Summary

This document is a lecture script on the subject of Wirtschaftsrecht (business law) specific to a lecture held at FH Technikum Wien. It covers the basics of private law and outlines different theoretical approaches in Austria.

Full Transcript

1 Skriptum zur Lehrveranstaltung Wirtschaftsrecht Themenblock 2 Grundbegriffe des Privatrechts Stand: 2020 „Wirtschaftsrecht“ - FH...

1 Skriptum zur Lehrveranstaltung Wirtschaftsrecht Themenblock 2 Grundbegriffe des Privatrechts Stand: 2020 „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 2 Grundbegriffe des Privatrechts 1. Allgemeines 1.1 Öffentliches Recht / Privatrecht Sämtliche Rechtsnormen lassen sich in einer sehr groben Unterscheidung in Normen des öffentlichen Rechts und jene des Privatrechts einteilen. Zur Frage der Abgrenzung zwischen diesen beiden großen Rechtsbereichen gibt es unterschiedliche Lehrmeinungen und Theorien. Folgende Theorien zur Unterscheidung zwischen Privat- und öffentlichem Recht haben sich in Österreich herauskristallisiert: - Interessenstheorie sieht eine Norm des öffentlichen Rechts dann gegeben, wenn die Rechtsnorm überwiegend dem öffentlichen Interesse dient; dient sie dem Interesse eines Individuums, so liegt Privatrecht vor. - Nach der Subordinationstheorie liegt öffentliches Recht dann vor, wenn die Akteure in einem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen. Bei Gleichordnung liegt Privatrecht vor. - Nach der Subjektstheorie wird liegt öffentliches Recht dann vor, wenn aus einer Rechtsnorm ein Hoheitsträger berechtigt oder verpflichtet wird. Wird kein Hoheitsträger verpflichtet oder berechtigt, liegt Privatrecht vor. Wesentlich ist für alle genannten Theorien, ob an einem rechtlichen Vorgang ein mit Hoheitsgewalt ausgestattetes Rechtssubjekt in Ausübung dieser Hoheitsgewalt beteiligt ist. Öffentliches Recht wird typischerweise von Verwaltungs- oder Strafbehörden vollzogen (zB Bezirkshauptmannschaften, Magistrat, Gerichte). Bsp: Der Bürgermeister der Gemeinde Obertupfing erteilt dem Moritz eine Baugenehmigung. Der Bürgermeister kauft in einem Geschäft Papier für das Gemeindeamt. Während im ersten Fall der Bürgermeister mit Hoheitsgewalt auftritt, fehlt im zweiten Fall dieselbe. Mit Hoheitsgewalt tritt auch ein Gericht auf, welches über Anklage des Staatsanwalts einen Verbrecher verurteilt. Das Privatrecht definiert sich durch Gleichrangigkeit der Parteien. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 3 Bsp: Abschluss von Kaufverträgen zwischen zwei Parteien. Zum Privatrecht gehören zB Kauf--, Miet-, Kreditverträge, Werk- und Dienstverträge, Eheverträge, das Schadenersatzrecht usw. Die Normen des Privatrechts selbst können wiederum unterteilt werden in Allgemeines Privatrecht und Sonderprivatrecht. Das allgemeine Privatrecht hat Rechtsverhältnisse zum Gegenstand, die für alle Personen bedeutsam sind bzw auf alle Personen anwendbar ist (z.B. Zivilrecht = bürgerliches Recht). Das Sonderprivatrecht betrifft bestimmte Personenkreise oder bestimmte Sachgebiete (Unternehmensrecht, Arbeitsrecht, Patentrecht, usw.) und gelangt nur auf diese Personenkreise zur Anwendung. 1.2 Geschichtliche Entwicklung des ABGB Die wichtigste Rechtsquelle des Privatrechts ist das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB). Dieses hat schon eine lange Geschichte: Im 18. Jahrhundert herrschte in Österreich im Bereich des Bürgerlichen Rechts eine weitgehende Rechtszersplitterung. Es galten aus dem römischen Recht angepasste Normen aber auch aus dem alten deutschen Recht übernommene Regelungen. Folglich gab es Bestrebungen, das Bürgerliche Recht zeitgemäß zu gestalten. Die Vorarbeiten zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz ABGB) begannen 1753. Nach mehreren überarbeiteten Entwürfen trat das ABGB am 1.1.1812 in Kraft. Das ABGB wurde seither mehrfach novelliert und es wurden auch Sondergesetze erlassen z.B. Mietrechtsgesetz, Amtshaftungsgesetz, Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz aber auch viele arbeitsrechtliche Gesetze wie z.B. das Angestelltengesetz. 1.3 Aufgaben und Bedeutung des Privatrechts – Die Privatautonomie Das österreichische Privatrecht des ABGB ist von der Idee der Selbstbestimmung im Sinne der Gestaltungsfreiheit getragen. Es ermöglicht den Personen, ihre rechtlichen Beziehungen nach ihren Vorstellungen frei, demnach privatautonom, zu gestalten. Man spricht hierbei vom Grundsatz der Privatautonomie. Die Privatautonomie wird im Bereich des Privatrechts insbesondere durch die Abschluss-, Inhalts- und Formfreiheit charakterisiert. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 4 - Abschlussfreiheit: Jede Person kann sich aussuchen, ob sie überhaupt und wenn mit wem sie einen Vertrag abschließen möchte. Grundsätzlich kann niemand zu einem Vertragsabschluss gezwungen werden (Ausnahme: Kontrahierungszwang etwa von Monopolisten) - Inhaltsfreiheit: Man kann grundsätzlich vereinbaren, was man möchte – solange das Vereinbarte nicht gesetzlich verboten ist oder gegen die guten Sitten verstößt. - Formfreiheit: Grundsätzlich sind beim Abschluss von Verträgen keine Formvorschriften zu beachten (Ausnahme: Es ist eine gesetzliche Formvorschrift vorgesehen, zB Notariatsakt). 1.4 Subjektives- und objektives Recht Der Rechtsbegriff ist zweideutig. Hat jemand ein subjektives Recht, so stehen dieser Person Ansprüche zu, die sie entweder aus Gesetz oder Vertrag ableitet. Bsp. Bernd hat ein subjektives Recht aus einem Kaufvertrag, dass ihm der Gerhard 150 Euro für sein Tablet zahlt. Sieglinde hat ein subjektives Recht, abgeleitet aus dem Gesetz, dass niemand ihr Grundstück ohne Erlaubnis betritt. Subjektive Recht können aus unterschiedlichen Verhältnissen resultieren, nämlich entweder aus - vertraglichen Schuldverhältnissen (subjektive Rechte werden aus Verträgen abgeleitet), oder - gesetzlichen Schuldverhältnissen (subjektive Rechte leiten sich unmittelbar aus der Rechtsordnung ab). 1.5 Rechtsquellen - Gesatztes Recht (Gesetze) – entsteht durch verfassungskonformen Beschluss eines gesetzgebenden Organs (zB Nationalrat, Landtag). Gilt ab Zeitpunkt der Kundmachung für alle Rechtssubjekte. - Gewohnheitsrecht – entsteht durch langdauernde, allgemeine und gleichmäßige Übung (Anwendung), mit der Überzeugung aller Rechtsunterworfenen des gesamten Bundesgebiets, dass die angewendeten Regeln Recht seien. Mangels Gesetzen war das Gewohnheitsrecht lange Zeit sehr bedeutend. Mittlerweile haben sich aus „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 5 Gewohnheitsrecht Normen entwickelt (zB das Recht Pilze zu sammeln, Blumen zu pflücken, über fremde Wiesen zu gehen usw). - Rechtsprechung – im angloamerikanischen „case-law“-System schafft jede gerichtliche Entscheidung Recht; im kontinentaleuropäischen Rechtssystem sind die Richter grundsätzlich nur an die Gesetze gebunden, allerdings spielt die Rechtsprechung der höheren Instanzen in der Praxis eine wichtige Rolle. - Verkehrssitte / Unternehmensbrauch – dabei handelt es sich nicht um Gewohnheitsrecht, sondern um die schwächer wirkende bloße tatsächliche Ausübung einen längeren Zeitraum hindurch. Beispielsweise sind Verträge nicht nach dem buchstäblichen Sinn auszulegen, sondern es ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. (vgl. § 914 ABGB). 1.6 „Wirtschaftsrecht“ Der Begriff „Wirtschaftsrecht“ ist nicht eindeutig definiert und somit eine Abgrenzung Geschmackssache. Allgemein sind dem Wirtschaftsrecht jene Rechtsgebiete zuzuordnen, die für das Wirtschaftsleben von Unternehmern von Bedeutung sind. Grob lässt sich das Wirtschaftsrecht einteilen in ein - privatrechtliches Wirtschaftsrecht und ein - öffentlich-rechtliches Wirtschaftsrecht Zum privatrechtlichen Wirtschaftsrecht zählen insbesondere das Unternehmensrecht, Gesellschaftsrecht und das allgemeine Zivilrecht. Zum öffentlich-rechtlichen Wirtschaftsrecht können insbesondere das Gewerberecht, Markenrecht, Patentrecht und das Kartellrecht gezählt werden. Dieses Skriptum verfolgt den Zweck, eine Einführung ins privatrechtliche Wirtschaftsrecht zu ermöglichen, öffentlich-rechtliches Wirtschaftsrecht wird hingegen weitgehen ausgeklammert bzw wird auf ergänzende Literatur verwiesen. 1.7 Arten der Rechtsnormen 1.7.1 Materielles und formelles Recht - unter materiellem Recht versteht man inhaltliche Regelungen zB die Normen des bürgerlichen Rechts (ABGB) oder des Unternehmensrechts (UGB). „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 6 - formelles Recht regelt das Verfahren der Rechtsdurchsetzung vor den staatlichen Behörden z.B. das Prozessrecht, das Exekutionsverfahren. Formelles Recht ist nicht Teil des Wirtschaftsrechts. 1.7.2 Zwingendes und nachgiebiges Recht - Absolut zwingendes Recht kann durch Vereinbarungen nicht abgeändert werden Bsp: Es ist nicht möglich, die Volljährigkeit und damit die vollständige Geschäftsfähigkeit vertraglich auf 16 Jahren herabzusetzen, da es sich dabei um absolut zwingendes Recht handelt. - Relativ zwingendes Recht kann nur zugunsten einer (schützenswerten) Partei abgeändert werden (häufig im Konsumentenschutzrecht oder Arbeitsrecht). Bsp: Es ist möglich, den Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers per Vereinbarung von den gesetzlich zustehenden 25 Tagen auf 30 Tage auszudehnen. Die Vereinbarung, dass dem Arbeitnehmer nur 20 Tage zustehen, ist jedoch nicht möglich. - Nachgiebiges (dispositives) Recht – kann durch Vereinbarung vollständig geändert werden. Bsp: Die gesetzlichen Gewährleistungsfristen in Verträgen zwischen Privatpersonen vertraglich modifiziert werden. Das nachgiebige Recht „ergänzt“ häufig auch unvollständige Vereinbarungen: Fehlt z.B. in einem Vertrag eine Fälligkeitsregelung, kann gemäß § 904 ABGB eine Schuld im Zweifel sofort gefordert, d.h. fällig gestellt werden. 2. Rechtssubjekte 2.1 Rechtsfähigkeit von natürlichen und juristischen Personen Die Rechtsfähigkeit ist die allgemeine Fähigkeit, die Träger von Rechten und Pflichten sein zu können. zB Die Fähigkeit Eigentümer zu sein, die Fähigkeiten Verbindlichkeiten einzugehen usw. Nicht zu verwechseln ist die Rechtsfähigkeit mit der Geschäftsfähigkeit, die Fähigkeit, Rechte und Pflichten durch eigenes Verhalten begründen zu können. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 7 Nach der österreichischen Rechtsordnung sind rechtsfähig: - Natürliche Personen – jeder Mensch ist rechtsfähig. Dies mag heute selbstverständlich klingen, es ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Im römischen Recht etwa waren Sklaven Rechtsobjekte, also im rechtlichen Sinn Sachen. Auch Tiere gelten als Sachen und sind nicht rechtsfähig. - Juristische Personen – Gebilde, denen Rechtssubjektfähigkeit verliehen ist. Man unterscheidet juristische Personen des öffentlichen Rechts (insbesondere Gebietskörperschaften, Sozialversicherungsträger) und juristische Personen des Privatrechts. Die juristischen Personen des Privatrechts kann man wieder in Kapitalgesellschaften (Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft) und in Personengesellschaften (Offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) unterteilen. 2.2 Beginn und Ende der Rechtsfähigkeit Natürliche Personen werden mit der vollendeten Geburt (Trennung des Kindes vom Mutterleib) rechtsfähig und zwar unabhängig davon, ob die Person (dauerhaft) lebensfähig ist. Wichtig ist nur, dass das Kind ein Lebenszeichen von sich gegeben hat. Im Zweifel gilt es als lebend geboren. (§ 23 ABGB). Ein ungeborenes Kind (nasciturus) ist nur bedingt durch seine Lebendgeburt rechtsfähig. Stirbt das Kind vor der Geburt, so wird so getan, als hätte es das Kind nie gegeben. Dies ist insbesondere wichtig iZm mit dem Erwerb von Schadenersatz- und Erbansprüchen von Relevanz. Mit dem Tod endet die Rechtsfähigkeit. Der Tod muss jedoch bewiesen werden, was idR durch die Ausstellung eines Totenscheines durch einen Arzt erfolgt, der den Tod feststellt. Fehlt ein Leichnam (etwa, weil die Person verschollen ist), kann vor Gericht ein Todesbeweis erbracht werden (§ 21 Todeserklärungsgesetz (TEG); etwa durch Zeugenaussagen). Gelingt auch das nicht, zB weil es keine Zeugen dafür gibt, ist eine gerichtliche Todeserklärung möglich. Die Todeserklärung stellt jedoch nur eine jederzeit widerlegbare Vermutung auf, dass der Verschollene in dem im Beschluss festgestellten Zeitpunkt gestorben ist. Bsp: Zeugen beobachten, wie ein Segler über Bord geht und von einem Wal verschluckt wird. Das Gericht kann aufgrund des Todesbeweises den Tod feststellen. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 8 2.3 Handlungsfähigkeit Unter Handlungsfähigkeit versteht man die Fähigkeit, durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten begründen zu können. Die Handlungsfähigkeit wird von der Rechtsordnung jenen Personen zuerkannt, die in der Lage sind, ihre Angelegenheit selbst in vernünftiger Weise zu ordnen und sich dem Recht gemäß zu verhalten. Handlungsfähigkeit erlangt ein Mensch nicht bereits mit der Geburt, vielmehr ist das Alter sowie der Geisteszustand einer Person maßgeblich. Kriterium hierfür ist die sog „Entscheidungsfähigkeit“ (gem § 24 Abs 2 ABGB). Entscheidungsfähig ist, wer die Bedeutung und die Folgen seines Handelns im jeweiligen Zusammenhang verstehen, seinen Willen danach bestimmen und sich entsprechend verhalten kann. Dies wird im Zweifel bei Volljährigen vermutet (§ 24 Abs 2 ABGB). Die Handlungsfähigkeit teilt sich in die Geschäftsfähigkeit und die Deliktsfähigkeit. Handlungsfähigkeit Geschäftsfähigkeit Deliktsfähigkeit 2.3.1 Geschäftsfähigkeit Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, sich selbst durch eigenes rechtsgeschäftliches Handeln zu berechtigen oder zu verpflichten (§ 865 Abs 1 ABGB). Die Geschäftsfähigkeit setzt Entscheidungsfähigkeit voraus. Infolge der gesetzlichen Vermutung bei Volljährigkeit, sind Personen ab dem 18. Lebensjahr grds voll geschäftsfähig. Die Geschäftsfähigkeit ist eingeschränkt bei Personen, die aufgrund ihres Alters oder ihres Geisteszustandes nicht oder nur teilweise entscheidungsfähig sind. Diese Personen brauchen idR einen Vertreter. - Bei Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind gesetzliche Vertreter vorhanden (idR Eltern oder Jugendwohlfahrtsträger). Die gesetzliche Vertretung bei Minderjährigen steht grundsätzlich den Eltern zu und zwar grundsätzlich jedem Elternteil für sich allein. Bei wichtigen Entscheidungen muss Einvernehmen bestehen z.B. bei Namensänderungen (§ 156 ABGB), Erwerb einer „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 9 Staatsangehörigkeit, manchmal muss sogar das Pflegschaftsgericht entscheiden z.B. bei Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften (§ 167 Abs 3 ABGB). - Personen, die zwar das 18. Lebensjahr überschritten haben, aber deren Geisteszustand eine Entscheidungsfähigkeit verhindern, werden von einem Vorsorgebevollmächtigten oder einem Erwachsenenvertreter vertreten. 2.3.1.1 Geschäftsfähigkeit und Alter Personen (Kinder) unter 7 Jahren sind grundsätzlich geschäftsunfähig (§ 865 ABGB). „Alterstypische Geschäfte“ (§ 170 Abs 3 ABGB), dh dem Alter entsprechende Rechtsgeschäfte, über geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens, werden mit der Erfüllung der das Kind betreffenden Pflicht rückwirkend wirksam. Bsp: Der 4-jährige Gustav kauf sich in einer Buchhandlung ein Buch. Der Kaufvertrag kommt nicht durch Willensübereinkunft zustande, sondern erst mit der Zahlung des Kaufpreises. Personen unter 7 Jahren können auch bloß zu ihrem Vorteil gemachte Versprechen annehmen. Unmündige Minderjährige (Personen zwischen 7 und 14 Jahren) sind bereits beschränkt geschäftsfähig, womit sich ihre Geschäftsfähigkeit erweitert. So können unmündig minderjährige Rechtsgeschäfte abschließen, die jedoch „schwebend unwirksam“ sind. Das bedeutet, dass der unmündige Minderjährige nicht an seine Erklärung gebunden ist, der Vertragspartner aber sehr wohl. Der Vertrag wird nur dann gültig, wenn der gesetzliche Vertreter binnen einer angemessenen Frist das Rechtsgeschäft genehmigt. Gibt der Vertreter keine Erklärung ab oder verweigert er die Genehmigung, so ist das Geschäft unwirksam. Bsp: Die elfjährige Sigrid entdeckt in einem Modegeschäft ein nagelneues Paar Schuhe um € 140,-. Sie schließt mit dem Modegeschäft einen Kaufvertrag, der jedoch bis zur Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters unwirksam. Der Vertreter muss jedoch zustimmen, eine Nichtäußerung führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Noch weiter reicht die Geschäftsfähigkeit von mündigen Minderjährige (zwischen 15 und 18 Jahren). Sie können sich auch vertraglich zu Dienstleistungen verpflichten (Ausnahme: Abschluss eines Lehrvertrages). Auch über sein Einkommen aus eigenem Erwerb oder über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen wurden, kann der mündige Minderjährige „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 10 soweit verfügen, als er nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet (§§ 170 Abs 2 ABGB). Bsp Taschengeld - nicht aber Kleidungsstücke und Schulbücher. Bei der Prüfung der Gefährdung der Lebensbedürfnisse ist davon auszugehen, dass er sich selbst erhalten müsste, soweit er dazu in der Lage ist. Er darf daher nicht deshalb über sein ganzes Einkommen verfügen, weil ein Unterhaltspflichtiger da ist, der ihn erhalten müsste. Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann der mündige Minderjährige selbst erteilen, sofern es entscheidungsfähig ist (Diese wird gem § 173 Abs 1 ABGB vermutet). Ist die Behandlung jedoch mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit verbunden, so braucht es die Zustimmung der Vertreter (§ 173 Abs 2). Mündige Minderjährige haben zudem in familienrechtlichen Verfahren Verfahrensfähigkeit und können selbständig vor Gericht handeln. Volle Geschäftsfähigkeit wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht. Allgemein gilt, dass es bei Geschäften mit Minderjährigen für den Vertragspartner keinen Vertrauensschutz gibt. Der gute Glaube des Dritten an die Geschäftsfähigkeit oder das Vorliegen einer Genehmigung des gesetzlichen Vertreters wird nicht geschützt. Der Vertrag mit Geschäftsunfähigen ohne Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters ist daher auch dann unwirksam, wenn die Geschäftsunfähigkeit (zB der Jugendliche sieht älter aus) nicht erkennbar war. 2.3.1.2 Geschäftsfähigkeit und Geisteszustand (Erwachsenenvertretung) Geschäftsfähigkeit setzt Entscheidungsfähigkeit voraus. Fehlt diese, so kann vorübergehend (etwa im Rausch) aber auch dauerhaft (psychische Krankheit) Geschäftsunfähigkeit vorliegen. Sind Personen in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt, so kann ihnen ein Vertreter beigestellt werden. Bei einer Vorsorgevollmacht bestimmt der Vertretene selbst (rechtzeitig), seinen Vertreter. Gibt es keine Vorsorgevollmacht, so kann der Vertretene – sofern dieser die Tragweite der Entscheidung erkennen kann – einen Erwachsenenvertreter wählen. Ist dies nicht möglich, so wird der nächste Angehörige der gesetzliche Erwachsenenvertreter. Ist dies auch nicht möglich, so wird der Erwachsenenvertreter vom Gericht bestellt. Die Vertretene Person verliert jedoch nicht automatisch mit der Bestellung des Erwachsenenvertreters ihre Handlungsfähigkeit. Vielmehr ist in jedem Fall von einem „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 11 potenziellen Geschäftspartner zu ermitteln, ob die betroffene Person die in Frage stehende Rechtshandlung vornehmen kann. 2.3.2 Deliktsfähigkeit Deliktsfähig ist, wer aus eigenem rechtswidrigen Verhalten schadenersatzpflichtig werden kann. Bei natürlichen Personen wird die Deliktsfähigkeit grundsätzlich mit dem 14. Lebensjahr erreicht (§ 176 ABGB). Falls ein Unmündiger einen Schaden angerichtet hat, haften grundsätzlich seine Aufsichtspersonen, wenn sie ihre Aufsichtspflicht schuldhaft vernachlässigt haben. (§ 1309 ABGB). Hat die Aufsichtsperson ihre Aufsichtspflicht nicht hingegen nicht verletzt, hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Ersatz seines Schadens. Aber auch Geisteskrankheit oder Geistesschwäche sowie vorübergehende Sinnesverwirrungen beseitigen für die Dauer des Zustandes die Deliktsfähigkeit. 2.3.3 Juristische Personen Juristische Personen, also „rechtlichen Gebilden“, kommt Rechtsfähigkeit zu. Die meisten juristischen Personen basieren auf einem privatrechtlichen Akt (Vertrag). Demgegenüber stehen die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die durch Gesetze geschaffen werden (zB Gebietskörperschaften, Interessensverbände, Universitäten, ORF usw). Juristische Personen können selbst nicht handeln, sie brauchen immer natürliche Personen, die für sie handeln. Diese „Organe“ können die juristische Person berechtigen und verpflichten (zB Geschäftsführung, Vorstand). Juristische Personen haften für Schäden, welche die Machthaber einem Dritten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zufügen. 3. Rechtsobjekte 3.1. Begriff Rechtsobjekte sind grds Sachen, auf die sich subjektive Rechte beziehen können und die ein Berechtigter in seiner Rechtsmacht hat. Gemäß § 285 ABGB wird alles, was von der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, im rechtlichen Sinne eine Sache genannt. Es kann unterschieden werden zwischen: „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 12 - öffentlichen (dem Staat gehörend, zB Wege, Gewässer) und privaten Sachen - körperlichen und unkörperlichen (Immaterialgüter) Sachen - unbeweglichen (zB Liegenschaften) und beweglichen Sachen (Möbel, Autos etc) - unteilbaren und teilbaren (wenn eine Sache ohne wesentliche Wertminderung in ihre Einzelteile zerlegt werden kann) Sachen - vertretbare (nach Maß, Zahl und Gewicht bestimmte Sachen, zB 1 kg Mehl) und unvertretbare Sachen (nach individuellen Merkmalen definiert) 3.2. Zuordnung und Verfügungsgewalt Jenes Rechtsgebiet, das die Zuordnung von Sachen regelt, ist das Sachenrecht. Darin werden Regeln zur die Zuordnung von Sachen und die Verfügungsgewalt darüber geschaffen. Im Folgenden finden sich kurze Erläuterungen zu Innehabung, Besitz und Eigentum (an) einer Sache. Innehabung: Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber (§ 309 Satz 1 ABGB). Dabei kommt es auf die tatsächliche Herrschaft über die Sache an. Innehabung kann unmittelbar (die Sache ist im eigenen Machtbereich) oder mittelbar (wird durch einen anderen vermittelt) sein. Bsp Ein Mieter vermittelt die Innehabung der Wohnung an den Vermieter. Besitz: Hat der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer (§ 309 Satz 2 ABGB). So ist auch ein Dieb, der eine Sache für sich behalten will, Besitzer. Ein qualifizierter Besitzer besitzt rechtmäßig, redlich und echt. - Der Besitz ist rechtmäßig, wenn er auf einem gültigen Titel (z.B. Kaufvertrag) beruht. - Der Besitz ist redlich, wenn der Besitzer davon ausgehen darf, dass die bei ihm befindliche Sache sein Eigentum ist (vgl. § 326 Satz 1 ABGB). - Der Besitz ist echt, wenn ihn sich der Besitzer weder gewaltsam, noch heimlich oder dadurch verschafft, dass er eine gegen Widerruf überlassene Sache nicht zurückgibt (vgl. § 345 ABGB). Wenn alle drei Eigenschaften vorliegen, so wird im Zivilrecht von „qualifiziertem Besitz“ gesprochen. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 13 Eigentum: Alles, was jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigentum (§ 353 ABGB – Eigentum im objektiven Sinn). Eigentum ist das umfassende Herrschaftsrecht an einer Sache. Als ein Recht betrachtet, ist Eigentum das Befugnis, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkür zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen (§ 354 ABGB – Eigentum im subjektiven Sinn). Das Eigentum des einen hat jedoch seine Schranke an den Berechtigungen des anderen (ersichtlich wird dies insbesondere im Nachbarrecht). Nach dem österreichischen Zivilrecht erfolgt der Eigentumserwerb regelmäßig zweiaktig. Grundsätzlich erfolgt die Verschaffung von Eigentum durch Verträge. Diese Veräußerungsgeschäfte (z.B. Kauf, Werkvertrag) führen als Rechtsgrund (sog. titulus) gemeinsam mit der Übergabe der Sache (sog. modus) zur Eigentumsverschaffung. Es kann zwischen derivativem Eigentumserwerb – das Recht wird unmittelbar vom Veräußerer abgeleitet – und originärem Eigentumserwerb – das Recht entsteht beim Erwerber völlig neu, wobei der bisherige Berechtigte sein Eigentum verliert (z.B. Ersitzung, gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigen) – unterschieden werden. 4. Rechtsgeschäfte 4.1. Arten der Rechtsgeschäfte Die Privatautonomie ermöglicht es den Rechtsubjekten, ihre rechtlichen Beziehungen zu anderen Personen weitgehend frei und nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Das Gestaltungsmittel der Rechtsbeziehungen der Rechtssubjekte untereinander ist das Rechtsgeschäft. Ein Rechtsgeschäft besteht aus Willenserklärungen, die auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet sind. Das wichtigste Rechtsgeschäft ist der Vertrag, dieser kommt im Falle zweier Übereinstimmender Willenserklärungen zustande. Man kann die Rechtsgeschäfte zum Beispiel unterteilen in: - einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte: Je nachdem, ob eine oder mehrere Willenserklärungen für das Rechtsgeschäft nötig sind (einseitig wäre zB die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder ein Testament); zweiseitig ist der Kaufvertrag, Schenkungsvertrag usw. - entgeltliche und unentgeltliche Rechtsgeschäfte (mit oder ohne Gegenleistung) unentgeltlich sind z.B. letztwillige Verfügungen (Testament) und Schenkungsverträge „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 14 - vermögensrechtliche und personenrechtliche Rechtsgeschäfte vermögensrechtliche Geschäfte z.B. Kauf, Tausch, Dienstvertrag familienrechtliche Geschäfte z.B. Eheschließung, Adoption - Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft: Verpflichtungsgeschäfte begründen einen Rechtsgrund, die erst in der Folge erfüllt werden muss (Titel). Verfügungsgeschäfte wirken unmittelbar auf das Recht ein (modus). Bsp: Beim Kaufvertrag bildet der Vertrag das Verpflichtungsgeschäft (jemand verpflichtet sich zur zukünftigen Verschaffung des Eigentums), die Übergabe das Verfügungsgeschäft (hier erfolgt der tatsächliche Eigentumsübergang). 4.2. Form der Rechtsgeschäfte Grundsätzlich gilt – gemäß dem Grundsatz der Formfreiheit – dass man Rechtsgeschäfte abschließen kann, wie man will. Von diesem Grundsatz aber gibt es freilich zahlreiche Ausnahmen, indem für viele Rechtsgeschäfte eine Bestimmte Form vorgeschrieben wird, ohne die das Rechtsgeschäft keine rechtliche Wirksamkeit entfaltet. Manche Formvorschriften sollen vor Übereilung schützen, manche dienen zur Beweissicherung oder der Offenkundigkeit des Vorganges. - Schutz vor Übereilung/Gefährlichkeit z.B. Verpflichtungserklärung eines Bürgen in Schriftform (§ 1346 Abs 2 ABGB) - Beweissicherung z.B. Formvorschriften beim Testament - Publizität: z.B. Eheschließung gemäß § 15 Ehegesetz vor dem Standesbeamten; Pfandrecht Das Gesetz kennt unterschiedliche Formvorschriften, die bei einzelnen Rechtsgeschäften einzuhalten sind: - Unterschriftlichkeit: „schriftlicher Vertrag“, mit eigenhändiger Unterschrift (die Unterschrift muss nicht lesbar sein, aber zur Identifizierung geeignet sein). Hierzu normiert § 886 ABGB, dass ein Vertrag, für den das Gesetz oder der Parteiwille Schriftlichkeit normiert, durch die Unterschrift der Parteien zustande kommt. - Notariatsakt z.B. Kauf-, Tausch- und Darlehensverträge zwischen Ehegatten, Errichtung einer GmbH, Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe - Notwendigkeit von Zeugen z.B. bei letztwilligen Verfügungen „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 15 Wird eine gesetzliche Formvorschrift nicht eingehalten, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig. Soll allerdings durch das formungültige Rechtsgeschäft der Schuldner zu einer Leistung verpflichtet werden, ist das Geschäft nicht völlig nichtig. Es entsteht eine sogenannte „Naturalobligation“. Die Leistung ist nicht einklagbar; im Falle der Leistung wird aber der Formmangel geheilt. zB Schenkungsverträge, bei denen das Geschenk nicht sofort übergeben wird, bedürfen gemäß § 1 Abs 1 lit d Notariatsaktsgesetz der Form des Notariatsaktes. Ohne diesen Notariatsakt kann der Beschenkte die Übergabe des Geschenkes nicht durchsetzen. Wird ihm aber das Geschenk übergeben, ist der Formmangel geheilt und der Vertrag somit wirksam. Die Naturalobligation wurde erfüllt. Manchmal wird von den Parteien eine bestimmte Form des Rechtsgeschäftes verlangt, obwohl keine gesetzliche Formvorschrift besteht. (vereinbarte Formvorschriften § 884 ABGB). zB In einem Vertrag wird festgelegt, dass alle künftigen Änderungen schriftlich erfolgen müssen. 5. Vertragsarten Der Vertrag ist das ultimative Mittel der Privatautonomie. Das ABGB regelt mehrere Vertragstypen und sieht Voraussetzungen und Rechtsfolgen für diese vor. Aufgrund der Privatautonomie ist der Rechtsunterworfene jedoch nicht an die im ABGB vorgegebenen Vertragstypen gebunden. Vielmehr können verschiedene Vertragsarten verbunden werden, auch haben sich viele Verträge mit der Zeit herauskristallisiert, für die es im ABGB keine Vorgaben gibt. Bei einem Zielschuldverhältnis, wird eine einmalige Leistungserfüllung geschuldet. Nach Erfüllung der Leistung ist das Vertragsverhältnis beendet. Beim Dauerschuldverhältnis wird hingegen eine laufende wechselseitige Leistungserbringung geschuldet (zB Mietvertrag, Arbeitsvertrag, Zeitungsabonnement). Nachfolgend werden einige wichtige Vertragstypen des ABGB vorgestellt: 5.1 Kaufvertrag Der Kaufvertrag ist ein formfreier Konsensualvertrag (= es braucht den Konsens zweier Parteien), in dem sich eine Partei dazu verpflichtet, eine Sache einer anderen Partei gegen „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 16 Geld zu übertragen. Ein Kaufvertrag ist somit darauf gerichtet, das Eigentum an einer Sache gegen Zahlung eines Geldbetrages zu erwerben (§§ 1053ff ABGB). Kurz formuliert bedeutet dies den Austausch von Ware gegen Preis (Geld). Die gegenseitigen Hauptpflichten sind einerseits die Pflicht des Verkäufers, dem Käufer lastenfreies Eigentum an dem Rechtsobjekt zu verschaffen sowie die Pflicht des Käufers, den Kaufpreis zu bezahlen. Es gibt verschiedene Varianten eines Kaufvertrages wie etwa den sog. Handkauf (Sache und Geld werden gleich ausgetauscht) oder den sog. Ratenkauf (Kauf mit Ratenzahlung des Preises nach Übergabe der Ware). Beim Tausch wird hingegen eine Sache gegen eine andere Sache überlassen. Tausch und Kauf sind verwandt, dh sie unterliegen im Wesentlichen denselben Regelungen. 5.2 Schenkungsvertrag In einem Schenkungsvertrag verpflichtet sich der Geschenkgeber, dem Beschenkten eine Sache unentgeltlich zu überlassen (§ 938 ABGB). Unentgeltlichkeit ist anzunehmen, wenn der Leistung keine Gegenleistung gegenübersteht. Für Schenkungen existiert ein Formerfordernis. Gem § 943 ABGB iVm § 1 Notariatsaktsgesetz brauchen Schenkungsverträge zu ihrer Gültigkeit entweder der wirklichen Übergabe oder des Notariatsakts. Dadurch sollen unüberlegte Schenkungsversprechen, möglichst verhindert werden. Ist ein Schenkungsvertrag zustande gekommen, gilt der Grundsatz „pacta sunt servanda“, dh an eine wirksam geschlossene Vereinbarung muss sich jede Partei halten. Von der Grundregel dass Schenkungen nicht widerrufen werden können, existieren Ausnahmen. Während der Widerrufsgrund der nachträglichen Dürftigkeit (Verarmung des Gschenkgebers) in der Praxis kaum eine Rolle spielt, ist der Widerrufsgrund des „groben Undanks“ von Bedeutung: Der Widerruf kann geltend gemacht werden, wenn der Beschenkte eine gerichtlich strafbare Verletzung am Leb, Ehre, Freiheit oder Vermögen des Geschenkgebers oder an dessen nahen Angehörigen begeht. Bsp Hans sticht mit einem Messer auf den Julius ein, von dem er kurz zuvor eine teure Uhr geschenkt erhalten hat. Julius kann die Schenkung widerrufen. Auch wenn Hans auf Julius Sohn einsticht, kann Julius den Widerruf erklären. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 17 5.3 Bestandsvertrag Bestandsvertrag ist der Überbegriff für Miete und Pacht. Miete ist die entgeltliche Überlassung zum Gebrauch, die Pacht berechtigt zusätzlich zur „Fruchtziehung“. Bestandsverträge kommen mit der Einigung über Bestandssache und Entgelt (sog „Zins“) zustande. Es können sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen in Bestand genommen werden. Das ABGB lässt den Vertragsparteien weitgehenden Gestaltungsspielraum. Zum Schutz der üblicherweise „schwächeren“ Mieter, insbesondere von Wohnungen, und um Übervorteilungen durch den Vermieter zu verhindern, verdrängt das Mietrechtsgesetz (MRG) in dessen Anwendungsbereich die Normen des ABGB. Das MRG trifft besondere Regelungen hinsichtlich Kündigungsschutz, Mietzinsobergrenzen, Eintrittsrechte, Befristungsmöglichkeiten. Das MRG gilt grds für die Miete von Wohnungen, es gibt jedoch zahlreiche Ausnahmen vom Anwendungsbereich (etwa für Zweitwohnungen, Dienstwohnungen, Miete unter ein halbes Jahr). Erfolgt die Gebrauchsüberlassung unentgeltlich, so spricht man von Leihe oder Bittleihe (Prekarium). 5.4 Kreditvertrag Kreditverträge sind auf die Beschaffung von Kapital gerichtet. Ein Vertragspartner leistet vor und trägt somit das Insolvenzrisiko des Kreditnehmers. Zu unterscheiden ist zwischen dem unentgeltlichen Darlehensvertrag und dem entgeltlichen Kreditvertrag. Der sog „Darlehensvertrag“ kommt durch Überlassung vertretbarer Sache zustande, mit der Vereinbarung, dass dieser dem Darlehensgeber nach Vertragsende ebenso viel von derselben Gattung und Güte zurückgeben möge. Eine Sache ist grds vertretbar, wenn sie nicht nach individuellen Merkmalen bestimmt wird, sondern nach Zahl, Größe Gewicht. (zB Geld, Zucker, Ziegel). Ist für das Darlehen ein Entgelt (Zinsen) vereinbart, so spricht man von einem Kreditvertrag. Der Kreditnehmer erwirbt Eigentum an den vertretbaren Sachen. Kreditverträge können auf bestimmte oder unbestimmte Zeit abgeschlossen werden. Ein befristeter Vertrag endet durch Zeitablauf, der unbefristete durch Kündigung. Vereinbart werden kann auch ein sog Terminsverlust. Durch diese Abrede wird der Kreditgeber berechtigt, alle noch offenen Raten sofort fällig zu stellen. Im Verbraucherrecht ist die Geltendmachung des Terminsverlust nicht immer möglich sondern unterliegt gewissen Beschränkungen gem VKrG.. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 18 5.5 Werkvertrag Ein Werkvertrag betrifft die Tätigkeit eines selbständigen Unternehmers, der für einen bestimmten, vertraglich vereinbarten Erfolg (das „Werk“) einzustehen hat (§§ 1165ff ABGB). Kurz formuliert bedeutet dies den Austausch von Werk (Erfolg) gegen Preis (Geld). Die gegenseitigen Hauptpflichten sind hier auf der einen Seite die Verpflichtung des (Werk)Unternehmers, das Werk ordnungsgemäß herzustellen und auf der anderen Seite die Verpflichtung des Bestellers, den Werklohn zu bezahlen. Schuldet der Vertragspartner keinen Erfolg, sondern bloßes Bemühen, so liegt ein Dienstvertrag vor, Die Abgrenzung zum Kauf ist oft fließend, Wenn der Besteller den „Stoff“ (Material, aus dem das Werk hergestellt wird) zur Verfügung stellt, liegt ein eigentlicher Werkvertrag vor, wird hingegen das Werk aus dem „Stoff“ des Werkunternehmers hergestellt, spricht man von einem Werklieferungsvertrag, wo im Zweifel ein Kaufvertrag anzunehmen ist. Werkverträge sind ein Zielschuldverhältnis. Mit Herstellung des Werkes ist der Erfolg eingetreten und der Vertrag ist beendet. Der Werkunternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich bzw unter seiner persönlichen Verantwortung herstellen zu lassen. Eine Vertretung und eine Beiziehung von Gehilfen ist somit möglich. Werden hingegen höchstpersönliche Leistungen geschuldet (zB Gemälde eines Künstlers) so ist eine Vertretung nicht möglich. Setzt der Werkunternehmer Gehilfen zur Vertragserfüllung ein, so haftet der Werkunternehmer für das Verschulden der Gehilfen, wie für sein eigenes. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht

Use Quizgecko on...
Browser
Browser