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2023
Dr. phil. Janek Lobmaier, M. Sc. Michèle Schneeberger
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These lecture notes cover clinical psychology and psychotherapy, focusing on biopsychological measurement methods, particularly immunoassays (ELISA). The document includes a program schedule, agenda, and detailed information on different types of immunoassays, including direct, indirect, sandwich, and competitive ELISA. It also discusses various sample types such as dried blood spots, saliva, and hair samples.
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Klinische Psychologie und Psychotherapie Biopsychologische Messmethoden B Methodenblock 1 Endokrinologie: Immunoassays (ELISA) Modul: 200e705l / HS2023 Verantwortliche: Dr. phil. Janek Lobmaier M. Sc. Michèle Schneeberger 28.09...
Klinische Psychologie und Psychotherapie Biopsychologische Messmethoden B Methodenblock 1 Endokrinologie: Immunoassays (ELISA) Modul: 200e705l / HS2023 Verantwortliche: Dr. phil. Janek Lobmaier M. Sc. Michèle Schneeberger 28.09.23 Klinische Psychologie und Psychotherapie Programm Termin Datum Thema Dozent/-in 1 21.09.2023 Einführung JL / MS 2 28.09.2023 Methodenblock 1 JL / MS Endokrinologie 3 05.10.2023 Methodenblock 2 JL / MS Genetik 4 12.10.2023 Methodenblock 3 AW Gastreferat 5 19.10.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 1 MS Depression und Genetik/(Epigenetik) 6 26.10.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 2 MS Depression und Stressreaktivität 7 02.11.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 3 MS Depression und Intervention 8 09.11.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 4 JL PTBS und Genetik 9 16.11.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 5 JL PTBS und Stressreaktivität 10 23.11.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 6 JL PTBS und Interventionen 11 30.11.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 7 JL Schizophrenie und Genetik 12 07.12.2023 Störungsspezifisches Methodenwissen 8 MS Schizophrenie und biochemische Theorien 13 14.12.2023 Rekapitulation und Fragen / Prüfungsvorbereitung JL / MS 14 21.12.2023 Schriftliche Prüfung JL / MS 2 Klinische Psychologie und Psychotherapie Agenda Besuch im biochemischen Labors des Psychologischen Institut Theorie: Immunoassays Postenlauf - Speichelproben - Haarproben - Dried Blood Spots (DBS) Page 3 Klinische Psychologie und Psychotherapie Immunoassays Grundprinzip: Nachweis eines Analyten in einer flüssigen Phase durch die Bindung eines Antigens an einen Antikörper → Nutzen der Immunreaktion um bestimmte Stoffe nachzuweisen br.de, 16.09.22 fruchtpaar.ch, 16.09.22 Sicher-testen.ch, 16.09.22 Page 4 Klinische Psychologie und Psychotherapie Antigen-Antikörper-Reaktion (AAR) Page 5 Klinische Psychologie und Psychotherapie Immunoassays Verschiedene Arten von Immunoassays: – ELISA = Enzyme-Linked Immunosorbent Assay – FIA (Fluorescent Immunoassay: Fluoreszenzfarbstoffe) – CLIA (Chemiluminescent Immunoassay: Enzym → Reaktion → Licht) – RIA (Radioimmunoassay: Strahlung eines Radioisotops) → Klassifikation auf Basis des gemessenen Signals Auch für Hormone gibt es Antikörper https://www.antikoerper-online.de/ Page 6 Klinische Psychologie und Psychotherapie Verschiedene Arten von ELISA Indirekt Direkt Sandwich Kompetitiv Hat Patient Antikörper? Antigen-Spiegel messen Verwendung: Antigen-Spiegel messen z.B. HIV-Test - Wenig Antigen in Probe - Hohe Spezifität - Sensibles Verfahren - Hohe Flexibilität A A A A A Page 7 Klinische Psychologie und Psychotherapie Indirekter ELISA Hat der/die Patient/-in Antikörper? 1) Das Antigen wird an den Boden einer Mikrotiterplatte gebunden 2) Zugabe Probe des Patienten → Enthält Probe Antikörper, binden diese an die Antigene 3) Waschschritt → Entfernt ungebundenes Material 4) Zugabe zweiter Antikörper mit Enzym (z.B. Meerrettichperoxidase) 5) Zugabe Substrat →Substrat wird durch das Enzym zu einem Farbstoff umgewandelt. Je stärker die Farbe, desto mehr Antikörper befinden sich in der Probe des Patienten. Page 8 Klinische Psychologie und Psychotherapie Direkter ELISA Messung des Antigen-Spiegels in der Probe – Nachweisantikörper ist direkt an das Enzym gekoppelt und bindet an das Antigen aus der Probe Vorteile: − günstiger − schneller Page 9 Klinische Psychologie und Psychotherapie Sandwich ELISA Messung des Antigen-Spiegels in der Probe Antigen aus der Probe wird zwischen zwei Antikörpern «gefangen» → capture und detection antibody 1) Capture antibody am Plattenboden gebunden 2) Zugabe Probe → Antigene in der Probe binden an AK 3) Zugabe detection antibody → bindet an Antigene 4) Zugabe Substrat →Farbumschlag Page 10 Klinische Psychologie und Psychotherapie Kompetitiver ELISA Messung des Antigen-Spiegels in der Probe Kompetitiv – Enzymmarkiertes Antigen und Antigen aus der Probe «konkurrieren» um Bindung an Antikörper 1) Bindung zwischen Antikörper am Plattenboden und Antigen aus der Probe →Je weniger Antigene enthalten sind, desto mehr freie Antikörper- Bindestellen gibt es noch 2) Daran bindet nun ein zweites, künstlich hergestelltes Antigen 3) Nachweis des zweiten Antigens durch Farbreaktion – Farbintensität umgekehrt proportional zur Antigen-Konzentration in der A A Probe – Je weniger Antigen in der Probe war, desto mehr zweites Antigen hat gebunden und desto stärker ist die Färbung Page 11 Klinische Psychologie und Psychotherapie Auszug aus einem Laborprotokoll 9/28/2023 Title of the presentation, Author Page 12 Klinische Psychologie und Psychotherapie Get them samples! Dried Blood Spots (DBS) Speichelproben Salicaps Haarproben Page 13 Klinische Psychologie und Psychotherapie Dried Blood Spots - DBS Page 14 Klinische Psychologie und Psychotherapie Speichelproben Mehr Infos zu Probensammlung und Probenhandling: Saliva Collection Handbook https://salimetrics.com/ Page 15 Klinische Psychologie und Psychotherapie Haarproben Haarwachstum von ca. 1cm / Monat Mit einer Haaranalyse lassen sich daher Informationen über vergangene Zeiträume (z.B. Testosteronwerte über die letzten 3 Monate) oder vergangenes Verhalten (z.B. Substanzkonsum) gewinnen Meist werden die letzten 3 Monate (3cm Haar) als Analysezeitraum festgesetzt Aufbewahrung: Trocken und lichtgeschützt Achtung! Haarbehandlungen können die Messung des interessierenden Analyten erschweren oder im schlimmsten Fall verunmöglichen →meist wird daher zusätzlich ein Haarprotokoll erfasst Grundprinzipien der Vererbung und Grundlagen der Verhaltensgenetik 1 Übersicht 1. Definition und historischer Hintergrund der Genetik 2. Das menschliche Genom 3. Aufbau der DNA 4. Mitose – Zellkerne teilen sich 5. Meiose – Keimzellen entstehen 6. Mitose und Meiose im Überblick 7. Genexpression: von der DNA zum Protein 7.1 Transkription 7.2 Translation 8. Grundlagen der Verhaltensgenetik 8.1 Genotyp und Phänotyp 2 1. Definition und historischer Hintergrund der Genetik Die Genetik beschäftigt sich mit der Morphologie und Funktion von Genen ("Erbanlagen") sowie mit deren Vererbung (Weitergabe an die nächste Generation) 3 1866 Mendel experimenteller Nachweis der Vererbungsregeln 1868 Miescher aus Eiter Gewinnung eines neuen Biomoleküls aus dem Zellkern; Desoxyribonukleinsäure (DNA) 1919 Levene Aufklärung der molekularen Zusammensetzung der DNA 1944 Avery Nachweis, dass ein bestimmter Stamm von Pneumococcus- Bakterien krankheitserregende Eigenschaften eines anderen Stammes erwerben kann. Experimenteller Nachweis, dass die DNA Träger der Erbinformation ist 1953 Watson & Crick Beschreibung des strukturellen Aufbaus der DNA (Doppelhelix) 4 Gregor Mendel Francis Crick James Watson 2. Das menschliche Genom Jede Körperzelle besitzt genetisches Material, welches im sogenannten Zellkern lokalisiert ist Dieses genetische Material der Zelle wird auch als Genom bezeichnet und besteht aus sogenannter DNA Die DNA ist in Chromosomen organisiert Jeder Mensch hat 23 Chromosomen von der Mutter und 23 Chromosomen vom Vater. Jeweils zwei Chromosomen sind homolog. Sie sind gleich strukturiert und enthalten die gleichen Gene (einmal von der Mutter, einmal vom Vater) Jeder Mensch hat also einen diploiden (doppelten) Chromosomensatz mit 23 Chromosomenpaaren (insgesamt 46 Chromosomen) 22 dieser Chromosomenpaare sind bei Männern und Frauen gleich. Das sind Autosome. Das 23. Chromosomenpaar unterscheidet sich zwischen Männern und Frauen (Gonosomen, Geschlechtschromosomen) Frauen haben zwei X-Chromosomen (XX) Männer haben ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom (XY) 5 Der menschliche Chromosomensatz Als Karyogramm wird die Darstelllung sämtlicher Chromosome einer Zelle bezeichnet. Die homologen Chromosome (also jeweils eines der Mutter und eines des Vaters) „nebeneinandergelegt“ 6 Def. aus Ehlert, La Marca, Abbruzzese, Kübler, Biopsychologie, 2013 W. Kohlhammer GmbH Stuttgart, S. 16 Chromosomenaufbau Ein Chromosom ist ein DNA-Molekül. Dieses Molekül hat zwei DNA-Stränge, die in einer Doppelhelix verdrillt sind 1 Chromosom à 1 DNA-Molekül à 1 Doppelhelix Je nach Phase der Zellteilung liegt ein Chromosom als ein einzelner DNA- Doppelstrang (1-Chromatid-Chromosom) vor oder als zwei identische DNA- Doppelstränge, welche am Zentromer zusammenhängen (2-Chromatid- Chromosom mit zwei identischen Schwesterchromatiden à typische X-Form) Zentromer ist eine Einschnürungsstelle am Chromosom, welche das Chromosom in zwei oft unterschiedlich lange Abschnitte teilt 2 homologe Chromosomen ≠ 2 identische Chromatiden! Chromosomenpaar mit zwei Chromosomenpaar mit zwei homologen 1-Chromatid- homologen 2-Chromatid- Chromosomen Chromosomen Zentromer Zentromer Abb.: Griffiths et al., 2005, p.90 7 Das Gen Ein Gen ist ein DNA-Abschnitt, welcher sich an einem bestimmten Ort (Locus) auf einem Chromosom befindet Ein Gen ist eine funktionelle Einheit und enthält die genetische Information für ein Genprodukt (Protein) Der Mensch verfügt über ca. 25’500 Gene, verteilt auf 23 Chromosomen mit 3 Milliarden Basenpaare Die anderen 23 Chromosomen sind homolog. Sie enthalten dieselben Gene – allerdings nicht unbedingt in der gleichen Ausprägungsform Abb.: Griffiths et al., 2005, p. 4 8 3. Aufbau der DNA Die DNA besteht aus 2 Strängen, welche die Phosphat Doppelhelix bilden Die beiden Stränge setzen sich aus Desoxyribose Nukleotiden zusammen Jedes Nukleotid wiederum besteht aus einer Base, einer Desoxyribose (5er-Zucker) und einem Phosphat Nukleotide unterscheiden sich nur in der Art der Base Insgesamt kommen 4 verschiedene Basen vor: Adenin (A), Thymin (T), Guanin (G), Cytosin (C) und Weil die beiden DNA-Stränge aneinander- gelagert sind, stehen sich in der Mitte immer zwei Basen gegenüber (bilden Paare) Dabei bindet Adenin an Thymin und Guanin an Cytosin 9 DNA-Doppelhelix DNA-Einzelstrang mit Nukleotiden Abb.: http://www.tgg-leer.de/projekte/genetik/dna2/dna2.html Der genetische Code Die Abfolge der Basen A, T, G und C auf dem DNA-Strang bildet einen Code, nach welchem Codon AGC in der Zelle Proteine synthetisiert werden1 Jeweils 3 aufeinander folgende Basen (=Basentriplett oder Codon) kodieren eine Aminosäure Aminosäuren wiederum sind die Bausteine von Proteinmolekülen Proteine gehören zu den Grundbausteinen aller Zellen Über die Protein-Produktion steuert die DNA Struktur, Wachstum und Funktion der Zelle sowie den Zusammenbau von Zellen zu Geweben. Die DNA ist demnach eine Art Software, welche den komplexen Computer (Zelle, Gewebe, Organismus) steuert Insgesamt gibt es 43 = 64 Kombinations- möglichkeiten für Basentripletts und somit 64 verschiedene Codons 11 1 Die Synthese von Proteinen anhand des genetischen Codes wird ab Folie 26 genauer beschrieben Chromosom, Gen und DNA im Überblick 2x23 pro Zelle ca. 3 Milliarden pro 23 Chromosomen ca. 20’000-30’000 pro 23 Chromosomen 2x23 pro Zelle (bei 1-Chromatid- Chromosomen); je ca. 2m pro Zelle 12 4. Mitose – Zellkerne teilen sich Mitose bezeichnet den Vorgang der Zellkernteilung Der gesamte diploide Chromosomensatz wird erbgleich an zwei Tochterzellen weitergegeben Dafür muss die DNA vor der Zellteilung – während der sog. Interphase – zunächst verdoppelt (repliziert) werden, sodass aus 46 1-Chromatid- Chromosomen 46 2-Chromatid-Chromosomen entstehen (s.u.) Jede Tochterzelle erhält von allen 46 Chromosomen eines der beiden identischen Schwesterchromatiden Nach der erfolgreichen Mitose ist der Chromosomensatz der beiden Tochterzellen identisch mit demjenigen der Mutterzelle, d.h. die Tochterzellen enthalten wiederum 46 1-Chromatid-Chromosomen Nach Vollendung der Mitose folgt die sogenannte Cytokinese, bei der sich das Cytoplasma teilt Die Mitose ist nötig, damit ein Organismus durch Zellvermehrung wachsen oder zugrunde gegangene Zellen ersetzen kann. Beim Menschen beginnt die Zellteilung bei der befruchteten Eizelle 13 Phasen der Mitose Die Phasen der Mitose werden Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase genannt. Auf die einzelnen Phasen wird bei der Beschreibung der Meiose noch genauer eingegangen Schematische Darstellung der Mitose bei einer Zelle mit einem einzigen homologen Chromosomenpaar: Abb.: Griffiths et al., 2005, p.90-91 Siehe auch http://www.youtube.com/watch?v=VlN7K1-9QB0 14 Replikation der DNA Vor der Mitose Verdoppelung der DNA durch Replikation, damit jede Tochterzelle den vollständigen Chromosomensatz erhalten kann (Interphase) Bei der Replikation wird der gesamte DNA-Doppelstrang (1-Chromatid- Chromosom) durch das Enzym Helikase in zwei Einzelstränge aufgespalten In der Folge synthetisiert das Enzym DNA-Polymerase die komplementären Stränge zu den beiden Einzelsträngen (baut die passenden Nukleotide an) Es entstehen 2 identische Tochter-Doppelstränge (Chromatiden) 15 5. Meiose – Keimzellen entstehen Meiose ist eine besondere Form der Zellteilung, die zur Bildung der Gameten (Ei- und Samenzellen) führt Der diploide Chromosomensatz der Urkeimzellen wird auf den haploiden (einfachen) Satz der Keimzellen halbiert Mitose dient der Reproduktion von Körperzellen für Wachstum und Gewebeteilung; Meiose dient der Produktion von haploiden Geschlechtszellen Bei der Befruchtung verschmelzen die Zellkerne von Eizelle und Spermium zur Zygote mit dann diploidem Chromosomensatz à Ein Chromosomensatz entstammt der Eizelle, der andere dem Spermium Dadurch kann die Chromosomenzahl über Generationen hinweg konstant gehalten werden Die Meiose hat zwei Reifeteilungen - 1. Reifeteilung zur Trennung der homologen Chromosomen - 2. Reifeteilung zur Trennung der Chromatiden (mitotische Teilung) 16 Meiose – 1. Reifeteilung Zentrosom Prophase 1 Zu Beginn dieser Phase verkürzen sich die 46 2-Chromatid-Chromosomen der Urkeimzelle Die homologen Chromosomen – d.h. das väterliche und mütterliche Chromosom gleichen Typs – paaren sich Es bilden sich Chiasmata (=Kreuzungspunkte), wo sich mütterliche und väterliche Chromatiden überkreuzen. Sie bieten die Möglichkeit, Gene zwischen den mütterlichen und väterlichen Chromosomen auszutauschen (Crossing-over) Ein Spindelapparat beginnt sich zu bilden (bestehend aus Spindelfasern und zwei Zentrosomen) Achtung: Chiasmata kommen nur bei der Meiose vor! Diese und die folgenden Abb.: Campbell, 2000, p. 254-255 17 Metaphase 1 Zentrosom Die Kernmembran löst sich auf Die homologen Chromosomen ordnen sich paarweise im Äquatorialebene Mittelbereich der Zelle in der Äquatorialebene an Die Zentrosome wandern an die Zellpole Von den Zentrosomen ausgehende Spindelfasern (Mikrotubuli) verbinden sich mit den Zentromeren der Chromosomen 18202020 18 Anaphase 1 Nun werden die homologen Chromosomenpaare getrennt Das eine Chromosom eines Paars wird vom Spindelapparat zum einen Zellpol transportiert, das andere Chromosom zum entgegengesetzten Pol 19 Telophase 1 Die Zellmembran wird umgeformt und die Zelle teilt sich In jeder Zelle befinden sich jetzt nur noch 23 2-Chromatid-Chromosomen, d.h. ein Chromosom jeden Typs Die Reduktion vom diploiden (zweifachen) zum haploiden (einfachen) Chromosomensatz ist damit erreicht Die erste Reifeteilung ist abgeschlossen 20 Meiose – 2. Reifeteilung Die 2. Teilung läuft ähnlich ab wie die Mitose Die 23 2-Chromatid-Chromosomen ordnen sich in der Äquatorialebene der Zelle an (Metaphase 2), die beiden Chromatiden werden am Zentromer getrennt und vom Spindelapparat zu den Zellpolen transportiert (Anaphase 2) In der abschliessenden Telophase 2 entstehen vier haploide, nicht identische Zellen, welche je 23 1-Chromatid-Chromosomen enthalten haploide Mutterzellen Prophase 2 Metaphase 2 Anaphase 2 Telophase 2 21 Die Meiose im Überblick Chromatidenpaare vor der nächsten Teilung Siehe auch http://www.youtube.com/watch?v=D1_-mQS_FZ0 22 Meiose – wozu der Aufwand? Der Mensch hat 22 Chromosomenpaare und 2 Geschlechtschromosomen Total enthalten die Zellkerne also 46 Chromosomen Bei der Verschmelzung von männlichen und weiblichen Zellen würden ohne Meiose 2 x 46 Chromosomen zusammen kommen; in der nächsten Generation 184, dann 368, 736, 1472, 2944, 5888 usw. Jedes Chromosom darf aber nur paarweise vorhanden sein, sonst wären die Nachkommen nicht mehr lebensfähig Die Meiose reduziert die Chromosomenzahl auf genau einen Chromosomensatz! Durch die Verschmelzung von Sperma und Eizelle entsteht somit wieder ein doppelter Chromosomensatz 23 6. Mitose und Meiose im Überblick 24 Abb.: Griffiths et al., 2005, p. 74 Unterschiede zwischen Mitose und Meiose diploid (2n) 25 Tabelle: nach http://www.learnable.net/freeload/bio/B805.pdf Meiose, Befruchtung und Mitose im Überblick Meiose beim Meiose bei Vater der Mutter Die Zygote wächst durch Mitose 26 Übung Mitose – Meiose Bitte die beiden Tabellen vervollständigen (Lösung am Ende des Foliensatzes) Vor Zellteilung (nach Interphase / Replikation) Mitose Meiose Anzahl Chromosomen Anzahl Chromatide Chromosomensatz (diploid / haploid) Nach Zellteilung (nach Telophase I/II) Mitose Meiose I Meiose II Anzahl Chromosomen Anzahl Chromatide Chromosomensatz (diploid / haploid) 27 7. Genexpression: von der DNA zum Protein Genexpression ist die Produktion von Proteinen (Polypeptiden) anhand der genetischen Information 1. Die beiden DNA-Stränge werden aufgetrennt und die Strecke eines einzelnen Gens wird mithilfe spezifischer Enzyme abgelesen und in eine Kopie (messenger RNA; mRNA) umgeschrieben (Transkription). Dieser Vorgang findet im Zellkern statt 2. Die mRNA wandert aus dem Zellkern ins Cytosol, wo sich die Ribosomen befinden 3. Ribosome sind in allen Zellen vorhanden. In ihnen findet die Biosynthese der Aminosäureketten (Peptide) statt. Dabei wird die mRNA mithilfe spezifischer Enzyme in Peptide übersetzt (Translation) 28 Abb.: Purves, 20067 29 Steuerung der Genexpression Steuerung der Genexpression bedeutet, dass der Organismus reguliert, wann welches Gen „abgelesen“ werden und welches Protein in der Folge „zusammengebaut“ werden muss Die genetische Information in Form von Genen bleibt üblicherweise stabil, während die Lesbarkeit sowie die Häufigkeit, mit der ein Gen abgelesen wird, variieren und durch äußere Umstände beeinflusst werden kann 7.1 Transkription Ein Gen (DNA-Abschnitt) wird durch das Enzym Helicase aufgetrennt, so dass sogenannte RNA-Polymerasen Zugang zu den codierenden Regionen bekommen, die Information ablesen und die Polymerisation von Nukleotiden katalysieren können Komplementäre Nukleotide lagern sich durch Basenpaarung an einen der beiden Einzelstränge der aufgetrennten DNA an und werden zu einem RNA-Einzelstrang verknüpft (Polymerisation) Die RNA-Polymerase braucht die Information, welchen DNA- Abschnitt und welchen DNA-Einzelstrang sie in welcher Richtung transkribieren soll. Dies wird durch sog. Promotoren, spezielle DNA-Abschnitte vor jedem Gen, angegeben. Für die Beendigung der Transkription gibt es unterschiedliche Mechanismen (z.B. eine Uracil-Sequenz) Die durch die Transkription entstandene RNA* wird mRNA genannt * RNA kann in 3 Hauptgruppen eingeteilt werden (es gibt noch weitere Formen): – messenger-RNA (mRNA) Kopie von codierenden DNA Sequenzen – transfer-RNA (tRNA) an der Translation beteiligt – ribosomale RNA (rRNA) Bestandteil von Ribosomen 31 Unterschied DNA – RNA DNA RNA Anzahl Stränge Doppelstrang Einzelstrang Länge Lang à Information des Kurz à Information eines ganzen Genoms Genes Zuckermolekül Desoxyribose Ribose Basen Adenin, Guanin, Cytosin Adenin, Guanin, Cytosin und und Thymin Uracil 32 7.2 Translation Durch Ribosome und tRNA vermittelte Produktion eines Peptids, dessen Aminosäurensequenz von der Codonsequenz eines mRNA-Moleküls abgeleitet wurde Durch die Transkription Übertragung der genetischen Information eines Gens von der DNA auf die mRNA Jeweils drei aufeinanderfolgende Nukleotide der mRNA (Codon) kodieren eine bestimmte Aminosäure 3 der insgesamt 64 möglichen Codons sind Stop-Codons. Sie kodieren keine Aminosäure, sondern führen zum Abbruch der Translation Die restlichen 61 Codons kodieren die 20 in der Translation verwendeten Aminosäuren. Somit kodieren mehrere Codons dieselbe Aminosäure Die Translation wird durch die tRNA vermittelt. Diese ist am einen Ende mit einer Aminosäure beladen und verfügt am anderen Ende über ein Anticodon. Dieses Anticodon ist komplementär zum Codon der mRNA. Mit dem Anticodon dockt die tRNA am entsprechenden Codon auf der mRNA an Das Ribosom wandert dem mRNA-Strang entlang. Hier werden die Aminosäuren der verschiedenen tRNAs zu einer Polypeptidkette 33 verbunden Translation im Ribosom amino acid ribosome charged tRNA anticodon mRNA Abb.: Griffiths et al., 2005, p.6 34 Transkription und Translation im Überblick 35 8. Grundlagen der Verhaltensgenetik Verhaltensgenetik ist ein Teilbereich der Genetik. Es wird der Einfluss von Genen auf das Verhalten von Mensch und Tier untersucht Fragestellungen 1. Wie viel der Variabilität im menschlichen Verhalten ist durch Gene und wie viel durch die Umwelt bedingt 2. Welche Gene stehen wie mit einem Verhalten in Beziehung Wie können Gene Verhalten beeinflussen? § Gene kodieren nicht für Verhaltensweisen, sondern für Proteine, welche wiederum die Formierung neuronaler Systeme steuern § Diese Systeme sind die Substrate des Verhaltens 36 8.1 Genotyp und Phänotyp Der Genotyp ist die Summe aller genetischen Informationen, die ein Mensch aufgrund der Vererbung erhalten hat Der Phänotyp ist das Erscheinungsbild. Es ist Summe aller äusseren Merkmale und funktionellen Eigenschaften eines Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Der Phänotyp wird durch den Genotyp und durch Umwelteinflüsse bestimmt Oft werden die Begriffe spezifisch verwendet Der Genotyp bezeichnet dann, welche Ausprägungsformen (Allele) eines spezifischen Gens ein Individuum aufweist Der Phänotyp bezeichnet dann ein bestimmtes, beobachtbares Merkmal eines Individuums à Die Verhaltensgenetik dient der Frage, in welchem Ausmass der Phänotyp durch den Genotyp bestimmt wird 37 Genotyp – Allele Ein Allel bezeichnet eine von zwei oder mehr Ausprägungsformen der DNA- Sequenz eines bestimmten Gens Jedes Gen kann verschiedene Allele haben. Manchmal führen sich unterscheidende Allele zu unterschiedlichen phänotypischen Ausprägungen Wenn z.B. bei einer Blume ein einzelnes Gen für die Blütenfarbe direkt verantwortlich ist, könnte es für dieses Gen 2 Allele geben. Das Vorliegen des einen Allels würde z.B. zu einer roten Farbe, das Vorliegen des anderen zu einer weissen Farbe führen Da der menschliche Chromosomensatz diploid ist, haben wir von jedem Gen zwei Kopien und damit zwei Allele – eins am entsprechenden Locus auf jedem der beiden homologen Chromosomen Im Normalfall haben wir ein Allel von jedem Elternteil Sind die beiden Allele gleich, liegt Homozygotie vor; sind sie unterschiedlich, liegt Heterozygotie vor Das Allel, das sich „durchsetzt“, also im Phänotyp zum Vorschein kommt, ist dominant Das Allel, das „unterdrückt“ wird, also nicht im Phänotyp zum Vorschein kommt, ist rezessiv. Rezessive Allele werden phänotypisch sichtbar, wenn zwei rezessive Allele vorhanden sind Ein Beispiel Augenfarbe beim Menschen (vereinfachte Darstellung) Genotyp In der Population kommen zwei Allele vor - Braun (Dominant) - Blau (Rezessiv) Phänotyp Widerspiegelt sich hier im Aussehen - Braune Augen - Blaue Augen Vererbung - Von jedem Elternteil ein Gen (ein Allel), das für die Augenfarbe kodiert. à entweder das Braune oder das Blaue - Um den braunen Phänotyp zu erhalten, braucht man nur ein Allel, das für braun kodiert, da das braune Allel dominant ist à Heterozygotie oder Homozygotie möglich - Um den blauen Phänotyp zu erhalten, braucht man von jedem Elternteil das blaue Allel, da es rezessiv ist à Homozygotie zwingend 39 Genotyp – Sequenzvariationen Unterschiedlichen Allelen liegen Sequenzvariationen (Unterschiede in der DNA-Sequenz) zugrunde Bei den meisten dieser Sequenzunterschiede handelt es sich um single nucleotide polymorphisms (SNPs): ein einzelnes Basenpaar an einem bestimmten Ort auf einem DNA-Strang unterscheidet sich zwischen Individuen derselben Spezies bzw. zwischen homologen Chromosomen desselben Individuums; z.B.: Individuum1: …AAGGCTCAT… Invidiuum2: …AAAGCTCAT… …TTCCGAGTA… …TTTCGAGTA… Beim Menschen unterscheidet sich ungefähr eines von 1‘000 Basenpaaren zwischen zwei Individuen. Das heisst, dass die DNA-Sequenz verschiedener Personen zu 99.9% identisch ist Hochgerechnet auf das gesamte Genom kommt es allerdings doch zu etwa 3 Millionen Unterschieden in Basenpaaren 40 Genotyp – Auswirkungen von Sequenzvariationen auf die Genexpression Sequenzvariationen können zur Entstehung unterschiedlicher Proteinvarianten mit veränderter funktioneller Effizienz führen Ein grösserer Teil der Variation führt allerdings zu Unterschieden in der Steuerung der Genexpression. So kommt es also nicht zu unterschiedlichen Proteinen, sondern zu einer vermehrten oder verringerten Expression des gleichen Proteins Ausserdem kann durch Variation beeinflusst werden, wann und in welchem Gewebe ein Genprodukt exprimiert wird 41 Vom Genotyp zum Phänotyp Komplexe Merkmale (Phänotypen) werden nicht durch ein einzelnes, sondern durch sehr viele Gene beeinflusst Daneben wird die Ausprägung eines Merkmals jedoch auch entscheidend durch eine Vielzahl von Umweltfaktoren beeinflusst – Intrauterine Umwelt, Ernährung, Klima, elterlicher Erziehungsstil, Anschluss an «Peers», sozioökonomischer Status, Erkrankungen und Unfälle, traumatische Erlebnisse, chronischer Stress etc. Die Auftretenswahrscheinlichkeit dieser Umweltfaktoren ist z.T. wiederum nicht völlig frei von genetischen Einflüssen (je nach genetischer Ausstattung begibt sich ein Individuum z.B. eher in bestimmte Situationen) Der Effekt eines Gens wird wiederum moduliert durch andere Gene, das Lebensalter, das Geschlecht und die Umwelt (Interaktion) 42 Lösung zu den beiden Tabellen Mitose – Meiose Vor Zellteilung (nach Interphase / Replikation) Mitose Meiose Anzahl Chromosomen 46 46 Anzahl Chromatide 92 92 Chromosomensatz diploid diploid (diploid / haploid) Nach Zellteilung (nach Telophase I/II) Mitose Meiose I Meiose II Anzahl Chromosomen 46 23 23 Anzahl Chromatide 46 46 23 Chromosomensatz diploid haploid haploid (diploid / haploid) 43 Klinische Psychologie und Psychotherapie Biopsychologische Messmethoden B Methodenblock 2 Genetik Modul: 200e705l / HS2024 Verantwortliche: Dr. phil. Janek Lobmaier M. Sc. Michèle Schneeberger 10/3/2024 Page 1 Klinische Psychologie und Psychotherapie Agenda 1. Grundlagen Genetik (Wiederholung) 2. Deskriptive genetische Methoden Familien-, Zwillings-, Adoptionsstudien 3. Molekularbiologische Methoden Kandidatengen Assoziationsstudien, Polymorphismus Studien, Genomweite Assoziationsstudien, Knock-out Studien 4. Molekulargenetische Verfahren PCR, Gelelektrophorese, Karyogramm 10/3/2024 Page 2 Klinische Psychologie und Psychotherapie Grundbegriffe der Genetik DNA Chromosom Gen Allel 10/3/2024 Page 3 Klinische Psychologie und Psychotherapie DNA DNA (deutsch: DNS) - Deoxyribonucleic Acid (Desoxyribonukleinsäure) − Träger der Erbinformationen (Gene) − Bausteine der DNA: Nukleotide, welche aus einem Phosphat-, Zucker- und Basenanteil bestehen Vier Basen: Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T) − zwei komplementäre Stränge mit Zucker-Phosphat Rückgrat − Bindung der Stränge über Wasserstoffbrücken zwischen den komplementären Basen (A – T / G – C) − Struktur: Doppelhelix https://med lineplus.gov/ge netics/understanding /ba sics/dn a/, 27.09.22 Page 4 Klinische Psychologie und Psychotherapie https://my.clevelan dclin ic.org/hea lth/bod y/2306 4-dna-gen es--chromosomes, 27.09.22 Chromosom − «verpackte», kondensierte Form der DNA Menschliche Körperzellen: − Doppelter Chromosomensatz (diploid, 2n) Insgesamt 46 Chromosomen (44 Autosomen, 2 Gonosomen: XX oder XY) − Ausnahme: In den Keimzellen (Eizelle und Spermium) liegt ein einfacher Chromosomensatz vor (haploid, 1n) Vergleich der Chromosomenanzahl unterschiedlicher Spezies: Abb ildung: https://ib.bioninja.com, 02.10.23 https://flexikon.docche ck.com/de/Chromosomenana lyse, 0 2.1 0.2 3 Page 5 https://my.clevelandclinic.org/health/body/23064-dna-genes--chromosomes, 27.09.22 Klinische Psychologie und Psychotherapie Gen, Allel Gen − Abschnitt auf der DNA der für ein bestimmtes Enzym kodiert − Genetische Information liegt in der Abfolge der Basenpaare ein Gen (eine Basenpaarabfolge) kodiert für ein spezifisches Enzym − Beim Menschen wurden bisher 30‘000 bis 40‘000 Gene identifiziert Allel − verschiedene Variationen eines Gens − Enthalten prinzipiell dieselbe Information, Funktionalität kann aber abweichen DNA = Sprache Gen = Begrüssung Allel = Variation «Hallo» «Guten Tag» «Hey Alter» Page 6 Klinische Psychologie und Psychotherapie Warum genetische Forschung in der Biopsychologie? Untersuchung von Merkmalen (Phänotyp) und zugrunde liegender genetischer Unterschiede (Genotyp) – Wieso wirkt ein bestimmtes Medikament nur bei gewissen Personen? – Wahrscheinlichkeiten für Ausprägungen (z.B. psychische Erkrankung) – Wieso entwickeln bestimmte Personen leichter eine Suchterkrankung? Besseres Verständnis von Gen-Umwelt-Interaktionen – Multifaktorielle Bedingung von Krankheit / Gesundheit Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse im Bereich der Prävention und Intervention Page 7 Klinische Psychologie und Psychotherapie Deskriptive genetische Methoden Klinische Psychologie und Psychotherapie Familienstudien Beobachten des Vorkommens eines Merkmals in einer gesamten Familie (=mehrere Generationen) – Abstammungsuntersuchung / Stammbaumanalysen − Rückschlüsse auf genetische Komponente hinter einer Ausprägung (=„familiäre Häufung“) → Was fällt euch auf beim folgenden Stammbaum? → Welche Aussagen lassen sich über die genetische Komponente der Krankheit treffen? gesund erkrankt 10/3/2024 Klinische Psychologie und Psychotherapie Zwillings- und Adoptionsstudien Varianz (Unterschiede) eines Merkmals kommen zustande durch: − Gene − geteilte Umwelt − nicht geteilte Umwelt Vergleich eines Merkmals zwischen mono- und dizygoten Zwillingspaaren − bei gleicher Umgebung (z.B. gemeinsames Elternhaus, dieselbe Schule) – bei unterschiedlicher Umgebung = Adoptionsstudien →Zuordnung von Ähnlichkeiten zu genetischen Komponenten oder Umweltfaktoren →Berechnung der Heritabilität mittels statistischer Modelle 10/3/2024 Page 10 Klinische Psychologie und Psychotherapie (Maier et al. 2017) 10/3/2024 Page 11 Klinische Psychologie und Psychotherapie Molekularbiologische Methoden Klinische Psychologie und Psychotherapie Kandidatengen-Assoziationsstudien Identifizierung von Genen oder Genkomplexen, die mit einer spezifischen Erkrankung oder Vulnerabilität assoziiert sind Anwendung: − Erkenntnisse zu Ursachen und Verlauf einer Krankheit − (Prä-)Diagnostik Methode zur Identifikation von Kandidatengenen: − SNP-Analysen, Polymorphismus Studien 10/3/2024 Page 13 Klinische Psychologie und Psychotherapie SNP – single nucleotide polymorphism Polymorphismus = verschiedene Variationen (Allele) eines Gens Sequenzvariation eines Gens Single nucleotide polymorphism (SNP) = – häufigste genetische Variation – Austausch einer einzelnen Base: „Punktmutation“ – Grossteil der Varianz im menschlichen Erbgut Bereits mehr als 2 Millionen SNP‘s identifiziert 10/3/2024 Page 14 Klinische Psychologie und Psychotherapie Variabilität im menschlichen Genom Neben SNP’s gibt es noch viel weitere Variationen im menschlichen Genom, z.B.: – Kopienzahlvarianten, z.B. STR (short tandem repeats) Unterschiedliche Anzahl Wiederholungen einer bestimmten Sequenz, kann in kodierenden oder nichtkodierenden Abschnitten liegen. – Insertions- oder Deletionspolymorphismen: INDELs 10/3/2024 Page 15 Klinische Psychologie und Psychotherapie Polymorphismus Studien Können bestimmte Polymorphismen (Allele eines Gens) ein Merkmal erklären? – Wichtiges Anwendungsgebiet: Pharmakogenetik − Interindividuelle Unterschiede in der Wirksamkeit / Metabolisierung von Medikamenten, Nebenwirkungen etc. 10/3/2024 Page 16 Klinische Psychologie und Psychotherapie Beispiel Polymorphismus Studie Wie hängen Polymorphismen im Östrogenrezeptor-Gen (ESR2) mit psychischen Störungen zusammen? 10/3/2024 Page 17 Klinische Psychologie und Psychotherapie Genomweite Assoziationsstudie Genomweit: − Untersuchung des gesamten Genoms auf Polymorphismen Assoziation: − Suche nach Zusammenhängen zwischen bestimmten Polymorphismen und Merkmalsausprägungen (z.B. Vorliegen einer bestimmten psychischen Störung) Achtung: Studien sind explorativ und ermöglichen i.d.R. nur korrelative Aussagen Keine klare Aussage zu Kausalität Keine klare Aussage zu zugrundeliegenden Mechanismen (Wie genau führen die bestimmten Polymorphismen zur Ausprägung von Krankheit XY?) 10/3/2024 Page 18 Klinische Psychologie und Psychotherapie Knock-out Studien „Ausschaltung“ bestimmter Gene mittels molekularbiologischer Verfahren (gene targeting) – Rückschluss auf von diesem Gen ausgeführter Funktion durch Inaktivität – Vergleich der Versuchsgruppe vs. „wild type“ Beispiel: Ausschaltung des Leptin Rezeptor Gens (knock-out) führte bei Mäusen zur Entwicklung einer Adipositas (Ren et al., 2020) − Leptin: Hormon zur Regulierung des Energiehaushalts und Hungergefühls Aber: «Consequently, gene knockout per se is not sufficient to assess gene function and must be integrated into a more global approach for determining biological functions.» Bouché & Bouchez (2001) 10/3/2024 Page 19 Klinische Psychologie und Psychotherapie Molekulargenetische Verfahren Klinische Psychologie und Psychotherapie Polymerase-Kettenreaktion (PCR) − Methode zur Vervielfältigung genetischen Materials DNA wird in mehreren Zyklen mittels eines Enzyms (DNA-Polymerase) künstlich verdoppelt Voraussetzung für viele genetische Analysen (z.B. Gelelektrophorese oder Genomsequenzierung) 10/3/2024 Page 21 Klinische Psychologie und Psychotherapie Polymerase-Kettenreaktion (PCR) 1. Denaturierung: Die doppelsträngige DNA wird erhitzt, um die Stränge zu trennen. Die Wasserstoffbrücken, die die beiden DNA-Stränge zusammenhalten, werden aufgebrochen. 2. Annealing: Temperatur gesenkt und auf einem Wert gehalten, der eine spezifische Anlagerung der Primer an die DNA erlaubt 3. Elongation: Die DNA-Polymerase ergänzt den Einzelstrang mit freien Nukleotiden zum Doppelstrang. Sie beginnt am angelagerten Primer und folgt dann dem DNA-Strang. Der Primer wird nicht wieder abgelöst, er bildet den Anfang des neuen Einzelstrangs. Dauer ca. 30 Sekunden je 500 Basenpaare Zyklus wird mehrmals wiederholt 10/3/2024 Page 22 https://www.genome.gov/ Klinische Psychologie und Psychotherapie Gelelektrophorese − Methode, um DNA-Fragmente nach Grösse aufzuteilen − Prinzip: DNA besitzt eine negative elektrische Ladung und wandert in einem Agarose-Gel vom Minus- zum Pluspol Kurze Abschnitte wandern schneller durch das Gel als längere Abschnitte →Auftrennung nach Grösse − Mit der Zeit lagern sich Moleküle gleicher Grösse und Ladung in sogenannten Banden zusammen spezifisches Bandenmuster 10/3/2024 Page 23 Klinische Psychologie und Psychotherapie Gelelektrophorese Ablauf: − DNA in Fragmente unterschiedlicher Länge schneiden mit Restriktionsenzymen →Fragmentierung − DNA markieren (z.B. mit Farbstoff) − gelelektrophoretische Auftrennung der einzelnen DNA-Fragmente nach ihrer Grösse − Das Bandenmuster ist spezifisch für jede Probe 10/3/2024 Page 24 Klinische Psychologie und Psychotherapie Gelelektrophorese - Anwendung – Test der genetischen Verwandschaft Z.B. Vaterschaftstests – Forensik Vergleich von Genmaterial am Tatort mit der verdächtigen Person – Gensequezierung (Sanger-Sequenzierung https://www.youtube.com/watch?v=JcfnrJDTPG0) – Gelelektrophorese kann auch zur Auftrennung anderer Moleküle verwendet werden, z.B. Enzyme (Western Blot) 10/3/2024 Page 25 Klinische Psychologie und Psychotherapie Wer ist der Vater? 10/3/2024 Page 26 Klinische Psychologie und Psychotherapie Gensequenzierung/ Sequencing – Bestimmung von Abschnitten der DNA → genaues Profil aus einzelnen Basenpaaren und Abfolgen Identifizierung von Kandidatengenen, Polymorphismen, SNP‘s – 2003: Erstmalige Sequenzierung des gesamten menschlichen Genoms im Rahmen des „Human Genome Project“ − Vergleich des Genoms innerhalb und zwischen Spezies (genetische Ähnlichkeit): Mensch – Mensch 99.9% Mensch – Schimpansen 96.0% Mensch – Maus 70.0% Menschen – Bananen 60.0% https://www.genome.gov/human-genome-project 10/3/2024 Page 27 Klinische Psychologie und Psychotherapie Karyogramm / Karyotypisierung – Zur mikroskopischen Analyse der Chromosomen – Chromosomen werden eingefärbt, fotografiert und paarweise angeordnet – Nachweis chromosomaler Veränderungen z.B. Trisomie 21, Turner Syndrom (Monosomie X ), Klinefelter Syndrom (XXY) 10/3/2024 Page 28 Klinische Psychologie und Psychotherapie 10/3/2024 Page 29 Klinische Psychologie und Psychotherapie Nächstes Mal: Gastreferat mit Dr. phil. Andreas Walther Methodenblock 3: Reaktivitätstest Hausaufgabe: Selbstlernteil Reaktivitätstest beim Menschen Powerpoint auf OLAT im Sitzungsordner 04 10/3/2024 Page 30 Klinische Psychologie und Psychotherapie Referenzen Bouché, N., & Bouchez, D. (2001). Arabidopsis gene knockout: phenotypes wanted. Current opinion in plant biology, 4(2), 111-117. Campbell, N. A., & Reece, J. B. (2006). Biologie. (J. Markl, Hrsg.) (6. Aufl.). München [u.a.]: Pearson Studium. Maier, W., Giegling, I., Rujescu, D. (2017). Genetik und Gen-Umwelt-Interaktionen bei psychischen Erkrankungen. In: Möller, HJ., Laux, G., Kapfhammer, HP. (eds) Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642- 45028-0_5-2 Passarge, E. (2008). Taschenatlas Humangenetik. Georg Thieme Verlag. Ren, Z., Liu, Y., Hong, W., Pan, X., Gong, P., Liu, Q., Zhou, G., & Qin, S. (2020). Conditional knockout of leptin receptor i n neural stem cells leads to obesity in mice and affects neuronal differentiation in the hypothalamus early after birth. Molecular Brain, 13(1). https://doi.org/10.1186/s13041-020- 00647-9 http://www.drmgenomic.com/blog/article/Lessons-from-the-Human-Genome-Project https://www.genome.gov/ Zur Wiederholung und Veranschaulichung – PCR: https://www.youtube.com/watch?v=OwFMJC7SQ_I – Gelelektrophorese: https://www.youtube.com/watch?v=jlb5F4IfeSo – Sequenzierung: https://www.youtube.com/watch?v=Z_podTzgO0M 10/3/2024 Page 31 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Biopsychologische Methoden - B Methodenblock 3 - Reaktivitätstests Selbstlernteil Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie ??? Übersicht ??? Vulnerabilitäts-Stress-Modelle ??? Reaktivitätstests in der Humanforschung Psychosozialer Stress (TSST, MIST, etc.) Physiologischer Stress (CPT[mix], DEX[-CRH], LPS, etc.) Outcome-Masse (physiologisch objektiv vs. self-report subjektiv) 09.10.24 2 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Wozu dienen standardisierte Reaktivitätstests in der Biopsychologie? Baseline-Messungen weisen nicht auf das Gleiche wie Reaktivitätsmessungen hin (Funktion in Ruhe und unter Stress) Experimentelle Induktion von Stress und Messung der psycho- physiologischen Adaptation im Labor möglich Standardisierte Erfassung der Funktion von biologischen Systemen unter Stress (Stress kann psychisch oder physisch sein) Vergleichbarkeit/Manipulation des Stressors und dessen Auswirkung auf spezifische biologische Systeme Vergleichbarkeit der Reaktion über verschiedene Stichproben (aber nur innerhalb Spezies [Maus vs. Mensch]) 09.10.24 3 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Wieso ist die Messung der psycho- physiologischen Reaktivität relevant für klinische Fragestellungen? Wieso sollten auch klinische PsychologInnen/PsychotherapeutInnen gut über solche Mechanismen Bescheid wissen? 09.10.24 4 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25653516 All unsere Ätiologiemodelle psychischer Störungen basieren auf Vulnerabililtäts-Stress-Modellen Von Iroqu - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, 09.10.24 5 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Daskalakis et al., 2013 Steroid secretion profile Immune system activity Chronic disease / divorce Supportive family / good job 09.10.24 6 Ganzheitliche Erklärungsmodelle verstehen (Depression nach Hautzinger) Aus: Hautzinger, M. (2010). Akute Depression. Göttingen: Hogrefe. 09.10.24 7 09.10.24 8 HPA: Cortisol secretion and the negative feedback 09.10.24 9 HPA: Cortisol secretion and the negative feedback 09.10.24 10 HPA: Cortisol secretion and the negative feedback 09.10.24 11 HPA: Cortisol secretion and the negative feedback (Rinde/Mark) § Sympathicus / Parasympathicus 09.10.24 09.10.24 Christian Vögtlin, University of Zurich 12 12 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie ??? Übersicht ??? Vulnerabilitäts-Stress-Modelle ??? Reaktivitätstests in der Humanforschung Psychosozialer Stress (TSST, MIST, etc.) Physiologischer Stress (CPT[mix], DEX[-CRH], LPS, etc.) Outcome-Masse (physiologisch objektiv vs. self-report subjektiv) Reaktivitätstests in der Mausforschung Depressionsparadigmen (CSDS, CUS, LH, LPS, etc.) Verzweifulungstests / Outcome Tests (FST, TST, OFT, SPT, EPM, etc.) 09.10.24 13 Why was/is this TSST so interesting for the field? 09.10.24 14 TSST – two very simple tasks can be very stressful … you as a test subject will perform a mock job interview applying for a position in front of an expert panel for behavioral research, afterwards you will complete a second task, which we will explain later (10min preparation phase) … counting backwards from 1022 in steps of 13 (5min) … performing a mock job interview applying for a position (5min) TSST Video: https://www.youtube.com/watch?v=aYI6lCeeT5g&t=150s Neuer VR TSST: https://www.youtube.com/watch?v=UDT6k1RkXJU 09.10.24 15 09.10.24 16 TSST-G - Protocol 09.10.24 (von Dawans et al., 2011) 17 TSST – cortisol stress response 09.10.24 (Kirschbaum et al., 1993) 18 TSST – Autonomic nervous system Reaktivitätstests - Biopsychologische Methoden B - HS2020 (Kirschbaum et al., 1993) 09.10.24 19 TSST – Immune system Leukocyte redistribution (from barracks to battle stations) … the immune system is basically also only another stress system (immune response as adaptation process to the stressor, namely antigens) Dhabar et al., 2012 09.10.24 20 The origin of the TSST Hans Selye (a German endocrinologist) 1936 and 1950 described the General Adaptation Syndrome (nonspecifically caused changes) in response to stress....a variety of stimulus events (e.g. heat, cold, toxic agents) applied intensely and long enough are capable of producing common effects (e.g. cortisol response or leukocyte redistribution), meaning not specific to either stimulus event. 09.10.24 21 TSST and the Mason Factors Hans Selye 1936 and 1950 described the General Adaptation Syndrome in response to stress. John Mason (1971) pointed out that the stressors observed as effective by Selye carried a common emotional meaning for the animals. (Mason, 1971, 1975) novel strange unfamiliar Thus, the animal's state could be described in terms of helplessness, uncertainty, and lack of control. Mason identified the following five factors as determining how stressful a situation is perceived: novelty uncertainty unpredictability uncontrollability ego-involvement 09.10.24 22 Acute stressors and cortisol responses: A meta-analysis including 208 laboratory studies Motivated performance as in a jobinterview / create a context of forced failure in which a subject is unable to avoid negative consequences or cannot succeed despite best effort (uncontrollability) / and characterized by social-evaluative threat. 09.10.24 23 TSST – Gender, Menstrual Cycle Phase and Oral Contraceptives Kirschbaum et al., 1999 Meta-analytic examinations show men to exhibit consistently higher TSST- cortisol responses. (Liu et al., 2017) 09.10.24 24 TSST – Age, gender differences Meta-analytic examinations reveald: - Aging increases the cortisol response to challenge. (Otte et al., 2005) Kudielka et al., 2004 09.10.24 25 Cortisol day profile – Age differences Karlamangla et al., 2013 09.10.24 26 TSST – overall effects on cortisol stress response Mean effect estimate: d =.60 CI95%: 0.53 – 0.67 There is a significant cortisol response also when adjusted for small-study effects (publication or measurement bias). 09.10.24 27 TSST – Gender and age effects Heterogeneity of the cortisol responses was further reduced by: adjusting for the mean age and the portion of males in the respective study but not by the time that had passed since the TSST was introduced 09.10.24 28 TSST wrap up The Trier Social Stress Test (TSST) is a tool to experimentally induce moderate psychosocial stress in humans. (Kirschbaum et al., 1993) Characteristics: The TSST mainly consists of an anticipation period (10min) and a test period (10min) in which the subjects have to deliver a free speech and perform mental arithmetic in front of an audience. Multiple studies have shown that the TSST reliably leads to a 2- to 4-fold elevation in salivary cortisol above baseline with similar peak cortisol concentrations. Combining motivated performance, uncontrollability, and social evaluative threat makes the TSST a potent psychosocial stress induction tool. Sex, age, (or many more factors e.g. genetics, tobacco consumption) influence the individuals stress response to psychosocial stress. 09.10.24 29 MIST - The Montreal Imaging Stress Task (Dedovic et al., 2005) https://www.youtube.com/watch?v=6EFs8wy3i8E 09.10.24 30 MIST - The Montreal Imaging Stress Task (Dedovic et al., 2005) Aufgabe für die Plenumssitzung am Donnerstag: Notiert euch, welche Faktoren bei dem MIST den Stress ausmachen. Notiert euch, welche “What’s going on? Are you Gemeinsamkeiten und not feeling well? Your Unterschiede der TSST Testresults are very bad in und der MIST haben. comparison to the others. Please try again and now really concentrate, or we cannot use your data.” 09.10.24 31 MIST - The Montreal Imaging Stress Task (Dedovic et al., 2005) … berauschend ist anders… aber… 09.10.24 32 MIST - The Montreal Imaging Stress Task (Dedovic et al., 2005) The Montreal Imaging Stress Task: using functional imaging to … berauschend ist anders… investigate the effects of perceiving aber… dafür kann man das and processing psychosocial stress in im Scanner mit eingebautem the human brain Screen, im liegen und ohne K Dedovic, R Renwick, NK Mahani… - grosse Bewegung laufen 2005 - lassen. Zitiert von: 473 Ähnliche Artikel Alle 18 Versionen 09.10.24 33 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Das waren zwei wichtige psychosozialen Stress-Tests Psychosoziale Stresstests sind für uns Psychologen besonders wichtig, da wir ja den Einfluss von psychosozialem Stress auf die Gesundheit untersuchen (Vulnerabilitäts-Stress-Modelle) Was gibt es sonst noch so...? 09.10.24 34 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Cold Pressure Test (Hines, 1932) Einfaches Prozedere Baseline Messungen vor Testbeginn Eintauchen der Hand in Eiswasser für bestimmte Zeit (variiert zwischen 1-3 Minuten) Messungen während und nach dem Test möglich https://www.youtube.com/watch?v=x6n5DI_trtg 09.10.24 35 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Cold Pressure Test (Wu et al., 2017) 09.10.24 36 Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Socially Evaluated Cold Pressure Test (Minkley et al., 2014 ) The ‘Socially Evaluated Cold Pressor Test’ (SECPT) in which a physiological, cold pressor (immersion of hand in cold water) and psychological stressor (social- evaluative threat) are combined, is used as stress paradigm. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Socially Evaluated Cold Pressure Test (Minkley et al., 2014 ) Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie... Ok, lasst uns nun noch zwei pharmakologische Provokationstests anschauen, die ebenfalls unsere Stresssysteme aktivieren... Solche Tests wurden primär aufgrund somatischer Störungen, wie «Cushing’s disease» entwickelt. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Hormonstörungen sind fast immer mit psychischen Symptomen assoziiert! Ehlert (WB 2012) Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Bei Cushing’s wirkt ein Tumor an der Hypophyse, oder der Nebenniere und löst somit zuviel ACTH, oder Cortisol aus. Im Film (link) wird erklärt, wie entsprechend mittels DEX ein Cushing’s korrekt diagnostiziert wird. https://www.youtube.com/watch?v=ZINZOob04IY Zusatz: Addison’s disease ist genau das Gegenteil, da wird anschliessend zu wenig Cortisol produziert. Bei beiden Erkrankungen sind psychische Symptome stark gehäuft. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Dexamethason Suppressions-Test (Heuser et al., 1994) Psychologische Stressoren aktivieren das HPA-System, indem sie die limbischen und kortikalen Bereiche (präfrontaler Kortex (PFC), Hippokampus, Amygdala) und den paraventrikulären Kern (PVN) des Hypothalamus stimulieren. Ein direkterer Weg für den PVN, CRH zu sezernieren, wird sowohl von physischen Stressoren als auch von pharmakologischen Chal- lenges erreicht. Der Dexamethason (DEX)-Suppressionstest, der CRH-Test und der kombinierte DEX/CRH-Test wirken auf der Ebene der Hypophyse und indirekt auf der Ebene der Nebenniere und ermöglichen die Beurteilung der Rückkopplungsempfindlichkeit des HPA-Systems. (gleicher Link nochmals: https://www.youtube.com/watch?v=ZINZOob04IY) Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie CRH-Test 1 (Heuser et al., 1994) Der CRH-Stimulationstest besteht aus einer intravenösen (IV) Bolusinjektion von 100 mg Human-CRH (hCRH) oder 1 mg kg-1 Schaf-CRH (oCRH), die in 1 ml 0,02 %iger Salzsäure in 0,9 %iger Kochsalzlösung am späten Nachmittag oder frühen Abend, wenn das HPA-System relativ ruhig ist, verabreicht wird. Die Dreißig Minuten und unmittelbar vor der Bolusinjektion von CRH werden Blutproben für die Ausgangswerte von ACTH und Cortisol entnommen. Während der ersten 2 Stunden nach der CRH-Verabreichung sollten alle 15 Minuten Blutproben entnommen werden, danach alle 30 Minuten für weitere 1 Stunde. Bei gesunden Kontrollen treten ACTH-Spitzenreaktionen nach 15-30 Minuten auf, während Cortisol etwa 30-60 Minuten nach der CRH- Verabreichung seine Spitzenwerte erreicht. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie CRH-Test 2 (Heuser et al., 1994) Die CRH-Stimulation führt zu einer mindestens zweifachen ACTH-Reaktion mit einer ziemlich hohen interindividuellen Vari- ation, und die Cortisolreaktion ist gewöhnlich größer als 270 nmol l-1. Bei Probanden mit Hypothalam- Dysfunktionen (z.B. Depressionen) können die hormonellen Reaktionen auf CRH jedoch mit verzögerten Peaks verstärkt werden. In Fällen, in denen höhere Dosen von CRH verwendet werden, kann eine biphasische ACTH- Reaktion beobachtet werden, die durch Cortisol-Feedback-Effekte verursacht wird. Außerdem hat OCRH aufgrund einer längeren Halbwertszeit eine verlängerte Wirkung auf die Hypophyse. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie CRH-Test 3 (Heuser et al., 1994) Die Nebenwirkungen von CRH sind normalerweise sehr mild und vorübergehend und können Hitzewallungen im Bereich von Thorax, Hals oder Gesicht, Verengung des Brustkorbs, Kurzatmigkeit und/oder Beschleunigung von Atmung und Herzfrequenz umfassen. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Dexamethason-CRH Suppressions-Test (Heuser et al., 1994) Die Probanden erhalten 1,5 mg Dexamethason oral um 23.00 Uhr. Am folgenden Tag werden sie nach einem leichten Mittagessen gegen 12.00 Uhr mit einem IV- Unterarmkatheter um 14.30 Uhr versorgt. Um 15.00 Uhr wird die erste Blutprobe entnommen (postDEX, aber präCRH - als Basaluntersuchung bezeichnet). Um 15.05 Uhr wird CRH injiziert, und danach wird bis 16.15 Uhr alle 15 Minuten Blut abgenommen. Die Ergebnisse in den DEX/CRH-Tests werden in der Regel als Hormonkonzentrationen zu den vorgegebenen Zeitpunkten angegeben. Zusätzlich werden zwei abgeleitete Parameter, der DELTA-Wert (Spitzenkonzentration nach 15.05 Uhr minus Basalkonzentration um 15.00 Uhr) und der AUC-Wert (Fläche unter der Konzentrationszeitkurve minus linearer Hintergrund) angegeben. Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie... und nun vom Hormonsystem zum Immunsystem... Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie LPS – Provokation (Kharitonov & Sjöbring, 2007) Endotoxin, oder Lipopolysaccharid (LPS), ist ein Bestandteil der äußeren Zellmembran gramnegativer Bakterien. LPS ist eine hochwirksame proinflammatorische Substanz, die bei einer Injektion oder beim Einatmen dosisabhängig Fieber, Schüttelfrost und Bronchokonstriktion verursacht. Diese Symptome werden von einer proinflammatorischen Reaktion in der Zirkulation und mit einer Erhöhung der Neutrophilen, Makrophagen und bestimmten Zytokinen/Chemokinen begleitet. Diese Reaktion kann mit bestimmten Medikamenten teilweise modifiziert werden. Zigarettenrauch, der bioaktives LPS enthält, ist z.B. die häufigste Ursache chronisch verengender Lungenerkrankungen. LPS-Provokation kann also inhalativ, durch injection in die Zirkulation oder auf der Haut aufgetragen erfolgen Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie LPS – Provokation Was ist LPS und wieso können wir es für einen Immunsystem-Reaktivitätstest nutzen: https://www.youtube.com/watch?v=2At9ka9QOFU Erklärung: Wie kann man LPS nutzen in Studien (am Beispiel einer Fibromyalgiestudie) https://www.youtube.com/watch?v=8e5xKX036bE Ausführliche Erklärung was Bakterielle Toxine sind: Exotoxine, Endotoxine https://www.youtube.com/watch?v=mjm5mjBVceo Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie... und damit dann auch erstmal genug... Die etwas unschönen Maus-Reaktivitäts- Tests besprechen wir dann am Donnerstag zusammen... Psychologisches Institut, Klinische Psychologie und Psychotherapie Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! 09.10.24 Reaktivitätstests - Biopsychologische Methoden B - HS2020 52 Universität Zürich 17.10.2024 Inhaltsverzeichnis 1. Einführungsfragen 2. Störungsspezifisches Methodenwissen: Polymorphismus in 5-HHT Gen (Gen-Umwelt-Interaktionen) Genome-wide association studies (GWAS) und Depression Geteilte Heritabilität (GWAS): Psych. Störungen & neurol. Erkrankungen BDNF Val66Met-Polymorphismus und Stressvulnerabilität / Ansprechen auf Antidepressiva 3. Think-Pair-Share-Aufgabe & Quiz-Runde Universität Zürich 17.10.2024 Einführungsfragen Universität Zürich 17.10.2024 Menti Code: 3558 3586 Universität Zürich 17.10.2024 Diagnosekriterien nach ICD-10 Hauptsymptome: Gedrückte, depressive Stimmung Interessenverlust, Freudlosigkeit Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit + weitere Zusatzsymptome (Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, etc.) Depressive Episode mind. 2 Wochen Funktionsbereiche im Leben stark beeinträchtigt Darf nicht durch andere psychische Störungen erklärt werden Darf nicht auf medikamentöse Einflüsse zurückgeführt werden ABER: In ICD-11 andere Herangehensweise Universität Zürich 17.10.2024 Was ist Depression? "Depressive disorders are characterised by depressive mood (e.g., sad, irritable, empty) or loss of pleasure accompanied by other cognitive, behavioural, or neurovegetative symptoms that significantly affect the individual’s ability to function. […]" - ICD-11 Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 6 Universität Zürich 17.10.2024 Studie von Caspi et al. (2003) Influence of Life Stress on Depression: Moderation by a Polymorphism in the 5-HTT Gene Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 8 Influence of Life Stress on Depression (Caspi et al., 2003) Was untersucht wird: Anhand eines funktionellen Polymorphismus in der Promoter-Region des Serotonintransporter-Gen (5-HTT) wird die genetische Vulnerabilität auf Depressionen untersucht Ob 5-HTT Gene-Variation den Einfluss von Life-Events auf Depression moderiert Die Funktion von Serotonin-Transporter wird mit der Entstehung von Depressionen in Verbindung gebracht Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 9 5-HTT Gen Wichtig zu wissen! Promotor: DNA-Abschnitt, welcher die Expression des Genes steuert Die Promotor-Region des 5-HTT Genes spielt bei der Serotonin-Wiederaufnahme eine wichtige Rolle Short-Allel: geringere Transkriptionseffizienz Long-Allel: höhere Transkriptionseffizienz Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 10 Abbildung 5-HTT Gene und Promoterregion (De Neve, 2011) https://www.youtube.com/watch?v=XX2V2YKEsnI Chromosom Gen aus DNA- Information Allel Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 11 Diathese-Stress-Modell Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 12 Influence of Life Stress on Depression (Caspi et al., 2003) Längsschnittliche Testung (Geburtskohorte von 3-26 Jahren) 3 Gruppen von 5-HTT Genotypen: s/s homozygot s/l heterozygot l/l homozygot Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 13 Influence of Life Stress on Depression (Caspi et al., 2003) Interaktion zwischen Genotypen und Misshandlungen im Kindesalter bezogen auf Depressionen im Erwachsenenalter Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 14 Influence of Life Stress on Depression (Caspi et al., 2003) Prozentsatz der Personen, die im Alter von 26 Jahren die Diagnosekriterien für eine Depression erfüllen, in Abhängigkeit vom 5-HTT- Genotyp und der Anzahl der belastenden Lebensereignisse im Alter von 21 bis 26 Jahren. Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 15 Aber… (Caspi et al., 2003) Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen 5-HTT-Gen und Depression Mehr Wissen über die genauen funktionellen Eigenschaften des 5-HTT Gens nötig Bei dieser Studie wurden keine Endophänotypen gemessen (CSF, fMRI etc.) Allerdings zeigen die Ergebnisse, das die Gene x Umwelt Interaktion die Entwicklung von Depressionen erklärt und dieses Modell auch für andere Erkrankungen in Betracht gezogen werden soll Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 16 Genome-wide association studies (GWAS) und Depression Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 17 GWAS und Major Depression (MDD) GWAS bei psychiatrischen Erkrankungen anspruchsvoll (Hyde et al., 2016) → Heterogenität → Polygenie →...und noch vieles unklar... Wichtig: Berücksichtigen der Bevölkerungsgruppe Übersichtstabelle in Review von 2021: (...) (Kendall et al., 2021) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 18 GWAS und Major Depression (MDD) Meta-Analyse von Hyde et al. (2016) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 19 Identifizierung von Risiko-SNPs in MDD (Hyde et al., 2016) Ziel: Genetische Risiko-Loci (assoziiert mit MDD) identifizieren, Stichprobe europäischer Abstammung Riesige Stichprobengrösse Daten: o 23andMe-Erhebungsdatensatz (n = 75’607 / 231‘747) o Psychiatric Genomics Consortium (PGC) (n = 9’240 / 9’519) o 23andMe-Replikationsdatensatz (n = 45’773 / 106’354) →Hauptresultat: 17SNPs assoziiert mit MDD (Selbstbericht) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 20 Exkurs https://www.23andme.com/ Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 21 Identifizierung von Risiko-SNPs in MDD (Hyde et al., 2016) Wichtige Konzepte...:...für Assoziationsanalysen: → Logistische Regressionen (Odds Ratio, p-Werte für Assoziationen)...für Meta-Analyse: →standard fixed-effects, inverse-variance weighted approach → …fixed-effects: Effektstärken der einzelnen Studien gleich gestellt → …inverse-variance: Grössere Stichprobe -> kleinere Varianzen -> grosses Gewicht für Meta-Analyse Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 22 Identifizierung von Risiko-SNPs in MDD (Hyde et al., 2016) Manhattan-Plot: Transformierte p-Werte -log10(pval) Position auf den Chromosomen (genomic position) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 23 Was bedeutet dies nun? (Hyde et al., 2016) Biologische Relevanz? o SNPs auf Genen für neuronale Entwicklung (Transkriptionelle Regulation) Geschlechterspezifische Effekte? o Keine Hinweise auf Geschlechtsunterschiede in genetischer Prädisp. von MDD Gemeinsames genetisches Risiko bei psych. Störungen/Traits? o Höchste Überlappung mit Schizophrenie und Neurotizismus Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 24 Studie von The Brainstorm Consortium (2018) Analysis of shared heritability in common disorders of the brain Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 25 Was wurde untersucht? Heritabilität von 25 «Brain Disorders» Neurologische Krankheiten: Alzheimers, Epilepsie, Multiple Sklerose (MS), Migräne, Parkinson Psychische Störungen: ADHS, BPD, GAD, MDD, Schizophrenie Kovariablen: Anzahl der Bildungsjahre, ob geraucht wird, IQ-Test-Score Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 26 Studiendesign GWAS-Studie: 17 Phänotypen SNPs wurden untersucht (können auch ausserhalb Allel sein) Gruppe 1: ~265k Personen mit Diagnosen Gruppe 2: ~785k Personen ohne Diagnosen Meta-Analysen der "Brain Disorders" (aus EU) Heritabilität-Schätzmethode: Linkage disequilibrium score (LDSC) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 27 Unterschiede der "Brain Disorders" Attribute Psychische Störungen Neurologische Krankheiten direkt beobachtbare Phänomen Latente Konstrukte Phänomene (Emboli, usw.) multifaktoriell b e d i n g t ( b i o Physische Schäden (mit u.a. Ätiologie - p s y c h o - sozial) psychischem Einfluss) Genetische Korrelation korreliert korreliert nicht untereinander Ist einzelnes Gen eher nein eher ja verantwortlich? Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 28 "Brain Disorders": Allgemeines PS & NK korrelieren genetisch NICHT miteinander Subklassen von "Brain Disorders" können unterschiedliche genetische Ursprünge haben z.B. Migräne mit Aura vs Migräne ohne Aura Einige PS & NK haben dasselbe Symptom, obwohl genetischer Ursprung unterschiedlich ist z.B. "Psychose" in Alzheimer's und Schizophrenie Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 29 Psychische Störungen: korrelieren hoch… Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 30...aber warum? Werden nach Phänotyp, nicht nach einzigartiger Ätiologie klassifiziert Diagnosekriterien werden ohnehin bereits kontrovers diskutiert -> Lösungsansatz: transdiagnostische Psychotherapie Bestimmte Störungen häufiger fehlklassifiziert als andere Querschnitte sagen nichts über Kausalitäten aus z.B. bilden ADHS-Betroffene durch ihre Lebenserfahrung & Frustration mit anderen erst MDD, weshalb sie irgendwann beides zeigen? Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 31...und die Kovariablen? Korrelieren generell kaum mit neurologischen Krankheiten Korrelieren mit einigen psychischen Störungen (nicht kausativ!) Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 32 Limitationen Meta-Analysen nur aus Europa (westlicher Bias) Ausschluss von 3 Subtypen des ischämischen Hirnschlags & "Agreeableness" der Big 5 Seltene «genetic variates» ausgelassen (z.B. gemeinsamer Gen in Epilepsie & ASD) Generelle Erhebungsfehler (z.B. "Unaufmerksamkeit" in IQ-Tests bei ADHS-Leuten) ICD-10-Diagnosen nicht immer empirisch fundiert Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 33 Studie von Yu et al. (2012) Variant Brain-Derived Neurotrophic Factor Val66Met Polymorphism Alters Vulnerability to Stress and Response to Antidepressants ➔ BDNF Val66Met-Polymorphismus und Stressvulnerabilität / Ansprechen auf Antidepressiva Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 34 Theoretischer Hintergrund (I) BDNF „brain derived neurotrophic factor“ = Nervenwachstumsfaktor BDNF ist ein Protein, welches im limbischen System und in den Muskeln freigesetzt wird Dieser Nervenwachstumsfaktor ist wichtig für o Wachstum von Nervenzellen und Synapsen o Zellüberleben, neuronale Plastizität und Zellregulation o »Dünger für das Gehirn» BDNF Val66Met-Polymorphismus = genetische Variation des BDNF Val66Met = an Position 66 des BDNF-Proteins wird die Aminosäure Valin durch Methionin ersetzt Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 35 Theoretischer Hintergrund (II) ➔ Polymorphismus ist also im BDNF-Gen und wird untersucht Untersuchung der Auswirkungen des ValMet-Polymorphismus auf: o Stressreaktionen o Ansprechen auf Antidepressiva ValMet-Polymorphismus verbunden mit erhöhter Anfälligkeit für psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen Zugrundliegende Mechanismen jedoch unklar Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 36 Ziele der Studie Zugrundliegende Mechanismen jedoch unklar ➔ Ziele der Studie: o 1. Wie beeinflusst die genetische Veränderung (ValMet-Polymorphismus) die Reaktion auf Stress? o 2. Welche Konsequenzen hat dies auf Verhalten und auf das Ansprechen von Antidepressiva? Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 37 Studiendesign (I) Verwendung von genetisch veränderten Mäusen, die den menschlichen ValMet-Polymorphismus tragen, um die Auswirkungen dieser Mutation auf Stressanfälligkeit zu untersuchen. Mäuse wurden Stress ausgesetzt, um zu schauen, wie der ValMet-Polymorphismus o die HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) verändert o und die Verhaltensreaktion auf Stress verändert Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 38 Studiendesign (II) Zudem wurden zwei Antidepressiva untersucht: o Fluoxetin o Desipramin Um deren Wirksamkeit auf stressbedingte depressive Verhaltensweisen in Mäusen mit dieser Mutation zu testen Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 39 Methoden Tiere o Verwendet wurden männliche Mäuse im Alter von 3 - 4 Monaten, die entweder den ValMet- Polymorphismus oder den Wildtyp hatten. Stressinduktion o Mäuse wurden über einen Zeitraum von 7 Tagen täglich 2 Stunden in einem Käfig gehalten, um chronischen Stress zu simulieren. Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 40 Methoden (Verhaltenstests) Forced Swim Test (FST) o Misst depressive Symptome durch die Dauer der Bewegungslosigkeit Open Field Test o Misst angstähnliche Verhaltensweisen T-Maze Test und Morris Water Maze o Testen räumliches Gedächtnis und Arbeitsgedächtnis Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 41 Methoden (Molekulare Tests) Um die Aktivität der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) zu beurteilen, wurde folgendes gemessen: o Corticosteron-Level („Mäuse-Cortisol“) o ACTH-Level (von der Hypophyse abgegebenes Hormon) Hypophyse Nebenniere Corticosteron Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 42 Ergebnisse (I) Stressreaktion ValMet-Polymorphismus-Mäuse zeigten im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen nach Stress eine stärkere Reaktivität der HPA-Achse mit erhöhten Corticosteron- und ACTH-Spiegeln. Interaktion mit Umwelt Wildtyp (ohne mit Mutation) Mutation Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 43 Ergebnisse (II) Verhalten Nach Stress entwickelten ValMet-Polymorphismus-Mäuse ausgeprägte depressive und ängstliche Verhaltensweisen, darunter verminderte Präferenz für süsse Lösungen und vermehrte Immobilität im FST. Sie zeigten auch schlechtere Leistungen im Arbeitsgedächtnis (T-Maze Test). Je höher der Balken, desto mehr Je höher der Präferenz Balken, desto für Süsses. immobiler. Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 44 Ergebnisse (III) Antidepressiva-Ansprechen Desipramin (DMI), ein Norepinephrin-Wiederaufnahmehemmer (NRI), konnte die stressbedingten depressiven Verhaltensweisen bei den mutierten Mäusen wirksam lindern. Fluoxetin (FLX), ein Serotonin- Wiederaufnahmehemmer (SSRI), zeigte dagegen keine signifikante Wirkung bei ValMet-Polymorphismus- Mäusen. Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 45 Interpretation / Zusammenfassung o Die Studie liefert den Nachweis, dass der BDNF Val66Met-Polymorphismus die Anfälligkeit für stressbedingte Depressionen und Angstzustände erhöht. o Diese genetische Variante führt zu einer verstärkten Reaktion der HPA-Achse auf Stress. o Zudem zeigte die Studie, dass Desipramin als Antidepressivum bei ValMet-Mäusen wirksamer ist als Fluoxetin, was darauf hindeutet, dass Menschen mit dieser genetischen Variante besser auf Norepinephrin-basierte Antidepressiva ansprechen könnten. o Diese Ergebnisse geben wertvolle Einblicke in die potenziellen therapeutischen Ansätze für depressive und ängstliche Störungen bei Menschen mit dem ValMet-Polymorphismus. Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 46 Was sind Stärken & Schwächen von GWAS und Kandidatengenstudien? Universität Zürich Biopsychologische Methoden B 17.10.2024 47 Think-P