Beobachtungslernen & Gedächtnis: Zusammenfassung - PDF
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Justus Liebig Universität Gießen
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Summary
Diese Zusammenfassung behandelt die Themen Beobachtungslernen und Gedächtnis, basierend auf der Psychologie von Gerrig (2018). Es werden Kernkonzepte wie mittelbare Verstärkung, Gedächtnisstrukturen und -prozesse erläutert. Zusätzlich werden auch die Auswirkungen von Mediengewalt auf das Beobachtungslernen diskutiert.
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GERRIG (2018): PSYCHOLOGIE (S.246-249) BEOBACHTUNGSLERNEN WAS VERSTEHT MAN UNTER DEM BEGRIFF BEOBACHTUNGSLERNEN? - Neue Reaktionen werden durch das Beobachten des Verhaltens anderer gelernt - Erklärung: ð Nach dem bloßen Beobachten des Verhaltens einer Person, das verstär...
GERRIG (2018): PSYCHOLOGIE (S.246-249) BEOBACHTUNGSLERNEN WAS VERSTEHT MAN UNTER DEM BEGRIFF BEOBACHTUNGSLERNEN? - Neue Reaktionen werden durch das Beobachten des Verhaltens anderer gelernt - Erklärung: ð Nach dem bloßen Beobachten des Verhaltens einer Person, das verstärkt oder bestraft wurde, verhält sich Beobachter*In später in ähnlicher Weise oder nimmt Abstand ð Sie denkt, sie wird den gleichen Verstärker/ die gleiche Bestrafung erhalten ð Lernen, durch die Fehler/ den Erfolg anderer - Bsp.: Paula kann sich besser benehmen als Max, weil sie aus seinen Fehlern gelernt hat - Lernen durch mittelbare Verstärkung und mittelbare Bestrafung - Kognitionen kommen beim Beobachtungslernen oftmals in Form von Erwartungen zum Tragen - Beobachtungslernen = lernen, ohne Versuch- und Irrtums-Prozesse zu durchlaufen WARUM KANN BEOBACHTUNGSLERNEN NICHT VORAUSGESAGT WERDEN? - Soziales Lernen findet in Situationen statt, wo Lernen im Rahmen traditioneller Konditionierungstheorien nicht vorhergesagt werden würde, da der Lernende keine Verstärker erhalten und auch keine aktive Reaktion gezeigt hat. ERKLÄRE BEOBACHTUNGSLERNEN/ MODELLLERNEN ANHAND DES EXPERIMENTS NACH BANDURA → Banduras Experiment mit den Bobo-Dolls (Clownpuppe) = klassische Demonstration menschlichen Beobachtungslernens - Kinder haben erwachsene Modelle beobachtet, die eine Clownspuppe aus Plastik namens Bobo gestoßen, geschlagen und getreten haben ð Kinder zeigten mit größerer Häufigkeit dieses Verhalten als Kinder, die die aggressiven Modelle nicht sahen - Studien zeigten, dass Kinder das Verhalten allein durch das Betrachten von Sequenzen gefilmter Modelle imitieren. Sogar, wenn es sich bei den Modellen um Cartooncharaktere handelt. - Prosoziales Verhalten (Hilfeverhalten) und antisoziales Verhalten (Verletzungsverhalten) erlernen wir von Modellen VON WELCHEN PROZESSEN HÄNGT ES AB, OB DAS VERHALTEN DES MODELLS EINFLUSSREICH IST? → Es gibt 4 zeitlich aufeinander aufbauende Prozesse, von denen es abhängt, ob das Verhalten des Modells einflussreich ist: (1) Aufmerksamkeit ð Modell muss Aufmerksamkeit geschenkt werden ð Wahrscheinlicher, wenn Modell Eigenschaften mit der beobachteten Person teilt ð Je wichtiger die Person und ihr Handeln erscheint, desto eher beobachten wir (2) Behalten ð Beobachter muss Repräsentation des vom Modell gezeigten Verhaltens im Gedächtnis ablegen ð Langzeitgedächtnis ist zuständig ð Man merkt sich Fakten, Handlungsabläufe, Prozeduren und Algorithmen (3) Reproduktion ð Physisch und mental in der Lage sein, das Beobachtete nachzuahmen/ selbst zu imitieren (4) Motivation ð Grund haben, das Verhalten des Modells zu imitieren, wenn Verhalten verstärkende Konsequenzen nach sich zieht ð Die Beobachtung einer positiven Verstärkung bei anderen wirkt sich lernförderlich aus (=stellvertretende Verstärkung) Bsp.: (1) Anna schaut Max (älterer Bruder) beim Kochen zu, da er eine große soziale Bedeutung für sie hat. Sie nimmt Details wahr. (2) Anna behält den ganzen Kochvorgang, um ihn reproduzieren zu können (kocht Pasta, nimmt Pesto und vermischt alles) → das Gesehene muss erinnert werden. (3) Anna ist körperlich und kognitiv in der Lage, das Beobachtete nachzunahmen/ selbst zu tun (4) Anna sieht, wie Max von den Eltern für seine Kochkünste gelobt wird. Sie beobachtet seine positive Verstärkung. Das wirkt lernförderlich und erhöht die Wahrscheinlich, dass sie selbst das beobachtete Verhalten irgendwann zeigt. Anna kocht, wenn sie die Belohnung der Eltern für sich als reizvoll empfindet und diese auch erfahren möchte. FÜHRT FERNSEHKONSUM ZU GEWALT? Laut einer Studie laufen Kinder, die Gewalt im Fernsehen konsumieren, Gefahr, als Erwachsene übermäßig aggressiv zu werden. WIE WIRKT SICH TV-GEWALT NEGATIV AUF DAS LEBEN VON FERNSEHZUSCHAUER*INNEN AUS? → Drei Arten, wie sich Gewalt im Fernsehen negativ auswirkt: (1) Betrachtung von Gewalt ruft auf Grundlage des Beobachtungslernens Zuwachs an aggressivem Verhalten hervor ð Aggressive Gewohnheiten, die ihren Ursprung in starkem Fernsehkonsum im frühen Alter haben, können die entwicklungspsychologische Basis von antisozialem Verhalten später im Leben sein (2) Überschätzung des Auftretens von Gewalt im Alltag ð Mögliche Folge: Zuschauer*Innen entwickeln Angst, Opfer von Gewalt im wahren Leben zu werden (3) Betrachten von Gewalt kann zu Desensibilisierung führen ð Minderung des Stressempfindens und der emotionalen Erregbarkeit beim Betrachten gewalttätigen Verhaltens ABER: Durch TV können Kinder auch prosoziales Verhalten lernen, wenn prosoziale Verhaltensmodelle gezeigt werden. → deshalb sollten Eltern angemessene Modelle im Fernsehen für ihre Kinder auswählen. ZWISCHENBILANZ 1. Was bedeutet mittelbare Verstärkung ð Mittelbare Verstärkung liegt vor, wenn das Verhalten eines Menschen wahrscheinlicher wird, nachdem er oder sie die Verstärkung des Verhaltens eines anderen Menschen beobachtet hat. 2. Warum sollte man den Fernsehkonsum von Kindern im Kontext von Beobachtungslernen betrachten? ð Die Forschung deutet darauf hin, dass Kinder die Zeugen einer großen Zahl aggressiver Handlungen werden, selbst lernen aggressiver zu sein. Kritisches Denken: Durch welche Schritte konnte man in der Fernsehstudie sichergehen, dass die richtige kausale Erklärung für die in den Daten sichtbare Korrelation gefunden wird? GERRIG (2018): PSYCHOLOGIE (S. 253-291) WAS IST GEDÄCHTNIS? WAS VERSTEHT MAN UNTER DEM BEGRIFF GEDÄCHTNIS? Gedächtnis = → mentale Fähigkeit, Informationen zu enkodieren, zu speichern und abzurufen → Form der Informationsverarbeitung WELCHE BESCHREIBUNGSDIMENSIONEN KÖNNEN BENUTZT WERDEN? (1) Explizites vs. implizites Gedächtnis (Gedächtnisinhalte bewusst vs. unbewusst) (2) Deklaratives vs. prozedurales Gedächtnis (Fachwissen vs. Prozeduren) (3) Meta-Gedächtnis (übergeordnet): Wissen über eigenes Lern- und Gedächtnissystem (Wie plane ich einen Lerntag vor der Prüfung richtig?) (4) Kurz- vs. Langzeitgedächtnis (Unterscheidung anhand der Speicherkapazität und -dauer) (!) Anmerkung: kommen auch kombiniert vor: → Prozedurale Gedächtnisinhalte sind meist implizites Wissen; deklaratives Wissen ist auch explizit verfügbar KENNZEICHEN DES GEDÄCHTNISSES WELCHE FUNKTIONEN ERFÜLLT DAS GEDÄCHTNIS? - Zugang zur eigenen und kollektiven Vergangenheit (eine der Wichtigsten) o Versuch sich an spezifische Ereignisse oder Infos zu erinnern - Erlaubt es mühelos Kontinuität der Erfahrungen von einem Tag zum nächsten Tag herzustellen WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DEM IMPLIZITEN UND DEM EXPLIZITEN GEBRAUCH DES GEDÄCHTNISSES? Explizit Implizit Vollbringen einer bewussten Anstrengung, um eine Abruf von Informationen, ohne sich bewusst darum Information abzurufen/wiederherzustellen zu bemühen WAS SIND TOP-DOWN-PROZESSE DER INFORMATIONSVERARBEITUNG? - Bestimmen, wie man sich in einer Situation zurechtfindet - Welche Analysen man bewusst/unbewusst vornimmt - Viele Inhalte werden hierbei automatisiert abgerufen o Bsp.: Analyse einer Küche bei der Frage: „Was fehlt auf dem Bild?“ → Was sieht man normalerweise in einer typischen Küche? Was fehlt (Spüle, Herd, etc.) WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DEM DEKLARATIVEN UND DEM PROZEDURALEN GEDÄCHTNIS? Deklaratives Gedächtnis Prozedurales Gedächtnis Gedächtnis für Gedächtnis, wie Dinge getan werden. Die Art und Weise wie perzeptuelle, Informationen, wie Fakten kognitive und motorische Fähigkeiten erworben, aufrechterhalten und und Ereignisse angewendet werden. ( = Wissen, dass) ( = Wissen, wie) MIT WAS BESCHÄFTIGEN SICH THEORIEN ZUM PROZEDURALEN GEDÄCHTNIS? - Wie viel Übung braucht man? - Über welchen Zeitraum wird gelernt? - Wie gelangt man von einer bewussten Liste von Fakten zu einer unbewussten, automatischen Ausführung? WAS VERSTEHT MAN UNTER DEM BEGRIFF „PRODUCTION COMPILATION“ UND WELCHES PROBLEM BIRGT DER VORGANG? ð Den Prozess kognitiver Schritte, aus denen eigene Handlungen hervorgehen, zusammenzufügen. o Bsp.: Telefon: erst muss man sich Nummer für Nummer merken und bei öfterem Wählen, kann man es automatisch ð Durch Übung kann man längere Handlungssequenzen ausführen, ohne dass das Bewusstsein eingreift oder sich anstrengen muss ð Allerdings hat man auch keinen bewussten Zugang zum Inhalt dieser Einheiten o Bsp.: Telefon: teilweise muss man so tun, als würde man Nummer eintippen, um herauszufinden, wie die Nummer lautet ð Production Compilation kann auch zu Fehlern führen, da man nicht anders kann, als eine Sequenz vollständig auszuführen o Bsp.: Wenn man Eincreme tippen will, kommt es vor, dass man Eischreme tippt, da man das prozedurale Gedächtnis → das Tippen von „sch“ automatisiert hat ð Da man keinen bewussten Zugang zum Inhalt hat, ist es schwierig, sein Wissen mit anderen zu teilen, ohne den Prozess selbst auszuführen. Man kann meist nicht anders als die Sequenz selbst komplett auszuführen. ÜBERBLICK ÜBER GEDÄCHTNISPROZESSE WAS IST NÖTIG, UM WISSEN ZU EINEM SPÄTEREN ZEITPUNKT NUTZEN ZU KÖNNEN? → Drei kognitive (Informationsverarbeitungs-)Prozesse sind nötig, um Wissen zu einem späteren Zeitpunkt nutzen zu können (1) Enkodieren ð Führt zu einer Repräsentation im Gedächtnis ð = Prozess von der Informationsaufnahme bis hin zur Einspeicherung in ein Gedächtnissystem ð Erfordert Bildung mentaler Repräsentation der Infos aus der externen Welt ð Mentale Repräsentationen bewahren die wichtigsten Infos vergangener Erfahrungen, um es möglich zu machen, sich diese selbst zu repräsentieren ð Bsp.: Über das Lieblingsgeburtsgeschenk reden, obwohl es nicht da ist (2) Speicherung ð Das Aufrechterhalten von enkodierten Infos über eine gewisse Zeitspanne hinweg ð Je nach Gedächtnissystem: Speicherung über Millisekunden oder dauerhaft ð Speicherung erfordert sowohl kurzzeitige als auch langfristige Veränderungen in Gehirnstrukturen (3) Abruf ð Die Aktivierung gespeicherter Infos zu einem späteren Zeitpunkt ð Ist häufig das Ziel einer Enkodierung und Speicherung von Gedächtnisinhalten ERKLÄRE ANHAND EINES BEISPIELS, WARUM DIE INTERAKTION VON GEDÄCHTNISPROZESSEN KOMPLEX IST → Obwohl es einfach ist, Enkodierung, Speicherung und Abruf als getrennte Gedächtnisprozesse zu definieren, ist die Interaktion der drei Prozesse komplex - Bsp.: Zum Enkodieren des Satzes: „Sie ist so mutig wie Jeanne d’Arc“ müssen Sie: o Bedeutungen jedes einzelnen Wortes abrufen o Grammatische Regeln abrufen, die angeben, wie Wortbedeutungen im Deutschen kombiniert werden o Informationen abrufen, wie mutig Jeanne d’Arc war WELCHE GEDÄCHTNISSTRUKTUREN UND -PROZESSE ERMÖGLICHEN ES, INFORMATIONEN KURZ UND LANGFRISTIG ZU BEHALTEN? - Anfängliches Enkodieren von Informationen im sensorischen Gedächtnis und im Arbeitsgedächtnis - Die Übertragung von Informationen in das Langzeitgedächtnis zum Zwecke der Speicherung - Die Übertragung von Informationen vom Langzeitgedächtnis in das Arbeitsgedächtnis beim Abruf - Sensorisches Gedächtnis ist Verbindung zwischen Wahrnehmen und Gedächtnis → Alles, was wir wahrnehmen, wird kurz gespeichert ZWISCHENBILANZ 1. Was ist der Unterschied zwischen explizitem und implizitem Gebrauch des Gedächtnisses? ð Expliziter Gedächtnisgebrauch erfordert bewusste Anstrengung, impliziter Gedächtnisgebrauch hingegen nicht. 2. Angenommen, Sie sind geübt im Jonglieren: Beruht ihre Fertigkeit mehr auf dem deklarativen oder auf dem prozeduralen Gedächtnis? ð Ihre Fertigkeit resultiert mehr aus dem prozeduralen Gedächtnis 3. Sie können sich plötzlich nicht mehr an das Passwort für Ihren E-Mail-Zugang erinnern. Welcher Gedächtnisprozess ist am wahrscheinlichsten für diese Schwierigkeit verantwortlich? ð Weil Sie ihr Passwort zuvor enkodiert und gespeichert haben, liegt ihr Problem wahrscheinlich im Abruf Ihrer Gedächtnisinhalte. NUTZUNG DES GEDÄCHTNISSES FÜR KURZE ZEITRÄUME WELCHE DREI WENIG DAUERHAFTE GEDÄCHTNISARTEN GIBT ES? ð Ikonisches Gedächtnis ð Kurzzeitgedächtnis ð Arbeitsgedächtnis DAS IKONISCHE GEDÄCHTNIS WELCHE EIGENSCHAFT HAT DAS IKONISCHE GEDÄCHTNIS? = Gedächtnissystem im visuellen Bereich, das große Informationsmengen für sehr kurze Zeit speichern kann - Große Kapazität - Je länger man wartet, um Informationen wiedergegen zu können, desto weniger richtige Inhalte kann man wiedergeben - Visueller Gedächtnisinhalt hat Lebensdauer von ca. halbe Sekunde - Wenn man den Eindruck hat, ein gerade abgedecktes Bild noch kurz sehen zu können → wird vom visuellen Gedächtnis ermöglicht - Hilft, große Informationsmengen für kurze Zeit zwischenzuspeichern WAS VERSTEHT MAN UNTER EIDETISCHE VORSTELLUNGSKRAFT? - (!) Ikonisches Gedächtnis ist NICHT das Gleiche wie das fotografische Gedächtnis - Menschen mit eidetischer (bildhafter) Vorstellungskraft können sich an Details aus Bildern über eine sehr viel längere Zeitspanne hinweg erinnern, als es durch das ikonische Gedächtnis möglich wäre. - Kommt eher nur im Kindes- und Jugendalter - Nimmt mit dem Lebensalter ab DAS KURZZEITGEDÄCHTNIS WELCHE EIGENSCHAFTEN HAT DAS KURZZEITGEDÄCHTNIS? - = KZG, (short-time-memory) - Kein Ort, an dem Gedächtnisinhalte abgelegt werden - Mechanismus, der kognitive Ressourcen auf eine kleine Menge mentaler Repräsentationen hin bündelt - Die Einbettung in den größeren Kontext des Arbeitsgedächtnisses sollte helfen, das KZG nicht als Ort, sondern als Prozess zu verstehen - Begrenzte Ressourcen und limitierte Speicherdauer! KAPAZITÄTSBESCHRÄNKUNGEN DES KZG INWIEWEIT IST DIE KAPAZITÄT DES KZG EINGESCHRÄNKT? - nur möglich, eine kleine Auswahl von Informationen im KZG aktiv zu halten - Beschränkte Kapazität zwingt daher zur scharfen Bündelung der Aufmerksamkeit - Kapazität des KZG wird durch eine Abschätzung der Gedächtnisspanne geleistet WIE VIELE ITEMS IN EINER ZAHLENFOLGE KÖNNEN SICH DIE MEISTEN MENSCHEN MERKEN? ð Gedächtnisspanne ermöglicht bspw. das kurzfristige Merken von 3-5 Items einer Zahlenfolge WARUM FÄLLT UNS BEGRENZUNG DER KAPAZITÄT DES KZG NICHT ÖFTER AUF? ð Wir erinnern uns effizient (auch trotz Kapazitätsgrenzen) ð Aus zwei Gründen: o Rehearsal o Chunking WIE KANN DAS ENKODIEREN IM KZG VERBESSERT WERDEN? → Enkodieren = Erstmalige Verarbeitung von Informationen, die zu einer Repräsentation im Gedächtnis führt, kann verbessert werden durch: 1. Rehearsal - Wiederholen hilft dabei, die Informationen vor einem Verblassen im KZG zu bewahren - Informationen im Kopf kreisen lassen: erhaltende Wiederholung ð Bsp.: Wenn sich jemand vorstellt, Namen kurz wiederholen, bevor man mit dem Gespräch fortfährt. - Abruf aus dem KZG ohne Rehearsal: ð Wird in dem Intervall zwischen Reizgabe und Abruf kein Störfaktor gegeben, dann sinkt die Abrufleistung mit zunehmendem Intervall. ð Leistung sinkt, da Informationen nicht wiederholt werden können und wegen Interferenz durch konkurrierende Infos auf Störaufgaben ð Bsp.: Das Gespräch stellt quasi eine Störung dar im Beispiel mit der Vorstellung 2. Chunking - = Prozess der Rekonfiguration von Items, indem sie: o auf Basis von Ähnlichkeiten oder anderen Organisationsprinzipien gruppiert werden o auf Basis von Informationen, die im LZG gespeichert sind, zu größeren Mustern kombiniert → Gedächtnisspanne kann vergrößert werden, durch die Organisation in Chunks - Bedeutungsvolle Informationseinheit (Buchstabe, Zahl, Folge von Wörtern, …) - 1984: Folge aus Ziffern, die Kapazität des KG aufbrauchen könnte o Wenn man sich die Zahlenfolge allerdings als Jahreszahl merkt, bildet man einen Chunk und mehr Kapazität bleibt für andere Informationen übrig ARBEITSGEDÄCHTNIS - WELCHE EIGENSCHAFTEN HAT DAS ARBEITSGEDÄCHTNIS? - Kognitives System, das intelligente Leistungen (z.B.: Rechnen und Schreiben) ermöglicht - Speichert aufgenommene Informationen kurzfristig, um diese mit den Inhalten des Langzeitgedächtnisses zu kombinieren und zu vergleichen - Für kognitive Prozesse wie Sprachverarbeitung und Problemlösen müssen eine Menge verschiedener Elemente in schneller Abfolge zusammengebracht werden - AG, um Schussfolgern und Sprachverstehen zu enkodieren - AG als Grundlage für den Fluss der Gedanken und Handlungen von Moment zu Moment bereit EIN BEISPIEL FÜR DAS AG? - Wenn man sich die Anfangszeit vom Film behalten möchte und sich dazu Stift und Block holt, um sich die Zeit aufzuschreiben → speichert das Kurzzeitgedächtnis die Uhrzeit ab. - Das Arbeitsgedächtnis führt gleichzeitig die kognitiven Prozesse durch, die zu einer effizienten Suche nach Block und Stift gehören DAS ARBEITSGEDÄCHTNISMODELL NACH ALAN BABBELEY (2000) WELCHE FUNKTIONEN HABEN DIE EINZELNEN SYSTEME IN DEM MODELL? Zentrale Exekutive: - Steuerung/ Überwachung der drei Subsysteme - Wenn man eine Aufgabe bekommt, die die Kombination mentaler Prozesse erfordert, verlässt man sich auf die zentrale Exekutive - Für die Kontrolle der Aufmerksamkeit zuständig, sowie für die Koordination von Informationen aus der phonologischen Schleife und dem visuell-räumlichen Notizblock - Funktion der Aufteilung der mentalen Ressourcen auf verschiedene Aspekte der Aufgabe: o z.B.: ein Bild aus dem Gedächtnis heraus beschreiben Phonologische Schleife: - speichert und manipuliert sprachbasierte Infos - große Überschneidung mit dem KZG - Maßgeblich am Sprach- und Leseverstehen beteiligt o Bsp.: Wenn man eine Telefonnummer dadurch wiederholt, indem man sie „hört“, während man sie durchgeht, dann benutzt man die phonologische Schleife Räumlich-visueller-Notizblock: - Gleiche Funktionen wie phonologische Schleife, aber für visuell-räumliche Informationen - Bsp.: wenn man gefragt wird, wie viele Tische im Lieblings-Café stehen, kann man den räumlich-visuellen Notizblock nutzen, um sich ein mentales Bild des Cafés aufzubauen und dann die Zahl der Tische zu schätzen Episodischer Puffer: - Hat nur eine begrenzte Kapazität - Ermöglicht es, Informationen aus dem LZG abzurufen, um diese mit Informationen aus der gegenwärtigen Situation zu kombinieren o Meist sind Ereignisse mit bestimmten Ansichten, Geräuschen, usw. verbunden - Stellt Ressource zur Verfügung, um diese verschiedenen Arten perzeptueller Stimulierung mit zurückliegenden Erfahrungen abzugleichen und so zu einer integrierten Interpretation einer jeden Situation zu gelangen WAS HABEN RAMIREZ UND BEILOCK (2011) ZUM ARBEITSGEDÄCHTNIS ERFORSCHT? Ausgangslage: Vor einer Klausur machen sich viele Studierende Gedanken darüber, ob sie gut genug vorbereitet sind Hypothese: Die Kapazität des AG wird durch die ängstlichen Gedanken überansprucht und die Studierenden können nicht ihr ganzes Potenzial abrufen Testung: Die Studierenden werden in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe A ist die Kontrollgruppe und wartet ohne Aufgabe vor einer Prüfung 10 Min. Gruppe B verfasst in diesen 10 Min. vor der Prüfung einen Text über „ihre Gedanken und Gefühle angesichts der mathematischen Rechenoperationen, die im Anschluss geleistet werden sollen“ Ergebnis: Gruppe B schneidet etwa 20% besser ab als Gruppe A Argumentation: Die Gedanken und Gefühle belasten nach der Niederschrift nicht mehr das AG und dieses ist somit vollfunktionsfähig ZWISCHENBILANZ: 1. Warum nimmt man an, dass das ikonische Gedächtnis eine große Kapazität besitzt? ð Vergleiche zwischen der Ganz- und Teilberichtsmethode deuten darauf hin, dass man einen kurzen Augenblick Zugang zu allen Informationen eines Displays hat 2. Wie groß wird gegenwärtig die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses geschätzt? ð Forscher glauben, dass die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses bei etwa 3-5 Items liegt 3. Was versteht man unter dem Begriff Chunking? ð Chunking ist die Gruppierung von Items in bedeutungstragende Gruppen 4. Aus welchen Komponenten besteht das Arbeitsgedächtnis? ð Das Arbeitsgedächtnis umfasst die phonologische Schleife, den visuell-räumlichen Notizblock, die zentrale Executive und den episodischen Puffer PROZESSE IM LANGZEITGEDÄCHTNIS: WIE LANGE KÖNNEN GEDÄCHTNISINHALTE BESTEHEN? - LZG bezeichnet Gedächtnisinhalte, die oftmals ein Leben lang bestehen o Ablageort aller Erfahrungen, Informationen, Emotionen, die über das sensorische Gedächtnis und das KZG angeeignet wurden - LZG bestimmt das gesamte Wissen eines Menschen über sich und die Welt WANN IST ES EINFACHER NEUE INFORMATIONEN IN DAS LZG ZU ÜBERMITTELN? Erinnerungsfähigkeit ist dann am besten, wenn die Umstände, unter denen Infos enkodiert werden, gut zu den Umständen passen, unter denen Infos abgerufen werden HINWEISREIZE BEIM ABRUF WIE FUNKTIONIERT DER ABLAUF DER ENKODIERUNG? (1) Wie findet man einen Gedächtnisinhalt? - Durch Hinweisreize bei Abruf (retrieval cues) - Als Hinweisreiz beim Abruf dienen Stimuli, die bei der Suche nach einem bestimmten Gedächtnisinhalt verfügbar sind (können intern und extern sein) - Wenn man sich an Gedächtnisinhalte zu erinnern versucht, tut man dies in der Regel mit einer bestimmten Zielsetzung o Dieses Ziel liefert häufig den Hinweisreiz Was bestimmt die Wiedererlangung eines Gedächtnisinhalts? - Die Qualität des Hinweisreizes bestimmt das „Erinnern“ - Bsp.: Wenn eine Freundin fragt: o „Wie heißt nochmal der römische Kaiser, der mir gerade nicht einfallen will?“ → schlechte Qualität des Hinweisreizes: Erinnern ist schwieriger o „Welcher römische Kaiser folgt nochmal auf Claudius?“ → gute Qualität des Hinweisreizes, also Erinnern ist leichter, deshalb Antwort: Nero (2) Welche zwei Tests gibt es für das explizite Gedächtnis? - Abruf ð Beim Abruf reproduziert man Informationen, die man bereits kennt ð Bsp.: Wird dem Opfer einer Gewalttat von der Polizei eine Abruffrage gestellt „Können Sie den Täter beschreiben?“ - Wiedererkennen ð Umstand etwas als zuvor Gehörtes/Gesehenes zu beurteilen ð Bsp.: Sollen Opfer einer Gewalttat oft den Täter anhand von Vergleichsbildern wiedererkennen. Es wird also eine Wiedererkennungsfrage gestellt. Welcher Test ist i.d.R. einfacher? → Wiedererkennungstest; kann allerdings auch schwierig sein. Bsp.: Multiple-Choice-Klausuren WELCHE ROLLE SPIELEN HINWEISREIZE BEI ABRUF UND WIEDERERKENNEN? → Wiedererkennen und Abruf erfordern Suche nach Hinweisreizen Wiedererkennen Abruf - Hier haben andere bereits einen Teil der - Hoffnung, dass der Hinweisreiz allein Hilft Arbeit erledigt die Informationen zu finden - Bsp.: Antwort auf eine Ja/Nein Frage - Bsp.: Die Antwort finden auf eine offene finden: Zuvor gemerkte Wortpaare aus Frage: Zweites Wort eines Wortpaares aus einer Auswahl finden dem Gedächtnis abrufen - Schwieriger wird es, wenn man entscheiden muss, in welchem Kontext man ein Wort gesehen hat → Für das Wiedererkennen sind Hinweisreize nützlicher → deshalb auch Leistung in der Regel höher Welche Arten von Gedächtnisinhalten gibt es im deklarativen Gedächtnis? Episodisches und semantisches Gedächtnis EPISODISCHES UND SEMANTISCHES Das deklarative Gedächtnis unterscheidet sich in GEDÄCHTNIS Bezug auf eine weitere Dimension: Den Hinweisreizen, die zur Wiedergewinnung von Gedächtnisinhalten benötigt werden --> episodische und semantische Formen des deklarativen Wissens - episodisches Gedächtnisinhalte (für die Sammlung persönlicher Erfahrungen): bewahren individuelle Das Deklarative Gedächtnisund spezifische Ereignisse, unterscheidet die manauf sich in Bezug persönlich erlebt hat eine weitere Dimension: den Hinweisreizen, die zur Bsp: schönster Geburtstag, erster Kuss usw. Wiedergewinnung von Gedächtnisinhalten man braucht Hinweisreize, benötigt um solche Inhalte werden. (erster Kuss..) wiederzufinden, die etwas über Zeitpunkt und Inhalt des gesuchten Ereignisses aussagen → Episodische und semantische Formen des deklarativen Wissens Wie wurde Info enkodiert?/ Auf welche Art und Weise? Davon hängt ab, ob man diese abrufen kann (bzw. ob man eine spezifische Gedächtnisrepräsentation eines Episodische Gedächtnisinhalte: Ereignisses produzieren kann) - semantische Gedächtnisinhalte: ð Bewahren individuelle und spezifische Ereignisse, die man persönlich erlebt hat alles, was wir wissen, haben wir anfänglich in einem spezifischen Kontext gelernt ð mitBsp.: schönster der Zeit: Geburtstag, Wir begegnen erster einer großen Kuss,anusw. Menge Informationen in unterschiedlichen Kontexten Man ð Infos braucht Hinweisreize, um solche Inhalte wiederzufinden, die etwas über Zeitpunkt und Inhalt des gesuchten stehen zur Verfügung, ohne dass man auf Zeitpunkte und Orte zurückgreift Ereignisses diese aussagen kategoriale Gedächtnisinhalte wie z.B. Bedeutung von Infos = generische Wörtern und Konzepten Wiewenn ð Tipp: wurde manenkodiert? semantischenAuf welche Inhalt nichtArt und Weise? wiederfindet, Davon kann hängtwie man diesen ab,einen ob man diese abrufen kann episodischen Inhalt behandeln und so zusätzliche Hinweisreize für erfolgreichen Abruf Semantische bekommen Gedächtnisinhalte: (sich an Lernkontext erinnern, wo man Fakten gelernt hat) z.B. Ich weiß, dass ich die unterschiedlichen Kaisernamen in meinem Lateinkurs gelernt habe ð alles, was wir wissen, haben wir anfänglich in einem spezifischen Kontext gelernt Zusammenfassend: ð Informationen Was macht stehendas zur semantische Verfügung,Gedächtnis? ohne dass man auf Zeitpunkte und Orte zurückgreift Es gibt viele Informationen, denen man im Laufe der Zeit in vielen verschiedenen Diese Infos o begegnet. Kontexten = generische Diese Informationenkategoriale Gedächtnisinhalte stehen einem wiedass zur Verfügung, ohne z.B.: Bedeutung von Wörtern und Konzepten man auf die unterschiedlichen Zeitpunkte, Orte und Erfahrungen zurückgreift Tipp: wenn ð Achtung!!: man semantische Inhalte nicht wiederfindet, kann man diesen wie einen episodischen Inhalt behandeln und Viele Fakten werden vergessen, wenn diese aus dem Lernkontext gerissen so zusätzliche werden. Wenn manHinweisreize für erfolgreichen die semantischen Abruf Gedächtnisinhalte nichtbekommen wiederfinden kann, ist es gut, diese wieder wie einen episodischen Gedächtnisinhalt zu behandeln. o z.B.: ich weiß, dass ich die unterschiedlichen Kaisernamen in meinem Lateinkurs gelernt habe WAS MACHT DAS SEMANTISCHE GEDÄCHTNIS? ð Es gibt viele Informationen, denen man im Laufe der Zeit in vielen verschiedenen Kontexten begegnet. Diese Informationen stehen einem zur Verfügung, ohne dass man auf die unterschiedlichen Zeitpunkte, Orte und Erfahrungen zurückgreift. ð Viele Fakten werden vergessen, wenn diese aus dem Lernkontext gerissen werden. Wenn man die semantischen Gedächtnisinhalte nicht wiederfinden kann, ist es gut, diese wieder wie einen episodischen Gedächtnisinhalt zu behandeln. KONTEXTINFORMATIONEN UND ENKODIEREN WAS BESCHREIBT DAS PHÄNOMEN „KONTEXTSCHOCK“? ð Man sieht eine Person in einem überfüllten Raum und weiß, dass man sie kennt. Man weiß aber nicht so recht woher ð Nach einem langen „Schauen“ erinnert man sich, woher man die Person kennt. Das dauert deshalb so lange und ist so schwer, weil man diese Person in diesem Kontext nicht kennt. - Prinzip der Enkodierspezifität: o Gedächtnisinhalte kommen am leichtesten wieder, wenn der Kontext des Abrufs mit dem Kontext der Enkodierung übereinstimmt WIRKUNGSWEISE DER ENKODIERSPEZIFITÄT NACH TULVING UND THOMSON (1973): - Umkehren der üblichen Leistungen zwischen Abruf und Wiedererkennen - Ausgangslage: o Personen lernten Wortpaare wie „Zug-schwarz“ und wurden instruiert, sich nur das zweite Wort des Paares zu merken - Folgephase: o Personen sollten vier Wörter zu einem vorgegebenen Wort assoziieren, bspw. zu „weiß“ § Vorgabewörter wurden so gewählt, dass das ursprünglich zu erinnernde Wort (schwarz) mit großer Wahrscheinlichkeit enthalten sein würde § Die Versuchspersonen sollten dann alle Wörter aus der Assoziationsleiste markieren, die sie als ursprünglich zu behaltende Wörter aus der ersten Phase des Experiments wiedererkannten - Ergebnis: o Die Versuchspersonen erzielten bei diesem Test 54%. Wurde ihnen allerdings später das jeweils erste Wort des Wortpaares gegeben, so konnten sie in 61% der Fälle den fehlenden Paarling finden Warum war die Abrufleistung besser als das Wiedererkennen? ð Das Entscheidende lag im Wechsel des Kontexts ð Zuerst sollten Personen das Wort „schwarz“ im Kontext von „Zug“ lernen ð Wechsel zum Kontext „weiß“ ð Dieser Wechsel macht das Wiederfinden der Gedächtnisrepräsentation schwer ð Wie groß muss wohl der Effekt im täglichen Leben sein, wenn bereits diese geringe Kontextformation im Experiment einen Effekt erbringt? WIE UND VON WEM WURDE NACHGEWIESEN, DASS DAS GEDÄCHTNIS KONTEXTABHÄNGIG IST? Experiment von Godden und Baddeley (1975): - Taucher lernen Wortlisten am Strand und im Wasser wurden sie abgefragt - Wenn Kontext und Enkodieren (Lernen) und Abruf (Abfrage) übereinstimmte, war die Behaltensleistung um etwa 50% höher Experiment von Mishra und Backlin (2007): - Klavier-Schülern gelang das Spielen in einer kurzen Komposition genauer, wenn sie auf dem Klavier spielten, auf dem sie die Komposition das erste Mal gespielt hatten Das zeigt: ð Das Enkodieren von Erinnerungen findet im Zusammenhang mit einem bestimmten Kontext, der externen Umgebung (Klavier, Testraum), statt! AUF WELCHEN FAKTEN BASIERT DIE ENKODIERUNGSSPEZIFITÄT? Wie gut der Abruf funktioniert, hängt ab von: Das zeigt: Das Enkodieren von Erinnerungen findet im Zusammenhang mit einem bestimmten Kontext, der externen Umgebung (Klavier, Testraum (Strand vs. Wasser), statt ð Kontext (siehe Beispiel oben) ð Internale Zustände Auf welchen Faktoren basiert die Enkodierungsspezifität? Wie gut der Abruf funktioniert, hängt ab von: o Studie: Versuchspersonen tranken entweder Alkohol Kontext (siehe oder ein Beispiel Placebo bevor sie sich mit einer freien oben) Internale Zustände Erinnerungsaufgabe auseinandersetzten undoschließlich testen ließen. In einer Studie von Weißenborn und Duka (2000) tranken Versuchspersonen § i.d.R. Beeinträchtigt Alkohol die Gedächtnisleistung entweder Alkohol oder ein Placebo bevor sie sich mit einer freien Erinnerungsaufgabe (free recall) auseinandersetzten und schließlich testen § ABER: Versuchspersonen, die sowohl beim ließenEnkodieren als auch beim Abruf Alkohol getrunken hatten, I.d.R. Alkohol beeinträchtigt die Gedächtnisleistung waren besser als die, die nur in einer Situation alkoholisiert ABER: waren die sowohl bei dem Enkodieren, als auch Versuchspersonen, beim Abruf Alkohol getrunken hatten, waren besser als die, die nur in § Zustandsabhängiges Gedächtnis: Wenn internale Zustände die Basis der Enkodierspezifität legen, einer Situation alkoholisiert waren werden diese Effekte als zustandsabhängiges Gedächtnis Zustandsabhängiges bezeichnet Gedächtnis: Wenn internale Zustände die Basis der Enkodierspezifität legen, werden diese Effekte als zustandsabhängiges Gedächtnis bezeichnet (Bsp. Alkohol, Marihuana, Amphetamine) Am leichtesten gelingt der Abruf, wenn der ursprüngliche Kontext bzw. der internale WAS BESAGT DER SERIELLE POSITIONSEFFEKT? Zustand, in dem die Informationen enkodiert wurden, wiederhergestellt wird Was besagt der serielle Positionseffekt? ð serial recall = Wörter in der richtigen Reihenfolge wiedergeben ð free recall = Wörter frei abrufen (so viele Wörter wie möglich nennen) ð Serieller Positionseffekt: bei einer Reihe dargestellter Urteilsobjekte oder Lernmaterialien, werden die zu Beginn (Primacy-Effekt) und zuletzt (Recency- serial recall = Wörter in der richtigen Reihenfolge wiedergeben Effeckt) dargestellten Informationen besser im freeGedächtnis behalten. recall = Wörter frei abrufen (so viele Wörter wie möglich nennen) Serieller Positionseffekt: Bei einer Reihe dargestellter Urteilsobjekte oder Lernmaterialien die → sieht man daran, dass am Anfang und am zu Ende die Werte am höchsten waren Beginn (Primacy-Effekt) und zuletzt (Recency-Effekt) dargestellten Informationen besser im Gedächtnis behalten werden (sieht man daran, dass am Anfang und am Ende die Werte am höchsten waren) Kontextwechsel erklären den seriellen Positionseffekt WAS BESAGT DER PRIMACY/RECENCY-EFFEKT? ð Primacy-Effekt = man kann sich an die ersten Wörter besser erinnern ð Recency-Effekt = man kann sich an die letzten Wörter besser erinnern → Nachweis dieser Effekte: Auf die Frage, welche Tag heute ist, kann man am Anfang und am Ende der Woche schneller antworten WAS HAT DER SERIELLE POSITIONSEFFEKT MIT EINEM KONTEXTBEZUG ZU TUN? - Hat mit der zeitlichen Unterscheidbarkeit verschiedener Items einer Liste zutun o und mit verschiedenen Erfahrungen in unserem Leben - Also: in welchem Ausmaß unterscheidet sich ein einzelnes Item in der Zeitspanne vom nächsten Item - Beispiel: die letzten 10 Kinofilme, die man gesehen. An den zuletzt gesehenen Film erinnert man sich am besten (Recency-Effekt) - Beim Lernen kann man sich die zuletzt gelernten Items am besten merken, da sich diese automatisch unterscheiden und daher voneinander abheben - Der Primancy-Effekt lässt dich dadurch erklären, dass man jedes Mal, wenn man etwas Neues beginnt, die Tätigkeit in einen neuen Kontext gestellt wird. In diesem neuen Kontext sind die ersten Erfahrungen ausgesprochen unterscheidbar. → Für Prüfung in der Uni: Aufmerksamkeit auf Informationen aus dem mittleren Teil lenken ENKODIEREN UND ABRUFEN WELCHE PROZESSE STEUERN DEN INFORMATIONSFLUSS VOM UND ZUM LZG? WAS BEDEUTET TRANSFER-ADÄQUATE VERARBEITUNG NACH ROEDIGER (2008)? ð Gedächtnis funktioniert am besten, wenn Prozessart beim Enkodieren sich auf den für den Abruf notwendigen Prozess überträgt. EBENEN DER VERARBEITUNGSTIEFE WAS NIMMT DIE THEORIE DER VERARBEITUNGSTIEFE (LEVELS-OF-PROCESSING THEORY) AN? ð Informationen werden besonders gut im Gedächtnis gespeichert, wenn sie gründlich, also tiefgehend (Analyse, Interpretation, Vergleiche, etc.) verarbeitet wurden. WIE IST DIE VERARBEITUNGSTIEFE DEFINIERT? ð Ist definiert durch die Art von Urteilen, die Personen im Hinblick auf Experimentalmaterial abgeben sollen ð z.B.: Wort „TAUBE“ o Physikalisches Urteil: Ist das Wort in Großbuchstaben geschrieben? o Reimurteil: Reimt sich das Wort auf Laube? o Bedeutungsurteil: Ist das Wort eine Frucht? → Diese Fragen sorgen dafür, dass man näheres zur Traube erfragt und sich darüber Gedanken macht WARUM HAT DIE VERARBEITUNGSTIEFE EINEN SOLCHEN EINFLUSS? - Verarbeitung entspricht eher Prozessen, auf die es beim Abruf ankommt - Beurteilung und Bedeutung beim Enkodieren passt besser zum späteren Abrufen → der spätere Effekt der Verarbeitungstiefe macht eine Art transfer-adäquate Verarbeitung - Zurück zum Wort „TAUBE“: o Erinnert man sich an ein Wort nutzt man gewöhnlich Informationen über die Bedeutung o Dementsprechend passt die Beurteilung der Bedeutung beim Enkodieren besser zum späteren Abruf → Denkt man jetzt bspw. beim Enkodieren nur über das physikalische Erscheinungsbild nach und möchte später die Bedeutung abrufen, ist das schwieriger - Die bei der Verarbeitungstiefe basierende Gedächtnisleistung verstärkt die Annahme, dass die kognitiven Prozesse, die man zur Enkodierung nutzt, einen Effekt darauf haben, ob man die Informationen später wiederfindet - Bisher haben wir nur das explizite Gedächtnis betrachtet. Im Folgenden wird klar, dass die Passung zwischen Prozessen des Enkodierens und des Wiederfindens besonders wichtig für das implizite Gedächtnis ist. GEDÄCHTNISPROZESSE UND DAS IMPLIZITE GEDÄCHTNIS WAS IST DER UNTERSCHIED ZWISCHEN DEM EXPLIZITEN UND DEM IMPLIZITEN GEDÄCHTNIS? Explizites Gedächtnis (Wissensgedächtnis): = Inhalte die aktiv gelernt wurden und auch wieder aktiv abgerufen werden. Z.B.: Wissen über Hauptstädte Implizites Gedächtnis: = Erfahrungen, die das Verhalten beeinflussen, ohne dass die Erinnerungen bewusstwerden. Ein Großteil unseres täglichen Verhaltens läuft automatisch ab und ist somit im impliziten Gedächtnis gespeichert. Neben fast allen Bewegungen gehören auch Einstellungen dazu. Eine Person kann als Kind bspw. schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht haben. Ohne sich als Erwachsener daran zu erinnern, kann sie ein Leben lang Angst vor Hunden haben. GILT DIE UNTERSCHEIDUNG ZWISCHEN EXPLIZITER UND IMPLIZITER DIMENSION SOWOHL FÜR DIE ENKODIERUNG ALS AUCH FÜR DEN ABRUF? Unterscheidung zwischen expliziter und impliziter Dimension trifft sowohl für die Enkodierung als auch für den Abruf zu: ð Oftmals muss man implizite Gedächtnisinhalte abrufen, die zuvor explizit waren ð Bsp.: Wenn man seine beste Freundin beim Namen begrüßt (ist impliziter Gedächtnisinhalt, der früher explizit war) → kein mentaler Aufwand mehr ð Bei impliziten Gedächtnisinhalten sind Prozesse beim impliziten Enkodieren und impliziten Abrufen entscheidend für Geschwindigkeit und Genauigkeit der Gedächtnisprozesse WAS WURDE GETAN, UM DIE EIGENSCHAFTEN DES IMPLIZITEN GEDÄCHTNISSES ZU ERKUNDEN? Es wurde häufig belegt, dass sich dieselben Umstände beim Enkodieren auf explizite und implizite Gedächtnisinhalte ganz unterschiedlich auswirken WAS IST DAS MAß FÜR DAS EXPLIZITE/IMPLIZITE GEDÄCHTNIS? - Maß für explizites Gedächtnis: Anteil des Erinnerten - Maß für implizites Gedächtnis: Gedächtnis ist Priming, da die erste Erfahrung die Erinnerung an spätere Erfahrungen bahnt - Wenn ein Reiz implizite Gedächtnisinhalte aktiviert, kann dadurch die Verarbeitung eines nachfolgenden Reizes beeinflusst werden. So kann bspw. das Wort „Narkose“ unbewusst das Wortfeld „Operation“ aktivieren, sodass ein zweites Wort wie bspw. „Skalpell“ leichter erkannt wird - Priming kann über einen Zeitraum von 4-8 Wochen anhalten - Wird bei perzeptuellen und konzeptuellen Prozessen beobachtet und kann über einen langen Zeitraum bestehen (z.B.: bessere Erinnerung an Bundesstaat, wenn dieser in einer vorherigen VL erwähnt wurde) METAGEDÄCHTNIS WAS IST DAS METAGEDÄCHTNIS UND FÜR WELCHE FRAGEN IST ES ZUSTÄNDIG? Fragen zum Metagedächtnis: - Wie arbeitet Gedächtnis? - Wie weiß ich, welche Informationen ich besitze? - Wann und warum ist das Gefühl, etwas zu wissen, der subjektive Eindruck, dass man die gesuchte Information im Gedächtnis hat, zutreffend? → Eine Studie von J.T. Hart zeigte, dass das Gefühl etwas zu wissen zutreffend sein kann. WAS BEDEUTET BEURTEILUNG DES LERNENS? (JUDGEMENT-OF-LEARNING, JOL)? - Empfinden, den Lernstoff bereits zu meistern → mehr Lernzeit wird aufgebracht für die Teile, die man denkt, noch nicht so gut zu können - Für Prüfung: zunächst Fragen überfliegen und dort ansetzen, wo man denkt, dass man es gut kann - Beim Vorbereiten auf die Prüfung: trifft man auch eine Metakognitive Entscheidung, nämlich die Beurteilung des Lernens: Dabei geht es um das Empfinden, den Lernstoff schon zu meistern. Durch diese Beurteilung planen wir unsere Lernzeit und wenden mehr Zeit auf den Stoff, den wir noch nicht können. Es stellt sich die Frage, ob man durch die Beurteilung des Lernens auch das Abschneiden in einer Prüfung vorhersagen kann. VERGESSEN: WER PRÄGTE DIE BEGRIFFE „VERGESSENSKURVE“ UND „ERSPARNISMETHODE“? ERKLÄRE DIE BEGRIFFE ð Hermann Ebbinghaus (1850-1909) - Gebiet: Erforschen des Vergessens ð Vorgehen im Selbstversuch: o Liste unsinniger Silben merken, immer wieder in der richtigen Reihenfolge lesen, bis er alle Items in der richtigen Reihenfolge aufsagen konnte o Sich mit anderen Listen beschäftigen o Messen der Gedächtnisleistung: Wie viele Durchgänge benötigt er, um die Originallisten wieder zu lernen? → Wenn weniger, dann Lernaufwand gespart ð Ersparnismaß: Das Ersparnismaß bestimmt den Grad des Behaltens in Abhängigkeit unterschiedlicher Zeitintervalle o Benötigte er beim ersten Lesen einer Liste 12 Durchgänge, so hat er ein paar Tage später nur noch 9 Durchgänge gebraucht ð Konkret: Wie viele Durchgänge braucht man beim ersten Lesen einer Liste mit sinnlosen Silben im Gegensatz zu dem Wiedererlernen der Liste nach einem bestimmten Intervall. Interferenz: Ebbinghaus war der erste Forscher, der Interferenz in Experimenten nachwies. WARUM VERGISST MAN EINEN NAMEN, DEN MAN VOR EINER WOCHE NOCH KANNTE? - Man hat den Namen nicht isoliert gelernt, sondern zusammen mit vielen anderen Kontextinformationen (die womöglich hinderlich für das Erinnern waren) - Man hat vorher schon an dem Abend vielleicht mehrere Namen kennengelernt - das kann die Fähigkeit beeinträchtigen, sich an diesen einen Namen zu erinnern - Gedächtnisinhalte konkurrieren miteinander → stehen also in Interferenz zueinander, d.h. wenn man mal etwas gelernt hat und anschließend etwas Neues lernt, ist es umso schwieriger sich an das zuerst Gelernte zu erinnern WELCHE ARTEN DER INTERFERENZ GIBT ES? ð Proaktive Interferenz o = wirkt nach vorne, vorwärts o Bezeichnet Umstände, in denen Infos, die in der Vergangenheit erworben wurden, den Erwerb neuer Informationen erschweren o Bsp.: Neue Telefonnummer: schwer am Anfang die Neue zu merken, weil man denkt immer wieder an die Alte ð Retroaktive Interferenz o = wirkt zurück, rückwärtsgerichtet o Tritt auf, wenn der Erwerb neuer Informationen das Behalten früherer Informationen erschwert o Bsp.: Neue Telefonnummer: wenn man die Neue kann, ist es schwer, sich an die Alte zu erinnern, obwohl man sie vielleicht jahrelang genutzt hat WAS HEIßT RETROAKTIVE HEMMUNG? ð Wenn sich das Gehirn bspw. nicht an eine Nummer erinnern kann (nach einem Handynummern-Wechsel), obwohl man sie jahrelang genutzt hat VERBESSERUNG DER GEDÄCHTNISLEISTUNG WIE KANN MAN SICH EINFACHERER AN INFORMATIONEN ZURÜCKERINNERN? ð Was wir bereits wissen: Vorteil beim Wiederfinden von Informationen, wenn der gleiche Kontext beim Enkodieren und beim Abruf vorliegt, oder wenn man die gleiche Art von Aufgaben ausführt, wie beim Erwerb des Gedächtnisinhalts. VOR WELCHEM EFFEKT KANN DAS ELABORIERTE LERNEN EINE PERSON BEWAHREN? ð Der-nächste-in-der-Reihe-Effekt: wenn man bei Vorstellungsrunde dran ist, vergisst man häufig den Namen seines Vorgängers → durch Verschiebung der Aufmerksamkeit auf eigene Anmerkungen; diesem entgegenzuwirken kann elaborierende Wiederholung eingesetzt werden Bsp.: Lisa, wie „Mona Lisa“ MNEMOTECHNIKEN: ð Lange Folgen von Fakten werden mit vertrauten, bereits enkodierten Infos assoziiert ð Einige dieser Techniken raten auch dazu, die Informationen visuell anzureichern ð Effektive Verarbeitung, während man sich die neuen Informationen aneignet WELCHE ZWEI MNEMOTECHNIKEN GIBT ES, UM SICH INFORMATIONEN BESSER ANZUEIGNEN? ð Methode der Orte: o Folge von Informationen einprägen, indem man diese mit einer Folge von vertrauten Orten assoziiert → Man geht also mental einen vertrauten Weg entlang ð Wäscheleinenmethode: o Man assoziiert Items mit einer Folge von Hinweisreizen o Meist Folge von Reimen, die Zahlen mit Wörtern assoziiert (eins-Heinz; zwei-Schrei; drei-Brei) o Bsp.: Einkaufsliste: Heinz balanciert Brot auf dem Kopf, Baby schreit, weil es in der Badewanne mit O-Saft sitzt, die Eiscreme ist bereits zu einem Brei zerlaufen o Wichtig: Nur durch Übung und Anwendung Lernvorteil, sonst kostet die Anwendung mehr kognitive Kapazität WIE KANN DIE GEDÄCHTNISFORSCHUNG BEI DER PRÜFUNGSVORBEREITUNG HELFEN? ð Enkodierspezifität: o Kontext beim Abruf = Kontext beim Enkodieren o In universitären Angelegenheiten bedeutet „Kontext“ = „im Kontext von anderen Infos“, d.h. wenn man das Material im gleichen Kontext lernt, ist es schwierig es in einem anderen Kontext abzurufen → Tipp: Kontext variieren, neue Reihenfolge der Notizen, Fragen ausdenken, etc. ð Serielle Position: o Meist vergisst man die Informationen aus dem Mittelteil recht schnell bzw. erinnert sich schlecht daran → Tipp: in der Mitte einer VL besonders darauf achten, dass man aufmerksam zuhört; bei der Nachbereitung extra Zeit in den Mittelpart investieren ð Elaborierende Wiederholung und Mnemotechniken: o Manchmal denkt man, dass man unstrukturierte Infos lernen muss → Tipp: visuelle Vorstellungsbilder machen, neue Sätze und Geschichten erfinden ð Metagedächtnis: o Im Allgemeinen haben Menschen ein gutes Gespür, was sie wissen und was nicht → Tipp: Intuitionen folgen, Test überfliegen und die Aufgaben beantworten, bei denen man denkt, dass man die Antwort kennt ZWISCHENBILANZ: 1. Geben die Umstände des Abrufs oder des Wiedererkennens generell zusätzliche Hinweisreize? o Das Wiedererkennen liefert im Allgemeinen mehr Hinweisreize 2. Warum erinnern Sie sich auf einer Party womöglich am besten an die erste Person, mit der Sie gesprochen haben? o Dies wäre ein Beispiel für den Primacy-Effekt beim serial recall 3. Was bezeichnet den Begriff der transferadäquaten Verarbeitung im Hinblick auf das Gedächtnis? o Transferadäquate Verarbeitung geht davon aus, dass das Sicherinnen am besten glückt, wenn die Art der Verarbeitung bei der Enkodierung zur Art der Verarbeitung beim Abruf passt 4. Sie lernen diese Woche für Ihren Deutschkurs die Ballade „Die Bürgerschaft“ von Friedrich von Schuller auswendig. Danach können sie das Gedicht der letzten Woche nicht mehr aufsagen. Ist dies ein Beispiel für proaktive oder retroaktive Interferenz? o Diese Umstände geben ein Beispiel für retroaktive Interferenz, weil die neue Information es erschwert hat, sich an ältere Informationen zu erinnern 5. Wie könnten Sie sich mithilfe der Methode der Orte an die Reihenfolge der Elemente im Periodensystem erinnern? o Angefangen beim Wasserstoff würden Sie jedes Element mit einer Stelle entlang eines vertrauten Weges assoziieren 6. Worum geht es bei der Bewertung des Lernens? o Bewertungen des Lesens bestehen in Einschätzung von Menschen, wie gut sie sich Informationen bereits angeeignet haben STRUKTUREN DES LANGZEITGEDÄCHTNISSES GEDÄCHTNISSTRUKTUREN: WAS IST DIE GRUNDFUNKTION DES GEDÄCHTNISSES? ð Ähnliche Erfahrungen zusammenfassen, um Muster in der Interaktion mit der Umwelt aufzudecken ð Dazu müssen wir keinen bewussten Aufwand betreiben KATEGORISIERUNG UND KONZEPTE Bsp..: Kind lernt das Wort „Hund“. Welchen mentalen Aufwand muss es betreiben? Was hat das mit Kategorisieren und Konzeption zu tun? - Erlernen von der Wortbedeutung Hund: Kind braucht das Wort „Hund“ und Kontext, danach kann das Wissen erworben werden, dass ein Hund pelzig auf vier Beinen ist - Kind muss das Wissen erwerben, dass nicht nur dieses eine Tier ein „Hund“ ist, sondern muss dieses Wissen auch auf eine ganze Kategorie von Tieren anwenden können - Einzelerfahrungen Kategorien zuzuordnen ist grundlegende Fähigkeit, denkender Organismen - Die mentale Repräsentation für Kategorien, wird als Konzepte bezeichnet - Jedes Konzept steht für eine zusammenfassende Einheit von Erfahrungen mit der Welt WANN IST EIN VERTRETER MEHR ODER WENIGER TYPISCH FÜR EINE KATEGORIE? ð Kategorie Vogel: o typisch: Rotkehlchen o weniger typisch: Strauß ð Grad der Typikalität hat Folgen für das wirkliche Leben → es wurde bewiesen, dass Menschen schneller auf typische Vertreter einer Kategorie reagieren ð Familienähnlichkeit: typische Vertreter haben Eigenschaften, die sich mit vielen anderen in derselben Kategorie überschneiden ð Typische Kategorie-Angehörige = ideale Kategorie-Angehörige HIERARCHIEN UND BASISEBENE - Konzepte existieren nicht isoliert, sondern sind in ein System eingebunden - Das Konzept Tier besitzt bspw. viele Subkategorien - Basisebene: o Ebene in Hierarchien, in denen Menschen am besten kategorisieren können → Wenn man einen Apfel sieht, sagt man Apfel und nicht bspw. Golden Delicious - Diese Basisebene entsteht einfach dadurch, dass wir mehr Erfahrungen mit Äpfeln als mit spezielleren Alternativen haben, aber als Apfel-Züchter hat Basisebene möglicherweise tiefgehendere Strukturen ð Konzepte dienen als Bausteine für Gedächtnishierarchien ð Konzepte dienen auch als Bausteine für komplexere mentale Strukturen SCHEMATA - Wenn man sofort erkennt, dass der Hase nicht in die Küche gehört - = konzeptuelle Rahmen oder Bündelungen von Wissen (Wissenspaketen), die sich auf Objekte, Menschen oder Situationen beziehen und die komplexen Verallgemeinerungen über die Erfahrungen mit der Struktur der Umwelt enkodiert - Die Bindung, die Kinder zu ihren Eltern aufbauen, geben ein Schemata für spätere soziale Interaktionen - Prototyp: Durchschnitt aller Erfahrungen in einer Kategorie → nicht feststehend. sondern äußern sich mit Erfahrungen - Schemata spiegeln wider, wovon man Notiz in der Welt nimmt und wem man genügend Aufmerksamkeit geschenkt hat - Neben dem Schema gibt es noch ein Skript: o Spezifischer Typ von Gedächtnisrepräsentation, das darüber Auskunft gibt, wie sich Ereignisse im Verlauf der Zeit entwickeln. GEBRAUCH VON GEDÄCHTNISREPRÄSENTATIONEN: Welche Theorien gibt es, wie Menschen Konzepte im Gedächtnis aufstellen, um Gegenstände zu kategorisieren? 1. Für jedes Konzept hat man Prototypen → man erkennt Objekte, indem man sie mit Prototypen vergleicht 2. Man behält Erinnerungen an viele verschiedene Exemplare einer Kategorie im Gedächtnis, sodass man Objekt erkennt, wenn man es mit den im Gedächtnis gespeicherten Exemplaren vergleicht. ð Mithilfe der Gedächtnisrepräsentationen kann man erkennen, wenn etwas in der Umwelt ungewöhnlich ist. Teilweise erinnert man sich besser an atypische Gegenstände in einer Umgebung. ð Bsp.: Personen gehen in einen Raum mit gewöhnlichen und ungewöhnlichen Gegenständen → sie können sich im Nachhinein besser an die Ungewöhnlichen erinnern ð Man benutzt Informationen aus dem Gedächtnis, um Erwartungen zu generieren und zu bestätigen SICH ERINNERN ALS REKONSTRUKTIVER PROZESS WAS IST DAS REKONSTRUKTIVE GEDÄCHTNIS? - Wenn man versucht, sich an einen Informationsbestandteil zu erinnern, kann man sich oftmals nicht direkt an diese eine Information erinnern - Man rekonstruiert Informationen auf Grundlage einer allgemeinen Form gespeicherten Wissens - Um auf spezifische Fragen eine Antwort zu finden, müssen Gedächtnisinhalte eines großen Allgemeinheitsgrads genutzt werden, um zu rekonstruieren, was wahrscheinlich geschehen ist. GENAUIGKEIT DES REKONSTRUKTIVEN GEDÄCHTNISSES Wann kommt es zu Verzerrungen im rekonstruktiven Gedächtnis? ð Wenn rekonstruktiver Gedächtnisinhalt von genauem Ereignis abweicht, d.h. die Rekonstruktion weicht vom tatsächlichen Ereignis ab WAS HAT BARLETT IN BEZUG AUF VERZERRUNGEN IM REKONSTRUKTIVEN GEDÄCHTNIS HERAUSGEFUNDEN? - Barlett demonstrierte Gedächtnisverzerrungen und zeigte auf, wie das Vorwissen von Menschen die Art und Weise beeinflusst, wie sie sich an Infos erinnern - Verzerrungen, die er fand, umfassten drei Arten rekonstruktiver Prozesse: o Nivellierung → Vereinfachung (der Geschichte) o Akzentuierung → Hervorheben oder Überbetonen bestimmter Details o Assimilation → Ändern von Details, um eine bessere Übereinstimmung mit dem eigenen Hintergrund und Wissen zu erzielen INWIEWEIT KÖNNEN VERZERRUNGEN IM REKONSTRUKTIVEN GEDÄCHTNIS DEN MENSCHEN BEEINFLUSSEN? - Auch Erinnerungen aus dem eigenen Leben können aus verschiedenen Quellen rekonstruiert werden - Menschen können sich oft nicht an Originalquellen der verschiedenen Komponenten ihrer Erinnerungen erinnern o Man wird beeinflusst durch Sachen, die man vorgespielt bekommt - Phänomen, kann Menschen glauben lassen, dass sie tatsächlich etwas getan haben, was sie eigentlich nur in ihrer Vorstellung ausgeführt haben o Bsp.: wenn man sich zum Beispiel vorstellt, den Wecker zu stellen, glaubt man vielleicht, man hätte tatsächlich den Wecker gestellt BLITZLICHTERINNERUNGEN - Jene Erinnerungen, die durch eine Erinnerung haargenau wiedergegeben werden können - Ohne Rekonstruktion - Diese Erinnerungen scheinen so lebendig, als handle es sich um eine Fotografie des ursprünglichen Ereignisses EIN BEISPIEL ZUM UNTERSCHIED REKONSTRUKTION UND BLITZLICHTERINNERUNG: Was war am Geburtstag vor drei Jahren? ð Rekonstruktion: Rückwärts zählen o Letzter, vorletzter, … ð Blitzlichterinnerung: „Ah ich kann mich noch sehr genau an den Tag erinnern, da habe ich mein lang ersehntes Handy geschenkt bekommen und es gab Schokotorte, …“ WANN TRETEN BLITZLICHTERINNERUNGEN AUF? - Treten auf, wenn man der Überzeugung ist, Erinnerungen an Ereignis haargenau wiedergeben zu können - Wenn Erinnerungen emotional aufgeladen sind - Blitzlichterinnerungen sind auf private und öffentliche Ereignisse anwendbar GEDÄCHTNIS UND ZEUGENAUSSAGEN WANN HABEN DIE VERZERRUNGEN UND ÜBERSCHÄTZUNGEN DER RICHTIGKEIT EIGENER ERINNERUNGEN NEGATIVE KONSEQUENZEN? - Bei Zeugenaussagen können Überschätzungen der Richtigkeit der eigenen Erinnerungen negative Konsequenzen haben - Genauigkeit der Erinnerung hängt davon ab, wie sorgfältig der Gedächtnisinhalt enkodiert wurde und von der Übereinstimmung der Umstände beim Enkodieren o Bei Zeugenaussagen sind Gedächtnisinhalte recht störanfällig gegenüber Verzerrungen durch später hinzukommende Informationen WAS HAT EINEN EINFLUSS AUF DIE VERFÄLSCHUNG DER ERINNERUNGEN? ð Nach dem Ereignis (Augenzeugenberichte) haben sie zahlreiche Gelegenheiten, neue Informationen aufzunehmen, die mit ursprünglichen Ereignissen in Wechselwirkung stehen ð Es zeigt sich ein starker Einfluss von Fehlinformationen TESTEFFEKT ð Statt den Prüfungsstoff immer und immer wieder zu wiederholen, zeigt sich die Existenz eines Testeffekts: o Studierende behalten sich den Lernstoff besser, wenn sie ihr Wissen testen, statt immer nur zu wiederholen ð Folgerung für das eigene Lernen: o Lernstoff wird länger behalten, wenn Wissen nach dem Lernen bzw. Durchlesen von Lernzetteln getestet wird, als wenn Wissen immer und immer wieder wiederholt wird ZWISCHENBILANZ: 1. Welche Beziehung besteht zwischen Kategorien und Konzepten? o Konzepte sind die mentalen Repräsentationen der Kategorien, die wir bilden 2. Was behauptete die Exemplar-Theorie der Kategorisierung? o Die Exemplar-Theorie geht davon aus, dass man neue Objekte kategorisiert, indem man sie mit den im Gedächtnis gespeicherten Beispielexemplaren vergleicht 3. Welche drei Prozesse verursachen laut Frederic Barlett Verzerrungen im rekonstruktiven Gedächtnis? o Barlett definierte die Prozesse der Nivellierung, Akzentuierung und Assimilation 4. Wie demonstrierten Elisabeth Loftus und ihr Team Falschinformationseffekte? o Loftus und ihre Kollegen zeigten, dass man auch falsche Informationen aus der Zeit und dem Ereignis in seine Erinnerungen einschließt, wenn man sich an Ereignisse zu erinnern versucht KIESEL & KOCH (2012): BEOBACHTUNGSLERNEN – LERNEN AM MODELL (S. 73 – 81) - Weitere Bezeichnungen: Lernen am Modell, Beobachtungslernen, Nachahmungslernen, Imitationslernen oder soziales Lernen - ermöglicht es uns, Verhalten besser anzupassen o Ohne Fehler zu machen oder auszuprobieren, welches Verhalten erfolgreich ist - Verschiedene Arten der Imitation, welche automatisch ablaufen und auf angeborene Imitationsmechanismen zurückzuführen sind - Bandura: sozial-kognitive Lerntheorie zur Erklärung von Beobachtungslernen o Theorie wird verwendet, um problematische Verhaltensweisen zu erklären (Aggressives Verhalten, Suizid) AUTOMATISCHE, ANGEBORENE IMITATION - Einfache Verhaltensweisen werden automatisch imitiert o Auch wenn Handlungen anderer Personen irrelevant sind und im Aufgabenkontext ignoriert werden, werden sie automatisch imitiert (automatische Imitationstendenz) o Auch Neugeborene können einfache Imitationen ausführen - Imitation als Grundlage, intentionales Handeln anderer Personen zu verstehen (Meltzoff 2005) - Kinder lernen o Erst die Beziehung zwischen ihren eigenen mentalen Zuständen, Motiven und Zielen und ihrem Verhalten § Und schließen danach aus dem Verhalten anderer, welche mentalen Zustände diesem Verhalten zugrunde liegen (unter der Annahme, dass diese Personen sich so wie sie selbst verhalten, dieselben mentalen Zustände haben) - Neuronale Grundlage für angeborenes Imitationsverhalten → Spiegelneurone im prämotorischen Kortex o gleiche Hirnregionen sind für die Planung eigener und das Verstehen fremder Handlungen zuständig GELERNTES IMITATIONSVERHALTEN - Imitation kann auch gelernt und instrumentell eingesetzt werden - Diese Form des Lernens wird als Beobachtungslernen, sozial-kognitives Lernen oder Lernen am Modell bezeichnet - Bsp.: Kinder lernen aggressive Verhaltensweisen nur dann, wenn sie glauben, dass diese Verhaltensweisen verstärkt werden oder sie erleben, dass sie erfolgreich sind SOZIAL-KOGNITIVE LERNTHEORIE VON BANDURA - Vier Faktoren, ob Beobachter*innen das Verhalten des Modells imitieren o Aufmerksamkeit § Beobachter*innen müssen das Verhalten des Modells mit genügend Aufmerksamkeit entschlüsseln § Auffälligkeit, Komplexität, Neuigkeit helfen dabei Aufmerksamkeit zu halten § Verbalisierung erleichtert die Aufmerksamkeitslenkung auf Merkmale des Verhaltens § Merkmale des Lernens haben Einfluss auf Aufmerksamkeitsprozesse (Verfügbarkeit von kognitiver Verarbeitungskapazität oder Lernmotivation) § Merkmale des Modells beeinflussen, die Aufmerksamkeit auf Modell zu richten (Alter, Geschlecht, Ähnlichkeit, hoher Status) o Gedächtnis § Gedächtnisprozesse für Reproduktion des beobachteten Verhaltens § Gedächtnisleistung wird verbessert durch sprachliche Repräsentation (sparsam, nicht detailliert) § Gelerntes Imitationsverhalten ist keine exakte, detailgetreue Abbildung der beobachteten Handlung, sondern die Anwendung von abstrakten, instrumentellen Handlungsplänen, die durch Beobachtung erschlossenen wurden o Motorische Reproduktionsfähigkeit § Motorische Prozesse des Verhaltens müssen nachgeahmt werden können § Lernende müssen entsprechende motorische Kompetenzen mitbringen, um beobachtetes Verhalten durchzuführen o Motivation § Muss vorliegen, um beobachtetes Verhalten ausführen zu wollen § Motivation durch operantes Konditionieren (Erwartung: wird Verhalten verstärkt) § Imitation des Modells auf drei verschiedene Wege Imitationsverhalten kann selbst verstärkt werden Konsequenzen des imitierten Verhaltens können verstärkend wirken Stellvertretende Verstärkung (stellvertretende Bestrafung) kann Einfluss auf Imitationsverhalten haben - Wichtig: Verstärkung für neues Lernen nicht erforderlich, sondern nur Performanz von der Verstärkungserwartung o Auch wenn Beobachter*innen erfahren, dass das Verhalten zu negativen Konsequenzen führt, lernen sie das Verhalten, wenden es aber nur dann an, wenn sie erwarten, dadurch selbst positive Konsequenzen herzustellen - Beobachtungslernen kann auf drei Arten Ausdruck im Verhalten finden o Neues Verhalten wird durch Beobachtung gelernt o Durch Beobachtung findet Hemmung oder Enthemmung von Verhalten statt o Beobachtung von Verhalten bewirkt ähnliches Verhalten MODELLLERNEN PROBLEMATISCHER VERHALTENSWEISEN - Beobachtungslernen/Lernen am Modell für Erklärungen von Störungen/problematischen Verhaltensweisen o Phobien durch Modelllernen aufrechterhalten o Suchtverhalten (Rauchen, Alkohol, Drogen) kann erklärt werden - Aggressives Verhalten durch Medien (Beobachtungslernen) o Korrelation vorhanden, aber schwierig festzustellen, ob Gewalt in Medien ursächlich für aggressives Verhalten ist o Eindimensionale Erklärung, dass Medienkonsum alleinige Ursache für gewalttätiges Verhalten sei, ist zu einseitig! - Werther-Effekt: Nachahmung von Suiziden durch Medien(berichte) o Erklärung durch sozial-kognitive Lerntheorie von Bandura ZUSAMMENFASSUNG - Beobachtungslernen und angeborene Imitation sind sehr bedeutsame Lernmechanismen o Laufen automatisch und ohne Lernintention ständig ab - Motivation und Anreiz entscheiden, ob das durch Beobachtung gelernte Verhalten nachgeahmt wird - Sozial-kognitive Lerntheorie beschreibt Faktoren, die Nachahmungsverhalten fördern o Aufmerksamkeit, Gedächtnis, motorische Reproduktionsfähigkeit, Motivation entscheiden, ob beobachtetes Verhalten gelernt und nachgeahmt wird TIBUS & EITEL (2016): VERARBEITUNGSPROZESSS IM ARBEITSGEDÄCHTNIS (S.90-96) COGNITIVE-LOAD-THEORIE (CLT) - untersucht werden Konsequenzen, welche sich für das Design von Lernmaterialien ergeben o Aufgrund von Ressourcenbeschränkungen des kognitiven Systems - Mittelpunkt der Theorie: o Kognitive Kapazität des Arbeitsgedächtnisses ist begrenzt - Ziel: Lernmaterialien so gestalten, dass Arbeitsgedächtnisressourcen optimal genutzt werden, um Lernprozesse zu unterstützen und zu fördern DARSTELLUNG DER ANNAHMEN: SCHEMAERWERB UND SCHEMAAUTOMATISIERUNG - basiert auf der Idee, dass gelernte Inhalte in Form von Schemata zusammengefasst und im Langzeitgedächtnis gespeichert werden können - Schemata: o Abstrakte kognitive im Arbeitsgedächtnis konstruierte Strukturen, die der Repräsentation von Wissen über Aufgabenkategorien dienen o Einhalten Strukturmerkmale der Aufgabe und geeignete Lösungsprozedur einer Aufgabe → alle Informationen, welche zu einem Schema zusammengefasst werden sollen, müssen aktiv im Arbeitsgedächtnis gehalten werden o Arbeitsgedächtnis allerdings eng begrenzt hinsichtlich der Anzahl an Informationselementen, die gleichzeitig aktiviert und integriert werden können (gleicht einem „Flaschenhals) o Schemakonstruktion braucht hohe Arbeitsgedächtnis-Kapazität o Erwerb und Automatisierung eines Schemas: § Schemata werden im Langzeitgedächtnis abgelegt § Schemata können hier ressourcenschonend und automatisiert abgerufen werden § durch häufiges Anwenden der Schemata erfolgt eine Automatisierung (z.B. Fahrradfahren lernen) § Bsp.: Erwerb der Lesefähigkeit: Grundschüler konstruieren bewusst Schemata für einzelne Buchstaben → Beim Leseprozess muss auf verschiedene Schemata zurückgegriffen werden, weshalb er noch sehr langsam verläuft → Später findet der Leseprozess automatisch statt o Funktionen der Schemakonstruktion: § effiziente Organisation und Speicherung von Wissen beim Lernen § Entlastung des Arbeitsgedächtnisses bei der Nutzung erworbenen Wissens durch die Zusammenfassung einzelner Informationseinheiten § Prozess beansprucht viele Ressourcen des Arbeitsgedächtnisses Lernumgebungen sollten so gestaltet sein, dass zusätzliche Belastungen des Arbeitsgedächtnisses reduziert werden KATEGORIEN DER KOGNITIVEN BELASTUNG - Kognitive Gesamtbelastung des Arbeitsgedächtnisses (Cognitive Load) aus Summe von zwei Belastungsformen o Intrinsic Cognitive Load o Extraneous Cognitive Load → übersteigt die Summe dieser beiden Belastungsformen die kognitiven Ressourcen, kommt es zum „Cognitive Overload“ → kein Lernen mehr möglich - Intrinsic Cognitive Load: o Hängt von der Anzahl der Elemente an, die für Schemabildung gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis aktiv gehalten und verarbeitet werden müssen o Anzahl der Elemente, die simultan verarbeitet werden, ergibt sich aus ihrer Interdependenz (element interactivity) § Mit steigender Interdependenz der Elemente steigt die Belastung des Arbeitsgedächtnisses o Intrinsische Belastung wird zusätzlich zum Vorwissen des Lerners beeinflusst, welches sich aus der Verfügbarkeit komplexitätsreduzierender Schemata ergibt → Gestaltung der Lernmaterialien haben keinen Einfluss auf intrinsische Belastung o intrinsische Belastung neben der Komplexität der Aufgabe auch von allen Aktivitäten des Lerners ab, die zum Zwecke des Schemaerwerbs und der Schemaautomatisierung ausgeführt werden § Arbeitsgedächtnisressourcen, welche für die lernförderliche Elaborationsprozesse verwendet werden und Effektivität des Lernprozesses erhöhen - Extraneous Cognitive Load: o entsteht, wenn durch die Gestaltung der Lernmaterialien zusätzliche Ressourcen beansprucht werden, die für den eigentlichen Lernprozess nicht nötig wären o lernhinderliches Design wird von Lernmaterialien hervorgerufen, die die Verarbeitung von redundanten Informationen (redundancy effect) erfordern oder aufwändige Suchprozesse voraussetzen (split attention effect) → hierfür benötigte kognitive Ressourcen stehen für das Lernen von relevanten Inhalten folglich nicht mehr zur Verfügung - Ziel von Instruktionsdesignern o bei der Gestaltung von Lernmaterialien und Lernumgebungen den Extraneous Cognitive Load so gering wie möglich zu halten § besonders dann wichtig, wenn Intrinsic Cognitive Load bereits hoch ist (z. B. bei einer komplexen Aufgabe) und somit die Gefahr eines Cognitive Overloads besteht - vereinfachte Darstellung der Annahmen der CLT: → zeigt Beziehungen zwischen Komplexität der Lerndomäne, Vorwissen des Lerners (Expertise) und Design von Lernmaterial und sich daraus ergebenden kognitiven Belastungsmustern, welche für Lernergebnis verantwortlich sind TYPISCHE METHODIK Bei der Messung von Cognitive Load werden drei Klassen von Methoden unterschieden: - Subjektive (indirekte) Maße: o Annahme, dass Lerner in der Lage sind, ihre eigenen kognitiven Prozesse introspektiv zu beurteilen o Versuchspersonen geben Urteile über subjektiv wahrgenommene Belastung anhand § Werte gelten als valide, reliabel und nicht reaktiv o NASA-TLX ist einer der am häufigsten verwendeten Fragebögen für die subjektive Erhebung von Cognitive Load (differenziert nicht zwischen den Belastungsarten) - (Direkte) Performanzmaße: o zwei verschiedene Methoden: a) Primäraufgaben-Messung: Leistung des Lerners bei der Bearbeitung einer Aufgabe wird als Indikator für das Belastungsmuster in einer vorangegangenen Lernphase interpretiert b) Zweitaufgaben-Methodik: basiert auf der Leistung bei der Bearbeitung einer zusätzlichen Zweitaufgabe, während die Erstaufgabe durchgeführt wird, aus der Leistung bei der Bearbeitung der Zweitaufgabe wird auf die Belastung bei der Erstaufgabe geschlossen - Physiologische Maße: o Annahme, Belastungsveränderungen des kognitiven Systems spiegeln sich in physiol. Indikatoren wider o physiologische Indikatoren sind Herzrate und Herzratenvariabilität, Gehirnaktivität und Blickbewegungsmaße o manche dieser Maße allerdings problematisch hinsichtlich der validen und reliablen Erfassung mentaler Belastungszustände beim Lernen o EEG-Methode als hochauflösendes aber nicht intrusives Maß scheint o hingegen Potenzial für die Momentanerfassung mentaler Belastung zu sein ZENTRALE EMPIRISCHE BEFUNDE - CLT als Theorie über die optimale Gestaltung von Instruktionsmaterialien - Empirische Befunde beziehen sich auf den Nachweis der instruktionalen Effektivität bestimmter Gestaltungsmaßnahmen für Lernumgebungen o Maßnahmen haben Verringerung des Extraneous Cognitive Load zum Ziel - Wichtigste Gestaltungsmaßnahmen o Redundancy effect: Bei der Kombination von verbalen und bildlichen Darstellungen sollten Redundanzen (Vorhandensein von mehr Dingen/Daten/Informationen als eigentlich benötigt werden) zwischen beiden Repräsentationsformen vermieden werden o Split attention effect: Informationen, die bei der Schemakonstruktion miteinander integriert werden müssen, sollten in der Lernumgebung räumlich oder zeitlich nah beieinander präsentiert werden o Modality effect: Verbale Information, die in Kombination mit bildlicher Information präsentiert wird, sollte über die auditive und nicht über die visuelle Modalität dargeboten werden § Grund: bei simultaner visueller Darbietung verbaler und piktorialer Information muss Aufmerksamkeit zwischen Informationsquellenmuss aufgeteilt werden → erschwert Integration o Worked example effect: Einsatz von ausgearbeiteten Lösungsbeispielen bei der Vermittlung neuer Fertigkeiten vorteilhaft o Guidance fading effect: mit zunehmender Expertise sollten diese neuen Fertigkeiten aber durch eigenständig zu lösende Probleme ersetzt werden, um das Lernen optimal zu fördern o Expertise reversal effect: Ausgearbeitete Lösungsbeispiele etc. werden eher als redundant und somit als weniger lernförderlich erlebt § Da fortgeschrittene Lerner bereits über schematisches Wissen in einer Inhaltsdomäne aufweisen KRITIK - Kritikpunkt: Empirische Erfassbarkeit der von der CLT differenzierten Belastungsarten o Fraglich, ob Lernende nachträglich differenzierte Angaben über verschiedene Belastungsformen während des Lernens machen o das ist u.a. der Grund, warum die dritte Kategorie der Belastungsarten (Germane Cognitive Load) nicht mehr vertreten werden konnte - Kritikpunkt: additiver Zusammenhang der Belastungsformen (Subkategorien des Cognitive Loads) wird angezweifelt - Kritikpunkt: kein Unterschied zwischen Prozess- und Ressourcenebene in der CLT o Analyse der kognitiven Prozesse (beim Lernen) bleibt weitestgehend unberücksichtigt o Anhand von Lernergebnissen (z.B: Behaltens- oder Verstehensleistung) wird auf kognitive Lernprozesse rückgeschlossen = unzulässig - Kritikpunkt: unscharfe Begriffsdefinitionen o Beziehung zwischen dem Begriff der mentalen Belastung (»load«) und der mentalen Anstrengung (»effort«) ist jedoch unklar, so dass die beiden Begriffe manchmal synonym verwendet werden o Fraglich, da eine hohe mentale Belastung nicht automatisch mit einer hohen mentalen Anstrengung einhergeht WP1 S. 32-77 HOLTZ, CRESS & KIMMERLE (2020): LERNEN IN SOZIALEN MEDIEN (S.1-8) ZUSAMMENFASSUNG ð Soziale Medien spielen zunehmend auch im Bereich des Lernens eine Rolle ð Plattformen, wie Wikipedia werden zum informellen Alltagslernen genutzt ð In formellen Lernumgebungen werden soziale Medien, wie Wikis, Blogs und Ähnliches eingesetzt ð Sozio-kognitive Verzerrungen können die Qualität des in sozialen Medien verfügbaren Wissens beeinflussen ð Beim Lernen in sozialen Medien kann es zu unerwünschten sogenannten „Echokammer-Effekten" kommen ð Es wird Medienkompetenz benötigt, um Fehlinformationen vermeiden zu können o Informationen in sozialen Medien nicht immer zuverlässig DAS ZEITALTER DER SOZIALEN MEDIEN - Soziale Medien stellen einen zunehmend unverzichtbaren Bestandteil des täglichen Lebens vieler Menschen dar - Ein großer Teil der Informationen, die Menschen konsumieren, stammt aus den sozialen Medien DIE ROLLE SOZIALER MEDIEN FÜR SOZIALES VERHALTEN - Fokus auf User-Generated Content: o Nutzer, der jeweiligen Internetplattform, haben nicht nur die Möglichkeit, Inhalte von den Betreibern dieser Webseite zu konsumieren, sondern können auch aktiv selbst Inhalte produzieren und mit anderen Nutzern teilen o Gleichzeitig können sie sich über die Internetplattform vernetzen und miteinander kommunizieren - Beispiele für soziale Medien: o Kollaborative Projekte zur Wissenskonstruktion: Wikipedia o Content Communities: YouTube o Soziale Netzwerke: Facebook, Instagram o Kommunikationskanäle wie Blogs o Mikroblogging-Dienst: Twitter o Virtuelle Spielwelten: World of Warcraft, Second Life - Begriff: “Internet-Paradox” (Robert Kraut): Internet sollte eigentlich eine Kommunikationstechnologie darstellen und den Austausch zwischen Menschen erleichtern, allerdings fühlten sich die Menschen zunehmend einsamer, je mehr sie das Internet nutzten. o Kraut revidierte die Ergebnisse später, da sich herausstelle, dass sich die Befunde auf Internet-Neulinge bezogen und mit zunehmender Internetnutzung verschwanden. o Internetauswirkungen hängen außerdem mit Persönlichkeitsmerkmalen zusammen - Appel und Schreiner (2015) über den negativen Effekt des Internets auf die soziale Interaktion: o Es kommt darauf an, wofür das Internet genutzt wird o „Rich-get-richer-Effekt“ → Es bauen Menschen im Internet Kapital auf, die auch offline Unterstützung erleben - Appel und Schreiner klärten noch weitere Mythen: o Eher mehr gesellschaftliche Partizipation und Engagement, statt Verringerung des allgemeinen Wohlbefindens o Kleiner, aber messbarer Effekt der Rezeption gewalthaltiger Medien auf Aggressivität und Delinquenz (Straffälligkeit) - Wird in sozialen Medien eher das „wahre-Ich“ gezeigt, oder präsentiert man sich stattdessen in einem übertrieben positiven Licht? o Mehrheit zeigt „wahres Ich“ zeigt, aber auch Belege für übertriebene Selbstdarstellung - Inwiefern und unter welchen Bedingungen kann ein Fehlen sozialer Hinweisreize (Mimik, Gestik - sozialer Status eines Gegenübers) zu einer von sozialer Konvention befreiten Kommunikation führen? o Verringerte Bedeutung von sozialen Normen kann sich positiv auswirken (hierarchiefreie, egalitäre Kommunikation, keine Diskriminierung) o Oder negativ (vulgäre/hetzende Kommunikation, anonyme Beschimpfungen) CHANCEN UND MÖGLICHKEITEN DES LERNENS IN UND MIT SOZIALEN MEDIEN KOLLABORATIVES LERNEN UND WISSENSKONSTRUKTION: - Soziale Medien sind aufgrund ihrer Möglichkeiten zur Kommunikation und zur kollaborativen Wissensproduktion für pädagogische Ansätze (Gemeinsamer Wissensaustausch, Ausprobieren, Diskutieren und Problemlösen) relevant - Besonders in konstruktivistischen Ansätzen, die auf pädagogischen Konzepten von Dewey, Piaget und Vygotsky beruhen o Wissen immer Resultat einer erfolgreichen Auseinandersetzung eines Individuums mit seiner Umgebung o Kommunikation von Ideen (z.B.: Problemlösestrategien) und Austausch mit anderen spielt entscheidende Rolle - Für die Gestaltung von Online-Lernumgebungen ergeben sich unterschiedliche Implikationen, mit denen sich Lernen beschreiben lässt: o Kognitivistische Ansätze: → Wie man lernenden nützlich und instruktional möglichst sinnvoll aufbereitete Lerninhalte zur Verfügung stellen kann o Sozial-konstruktivistisch: → wie Lehrende möglichst effektiv Lernende vor fordernde, aber lösbare Aufgaben stellen können und wie man verschiedene Lernende miteinander vernetzen kann, sodass sie von gegenseitigen Erfahrungen profitieren - Konzept des Knowlegde Building (Marlene Scardamalia): → Software-Tools, die während des Lernprozesses die Möglichkeiten bieten, Ideen auszutauschen, zu diskutieren und die Ideen weiterzuentwickeln o Einige Prinzipien auch auf Lernen in sozialen Medien anwendbar o Es geht nicht nur darum, vorgegebene Aufgaben zu lösen, sondern gemeinsam Ideen weiterzuentwickeln, sodass etwas Neues entstehen kann o Wissen = Eigentum einer Gruppe/Gemeinschaft ALLTAGSLERNEN IN SOZIALEN MEDIEN: - Forschung zum Lehren und Lernen mit elektronischen Medien o formale und geschlossene Lernumgebungen (konkretes Lernen bestimmter Inhalte steht im Fokus) o durch Lehrende wird gewisser Rahmen abgesteckt (nutzbare Ressourcen) - Weiterer Begriff des Lernens: o Großer Teil alltäglich gelernten Informationen stammt aus informellen und offenen Plattformen (YouTube, Twitter, Facebook, etc.) o Unterschied: Welche Informationen relevant sind, entscheidet Nutzer selbst oder eine soziale Kontrolle (z.B.: Melden von Beiträgen oder durch Algorithmen) EINSATZ UND INTEGRATION SOZIALER MEDIEN IN LEHR-LERNSZENARIEN: ð Die von sozialen Medien unterstützten Kollaborationsprozesse nutzen das Internet als Medium o Zusammenarbeit = selbstorganisierte Prozesse, die die aktive Teilnahme erfordern o Vor allem in informellen Szenarien (intrinsische Motivation & persönliches Interesse im Vordergrund) o Schwierigkeit → die Wissenskonstruktion mit sozialen Medien direkt auf formale Lehr-Lernszenarien zu übertragen § Da diese meist durch Curricula und Instruktionen gekennzeichnet sind o Soziale Medien nicht nur für Kommunikation, auch für Vernetzung großer Gruppen möglich § Diese Gruppen bilden sich selbstständig als Netzwerke oder Gemeinschaften o Übertragung der Prozesse - die sich bei Sozialen Medien im Internet finden - in formale Lehr-Lern-Settings mit großer Vorsicht (!) § Dennoch zahlreiche Versuche, Technologien in formalen Bildungskontexten einzusetzen (z.B.: Wikis, soziale Netzwerke, Blogs) § Wikis ermöglichen einfaches onlinestellen, editieren, kommentieren, strukturieren § Wikis haben geringe Zugangsbarrieren (geeignet für pädagogische Zwecke) § Erlauben Integration von Wissen, Entwicklung gemeinsamer Artefakte und Aufbau gemeinsamen Verständnisses/ Einsatz für kollaboratives Schreiben o Soziale Netzwerke kommen auch im Bildungskontext zum Einsatz § Nutzung kaum für Lernprozesse, eher als organisatorisches Hilfsmittel § Austausch überwiegend auf interpersonaler Ebene o Schreiben von Blogs: § Fördert Bereitstellung von Hyperlinks § Fördert Überdenken gelernter Konzepte § Kann zu vertiefter Elaboration führen § Ermöglicht Feedback über die Kommentarfunktion PROBLEM UND RISIKEN DES LERNENS IN UND MIT SOZIALEN MEDIEN: ð Soziale Kontrolle und Algorithmen sorgen durchaus für Qualität von Informationen ð Problemfelder sind: o Sozio-kognitive Verzerrung o Echokammer-Effekte SOZIO-KOGNITIVE VERZERRUNG: - Verzerrungen und Fehlinformationen können nicht gänzlich ausgeschlossen werden → Zugängliches Wissen entspricht dem Konsens zwischen den Beitragenden und deren Gedankengängen, welche anfällig für sozio-kognitive Verzerrungen sind (Biases) o Besseres Darstellen des eigenen Geschlechts (Gender Bias) o Nachträgliches Bearbeiten von Beiträgen nach z.B. einem Unglück, dass es „vorhersehbar war“ o Gruppenkonflikte (Ingroup Bias) eigene Gruppe wird positiver dargestellt als die Gegnerische - Häufiger Konsum derartiger Fehlinformationen (z.B.: Verschwörungstheorien) erscheint bei häufigem Konsum glaubwürdig ECHOKAMMER-EFFEKTE: - Informationen, die die eigene Meinung stärken würden, werden gegenüber anderen Meinungen bevorzugt (Confirmation Bias) o Dadurch verzerrte Auswahl an Nachrichten/ Leben in einer Filter-Bubble - Echokammer-Effekt und Cyber-Balkanisierung: Vernetzung mit ähnlich denkenden Menschen o Können auch positive Effekte entstehen o Wenn etwas für eine nur kleine Menge Menschen relevant ist und vernetzen in der Offline-Welt mit großem Aufwand verbunden ist (Long Tail Learning) LUKESCH (2016): PATHOLOGISCHE INTERNET-UND COMPUTERSPIELNUTZUNG (S.335-358) EINE KRANKHEIT WIRD GEBOREN: - 1996: Phänomen „Internetabhängigkeit“ ist in Deutschland erstmal aufgetreten - 1998: An Psychiatrischen Universitätsklinik in München erste „Ambulanz für Internet-Abhängige“ - 1998: Gründung Selbsthilfegruppe für Internetsüchtige (HSO) - Ab 1999 bis heute: anhaltende Aufmerksamkeit in deutscher Öffentlichkeit - 2008: Thema in Bundestag → Finanzierung von Studien und Präventionsprojekten BEGRIFFSERKLÄRUNG - Sprachverwirrungen hinsichtlich Definition vieler psychologischer Phänomene o Durch Vielfalt an Bezeichnungen - Noch nicht abschließend geklärt, ob es sich überhaupt um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt - Nicht mehr der Begriff „Internetsucht“, sondern „pathologischer Internetgebrauch“ (PIG) BESCHREIBUNG DES STÖRUNGSBILDES: - Beschreibung des Störungsbildes ähnlich schwierig, wie die Suche nach Namen → kein einheitliches Phänomen - Verschiedene Erscheinungsformen und Subtypen: o Informationsüberlastung § Zwanghaftes Surfen und exzessive Nutzung von Suchmaschinen o Onlinespielsucht § Computerspielsucht hauptsächlich bei Rollenspielen und Gruppendruck o Zwanghafte Nutzung von Netzinhalten § Internet wird genutzt, um Störungen auszuleben § z.B.: Ausleben von Kaufsucht, Sexsucht, Glücksspielsucht o Virtuelle Beziehungssucht § Betroffene suchen Zuneigung und Beziehung zu Menschen im Internet, die sie im realen Leben nicht finden - Unterscheidung in Ausprägung und Intensität des Problemlöseverhaltens: o Exzessive Mediennutzung § Noch als selbstbestimmtes Verhalten klassifizierbar o Exzessiv-dysfunktionale Mediennutzung § Bereits durch deutlich geringere Zielgerichtetheit, Kontrolle und gestörte Kosten-Nutzen-Bilanz gekennzeichnet o Pathologische Mediennutzung § Nutzer beginnen, die Situation als belastend zu empfinden o Süchtige Mediennutzung § Kontrollverlust, Entzugserscheinungen, Toleranzentwicklung, negative Konsequenzen im Leistungs- und sozialen Bereich SYMPTOME: - „Problem“ fällt oftmals durch Leistungsabfall und verändertes Sozialverhalten Eltern oder Lehrern auf - Es ergeben sich folgende Auffälligkeiten: o Einengung des Verhaltensraums o Kontrollverlust o Entzugserscheinungen o Toleranzentwicklung o Negative und personale Konsequenzen KLASSIFIKATION: - Nicht geklärt, ob es sich um eine eigenständige Krankheit handelt - PIG ist etablierten Störungsbildern nicht gleichgestellt, jedoch wird allmählich eine ernstzunehmende Gesundheitsgefährdung wahrgenommen o „Internet Gaming Disorder“ § Aufgenommen ins Diagnoseverzeichnis, da eine besondere empirische Datenbasis vorliegt § Fünf von neun Kriterien sollten innerhalb der letzten zwölf Monate erfüllt sein - Fehlende Einordnung in ein anerkanntes Klassifikationssystem hat für die Praxis zwei Folgen: o Keine verbindlichen Kriterien für die Diagnose o Schwierigkeiten bei der Bezahlung der Therapie - Es darf nicht voreilig von einer Krankheit oder Störung gesprochen werden o Betroffene sollten jedoch ernst genommen werden o Betroffene sollten an kompetente Hilfsangebote verwiesen werden o Finanzierung von Beratung, Therapie und Prävention für Kinder und Jugendliche unabhängig von ICD- Klassifikation VERBREITUNG - 2012: 12,7% der Jugendlichen sind gefährdet - In Deutschland und Island geringste Prävalenzraten - Männliche ältere Jugendliche, deren Eltern einen niedrigen Bildungsstand haben, höhere Wahrscheinlichkeit betroffen zu sein - 2011 und 2013: fast eine halbe Millionen Menschen in Deutschland müssten als internetsüchtig bezeichnet werden o In Altersgruppe 14-16-jährige: 4,0% abhängig - Höheres Risiko bei Migranten und Arbeitslosen - Keine geschlechtsspezifischen Unterschiede hinsichtlich Prävalenz o Allerdings hinsichtlich genutzter Angebote - 2,5% der 12-25-jährigen exzessive Internetnutzer bzw. Computerspieler o Keine Geschlechtsunterschiede - Fokus hinsichtlich pathologischer Internetnutzung von Computerspielen eher männliche Personen - Leichter Übergang bei bildungsferneren Schichten, aber auch Gymnasiasten können betroffen sein BEGLEITERSCHEINUNGEN FOLGEN DES PATHOLOGISCHEN INTERNETGEBRAUCHS: Rehbein & Kollegen (2009) in Studie: - Abhängige Schüler: o Schlechtere Schulnoten in den Fächern Deutsch, Geschichte, Sport, NICHT (!) jedoch in Mathematik o schwänzten mehr Schulstunden und waren häufiger Mehrfachschulschwänzer (mehr als 5 geschwänzte Tage) o schlechtere soziale Kompetenzen o geringeres Repertoire an Alternativbeschäftigungen KOMORBIDITÄT MIT ANDEREN PSYCHISCHEN STÖRUNGEN - PIG steht mit mehreren psychischen Störungen und Persönlichkeitsmerkmalen in Zusammenhang o Besonders deutlicher Zusammenhang zwischen Depressivität und Angsterkrankungen mit pathologischem Internetgebrauch o Auch ein Zusammenhang mit ADHS o Auch ein Zusammenhang mit erhöhtem Missbrauch psychotroper Substanzen o Erhöhter Impulsivität, Aggressivität und Feindseligkeit NEUROPSYCHOLOGISCHE BEFUNDE - Im Gehirn zeigten sich ähnliche Veränderungen wie bei substanzbezogenem Suchtverhalten o Geringe Impulskontrolle o Verminderte Fähigkeit zur Fehlerüberwachung und Verhaltenskontrolle o Verstärkte Empfindlichkeit für konditionierte, suchtbezogene Reize o Erhöhte Belohnungssensivität und verminderte Verlustsensivität o Aggressive Verhaltenstendenzen - Verhaltensexzesse können langfristige Folgen für die Gehirnentwicklung haben o Empfindliche neurochemische Balance kann durch Suchtverhalten gestört und langfristig verändert werden o Verminderung von Lust, Freude und Interesse ENTSTEHUNG - Teilweise genetische Risikofaktoren - „Teufelskreis“ zwischen negativen psychischen Befindlichkeiten (z.B.: Einsamkeit, Angstsymptome) und daraus resultierenden Bedürfnissen, diese im Internet auszuleben - Auslösende negative Befindlichkeiten: o Bereits bestehende Süchte o Psychopathologische Störungen oder auch spezielle Persönlichkeitseigenschaften (z.B.: Depressivität, soziale Ängstlichkeit) o Fehlangepasste, für das Selbst ungünstige Kognitionen, die mit bspw. negativer Selbstwahrnehmung verbunden sind o Kritische Lebensereignisse und schwierige Lebensphasen o Negative Alltagserfahrungen bzw. ungünstige Rahmenbedingungen (z.B.: soziale Isolation, Frustration) o Attraktivitätsfaktoren des Internets (bspw. leichte Zugänglichkeit) Unterscheidung bei „Gefährdung“: - Personenbezogene Faktoren O z.B.: verminderte Empathie, geringe soziale Kompetenz - Mediennutzungsbezogene Faktoren O Einsatz der Spiele zur Bewältigung negativer Gefühle - Umfeldbezogene Faktoren O Wenige Erfolgserlebnisse im realen Leben, mangelndes Bewältigungsverhalten Integratives Modell zur Computerspielsucht: DIAGNOSTIK - Keine verbindliche K