Gemeinderecht PDF - Fachsparte Verwaltung
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2022
Mag.a Sophie Walter-Frosch
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This document is a study guide about Austrian municipal law, focusing on the organisation, functions, and oversight of local governments in Austria. It includes content on legal foundations, roles of officials, areas of jurisdiction, and oversight mechanisms.
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DIENSTAUSBILDUNGSMODUL 2 Fachsparte Verwaltung GEMEINDERECHT Stand: VII/2022 Eigentümer und Herausgeber: Amt der NÖ Landesregierung...
DIENSTAUSBILDUNGSMODUL 2 Fachsparte Verwaltung GEMEINDERECHT Stand: VII/2022 Eigentümer und Herausgeber: Amt der NÖ Landesregierung Abteilung Personalmanagement 3109 St. Pölten, Landhausplatz 1 Verfasser: Mag.a Sophie Walter-Frosch Alle Rechte vorbehalten! Nur für den landesinternen Gebrauch! INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS............................................................................................ 0 I. ALLGEMEINES....................................................................................................... 1 Rechtsgrundlagen................................................................................................... 1 Stellung der Gemeinde........................................................................................... 1 Die Gemeinde – eine Gebietskörperschaft............................................................. 2 Die Gemeinde – Recht auf Selbstverwaltung.......................................................... 2 Die Gemeinde – ein Verwaltungssprengel.............................................................. 3 Die Gemeinde – ein selbständiger Wirtschaftskörper............................................. 3 II. ORGANISATION DER GEMEINDE........................................................................ 4 Die Stellung der Gemeindemitglieder..................................................................... 4 Die Organe der Gemeinde und ihre Aufgaben........................................................ 5 Der Gemeinderat................................................................................................. 5 Der Gemeindevorstand....................................................................................... 6 Der Bürgermeister............................................................................................... 7 Das Gemeindeamt............................................................................................... 8 Die Gemeinderatsausschüsse............................................................................. 9 Die Geschäftsführung der Gemeindeorgane......................................................... 10 III. WIRKUNGSBEREICH DER GEMEINDE............................................................ 11 Eigener Wirkungsbereich (Selbstverwaltung)....................................................... 11 Ortspolizeiliche Verordnungen.......................................................................... 14 Instanzenzug..................................................................................................... 15 Übertragener Wirkungsbereich (Verwaltungssprengel)......................................... 16 Rechtsmittel....................................................................................................... 17 IV. AUFSICHT ÜBER DIE GEMEINDE.................................................................... 17 Allgemeines.......................................................................................................... 17 Aufsichtsmittel....................................................................................................... 19 Auskunftspflicht................................................................................................. 20 Verordnungsprüfung.......................................................................................... 20 Überprüfung der Gemeindegebarung................................................................ 21 Genehmigungspflicht......................................................................................... 21 Abhilfe bei Nichterfüllung von Verpflichtungen (Ersatzvornahme)..................... 22 Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen................................................ 22 Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden................................................. 23 Auflösung des Gemeinderates und des Gemeindevorstandes.......................... 23 V. INTERESSENVERTRETUNGEN DER GEMEINDEN.......................................... 26 GEMEINDERECHT 1 I. ALLGEMEINES Rechtsgrundlagen Wer regelt das Die Regelung des Gemeinderechts fällt gemäß Artikel 115 Gemeinderecht ? Abs. 2 B-VG grundsätzlich in die Zuständigkeit des Landes- gesetzgebers. Auf dieser Kompetenzgrundlage basieren die NÖ Gemeindeordnung 1973 (NÖ GO 1973) und das NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz (NÖ STROG). Das NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz gilt für die Städte mit eigenem Statut, die NÖ Gemeindeordnung 1973 für alle anderen Gemeinden. Städte mit eigenem Statut sind St. Pölten Wr. Neustadt Krems an der Donau Waidhofen an der Ybbs. Stellung der Gemeinde Die Gemeinde ist eine Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstver- waltung, ein Verwaltungssprengel und ein selbständiger Wirtschaftskörper. GEMEINDERECHT 2 Die Gemeinde – eine Gebietskörperschaft Was ist eine Eine Gebietskörperschaft ist Gebietskörper- schaft ? eine juristische Person des öffentlichen Rechts, dem zwangsweisen alle Personen angehören, die in ihrem Gebiet wohnen. Eine juristische Person ist ein Rechtsgebilde, das Träger von Rechten und Pflichten ist (z.B. Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Verein). Eine juristische Person des öffentlichen Rechts wird durch Hoheitsakt eingerichtet (z.B. Kammern, Jagdgenossenschaft, Gebietskörperschaften). Welche Gebiets- Gebietskörperschaften sind körperschaften gibt es ? der Bund, die Länder und die Gemeinden. Die Gemeinde – Recht auf Selbstverwaltung Was bedeutet Selbstverwaltung ist Selbstver- waltung ? eine Form der dezentralisierten Verwaltung, durch eigene Organe der juristischen Person des öffent- lichen Rechts, die gegenüber der staatlichen Verwaltung weisungsfrei sind, aber einer staatlichen Aufsicht unterstehen. Die Tätigkeiten als Selbstverwaltungskörper sind dem eigenen Wirkungsbereich zuzurechnen. GEMEINDERECHT 3 Die Gemeinde – ein Verwaltungssprengel Was bedeutet Als Verwaltungssprengel muss die Gemeinde Verwaltungs- sprengel ? an der staatlichen Verwaltung mitwirken und zwar bei der Vollziehung von Bundesgesetzen nach den Weisungen des Bundes bei der Vollziehung von Landesgesetzen nach den Weisungen des Landes. Die Tätigkeiten als Verwaltungssprengel sind dem über- tragenen Wirkungsbereich zuzurechnen. Die Gemeinde – ein selbständiger Wirtschaftskörper Was kann die Als selbständiger Wirtschaftskörper kann die Gemeinde Gemeinde als selbständiger Wirtschafts- Vermögen aller Art erwerben, besitzen und darüber ver- körper ? fügen, wirtschaftliche Unternehmungen betreiben, ihren Haushalt selbständig führen und Abgaben aus- schreiben. Die Tätigkeiten als selbständiger Wirtschaftskörper sind dem eigenen Wirkungsbereich zuzurechnen. GEMEINDERECHT 4 II. ORGANISATION DER GEMEINDE Die Stellung der Gemeindemitglieder Wer ist Gemeindemitglieder sind Personen, die in einer Gemeinde des Gemeinde- mitglied ? Landes NÖ zum Gemeinderat wahlberechtigt sind oder bei Erreichung des Wahlalters wahlberechtigt wären. Das sind österreichische Staatsbürger oder Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der EU, die in einer Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben. Welche Rechte Die wahlberechtigten Gemeindemitglieder haben die Gemeindemit- wählen den Gemeinderat (= allgemeiner Vertretungskörper); glieder ? haben ein Initiativrecht; Initiativrecht ist das Recht einer bestimmten Anzahl von Gemeindemitgliedern zu verlangen, dass bestimmte Auf- gaben, die zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehören, besorgt und entsprechende Maßnahmen getroffen werden. können zu Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches befragt werden (Volksbefragung). Der Gemeinderat kann über Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches eine Volksbefragung anordnen. GEMEINDERECHT 5 Die Organe der Gemeinde und ihre Aufgaben Welche Ge- Jede Gemeinde hat jedenfalls meindeorgane gibt es ? einen Gemeinderat, einen Gemeindevorstand und einen Bürgermeister. Das Gemeindeamt kann unter bestimmten Voraussetzungen zum Gemeindeorgan bestellt werden. Der Gemeinderat Wie viele Mit- Die Mitgliederanzahl des Gemeinderates hängt von der Ein- glieder hat der Gemeinderat ? wohnerzahl der Gemeinde ab. Je nach Einwohnerzahl besteht der Gemeinderat aus 13 bis 45 Mitgliedern. Der Gemeinderat wird von den wahlberechtigten Gemeindemit- gliedern gewählt. Wie lange ist Die Funktionsperiode des Gemeinderates beträgt 5 Jahre. die Funktions- periode ? Die Funktionsperiode kann vorzeitig enden durch Selbstauflösung oder Auflösung durch die Aufsichtsbehörde. GEMEINDERECHT 6 Welche Aufgaben Der Gemeinderat hat u.a. folgende Aufgaben hat der Ge- meinderat ? Wahl des Bürgermeisters, Wahl des Gemeindevorstandes, Wahl der Gemeinderatsausschüsse, Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen, Festsetzung des Gemeindevoranschlags, Ausschreibung von Gemeindeabgaben, Beschluss des Rechnungsabschlusses. Der Gemeindevorstand Wie viele Mit- Der Gemeindevorstand besteht aus dem Vizebürgermeister und glieder hat der Gemeindevor- den geschäftsführenden Gemeinderäten. stand ? Der Gemeindevorstand darf höchstens 1/3 der Mitglieder des Gemeinderates haben. Der Gemeindevorstand muss aber mindestens 4 bis 9 Mit- glieder haben. Die Mindestanzahl hängt von der Einwohneranzahl der Ge- meinde ab. Der Gemeinderat setzt die Anzahl der geschäftsführenden Ge- meinderäte fest. Der Gemeindevorstand wird vom Gemeinderat aus seiner Mitte gewählt. Wie lange ist Die Funktionsperiode des Gemeindevorstandes beträgt die Funktions- periode ? 5 Jahre. GEMEINDERECHT 7 Welche Aufgaben Der Gemeindevorstand hat alle Aufgaben des eigenen hat der Gemein- devorstand ? Wirkungsbereiches, die keinem anderen Gemeindeorgan zuge- wiesen sind. Dazu zählen u.a. Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters oder des Gemeindeamtes, Vorberatung und Antragstellung der zum Wirkungsbereich des Gemeinderates zählenden Aufgaben, Anträge, Beschwerden und Klagen an den Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshof. Der Bürgermeister Der Bürgermeister wird vom Gemeinderat aus seiner Mitte gewählt. Wie lange ist Die Funktionsperiode des Bürgermeisters beträgt 5 Jahre. die Funktions- periode ? Die Funktionsperiode kann vorzeitig enden durch Ausscheiden aus dem Gemeinderat Verlust der Voraussetzungen für seine Wahl zum Bürgermeister Ausspruch des Misstrauens durch den Gemeinderat oder Absetzung durch die Landesregierung bzw. die Landeshauptfrau bzw. den Landeshauptmann im übertragenen Wirkungsbereich. GEMEINDERECHT 8 Welche Aufgaben Der Bürgermeister hat u.a. folgende Aufgaben hat der Bürger- meister ? Vertretung der Gemeinde nach außen, Vorsitz im Gemeinderat und Gemeindevorstand (er gehört dem Gemeindevorstand aber nicht an !), Besorgung der behördlichen Aufgaben der Gemeinde im eigenen und übertragenen Wirkungsbereich (Erlassung von Bescheiden und Verordnungen), Besorgung der laufenden Verwaltung des Gemeindever- mögens, Vollziehung der Beschlüsse des Gemeinderates und des Gemeindevorstandes, Vorstand des Gemeindeamtes, Vorgesetzter der Gemeindebediensteten, Notanordnungsrecht. (Wenn ein Beschluss des Gemeinderates oder des Ge- meindevorstandes bei Gefahr in Verzug nicht ohne Nachteil für die Sache oder ohne Gefahr für die Gemeinde abge- wartet werden kann, kann der Bürgermeister tätig werden.) Das Gemeindeamt Welche Stellung Das Gemeindeamt ist grundsätzlich nur Hilfsorgan des hat das Ge- meindeamt ? Bürgermeisters, Gemeindevorstandes und Gemeinderates. GEMEINDERECHT 9 Wer gehört zum Das Gemeindeamt besteht aus Gemeindeamt ? dem Bürgermeister, dem leitenden Gemeindebediensteten, den anderen Bediensteten und dem Kassenverwalter. Die Leitung des inneren Dienstes obliegt dem leitenden Gemeindebediensteten. Wie wird das Durch Beschluss des Gemeinderates kann das Gemeindeamt Gemeindeamt zum Gemeindeorgan ? zum Gemeindeorgan bestellt werden, wenn es in Verwaltungszweige getrennt ist und das erforderliche Personal zur Verfügung steht. Als Gemeindeorgan entscheidet das Gemeindeamt in allen behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches anstelle des Bürgermeisters. Die Gemeinderatsausschüsse Welche Stellung Die Gemeinderatsausschüsse sind keine Gemeindeorgane. haben die Aus- schüsse ? Sie werden vom Gemeinderat aus seiner Mitte für bestimmte Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gewählt. Sie haben diese Angelegenheiten vorzuberaten und einen Antrag beim Gemeindevorstand einzubringen. In jeder Gemeinde muss ein Prüfungsausschuss für die Prüfung der Gemeindegebarung bestehen. GEMEINDERECHT 10 Die Geschäftsführung der Gemeindeorgane Wofür gibt es Organe können Einzelorgane und Kollegialorgane sein. Regelungen über die Geschäfts- Einzelorgane sind Organe, die nur aus einer Person bestehen führung ? (z.B. Bürgermeister). Kollegialorgane bestehen aus mehreren Personen (z.B. Gemeinderat und Gemeindevorstand). Kollegialorgane können nur tätig werden, indem sie Beschlüsse fassen. Es müssen daher Regelungen bestehen, wie ein rechtmäßiger Beschluss zustande kommt und welche Folgen ein Verstoß gegen die Bestimmungen über die Geschäftsführung hat. Voraussetzung Folgen bei Verstoß ordnungsgemäße Einberufung der Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde Sitzung notwendige Anzahl anwesend kein Beschluss ! (Gemeinderat: 2/3; Gemeindevorstand: Vorsitzender + 1/2) Notwendige Zustimmung kein Beschluss ! (einfache Mehrheit, Stimmenthaltung = Ablehnung) Keine Anwesenheit von befangenen Mit- Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde, gliedern bei Beratung oder Beschluss- wenn ohne befangenes Mitglied keine fassung Beschlussfähigkeit oder Mehrheit gegeben wäre GEMEINDERECHT 11 Die Sitzungen des Gemeinderates sind öffentlich. Durch Gemeinderatsbeschluss kann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden. Die Sitzungen des Gemeindevorstandes sind nicht öffentlich. Über jede Sitzung ist ein Sitzungsprotokoll zu führen, in dem u.a. die Beratungsgegenstände, die gestellten Anträge und die gefassten Beschlüsse festzuhalten sind. III. WIRKUNGSBEREICH DER GEMEINDE Eigener Wirkungsbereich (Selbstverwaltung) Welche Ange- Der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde ist in der Bundes- legenheiten zählen dazu ? verfassung mit einer Generalklausel umschrieben. Danach gehören alle Angelegenheiten zum eigenen Wirkungs- bereich der Gemeinde, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen sind und geeignet sind, durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Bundesverfassung nennt beispielhaft folgende Angelegen- heiten des eigenen Wirkungsbereiches: Bestellung der Gemeindeorgane Bestellung der Gemeindebediensteten und Ausübung der Diensthoheit GEMEINDERECHT 12 örtliche Sicherheitspolizei örtliche Straßenpolizei örtliche Baupolizei... Darüber hinaus wird die Gemeinde als selbständiger Wirt- schaftskörper im eigenen Wirkungsbereich tätig. Welche Folgen Die Bundes- und Landesgesetze müssen Angelegenheiten, hat eine fehl- ende Zuweisung die zum eigenen Wirkungsbereich zählen, der Gemeinde zur einer Angele- Besorgung zuweisen. genheit zum eigenen Wir- kungsbereich ? Kommt der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nach, ist das Gesetz verfassungswidrig und kann vom Verfassungsgerichts- hof aufgehoben werden. Der Gesetzgeber muss also prüfen, ob eine Angelegenheit im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist und geeignet ist, durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde ist nicht von einer einzelnen Gemeinde, sondern stets von der fiktiven Durchschnittsgemeinde auszugehen. Andernfalls wäre der Umfang des eigenen Wirkungsbereiches bei jeder Gemeinde ein anderer. Wie kann man Die Zuweisung einer Angelegenheit in den eigenen feststellen, ob eine Angelegen- Wirkungsbereich der Gemeinde erfolgt durch ausdrückliche heit im eigenen Bezeichnung im Gesetz. Wirkungsbereich zu vollziehen ist ? Man kann daher den einzelnen Gesetzen entnehmen, ob die darin geregelten Aufgaben der Gemeinden in den eigenen Wirkungsbereich fallen oder nicht. GEMEINDERECHT 13 Meistens wird in einem eigenen Paragraphen am Ende des Gesetzes festgehalten, ob und welche Angelegenheiten zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zählen. (z.B. § 3 NÖ Bauordnung 2014: „Aufgaben, die nach diesem Gesetz von der Gemeinde zu besorgen sind, fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.“) Wie vollzieht Die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besorgt die Gemeinde Angelegenheiten die Gemeinde des eigenen Wirkungsbe- in eigener Verantwortung reiches ? (d.h. der Bürgermeister ist im eigenen Wirkungsbereich nur dem Gemeinderat verantwortlich) frei von Weisungen von außen (d.h. Organe des Bundes oder des Landes dürfen den Gemeindeorganen keine Weisungen erteilen) unter Ausschluss eines Rechtsmittels an ein Ver- waltungsorgan außerhalb der Gemeinde (d.h. gegen einen Berufungsbescheid des Gemeinde- vorstandes ist im eigenen Wirkungsbereich kein ordentliches Rechtsmittel zulässig) Die Gemeinde ist aber auch bei Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches nicht völlig frei: Die Gemeindeorgane sind an die Gesetze und Ver- ordnungen des Bundes und des jeweiligen Landes gebunden. Die Gemeindeorgane unterliegen der Aufsicht der staat- lichen Behörden. Daher ist die Unabhängigkeit der Gemeindeorgane nur eine relative und keine absolute. GEMEINDERECHT 14 Ortspolizeiliche Verordnungen In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches darf die Gemeinde nach freier Selbstbestimmung ortspolizeiliche Verordnungen erlassen. Wann dürfen Ortspolizeiliche Verordnungen dürfen ortspolizei- liche Verord- zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder nungen erlassen werden ? zur Beseitigung bestehender das örtliche Gemeinschaftsleben störender Missstände erlassen werden. Die Nichtbefolgung kann zur Verwaltungsübertretung erklärt werden. Die Durchführung eines Strafverfahrens selbst fällt in den übertragenen Wirkungsbereich. Ortspolizeiliche Verordnungen dürfen nicht gegen bestehende Gesetze und Verordnungen des Bundes und des jeweiligen Landes verstoßen. Mit ortspolizeilichen Verordnungen kann z.B. das Rasenmähen am Wochenende oder das Musizieren im Freien geregelt werden. Wer erlässt Ortspolizeiliche Verordnungen werden vom Gemeinderat ortspolizei- liche Verord- erlassen und vom Bürgermeister kundgemacht. nungen ? GEMEINDERECHT 15 Wie werden Ortspolizeiliche Verordnungen werden durch Anschlag an der ortspolizei- liche Verord- Amtstafel der Gemeinde kundgemacht. nungen kund- gemacht ? Die Kundmachungsfrist beträgt 2 Wochen. Die Verordnung tritt mit dem auf den Ablauf der Kundmachungs- frist folgenden Tag in Kraft, sofern nicht anderes bestimmt ist. Auch alle anderen Verordnungen der Gemeinde werden auf diese Weise kundgemacht, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Instanzenzug Wie verläuft Die behördlichen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches der der Instanzen- zug im eigenen Gemeinde werden Wirkungsbe- reich ? in erster Instanz vom Bürgermeister bzw. Gemeindeamt in zweiter Instanz vom Gemeindevorstand besorgt. Gegen die Berufungsentscheidung des Gemeindevorstandes ist keine weitere Berufung zulässig. Er entscheidet daher in letzter Instanz. Der Gemeindevorstand übt die in den Verwaltungsverfahrens- gesetzen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse gegen- über dem Bürgermeister bzw. Gemeindeamt aus, der Gemeinderat gegenüber dem Gemeindevorstand. GEMEINDERECHT 16 Übertragener Wirkungsbereich (Verwaltungssprengel) Welche Ange- Der übertragene Wirkungsbereich der Gemeinde umfasst alle legenheiten zählen dazu ? Angelegenheiten, die die Gemeinde nach Maßgabe der Bundesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des Bundes (= vom Bund übertragener Wirkungsbereich) nach Maßgabe der Landesgesetze im Auftrag und nach den Weisungen des Landes (= vom Land übertragener Wirkungsbereich) zu besorgen hat. Wer besorgt die Die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches Angelegenheiten des übertragenen werden vom Bürgermeister besorgt. Wirkungsbe- reiches ? Er ist dabei in der Bundesvollziehung an die Weisungen der zuständigen Organe des Bundes (z.B. Landeshauptfrau bzw. Landeshauptmann) und in der Landesvollziehung an die Weisungen der zuständigen Organe des Landes (z.B. Landesregierung) gebunden und diesen gegenüber verantwortlich. GEMEINDERECHT 17 Rechtsmittel Welches Rechts- Die behördlichen Aufgaben des übertragenen Wirkungsbe- mittel gibt es im übertragenen reiches der Gemeinde werden Wirkungsbe- reich ? vom Bürgermeister besorgt. Der Gemeindevorstand und der Gemeinderat besitzen keine Zuständigkeit. Gegen Bescheide des Bürgermeisters kann Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erhoben werden. IV. AUFSICHT ÜBER DIE GEMEINDE Allgemeines Wer regelt das Die Gemeinde unterliegt im eigenen Wirkungsbereich einer Aufsichtsrecht ? staatlichen Aufsicht. Für den Bereich der Bundesvollziehung regelt der Bund das Aufsichtsrecht. Die Regelungen finden sich im Bundes-Gemeindeaufsichts- gesetz. Für den Bereich der Landesvollziehung regelt das Land das Aufsichtsrecht. Die Regelungen finden sich in der NÖ Gemeindeordnung 1973, für die Städte mit eigenem Statut im NÖ Stadtrechts- organisationsgesetz. GEMEINDERECHT 18 Worauf achtet Im Rahmen der Aufsicht prüfen der Bund und das jeweilige die Aufsichts- behörde ? Land, ob die Gemeinde bei der Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze und Verordnungen einhält und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt. Wer übt das Die Zuständigkeit zur Ausübung der Aufsicht hängt davon ab, ob Aufsichtsrecht aus ? die Gemeinde in der Bundes- oder Landesvollziehung tätig wird. In der Bundesvollziehung gibt es folgende Aufsichts- behörden: Bezirkshauptmannschaft und Landeshauptfrau bzw. Landeshauptmann. In der Landesvollziehung gibt es folgende Aufsichts- behörden: Bezirkshauptmannschaft und Landesregierung. Wofür sind die Für die Aufsicht im Bereich der Landesvollziehung ist die einzelnen Auf- sichtsbehörden Bezirkshauptmannschaft zuständig: zuständig ? Abhilfe bei Nichterfüllung von Verpflichtungen Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen und Be- scheiden. GEMEINDERECHT 19 Für die Aufsicht im Bereich der Landesvollziehung ist die Landesregierung zuständig (*) Ermächtigung der Bezirkshaupt- mannschaft möglich): Überprüfung der Gemeindewirtschaft*) Überprüfung der Gemeindegebarung*) Verordnungsprüfung Genehmigungspflicht Auflösung des Gemeinderates und -vorstandes. Für die Aufsicht im Bereich der Bundesvollziehung ist grund- sätzlich die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann zuständig. Die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann kann die Bezirkshauptmannschaft allgemein oder für bestimmte Angelegenheiten durch Verordnung zur Ausübung des Aufsichtsrechtes über Gemeinden, die nicht Städte mit eigenem Statut sind, in seinem Namen ermächtigen. Davon ausge- nommen ist die Auflösung des Gemeinderates. Aufsichtsmittel Welche Auf- Die NÖ Gemeindeordnung 1973 kennt folgende Aufsichts- sichtsmittel gibt es ? mittel: Auskunftspflicht Verordnungsprüfung Gebarungsprüfung Genehmigungspflicht Ersatzvornahme Prüfung von Beschlüssen Prüfung von Bescheiden Auflösung des Gemeinderates und -vorstandes. GEMEINDERECHT 20 Gibt es einen Jedermann kann sich bei der Aufsichtsbehörde formlos Rechtsanspruch auf Ausübung der beschweren. Grundsätzlich besteht aber kein Rechtsanspruch Gemeindeaufsicht auf Tätigwerden der Aufsichtsbehörde. ? Ein Rechtsanspruch besteht bei folgendem Aufsichtsmittel: Genehmigungspflicht. Auskunftspflicht Die Aufsichtsbehörden sind berechtigt, sich über alle Angelegenheiten der Gemeinde zu unterrichten. Die Gemeinde ist verpflichtet, die im Einzelfall verlangten Auskünfte zu erteilen. Verordnungsprüfung Die Gemeinde hat die von ihr erlassenen Verordnungen unverzüglich der Aufsichtsbehörde mitzuteilen. Die Aufsichtsbehörde hat gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben und gleichzeitig der Gemeinde die Gründe dafür mitzuteilen. GEMEINDERECHT 21 Überprüfung der Gemeindegebarung Die Aufsichtsbehörde hat das Recht, die Gebarung der Gemeinde einschließlich ihrer wirtschaftlichen Unternehmungen auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Genehmigungspflicht Bestimmte Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung der Gemeinde bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbe- hörde. Dazu zählen z.B. Veräußerung, Verpfändung oder sonstige Belastung von unbeweglichem Vermögen, die Aufnahme eines Darlehens sowie die Übernahme einer Bürgschaft oder einer sonstigen Haftung. Die Aufsichtsbehörde hat die Genehmigung zu versagen, wenn durch das Rechtsgeschäft die Gefahr einer dauernden Schmälerung des Gemeindevermögens oder GEMEINDERECHT 22 einer übermäßigen Verschuldung der Gemeinde verbunden wäre oder wenn die Maßnahme nicht im Voranschlag vorgesehen ist und die Folgebelastungen nicht in der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt wurden oder wenn die Maßnahme gesetzwidrig ist und die Rechtswidrigkeit nicht innerhalb einer von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist behoben wird. Abhilfe bei Nichterfüllung von Verpflichtungen (Ersatzvornahme) Die Aufsichtsbehörde kann Maßnahmen an Stelle und auf Kosten der Gemeinde treffen, wenn die Gemeinde trotz Aufforderung eine ihr durch Gesetz aufer- legte Verpflichtung nicht erfüllt. Bescheide dürfen jedoch nicht an Stelle der säumigen Gemeindeorgane erlassen werden. Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Beschlüssen Beschlüsse der Kollegialorgane, die nicht Bescheide oder Verordnungen zum Gegenstand haben, jedoch Gesetze oder Verordnungen verletzen, sind von der Aufsichtsbehörde aufzuheben. GEMEINDERECHT 23 Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden Die Aufsichtsbehörde kann rechtskräftige, rechtswidrige Be- scheide von Amts wegen aufheben, wenn sie von einer unzuständigen Behörde oder einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurden einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würden tatsächlich undurchführbar sind an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leiden. Auflösung des Gemeinderates und des Gemeindevorstandes Welche Fälle der Die Aufsichtsbehörde kann den Gemeinderat auflösen, wenn er Auflösung des Gemeinderates gibt es ? wiederholt entgegen begründetem Vorhalten der Landesregierung die Gesetze offensichtlich verletzt hat, oder wenn er ihm übertragene Aufgaben nach begründetem Vorhalt der Landesregierung innerhalb von 6 Monaten nicht erfüllt. Die Aufsichtsbehörde hat den Gemeinderat aufzulösen, wenn während der Funktionsperiode weniger als 2/3 der Gemeinderatsmandate besetzt sind. GEMEINDERECHT 24 Die Auflösung des Gemeinderates ist durch Bescheid auszu- sprechen. Welche Folgen Die Landesregierung hat innerhalb von 2 Monaten nach Auf- hat die Auf- lösung ? lösung des Gemeinderates Neuwahlen auszuschreiben. Die Ausschreibung hat so zu erfolgen, dass die Gemeinderats- wahl spätestens innerhalb von 6 Monaten nach der Auflösung des Gemeinderates stattfinden kann. Bei Elementarereignissen und bei Verkehrsbeschränkungen, die zur Bekämpfung von Seuchen verfügt werden, verlängert sich die Frist zur Neuwahlausschreibung auf 6 Monate und die Frist für die Neuwahl auf 1 Jahr. Trotz Auflösung des Gemeinderates bleibt der Bürgermeister bis zur Angelobung des neugewählten Bürgermeisters zur Besorgung aller unaufschiebbaren Geschäfte der Ge- meinde weiter im Amt. Der Bürgermeister muss in den Angelegenheiten, in denen sonst ein Beschluss des Gemeinderates erforderlich ist, den Gemeindevorstand hören. Wann ist der Die Aufsichtsbehörde hat den Gemeindevorstand aufzulösen, Gemeindevorstand aufzulösen ? wenn so viele Gemeindevorstandsstellen erledigt sind, dass der Gemeindevorstand nicht beschlussfähig ist. Die Auflösung des Gemeindevorstandes ist durch Bescheid aus- zusprechen. GEMEINDERECHT 25 Welche Folgen Die Landesregierung hat einen Beirat zu bestellen. hat die Auf- lösung ? Die im Gemeindevorstand vertreten gewesenen Parteien können so viele Mitglieder des Beirates namhaft machen, als ihnen vor Auflösung Gemeindevorstandsstellen zugekommen sind. Ein Mitglied des Beirates ist zum Stellvertreter des Bürgermeisters zu bestimmen. Der Beirat ist in jenen Fällen vom Bürgermeister zu hören, die eines Beschlusses des Gemeinderates bedürfen. Welche Folgen Legt der Bürgermeister sein Amt nieder, verliert er es oder ist er hat der Amts- verlust des an der Amtsausübung verhindert, vertritt ihn der Vizebürger- Bürgermeisters ? meister. Ist auch der Vizebürgermeister verhindert, wird der Bürgermeister von dem von ihm bestimmten Mitglied des Gemeindevorstandes vertreten. Hat der Bürgermeister kein Mitglied des Gemeindevorstandes bestimmt, bestimmt der Gemeindevorstand ein Mitglied zur Vertretung. Ist eine solche Vertretung nicht möglich, bestellt die Landes- regierung einen Landesbeamten zum Regierungskommissär. GEMEINDERECHT 26 V. INTERESSENVERTRETUNGEN DER GEMEINDEN Welche Aufgaben Interessenvertretungen der Gemeinden, die mindestens 5% der haben die Interessenver- Mitglieder der Gemeinderäte aller Gemeinden des Landes NÖ tretungen ? erfassen, sind vor Erlassung von Gesetzen und Verordnungen zu hören, durch die allgemeine Gemeindeinteressen berührt werden. Sie haben die allgemeinen Gemeindeinteressen wahrzunehmen, die Funktionäre der Gemeinden zu schulen und Informationen herauszugeben. Welche gibt Derzeit erfassen folgende Interessenvertretungen mindestens es ? 5% der Mitglieder der Gemeinderäte aller Gemeinden des Landes NÖ: Niederösterreichischer Gemeindebund Verband sozialdemokratischer GemeindevertreterInnen in NÖ