheiden in der EWG: Grundtypus KOMMISSION (Initiativmonopol) PARLAMENT (Anhörung/Beratung) RAT (Entscheidung) 18 Erfolge der wirtschaftlichen Integration Freihandelszone 1958: 10% Zollsenkung (Abschaffung der Binnenzölle) 1960er Jahre: weiterer 1968: Zollunion erreicht Zollunion Abbau von Zöllen (zusätzlich Einigung auf gemeinsamen Außenzoll) Gemeinsamer Markt (zusätzlich freier Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen, Kapital) Währungsunion zusätzlich (gemeinsame Währung, gemeinsame Zins- und Geldpolitik ) Wirtschaftsunion (zusätzlich koordinierte Wirtschaftpolitik, „Wirtschaftsregierung“) 19 Alternative zur EWG? Die Gründung der EFTA 20 Föderalisierung oder zurück zum Nationalstaat? Die Krise der 1960er Jahre Fouchet-Pläne (1961/62): intergouvernementale Koordinierung Streit: Atlantisches oder europäisches Europa ? 1963: Deutsch-französischer Freundschaftsvertrag Französisches Veto gegen britischen EWG-Beitritt 1963/1967 Charles de Gaulle (1890-1970) 21 Der Luxemburger Kompromiss EWG-V sah schrittweise Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen vor Eine wichtige Etappe dieses Stufenplanes war der 1.1.1966. Nach diesem Datum wäre insbesondere in der Agrarpolitik mit Mehrheit entschieden worden Französische Politik des „leeren Stuhls“ ab dem 1.7.1965 „I. Stehen bei Beschlüssen, die mit Mehrheit auf Vorschlag der Kommission gefasst werden können, sehr wichtige Interessen eines oder mehrerer Partner auf dem Spiel, so werden sich die Mitglieder des Rates innerhalb eines angemessenen Zeitraums bemühen, zu Lösungen zu gelangen, die von allen Mitgliedern des Rates unter Wahrung ihrer gegenseitigen Interessen und der Interessen der Gemeinschaft gemäß Art 2 des Vertrages angenommen werden können. II. Hinsichtlich des vorstehenden Absatzes ist die französische Delegation der Auffassung, dass bei sehr wichtigen Interessen die Erörterung fortgesetzt werden muss, bis ein einstimmiges Einvernehmen erzielt worden ist. III. Die sechs Delegationen stellen fest, dass in der Frage, was geschehen sollte, falls keine vollständige Einigung zustande kommt, weiterhin unterschiedliche Auffassungen bestehen…“ 22 Stagnation und neue Dynamik Luxemburger Kompromiss bedeutet faktisches Vetorecht für jedes EWG-Mitglied Neue Flexibilität erst nach dem Tod de Gaulles Haager Gipfelkonferenz 1969 – Neue Ziele – Norderweiterung der EG um GB, IRL, DAN und NOR – Schaffung der Währungsunion bis 1980 – Ausbau der Kompetenzen des Parlaments – Vollendung des Agrarmarkts 23 Bilanz der 1970er Jahre (I) – Norderweiterung der EG  gelingt, wenn auch Norwegen ablehnt – Schaffung der Währungsunion bis 1980 (Werner- Plan)  scheitert im Zeichen der Wirtschaftskrise seit 1973 – Europäisches Währungssystem (EWS) 1979  Schwankungsbreiten um +/- 2,25 % – Ausbau der Kompetenzen des Parlaments  gelingt (Haushaltskompetenzen bei nicht- obligatorischen Ausgaben, Direktwahl 1979) 24 Bilanz der 1970er Jahre (II) – Außenpolitische Koordinierung  Schaffung der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) außerhalb der EWG-Strukturen – Institutionalisierung der Regierungszusammenarbeit  Aus den Gipfeltreffen wird ab 1974 der Europäische Rat – Griechenland wird 1981 zehnter Mitgliedstaat 25 Zum Lesen empfohlen 26

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