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Pädagogische Psychologie Gedächtnis & Selbstregulation beim Lernen – 17.04.2024 – Franziska Baier-Mosch Vorlesungsplan Termin Inhalt 1 10.04.2024 Einführung 2 17.04.2024 Gedächtnis & Selbstregulation beim Lernen 3 24.04.2024 Emotion & Selbstkonzept beim Lernen 4 01...

Pädagogische Psychologie Gedächtnis & Selbstregulation beim Lernen – 17.04.2024 – Franziska Baier-Mosch Vorlesungsplan Termin Inhalt 1 10.04.2024 Einführung 2 17.04.2024 Gedächtnis & Selbstregulation beim Lernen 3 24.04.2024 Emotion & Selbstkonzept beim Lernen 4 01.05.2024 Entfällt aufgrund von Feiertag 5 08.05.2024 Motivation beim Lernen (voraussichtlich asynchron online) 6 15.05.2024 Instruktion I: Methoden & Strategien 7 22.05.2024 Instruktion II: Methoden & Strategien 8 29.05.2024 Lerngruppen managen & Beziehungen gestalten 9 05.06.2024 Erziehen: Chancen & Risiken digitaler Medien; Integration von KI 10 12.06.2024 Diagnostizieren: Grundlagen & Diagnostik von Verhaltensauffälligkeiten 11 19.06.2024 Früherkennung von internalisierenden Störungen im Schulsetting I 12 26.06.2024 Früherkennung von internalisierenden Störungen im Schulsetting II 13 03.07.2024 Lernschwierigkeiten & (Früh)-förderung 14 10.07.2024 Beraten & Gespräche führen (CAVE: findet im Blauen Hörsaal statt) 15 17.07.2024 Abschluss & Fragen zur Prüfung 2 Lernen Lernen – Definition Lernen „Lernen ist ein Prozess, der als Ergebnis von Erfahrungen relativ langfristige Änderungen im Verhaltenspotenzial erzeugt“ (Müsseler & Rieger, 2017, S. 320-321) Lernen drückt sich nicht immer unmittelbar im Verhalten aus, sondern zeigt sich häufig erst zu einer späteren Gelegenheit ≠ kurzfristige Änderungen als Folge von z. B. Ermüdung ≠ Reifungs-/Entwicklungsprozess, z. B. körperliches Wachstum (sind nicht Ergebnis von Erfahrung, sondern endogen, genetisch festgelegt) Definition sagt nichts darüber aus, wie genau Lermen funktioniert, also den Prozess/Mechanismus, und ob es bewusst oder unbewusst abläuft! Müsseler & Rieger (2017) 4 Lernen – Prozess/Mechanismus: Assoziatives Lernen Assoziatives Lernen als elementarer Lernmechanismus, der bei Menschen und Tieren nachweisbar ist Lernen als Aufbau von prädiktiven Relationen, d. h. Zusammenhänge zwischen Objekten, Ereignissen und Informationen Müsseler & Rieger (2017) 5 Mechanismen des Lernens: Assoziationen Qualitativ unterscheidbare Lernprozesse beim Aufbau prädiktiver Relationen (Assoziationen) Zwei separate Modi des Lernens: Implizites, inzidentelles Lernen Explizites, hypothesengeleitetes Lernen Laufen schnell und automatisch ab, sind Erfordert Lernintention, mühevolle kognitive kognitiv wenig aufwendig Prozesse Automatische Bildung von Assoziationen Aufbau von explizit repräsentiertem Wissen Erfordern keine „bewussten“ über Relationen in der Welt im Verarbeitungsprozesse propositionalen Format (Klassische Konditionierung, Instrumentelle (Kausallernen und Beobachtungslernen; Konditionierung; prozedural) deklarativ) Mitchell et al., 2009; Müsseler & Rieger (2017) 6 Gedächtnis & Explizites Lernen Kognitionspsychologischer Ansatz: Erwerb von Wissen Explizites, hypothesengeleitetes Lernen Lernen aus kognitionspsychologischer Perspektive: Fokus ist auf mentalen Verarbeitungsprozessen, weniger auf sichtbarem Verhalten Beim kognitionspsychologischen Ansatz liegt im Prinzip eine konstruktivistische Grundauffassung vor: Den Lernenden kann Wissen nicht direkt vermittelt werden, sondern sie müssen aktiv Information interpretieren und daraus Wissen aufbauen Lernrelevante Informationsverarbeitung findet im Arbeitsgedächtnis statt...ins Arbeitsgedächtnis aufgenommenen Daten werden erst dadurch zur Information, dass sie auf Basis des Vorwissens aus dem Langzeitgedächtnis interpretiert werden… Renkl (2020) 8 Kognitionspsychologischer Ansatz: Erwerb von Wissen Arbeitsgedächtnis Langzeitgedächtnis KZG Zentrale Exekutive...ins Arbeitsgedächtnis aufgenommenen Daten werden Aufmerksamkeit erst dadurch zur Information, dass sie auf Basis des Vorwissens (aus dem Langzeitgedächtnis) Birbaumer & Schmidt (2010); Renkl (2020) interpretiert werden… 9 Komponenten des Arbeitsgedächtnisses Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Baddeley‘s (2000) überarbeitetes Modell des Arbeitsgedächtnisses: Zentrale Exekutive Arbeitsgedächtnis KZG Baddeley (2000); Reed (2022); Renkl (2020) 11 Das Kurzzeitgedächtnis Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Visuell-räumlicher Notizblock: Phonologische Schleife: Es werden visuelle Wahrnehmungen und Akustische und artikulatorische Informationen Vorstellungen verarbeitet: Objektmerkmale (verbal) werden verarbeitet wie Farbe und Form, räumliche Information z. B. Visuell präsentierte sprachliche Information wird beim Lesen in sprachbasierten, artikulatorischen Code übersetzt und dann ebenfalls im phonologischen Modul gespeichert Episodischer Puffer Repräsentiert Information in multimodalen Code Episodischer Puffer dient der Manipulation und Verknüpfung von Information Kontrolliert wird der episodische Puffer von der zentralen Exekutive: Die zentrale Exekutive fügt Informationen aus einer Vielzahl von Quellen zu einer einheitlichen episodischen Repräsentation zusammen Baddeley (2000); Müsseler & Rieger (2017) 13 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Eigenschaften des KZG: Vergessen Informationen im KZG gehen schnell verloren, wenn sie nicht durch Rehearsal (Wiederholung) aufrechterhalten werden Ergebnis Versuchspersonen sollten versuchen, drei Konsonanten zu behalten (z. B. C H J) Probanden wurden vom Rehearsal der Information abgehalten, indem sie, beginnend bei einer Zahl, die nach den drei Konsonanten gezeigt wurde, rückwärts zählen sollten Die Versuchspersonen sollten dann so lange rückwärts zählen, bis ein Licht nach 3,6,9,12,15 oder 18 Sekunden erschien, das signalisierte, dass sie nun die drei Konsonanten nennen sollen Peterson & Peterson (1959); Reed (2022); 14 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Eigenschaften des KZG: Vergessen Warum gehen die Informationen so schnell verloren, wenn man sie nicht wiederholt? Interference theory: Das Ausführen einer anderen Aufgabe interferiert mit dem Behalten der eigentlichen Information und führt deshalb zu Vergessen. Decay theory: Vergessen tritt auch dann auf, wenn man keine andere Aufgabe während des Behaltensintervalls der eigentlichen Information ausführt; Information geht allein aufgrund des Verstreichens von Zeit verloren. Peterson & Peterson (1959); Reed (2022); 15 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Eigenschaften des KZG: Vergessen Warum gehen die Informationen so schnell verloren, wenn man sie nicht wiederholt? Interference theory: Das Ausführen einer anderen Aufgabe interferiert mit dem Behalten der eigentlichen Information und führt deshalb zu Vergessen → Ergebnisse von Studien sprechen für die „interference theory“: Die Anzahl an interferierenden Zahlen hat einen starken Effekt auf die Behaltensleistung, die Dauer des Behaltensintervalls nur einen sehr schwachen… Peterson & Peterson (1959); Reed (2022); 16 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Eigenschaften des KZG: Kapazität – The magic number 7 Visuell-räumliches & phonologisches System: Nur eine bestimmte Anzahl an Information kann im KZG gehalten werden Aufgabe, die häufig genutzt wird, um die begrenzte Kapazität des KZG zu zeigen, ist eine „memory span Aufgabe“: Es soll eine Sequenz an Items in der richtigen Reihenfolge erinnert werden TMFJRLB Die Kapazität des KZG ist auf circa 7 Items begrenzt; Zahlenreihen 1 und 4 HQCNWYPKV sollten leicht abgerufen werden können – sie haben nicht mehr als 7 SBMGXRDLT Zeichen JZNQKYC Reed (2022) 17 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Eigenschaften des KZG: Kapazität – Chunking Visuell-räumliches & phonologisches System: Begrenzte Kapazität kann durch das Bilden von Chunks ein stückweit überwunden werden Chunks: Einzelne Items werden als Gruppe gelernt und im Langezeitgedächtnis gespeichert 3478569012 → Es müssen 12 Zahlen behalten werden 34 78 56 90 12 → Es müssen nur 5 Chunks behalten werden Ebenfalls: Formen Wörter ganze Sätze, kann mehr behalten werden → episodischer Puffer verknüpft Informationen zu größeren Einheiten mit Hilfe der zentralen Exekutive; berücksichtigt semantische und syntaktische Information Müsseler & Rieger (2017); Reed (2022) 18 Aufmerksamkeit & Zentrale Exekutive Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit: Fähigkeit, Informationen zu selektieren und andere zu ignorieren, um diese zur Grundlage von Wahrnehmung, Denken und Handlungen zu machen. Selektionsfunktion: Selektion perzeptiver Information (z. B. visuell oder auditiv) Informationen innerhalb des Aufmerksamkeitsfokus werden selektiert und können Verhalten beeinflussen, Informationen außerhalb des Fokus werden ignoriert Visuelle Aufmerksamkeit als Spotlight Auditive Aufmerksamkeit als Flaschenhals Dorsch (2024) 20 Selektive Aufmerksamkeit Auditive selektive Aufmerksamkeit Selektion (Filtermechanismus) ist flexibel und kann Visuelle selektive Aufmerksamkeit früher oder später erfolgen (Broadbent, 1958) “visual attention operates like a spotlight that roams around our visual field and only stimuli within this beam of attention are processed” (Deutsch & Deutsch, 1963) “evidence for a division of attention among multiple non-contiguous locations in our visual field based on Müsseler & Rieger (2017) Poll (2020) external stimuli” 21 Selektive Aufmerksamkeit Visuelle Aufmerksamkeit Exogenes System: Bottom-up Endogenes System: Top-down Aufmerksamkeit wird automatisch Steuerung der Augenbewegungen zugewiesen, vom Stimulus selbst gelenkt Kontrolliert und beeinflusst von individuellen Wenn unerwartete, aber potentiell wichtige Intentionen, Erwartungen, Wissen und Zielen Reize präsentiert werden Aktiviert, wenn 22 Personen einen noch nicht Saliente Stimuli, oder solche die sich von präsentierten Reiz erwarten anderen unterscheiden, werden eher wahrgenommen Beide Systeme arbeiten zusammen: kontrolliertes System wird unterbrochen, wenn unerwartete Stimuli entdeckt werden Müsseler & Rieger (2017) Unterstützung der Selektion relevanter Information Signaling (Hervorheben relevanter Aspekte) Pfeile, Markierungen, Farben, um wichtige Aspekte hervorzuheben Überschriften und Nummerierungen zum Hervorheben der Struktur des Lerninhaltes Non-verbales Hervorheben: Durch Einsatz von Gestik (auf wichtige Inhalte zeigen) und Mimik Verbales Hervorheben: Durch Sprache anhand von Signalwörtern: „Wichtig hier ist jetzt…“; „Das solltet ihr euch merken…“ CAVE: Signaling funktioniert natürlich nur, wenn es nicht übertrieben wird, d. h. nicht alles bunt und relevant gemacht wird Fiorella (2015); Kulgemeyer (2018b) Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit: Fähigkeit, Informationen zu selektieren und andere zu ignorieren, um diese zur Grundlage von Wahrnehmung, Denken und Handlungen zu machen. Selektionsfunktion: Intensität im Sinne von Aktivierung: Selektion perzeptiver Information (z. B. Überdauernde Aktivierung von Funktionen visuell oder auditiv) der selektiven Aufmerksamkeit während Informationen innerhalb des eines ausgedehnten Zeitraums Aufmerksamkeitsfokus werden selektiert Daueraufmerksamkeit: Aufmerksames und können Verhalten beeinflussen, Beobachten, wobei ein häufigeres Informationen außerhalb des Fokus Reagieren erforderlich ist werden ignoriert Vigilanz: Aufmerksames Beobachten, das Visuelle Aufmerksamkeit als Spotlight selten ein Reagieren erfordert Auditive Aufmerksamkeit als Flaschenhals Dorsch (2024) 24 Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Alpha Wellen treten im Wachzustand geringer Frequenzbänder im menschlichen EEG visueller Aufmerksamkeit v. a. okzipitoparietal auf Birbaumer & Schmidt (2010) 25 Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit: N = 22 Schüler*innen an zwei Schulen in New York (17-18 Jahre alt) Die EEG-Daten wurden während des regulären Biologieunterrichts der Oberstufe über einen Zeitraum von 17 Tagen aufgezeichnet Kabellose EMOTIV EPOC EEG-Headsets mit 14 Elektroden zur gleichzeitigen Aufzeichnung der EEG- Aktivitäten der Schüler*innen in ihrem Klassenzimmer Dikker et al. (2020) 26 Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit: Ergebnisse I: Alpha Power für verschiedene Lernaktivitäten (N =22 Schüler*innen) Quiz scores as well as student engagement ratings were also higher for videos than lectures! Dikker et al. (2020) 27 Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit: AM1: early morning session Ergebnisse 2: Alpha Power über den Schultag hinweg (N = 22 AM2: mid-morning session Schüler*innen): pre/post class PM: afternoon session Dikker et al. (2020) 28 Erwerb von Wissen – Aufmerksamkeit Daueraufmerksamkeit: AM1: early morning session Ergebnisse 2: Alpha Power über den Schultag hinweg (N = 22 AM2: mid-morning session Schüler*innen): during class PM: afternoon session Dikker et al. (2020) 29 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Zentrale Exekutive kontrolliert Subsysteme des Kurzzeitgedächtnisses (KZG) und Aufmerksamkeit Zentral exekutive Funktionen: Kontrolle zielgerichteten Verhaltens Arbeitsgedächtnis (im engeren Sinne): Informationen im Kurzzeitgedächtnis (KZG) halten und manipulieren (z. B. Aufgabenziele und -inhalte) Inhibitory Control: Impulsen, Ablenkungen, Gewohnheiten nicht nachgeben, aktiv interferierende Repräsentationen unterdrücken Cognitive Flexibility (Shifting): Out-off-the-box Denken und sich Veränderungen anpassen; zwischen verschiedenen Denkweisen/Konzepten, Aufgaben wechseln können …Verarbeitungsprioritäten vergeben, Routineprozesse bei Bedarf unterbrechen, nicht routinisierte Prozesse überwachen, Handlungsergebnisse mit Handlungszielen vergleichen… Scionti et al. (2020); Uddin (2021) 30 Erwerb von Wissen – Das Arbeitsgedächtnis Zentrale Exekutive: Inhibitory Control: Aktiv interferierende Repräsentationen unterdrücken Anwendungskontext: (Fehlerhafte) Prä-Konzepte von Schüler*innen, z. B. im naturwissenschaftlichen Unterricht von naturwissenschaftlichen Phänomenen Korrekte Konzepte sollen erworben werden, dabei müssen die fehlerhaften Prä-Konzepte aktiv unterdrückt werden Tipp für die Praxis: Das korrekte (erwünschte) Konzept zuerst einführen (z. B. gasförmiges Wachs ist brennbares Material)! Wenn Fehlkonzepte zu oft thematisieren werden, fördert das ihre Bekanntheit noch zusätzlich! Ein kognitiver Konflikt kann nur ausgelöst werden, wenn Fehlkonzept: Der Docht Wissen über das korrektes Konzept bereits vorhanden ist brennt/ist das brennbare Material Potvin (2013) 31 Komponenten des Langzeitgedächtnisses Kognitionspsychologischer Ansatz: Erwerb von Wissen Arbeitsgedächtnis Langzeitgedächtnis KZG Zentrale Exekutive Birbaumer & Schmidt (2010); Renkl (2020) 33 Erwerb von Wissen – Das Langzeitgedächtnis Was ist das Langzeitgedächtnis? Prozedurales Gedächtnis: Speicherung von Handlungsprogrammen, Fähigkeiten (z. B. Fahrradfahren); automatisiertes Wissen Birbaumer & Schmidt (2017) 34 Erwerb von Wissen – Das Langzeitgedächtnis Was ist das Langzeitgedächtnis? Deklaratives Gedächtnis: Verbalisierbares Wissen über Fakten und Ereignisse, also Wissen, über das Personen leicht Auskunft geben können. Vor allem zu Beginn eines Lernprozesses wichtig! Episodisches Langzeitgedächtnis: Semantisches Langzeitgedächtnis: Erinnerungen an persönliche Sachwissen, ohne zeitlich-räumliche Ereignisse und deren räumliche und Einbettung (z.B. allgemeines Wissen zeitliche Koordination (z.B. Erinnerung über das Urlaubsland) an einen persönlichen Urlaub) Birbaumer & Schmidt (2017); Müsseler & Rieger (2017) 35 Kognitionspsychologischer Ansatz: Erwerb von Wissen Birbaumer & Schmidt (2010) 36 Lernstrategien: Transfer von Information ins Langzeitgedächtnis Erwerb von Wissen (Rehearsal) 1 Lernen funktioniert durch Wiederholung Wiederholung, z. B. durch subvokales Wiederholen (eine Art inneres Sprechen) kann artikulatorische Information im phonologischen Modul bereitgehalten werden Bei einfachen Lernaufgaben: Die acht Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun) in der richtigen Reihenfolge vorsprechen Bei komplexeren Lernaufgaben: Text aus einem Buch abschreiben oder wichtige Stellen in einem Text unterstreichen Birbaumer & Schmidt (2010); Weinstein (1988) 38 Erwerb von Wissen (Organisation) 2 Lernen funktioniert durch Organisation „Translate information into another form that will make it easier to understand“ (Weinstein, 1988, S. 6) Die Information wird strukturiert und tiefer verarbeitet durch die Strukturierung Ein Schema wird benutzt, um ungeordnete Information zu organisieren/ordnen Bei einfachen Lernaufgaben: Kategorisierungen vornehmen, z. B. Tiere entsprechend ihrer taxonomischen Klasse sortieren/einordnen Bei komplexen Lernaufgaben: z. B. eigene Unter-Überschriften für das Kapitel eines Buchs erstellen; Mindmaps erstellen → Prozess des Organisierens und Produkt des Organisierens trägt zur Effektivität der Methode bei… Birbaumer & Schmidt (2010); Reed (2022); Weinstein (1988) 39 Erwerb von Wissen (Elaboration: Coding, Imaging) 3 Lernen funktioniert durch Elaboration „Elaboration involves adding some sort of symbolic construction to what one is trying to learn as a way to make it more meanigful“ (Weinstein, 1988, S.4) Bei einfachen Lernaufgaben: durch verbale oder bildhafte Konstruktionen (Coding & Imaging) Bei komplexen Lernaufgaben: durch Analogien, Paraphrasieren, Zusammenfassen oder Verknüpfung mit Vorwissen aus dem LZG; Verknüpfung mit Inhalten aus anderen Kontexten Reed (2022); Weinstein (1988) 40 Erwerb von Wissen (Elaboration: Coding, Imaging) 3 Lernen funktioniert durch Elaboration Beispiel (Coding/Mnemonic link system): Merkspruch/Geschichte entwickeln, um Information zu erinnern z. B. für die 8 Planeten und ihre Reihenfolge: „Mein Vater erklärt mir jeden Sonntag unseren Nachthimmel.“ Beispiel (Imaging/Method of loci): Methode, bei der Orte entlang eines bekannten Wegs oder Raumes dafür genutzt werden, um Gedächtnisinhalte zu arrangieren und zu erinnern z. B. Zutaten auf einer Einkaufsliste an Orten im Wohnzimmer verteilen; Mental durch das Wohnzimmer gehen und die Zutaten an ihren Orten einsammeln Reed (2022); Weinstein (1988) 41 Selbstreguliertes Lernen Selbstreguliertes Lernen Definition: Selbstreguliertes Lernen bezeichnet das vom Lernenden aktiv initiierte Vorgehen, das eigene Lernverhalten unter Einsatz von verschiedenen (kognitiven, meta-kognitiven, ressourcenorientierten) Strategien zu steuern und zu regulieren. Perels et al. (2020) 43 Selbstreguliertes Lernen Die drei Komponenten des selbstregulierten Lernens… Kognitive Komponente Metakognitive Komponente c Lernstrategien korrekt einsetzen und Wissen über die verschiedenen anwenden können Lernstrategien wie z. B. Rehearsal oder Rehearsal Elaboration Organizing (z. B. Kategorien bilden können) Wissen über Aufgaben (z. B. Komplexität, Elaboration (z. B. Analogien bilden können) Vertrautheit) Planung, c Komponente Motivational-emotionale Selbstbeobachtung/Überwachung, Aktivitäten, die der Initiierung (z. B. Selbst- Reflexion und adaptive Anpassung des motivierung) und dem Aufrechterhalten des Lernverhaltens in Bezug auf das Lernens dienen, handlungsfördernde angestrebte Lernziel (→ zentrale Attributionen von Erfolgen/Misserfolgen, Exekutive) Selbstwirksamkeitsüberzeugung Perels et al. (2020) 44 Selbstreguliertes Lernen – Prozessorientierte Sichtweise Prozessmodelle der Selbstregulation …betrachten Selbstregulation als einen dynamischen und iterativen, also schrittweisen, regelkreisähnlichen Prozess Ausgangspunkt ist Kybernetisches Modell von Wiener (1948): Es wird ein aktueller Ist-Zustand mit einem angestrebten Soll-Wert verglichen. Eine Feedbackschleife meldet das Ergebnis an das System zurück. Im Falle einer Übereinstimmung der beiden Werte erfolgt keine regulierende Aktion. Im Falle einer Diskrepanz zwischen beiden Werten, werden regulative Handlungen ergriffen, mit dem Ziel, den Ist-Zustand an den Soll-Wert anzugleichen. Erst bei der Übereinstimmung des Ist-Zustands mit dem Soll-Wert werden die Regulationsmaßnahmen eingestellt Perels et al. (2020); Schmitz (2001) 45 Selbstreguliertes Lernen – Prozessorientierte Sichtweise Prozessmodell der Selbstregulation von Schmitz (2001) Handeln findet immer dann statt, wenn präaktional Ziele gesetzt werden, deren Erreichung durch entsprechende Strategien in der aktionalen Phase angestrebt wird, und deren Bewertungsprozesse in der postaktionalen Phase zu eventuellen Modifikationen führen Kognition & Metakognition Motivation & Emotion Perels et al. (2020); Schmitz (2001) 46 Selbstreguliertes Lernen – Förderung selbstregulierten Lernens in der Praxis Präaktionale Phase: Zielsetzung fördern Das Setzen von Zielen fördert die Motivation und die akademische Leistung Angemessene Ziele lenken die Aufmerksamkeit auf die Aufgabe und motivierten zu mehr Anstrengung und Durchhalten bei der Aufgabe; positive Gefühle beim Erreichen der Ziele wirken verstärkend Was macht „gute“ Ziele beim Lernen aus? Spezifizität Zeitliche Nähe Hierarchische Organisation Kongruenz zwischen den eigenen Zielen und denen von anderen Schwierigkeit/Komplexität Üben Sie selbst oder mit Ihren Selbst gewählte Ziele Schüler*innen, effektiv Ziele zu setzen Day & Tosey (2011); Zimmermann (2008) 47 Selbstreguliertes Lernen – Förderung selbstregulierten Lernens in der Praxis Strategien gegen Ablenkung von Generell: (Digitales) Multitasking vermeiden! von außen (ressourcenbezogen): Meta-Analyse mit 41 empirischen Studien: Digitales Handy ausschalten und außer Multitasking geht mit signifikant schlechterer kognitiver Sichtweite lassen Leistungsfähigkeit einher bei mittleren bis großen Schild an die Tür: „Bitte nicht Effektstärken (Cohen’s d = -0.71, 95%-CI: -0.86 bis -0.57). stören“ kurze Nutzung von komplexen Online-Umgebungen (mit Einplanen von Lernphasen zu vielen Hyperlinks; z. B. 15 Minuten Online-Shopping) Zeitpunkten, wo man weiß, dass reduziert die Aufmerksamkeitsspanne anschließend; das man wenig gestört wird Lesen einer Zeitschrift führt hingegen nicht zu diesen Konkretes, terminiertes Defiziten Zeitfenster einplanen (z. B. bis Exkurs - Cohen‘s d: Statistisch Maß für die Stärke/praktische 13 Uhr lerne ich) Bedeutsamkeit eines Unterschieds im Mittelwert von zwei Gruppen: d = 0.2 - 0.5 kleiner Effekt, d = 0.5 - 0.8 mittlerer Effekt und d > 0.8 großer Effekt Flirth et al., (2019); Peng et al. (2018); Perels et al. (2020) 48 Vorlesungsplan Termin Inhalt 1 10.04.2024 Einführung 2 17.04.2024 Gedächtnis & Selbstregulation beim Lernen 3 24.04.2024 Emotion & Selbstkonzept beim Lernen 4 01.05.2024 Entfällt aufgrund von Feiertag 5 08.05.2024 Motivation beim Lernen (voraussichtlich asynchron online) 6 15.05.2024 Instruktion I: Methoden & Strategien 7 22.05.2024 Instruktion II: Methoden & Strategien 8 29.05.2024 Lerngruppen managen & Beziehungen gestalten 9 05.06.2024 Erziehen: Chancen & Risiken digitaler Medien; Integration von KI 10 12.06.2024 Diagnostizieren: Grundlagen & Diagnostik von Verhaltensauffälligkeiten 11 19.06.2024 Früherkennung von internalisierenden Störungen im Schulsetting I 12 26.06.2024 Früherkennung von internalisierenden Störungen im Schulsetting II 13 03.07.2024 Lernschwierigkeiten & (Früh)-förderung 14 10.07.2024 Beraten & Gespräche führen (CAVE: findet im Blauen Hörsaal statt) 15 17.07.2024 Abschluss & Fragen zur Prüfung 49 Referenzen Baddeley, A. (2000). The episodic buffer: a new component of working memory?. Trends in cognitive sciences, 4(11), 417- 423. Birbaumer & Schmidt (2010). Biologische Psychologie. (7. Auflage). Springer. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/aufmerksamkeit Day, T., & Tosey, P. (2011). Beyond SMART? A new framework for goal setting. Curriculum Journal, 22(4), 515-534. Dikker, S., Haegens, S., Bevilacqua, D., Davidesco, I., Wan, L., Kaggen, L.,... & Poeppel, D. (2020). Morning brain: Real- world neural evidence that high school class times matter. Social cognitive and affective neuroscience, 15(11), 1193-1202. Fiorella, L. (2015). Effects of Observing the Instructor Draw Diagrams on Learning from Multimedia Lessons. University of California, Santa Barbara. Firth, J., Torous, J., Stubbs, B., Firth, J. A., Steiner, G. Z., Smith, L.,... & Sarris, J. (2019). The “online brain”: how the Internet may be changing our cognition. World Psychiatry, 18(2), 119-129. Kulgemeyer, C. (2018b). Towards a framework for effective instructional explanations in science teaching. Studies in Science Education, 54(2), 109-139.https://doi.org/10.1080/03057267.2018.1598054 50 Referenzen Mitchell, C. J., De Houwer, J., & Lovibond, P. F. (2009). The propositional nature of human associative learning. Behavioral and Brain Sciences, 32, 183–198. Müsseler, J., & Rieger, M. (Eds.). (2017). Allgemeine Psychologie. Spektrum Akademischer Verlag. Peng, M., Chen, X., Zhao, Q., & Zhou, Z. (2018). Attentional scope is reduced by Internet use: A behavior and ERP study. PLoS One, 13(6), e0198543 Perels, F. Dörrenbächer-Ulrich, L., Landmann, M., Perels, F., Otto, B., Schnick-Vollmer, K. & Schmitz, B. (2020). Selbstregulation und selbstreguliertes Lernen. In E. Wild & J. Möller (Hrsg.), Einführung in die Pädagogische Psychologie (3. Auflage). Berlin: Springer. PETERSON, L. R. & PETERSON, M. J. (1959). Short-term retention of individual items. Journal of Experimental Psychology, 58, I 93-8. Poll, K. (2020). Through Your Spotlight: Individual Differences in Attentional Spotlight Size and the Correlation with Cognitive Functions and Personality Traits (Bachelor's thesis). Potvin, P. (2013). Proposition for improving the classical models of conceptual change based on neuroeducational evidence: conceptual prevalence. Neuroeducation, 1(2), 16-43.https://doi.org/10.24046/neuroed.20130201.1 51 Referenzen Reed, S.K. (2022). Cognition. Theories and Applications (10. Auflage). Sage. Renkl, A. (2015). Wissenserwerb. In E. Wild & J. Möller (Eds.), Pädagogische Psychologie (2. überarbeitete Auflage) (pp. 3-24). Berlin: Springer. Schmitz, B. (2001). Self-Monitoring zur Unterstützung des Transfers einer Schulung in Selbstregulation für Studierende. Eine prozessanalytische Untersuchung. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 15, 179-195. Scionti, N., Cavallero, M., Zogmaister, C., & Marzocchi, G. M. (2020). Is cognitive training effective for improving executive functions in preschoolers? A systematic review and meta-analysis. Frontiers in psychology, 10, 2812. Uddin, L. Q. (2021). Cognitive and behavioural flexibility: neural mechanisms and clinical considerations. Nature Reviews Neuroscience, 22(3), 167-179. Weinstein, C. E. (1988). Assessment and training of student learning strategies. In Learning strategies and learning styles (pp. 291-316). Boston, MA: Springer US. Weinstein, C. E., & Mayer, R. E. (1983, November). The teaching of learning strategies. In Innovation abstracts (Vol. 5, No. 32, p. n32). 52 Referenzen Zimmerman, B.J. 2008. Goal setting: A key proactive source of academic self-regulation. In Motivation and self- regulated learning, ed. D.H. Schunk and B.J. Zimmerman, 267–95. New York: Lawrence Erlbaum Associates 53

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