Staatsrecht – Staatsorganisationsrecht PDF

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Universität Mannheim

2024

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz

Tags

German constitutional law public administration federalism political science

Summary

These notes provide an overview of German constitutional law, focusing on the organization of the state and its various branches (executive, legislative, and judicial). The text discusses topics such as the distribution of governmental powers between the federal and state levels, the functions of various bodies and their competencies. This document, dated HWS 2023/2024, appears to be lecture material.

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Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Staatsorganisationsrecht HWS 2023/2024 B. Exekutive I. Begriffliches ▪ Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder (Art. 84, 85 GG) ↔ Bundesverwaltung (Art. 87 ff. GG) ▪ Die vollziehende Gewalt (Exekutive) umfasst Regierung (Staatsleitung) und Verwa...

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Staatsorganisationsrecht HWS 2023/2024 B. Exekutive I. Begriffliches ▪ Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder (Art. 84, 85 GG) ↔ Bundesverwaltung (Art. 87 ff. GG) ▪ Die vollziehende Gewalt (Exekutive) umfasst Regierung (Staatsleitung) und Verwaltung. ▪ Verwaltung ➢ = alles, was nicht zur Gesetzgebung, Rechtsprechung oder Staatsleitung (Gubernative) gehört (= Negativdefinition) ➢ = Vollzug von Gesetzen (Rechtsanwendung) und Verwirklichung staatlicher Aufgaben im Einzelfall (= Positivdefinition) ▪ Minister sind einerseits Mitglieder der Regierung (Staatsleitung) und stehen andererseits als Fachminister an der Spitze eines Verwaltungszweigs/-apparats. II. Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder 1. Kompetenzverteilungsgrundsatz ▪ Art. 83 GG konkretisiert die Grundsatznorm des Art. 30 GG dahingehend, dass auch die Ausführung der Bundesgesetze grundsätzlich Sache der Länder ist. ➔ Auch im Bereich der Verwaltung ist Bund nur zuständig, wenn und soweit ihm das Grundgesetz hierfür eine Kompetenz einräumt. 2. Eigenverwaltung durch die Länder ▪ Vollzug der Bundgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit der Länder nach Art. 83 GG (= Grundsatz) ▪ => Die Länder regeln die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren grundsätzlich selbst (Art. 84 I 1 GG). ▪ Art. 84 I GG wurde durch die Föderalismusreform I (2006) geändert: Nach der Ursprungsfassung dieser Bestimmung war jedes Bundesgesetz, das die Zuständigkeit von Landesbehörden oder das Verwaltungsverfahren regelte, Zustimmungsgesetz. Die Zustimmungsbedürftigkeit konnte nur unter vollständigem Verzicht auf entsprechende Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften erreicht werden. ▪ Nach der Änderung von Art. 84 I GG kann nunmehr der Bund durch ein nicht zustimmungspflichtiges Gesetz entsprechende Regelungen treffen (Art. 84 I GG). Die Länder haben demgegenüber das Recht, hiervon abweichende Regelungen zu treffen (Art. 84 I 2 – 4 GG – „PingPong“-Problematik!). Ausnahmsweise kann der Bund Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln; diese Gesetze sind dann jedoch zustimmungsbedürftig (Art. 84 I 5 und 6 GG). ▪ Durch Bundesgesetz ist keine Aufgabenübertragung auf Gemeinden möglich (Art. 84 I 7 GG – s. dazu auch oben § 3 D. IV. 4. – Verweigerung der Ausfertigung durch BP Horst Köhler, ebenso Art. 85 I 2 GG für die Auftragsverwaltung – s. nachstehend 3.) Seite 120 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz ▪ Staatsrecht – Staatsorganisationsrecht HWS 2023/2024 Rechtsaufsicht des Bundes Art. 84 III GG => Bund kann nur die Rechtmäßigkeit des Handelns der Länder, nicht aber die Zweckmäßigkeit kontrollieren. 3. Auftragsverwaltung durch die Länder ▪ Vgl. Art. 85 GG ▪ Auch hier bestimmt sich der Vollzug von Bundesgesetzen grundsätzlich nach Normen der Länder (Organisationshoheit). ▪ Aber: Rechts- und Fachaufsicht des Bundes (Art. 85 IV GG) => Bund kann Recht- und Zweckmäßigkeit des Landeshandelns überprüfen! ▪ Allein die Wahrnehmungskompetenz (Handeln nach Außen) liegt unentziehbar beim Land, die Sachkompetenz (Inhalt der Entscheidung) nur vorbehaltlich ihrer Inanspruchnahme durch den Bund => Bund kann sie durch Weisungen gem. Art. 85 III GG an sich ziehen. ▪ Aus dem Grundsatz der Bundestreue ergibt sich laut BVerfG, dass Ländern vor einer Weisung des Bundes Anhörungsrecht zusteht! ▪ Anwendungsbereich der Auftragsverwaltung: Nur wenn im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen, z.B.: Art. 87 c GG (fakultativ) im Atomrecht; Art. 90 III GG (obligatorisch) Bundesautobahnverwaltung/Bundesfernstraßenverwaltung; Art. 104a III 2 GG. III. Bundeseigene Verwaltung ▪ Für den Eigenvollzug von Bundesgesetzen durch den Bund ist wegen Art. 83 GG eine besondere Kompetenzzuweisung im Grundgesetz erforderlich. ▪ Dabei wird zwischen unmittelbarer und mittelbarer (Bundes-)Verwaltung (durch Bundesbehörde bzw. durch bundesunmittelbare juristische Personen) und zwischen Verwaltung mit oder ohne eigenem Verwaltungsunterbau unterschieden: ➢ Typ 1: mit eigenem Verwaltungsunterbau: Art. 86 S. 1, Alt. 1 GG (Sachgebiete: Art. 87 I 1, 87b I, 87 b II 1, 87e I 1, 87f II 2, 89 II GG) ➢ Typ 2: durch Bundesoberbehörden: Art. 86 S. 1 Alt. 1 GG (Sachgebiete: Art. 87 III 1, 87e I 1, 87f II 2 GG) ➢ Typ 3: durch bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts: Art. 86 S. 1, Alt. 2 GG (Sachgebiete: Art. 87 II, III, 87f III GG) ➢ Typ 4: in privatrechtlicher Organisationsform: Art. 87d II GG (Sachgebiet: Art. 87d I GG) IV. Mischverwaltung ▪ Den Art. 83 ff. GG liegt das Prinzip zugrunde, dass entweder die Länder oder der Bund für den Gesetzesvollzug zuständig sind („Trennsystem“) ▪ Instruktiv hierzu BVerfGE 119, 331 („SGB II-Urteil“): ➢ Es widerspricht der Kompetenzordnung des GG, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Aufgabenbereich der Länder Seite 121 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Staatsorganisationsrecht HWS 2023/2024 ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen werden (Durchbrechung des Grundsatzes der Gewaltenteilung in horizontaler wie vertikaler Hinsicht). ➢ Eine Ausnahme von den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG bedarf daher eines besonderen sachlichen Grundes und kann nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen (grundsätzliches Verbot der Mischverwaltung). ▪ Dieses Trennsystem durchbrechen die Art. 91a bis e GG für bestimmte Sachbereiche (Gemeinschaftsaufgaben und Verwaltungszusammenarbeit), was allerdings kraft grundgesetzlicher Zulassung statthaft ist. Die Bestimmungen verdrängen in ihrem Anwendungsbereich Art. 83 ff. GG (vgl. BVerfGE 137, 108 ff.). V. Vollzug des Unionsrechts ▪ Der Vollzug des Unionsrechts umfasst zwei Facetten: ➢ Umsetzung umsetzungsbedürftiger Rechtsakte der EU (insbes. Richtlinien – vgl. Art. 288 III AEUV) in innerstaatliches Recht ➢ Vollzug des unmittelbar anwendbaren EU-Rechts (insbes. Verordnungen – vgl. Art. 288 II AEUV). ▪ Nachdem der Bund anfänglich, aber erfolglos, eine Vollzugskompetenz für EU-Recht „kraft Natur der Sache“ für sich reklamierte, erfolgt sein Vollzug gemäß der innerstaatlichen Kompetenzverteilung! Zur Vertiefung: Frenzel, Grundfälle zu den Art. 83 ff. GG, JuS 2012, 1082 ff.; Maurer, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, JuS 2010, 945 ff. Seite 122

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