Internationale Politik I - Einführung in die Internationale Politische Ökonomie - PDF

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This document, "Internationale Politik I - Einführung in die Internationale Politische Ökonomie", is a lecture outline for the winter semester of 2024/2025 at Universität Osnabrück. It covers topics including the Bretton Woods system and other historical economic concepts. The lecture is taught by Prof. Dr. Daniel Mertens, and the topics covered include theoretical perspectives on comparative political economy and international political economy, as well as a discussion on related themes and challenges.

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Internationale Politik I Einführung in die Internationale...

Internationale Politik I Einführung in die Internationale Politische Ökonomie Leitung: Prof. Dr. Daniel Mertens Sitzung: 11_Aufstieg und Fall des Bretton-Woods-Systems Termin: Montags, 16-18 Uhr Bild: Stadt - Religion - Kapitalismus | Turm zu Babel und die Hängenden Gärten der Semiramis / Skyline von Shanghai | Joan Campderrós-i-Canas, CC BY 2.0, Collage Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Internationale Politik I Einführung in die Internationale Politische Ökonomie Leitung: Prof. Dr. Daniel Mertens Sitzung: 11_Aufstieg und Fall des Bretton-Woods-Systems The Kinks – This time tomorrow Termin: Montags, 16-18 Uhr Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Einführung in die IPÖ Block I: Theoretische Perspektiven Block III: Zeitenwenden  Vergleichende Politische Ökonomie  Aufstieg und Fall des Bretton-Woods-  Internationale Politische Ökonomie Systems Block II: Themen und Problembereiche  Globalisierung, Finanzialisierung,  Geld und Finanzsysteme Neoliberalismus  Handel und Märkte  Die kommende Phase des globalen Kapitalismus  Produktion und Unternehmen  Arbeit, Migration und soziale Reproduktion  Klima Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Historische Politische Ökonomie als temporale Perspektive auf (Welt)wirtschaftsordnung(en)  „…daß wir nicht dogmatisch die Welt antizipieren, sondern erst aus der Kritik der alten Welt die neue finden wollen.“ (Karl Marx, Deutsch Französische Jahrbücher 1844, S. 344)  “Respect the past so that you can understand the present and work on the future.” (István Széchenyi, zitiert nach Solti 2024, 186) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Historische Politische Ökonomie als temporale Perspektive auf (Welt)wirtschaftsordnung(en)  Reminder: Sozialwissenschaftliche Ansätze verstehen Wirtschaftsformen als von bestimmten Institutionen getragene Strukturen, die räumlich und historisch variabel sind  Verständnis gegenwärtiger weltwirtschaftlicher Konstellationen durch Blick auf ihre Ursprünge und Vorläufer schärfen  Verständnis von Wirtschaftsformen als dynamische institutionelle Ordnungen, die Phasen von Stabilität und Krisen beinhalten  „Behausung“ kontra „Verbesserung“ (Polanyi 1944) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Agenda (1) Weltwirtschaftsordnung 1945-1973 (2) Das „goldene Zeitalter“ des Fordismus (3) „Eingebetteter Liberalismus“ und das Bretton-Woods-System  Übung: IPÖ-Theorien und die Interpretation von Bretton Woods (4) „15 Minuten für“…“Entwicklungsländer” und der Kampf um eine „neue Weltwirtschaftsordnung“ Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (1) Weltwirtschaftsordnung 1945-1973  Periode markiert die Herausbildung einer kapitalistischen Weltwirtschaft und Beginn der heute zentralen Inter- und Transnationalisierungstendenzen  Multinationale Unternehmen  Globale Arbeitsteilung und Welthandel  Ressourcenintensive und zugleich rationalisierte Konsum- und Produktionsweise (von der Automobilindustrie zum Massentourismus)  Auch: Konsolidierung der sozialen Demokratie in Westeuropa Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Bildquellen: NDR, Stern (1) Weltwirtschaftsordnung 1945-1973 (1) „Fordismus“ (vorherrschende Produktionsweise oder „Akkumulationsregime“) (2) „Embedded Liberalism“ (internationale Organisation: System von Bretton Woods - BWS) Fordismus & Embedded Liberalism = historisches Beispiel einer markteinhegenden-organisierten Ordnung  Anfang der Periode “politisch” (nach 1945 hoher Bedarf an “Behausung” und Stabilität, Vermeidung von Krisen)  Ende der Periode “ökonomisch” (Erschöpfung der Produktionsweise, Defizit der USA, Wachstumsschwäche) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Fordismus  Beschreibt spezifische Organisation des Akkumulationsprozesses seit etwa 1930er Jahren  läutet Phase relativer Stabilität nach 1945 v.a. in den USA und Westeuropa ein  Beruht auf starker institutioneller Einbettung und einem aktiven wirtschaftspolitischen Staat, aber auch der günstigen Rohstoffversorgung durch Entwicklungsländer  Charakteristika u.a. hohe Wachstumsraten, Vollbeschäftigung, Ausbau des Wohlfahrtsstaates, rapide Verbesserung der Lebensstandards  Daher auch Rede vom “goldenen Zeitalter” (vgl. Hobsbawm 1995) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Das ‚goldene Zeitalter‘: Wirtschaftswachstum Wachstum des BIP pro Kopf 10 8 6 4 2 0 -2 1913-50 1950-73 1973-94 Quelle: Bieling 2011; Anmerkung: Afrika (Ägypten, Äthiopien, Elfenbeinküste, Ghana, Kenia, Marokko, Nigeria. Südafrika, Tansania. Zaire); Lateinamerika (Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien, Mexiko, Peru, Venezuela); Osteuropa (Bulgarien, Tschechoslowakei, Ungarn, Polen, Rumänien, UdSSR, Jugoslawien) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Das ‚goldene Zeitalter‘: Vollbeschäftigung Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Das ‚goldene Zeitalter‘: Soziale Sicherung Sozialausgaben in Prozent des BIP, 1950-1990 40 35 30 25 20 15 10 5 0 1950 1960 1970 1980 1990 Quelle: Tomka 2013: A Social History of Twentieth-Century Europe, S. 160 Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Fordismus Organisation des Produktionsprozesses Organisation der Nachfrage Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Fordismus Organisation des Produktionsprozesses Organisation der Nachfrage Tayloristisch/rationalisierte Arbeitsorganisation  hohe Produktivitätssteigerungen (z.B. Fließband) und Massenfertigung Produktion standardisierter Konsumgüter Herausbildung von “Sozialpartnerschaft” zwischen Kapital & Arbeit (vgl. Korporatismus) Räumlich statisch: Produktion findet ‚vor Ort‘ statt (kaum Wertschöpfungsketten) bei schrittweiser Liberalisierung der Handelsbeziehungen Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Fordismus Organisation des Produktionsprozesses Organisation der Nachfrage Tayloristisch/rationalisierte Arbeitsorganisation  „Lohngetriebenes Wachstumsmodell“: hohe Löhne hohe Produktivitätssteigerungen (z.B. Fließband)  hohe Nachfrage nach Industrieprodukten  und Massenfertigung hoher Absatz  hohe Erträge Produktion standardisierter Konsumgüter Massenkonsum Herausbildung von “Sozialpartnerschaft” zwischen Nachfragestabilisierung durch Ausbau der Kapital & Arbeit (vgl. Korporatismus) Sozialpolitik (Arbeitslosengeld, dynamische Renten) und antizyklische Wirtschaftspolitik (Keynesianismus) Räumlich statisch: Produktion findet ‚vor Ort‘ statt Binnenmarktorientierung (v.a. der großen (kaum Wertschöpfungsketten) bei schrittweiser Volkswirtschaften; Ausnahme: Deutschland) Liberalisierung der Handelsbeziehungen Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (2) Fordismus Akkumulationsregime des Fordismus ist tendenziell national organisiert, aber: Um die desastösen Folgen ungehemmter Konkurrenz zwischen Staaten zu vermeiden (Merkantilismus), wurden nationale Ökonomien in internationales System eingebettet Ziel: alle Ökonomien profitieren von Weltmarkt, aber Steuerungskompetenz und wirtschaftspolitische Souveränität bleibt bei den Staaten  “Embedded Liberalism” Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Take a break – at Bretton Woods Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Eingebetteter Liberalismus und Bretton Woods  Kompromiss zwischen nationaler ökonomischer Selbstbestimmung und den vom Weltmarkt herrührenden Interdependenzen durch Multilateralismus  Indem Markt limitiert ist (eingebettet), wird dessen Legitimität erhöht  Das neue internationale Wirtschaftsregime dient dazu, auch nicht- liberale Staaten in liberales System zu integrieren  Anpassung der Wirtschaftsstruktur an neue Ordnung (vgl. Marshall-Plan)  Anbindung an USA (v.a. durch US-Dollar)  Institutionalisierung durch das Abkommen von Bretton Woods Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Das Bretton-Woods-System als global governance “What was new in the international monetary system after Bretton Woods was that for the first time in history the governments of the leading economies had agreed on a set of rules, on a system of collective management“ (Strange 1994, 55).  Konferenz 1944 in Bretton Woods, New Hampshire, 44 Länderdelegationen  multilaterale Weltwirtschaftsordnung, die nationale Strategien wirtschaftlicher Modernisierung und Planung bei Freihandel ermöglichen  Nationale Autonomie bei Ermöglichung des internationalen Warenverkehrs durch (relativ) feste Wechselkurse  bedurfte Kapitalverkehrskontrollen ( siehe Trilemma des Wechselkursregimes oder Mundell-Fleming-Modell) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Die Bretton-Woods-Institutionen Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Übung: Wie ließe sich die Entstehung des US-geführten Bretton-Woods-Systems mit IPÖ-Theorien erklären? Merkantilistischer Liberalismus Historischer Realismus Strukturalismus Dynamik der Konkurrenz und Wettbewerb, Ökon. Interdependenz, Kapitalistischer internationalen Weltwirtschaft als Null- Weltwirtschaft als Positiv- Akkumulationsprozess politischen Ökonomie Summen-Spiel, Hegemonie Summen-Spiel (Konflikt, Koop., Krise) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Übung: Wie ließe sich die Entstehung des US-geführten Bretton-Woods-Systems mit IPÖ-Theorien erklären? Merkantilistischer Liberalismus Historischer Realismus Strukturalismus Bretton Woods Siegermacht USA: nationales Kooperative, kollektiv- Antwort auf tiefe Krise Interesse Weltwirtschaft an gemanagte des kapitalistischen eigenes ökonomisches Weltwirtschaftsordnung Akkumulationsprozesses Modell zu binden; als Win-Win-Situation und auf Klassenkonflikt geopolitische Konfrontation nach 2. WK und reagierende Sicherung Offenlegung von der Dominanz des liberal- Interdependenz kapitalistischen Zentrums Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Autonome Entwicklungspfade im ‚Globalen Süden‘  Importsubstitution in Lateinamerika  Abhängigkeit von Zentren im Norden soll vermieden werden  Aufbau eigenständiger Industriesektoren  Entwicklungsstaaten in Asien  geschützter Aufbau eigener Industriestrukturen  zentrale industriepolitische Planung  Öffnung zum Weltmarkt  Beide: Vorrang nationaler Entwicklung ggü. global-universalen Normen  Forderung einer Neuen Weltwirtschaftsordnung (NWWO) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Krise und Ende des Bretton-Woods-Systems 1971-1973  Aufholprozesse Westeuropas und Japans schwächen ökonomische Position der USA; weltwirtschaftliches Wachstum, Zunahme US-amerikanischer Verschuldung im Zuge des Vietnam-Kriegs sowie die Entstehung von „Eurodollar-Märkten“ erhöhen das Umlaufvolumen an US-Dollar, die nicht mehr von den Goldreserven gedeckt sind  1971: Aufkündigung der Golddeckung  1973: Aufhebung fester Wechselkurse  Aber: Fortbestand der anderen Institutionen (IWF, WB, GATT) Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 (3) Krise und Ende des Bretton-Woods-Systems 1971-1973  Weltwirtschaft verlangsamt Wachstum ab Ende 1960er Jahre verstärkt durch die Unsicherheit wg. Dollar, Ölpreiskrise 1973, Preissteigerungen (Inflation) und den Implikationen für Welthandel  Aufkommen von Neomerkantilismus und nationalen Krisenstrategien (Staat)  Zunahme an wilden Streiks für höhere Reallöhne (Arbeit)  geringere Gewinne für Unternehmen (Kapital)  Mobilisierung von Fraktionen, die für mehr “Verbesserung” einstehen  Reform der Wirtschaftsordnung: Neoliberalismus Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 Take-home messages  Fordismus und in ein in multilaterale Ordnung ‚eingebetter Liberalismus‘ erzeugen zwischen 1945 und 1973 den „kurzen Traum immerwährender Prosperität“ (Lutz 1984)  Periode transformiert Konsum- und Produktionsweise und etabliert eine ‚kapitalistische Weltwirtschaft‘ auf Grundlage kooperierender nationaler Wohlfahrtsstaaten unter US-Hegemonie  Historischer Kompromiss zwischen ‚Behausung‘ und ‚Verbesserung‘, zwischen Kapital und Arbeit, der in den 1970er Jahren beginnt brüchig zu werden Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025 „15 Minuten für“ … „Entwicklungsländer” und der Kampf um eine „neue Weltwirtschaftsordnung“ Einführung in die IPÖ | Wintersemester 2024-2025

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