VL07_Aphasie_II PDF - Neuropsychologische Störungen & Interventionen

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Universität Kassel

2024

Dr. Sarah Glim

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Neuropsychology Aphasia Language Disorders

Summary

This document contains lecture notes on neuropsychological disorders, specifically aphasia. The document covers various aspects of the topic, from case studies to classifications, and is likely supplemental lecture notes, or a part of an academic course on neuropsychology.

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Neuropsychologische Störungen und Interventionen 07: Aphasie II Dr. Sarah Glim 04.12.2024 Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2...

Neuropsychologische Störungen und Interventionen 07: Aphasie II Dr. Sarah Glim 04.12.2024 Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 2 Störungen der Schriftsprache 15 Bei Herrn F. S. wurde eine links-parietale Blutung operativ ausgeräumt. In der mündlichen Sprache fallen lediglich milde Symptome einer amnestischen Aphasie auf. Hingegen bestehen eine komplette Agraphie und Alexie. Schreiben nach Schreiben nach Vorgabe Laut lesen Vorgabe Laut lesen Diktat Diktat A H C Lotterie Lotterie Tee K A R Waldstück Waldstuck Te H R T Hage Gehege T E U L Teger care TieaE Hase Hase HEOP Losserie Halterie wie Lotterie Tosser Tiger Tiger TOG Wackstück Stock und Quak HOEC Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 3 Störungen der Schriftsprache 16 Bei Frau I. R. besteht eine Wernicke-Aphasie mit vorwiegend phonematischer Störung. In der Spontansprache produziert sie zahlreiche phonematische Paraphasien und Neologismen. Die Aussprache ist flüssig und phonetisch eindeutig. Es besteht also kein Hinweis auf eine Sprechapraxie. Die Störung ist vielmehr auf der Ebene des phonematischen Lexikons zu suchen. Schreiben nach Diktat Mündliches und schriftliches Benennen von Bildern Diktiert Geschrieben Ast Ast Zielwort mündlich schriftlich Türklinke Türklinke Eule Obele, Uwe Eule Telefonhörer Ferntelefon Snofkolme, Nashorn, Nashorn Sartone oder Meine Tante liebt die Marmelade Meine Tante macht Marmelade Rhinozeros Terrinowe Wann wird sie es ihm geben? Wir sind wir Efblehe, also Erdbeere Erdbeere Taus Nashorn Eltbeere Rezilant Zaungast Tisch Stip, Schik Tisch Spaltust Spindel Kolle, Kolpe, Glocke Glocke Kokle Schlakmos Spinat Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 4 Störungen der Schriftsprache 17 B. A. ist ein 44-jähriger Techniker, der vor drei Jahren eine Hirnblutung aus einer linksseitigen arterio-venösen Fehlbildung erlitten hat. B. A. ist Linkshänder und konnte bis zur Erkrankung mit beiden Händen schreiben. Nun ist die rechte Hand gelähmt. Er hat keine Aphasie, aber Schwierigkeiten beim Schreiben und Lesen. Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 5 Störungen der Schriftsprache 18 I. W. hat einen ausgedehnten Infarkt in der linken Hemisphäre erlitten. Das gesamte Mediastromgebiet ist zerstört. Ihre anfängliche globale Aphasie hat sich im Laufe eines Jahres zu einer schweren Broca-Aphasie verändert. Lautes Lesen ist relativ gut erhalten. Zielwort Lautes Lesen Zielwort Lautes Lesen Zielwort Lautes Lesen Tisch Tisch Kanne Kanne wo wohnen und mein Gott, tut mir leid – Uhr? kann Kanne Zahnbürste Zahnbürste sich und da, ich weiß nicht, so … Wanne Dusch oder so was, Wanne? er ich, nein, Mann, Frau? Brille Brille wann Lappen Tasse Glas, brühen Logik o Gott, Logel jäten jagen sitzen Sessel Zeitschrift Zeitung Auto Auto stehen sitzt groß, ach Gott, ich weiß uns ist am schreiben Schreibmaschine nicht ich ich Unkraut Unkraut ohne ich weiß nicht, Lehne? mein Gott, ich so da … tut sonst sehen wohnen mir leid Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 6 Störungen der Schriftsprache Zentrale Agraphien und Alexien:  Ausfall der analytischen Route: Häufige Wörter werden besser gelesen als seltene; statt des richtigen Wortes wird ein anderes wirkliches Wort gelesen/ geschrieben; erfundene Wörter können überhaupt nicht gelesen/geschrieben werden oder werden durch ähnlich geschriebene wirkliche Wörter ersetzt  Ausfall der Ganzwortroute: Wörter werden mühsam und Buchstabe für Buchstabe erschlossen; u. U. kann das ganze Wort nach den ersten Buch- staben erraten werden; auch erfundene Wörter können gelesen werden; Wörter mit atypischer Schreibweise werden „regularisiert“ Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 7 Störungen der Schriftsprache Zentrale Agraphien und Alexien:  Beispiel Tiefendyslexie: Variante des Ganzwortlesens, die insb. bei Patient:innen mit teilweise rückgebildeter globaler Aphasie auftritt; die „tiefe“ Bedeutung von Wörtern wird besser verarbeitet als ihre „oberflächliche“ Form; der Zugang zur Bedeutung hängt vom semantischen Reichtum des Wortes ab (konkrete Hauptwörter > abstrakte Hauptwörter, Inhaltswörter > Funktions- wörter); insb. bei konkreten Dingen können naheliegende semantische Paraphasien auftreten (z. B. „Blume“ statt „Beet“, „Baum“ statt „Strauch“) Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 8 Störungen der Schriftsprache 19 Frau A. F. hat nach einem embolischen Insult, der vom hinteren Drittel der oberen Temporalwindung in den Gyrus supramarginalis reicht, eine Aphasie. Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 9 Störungen der Schriftsprache 20 H. S. hat nach ausgedehnter Infarzierung im Stromgebiet der linken hinteren Hirnarterie eine periphere Alexie. Wodurch zeichnen sich Störungen der Schriftsprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 10 Störungen der Schriftsprache Periphere Agraphien und Alexien:  Periphere Agraphie: Unfähigkeit, für ein gegebenes Graphem die passende Buchstabenform zu produzieren; Patient:innen machen Fehler, wenn sie einzelne Buchstaben nach Diktat schreiben sollen (wählen falsche Buchstaben oder produzieren nur Gekritzel); kann ohne Aphasie auftreten  Periphere Alexie: Unfähigkeit, Grapheme in geschriebenen Buchstaben zu erkennen; Patient:innen verwechseln beim Lesen v. a. Buchstaben, deren Formen sich ähneln (z. B. „p“ vs. „q“); sobald sie einige Grapheme identifiziert haben, versuchen sie oft, das Wort zu erraten; kann ohne Aphasie auftreten Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 11 Klassifikation der Aphasien Globale Aphasie (13, 14): Broca-Aphasie:  Leitsymptom: Unfähigkeit, differenzierte  Leitsymptom: Agrammatismus sprachliche Äußerungen zu produzieren  Entwicklung meist aus einer initialen  Spontansprache beschränkt sich auf globalen Aphasie heraus (vs. akuter wenige, oft phonematisch entstellte Agrammatismus in den ersten Tagen Wörter oder Sprachautomatismen und nach einer Hirnschädigung, 7) kann durch eine Sprechapraxie  Chronische Broca-Aphasie: Hochgradig behindert sein; der schriftliche Ausdruck eingeschränkter Wortschatz; fehlende ist oft sogar schlechter als der syntaktische Kompetenz; es besteht mündliche; das Sprachverständnis ist fast immer eine Sprechapraxie; schwer beeinträchtigt Sprechen ist sehr mühsam (8) Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 12 Klassifikation der Aphasien Wernicke-Aphasie: Amnestische Aphasie (3, 4):  Leitsymptom: Paragrammatismus  Leitsymptom: Wortfindungsstörungen,  Vorwiegend phonematische Störung (2, die zu Satzabbrüchen führen können 9, 10): Inhaltswörter sind durch phone-  Es können semantische Paraphasien matische Paraphasien entstellt oder auftreten, die meist nah am Zielwort durch Neologismen ersetzt sind; offensichtliche phonematische  Vorwiegend semantische Störung (1, Paraphasien treten nicht auf, aber u. U. 5): Semantische Paraphasien können phonematische Unsicherheiten; das die Botschaft der Rede unkenntlich Sprachverständnis ist gut; die machen oder es kann der Eindruck Schriftsprache unterscheidet sich nicht eines leeren Geredes entstehen von der Lautsprache Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 13 Klassifikation der Aphasien Sonderformen: Sonderformen:  Leitungsaphasie: Besonders schwer  Transkortikal-sensorische Aphasie: gestörtes Nachsprechen; zahlreiche Korrektes Nachsprechen kann mit phonematische Paraphasien auch in Unverständnis für den Sinn des der Spontansprache; das Sprachver- Nachgesagten kontrastieren; die ständnis ist gut Spontansprache ist flüssig und  Transkortikale Aphasien: Nachsprechen phonematisch und syntaktisch korrekt, ist besser erhalten als andere aber inhaltlich durch semantische sprachliche Leistungen; Diskrepanz Abweichungen entstellt oder floskelhaft zwischen schwer gestörter Spontan- verarmt; das Sprachverständnis ist sprache und anderen Leistungen schlecht Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 14 Klassifikation der Aphasien Sonderformen: Sonderformen:  Transkortikal-motorische Aphasie:  Echolalie (21): Manifestation des Obwohl die Sprachfähigkeit (inkl. erhaltenen Nachsprechens; Patient: Sprachverständnis) intakt erscheint, innen mit einer transkortikalen Aphasie haben Patient:innen Schwierigkeiten neigen dazu, die letzten Worte ihrer damit, aus eigenem Antrieb einen Gesprächspartner:innen zu wieder- Sprechakt in Gang zu bringen; sie holen und als Anfangspunkt ihrer sprechen wenig und nur mit eigenen Antwort zu verwenden Anstrengung; insb. die Auswahl eines Wortes aus mehreren Alternativen ist problematisch Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 15 Klassifikation der Aphasien 21 A. H. hat eine Infarzierung im hinteren Anteil des linken Thalamus (Pulvinar thalami) erlitten. Seine sprachliche Kommunikation wechselt zwischen adäquater, nur durch leichte Wortfindungsstörungen beeinträchtigter Kommunikation und Passagen, in denen er inhaltlich völlig abdriftet. Herr H. ist Architekt und führt ein eigenes Büro. G. G.: Wie geht es Ihnen? diesem Schlafbedarf und dem Teil der Micka, A. H.: Ja, danke, danke. Also es geht mir den ich da bekommen habe, sofort auf einen dementsprechend. Teil komme, der einfach zu hoch ist. G. G.: Wie entsprechend? G. G.: Was meinten Sie mit theoretischem Teil? A. H.: Also eigentlich gar nicht so schlecht. A. H.: Wie, theoretischen Teil? G. G.: Wo haben Sie jetzt noch Probleme? G. G.: Sie haben vorher gesagt, dass der A. H.: Die Probleme hab ich allgemein im Bereich theoretische Teil Ihnen noch fehlt. der schulischen Schulung. Und zwar, mein A. H.: Ja, so dürfen Sie es nicht sehen. Sie müssen Betrag an Aufklärung ist eigentlich getan mit es so sehen: Ich sehe die Planung als der Charge, aber der relativ theoretische Teil komplette Planung an, und jetzt urplötzlich ist nicht getan. fehlt da noch ein Stück, denn ich bin in meiner G. G.: Ganz hab ich das jetzt nicht verstanden. Planung also absolut nicht hinter der Planung A. H.: Weil der theoretische Teil – also ich meine, der, der – sag ich ja – der geheimen Medien meiner Meinung nach wäre meine Erklärung usw. jetzt genug, aber ich habe einen Schlafbedarf, G. G.: Der geheimen Medien? das ist dermaßen hoch, dass ich also mit A. H.: Ja, oder auch nicht geheimen Medien. Wodurch zeichnet sich aphasische Sprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 16 Klassifikation der Aphasien 21 - Fortsetzung - G. G.: Meinen Sie mit Planung Ihre Heilung, Ihren das Licht aus. Heilungsprozess, Ihre Zukunft? G. G.: Was heißt „das Licht ausmachen“? A. H.: Ja, ich sehe eigentlich schon auch unseren A. H.: Ja, also: Das tun Sie ja nicht. Sie sind ja da, Heilungsprozess. Gott sei Dank, nicht so. Aber es ist tatsächlich G. G.: Sie haben von Planung gesprochen. Planung so: Wenn ich um neun nicht das Licht wovon? ausmache, bei uns vorne als langtätige A. H.: Ja, Gott, ich komme halt mit meiner Planung Praktika, dann bricht bei uns das Licht nicht zurande. Und das stimmt irgendwo nicht, zusammen. Dann ist es irgendwie … wenn ich mit meiner Planung nicht Verstehen Sie? Das ist das, was mich zurechtkomm. eigentlich nervt, dass ich eigentlich als G. G.: Meinen Sie die Planung in Bezug auf Beruf Fünfprozenter oder Sechsprozenter immer oder in Bezug auf Alltag? noch dastehe, um … mit einem Nerv, A. H.: In Bezug auf Alltag. Alltag schlechthin. Nervprozess. G. G.: Und zwar welche Aspekte des Alltags? A. H.: Aspekte des Alltags, wo Sie sagen: Also jetzt müsst‘s eigentlich genügen, jetzt machen wir Wodurch zeichnet sich aphasische Sprache aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 17 Nichtsprachliche Begleitstörungen Sprache ist nicht die einzige Möglichkeit, Inhalte durch Zeichen zu vermitteln! Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 18 Nichtsprachliche Begleitstörungen 22 Zeichnungen einer Erdbeere, eines Kleiderbügels, eines Schlüssels, eines Tennisschlägers und einer Zahnbürste durch aphasische Patient:innen. Welche Begleitstörungen können vorliegen? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 19 Nichtsprachliche Begleitstörungen 23 U. B. hat nach einer links-temporoparietalen Blutung eine Wernicke-Aphasie. Das Zeichnen von Gegenständen aus dem Gedächtnis wurde erstmals fünf Wochen nach dem Ereignis und dann erneut vier Monate später untersucht. Welche Begleitstörungen können vorliegen? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 20 Nichtsprachliche Begleitstörungen  Zeichnen: Beim Zeichnen von Gegenständen aus dem Gedächtnis werden charakteris- tische Merkmale ausgelassen; beim Kolorieren werden abweichende Farben gewählt  Gesten: Patient:innen machen Fehler, wenn sie zu symbolischen Gesten oder Pantomimen das passende Bild heraussuchen sollen; wenn der sprachliche Ausdruck unverständlich ist, werden auch sprachbegleitende Gesten unverständlich  Zuordnen von Darstellungen eines Gegenstands: Patient:innen haben Schwierig- keiten, Gemeinsamkeiten der Bedeutung zu erfassen (z. B. Zeigeruhr vs. Digitaluhr vs. Kompass), und machen Fehler, wenn sie das Bild einer Geräuschquelle auswählen  Sortieraufgaben: Patient:innen finden weniger Lösungen, wenn Gegenstände nach möglichst vielen Gesichtspunkten in Gruppen geordnet werden sollen Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 21 Nichtsprachliche Begleitstörungen  Zentrale Herausforderung: Dinge in einzelne definierte Elemente zerlegen oder aus solchen Elementen zusammensetzen ( Grundlage der Sprachfähigkeit)  Idee: Nichtsprachliche und sprachliche Symptome sind Ausdruck einer gemeinsamen Grundstörung (aber: Es gibt keine strikte Korrelation zwischen der Schwere der nichtsprachlichen und der sprachlichen Störungen)  Alternative: Nichtsprachliche Symptome entwickeln sich aufgrund von semantischen Gedächtnisstörungen und mangelnder Flexibilität der Handlungskontrolle Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 22 Akalkulien 24 Bei G. E. hat sich eine Wernicke-Aphasie zu einer amnestischen Aphasie zurückgebildet. Bei H. F. besteht der Verdacht auf eine posteriore kortikale Atrophie. Bei dieser Variante der Alzheimer-Demenz sind selektiv parietale und parieto-okzipitale Regionen betroffen. T. U. hat eine Wernicke-Aphasie. R. S. hat eine Leitungsaphasie. Wodurch zeichnen sich Akalkulien aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 23 Akalkulien Schreiben und Lesen von Ziffern:  Patient:innen benennen Ziffern falsch oder schreiben falsche Ziffern für vorgesprochene Zahlen; bei den Fehlbenennungen handelt es sich meist um andere Zahlwörter; bei mehrstelligen Zahlen nimmt die Fehlerzahl zu; Zahlwörter bleiben (wie Funktionswörter) von phonematischen Sprachstörungen meist ausgespart Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 24 Akalkulien 25 E. R. hat einen ausgedehnten linksseitigen Mediainfarkt erlitten, der vorwiegend den Temporallappen zerstört und in geringerem Ausmaß auch auf den Parietal- und den Frontallappen übergegriffen hat. Wodurch zeichnen sich Akalkulien aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 25 Akalkulien 26 Schriftliche Additionen eines Patienten mit halbseitiger Vernachlässigung nach links (Hemineglect). Wodurch zeichnen sich Akalkulien aus? Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 26 Akalkulien Rechnen:  Kopfrechnen: Patient:innen haben Schwierigkeiten, rechnerisches Faktenwissen (z. B. „Einmaleins“) abzurufen; rechnerische Prozeduren belasten das Arbeitsgedächtnis und überfordern viele Patient:innen  Schriftliches Rechnen: Entlastet das Arbeits- gedächtnis; der Anblick der geschriebenen Ziffern kann irrelevantes Faktenwissen aktivieren (z. B. 24 + 9 = 36) Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 27 Anatomie der Aphasien Händigkeit:  Rechtshänder:innen: Aphasien werden fast immer durch linksseitige Hirnläsionen verursacht; bei einer rechtsseitigen Hirnläsion spricht man von einer sog. „gekreuzten“ Aphasie  Nicht-Rechtshänder:innen: Variable Lokalisation (links vs. rechts) der Sprachfähigkeit und entsprechend auch der Aphasie-verursachenden Hirnläsion Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 28 Anatomie der Aphasien Läsionen der perisylvischen Sprachregion:  Große Läsionen, die die perisylvische Sprachregion und die darunter liegenden Basalganglien erfassen  Globale Aphasie, die sich zu einer Broca-Aphasie zurückbilden kann  Infarkte im hinteren Anteil der perisylvischen Sprachregion, in der angrenzenden temporo-parietalen Übergangsregion und im Bereich des mittleren Temporallappens  Wernicke- Aphasie mit ausgeprägter phonematischer Komponente  Läsionen des Gyrus supramarginalis  Phonematische Paraphasien und Leitungsaphasie, Beeinträchtigungen der Schriftsprache und der Zahlenverarbeitung Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 29 Anatomie der Aphasien Läsionen außerhalb der perisylvischen Sprachregion:  Läsionen im mittleren und unteren Temporallappen  Semantische Sprachstörungen  Frontale Läsionen vor oder oberhalb der perisylvischen Sprachregion oder im Gyrus cinguli am medialen Rand des Frontallappens  Transkortikal-motorische Aphasie  Läsionen des hinteren Thalamus oder Läsionen basaler temporaler Cortex- Abschnitte  Transkortikal-sensorische Aphasie  Läsionen im linken Parietallappen  Periphere Agraphie  Läsionen des linken temporo-okzipitalen Übergangs an der Medialseite des Gehirns  Periphere Alexie  Läsionen des temporo-parietalen Übergangs und des Parietallappens  Zentrale Agraphie und Alexie Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 30 Alltagsrelevanz der Aphasien  Beeinträchtigungen behindern die Kommunikation im Berufsleben, in der Öffentlichkeit und im Freundeskreis mehr als in der engen Familie  Manche Patient:innen ziehen sich aus sozialen Kontakten zurück, konzentrieren ihr Leben ganz auf ihre Partnerschaft oder vereinsamen  Patient:innen leiden oft darunter, nicht mehr „normal“ zu sein und empfinden ihre sprachlichen Abweichungen als Stigmatisierung  Die Sprachtherapie ist u. U. der einzige Ort, an dem sich Patient:innen mit ihren Schwierigkeiten voll angenommen und „zu Hause“ fühlen Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 31 Therapie der Aphasien Spontanverlauf:  Aphasien, die durch eine einmalige Hirnschädigung verursacht wurden, bessern sich zumeist auch ohne Therapie  Je schwerer die Aphasie ist und je größer die Läsion ist, desto geringer sind die Aussichten auf eine Spontanbesserung  Patient:innen, die nur schlecht mit nichtsprachlichen Zeichen kommunizieren können, haben eine schlechtere Prognose Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 32 Therapie der Aphasien Wirksamkeit der Therapie:  Erfolg hängt vom Ausmaß und von der Intensität der Therapie ab: Therapiewirksamkeit belegt bei mind. 60 Stunden Therapie mit einer Frequenz von mind. 5 Sitzungen pro Woche; kein signifikanter Therapieerfolg bei Behandlungen mit weniger als 50 Stunden Therapie und nur 1–2 Sitzungen pro Woche Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 33 Therapie der Aphasien Stimulation und Restitution:  Anregung zur Produktion verständlicher sprachlicher Botschaf- ten in Intensivtherapien mit mehreren Therapiestunden pro Tag  „Constraint-Induced Therapy“: Patient:innen erhalten keine Möglichkeit, sich gestisch/über andere Kanäle auszudrücken  „Melodic Intonation Therapy“: Silben werden im rhythmischen Wechsel zwischen hohen und tiefen Tönen gesprochen Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 34 Therapie der Aphasien Neurolinguistisch-modellorientierte Therapie:  Einübung von Regeln und Inhalten der Sprache, entweder um gestörte Komponenten neu zu erwerben oder um kompen- satorische Strategien auf erhaltenen Komponenten aufzubauen  Sprechapraxie: Therapieansätze konzentrieren sich auf die richtige Artikulation von einzelnen Lauten oder üben größere sprachliche Einheiten wie Wörter oder Phrasen als Ganzes Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 35 Therapie der Aphasien Neurolinguistisch-modellorientierte Therapie:  Periphere Alexie: Therapieansätze konzentrieren sich auf das Erkennen einzelner Buchstaben, kurzer Buchstabengruppen oder ganzer Wörter; Patient:innen lernen einzuschätzen, wann sie sich auf ganzheitliches Erkennen verlassen können  Übertragung der neu erworbenen Fähigkeiten in den Alltag ist ein eigenes Therapieziel, das zusätzlichen Aufwand erfordert Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 36 Therapie der Aphasien Kommunikation ohne Sprache:  Eröffnung alternativer Möglichkeiten der Kommunikation (z. B. durch ein Kommunikationsbuch, Zeichnen und Gesten)  „PACE-Therapie“: Botschaften sollen mit allen sprachlichen und nichtsprachlichen Mitteln übermittelt werden; Erfolg wird allein daran gemessen, ob das Gegenüber die Botschaften versteht  Das Training sollte möglichst nah am Alltag stattfinden Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 37 Therapie der Aphasien Gruppentherapie:  Von Sprachtherapeut:innen geleitete Therapiegruppen: Ermutigung der Patient:innen zur Kommunikation; Förderung der Übertragung von erworbenen Kompetenzen in den Alltag  Von Sprachtherapeut:innen betreute Angehörigengruppen: Vermittlung von sachlichen Informationen über die Aphasie  Selbsthilfegruppen: Mittel gegen die psychosoziale Isolation Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 38 Therapie der Aphasien “Repetitive transcranial magnetic stimulation (rTMS) has been reported to improve naming in chronic stroke patients with nonfluent aphasia since 2005. In part 1, we review the rationale for applying slow, 1-Hz, rTMS to the undamaged right hemisphere in chronic nonfluent aphasia patients after a left hemisphere stroke; and we present a transcranial magnetic stimulation (TMS) protocol used with these patients that is associated with long-term, improved naming post-TMS. In part 2, we present results from a case study with chronic nonfluent aphasia where TMS treatments were followed immediately by speech therapy (constraint-induced language therapy). In part 3, some possible mechanisms associated with improvement after a series of TMS treatments in stroke patients with aphasia are discussed.” Neuropsychologische Störungen und Interventionen | Vorlesung 07 | 04.12.2024 | Seite 39 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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