Staatsrecht – Grundrechte - HWS 2023 PDF

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Universität Mannheim

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz

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German constitutional law fundamental rights public law German legal system

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These lecture notes cover fundamental rights in German Public Law. The document discusses the protection of personal freedoms and the limitations imposed by the law. This document is a part of a larger course on German constitutional law.

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Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 III. Besondere Freiheitsrechte 1. Schutz der körperlichen Bewegungsfreiheit a) Allgemeine Bewegungsfreiheit (Art. 2 II 2, 104 GG) aa) Schutzbereich ▪ Persönlicher Schutzbereich: Jede natürliche Person (nicht aber der nasciturus und j...

Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 III. Besondere Freiheitsrechte 1. Schutz der körperlichen Bewegungsfreiheit a) Allgemeine Bewegungsfreiheit (Art. 2 II 2, 104 GG) aa) Schutzbereich ▪ Persönlicher Schutzbereich: Jede natürliche Person (nicht aber der nasciturus und juristische Personen – vgl. Art. 19 III GG). ▪ Sachlicher Schutzbereich: Freiheit der Person - = körperliche Bewegungsfreiheit; - = Recht, (positiv) jeden beliebigen Ort aufzusuchen und (negativ) jeden beliebigen Ort zu meiden. bb) Eingriff Typische Eingriffshandlungen: - Vorladung; - (vorläufige) Festnahme (vgl. § 127 StPO); - (lebenslange) Freiheitsstrafe; - Wehr- und Schulpflicht (vgl. Art. 12a, 7 I GG); - Zwangsmaßnahmen (unmittelbarer Zwang, z.B. in Gestalt von Festhalten); - Sicherungsverwahrung. cc) Rechtfertigung ▪ Nota bene: Art. 104 GG = lex specialis zu Art. 2 II 3 GG. ▪ Grund für das „Auseinanderreißen“ von Art. 2 II 2 GG und Art. 104 GG: habeas-corpus-Gedanke (Schutz des Festgenommenen durch Gesetz und Verfahren in Gestalt richterlicher Anordnung bzw. Bestätigung); aus diesem Grunde finden sich die Regelungen in Art. 104 GG im Abschnitt über die Rechtsprechung. ▪ Art. 104 I GG: Enthält allgemeine Anforderungen an eine Beschränkung des Art. 2 II 2 GG (förmliches Gesetz, Beachtung der Form, keine seelische oder körperliche Misshandlung). 83 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 ▪ Art. 104 II GG: Enthält spezielle Regelungen für Freiheitsentziehung (Richtervorbehalt). Freiheitsentziehung = Aufhebung der körperlichen Bewegungsfreiheit „nach jeder Richtung hin“ (BVerfGE 105, 239 [248]). Freiheitsbeschränkung = aufenthaltseinschränkende und führungsaufsichtliche Maßnahme sowie Vorladungen. ▪ Art. 104 III GG: Spezielle Regelung für die vorläufige Festnahme (Beachte: Die in Abs. II und III genannten Fristen sind keine „Ausschöpfungsfristen“). ▪ Art. 104 IV GG: Benachrichtigungspflicht bei Freiheitsentzug. Dieses Recht ist nicht verzichtbar (disponibel) (str.). ▪ „Schranken-Schranken“: Können sich insbes. ergeben aus Art. 1 I/2 I i.V.m. 1 I GG (Stichworte: lebenslange Freiheitsstrafe, Untersuchungshaft => Unschuldsvermutung). b) Freizügigkeit im Bundesgebiet (Art. 11 GG) aa) Schutzbereich ▪ Persönlicher Schutzbereich: „Deutschen-Grundrecht“. ▪ Sachlicher Schutzbereich: „Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet“ = ▪ - Freiheit, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebiets Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen (vgl. BVerfGE 110, 177/190); - Fortbewegung um der Wohnsitz- oder Aufenthaltnahme willen („freier Weg- und Zuzug“); - Einreise und Einwanderung (ius imigrandi)? (str.); - Ausreise und Auswanderung (ius emigrandi)?: Wird laut BVerfG nicht durch Art. 11 GG, sondern durch Art. 2 I GG geschützt (BVerfGE 6, 32 [35 f.] – Elfes); - „negative Freizügigkeit“ (Freiheit, Ortswechsel nicht vorzunehmen). Abgrenzung des Art. 11 GG von Art. 2 II 2 GG: ➢ Aufenthalt an einem bestimmten Ort erfolgt um der Fortbewegung willen: Art. 2 II 2 GG (Fortbewegung steht im Vordergrund); ➢ Fortbewegung an einem bestimmten Ort erfolgt um des Aufenthalts willen: Art. 11 I GG (Aufenthalt steht im Vordergrund). ➢ Die Abgrenzung ist i.Ü. str. A.A.: Art. 2 II 2 GG schütz Fort/Wegbewegung von einem, Art. 11 GG Hinbewegung zu einem bestimmten Ort (Ipsen; näher zum Ganzen von Coelln, in: 84 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 Gröpl/Windhorst/von Coelln, Studienkommentar GG, 2013, Art. 11 Rn. 15 f.). bb) Eingriff Beispiele: ▪ Residenzpflichten für Soldaten, Beamte etc.; ▪ Aufenthaltsverbote (s. Fall); ▪ Regelung, dass Spätaussiedler, die an einem anderen als dem ihnen zugewiesenen Ort ständigen Aufenthalt nehmen, keine Sozialhilfe erhalten (vgl. BVerfGE 110, 177 [191]). cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung ▪ Art. 11 II GG statuiert einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt. ▪ Gesetzesvorbehalt reflektiert Krisenlage nach dem 2. Weltkrieg (Evakuierung, Vertreibung, Zerstörung, Flucht, Seuchengefahren etc.). ▪ Art. 117 II, 119 GG sind obsolet. Fall: Auf dem Bahnhofsvorplatz der Stadt Mannheim hat sich die „Drogenszene“ festgesetzt. Von dieser Szene gehen nicht nur erhebliche Belästigungen für die Reisenden aus. Auch werden aus der Szene heraus Straftaten gegenüber den Nutzern des Bahnhofs begangen (Diebstähle, Körperverletzungen, Beleidigungen etc.). Die zuständige Polizeibehörde verbietet den Angehörigen dieser Szene deshalb, sich auf dem Bahnhofsvorplatz aufzuhalten. Gestützt wird diese Maßnahme auf eine landesgesetzliche Befugnisnorm (§ 30 II PolG BW), welche die Anordnung von Aufenthaltsverboten gestattet. Ist diese Maßnahme verfassungsmäßig? Lösungshinweise: (Lösungshinweisblätter Nr. 18) Fraglich ist, ob dem Land BW überhaupt die Gesetzgebungskompetenz für eine solche aufenthaltsbezogene Maßnahme zusteht. Denn gem. Art. 73 I Nr. 3 GG steht die Regelung der „Freizügigkeit“ in Gestalt einer ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz eigentlich dem Bund zu. Das BVerfG hat insofern allerdings entschieden, dass sich der Kompetenztitel aus Art. 73 I Nr. 3 GG nicht auf das allgemeine Gefahrenabwehrrecht bezieht und deshalb eine landesgesetzliche Regelung wie § 30 II PolG BW nicht sperrt. An der sonstigen Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung 85 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 bestehen i.Ü. keine Bedenken. Die Regelung ist verhältnismäßig („Ermessen“!). Zudem hat der Landesgesetzgeber das Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG) beachtet (vgl. § 4 PolG BW). 86 Staatsrecht – Grundrechte Prof. Dr. R. Müller-Terpitz HWS 2023 2. Schutz der Individualität und Privatsphäre a) Religions- und Gewissensfreiheit (Art. 4 GG) aa) Schutzbereich (1) Vorbemerkung ▪ Art. 4 I GG schützt das forum internum, Art. 4 II und III GG das forum externum. Das BVerfG hat beide Aspekte der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu einer einheitlichen Verbürgung – der Religions, Weltanschauungs- bzw. Gewissensfreiheit – zusammengefasst. ▪ Entsprechend schützt Art. 4 GG als einheitliches Grundrecht die Freiheit, Glauben und Gewissen, Religion und Weltanschauung zu bilden, zu haben, zu äußern und demgemäß zu handeln. (2) Schutzbereich ▪ Persönlicher Schutzbereich: ➢ „Jedermann-Grundrecht“; ➢ Gemäß Art. 19 III GG gilt das Grundrecht der Religions- und Weltanschauungsfreiheit auch für inländische juristische Personen, wenn ihr Zweck auf die Pflege oder Förderung eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses zielt (BVerfGE 19, 129 [132]; 99, 100 [118]). ▪ Sachlicher Schutzbereich: – Religions- und Weltanschauungsfreiheit – ▪ Art. 4 GG schützt die religiöse bzw. areligiöse Sinndeutung von Welt und Mensch. ▪ Die „ungestörte Religionsausübung“ (Art. 4 II GG) schützt dabei insbesondere kultische Handlungen im Rahmen des religiösen Bekenntnisses, die nach außen wirken (forum externum). Bsp.: Gottesdienste, Prozessionen, Glockengeläut, Ruf des Muezzins. ▪ Große Bedeutung kommt dabei dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu. ▪ Die zahlenmäßige Stärke oder soziale Relevanz einer Religionsbzw. Weltanschauungsgemeinschaft ist irrelevant. Vielmehr manifestiert sich in Art. 4 GG, aber auch in Art. 3 III 1, Art. 33 III und Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 I, IV und Art. 137 I WRV die Neutralität des Staates gegenüber derartigen Gemeinschaften bzw. Inhalten.2 ▪ Allerdings fordert das BVerfG, dass es sich „auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion oder Religionsgemeinschaft handeln“ muss (vgl. BVerfGE 83, 341/353). Die Behauptung glaubensgeleiteten Handelns muss Von daher können auch skurril anmutende Sekten wie die in Nevada ansässigen „Raelianer“ (RaelBewegung), die an eine Schöpfung des Menschen durch Außerirdische glauben, prinzipiell durch Art. 4 I, II GG geschützt werden. 2 87 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 zudem plausibel sein. Sie darf insbes. nicht nur als Vorwand für wirtschaftliche Aktivitäten dienen (Scientology!). Geschützt wird neben der Freiheit des Einzelnen zum privaten und öffentlichen Bekenntnis auch die Freiheit, sich mit anderen zusammenzuschließen. Geschützt sind zudem die Freiheit, für den eigenen Glauben und die eigene Überzeugung zu werben, sowie das Recht, andere von deren Religion oder Weltanschauung abzuwerben. Art. 4 I GG schützt daher ferner gegen diffamierende, diskriminierende oder verfälschende Darstellungen einer religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaft. Aber: Der Staat und seine Organe sind nicht gehalten, sich mit derartigen Fragen überhaupt nicht zu befassen. Auch der neutrale Staat ist nicht gehindert, das tatsächliche Verhalten einer religiösen oder weltanschaulichen Gruppierung oder das ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, selbst wenn dieses Verhalten letztlich religiös motiviert ist (BVerfGE 105, 279 ff. – Osho). Ebenso ist den staatlichen Verantwortungsträgern die Information des Parlaments, der Öffentlichkeit oder interessierter Bürgerinnen und Bürger über religiöse und weltanschauliche Gruppen und ihre Tätigkeit nicht schon von vornherein verwehrt. Art. 4 I und II GG schützt nicht dagegen, dass sich staatliche Organe mit den Trägern des Grundrechts öffentlich – auch kritisch – auseinandersetzen. Nur die Regelung genuin religiöser oder weltanschaulicher Fragen, nur die parteiergreifende Einmischung in die Überzeugungen, die Handlungen und in die Darstellung Einzelner oder religiöser und weltanschaulicher Gemeinschaften sind dem Staat untersagt. Weder dürfen von ihm bestimmte Bekenntnisse – etwa durch Identifikation mit ihnen (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 I WRV: „Es besteht keine Staatskirche.“) – privilegiert noch andere um ihres Bekenntnisinhalts willen – bspw. durch Ausgrenzung – benachteiligt werden. In einem Staat, in dem Anhänger unterschiedlicher religiöser und weltanschaulicher Überzeugungen zusammenleben, kann die friedliche Koexistenz nur gelingen, wenn der Staat selbst in Glaubens- und Weltanschauungsfragen Neutralität bewahrt (BVerfGE 93, 1 [16 f.] – Kruzifix; 105, 279 ff. – Osho). Er hat sich deshalb im Umgang mit Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften besondere Zurückhaltung aufzuerlegen, deren konkretes Maß sich nach den Umständen des Einzelfalles bestimmt. Auch die „negative Religions- und Weltanschauungsfreiheit“ wird durch Art. 4 GG gewährleistet. – Gewissensfreiheit – ▪ Gewissensentscheidung = jede ernste sittliche, d.h. an den Kategorien von „Gut/Richtig“ und „Böse/Falsch“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (vgl. BVerfGE 12, 45/55). 88 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz ▪ Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 Art. 4 III GG ist dabei lex specialis zu Art. 4 I GG (zu Art. 4 III GG vgl. jüngst BVerwG, BeckRS 2012, 49202: Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit im Sanitätsdienst der Bundeswehr haben auch vor Beendigung ihres Dienstverhältnisses ein Rechtsschutzbedürfnis für ein Verfahren auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer (Aufgabe der st. Rspr. seit dem Urt. v. 27. 11. 1985: s. BVerwGE 72, 241 ff. = NVwZ 1986, 218 ff.). bb) Eingriff Beispiele: ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ ▪ Kreuz im Klassenraum (vgl. BVerfGE 93, 1 ff. – Kruzifix – sehr str.! Kruzifix als Kultursymbol? „Missionarischer Charakter“ des Kruzifixes?); Verbot des Tragens von Kopftüchern für Lehrerinnen (vgl. BVerfGE 108, 282 ff.; NVwZ 2015, 884 ff.; Schülerinnen und Studentinnen?); ggf. ergänzen: BVerfGE 153, 1 (Kopftuch III, Kopftuchverbot bei Referendarinnen) Pflicht zur Teilnahme am koedukativen Schwimm- und Sportunterricht (vgl. BVerwGE 94, 82 ff.); Verbot des religiös gebotenen Schächtens (BVerfGE 104, 337; s. ferner BVerfG-K v. 28.9.2009, Az. 1 BvR 1702/09 = NVwZ-RR 2009, 945 ff.); Verbot des sakralen Läutens der Kirchenglocken oder des Rufs des Muezzins zum Gebet. ggf. ergänzen: OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ 2020, 170 (Burkiniverbot für gemeindliche Schwimmbäder – auch Examensklausur ÖR 2 Herbst 2021) – auch möglich bei Art. 3 GG cc) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung ▪ ▪ ▪ Laut BVerfG und der herrschenden Ansicht im Schrifttum handelt es sich bei Art. 4 GG um ein „vorbehaltloses Grundrecht“. Einschränkungen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit müssen deshalb über kollidierendes Verfassungsrecht („verfassungsimmanente Schranken“) gerechtfertigt werden und durch den Gesetzgeber aufgelöst („mediatisiert“) werden. A.A. nach (insbes. BVerwG, NJW 2001, 1225 [1226]) finden die Verbürgungen aus Art. 4 GG ihre Schranke in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 I GG. Pauschales Kopftuchverbot: ➢ Laut Entscheidung des BVerfG im Jahr 2015 (NVwZ 2015, 884 ff., Kopftuch II; als Korrektur zu einer früheren Entscheidung) bezüglich eines pauschalen Kopftuchverbotes für Lehrerinnen an öffentlichen Schulen stellen die Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität, der staatliche Erziehungsauftrag und der Grundrechtsschutz von Schülern und Eltern legitime Ziel dar. Allerdings fehle es bei einem landesweiten Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild an der Verhältnismäßigkeit (im engeren Sinne), wenn der Schulfrieden oder die staatliche 89 Prof. Dr. R. Müller-Terpitz Staatsrecht – Grundrechte HWS 2023 Neutralität nur abstrakt gefährdet sind. Stattdessen müsse eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schuldfrieden oder die staatliche Neutralität bestehen. Allein mit dem Tragen eines Kopftuchs durch einzelne Lehrerinnen gehe jedoch keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben einher. ➢ Hingegen hat das BVerfG 2020 (BVerfGE 153,1 ff., Kopftuch III) entschieden, dass ein Eingriff in die Religionsfreiheit in Form eines gesetzlichen Kopftuchverbotes für Referendarinnen verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Denn dem Gesetzgeber komme bei der Abwägung der Religionsfreiheit mit der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates , der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der negativen Religionsfreiheit Dritter eine Einschätzungsprärogative zu. Zur Vertiefung: BVerfG, NVwZ 2015, 884 ff. – Kopftuch II m. Anm. Wißmann, ZjS 3/2015, 299 ff. (lesen!); Frenz, Die Religionsfreiheit, JA 2009, 493 ff.; Pabel, BVerfGE 104, 337 – Schächterlaubnis, in: Menzel/Müller-Terpitz (Hrsg.), Verfassungsrechtsprechung, 3. Aufl. 2017, S. 688 ff.; Schulte zu Sodingen, BVerfGE 93, 1 – Kruzifix, ebd., S. 582 ff. 90

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