Police Law Student Handbook Baden-Württemberg 2022 PDF
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Baden-Württemberg Police Academy
2022
Koller, Hansjörg
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This document is a student handbook covering police law, personal identification, and data matching. The material is presented as a course script from Baden-Württemberg Police Academy in Germany, 2022.
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Hochschule für Polizei Baden-Württemberg Institut für Ausbildung und training SCHÜLERSKRIPT LEITTHEMA SOD FACH SOD RECHT/Allg. Polizeirecht BAUSTEIN Polizeirechtliche Personenfeststellung MODUL...
Hochschule für Polizei Baden-Württemberg Institut für Ausbildung und training SCHÜLERSKRIPT LEITTHEMA SOD FACH SOD RECHT/Allg. Polizeirecht BAUSTEIN Polizeirechtliche Personenfeststellung MODUL Grundkurs FACHREFERENT/IN Koller, Hansjörg, IBA Lahr, Referent SOD Recht E-MAIL [email protected] STAND 08.08.2022 ©HfPolBW, alle Rechte vorbehalten STURMBÜHLSTRASSE 250, 78054 VILLINGEN-SCHWENNINGEN, TELEFON (07720) 309-0 (ZENTRALE) E-MAIL:[email protected], INTERNET: WWW.HFPOL-BW.DE Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 1. Allgemeines........................................................................................................................ 4 2. Vorprüfung/Verfassungsrechtliche Eingriffsgrundlage.............................................. 4 2.1 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (R. i. S.) => Inhaltlich bei Recht Verkehr angesiedelt................................................................................................................ 4 2.1.1 Schutzbereich:................................................................................................... 4 2.1.2 Grundrechtsschranken..................................................................................... 5 2.2 Art. 2(2) S.2 Freiheit der Person (Teil 1)....................................................................... 5 2.3 Freiheitsbeschränkung:................................................................................................... 5 2.3.1 Schutzbereich..................................................................................................... 6 2.3.2 Grundrechtsschranken..................................................................................... 6 3. Personenfeststellung nach § 27 PolG................................................................................. 6 3.1 Zuständigkeit.................................................................................................................. 6 3.2 Struktur........................................................................................................................... 6 3.3 Tatbestandsvoraussetzungen § 27 (1) PolG................................................................... 7 3.3.1 § 27 (1) Nr. 1 PolG.............................................................................................. 7 3.3.2 § 27 (1) Nr. 2 PolG.............................................................................................. 8 3.3.3 § 27 (1) Nr. 3 PolG............................................................................................ 12 3.3.4 27 (1) Nr. 4 PolG............................................................................................... 13 3.3.5 § 27 (1) Nr. 5 PolG............................................................................................ 15 3.3.6 § 27 (1) Nr. 6 PolG............................................................................................ 15 3.3.7 § 27 (1) Nr. 7 PolG............................................................................................ 16 3.4 § 27 (2) PolG................................................................................................................ 17 3.4.1 Allgemeines....................................................................................................... 17 3.4.2 Erhebung der Personalien / Ausweispapiere................................................. 17 3.4.3 Standardmaßnahmen zur Identitätsfeststellung........................................... 18 3.4.4 Weitergehende Maßnahmen zur Identitätsfeststellung................................ 18 3.5 § 27 (3) PolG - Berechtigungsscheine.......................................................................... 20 4. Personalausweisgesetz..................................................................................................... 21 5. Datenabgleich § 47 PolG.................................................................................................. 22 5.1 Zuständigkeit................................................................................................................ 22 5.2 Allgemeines.................................................................................................................. 22 5.3 Personenbezogene Daten.............................................................................................. 23 5.4 Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 1 PolG........................................................................ 23 5.5 Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 2 PolG........................................................................ 23 5.5.1 Polizeiliche Aufgaben....................................................................................... 24 5.5.2 Gründe für die Annahme................................................................................ 24 5.5.3 Erforderlichkeit................................................................................................ 24 5.5.4 Beispiele für Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 2 PolG..................................... 25 Seite 2 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 5.6 Anhalterecht................................................................................................................. 26 5.7 § 47 (2) PolG................................................................................................................ 26 Seite 3 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Methodisch-didaktischer Hinweis: Den größten Lernerfolg werden Sie erzielen, wenn Sie dieses Skript zusammen mit der Übersicht zu § 27 PolG bearbeiten. Nehmen Sie dabei auch Ihr PolG zur Hand. 1. Allgemeines Ziel einer Personenfeststellung ist es, die Identität einer Person festzustellen. Mögliche Rechtsgrundlagen zur Feststellung der Identität können sich zum einen aus der Strafprozessordnung (§ 163 b StPO) oder aus dem Polizeigesetz (§ 27 PolG) ergeben. Beide Rechtsgrundlagen haben aber unterschiedliche Zielrichtungen. So dient die Identitätsfeststellung gem. § 163b StPO der Identifizierung von Personen im Zusammenhang mit einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren. Näheres hierzu wird im Basismodul im Fach Strafprozessrecht unterrichtet. Die Personenfeststellung nach dem Polizeigesetz hat die Zielrichtung der Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung. Beachte: Zielt die polizeiliche Maßnahme darauf ab, über die Personalien hinausgehende Informationen bzw. sachdienliche Angaben zu erlangen, dient § 43 PolG (Befragung) als Rechtsgrundlage. 2. Vorprüfung/Verfassungsrechtliche Eingriffsgrundlage Mit einer Personenfeststellung gem. § 27 PolG erfolgt primär ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 (1) GG i.V.m. Art. 2 (1) GG. Darüber hinaus kann mit einer Personenfeststellung auch ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 (1) GG) verbunden sein. Je nach Umfang und Intensität der zur Personenfeststellung getroffenen Maßnahme, kann auch die Freiheit der Person (Art. 2 (2) S. 2 GG) betroffen sein (z.B. im Rahmen des Festhaltens oder einer Sistierung). 2.1 Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (R. i. S.) => Inhaltlich bei Recht Verkehr angesiedelt. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde als Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts vom BVerfG anlässlich der verfassungsrechtlichen Überprüfung des Volkszählungsgesetzes 1983 konkretisiert. Hintergrund dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass die elektronische Datenverarbeitung es technisch möglich macht, personenbezogene Daten unbegrenzt zu speichern, abzurufen und miteinander zu verknüpfen. 2.1.1 Schutzbereich: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist Teil des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und soll verhindern, dass der Mensch zum bloßen Informationsobjekt („gläserner Mensch“) herabgestuft wird. Seite 4 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Das RIS erlaubt dem Einzelnen, selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Es schützt den Einzelnen vor unbegrenzter Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten. Es hat (gem. BVerfG) Gültigkeit für: - jegliche Informationsbeschaffung (Datenerhebung), - Informationsspeicherung (Datenspeicherung), - Informationsübermittlung (Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten) durch staatliche Organe! 2.1.2 Grundrechtsschranken Aus dem Volkszählungsurteil des BVerfG ergeben sich jedoch klare Anforderungen an die Einschränkung dieses Grundrechts: Demnach ist eine Einschränkung dieses Grundrechts nur bei - überwiegendem Allgemeininteresse und - unter Berücksichtigung der Schrankentrias zulässig. Das BVerfG hat an die die informationelle Selbstbestimmung einschränkende Gesetze weitere Anforderungen gestellt: Gebot der Normenklarheit Gebot der Zweckbindung Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Schutz gegen Zweckentfremdung 2.2 Art. 2(2) S.2 Freiheit der Person (Teil 1) Hier wird (im Gegensatz zur allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 die körperliche Bewegungsfreiheit verstanden. Die Freiheit der Person ist grundsätzlich dann eingeschränkt, wenn der einzelne daran gehindert wird, einen beliebigen Ort zu jeder Zeit aufzusuchen und sich dort aufzuhalten und ihn auch wieder verlassen kann. Bei den Maßnahmen gegen die Freiheit unterscheidet man zwischen Freiheitsbeschränkung Freiheitsentziehung 2.3 Freiheitsbeschränkung: eine Person wird irgendwie an ihrer körperlichen Bewegungsfreiheit gehindert, sie wird nur kurzfristig eingeschränkt, das Ziel ist nicht die Freiheitsbeschränkung, sondern eine andere Maßnahme (Anhalten zur Befragung, IDF, Durchsuchung, Sistierung (bis zu 1 Stunde; strittig), Festhalten (PolG), Blutentnahme, ED –Behandlung) Seite 5 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 2.3.1 Schutzbereich Die Freiheit der Person verkörpert das Recht, sich von einem Ort zum anderen fortzubewegen ohne staatliche Beschränkung – geschützt ist die körperliche Bewegungsfreiheit, sich einen beliebigen Ort aufzusuchen und sich dort aufzuhalten. Sie schützt den Menschen vor willkürlicher Festnahme und Verhaftung. 2.3.2 Grundrechtsschranken Auch dieses Grundrecht ist nicht schrankenlos. Hier ist der Gesetzesvorbehalt zu beachten. 3. Personenfeststellung nach § 27 PolG 3.1 Zuständigkeit Die Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes für Personenfeststellungen gem. § 27 PolG ergibt sich aus § 105 (3) PolG. Demnach ist der Polizeivollzugsdienst neben den Polizeibehörden für die Personenfeststellung nach § 27 PolG zuständig (sogenannte Parallelzuständigkeit). 3.2 Struktur Bei § 27 (1) Nr. 1 PolG kommt es im Unterschied zu den Nr. 2 – 7 des § 27 (1) PolG nicht auf den Ort der Personenfeststellung an. Ausschlaggebend ist bei § 27 (1) Nr. 1 PolG, dass eine Gefahr oder eine Störung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht. Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann die Identitätsfeststellung grundsätzlich an jeder Örtlichkeit erfolgen. So kann die Personenfeststellung im öffentlichen Raum (z.B. in Fußgängerzonen oder in Parks), in Gewerberäumen (z.B. Gaststätten) oder in privaten Räumen (z.B. Wohnungen) zulässig sein. In den Fällen des § 27 (1) Nr. 2 – 7 PolG ist die Personenfeststellung hingegen grundsätzlich an bestimmte Örtlichkeiten gebunden. Dies bedeutet, dass zum Beispiel eine Gefahr für eine bestimmte Art von Veranstaltungen / Ansammlungen besteht (§ 27 (1) Nr. 2 PolG), vom jeweiligen Ort eine gewisse Gefährlichkeit ausgeht (z.B. § 27 (1) Nr. 3 PolG) oder eine Gefahr für bestimmte Objekte (§ 27 (1) Nr. 4 PolG) besteht. Aus diesem Grund spricht man in den Fällen des § 27 (1) Nr. 2 – 7 auch von der „Ortshaftung“. Die folgende Darstellung soll die Struktur des § 27 PolG verdeutlichen: Seite 6 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 3.3 Tatbestandsvoraussetzungen § 27 (1) PolG § 27 (1) PolG enthält abschließend alle Tatbestandsvoraussetzungen, welche die Polizei ermächtigen, die Personalien einer Person festzustellen und somit deren Identität festzustellen. Die einzelnen Nummern des § 27 (1) PolG werden in den folgenden Abschnitten erläutert. 3.3.1 § 27 (1) Nr. 1 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person bei Vorliegen nachfolgender Tatbestandsvoraussetzungen feststellen: Gefahr (mindestens konkret drohend) oder Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Es müssen objektive Anhaltspunkte vorliegen, welche mindestens eine konkret drohende Gefahr bzw. eine Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung begründen lassen. Beispiele für § 27 (1) Nr. 1 PolG: 1. Eine Polizeistreife trifft in der Fußgängerzone einen stark alkoholisierten und aggressiven Mann an. Dieser pöbelt vorbeikommende Passanten an, ohne dass es bislang zu Straftaten gekommen ist. Die Polizei stellt von der männlichen Person die Personalien fest. Erläuterung zu Beispiel 1: Rechtsgrundlage für die Personenfeststellung ist § 27 (1) Nr. 1 PolG. Es handelt sich um eine Personenfeststellung zur Abwehr einer konkret drohenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit (mögliche Verhinderung von Streitigkeiten mit anderen Passanten bzw. körperlichen Angriffen des betrunkenen und aggressiven Mannes auf Passanten). Erst wenn die Identität festgestellt ist, können weitere Maßnahmen getroffen werden, wie zum Beispiel ein Platzverweis. 2. Eine Polizeistreife trifft auf eine Person, die aufgrund ihrer Alkoholisierung auf einer Grünfläche eingeschlafen ist. Die Außentemperatur beträgt -2 °C. Die Person hat als Oberbekleidung nur ein dünnes T-Shirt an und kann nur schwer geweckt werden. Ein Gespräch ist fast nicht möglich, weil die Person aufgrund ihrer Alkoholisierung immer wieder einschläft. Die Person kann keine Angaben zu ihren Personalien machen, weshalb sie von den Polizeibeamten nach Ausweispapieren durchsucht. Erläuterung zu Beispiel 2: Rechtsgrundlage für die Personenfeststellung ist § 27 (1) Nr. 1 PolG. Es handelt sich um eine Personenfeststellung zur Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit (Abwehr von Gefahren für die Gesundheit und das Leben der betrunkenen Person). Erst wenn bekannt ist, wie die Person mit Vor- und Familiennamen heißt und wo sie wohnt, können weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen werden. Seite 7 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Beispielsweise können erst dann Informationen eingeholt werden, ob die Person alleinstehend ist und alleine wohnt oder ob es Angehörige gibt, die sich um die Person kümmern können. Sollte dies nicht der Fall sein, muss die Person möglicherweise in Schutzgewahrsam genommen werden. „Im einzelnen Falle“ Die Formulierung „im einzelnen Falle“ stellt keine eigenständige Tatbestandsvoraussetzung dar. Sie hat vielmehr nur eine klarstellende Funktion und verweist auf das pflichtgemäße Ermessen aus § 3 PolG sowie auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gem. § 5 PolG. Die Polizei darf also nicht willkürlich oder gar missbräuchlich eine Personenfeststellung durchführen. Vielmehr muss in jedem einzelnen Falle die Gefahrenabwehr oder die Störungsbeseitigung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung begründet werden. 3.3.2 § 27 (1) Nr. 2 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person gem. § 27 (1) Nr. 2 PolG unter folgenden Voraussetzungen feststellen: Antreffen bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen mit besonderem Gefährdungsrisiko gem. § 44 (1) S. 2 PolG und erfahrungsgemäß ist mit der Begehung von Straftaten gegen Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert zu rechnen Es handelt sich dabei um einen Fall der (qualifizierten) Ortshaftung. Hinweis: Als Auszubildende/r werden Sie in der Praxis grundsätzlich nicht die Entscheidung treffen, ob Personenfeststellungen nach § 27 (1) Nr. 2 PolG durchgeführt werden. In aller Regel wird es sich dabei um große Einsatzlagen handeln, die stabsmäßig geplant und vorbereitet werden und für die es entsprechende Einsatzbefehle oder Einsatzkonzeptionen geben wird. Bei der Erarbeitung des § 27 (1) Nr. 2 PolG ist deshalb ein Schwerpunkt auf die Punkte „Antreffen bei oder im Zusammenhang“ sowie auf die „qualifizierte Ortshaftung“ zu legen. Diese Punkte betreffen insbesondere die konkrete Personenkontrolle vor Ort. Die Kenntnis darüber ist für Sie als Auszubildende deshalb wichtig. Beachte: § 27 (1) Nr. 2 PolG wird in einer Klausur / Prüfung grundsätzlich nicht gutachterlich abgeprüft. Im Rahmen von verkürzten Aufgabenstellungen (z.B. Multiple-Choice-Aufgaben) können aber Fragen zu § 27 (1) Nr. 2 PolG gestellt werden. 3.3.2.1 Antreffen bei oder im Zusammenhang Durch die Formulierung „bei oder im Zusammenhang“ wird klargestellt, dass nicht nur während einer Veranstaltung oder Ansammlung, sondern auch die Vor- und Nachphase erfasst ist. Es muss aber ein innerer Zusammenhang zwischen der Veranstaltung/Ansammlung und der Personenfeststellung bestehen. Innerer Zusammenhang bedeutet, dass ein räumlicher und Seite 8 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung zeitlicher Zusammenhang zwischen der Personenfeststellung und der Veranstaltung / Ansammlung bestehen muss. Beispiel „Im Zusammenhang“ mit einer öffentlichen Veranstaltung erfolgt der Anmarsch und der Abmarsch von gewaltbereiten Fußballfans anlässlich eines Fußballspiels. Beendet ist der Abmarsch dann, wenn die Fans beispielsweise im Zug oder Bus Richtung Heimat sitzen. Kein Zusammenhang besteht z.B. dann nicht mehr, wenn mehrere Stunden nach dem Fußballspiel in der Nähe des Bahnhofs von einem einzelnen Fußballfan und nur aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes die Personalien festgestellt werden. In diesem Beispiel fehlt es am zeitlichen (Fußballspiel ist seit mehreren Stunden vorbei) örtlichen (Fußballfan wird am Bahnhof kontrolliert) Zusammenhang. Eine Personenfeststellung gem. § 27 (1) Nr. 2 PolG wäre damit in diesem Beispiel rechtswidrig. Ausreichend ist des Weiteren das bloße Antreffen. Es genügt also, dass die Person bei oder im Zusammenhang mit der öffentlichen Veranstaltung / Ansammlung angetroffen wird, d.h. ein Verweilen der Person (= Aufenthalt) am jeweiligen Ort ist nicht erforderlich. 3.3.2.2 Öffentliche Veranstaltungen und Ansammlungen Öffentliche Veranstaltungen sind zu einem bestimmten Zweck gezielt veranlasste Zusammenkünfte einer größeren Anzahl von Personen, die grundsätzlich jedermann offenstehen, sei es auch erst nach der Erfüllung bestimmter Bedingungen, wie z.B. nach Zahlung eines Eintrittsgeldes. Öffentliche Veranstaltungen sind nicht auf die Meinungsäußerung oder -bildung gerichtet.1 Beispiele Sportveranstaltungen, Volksfeste, Straßenfeste, Konzerte in Hallen oder im Freien, Faschings- oder Brauchtumsveranstaltungen, … Öffentliche Ansammlungen sind zufällige Zusammenkünfte einer größeren Anzahl von Personen, die grundsätzlich durch äußere Ereignisse bedingt sind. Beispiele Neugierige bei einem Unglücksfall, Fans einer prominenten Person, die vor dem Hotel auf deren Ankunft warten. Für öffentliche Veranstaltungen und Ansammlungen kommt es nicht darauf an, ob sie im Freien, in Räumen oder im öffentlichen Raum (z.B. auf Marktplätzen) stattfinden. 1 Sofern eine Meinungsäußerung und -bildung stattfindet, ist grundsätzlich von einer Versammlung auszugehen. Seite 9 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 3.3.2.3 Besonderes Gefährdungsrisiko § 27 (1) Nr. 2 PolG verweist beim besonderen Gefährdungsrisiko auf § 44 (1) S. 1 PolG. § 44 (1) S. 1 PolG legt damit fest, wann ein besonderes Gefährdungsrisiko vorliegt. Dabei werden zwei verschiedene Konstellationen eines besonderen Gefährdungsrisikos unterschieden. Ein besonderes Gefährdungsrisiko liegt vor, wenn aufgrund einer aktuellen Gefährdungsanalyse anzunehmen ist, dass die Veranstaltungen und Ansammlungen vergleichbarer Art und Größe von terroristischen Anschlägen bedroht sind (§ 44 (1) S. 1 Nr. 1) oder aufgrund der Art und Größe der Veranstaltungen und Ansammlungen erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können (§ 44 (1) S. 1 Nr. 2) Bei Nr. 1 ergibt sich das besondere Gefährdungsrisiko sozusagen von außen im Rahmen einer terroristischen Bedrohung. Bei Nr. 2 ergibt sich das besondere Gefährdungsrisiko aus der Art und Größe der Veranstaltung / Ansammlung selbst. Eine äußere Gefährdung liegt hier nicht vor. Besonderes Gefährdungsrisiko aufgrund aktueller Gefährdungsanalyse - § 44 (1) S. 1 Nr. 1 PolG Die Annahme einer terroristischen Bedrohung muss sich aus einer aktuellen Gefährdungsanalyse ergeben. Die rein abstrakte Möglichkeit einer Gefährdung reicht nicht aus. Es werden Erkenntnisse verlangt, aus denen sich eine tatsächliche Gefährdung der Veranstaltung ergibt. Grundsätzlich wird eine Gefährdungsanalyse und -bewertung durch spezialisierte Dienststellen erfolgen (z.B. Landeskriminalamt). Anhand des Gesetzeswortlautes „Veranstaltungen und Ansammlungen vergleichbarer Art und Größe“ lässt sich ableiten, dass sich die terroristische Bedrohung nicht auf eine bestimmte Veranstaltung / Ansammlung beziehen muss. Beispiel Liegen Erkenntnisse für einen geplanten Anschlag auf das Münchner Oktoberfest vor, sind Maßnahmen nach § 27 (1) Nr. 2 PolG grundsätzlich auch auf dem Stuttgarter Volksfest möglich. Besonderes Gefährdungsrisiko aufgrund Art und Größe der Veranstaltung - § 44 (1) S. 1 Nr. 2 PolG Aus der Formulierung „Art und Größe“ ergibt sich, dass die Veranstaltungen und Ansammlungen eine gewisse Größe im Hinblick auf die teilnehmenden Personen haben müssen. Bei Großveranstaltungen ist dies zu bejahen, da sie allein schon aufgrund ihrer Größe eine Anonymität für Personen bieten und damit die Begehung von Straftaten begünstigen. Beispiele: Fußballspiele in größerem Stadien, größere Volksfeste und Weihnachtsmärkte, … Kleinere Veranstaltungen oder Ansammlungen mit einem überschaubaren Teilnehmerkreis werden deshalb i.d.R. nicht die Voraussetzungen des § 27 (1) Nr. 2 erfüllen. Seite 10 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Außerdem sind nach dem Wortlaut des § 44 (1) S. 2 Nr. 2 PolG nur Gefahren für die öffentliche Sicherheit tatbestandsmäßig erfasst. Das Vorliegen einer konkret drohenden Gefahr (d.h. eine gewisse zeitliche Nähe) ist nicht erforderlich. Die Annahme und Prognose der erheblichen Gefahr muss aber trotzdem durch konkrete, auf Tatsachen gestützte Erfahrungswerte, gerechtfertigt sein („erfahrungsgemäß“). Tatsachen bedeuten in diesem Zusammenhang, dass ausreichend objektive und nachprüfbare Anhaltspunkte für die polizeiliche Gefahrenprognose vorhanden sein müssen, dass bei diesen Veranstaltungen / Ansammlungen erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können. Objektive Tatsachen können in diesem Zusammenhang sein: Erfahrungen aus zurückliegenden und vergleichbaren Veranstaltungen Ergebnisse polizeilicher Ermittlungen Erkenntnisse aus polizeilichen Lagebildern und (Gefährdungs-)Analysen Nicht ausreichend sind bloße Spekulationen oder kriminalistische Erfahrungen und Hypothesen, die mit der konkreten Veranstaltung / Ansammlung nicht im Zusammenhang stehen. 3.3.2.4 Erfahrungsgemäße Begehung bestimmter Straftaten Zusätzlich zu den bereits genannten Voraussetzungen muss bei diesen öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen erfahrungsgemäß mit der Begehung von Straftaten gegen Leib, Leben oder Sachen von bedeutendem Wert gerechnet werden. Die Annahme und Prognose der Begehung von Straftaten muss dabei ebenfalls durch konkrete, auf Tatsachen gestützte Erfahrungswerte, gerechtfertigt sein („erfahrungsgemäß“). Wie bereits unter Ziffer 3.3.2.3 ausgeführt, müssen ausreichend objektive und nachprüfbare Anhaltspunkte für die polizeiliche Gefahrenprognose vorhanden sein, dass bei diesen Veranstaltungen / Ansammlungen Straftaten der genannten Art begangen werden. Objektive Tatsachen können in diesem Zusammenhang sein: Erfahrungen aus zurückliegenden Veranstaltungen Ergebnisse polizeilicher Ermittlungen Erkenntnisse aus polizeilichen Lagebildern und (Gefährdungs-)Analysen Nicht ausreichend sind bloße Spekulationen oder kriminalistische Erfahrungen und Hypothesen, die mit der konkreten Veranstaltung / Ansammlung nicht im Zusammenhang stehen. 3.3.2.5 Adressatenauswahl Über § 27 (2) Nr. 2 PolG wird klargestellt, dass die Polizei „bei der Auswahl der Personen in besonderem Maße den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten“ hat. Aufgrund der Seite 11 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung besonderen Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes spricht man hier von der qualifizierten Ortshaftung. § 27 (1) Nr. 2 PolG verfolgt das Ziel, potentielle Straftäter aus ihrer Anonymität zu holen, um dadurch Straftaten zu verhindern. Daher wird die Polizei bei der konkreten Auswahl eines Betroffenen genau zu prüfen haben, ob die Personenfeststellung das geeignete und auch mildeste Mittel darstellt. Die Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2(1) i.V.m. 1 (1) GG) und die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 (1) GG) müssen außerdem gegenüber den zu erwartenden Gefahren oder Straftaten im Sinne des § 27 (1) Nr. 2 PolG angemessen sein. 3.3.3 § 27 (1) Nr. 3 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn Sie an folgenden Örtlichkeiten angetroffen wird (Ortshaftung): sich erfahrungsgemäß Straftäter verbergen Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben sich Personen ohne erforderlichen Aufenthaltstitel oder ausländerrechtliche Duldung treffen Personen der Prostitution nachgehen Bei diesen Örtlichkeiten handelt es sich um sogenannte „milieuspezifische“ oder „verrufene“ Örtlichkeiten. Hier reicht allein das Antreffen an einer der genannten Örtlichkeit aus, um eine Identitätsfeststellung durchführen zu können. Eine konkrete Störereigenschaft der betroffenen Person / Personengruppe (insbesondere nach §§ 6,7 PolG) oder eine konkrete polizeiliche Gefahr ist nicht erforderlich. Die Kriminalitätsbelastung des milieuspezifischen Ortes muss sich deutlich von anderen Orten abheben. Dies gilt auf jeden Fall für die Orte, an denen Personen erfahrungsgemäß Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben. Außerdem muss die Annahme gerechtfertigt sein, dass dort auch in Zukunft Straftaten begangen werden. Ob die Voraussetzungen für die Qualifizierung einer Örtlichkeit als Kriminalitätsbrennpunkt vorliegen, hat grundsätzlich auf der Grundlage einer ortsbezogenen Lagebeurteilung zu erfolgen. Bei dieser Beurteilung muss auch der zeitliche Rahmen der erhöhten Gefährlichkeit des Ortes mit einbezogen werden. So werden bestimmte Örtlichkeiten manchmal nur an den Wochenenden oder zur Nachtzeit milieuspezifisch sein. Dies kann bedeuten, dass manche Örtlichkeit nur an den Wochenenden milieuspezifisch ist und an „normalen Wochentagen“ nicht. Dies ist bei der Einstufung dieser Örtlichkeiten durch die Polizei zu berücksichtigen. Beispiel Durch eine detaillierte Lagebildauswertung und der erkennbaren Kriminalitätsbelastung wird durch ein Polizeipräsidium, ein örtlich begrenztes Vergnügungsviertel mit zahlreichen Discos, Bars, usw. an den Wochenenden (Freitag bis Sonntag) und dann jeweils nur im Zeitraum von 22:00 bis 06:00 Uhr als „milieuspezifischen Ort“ eingestuft. Seite 12 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Diese Festlegung bedeutet im Umkehrschluss für die Polizei, dass nur an Wochenenden und nur innerhalb des klar umgrenzten Zeitfensters Personenkontrollen auf § 27 (1) Nr. 3 PolG gestützt werden können. Milieuspezifische Örtlichkeiten können einzelne Lokale oder Bars, einzelne Straßenzüge, ganze Stadtviertel, Parks oder bestimmte Bereiche in Parks etc. sein. Die Auswahl der zu kontrollierenden Personen muss sich an den Erkenntnissen orientieren, die zur Einstufung der Örtlichkeit als „milieuspezifischer Ort“ geführt haben. Eine willkürliche Auswahl von Personen ist unzulässig. Es muss ein erkennbarer Sinnzusammenhang zwischen der kontrollierten Person und der Einstufung der Örtlichkeit als milieuspezifisch bestehen. Beispiel für fehlenden Sinnzusammenhang Eine alte Dame wird an einem Ort einer Personenkontrolle unterzogen, der wegen erhöhter Fallzahlen von Gewaltdelikten durch Personen der sogenannten Vergnügungsszene als milieuspezifisch eingestuft worden ist. Hier fehlt es am erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen der Einstufung als milieuspezifischer Ort und der alten Frau als kontrollierte Person. Die Polizei wird sich bei Personenkontrollen an diesem milieuspezifischen Ort primär auf Personen im Alter zwischen 18 – 40 Jahren konzentrieren, die bspw. alkoholisiert und sich aggressiv verhalten. Tatsächliche Anhaltspunkte oder Erkenntnisse für die Einstufung als milieuspezifischer Ort können sich aus Vorkommnissen, Lagebildauswertungen, Observationsergebnissen, usw. ergeben. Hinweis Im Regelfall werden milieuspezifische Örtlichkeiten von den Polizeipräsidien erfasst und in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden entsprechend eingestuft. Die Einstufung einer Örtlichkeit als milieuspezifisch steht dem einzelnen Polizeibeamten nicht zu. Zum einen stehen die hierfür notwendigen objektiven Erkenntnisse (z.B. Lagebilder) im vollen Umfang grundsätzlich nicht zur Verfügung. Zum anderen ist mit der Einstufung einer Örtlichkeit als milieuspezifischer Ort ein massiver Grundrechtseingriff verbunden, weil dort eine Vielzahl von Personen kontrolliert werden kann und sich auch massive Folgemaßnahmen anschließen können (z.B. Durchsuchung von Personen gem. § 34 (1) Nr. 4 PolG). 3.3.4 27 (1) Nr. 4 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn Sie in oder in unmittelbarer Nähe einer der folgenden Örtlichkeiten angetroffen wird (Ortshaftung): Verkehrs- oder Versorgungsanlage oder –einrichtung Öffentlichem Verkehrsmittel Amtsgebäude anderes besonders gefährdeten Objekt Seite 13 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Des Weiteren müssen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass an oder in diesen Objekten dieser Art Straftaten begangen werden. Verkehrsanlagen und -einrichtungen Versorgungsanlagen und -einrichtungen Bahnhöfe Elektrizitätswerke Busbahnhöfe Kraftwerke Gaswerke Öffentliche Verkehrsmittel Amtsgebäude Züge Polizeidienststellen Busse Gerichtsgebäude U- und S-Bahnen Ministerien Rathäuser Andere besonders gefährdete Objekte Jüdische Synagogen Moscheen Privatwohnungen besonders gefährdeter Personen wie z.B. hochrangige Politiker … Die Personenfeststellung darf sich wie bei § 27 (1) Nr. 3 PolG auch hier nur gegen Personen richten, bei denen ein erkennbarer Sinnzusammenhang zwischen der Kontrolle und der Einstufung als besonders gefährdetes Objekt erkennbar ist. Hier ist der Ermessensspielraum bei der Adressatenauswahl aber wesentlich größer als beim milieuspezifischen Ort, weil oft nicht klar erkennbar oder bekannt sein dürfte, von welchen Personen konkret die jeweilige Gefährdung ausgeht. Ein konkreter Verdacht gegen die zu kontrollierende Person muss nicht bestehen Eine unmittelbare Nähe im Sinne der Nr. 4 setzt voraus, dass ein räumlicher Bezug zwischen der Person und dem Objekt besteht. Dabei können sich je nach Lage, Größe und örtliche Besonderheiten des einzelnen Objekts unterschiedliche Entfernungen ergeben. Erforderlich ist jedenfalls, dass sich die Person bereits an einer Stelle befindet, von der sie in kurzer Zeit an oder in das Objekt gelangen kann. Wird zum Beispiel anlässlich einer bestehenden Gefährdungslage das Stuttgarter Fußballstadion zu einem gefährdeten Objekt erklärt, dann wird sicherlich auch ein Gefahrenbereich außerhalb des Stadions dazu gehören, dessen Grenze aber wohl niemand auf den Meter genau festlegen kann. Voraussetzung für Kontrollmaßnahmen nach § 27 (1) Nr. 4 PolG sind außerdem tatsächliche Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen, dass in oder an Objekten dieser Art Straftaten begangen werden sollen. Tatsächliche Anhaltspunkte bedeutet, dass ausreichend objektive und nachprüfbare Tatsachen für die polizeiliche Gefahrenprognose vorhanden sein müssen, dass in oder an diesen Objekten Straftaten begangen werden. Objektive Tatsachen können sein: (Anschlags-)Drohungen gegen Gebäude Ergebnisse polizeilicher Ermittlungen Erkenntnisse aus polizeilichen Lagebildern und Analysen Erkenntnisse von Nachrichtendiensten Seite 14 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Aktuelle Weltgeschehnisse, wie z.B. nach Terroranschlägen Nicht ausreichend sind bloße Spekulationen oder fallunabhängige kriminalistische Erfahrungen und Hypothesen. Hinweis: Objekte im Sinne des § 27 (1) Nr. 4 werden grundsätzlich durch die regionalen Polizeipräsidien in Zusammenarbeit mit dem IM-Landespolizeipräsidium entsprechend eingestuft. 3.3.5 § 27 (1) Nr. 5 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn Sie an folgender Örtlichkeit angetroffen wird (Ortshaftung): Kontrollstelle zur Verhinderung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung Eine Kontrollstelle im Sinne dieser Vorschrift ist eine festgelegte Stelle, an der Kontrollen durchgeführt werden. Straftaten mit erheblicher Bedeutung sind Straftaten gem. § 49 (3) PolG. Hierzu zählen: 1. Verbrechen, 2. Vergehen, die im Einzelfall nach Art und Schwere geeignet sind, den Rechtsfrieden besonders zu stören soweit: a) sie sich gegen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit einer oder mehrerer Personen oder bedeutende Sach- und Vermögenswerte richten, b) es sich um Taten auf dem Gebiet des unerlaubten Waffen- oder Betäubungsmittelverkehrs, c) sie gewerbs-, gewohnheits-, serien-, bandenmäßig oder sonst organisiert begangen werden. Voraussetzung für die Errichtung Kontrollstelle nach Nr. 5 sind tatsächliche Anhaltspunkte, die auf die Begehung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung hindeuten. Beispiel Um den zunehmenden Wohnungseinbrüchen durch mobile Tätergruppierungen im Präsidiumsbereich vorzubeugen, errichtet die Polizei zur Nachtzeit auf einer Ausfallstraße eine Kontrollstelle. Beachte: Die Kontrollstelle nach § 27 (1) Nr. 5 PolG hat eine rein präventive Zielrichtung. Die Kontrollstelle soll der Verhinderung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung dienen. Die Kontrollstelle nach § 111 StPO dient dazu, Straftäter einer bereits begangenen Straftat zu ergreifen. Diese Art der Kontrollstelle nach § 111 StPO hat also eine repressive Zielrichtung. 3.3.6 § 27 (1) Nr. 6 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn Sie an folgender Örtlichkeit angetroffen wird (Ortshaftung): Seite 15 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung innerhalb eines Kontrollbereichs zur Verhinderung einer in § 100a StPO genannten Straftaten Hinweis: Als Auszubildende/r werden Sie in der Praxis grundsätzlich nicht die Entscheidung treffen, ob Personenfeststellungen nach § 27 (1) Nr. 6 PolG durchgeführt werden. In aller Regel wird es sich dabei um große Einsatzlagen handeln, die stabsmäßig geplant und vorbereitet werden und für die es entsprechende Einsatzbefehle oder Einsatzkonzeptionen geben wird. Beachte: § 27 (1) Nr. 6 PolG wird in einer Klausur / Prüfung grundsätzlich nicht gutachterlich abgeprüft. Im Rahmen von verkürzten Aufgabenstellungen (z.B. Multiple-Choice-Aufgaben) können aber Fragen zu § 27 (1) Nr. 6 PolG gestellt werden. Ein Kontrollbereich umfasst ein ganzes Gebiet, das in der Regel ringsum abgesperrt wird. Zu- und Abgänge sind grundsätzlich nur über Kontrollstellen möglich. Kontrollbereiche können ganze Straßenzüge, Straßenviertel, Stadtteile oder Veranstaltungsorte sein. Ziel ist die Verhinderung bestimmter, schwerer Straftaten. Nr. 6 erfordert dabei die Verhinderung von bestimmten Straftaten nach § 100a StPO. Es handelt sich dabei grundsätzlich um schwere Straftaten wie z.B. Mord, Totschlag, Landfriedensbruch, Freiheitsdelikte, Hehlerei, etc. Der Zweck des Kontrollbereichs darf nur darin bestehen, Straftaten nach § 100a StPO zu verhindern. Dies bedeutet, dass die Fahndung nach Straftätern gem. § 27 (1) Nr. 6 PolG nicht zulässig ist. Beispiel Die Polizei hat gesicherte Erkenntnisse, dass es im Zusammenhang mit der Beerdigung eines Rockers auf dem Mannheimer Friedhof Neckarau zu einem möglichen Tötungsdelikt durch eine verfeindete Rockergruppierung kommen könnte. Aus diesem Grund wird der gesamte Bereich des Friedhofes, einschließlich der den Friedhof begrenzenden Straßen (Neckarauer-, Ludwigshafener Straße und die B38) durch die Polizei zum Kontrollbereich erklärt. 3.3.7 § 27 (1) Nr. 7 PolG Die Polizei kann die Identität einer Person feststellen, wenn Sie an folgenden Örtlichkeiten angetroffen wird (Ortshaftung): öffentliche Einrichtungen des internationalen Verkehrs sowie Durchgangsstraßen (Bundesautobahn, Europastraßen und andere Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität) Beispiele öffentliche Einrichtungen des internationalen Verkehrs: Flughäfen Bahnhöfe Tank- und Rastanlagen an Autobahnen Häfen, Anlegestellen, Kanäle, Schleusen Voraussetzung ist jeweils, dass diese Einrichtungen in nicht zu vernachlässigendem Umfang vom internationalen Verkehr genutzt werden. Deshalb fallen zum Beispiel grundsätzlich nur größere Bahnhöfe unter § 27 (1) Nr. 7 PolG, bei denen auch tatsächlich ein internationaler Verkehr stattfindet. Seite 16 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Bundesautobahn, Europastraßen, anderen Straßen von erheblicher Bedeutung Bei Bundesautobahnen und Europastraßen vermutet der Gesetzgeber generell eine grenzüberschreitende Bedeutung. Bei anderen Straßen von erheblicher Bedeutung werden unabhängig von einer bestimmten Straßenklasse alle Straßen erfasst, bei denen davon auszugehen ist, dass sie von international agierenden Straftätern bevorzugt genutzt werden. Für diese Einschätzung bzw. Einstufung müssen allerdings tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die jeweilige Straße von international agierenden Straftätern bevorzugt genutzt wird. In der Regel wird diese Einstufung durch ein regionales Polizeipräsidium erfolgen. Bei Personenkontrollen nach § 27 (1) Nr. 7 PolG handelt es sich um verdachts- und ereignisunabhängige Personenkontrollen (auch Schleierfahndung genannt). Personenfeststellung nach § 27 (1) Nr. 7 PolG können sich grundsätzlich gegen jede Person richten, die an einem der genannten Orte angetroffen wird. Nicht erforderlich sind Tatsachen, die die Annahme begründen, dass von der zu überprüfenden Person eine Gefahr ausgeht. Erforderlich ist jedoch, dass Lageerkenntnisse vorliegen, die auf tatsächlich stattfindende grenzüberschreitende Kriminalität hindeuten. Zweck der Identitätsfeststellung ist die Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität. Erfasst sind hiervon alle Straftaten, bei denen sich die Täter den Grenzabbau innerhalb der europäischen Union zu nutzen machen, wenn Tatbeiträge aus dem Ausland geleistet werden oder wenn die Tatbeteiligten sich selbst, ihre Tatmittel oder Beutestücke im Ausland in Sicherheit bringen. Besondere Bedeutung kommt der Nr. 7 bei der Waffen- und Betäubungskriminalität, allen Formen der organisierten Kriminalität und bei der illegalen Einreise und Einschleusung von Personen in das Bundesgebiet zu. 3.4 § 27 (2) PolG 3.4.1 Allgemeines Über § 27 (2) S. 1 PolG wird die Polizei ermächtigt, die zur Feststellung der Identität erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Beispielhaft („insbesondere“) werden in § 27 (2) PolG die wichtigsten Maßnahmen aufgeführt, die vom Anhalten (auch von Fahrzeugen) über das Vorzeigen und Aushändigen mitgeführter Ausweispapiere, die Durchsuchung der Person und der mitgeführten Sachen und das Festhalten an Ort und Stelle bis hin zur Mitnahme zur Dienststelle reichen. Diese Maßnahmen sind, wie bereits ausgeführt, nur beispielhaft. Weitere oder andere Maßnahmen zur Identitätsfeststellung sind deshalb jederzeit denkbar und möglich. 3.4.2 Erhebung der Personalien / Ausweispapiere Die Personenfeststellung ist die Feststellung der Identität einer Person. Zur Identität gehören insbesondere die in § 43 (1) Satz 2 aufgeführten Daten. Seite 17 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Hierzu zählen: Name, Vorname, Datum und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit Die genannten Daten sind ein Anhaltspunkt, welche Daten erhoben werden können. Welche Daten konkret festgestellt und erhoben werden, ist jeweils einzelfallabhängig zu bewerten und zu entscheiden (insbesondere auch unter Berücksichtigung der §§ 3, 5 PolG). Beachte: Die Vorlage eines gültigen Personalausweises ist grundsätzlich zur Feststellung der Personalien ausreichend, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine Fälschung, Verfälschung oder sonstige Unstimmigkeiten vorliegen. 3.4.3 Standardmaßnahmen zur Identitätsfeststellung Die Polizei verfügt zunächst über ein Anhalterecht. Dies bedeutet, dass bspw. Fußgänger zum Zwecke der Identitätsfeststellung angehalten werden können. Das kurzfristige Anhalten stellt einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit dar. Das Anhalten einer Person stellt nur eine geringfügige Beeinträchtigung dar und es dient in erster Linie dazu, die Person zu ihren Personalien zu befragen sowie die Kontrolle und Prüfung eines ausgehändigten Ausweises durch die Polizei zu ermöglichen. Durch das Anhalterecht soll auch die Anwesenheit am Ort der Identitätsfeststellung sichergestellt werden, so dass die betroffene Person ihren Verhaltens- und Mitwirkungspflichten nachkommen kann: Zum Beispiel durch Auskünfte oder der Aushändigung von Ausweispapieren an der Feststellung der eigenen Identität mitzuwirken. Diese Verhaltens- und Mitwirkungspflichten macht auch § 27 (2) PolG deutlich, indem der Betroffene dazu verpflichtet wird, auf Verlangen der Polizei die mitgeführten Ausweispapiere vorzeigen und aushändigen. Die Polizeibeamten haben das Recht, die ausgehändigten Ausweispapiere zu überprüfen. Diese Überprüfung wird sich in der Regel auf Echtheit, Gültigkeit und Übereinstimmung beschränken. 3.4.4 Weitergehende Maßnahmen zur Identitätsfeststellung Eingriffsintensivere Maßnahmen zur Identifizierung dürfen erst dann ergriffen werden, wenn die Identität auf anderer Weise nicht oder nur erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Diese zusätzliche Eingriffsschwelle macht zum einen deutlich, dass die weiteren Maßnahmen des Festhaltens, der Durchsuchung (Sachen und Person) sowie der Mitnahme zur Dienststelle nur zum Zwecke der Identitätsfeststellung ergriffen werden dürfen. Die Identität einer Person kann insbesondere nicht auf andere Weise oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden, wenn die betroffene Person Ausweispapiere, die zur Identifizierung geeignet sind, nicht mitführt sich weigert diese auszuhändigen wenn bei ausgehändigten Ausweispapieren der Verdacht besteht, dass diese gefälscht oder verfälscht sind Seite 18 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Denkbar ist auch, dass die betroffene Person ihren Mitwirkungspflichten aus tatsächlichen Gründen nicht nachkommen kann (z.B. bewusstlose oder volltrunkene Personen, die nicht mehr ansprechbar und handlungsunfähig sind) Mit der Formulierung „nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten“ bringt der Gesetzgeber auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zum Ausdruck, insbesondere den Grundsatz der Erforderlichkeit. Die Polizei hat jeweils genau zu prüfen, ob mildere Maßnahmen zur Identitätsfeststellung zur Verfügung stehen. Beachte: Eine Identitätsfeststellung kann im Ausnahmefall auch ohne Personalausweis durchgeführt werden. Nicht in jedem Fall muss eine Identifizierung anhand eines Personalausweis erfolgen, sondern kann auch mittels anderer Möglichkeiten erreicht werden. Denkbar ist zum Beispiel, dass mittels anderer amtlicher Ausweise mit Lichtbild (z.B. Führerschein, elektronische Aufenthaltstitel, Reisegewerbekarte) in Verbindung mit Zeugenbefragungen und/oder der Nutzung von polizeilichen Auskunftssystemen die Identität festgestellt werden kann. Nichtamtliche Ausweise (z.B. Krankenversichertenkarte) können im Einzelfall ebenso dazu geeignet sein, die Identität einer Person festzustellen (pflichtgemäßes Ermessen eines Polizeibeamten). 3.4.4.1 Festhalterecht In Situationen, in denen keine anderen Möglichkeiten zur Identifizierung einer Person bestehen, erstarkt zunächst das Anhalterecht zum Festhalterecht. Das Festhalterecht stellt dabei eine Freiheitsbeschränkung dar und greift in die Freiheit der Person ein. Einer richterlichen Anordnung bedarf es dafür aber nicht, sofern dies Freiheitsbeschränkung nur kurzfristig aufrechterhalten wird. Als kurzfristig ist ein Zeitraum von ca. einer Stunde anzusehen. Das Festhalten bildet die Grundlage um die weiteren Identifizierungsmaßnahmen zu ermöglichen, wie das Durchsuchen (Person und mitgeführte Sachen) und die Sistierung. In dem für diese Maßnahmen zeitlich erforderlichen Umfang darf der Betroffene bis zu einer Stunde festgehalten werden. Die Polizei ist verpflichtet, alles zu unternehmen, um den für die Identitätsfeststellung erforderlichen Zeitraum möglichst kurz zu halten. Sind die Maßnahmen längerfristig oder ist von vorneherein abzusehen, dass die Identitätsfeststellung länger dauern wird, so ist ein weiteres Festhalten nur als Identitätsgewahrsam i.S.d. § 33 (1) Nr. 3 PolG zulässig. 3.4.4.2 Durchsuchung mitgeführter Sachen und von Personen Die Durchsuchungen i.S.d. § 27 (2) PolG (Person und/oder Sache) dürfen sich nur auf Gegenstände beziehen, die eine Identifizierung ermöglichen können. Zu diesen Gegenständen können neben dem Personalausweis oder Reisepass auch sonstige Dokumente (Führerschein) oder mit Angaben zur Person versehene Sachen gehören (z.B. Seite 19 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Krankenversichertenkarte, Fahrkarten, EC-Karten, …). Wie oben bereits beschrieben, können diese sonstigen Gegenstände im Einzelfall zur Identitätsfeststellung geeignet sein. Mitgeführte Sachen können bspw. Gepäck, (Hand-)Taschen, Rucksäcke, usw. sein. Die Durchsuchung stellt gegenüber der Mitnahme zur Dienststelle (Sistierung) den für den Betroffenen weniger belastenden Eingriff dar. Bei der Durchsuchung von Personen nach Identitätsdokumenten ist der Gleichgeschlechtlichkeitsgrundsatz zu beachten (§ 27 (2) Satz 4). 3.4.4.3 Mitnahme zur Dienststelle Die Mitnahme zur Dienststelle zum Zwecke der Identitätsfeststellung, die sogenannte Sistierung, ist die „schärfste“ Maßnahme nach § 27 (2) PolG. Die Mitnahme ist grundsätzlich erst dann zulässig, wenn die anderen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung (insbesondere die Durchsuchung) zu keinem Erfolg geführt haben. Des Weiteren kann eine Sistierung erforderlich werden, wenn die Personenfeststellung an Ort und Stelle unangemessen oder unmöglich ist, weil bspw. anwesende Personen aufgebracht sind und die Polizeibeamten behindern ober bedrohen. Dauern die Maßnahmen im Rahmen der Sistierung längerfristig oder ist von vorneherein abzusehen, dass die Identitätsfeststellung länger dauern wird, so ist ein weiteres Festhalten nur als Identitätsgewahrsam i.S.d. § 33 (1) Nr. 3 PolG zulässig. 3.5 § 27 (3) PolG - Berechtigungsscheine § 27 (3) PolG ist eine selbständige Vorschrift, die nicht der Feststellung der Identität einer Person dient, sondern der Kontrolle, ob der Betroffenen ein durch Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Berechtigungsschein besitzt und bei Ausübung der Tätigkeit mitführt. Berechtigungsscheine im Sinne des § 27 (3) PolG, die eine Mitführpflicht beinhalten, sind z.B.: Jagdschein (§ 15 BJagdG), Reisegewerbekarte (§ 60c GewO) Waffenschein, Waffenbesitzkarte u.a. (§ 38 WaffG). Diese speziellen Gesetze beinhalten bereits jeweils eine Vorzeigepflicht der jeweiligen Berechtigungsscheine. Insofern beschränkt sich die Praxisrelevanz des § 27 (3) PolG darauf, dass der Berechtigungsschein nicht nur vorgezeigt, sondern zur Prüfung auch ausgehändigt werden muss. Die Kontrollbefugnis nach § 27 (3) PolG setzt voraus, dass der Betroffene die Tätigkeit ausübt, für die er den Berechtigungsschein mitführen muss oder dass die Ausübung der Tätigkeit unmittelbar bevorsteht. Nach Beendigung der Tätigkeit ist die Kontrolle nicht mehr zulässig. Seite 20 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Beachte: § 27 (3) PolG ermächtigt nur zum Anhalten der zu kontrollierenden Person. 4. Personalausweisgesetz Das Personalausweisgesetz (PAuswG) regelt in Deutschland u.a. die Vorlagepflicht von Ausweisen, den Inhalt von Personalausweisen und ihre Gültigkeitsdauer. Eine wichtige Vorschrift stellt dabei § 1 PAuswG dar: § 1 Personalausweisgesetz (Ausweispflicht/Ausweisrecht) (1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind und der allgemeinen Meldepflicht unterliegen oder, ohne ihr zu unterliegen, sich überwiegend in Deutschland aufhalten. Sie müssen ihn auf Verlangen einer zur Feststellung der Identität berechtigten Behörde vorlegen und es ihr ermöglichen, ihr Gesicht mit dem Lichtbild des Ausweises abzugleichen. Aus § 1 PAuswG lassen sich vier wesentliche Aussagen ableiten: 1. Eine Besitzpflicht für Ausweise besteht in Deutschland ab einem Alter von 16 Jahren und zwar nur für deutsche Staatsangehörige 2. Es besteht die Verpflichtung, einen Ausweis einer berechtigten Behörde vorzulegen. 3. Es muss ein Abgleich des Gesichts mit dem Lichtbild des Ausweises ermöglicht werden. 4. Ein Ausweis muss nicht mitgeführt werden. Insbesondere die Verpflichtung, einen Ausweis einer berechtigten Behörde vorzulegen, ist von praktischer Bedeutung. Gem. § 32 (1) Nr. 2 PAuswG handelt u.a. ordnungswidrig, wer entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 […], einen Ausweis nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. Für die Vollendung des Tatbestands sind folgende Voraussetzungen zu beachten: 1. eine berechtigte Behörde i.S.d. § 1 (1) PAuswG muss die Vorlage des Ausweises verlangt haben. Die Polizei ist eine berechtigte Behörde, wenn sie in der konkreten Situation aufgrund einer Rechtsvorschrift zur Identitätsfeststellung berechtigt ist. Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen zur Identitätsfeststellung bei der betroffenen Person nach § 163b StPO oder § 27 PolG vorliegen müssen. 2. Weitere Voraussetzung ist, dass die Polizei ausdrücklich die Vorlage des Ausweises verlangt haben. Das Verlangen nach der Vorlage des Ausweises ist deshalb durch die Polizei klar und unmissverständlich zu formulieren. Dabei ist auch auf die Ordnungswidrigkeit als Konsequenz hinzuweisen, sollte es unterlassen werden, einen mitgeführten Ausweis vorzulegen. Beachte: Unter Beachtung der o.g. Voraussetzungen, ist von einer Vollendung des Tatbestands auszugehen, wenn der Polizeibeamte angesichts der Erfolglosigkeit der bisherigen Bemühungen, von weiteren kommunikativen Versuchen absieht, um den Betroffenen zur Vorlage seines Ausweises zu bewegen und stattdessen zu weiteren Maßnahmen greift, die auch zwangsweise durchsetzbar sind. Seite 21 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung Dies ist z.B. der Fall, wenn der Betroffene nach Ausweispapieren durchsucht wird (z.B. gem. § 27 (1), (2) PolG) und dabei ein Ausweis aufgefunden wird. 4.1.1.1 Weitere Sanktionsmöglichkeiten nach dem PAuswG Wenn ein über 16 Jahre alte deutscher Staatsangehöriger keinen Ausweis besitzt (weil z.B. die Gültigkeitsdauer abgelaufen ist), kann dies nach § 32 PauswG sanktioniert werden: Gem. § 32 (1) Nr. 1 PAuswG handelt ordnungswidrig, wer […] einen Ausweis nicht besitzt. Wird durch eine Gesichtsverschleierung (z.B. mittels Tragen einer Alltagsmaske bzw. Mund- Nasen-Bedeckung) der Abgleich mit dem Lichtbild nicht ermöglicht, so kann ebenfalls § 32 PAuswG als Sanktionsvorschrift herangezogen werden. Gem. § 32 (1) Nr. 2 PAuswG handelt ordnungswidrig, wer […] einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht. 4.1.1.2 Abgrenzung §§ 1, 32 PAuswG von § 111 OWiG Klar abzugrenzen ist die Vorlagepflicht nach §§ 1, 32 PAuswG von § 111 OWiG. Wie dargestellt, sanktioniert das PAuswG u.a. die Nichtvorlage eines Ausweises. Macht eine Person dahingegen unrichtige Angabe zu Ihren Personalien oder werden die Angaben dazu ganz oder teilweise verweigert, erfüllt dies grundsätzlich den Tatbestand des § 111 OWiG. Die Unterrichtung zu § 111 OWiG erfolgt im Basismodul 5. Datenabgleich § 47 PolG 5.1 Zuständigkeit § 47 PolG ermächtigt ausdrücklich nur den Polizeivollzugsdienst zum Datenabgleich. Damit verfügt der Polizeivollzugsdienst über eine Alleinzuständigkeit gem. 105 (1) 2. HS PolG. 5.2 Allgemeines Sinn und Zweck des Datenabgleiches ist ein Vergleich bereits erhobener personenbezogener Daten (z.B. gem. § 27 PolG) mit dem Bestand innerhalb der polizeilichen Informationsstruktur. Ziel ist festzustellen, ob die personenbezogenen Daten in der jeweils abgefragten Datei bereits erfasst ist. § 47 PolG stellt deshalb keine Ermächtigungsgrundlage zur Erhebung von personenbezogenen Daten darstellt. Der Polizeivollzugsdienst kann nach § 47 PolG nur Daten abgleichen, die ihm bereits bekannt sind. Dies bedeutet, dass dem Datenabgleich stets eine Datenerhebung vorausgegangen sein muss (z.B. durch eine Identitätsfeststellung gem. § 27 PolG oder § 163b StPO). Der Datenabgleich weist aus diesem Grund auch grundsätzlich nur eine eher geringere Eingriffsqualität auf. Seite 22 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 5.3 Personenbezogene Daten Der Begriff der personenbezogenen Daten wird in § 12 Nr. 1 PolG definiert: […] alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann […]“ Verkürzt dargestellt, sind personenbezogene Daten alle Informationen über die ein Bezug zu einer natürlichen Person hergestellt werden kann. Der Begriff „personenbezogene Daten“ ist weit auszulegen. Hierzu zählt alles, was einen Bezug zu einer Person herstellen lässt - neben den klassischen „Personalien“ auch Angaben zum Aussehen einer Person, Pkw-Kennzeichen, Personalausweisnummern, Kontodaten, u.v.m. Beachte: Personenbezogenen Daten liegen nur vor, wenn sich die Angaben auf natürliche Personen, d.h. lebende Menschen beziehen. 5.4 Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 1 PolG § 47 (1) PolG regelt zwei unterschiedliche Möglichkeiten, unter denen ein Datenabgleich zulässig sein kann. Dabei beinhaltet § 47 (1) S.1 PolG die erste Möglichkeit des Abgleichs personenbezogener Daten und knüpft die Voraussetzungen dafür an die Eigenschaft eines Verhaltens- oder Zustandsstörers (§§ 6,7 PolG). Dies bedeutet, dass bei Vorliegen einer Störereigenschaft nach den §§ 6, 7 PolG grundsätzlich ein Abgleich mit allen Daten zulässig ist, auf die der Polizeivollzugsdienst zur Erfüllung seiner Aufgaben zurückgreifen darf. In der Regel wird dabei ein Abgleich mit INPOL-Bund, dem Schengener Informationssystem (SIS) sowie dem auf Landesebene geführten Auskunftssystem POLAS BW erfolgen. Grundsätzlich verlangt § 47 (1) S. 1 PolG als Voraussetzung nur, dass eine Störereigenschaft gegeben ist. Daneben sind aber stets die allgemeinen Grundsätze aus den §§ 3, 5 PolG zu beachten. Dies bedeutet, dass ein Datenabgleich nicht mit allen Daten zulässig ist, auf welche die Polizei zugreifen darf. Einzelfallbezogen ist abzuwägen und zu entscheiden, mit welchen Daten ein Abgleich erfolgen soll und ob dies im Einzelfall auch tatsächlich erforderlich ist. 5.5 Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 2 PolG Bei anderen Personen, d.h. Personen die keine Störer nach den §§ 6, 7 PolG sind, ist ein Datenabgleich gem. 47 (1) S. 2 PolG möglich, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dies zur Erfüllung einer polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Seite 23 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung In welchem Umfang personenbezogene Daten abgeglichen werden und der Grund für den Datenabgleich müssen also durch den Polizeivollzugsdienst jeweils begründet werden. Anlass- bzw. grundlose und willkürliche Überprüfungen sind unzulässig. Wie bereits ausgeführt, hat der Grundrechtseingriff im Rahmen eines Datenabgleichs eine eher geringe Eingriffsqualität. Der Gesetzgeber setzt deshalb die Voraussetzungen für einen Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 2 PolG vergleichsweise niedrig an. Je nach Art des Datenabgleichs kann diese Eingriffsqualität aber unterschiedlich ausgeprägt sein. Beispielsweise ist eine „POLAS-Vollauskunft“ aufgrund des damit verbundenen Informationsumfangs intensiver zu bewerten, als ein Abgleich personenbezogener Daten nur mit dem Fahndungsbestand. Aus diesem Grund sind je nach Datenabgleich unterschiedliche Maßstäbe an die Voraussetzungen des § 47 (1) S. 2 PolG anzulegen. Vereinfacht dargestellt bedeutet dies: Je umfangreicher der Datenabgleich ist, desto strenger sind die Voraussetzungen des § 47 (1) S. 2 PolG zu prüfen. 5.5.1 Polizeiliche Aufgaben Mit den polizeilichen Aufgaben sind die Aufgaben gem. der §§ 1,2 PolG gemeint. Im Zusammenhang mit dem Datenabgleich kommt insbesondere dem Allgemeinauftrag gem. § 1 (1) PolG eine tragende Bedeutung zu. § 1 (1) PolG überträgt der Polizei neben der klassischen Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung auch die Gefahrenvorsorge sowie die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten. 5.5.2 Gründe für die Annahme Gründe für die Annahme bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine gewisse und auf Fakten gestützte Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss, dass der Datenabgleich zur Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Beispielsweise können sich die Gründe für diese Annahme aus dem nachvollziehbaren polizeilichen Erfahrungswissen ergeben (siehe hierzu nachfolgende Beispiele). Zu fragen ist also, ob es einen objektiven Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Datenabgleich der Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe dient. 5.5.3 Erforderlichkeit Dem Begriff der Erforderlichkeit kommt beim Datenabgleich eine Begrenzungsfunktion zu. Der Gesetzgeber möchte damit uferlose und missbräuchliche Abfragen bzw. Datenabgleiche verhindern. Dies bedeutet, dass grundsätzlich zu prüfen ist, ob der Datenabgleich zur Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe geeignet und erforderlich (d.h. das mildeste Mittel) ist. Die Begrifflichkeit „Polas-Vollauskunft“ widerspricht vom Wortsinn somit regelmäßig den Erfordernissen des Mindesteingriffs. Im Rahmen der Abfrage sind somit folgerichtig die gewünschten Inhalte, nach erfolgter Prüfung der Erforderlichkeit, konkret zu benennen. Seite 24 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 5.5.4 Beispiele für Datenabgleich gem. § 47 (1) S. 2 PolG Beispiel 1 Polizeibeamte gleichen Kfz-Kennzeichen von geparkten Pkw mit dem Fahndungsbestand ab. Erläuterung: Kfz-Kennzeichen sind personenbezogene Daten, weil darüber ein Bezug zu einer natürlichen Person (Halter) hergestellt werden kann. Die Fahndungsabfrage von Kfz-Kennzeichen wird in allererster Linie dazu dienen, gestohlene Pkw / Kennzeichen festzustellen. Zielrichtung wäre deshalb insbesondere die Gefahrenabwehr bzw. die Störungsbeseitigung i.S.d. § 1 (1) PolG. Durch den Datenabgleich können zur Fahndung ausgeschriebene Pkw / Kennzeichen ermittelt und festgestellt werden. Durch diese Feststellung können Gefahren und weitere Störungen der öffentlichen Sicherheit verhindert werden, die möglicherweise mit den gestohlenen Kfz-Kennzeichen verursacht werden. Die Gründe für die Annahme, dass der Abgleich für die Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe erforderlich ist, lassen sich bspw. dadurch begründen, dass in der Bundesrepublik Deutschland jedes Jahr über 150.000 Kennzeichen entwendet werden und mehrere hunderttauschend Kennzeichen zur Fahndung ausgeschrieben sind (= „nachvollziehbares polizeiliches Erfahrungswissen“). Der Datenabgleich ist deshalb auch geeignet, um gestohlene Kfz-Kennzeichen zu identifizieren und wird in aller Regel auch das mildeste Mittel darstellen. Beispiel 2 Ein Anzeigeerstatter bzw. Zeuge informiert die Polizei über einen heftigen Ehestreit in der Nachbarwohnung. Wie sich später herausstellt, hat der Mann seine Ehefrau brutal misshandelt und geschlagen hat. Während des polizeilichen Einsatzes vor Ort, gleichen die Polizeibeamten die personenbezogenen Daten der Ehefrau und des Anzeigeerstatters/Zeugen mit dem Fahndungsbestand ab. Erläuterung: Die Ehefrau und der Zeuge sind andere Personen. Nach § 47 (1) PolG könnte ein Datenabgleich mit der polizeilichen Aufgabe gem. § 1 (1) PolG begründet werden (Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung). In der Bundesrepublik Deutschland sind mehrere hunderttausend Personen zur Fahndung und Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben („nachvollziehbares polizeilichen Erfahrungswissen“). Um diesen Personen habhaft werden zu können (und dadurch möglichen Störungen für die öffentliche Sicherheit entgegenzuwirken bzw. diese zu beseitigen) ist grundsätzlich ein Abgleich der personenbezogenen Daten mit dem Fahndungsbestand erforderlich. Der Datenabgleich ist geeignet, ausgeschriebene Personen identifizieren zu können und wird in aller Regel auch das mildeste Mittel darstellen. Seite 25 von 26 Schülerskript: Polizeirechtliche Personenfeststellung 5.6 Anhalterecht Zum Zwecke des Datenabgleichs nach § 47 PolG dürfen Personen für die Dauer des Datenabgleiches angehalten werden. Ein erstmaliges Anhalterecht nur zum Zwecke des Datenabgleiches ergibt sich daraus aber nicht. Es handelt sich lediglich um eine Ergänzung zu einer eventuell vorausgegangenen Maßnahme der Datenerhebung (z.B. nach § 27 PolG). 5.7 § 47 (2) PolG § 47 (2) PolG regelt den Datenabgleich in anderen Fällen. Dies bedeutet, dass sich Abfragen bzw. Recherchen durch den Polizeivollzugsdienst in diesen Dateisystemen, nach den speziellen Gesetzen und nicht nach § 47 PolG richten. Nachfolgend werden kurz die für den Polizeivollzugsdienst wichtigsten Datensysteme mit den jeweiligen Rechtsgrundlagen für die Abfrage dargestellt. MeldIT – Polizeiauskunft: Abfrage ermöglicht bspw. den Abruf von aktuellen Anschriften, Wegzugsanschriften, Vor- und Familiennamen, Geburtsdaten, … Rechtsgrundlage: § 38 Bundesmeldegesetz Zentrales Fahrerlaubnisregister (ZFER): Abfrage ermöglicht den Abruf von Fahrerlaubnisdaten zum Zwecke der Überprüfung, welche Fahrerlaubnisse und welche Führerscheine eine Person besitzt. Rechtsgrundlagen: § 53 Abs. 1 StVG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 StVG und § 52 Abs. 5 Nr. 4 FeV Zentrales Fahrzeugregister (ZFZR): Abruf von Fahrzeug- und Halterdaten über Abfrage mit Angaben zu Kennzeichen/FIN oder Abfrage von Fahrzeugen zu einer Person/Firma Rechtsgrundlagen: § 36 Abs. 2 Nr. 1 StVG i.V.m. § 39 Abs. 2 FZV Verkehrszentralregister (VZR): Abfrage von Fahrerlaubnis-Einschränkungen Rechtsgrundlage: § 30a StVG Ausländerzentralregister (AZR): Abruf von Daten aus dem Ausländerzentralregister im automatisierten Verfahren Rechtsgrundlage: § 22 AZR-Gesetz Seite 26 von 26