Mediengewalt_7_Excitation Transfer PDF

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Heinrich Heine University Düsseldorf

Dr. Astrid Zipfel

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Excitation Transfer Media Violence Lecture Notes Psychology

Summary

These lecture notes cover the topic of Excitation Transfer within the context of Media Violence. The notes discuss the theoretical underpinnings of the concept, and its application to real-world scenarios. Specific examples and relevant studies are referenced throughout the notes. The document seems to be part of a university lecture course.

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Excitation Transfer Vorlesung „Medien und Gewalt“ Wintersemester 2024/25 Dr. Astrid Zipfel 28.11.2024 hhu.de Inhalt 1. Grundlagen 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) 3. Empirische Studien 4....

Excitation Transfer Vorlesung „Medien und Gewalt“ Wintersemester 2024/25 Dr. Astrid Zipfel 28.11.2024 hhu.de Inhalt 1. Grundlagen 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) 3. Empirische Studien 4. Anwendung auf Mediengewalt 5. Wichtige Punkte 2 hhu.de 1. Grundlagen Zwei-Faktoren-Theorie nach Schachter:  Emotionen setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:  Physiologische Erregungskomponente (quantitativ)  Kognitive Komponente (qualitativ)  Emotion entsteht durch kognitive Interpretation (= Attribution) der Erregung. Triebtheorie von Hull:  Am Ende einer emotionalen Episode verbleiben Reste von Erregung (= Residuen), die in das nachfolgende Triebgeschehen integriert werden. => Integration in Drei-Faktoren-Theorie der Emotionsgenese 3 Bryant / Miron 2003, S. 33-35; Schwab / Königstein 2016 hhu.de 1. Grundlagen Drei-Faktoren-Theorie der Emotionsgenese von Zillmann  Annahme der Interaktion dreier Bestandteile eines emotionalen Zustandes  Dispositionale Komponente  Automatische Steuerung der Richtung des emotionalen Verhaltens: Annäherung oder Vermeidung (basiert auf angeborenen oder erworbenen Reiz-Reaktionsverbindungen)  Bestimmt Art der impulsiven Reaktion  Erregungskomponente  Energie für emotionale Prozesse, dient der Vorbereitung einer Reaktion auf Umweltreize und geschieht ebenfalls automatisch / unbewusst.  Geht mit physiologischen Reaktionen einher.  Bestimmt Intensität emotionalen Erlebens.  Erlebenskomponente  Wahrnehmung körperliche Reaktionen und als Ursache in Frage kommender Umwelt-Stimuli  Erregungszustand wird auf dieser Basis konkrete emotionale Qualität zugeschrieben (z.B. Trauer, Wut)  Bewusster Prozess, der Möglichkeit der Kontrolle, Unterdrückung, Umlenkung von emotionalen Verhaltensimpulsen birgt  Bestimmt Art der Emotion und der reflektierten Reaktion 4 Schwab / Menne 2016; Cummins 2020 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) Erregungstransfer  Grundlage = unterschiedliche Geschwindigkeit, in der sich die Komponenten des Emotions- Erlebens an veränderte äußere Bedingungen anpassen.  Zeitlicher Verzug zwischen schneller, neuronal vermittelter Kognition und langsamerer, hormonell vermittelter, nicht bewusst kontrollierbarer Regulierung von Erregung.  Während sich kognitive Komponente schon wieder auf Erfassung einer neuen Situation konzentriert, bleibt die vom vorangegangenen Stimulus ausgelöste Erregung noch länger bestehen.  Rest-Erregung aus der Reaktion auf einen früheren Stimulus bewirkt, dass die Erregungs- reaktion auf einen nachfolgenden Stimulus von einem höheren Niveau aus startet, d.h. Rest- Erregung und aktuelle Erregungsreaktion „addieren“ sich zu einer stärkeren Gesamtreaktion auf den neuen Stimulus. 5 Bryant / Miron 2003, S. 36-42; Renner 2008, S. 90; Zillmann 2008; Schwab / Menne 2016; Cummins 2020 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) Der Prozess des Excitation Transfer A = Antecedent Stimulus S = Subsequent Stimulus Erregungstransfer = schraffierte Fläche Dünne Linie = Entwicklung ohne Erregungstransfer, dicke Linie = Entwicklung mit Erregungstransfer Abbildung nach Zillmann 1996, entnommen aus Cummins 2020, S. 2 6 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer)  Da das Individuum nicht nach verschiedenen Ursachen der Erregungsanteile differenziert, sondern den Ursprung der Erregung kognitiv komplett dem gerade aktuellen Reiz zuschreibt, kommt zu einer (zumindest teilweisen) Fehlzuschreibung der Erregungsursache.  Erregung fungiert nur als „Energie-Lieferant“ für nachfolgende Reaktionen und hat keine (positive oder negative) Valenz  Diese entsteht erst durch die situationsabhängige kognitive Ursachenzuschreibung => Inhalte mit negativer Valenz können positive Gefühle verstärken und umgekehrt. Werth / Seibt / Mayer 2020, S. 365 7 Zillmann 2008, S. 2 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) Phasen des Erregungstransfers 1. Phase: Kurz nach dem Stimulus setzt Érregung ein, der auslösende Reiz ist aber noch bewusst, was einen Erregungstransfer auf einen unmittelbar folgenden Reiz verhindert. 2. Phase: Erregung hält an, aber der auslösender Reiz ist nicht mehr präsent, weil zu viel Zeit vergangen ist oder er im Bewusstsein des Rezipienten von einem Folgereiz überlagert wurde 3. Phase: Residuale Erregung wurde vollständig abgebaut und kann nicht mehr übertragen werden.  Excitation Transfer kann nur in Phase 2 stattfinden. 8 Bryant / Miron 2003, S. 39-41; Zillmann 2008; Cummins 2020; Krahé 2023, S. 323 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) Beispiel 3. Kompletter Erfassen 1. Frau findet eine Schlange im Garten des Scherzes ⇒ automatisches Zurückschrecken => erneute kognitive ⇒ Adrenalin-Ausschüttung / Zittern Anpassung ⇒ Erregung => Hysterisches ⇒ Kognitive Interpretation der Reaktion als Mitlachen Angst 2. Bei genauerem Hinsehen stellt sich Tier als Gummi- Schlange heraus. Sohn der Frau freut sich über den gelungenen Streich ⇒ Kognitive Anpassung an Situationsveränderung Erregung durch Schlangen- ⇒ Erregung nicht mehr ans Begegnung bewirkt eine Reihen Angst, sondern als Wut verschiedener emotionaler interpretiert Beispiel von Zillmann 2008, S. 3; Überreaktionen Bilder: https://kurier.at/wissen/emotionale-erfahrungen-sind-reicher-als-gedacht/287.560.061; https://www.tesa.com/de-de/files/download/11130135,1,vorlage-lange-laechelnde-schlange-zum-ausmalen.jpg; 9 https://de.123rf.com/photo_20634076_ein-cartoon-mann-beugte-sich-%C3%BCber-lachen-und-zeigen.html; https://www.flickr.com/photos/194963989@N07/52828826342 hhu.de 2. Erregungstransfer (Excitation Transfer) Randbedingungen  Als Zeitdauer zwischen den Phasen wurden zumeist wenige Minuten angenommen; durch den kumulativen Effekt von Erregung sind aber auch längere Zeiträume vorstellbar.  Bewusste Reflexion der Ursachen des Erregungszustandes kann Excitation-Transfer verhindern.  Verlagerung der Aufmerksamkeit auf aktuelle Reize ist abhängig von deren persönlicher Relevanz 10 Bryant / Miron 2003, S. 39-41; Zillmann 2008; Cummins 2020; Krahé 2023, S. 323 hhu.de 3.Empirische Studien Studie von Zillmann / Bryant (1974) Ergometer Hohe Erregung Gelegenheit zum Verbale Senden eines Auffädeln von Provokation Lärmreizes an Niedrige Erregung Provokateur Metallscheiben Krahé 2023, S. 324 => Gewalt-Reaktion hängt von Provokation und Erregung ab 11 hhu.de 3. Empirische Studien Studie von Zillmann / Johnson / Day (1974) Bewusstsein für die Erregungsquelle verhindert Excitation-Transfer 12 Werth / Seibt / Mayer 2020, S. 368 hhu.de 3. Empirische Studien Studie von Verärgerung Zillmann (1971) (Elektroschocks als Zeichen der Missbilligung der Meinung der Vpn) Soft-Porno Boxkampf Dokumentation Erregung hoch Erregung mittel Erregung niedrig Keine Aggression Aggression Keine Aggression „Lern-Experiment“, bei dem Vpn Fehler des „Schülers“ (= Auslöser der Verärgerung) mit Elektroschocks => Erregungspotenzial, „bestrafen“ soll nicht Inhalt der Medien ist relevant für Aggression Soft- Boxkampf Doku Porno < > Aggression > 13 hhu.de 4. Anwendung auf Mediengewalt Erregungsübertragung und Mediengewalt  Statt der inhaltlichen Qualität wird die Erregungswirkung für Effekte von Mediengewalt verantwortlich macht.  Da für die Art der erzeugten Emotion Umweltreize verantwortlich sind, kann (erregende) Mediengewalt neben Aggressivität auch andere Gefühlsreaktionen bewirken (z.B. Angst, Freude, Hilfsbereitschaft)  Umgekehrt kann Aggression auch das Resultat des Konsums nicht-violenter, erregender Inhalte sein (z.B. Humor, Erotik, Sport)  Je nach sozialem Kontext wirkt sich das Triebpotenzial erregender Inhalte folglich anders aus. Violente Inhalte intensivieren nachfolgende Gefühle und Handlungen, ob diese aber violent sind, hängt von der Situation ab.  Erregungsübertragung kann von Medieninhalten auf soziale Interaktionen und umgekehrt erfolgen und sich auch innerhalb von Medienrezeptionsprozessen vollziehen (Einfluss der von einem Beitrag / einer Szene ausgelösten Erregung auf Reaktionen auf nachfolgende Beiträge / Szenen. 14 Zillmann 2008; Cummins 2020; Werth / Seibt / Mayer 2020, S. 365f. hhu.de 4. Anwendung auf Mediengewalt Weiterführende Überlegungen  Bei sehr hohem Erregungslevel sind kognitive Prozesse beeinträchtigt.  Ihre Kontrollfunktion wird durch impulsive Reaktionen auf Basis erlernter / gewohnter Verhaltensmuster abgelöst.  Konflikttoleranz sinkt, Lösungsdruck steigt => Neigung zu schnellen, aggressiven Lösungen ohne Rücksicht auf Folgen  Attraktivität erregender Reize erhöht das Risiko, dass unkontrollierbares Erregungslevel erreicht wird.  Problematisch, dass auch Erfahrungen mit positiver Valenz Erregungslevel steigern können.  Gegensteuerung durch Einübung von Impulskontrolle, bewusster kognitiver Beschäftigung mit rationalen, effektiven und gewaltfreien Lösungen ? 15 Bryant / Miron 2003, S. 45-47 hhu.de 4. Anwendung auf Mediengewalt Weiterführende Überlegungen – Fortsetzung  Emotionale Erfahrungen können abgespeichert und dadurch zu dauerhaften Verhaltensdispositionen werden.  Wenn eine unmittelbare Ausübung eines Verhaltens nicht möglich, aber die Motivation dazu nach wie vor vorhanden ist, können sie präsent bleiben und inkl. des Erregungszustandes reaktiviert werden, wenn entsprechende Umweltreize / Gedanken Assoziationen mit provozierenden Ursprungserfahrung ermöglichen.  Langfristige Dimension des eigentlich kurzfristigen Effekts der Erregungsübertragung 16 Bryant / Miron 2003, S. 43; Renner 2008, S. 156 hhu.de 5. Wichtige Punkte  Die Excitation-Transfer-Theorie erklärt Medienwirkungen nicht mit inhaltlichen Eigenschaften, sondern mit dem Erregungspotenzial medialer Inhalte.  Residuale Erregung und nachfolgende Erregungsreaktionen können sich addieren.  Diese erhöhte Gesamt-Erregung liefert ein unspezifisches Triebpotenzial, das die Intensität emotionaler Reaktionen und daraus folgender Verhaltensweisen erhöht.  Die Qualität der intensivierten Emotionen / Reaktionen steht mit der Qualität der rezipierten Inhalte in keinem Zusammenhang, sondern hängt von situativen Bedingungen ab, die von den RezipientInnen als Ursache ihrer Erregung fehlattribuiert werden.  Es gilt daher, dass Aggressivität auch durch Erotik, Humor oder Sport in den Medien gefördert werden kann, aggressive Inhalte aber in entsprechendem sozialen Kontext auch prosoziales Handeln intensivieren können.  Über-Erregung kann kognitive Prozesse beeinträchtigen und impulsives Aggressionsverhalten fördern.  Der Ansatz beschreibt einen kurzfristigen Effekt, es werden aber auch langfristige Auswirkungen im Sinne einer späteren Reaktivierung von Erregung/Emotionen durch entsprechende Umweltreize diskutiert. 17 hhu.de Literatur  Bryant, Jennings / Miron, Dorina (2003): Excitation-transfer theory. In: Bryant, Jennings / Roskos- Ewoldsen, David / Cantor, Joanne (Eds.): Communication and emotion: Essays in honor of Dolf Zillmann. Mahwah, NJ, S. 31–59.  Cummins, R. Glenn (2020): Excitation Transfer Theory. In: Van den Bulck, Jan (u.a.) (Eds.): The International Encyclopedia of Media Psychology (https://doi.org/10.1002/9781119011071.iemp0055 , letzter Zugriff: 28.10.2024).  Krahé, Barbara (2023): Aggression. In: Ulrich, Johannes / Stroebe, Wolfgang / Hewstone, Miles (Hrsg.): Sozialpsychologie. 7. Aufl. Berlin, S. 311-350.  Renner, Karl-Heinz (2008): Theoretische Perspektiven für die Medienpsychologie. In. Batinic, Bernad / Appel, Markus (Hrsg.): Medienpsychologie. Heidelberg, S. 77-104.  Schwab, Frank / Königstein, Elisabeth (2016): Excitation Transfer. In: Krämer, Nicole C. (u.a.) (Hrsg.): Medienpsychologie. Schlüsselbegriffe und Konzepte. 2. Aufl. Stuttgart, S. 260-267.  Schwab, Frank / Menne, Isabelle (2016): Drei-Faktoren-Emotionstheorie und affektive Disposition. In: Krämer, Nicole C. (u.a.) (Hrsg.): Medienpsychologie. Schlüsselbegriffe und Konzepte. 2. Aufl. Stuttgart, S. 267-274.  Werth, Lioba / Seibt, Beate / Mayer, Jennifer (2020): Sozialpsychologie – der Mensch in sozialen Beziehungen. Interpersonale und Intergruppenprozesse. Berlin. 2. Aufl. 18 hhu.de Literatur  Zillmann, Dolf (1971): Excitation transfer in communication-mediated aggressive behavior. In: Journal of Experimental Social Psychology 7, S. 419-434.  Zillmann, Dolf / Bryant, Jennings (1974): Effect of residual excitation on the emotional response to provocation and delayed aggressive behavior. In: Journal of Personality and Social Psychology 30, S. 782-791.  Zillmann, Dolf / Johnson, Rolland C., / Day, Kenneth D. (1974): Attribution of apparent arousal and proficiency of recovery from sympathetic activation affecting excitation transfer to aggressive behavior. In: Journal of Experimental Social Psychology 10, S. 503-515.  Zillmann, D. (2008): Excitation transfer theory. In: Donsbach, Wolfgang (Ed.): The International Encyclopedia of Communication. Malden, MA, S. 1627-1632. 19 hhu.de

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