Themenblock 1 Wirtschaftsrecht PDF

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This document is a lecture script about Austrian Law. It covers the topic of the legal system in Austria, providing an overview of the structure, principles, and processes of Austrian law, including fundamental concepts like the hierarchy of laws, the role of the European Union, and relevant legal principles.

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1 Skriptum zur Lehrveranstaltung Wirtschaftsrecht Themenblock 1 Einführung in das Rechtssystem Österreichs Stand: 2021 „Wirtschaftsrecht“ - FH Tec...

1 Skriptum zur Lehrveranstaltung Wirtschaftsrecht Themenblock 1 Einführung in das Rechtssystem Österreichs Stand: 2021 „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 2 Einführung in das Rechtssystem Österreichs 1. Die Normenhierarchie Bei „Normen“ handelt es sich im Grunde um Verhaltensanordnungen, wobei zwischen unterschiedliche Arten von Normen zu unterscheiden ist. So sind Normen der Moral oder der Sitte gesellschaftliche Normen, die jedoch nicht immer mithilfe staatlichen Zwangs durchsetzbar sind (zB Grüßen, „Danke“ sagen, Füße nicht auf den Tisch legen etc.). Im Unterschied dazu sind Normen des Rechts mithilfe staatlichen Zwangs (zB Gerichte, Exekutive) durchsetzbar. Es handelt sich bei den Rechtsnormen um den gesellschaftlichen Regelungskonsens. Spricht man von Rechtsnormen, so ist die Normenhierarchie zu beachten. Die österreichische Rechtsordnung kennt Rechtsnormen unterschiedlicher Qualität und in unterschiedlichen Ausformungen. Keine Rechtsnorm „fällt vom Himmel“, sondern ist muss in einer bestimmten Art und Weise entstehen. Jede Rechtsnorm benötigt eine Rechtfertigung in einer höherrangigen Norm, sie muss also von einer höherrangigen Norm legitimiert sein. Je höher die Norm in der Hierarchie angesiedelt ist, desto „stärker“ ist die Norm demnach. - An oberster Stelle steht das Unionsrecht. Dieses steht auch über dem österreichischen Verfassungsrecht, da das Unionsrecht stets Anwendungsvorrang vor nationalen Regelungen hat. - Bundesverfassungsgesetze sind in der Normenhierarchie des nationalen Rechts ganz oben; - Darunter stehen einfache Gesetze - Noch weiter unten stehen Verordnungen, die als generelle Normen, die eine gesetzliche Ermächtigung benötigen. Das bedeutet: Ein einfaches Gesetz muss verfassungsmäßig zustande kommen und darf einer Verfassungsnorm auch inhaltlich nicht widersprechen. Eine Verordnung muss sich im Rahmen des ermächtigenden Gesetzes bewegen usw. Verstößt eine Norm gegen eine übergeordnete Norm, so fehlt es an dieser Rechtfertigung und die Norm ist rechtswidrig. Zu beachten ist jedoch, dass rechtswidrige Normen (sofern sie wirksam erlassen wurden) nicht unbeachtlich sind, sie müssen bekämpft werden (zB vor dem Verfassungsgerichtshof [VfGH]). Ohne generelle Wirksamkeit ausgestattet sind Rechtsakte wie Bescheide von Behörden oder Urteile von Gerichten. Diesen Rechtsakten kommt bloß individuelle Wirkung zu. Die darin „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 3 geschaffene Rechtslage ist nur für den innerhalb des Rechtsaktes genannten Sachverhalts wirksam. Generell ist die Wirkung eines Rechtsaktes, wenn ein unbestimmter Personenkreis angesprochen wird (zB Verordnungen wie Straßenschilder oder die COVID Maßnahmenverordnung). Individuell ist die Wirkung dann, wenn eine Person genau bezeichnet wird (zB Strafzettel, Baubewilligung). Der individuelle Rechtsakt hat keine Wirkung über den konkreten Einzelfall hinaus. 2. Die österreichische Bundesverfassung 2.1 Allgemeines und Zustandekommen von Verfassungsgesetzen Die grundlegenden Prinzipien der staatlichen Ordnung sind in Form von Verfassungsgesetzen geregelt. Es gibt in Österreich nicht nur „eine“ Verfassung, sondern mehrere einzelne Bundes- Verfassungsgesetze, die an verschiedenen Stellen der Rechtsordnung zu finden sind. Die wichtigste Sammlung von Verfassungsgesetzen ist das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG). Das B-VG ist seit 1920 in Kraft und wurde grundlegend 1929 novelliert. Daneben existieren in zahlreichen Materiengesetzen einzelne, in Verfassungsrang stehende Gesetze (zB Datenschutzgesetz). Zusätzlich haben die Länder eigene Landesverfassungen. Bundes-Verfassungsgesetze werden vom Nationalrat geschaffen. Das wirksame Zustandekommen eines Verfassungsgesetzes bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten des Nationalrates bei gleichzeitiger Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten. Diese „Zweidrittelmehrheit“ ist in der politischen Realität Österreichs häufig nur noch mit einem Konsens von drei Parteien oder mehr zu erreichen. Koalitionen in Österreich haben idR im Parlament nur eine einfache Mehrheit der Abgeordneten. Damit können zwar einfache Gesetze, nicht jedoch Verfassungsgesetze beschlossen werden. 2.2 Grundprinzipien der Verfassung Verfassungsgesetze können zwar jedweden Inhalt haben, bei bestimmten besonders weitreichenden Anpassungen bedarf es jedoch der Mitwirkung des Volkes: Dann nämlich, wenn an den Grundprinzipien der Verfassung gerüttelt wird. Für die Wirksamkeit einer solchen „Gesamtänderung der Verfassung“ bedarf es somit neben dem Beschluss des Parlaments auch einer Volksabstimmung. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 4 Bsp: Der Nationalrat beschließt einstimmig, die Verfassung dahingehend zu ändern, dass nicht mehr ein gewählter Bundespräsident das Staatsoberhaupt sein soll, sondern ein Angehöriger des Hauses Habsburg, der zusätzlich die vererbbare Königswürde erhält. Eine solche Änderung des „Republikanischen Prinzips“ (siehe unten) wäre erst nach einer positiven Volksabstimmung wirksam. Bei den Grundprinzipien der Verfassung handelt es sich daher um Grundwertungen, die sich aus der österreichischen Bundesverfassung ergeben. Teilweise sind diese explizit genannt, teilweise werden Grundwertungen jedoch aus der Systematik abgeleitet. Nachfolgende Grundprinzipien sind anerkannt: - Demokratisches Prinzip - Bundesstaatliches Prinzip - Rechtsstaatliches Prinzip - Republikanisches Prinzip - Gewaltenteilendes Prinzip Das demokratische Prinzip wird in der Bundesverfassung unmittelbar genannt: Gemäß Art 1 Abs 1 B-VG ist Österreich eine „demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ Das bedeutet, dass das Volk an der Rechtsetzung mitwirkt. Vorherrschend sind in Österreich Elemente der mittelbaren Demokratie, dh das Volk wählt Repräsentanten, die ihre Interessen vertreten sollen. Aber auch Elemente der direkten Demokratie sind in der Rechtsordnung vorgesehen (insbesondere Volksbegehren, Volksabstimmung). Demokratische Elemente sind insbesondere das Wahlrecht, das Recht zur Gründung von Parteien sowie die Möglichkeit, einzelne Rechtsakte durch eine Volksabstimmung durchzusetzen. Der Gegensatz zur Demokratie wäre die Autokratie (es wirkt nur eine kleine Gruppe an der Rechtsetzung mit). Gemäß dem republikanischen Prinzip hat Österreich ein gewähltes Staatsoberhaupt, den Bundespräsidenten, dessen Funktionsperiode zeitlich begrenzt ist (max. 12 Jahre). Der Bundespräsident ist dem Volk verantwortlich und kann durch Volksabstimmung abgewählt werden. Das Gegenteil zur Republik ist die Monarchie. Das bundesstaatliche Prinzip besagt, dass Österreich ein Bundesstaat ist, der aus neun Teilstaaten, den Bundesländern, besteht. Den Bundesländern kommen bestimmte Kompetenzen zu, dh sie haben in bestimmten Bereichen eine eigene Gesetzgebung und Verwaltung. Außerdem wirken die Länder über den Bundesrat, der neben dem Nationalrat „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 5 existierenden zweiten Kammer des österreichischen Parlaments, an der Gesetzgebung des Bundes mit. Der Gegensatz zum Bundesstaat ist der Zentralstaat. Das rechtsstaatliche Prinzip bindet die gesamte staatliche Vollziehung an verbindliche, bekannte Regeln. Gemäß dem in Art 18 B-VG normierten Legalitätsprinzip darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Darüber hinaus muss jede Form des staatlichen Handelns in Form von Rechtsmitteln bekämpfbar sein. Der Gegensatz dazu ist der Polizeistaat. Infolge des gewaltenteilenden Prinzips sind die drei Staatsgewalten Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Verwaltung) und Judikative (Gerichtsbarkeit) voneinander getrennt und kontrollieren einander gegenseitig (iS eines „checks and balances“ Systems). Dadurch sollen Machtkonzentrationen verhindert werden. 2.3 Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern Das bundesstaatliche Prinzip besagt, dass sowohl der Bund als auch die Bundesländer Anteil an der Staatsgewalt (Judikative, Exekutive, Legislative) haben. Die Staatsgewalt ist demnach zwischen Bund und Ländern aufgeteilt und wird auch von den jeweiligen Institutionen ausgeübt. Die Länder können innerhalb ihrer Kompetenz (Verfassungs-)gesetze erlassen und haben auch eine (ausgeprägte) Verwaltung (zB Ämter der Landesregierung). - Der Bund tritt als Gesetzgeber mit dem Nationalrat in Erscheinung, in der Verwaltung etwa in Form von Bundesministerien und in der Gerichtsbarkeit mit den Gerichten. - Die Länder schaffen ihre Gesetze im Landtag, die Verwaltung wird durch die Landesregierung ausgeübt (Amt der Landesregierung). Die Funktionen (oder auch „Kompetenzen“ genannt) der Gesetzgebung und Vollziehung sind folglich zwischen Bund und Ländern geteilt, wobei die Festlegung dieser Zuständigkeitsverteilung im B-VG geschieht, dessen Erlassung dem Parlament zusteht. Es liegt also in der Hand des Bundes, die Kompetenzverteilung zu bestimmen, weshalb der Bund die sog. „Kompetenz-Kompetenz“ inne hat. Prinzipiell herrscht in Österreich der Grundsatz der Kompetenztrennung, was aber nicht ausschließt, dass bei ein und derselben Sache gleichzeitig verschiedene bundes- und landesrechtliche Vorschriften angewendet werden müssen (zB im Falle von gewerblichen Anlagen (Bundesrecht), die Bauwerk (Landesrecht) ist). Manche Bereiche sind auf „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 6 verschiedene bundes- bzw. landesrechtliche Zuständigkeiten aufgeteilt (sog Querschnittsmaterien), wie beispielsweise Umweltschutz oder Raumordnung/-planung. Die Bundeszuständigkeiten sind in Form einer Aufzählung, die Landeszuständigkeiten sind hingegen in einer sog „Generalklausel“ („soweit eine Materie nicht ausdrücklich der Gesetzgebung oder Vollziehung des Bundes übertragen ist, bleibt sie den Ländern“) geregelt. Die Verteilung zwischen Bund und Ländern bei Gesetzgebung und Vollziehung ist verschieden kombiniert: Teilweise liegen sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung beim Bund Hierzu zählen äußere Angelegenheiten, Finanzen, Justiz, Inneres, Handel/Gewerbe/Industrie, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft, Sozial- und Gesundheitswesen, Kultur/Wissenschaft/Unterricht und Landesverteidigung. Es kann auch nur die Gesetzgebung beim Bund liegen dafür die Vollziehung bei den Ländern Hier sind beispielsweise Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft, der Straßenpolizei, der Umweltverträglichkeitsprüfung oder des einheitlichen Verwaltungsverfahrens zu nennen Auch kann die Grundsatzgesetzgebung beim Bund und die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung beim Land liegen. Pflanzenschutz oder Arbeitsrecht in der Land- und Forstwirtschaft zählen dazu Vielfach sind Gesetzgebung und Vollziehung jedoch bei den Ländern unter anderem handelt es sich hier um Angelegenheiten des Baurechts, des Natur- und Landschaftsschutzes, der Raumordnung/-planung oder des Grundverkehrsrechts. Zudem fallen ale Bereiche, die nicht ausdrücklich zugeordnet sind, in den eigenen Wirkungsbereich der Länder. In der Folge liegt der Fokus auf der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 7 2.4 Gesetzgebung des Bundes 2.4.1 Der Nationalrat als Gesetzgebungsorgan Die Gesetzgebung des Bundes erfolgt durch den Nationalrat unter Mitwirkung des Bundesrates. Der Nationalrat, der aus 183 Abgeordneten besteht, wird zumindest alle 5 Jahre vom Volk direkt gewählt, die Zusammensetzung des Bundesrates ergibt sich aus den Machtverhältnissen in den Bundesländern. Eine Direktwahl des Bundesrates ist nicht vorgesehen. Wahlen zum Nationalrat: In Österreich gilt das allgemeine Wahlrecht, dh alle Staatsbürger, die das 16. Lebensjahr vollendet haben sind aktiv wahlberechtigt und jede Stimme hat den gleichen Zählwert. Auf den Wohnsitz kommt es bei der Nationalratswahl – im Unterschied zu Gemeinderats- bzw Landtagswahlen – nicht an. Daher sind Auslandsösterreicher wahlberechtigt, in Österreich lebende Drittstaatsangehörige jedoch nicht. Passiv wahlberechtigt, dh wählbar, sind alle Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Rechtsstellung der Abgeordneten: Die Nationalratsabgeordneten haben ein „freies Mandat“, dh die Abgeordneten können unbeeinflusst abstimmen und unterliegen keinerlei Zwängen. Faktisch sind Abgeordnete zumeist Mitglied eines bestimmten Parlamentsklubs einer Partei, der sie angehören, und dadurch in der Stimmabgabe an den „Klubzwang“ gebunden. Abgeordnete genießen auch Immunität (berufliche und außerberufliche Immunität) und sind vor Strafverfolgung weitgehend geschützt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Immunität aufgehoben werden (wenn kein Zusammenhang mit der parlamentarischen Tätigkeit besteht). 2.4.2 Der Weg eines Bundesgesetzes Soll ein neues Gesetz beschlossen werden, so bedarf es zunächst einer konkreten Gesetzesinitiative. Diese Initiative kann erfolgen durch - einen selbständigen Antrag (Ausschuss oder mindestens 5 Abgeordnete) - ein Volksbegehren (mindestens 100.000 Unterschriften) - durch den Bundesrat - oder – in den meisten Fällen – in Form einer Regierungsvorlage Nach erfolgreicher Initiative wird der Gesetzesvorschlag im Nationalrat behandelt (nach der Geschäftsordnung des NR; sämtliche Materien, die im Parlament behandelt werden, sind auf parlament.gv.at zu finden). Nach einer ersten Lesung vor dem Plenum (auf die häufig verzichtet wird), wird der Gesetzesvorschlag einem Ausschuss zugewiesen. In Ausschüssen „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 8 sind Vertreter sämtlicher im Parlament vertretener Parteien vertreten. Hier finden inhaltliche Debatten statt. Nach einer zweiten Lesung wird im Plenum über den Gesetzesvorschlag debattiert. Nach der zweiten Lesung sind inhaltliche Anpassungen noch möglich. Nach einer abschließenden dritten Lesung können redaktionelle Änderungen vorgenommen werden. Schließlich kommt es zur Abstimmung, wobei der Beschluss eines einfachen Gesetzes die Mehrheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten, bei gleichzeitiger Anwesenheit von einem Drittel der Abgeordneten erfordert Bei Verfassungsgesetzen sind höhere Anwesenheits- und Konsensquoren vorgesehen (siehe bereits oben). Nach dem positiven Beschluss durch den Nationalrat wird der Gesetzesvorschlag dem Bundesrat übermittelt, der binnen 8 Wochen dagegen Einspruch erheben kann. Wird ein Einspruch erhoben, so kann der Nationalrat – bei einem höheren Präsenzquorum – einen „Beharrungsbeschluss“ fassen und das Gesetz wird – zeitverzögert – dennoch wirksam beschlossen. Man spricht in dem Zusammenhang auch von einem „suspensiven Vetorecht“ des Bundesrates. Nur wenn durch ein Gesetz die Rechte und Kompetenzen der Länder betroffen sind, kommt dem Bundesrat ein absolutes Vetorecht zu, dh seine Zustimmung ist zwingend erforderlich, da ansonsten das Gesetz nicht zustande kommen kann. Abschließend beurkundet der Bundespräsident das „verfassungsmäßige Zustandekommen“ des Gesetzes und bestätigt, dass das verfassungsrechtlich vorgesehene Verfahren eingehalten wurde. Eine inhaltliche Prüfung erfolgt nur, wenn eine „offenkundige“ Verfassungswidrigkeit vorliegt. Die Beurkundung wird vom Bundeskanzler gegengezeichnet und anschließend im Bundesgesetzblatt (abzurufen auf ris.bka.gv.at) kundgemacht. Das Gesetz bestimmt entweder selbst ein Datum, wann es in Kraft tritt. Fehlt ein Datum, so tritt es grundsätzlich am der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. 2.5 Vollziehung des Bundes Die Bundesgesetze werden vom Bund (oder den Ländern) vollzogen, dh in faktische Wirksamkeit gesetzt. Das Gesetz wird im Rahmen der Vollziehung auf konkrete Sachverhalte angewandt und Rechtsfolgen (Strafen, Begünstigungen) können sich aus Gesetzen ableiten. Die Vollziehung des Bundes erfolgt durch Ministerien und ihren untergeordneten Behörden, sowie durch Gerichte. Zu unterscheiden ist zwischen der Hoheitsverwaltung und der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes. Im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tritt der Staat als Privatrechtssubjekt auf und nimmt am Wirtschaftsleben teil. Bei der Hoheitsverwaltung tritt der Staat dem Bürger „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 9 mit Befehls- und Zwangsgewalt gegenüber. Hierfür hat er unterschiedliche Handlungsoptionen: Bescheid, Verordnung, unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt. Ein Bescheid ist ein individueller Verwaltungsakt, nur für einen konkreten Fall und gegenüber einer Person wirksam, zB die Verleihung eines akademischen Grades, Verhängung von Verwaltungsstrafen, Baubewilligungen etc. Der Bescheid wird von einem Verwaltungsorgan erlassen und ist an bestimmte förmliche Kriterien gebunden. Eine Verordnung ist hingegen an die Allgemeinheit gerichtet. Verordnungen werden ebenso von Verwaltungsorganen auf Grund eines Gesetzes erlassen (es bedarf demnach einer speziellen Ermächtigung). Verordnungen sind mit Kundmachung wirksam. Akt der unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt sind nicht an förmliche Voraussetzungen gebunden. Gegen solche Akte ist auch nur eine nachgelagerte Kontrolle möglich, da bei diesen Akten oft unverzüglich gehandelt werden muss bzw Sinn und Zweck des Rechtsakts verloren gehen würden, würde zuvor ein Rechtsschutz gewährt werden, zB Festnahme; Beschlagnahme; Hausdurchsuchung. 2.6 Gerichtsbarkeit Die Gerichtsbarkeit liegt in der Kompetenz des Bundes. Es existieren ordentliche Gerichte für Straf- und Zivilsachen (Bezirksgerichte, Landesgerichte, Oberlandesgerichte sowie der Oberste Gerichtshof) sowie Gerichte des öffentlichen Rechts (Landesverwaltungsgerichte und Bundesverwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtshof [VwGH] und Verfassungsgerichtshof [VfGH]). Träger der Gerichtsbarkeit sind die Richter bzw Richterinnen, die von der Rechtsordnung mit einer besonderen Rechtsstellung ausgestattet wurden. Sie sind unabhängig, weil weisungsfrei, unabsetzbar und idR nicht versetzbar. Neben den Richtern gibt es auch Rechtspfleger, die sich um einzelne Geschäftsbereiche des Gerichts kümmern (zB Grundbuch, Firmenbuch oder Exekutionsverfahren). An der Gerichtsbarkeit wirkt zum Teil auch das Volk mit. Die Mitwirkung sog Geschworener oder Schöffen ist bei Strafverfahren mit besonders hoher Strafdrohung (zB Mord) oder politischen Taten (zB Verbotsgesetz) vorgesehen. Bei Strafverfahren fungiert der Staatsanwalt als Ankläger, dh er formuliert die Anklage und vertritt die Interessen des Staates im Verfahren. Staatsanwälte sind – im Gegensatz zu den Richtern – weisungsgebunden. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 10 2.7 Grundrechte 2.7.1 Allgemeines Bei den „Grundrechten“ handelt es sich um subjektive Rechte, auf die sich einzelne Personen gegenüber dem Staat berufen können. Sie stehen in Verfassungsrang, was zur Folge hat, dass einfache Gesetze nicht in Konflikt mit den Grundrechten stehen dürfen. Dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) kommt die Kontrolle über einfache Gesetze zu. Aus diesem Grund werden Grundrechte auch „verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte“ genannt. Die Grundrechte sollen dem Individuum, im Sinne eines liberalen Staates, Freiheit vor Eingriffen des Staates geben. Staatliche Akteure haben bei ihrem Handeln immer grundrechtliche Bestimmungen zu beachten. Die Grundrechte sind nicht in einem einheitlichen „Kodex“ kodifiziert, sondern finden sich über zahlreiche Rechtsquellen verstreut. So finden sind grundrechtliche Bestimmungen im B-VG, im Staatsgrundgesetz (StGG) 1867 sowie in der Europäischen Menschenrec htskonvention (EMRK), die in Österreich in Verfassungsrang steht und damit Teil der innerstaatlichen Rechtsordnung ist. Freilich stehen Grundrechte generell nicht schrankenlos zu, da ansonsten wirksames staatliches Handeln überhaupt nicht möglich wäre. So haben Grundrechte idR Gesetzesvorbehalte. Das bedeutet, dass verhältnismäßige Beschränkungen und Einschnitte in die Grundrechte, zB im Interesse der Allgemeinheit, durch einfache Gesetze zulässig sind. Bsp: Die verfassungsgesetzlich garantierte Eigentumsfreiheit würde, ohne Eingriffsvorbehalt, das Eintreiben von Steuern unmöglich machen. Infolge einer Interessensabwägung widersprechen die Steuergesetze jedoch nicht der Eigentumsfreiheit. Grundrechte gelten prinzipiell nur im Verhältnis zwischen Staat und Bürger (sog „Vertikalwirkung“) und nicht im Verhältnis der Bürger untereinander (keine „Horizontalwirkung“). Nachfolgend werden ausgewählte Grundrechte vorgestellt: 2.7.2 Recht auf Leben Das in Art 2 EMRK verankerte Recht auf Leben garantiert jedem Menschen, dass Gesetze das menschliche Leben schützen sollen. Gem Art 85 B-VG ist die Todesstrafe in Österreich „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 11 abgeschafft. Ausnahmen vom Recht auf Leben sind nur im Falle von Notwehr und zur „Unterdrückung von Aufruhr und Aufstand“ möglich. 2.7.3 Gleichheitssatz Der in Art 7 B-VG normierte Gleichheitssatz („Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich“) spielt in der Praxis die größte Rolle. Grund ist, dass der Gleichheitssatz in besonderem Maße unbestimmt ist und somit dem VfGH einen großen Spielraum eröffnet. Der Gleichheitssgrundsatz gilt für jede Art der Staatstätigkeit und bindet damit Gesetzgebung und Vollziehung. Grundrechtsträger (= geschützte Personen) sind österreichische Staatsbürger, wobei sich im Anwendungsbereich des Unionsrechts auch Unionsbürger auf Art 7 B-VG berufen können. Inhaltlich ist bei jedem Rechtsakt zu prüfen, ob eine Differenzierung entsprechend einer „sachlichen Rechtfertigung“ vorliegt. Sachlich begründet ist eine Differenzierung, wenn sie nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen erfolgt. An gleiche Tatbestände sind gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. 2.7.4 Achtung des Privat- und Familienlebens Jedermann hat gem Art 8 Abs 1 MRK Anspruch auf Achtung seines „Privat- und Familienlebens“. Grundrechtsträger sind neben natürlichen Personen auch (in Bezug auf das Privatleben) juristische Personen. 2.7.5 Meinungsfreiheit Nach Art 10 Abs 1 MRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. „Meinungen“ sind hierbei alle gedanklichen Stellungnahmen zu irgendwelchen Fragen wissenschaftlicher, kultureller, technischer oder sonstiger Art. Geschützt sind nicht nur Werturteile, sondern auch Tatsachenaussagen. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind insbesondere für öffentliche Aussagen gegeben und zulässig. 2.7.6 Unverletzlichkeit des Eigentums Gem Art 5 StGG ist das Eigentum unverletzlich. Unter Eigentum ist jedes vermögenswerte Privatrecht zu verstehen, dieses kann an körperlichen Sachen ebenso bestehen wie an Erbrechten, Unterhaltsansprüchen, Mietrecht usw. Ein Eigentumseingriff ist uU bei Enteignungen möglich. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 12 3. Recht der Europäischen Union 3.1. Geschichte und Grundlagen Historisch gesehen war die Entstehung der heutigen Europäischen Union die Folge des Zweiten Weltkriegs. Dieses „Einigungswerk“ sollte verhindern, dass der Kontinent Europa jemals wieder von Krieg und Zerstörung heimgesucht wird. In den ersten Jahren beschränkte sich die Zusammenarbeit der sechs Gründerstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg) hauptsächlich auf Handel und Wirtschaft. Heute umfasst die EU 27 Mitgliedstaaten mit rund 450 Millionen Einwohnern, die ihre Politiken zB auch auf die Bereiche Kultur, Forschung oder Umwelt ausgedehnt hat. Die Europäische Union (kurz EU) hat sich aus drei Gemeinschaften entwickelt, nämlich - der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) - der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und - der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG). Seit 1991 (Vertrag von Maastricht) wurden diese Gemeinschaften zur EU zusammengefasst. Entsprechend dem Integrationsgedanken wurden im Vertrag von Nizza (2001) – hier insbesondere im Hinblick auf die damals bevorstehende Erweiterung - einige Änderungen des EU-Vertragswerks beschlossen (z.B. bei der Zusammensetzung von Kommission und Europäischem Parlament). Durch den Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009, fand eine weitere tiefgreifende Reform der EU statt. Seit damals ist Grundlage der Union nun der Vertrag über die Europäische Union (kurz EUV) und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (kurz AEUV). 3.2. Binnenmarkt und Grundfreiheiten Die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft erfolgte im Bewusstsein, dass nur die Integration der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten wirtschaftliche Stabilität und Wachstum garantieren können. Der Rechtsbegriff des Binnenmarktes umfasst nach innen Marktfreiheit, Marktgleichheit und ein System unverfälschten Wettbewerbs, nach außen die Einheitlichkeit des Marktes. Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen und lässt sich durch die so genannten vier Grundfreiheiten charakterisieren (Art 26 Abs 2 AEUV): „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 13 - freier Warenverkehr - freier Personenverkehr - freier Dienstleistungsverkehr - freier Kapitalverkehr Im Mittelpunkt der Schaffung des Binnenmarktes steht die Beseitigung aller Behinderungen des Warenaustausches innerhalb der EU. Die Verwirklichung des freien Warenverkehrs soll nach Art 28 – 37 AEUV auf drei Wegen erfolgen: - Errichtung einer Zollunion - Abschaffung aller mengenmäßigen Beschränkungen des Warenverkehrs und Maßnahmen gleicher Wirkung - Beseitigung der diskriminierenden Praktiken staatlicher Handelsmonopole Die Vorschriften über die Freiheit des Personen- und Dienstleistungsverkehrs regeln Art 45 – 62 AEUV: - die Freizügigkeit der Arbeitnehmer - die freie Niederlassung - den freien Dienstleistungsverkehr Die Freiheit des Kapitalverkehrs ist in Art 63 – 66 AEUV geregelt. Inhaltlich normieren diese im Wesentlichen z.B. die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen den Gebietsansässigen zu beseitigen. Aufgabe der EU ist auch die Schaffung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schützt. Wettbewerbsregeln umfassen Vorschriften für Unternehmen (z.B. Kartellverbot, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung) sowie Kontrolle für Unternehmenszusammenschlüsse und Regelungen über die Gewährung staatlicher Beihilfen. 3.3. Rechtsakte Das Unionsrecht beruht auf völkerrechtlichen Verträgen und ist ein Regelsystem eigener Art. Prinzipiell hat das Unionsrecht Vorrang gegenüber dem innerstaatlichen Recht, auch gegenüber dem innerstaatlichen Verfassungsrecht (sog Anwendungsvorrang). Das bedeutet: Bestehen zu einem Thema sowohl nationale Gesetze als auch europäische „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 14 Regelungen, so wird das europäische Recht angewendet, wobei das nationale Recht in Kraft bleibt. Es wird nur nicht angewandt. Das Unionsrecht lässt sich unterteilen in: - Primärrecht - Gründungsverträge samt Änderungen zB Vertrag von Lissabon – und - Sekundärrecht – zB Verordnungen oder Richtlinien Die Rechtsakte der Verordnung, der Richtlinie und der Beschlüsse sind wie folgt zu differenzieren: - Verordnung: allgemeine Geltung, in allen Teilen verbindlich, gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (vergleichbar mit einem Gesetz; zB Datenschutzgrundverordnung DSGVO, Gruppenfreistellungsverordnungen). - Richtlinie: hinsichtlich des Ziels verbindlich, überlässt den innerstaatlichen Stellen die Wahl von Form und Mittel (zB Arbeitszeit-Richtlinie). Durch die Richtlinie soll ein einheitliches Rechtsniveau innerhalb der Europäischen Union geschaffen werden bzw Rechtsangleichung vorangetrieben werden. Eine Richtlinie ermöglicht jedoch auch weiteren Spielraum der Mitgliedstaaten, als dass über die in der Richtlinie genannten Ziele hinausgegangen werden kann. - Beschlüsse: in allen Teilen verbindlich (allgemeine und an bestimmte Adressaten gerichtet) Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist das zentrale Rechtssetzungsverfahren der EU. Die Einleitung des Verfahrens erfolgt durch die Kommission (die ein Initiativmonopol besitzt), die einen Vorschlag für die zu treffende Unionsmaßnahme erarbeitet. Dann erfolgt die Gesetzgebung im Zusammenspiel zwischen Europäischen Parlament und Rat und mündet schlussendlich in der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU. 3.4. Organe Die Durchführung der der EU zugewiesenen Aufgaben und die Steuerung des Integrationsprozesses erfolgt über ein institutionelles System. Die Hauptakteure in diesem System sind zum einen die Verfassungsorgane, zum anderen ergänzende Einrichtungen wie etwa Europäische Investitionsbank oder Wirtschafts- und Sozialausschuss. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 15 3.4.1. Europäisches Parlament Das Europäische Parlament setzt sich aus Vertretern der Unionsbürger zusammen. Die Abgeordneten werden seit 1979 direkt gewählt und üben ein freies Mandat aus. Das Europäische Parlament besteht aus einem Präsidenten und (Stand 2021) 705 Abgeordneten und setzt sich aus Fraktionen zusammen (z.B. Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) oder Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D)). Durch die Verträge wurden die Befugnisse des Europäischen Parlaments stetig ausgebaut, sodass es einen wachsenden Einfluss auf die europäische Politik erhalten hat. Mit dem Vertrag von Lissabon wurde erstmals ausdrücklich festgelegt, dass die Verantwortlichkeit der Kommission als Kollegialorgan gegenüber dem Europäischen Parlament besteht (Art 17 Abs 8 EUV). 3.4.2. Europäischer Rat Der Europäische Rat als politisches Dachorgan der EU setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und dem Präsidenten der Kommission zusammen. Eine Person fungiert als Präsident des Europäischen Rates. Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Er tritt mindestens zweimal pro Halbjahr unter dem Vorsitz seines Präsidenten zusammen, daneben können bei Bedarf weitere Zusammenkünfte („Gipfeltreffen“) einberufen werden. 3.4.3. Rat Im Rat sind die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten (auf Ministerebene, je ein Vertreter pro Mitgliedstaat), die in unterschiedlicher Zusammensetzung je nach Sachgebiet zusammenkommen. Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung. Der Vorsitz im Rat (sog. „EU-Ratspräsidentschaft“) wird von einem Mitgliedstaat nach einer festgelegten Reihenfolge jeweils für ein halbes Jahr wahrgenommen. 3.4.4. Kommission Die Kommission ist unabhängig und der/die sogenannte „Motor und Hüterin der Verträge“. Sie fördert die allgemeinen Interessen der Union und ergreift geeignete Initiativen zu diesem Zweck. Sie besitzt im Rahmen der EU-Rechtssetzung das Vorschlagsmonopol, das heißt, „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 16 dass Europäisches Parlament und Rat Gesetzgebungsakte nur auf Grundlage entsprechender Vorschläge der Kommission verabschieden können. Der Kommission ist ein Verwaltungsapparat beigestellt, der sich aus Generaldirektionen (z.B. GD Gesundheit und Verbraucherschutz, Informationsgesellschaft, GD Wettbewerb) und Diensten (z.B. Amt für amtliche Veröffentlichungen, Eurostat) zusammensetzt. 3.4.5. Gerichtshof der Europäischen Union Der Gerichtshof der Europäischen Union (kurz EuGH) umfasst den Gerichtshof, das Gericht und Fachgerichte. Er sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge. Er setzt sich aus von den mitgliedstaatlichen Regierungen ernannten Richtern (pro Mitgliedstaat ein Richter) und 8 Generalanwälten zusammen. Der EuGH ist zur Auslegung bzw. Entscheidung von/über gemeinschaftsrechtliche/n Rechtsfragen berufen (z.B. zuständig für Streitigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten). Bei den Verfahrensarten vor dem EuGH wird unterschieden zwischen: - Vertragsverletzungsverfahren (Überprüfung, ob die Mitgliedstaaten ihren gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen sind, vgl. Art 258 – 260 AEUV) - Nichtigkeitsklage (Mitgliedstaaten, Parlament, Rat, Kommission, natürliche/juristische Personen können die Nichtigerklärung von Rechtsakten der Gemeinschaft beantragen) - Untätigkeitsklage (gegen rechtswidrige Säumnis bestimmter Gemeinschaftsorgane) - Schadenersatzklage (Entscheidung, ob die Gemeinschaft für einen Schaden aufzukommen hat, den ihre Organe/Bediensteten in Ausübung ihrer Tätigkeit verursacht haben) - Vorabentscheidungsverfahren „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht 17 Exkurs: Vorabentscheidungsverfahren Die staatlichen Gerichte können bzw. müssen (wenn die Entscheidung innerstaatlich nicht mehr angefochten werden kann) den EuGH anrufen, wenn in einem anhängigen Verfahren Rechtsfragen auftreten, deren Antworten im Unionsrecht zu finden sind und deren Lösung zweifelhaft erscheint (sog. Vorabentscheidungsverfahren). Die Fragen, welche dem EuGH gestellt werden können, haben die Auslegung des primären Gemeinschaftsrechts, die Auslegung und Gültigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane oder die Auslegung der Satzungen von EU-Einrichtungen zu betreffen. Der EuGH stellt zu den vorgelegten Fragen den Inhalt des Gemeinschaftsrechts fest und das anfragende Gericht ist verpflichtet, seine Entscheidung so zu treffen, dass sie der EuGH- Auslegung entspricht. Diese „Auslegungsurteile“ können als Richtschnur für die Interpretation des Gemeinschaftsrechts herangezogen werden und sind daher von eminenter Bedeutung. „Wirtschaftsrecht“ - FH Technikum Wien, Department Entrepreneurship & Communications, Wirtschaft und Recht

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