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Summary
This document discusses various aspects of legal and political philosophy. It examines the concepts of legitimacy of law and the state and delves into different theoretical approaches regarding human nature and its relation to law and order. Ancient Greek thinkers, like Aristotle, are explored in relation to their concepts of polis and the perfect community, and later thinkers such as Hobbes and Nussbaum are discussed for their critical views.
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Rechtsphilosophie Legitimation von Recht und Staat in rechtlichen Verhältnissen leben → Herrschaft des Rechts unterworfen sein sich an Normen orientieren zu müssen, die man selbst nicht unmittelbar gestaltet hat → Zumutung: widersprechen evtl. den eigenen Vorstellungen darüber,...
Rechtsphilosophie Legitimation von Recht und Staat in rechtlichen Verhältnissen leben → Herrschaft des Rechts unterworfen sein sich an Normen orientieren zu müssen, die man selbst nicht unmittelbar gestaltet hat → Zumutung: widersprechen evtl. den eigenen Vorstellungen darüber, was gerecht ist Chance, selbst Rechtsverhältnisse zu gestalten: - Staatsbürger: Wahlen → mittelbare Möglichkeit der Teilhabe an der Staatswillensbildung - im Verhältnis zu Mitbürgern: Vertragsfreiheit → Gestaltungsmöglichkeiten (mit erheblichen Einschränkungen) Beginn jeder Rechtsphilosophie: Frage danach, wie man menschliche Verhältnisse als Rechtsverhältnisse einrichtet - geht von politischer Anthropologie aus: Vorstellung davon, wie Menschen sind und was ihnen zuzutrauen ist (Wesensbestimmung des Menschen) - Natur des Menschen: daraus ergibt sich Begründung ▪ ob und warum Recht nötig und legitimierbar ist ▪ für Präferenz für bestimmte Form der Organisation von Recht & Staat - je nach Perspektive/Gegebenheiten (historisch, lokal, religiös, kulturell) → unterschiedlich beginn der Neuzeit: Religionskriege → Ausgangspunkt für völlige Neudeutung der Legitimation staatlicher Herrschaft Wege zur Republik: Aristoteles Anfang der Rechtsphilosophie: wozu sind Menschen fähig (im Guten wie im Schlechten) → was ergibt sich daraus für Regularien Aristoteles (364 – 322 v. Chr.): Politiká (Politik) - Mensch = politisches Wesen, das gar nicht anders kann, als mit anderen Menschen zusammenzuleben - → Mensch ist nicht dazu fähig, alleine zu leben: würde menschliche Bestimmung verfehlen - Besonderheit der Menschen (im Gegensatz zu den Tieren): Vernunft ▪ instrumentelle Vernunft: Mensch ist imstande, technische Herausforderungen zu meistern ▪ praktische Vernunft: Mensch kann Gut und Böse voneinander unterscheiden kann Gutes erkennen und sich dafür entscheiden und dementsprechend handeln Möglichkeit, sich für böse Taten zu entscheiden → Konfliktcharakter des menschlichen Zusammenlebens - → herausragender Stellenwert: menschliche Kooperation Recht in der Polis Problematik menschlicher Konflikte: Zusammenleben bedarf verbindlicher Regeln - Regeln, die Menschen dazu verpflichten, das für die Gemeinschaft Gute zu tun → im Zusammenleben miteinander möglich, gutes, gelungenes, glückliches Leben zu führen - idealer Ort: Polis (griechischer Stadtstaat) möglich, das für die Gemeinschaft Gute zu erkennen und in rechtliches Regelwerk zu gießen Recht, Moral und Gerechtigkeit bilden eine Einheit: das moralisch Richtige fällt mit dem rechtlich Gebotenen zusammen Vorstellung, dass Menschen durch rechtliche Verpflichtung auf das dem Zusammenleben Zuträgliche (das Gute und Richtige), dazu gebracht werden können, selbst gut zu werden nicht absolute Gutheit: Vorhandensein von bürgerlichen Tugenden Religion spielt keine Rolle: - Recht ist bei Einübung guten Verhaltens der Bürger in Polis auf sich allein gestellt - Recht wird aufgrund seiner Verbindung mit Gerechtigkeit zugetraut, dieses Ziel zu erreichen Thomas von Aquin (Mittelalter): - spezielle Qualität des Rechts: Recht wohnt sittenbildende Kraft inne - Macht der Gewohnheit: Menschen versuchen, durch rechtskonformes Verhalten, Strafen zu vermeiden → verinnerlichen zunehmend einschlägige Normen - Recht und Moral als Einheit Staats- und Regierungsformen in der Polis rechtliche Herrschaft institutionalisieren Lehre von verschiedenen Staatsformen: - Unterschied nach Qualität: ▪ Gutheit der Staatsformen ergibt sich daraus, ob sie am Gemeinwohl orientiert und jenen zuträglich sind, die beherrscht werden ▪ schlechte Staatsformen nutzen bloß den Herrschenden - Unterschied nach Anzahl der (männlichen) Herrschenden: einer/mehrere/alle → gute Staatsformen: ▪ Monarchie ▪ Aristokratie → schlechte Staatsformen: ▪ Oligarchie ▪ Demokratie Demokratie: - entartet zur Herrschaft des Pöbels - Pöbel: ▪ lässt sich von Empfindlichkeiten treiben ▪ gerät zu leicht in Fänge von Demagogen: charismatische Führungspersönlichkeiten gelangen aufgrund ihrer mitreißenden Art an die Macht ködern Bevölkerung mit Versprechen halten Versprechen nicht ein nützen Macht zu ihrem eigenen Vorteil und zugunsten ihrer Gefolgsleute → despotisch - Gefahr insbesondere in städtisch geprägten Demokratien - elitistischer Vorbehalt gegen Menschen, die nicht viel besitzen: charakterlich nicht über den Weg zu trauen → wirtschaften nur in eigene Tasche, wenn sie an der Macht sind ▪ in allen Staaten gibt es die sehr Reichen, die sehr Armen und die in der Mitte ▪ Maß und Mitte am besten: mittlerer Besitz unter allen Glückgütern am besten ▪ Mitte gehorchen am leichtesten der Vernunft ▪ die ganz Reichen fügen Unrecht zu, um andere zu erniedrigen und werden zu Verbrechern großen Stils ▪ die ganz Armen werden zu Spitzbuben, die andere übervorteilen und zu Übeltätern kleineren Formates gelungene Staatsform: - muss von Besitzbürgern mit mittlerem Wohlstand getragen sein - Kultivierung der politischen Tugend und sittlichen Reife → handeln zum Besten der Polis - Besitzbürger: ▪ herrschen über ihre Haushalte und haben möglichst wenig mit alltäglicher Arbeit der Verwaltung ihrer Besitztümer zu tun ▪ können sich Philosophie und Politik vollumfänglich widmen ▪ herrschen in und über Polis als Frei und Gleiche ▪ wechseln sich in politischen Ämtern ab - geht immer nur kleine Gruppe von freien, gleichen Bürgern politischen Geschäften nach → durch Wechsel wird Verfestigung von Machtstrukturen vermieden - Mischform auf Demokratie und Oligarchie → Politie ▪ gelungen, wenn Politie als Oligarchie und als Demokratie gesehen werden kann ▪ negative Effekte der jeweiligen Formen werden aufgehoben, wenn ihre sinnvollen Aspekte miteinander kombiniert werden ▪ Oligarchie: Idee der ökonomischen Unabhängigkeit der Besitzbürger → abgeschwächte Form des Reichtums (Ziel der Oligarchie) Zahl der unmittelbar an Regierung beteiligten Personen begrenzt: gelangen per Wahl in Funktionen ▪ Demokratie: Prinzip der Freiheit Idee, dass alle Bürger an politischer Macht teilhaben sollen (aber nicht gleichzeitig → Ämterrotation) Kritik und Rezeption – Aktualisierung bei Martha Nussbaum Aristoteles: - Menschen von Natur aus unterschiedlich → Ableitung bestimmter Herrschaftsverhältnisse - Verteidigung der Versklavung von Menschen Verweis auf Natur: manche Menschen von Natur aus zum körperlichen Arbeiten geboren uns deren Körper muss despotisch beherrscht werden - Frauen Angehörige des geringwertigen Geschlechts, das männlicher Herrschaft bedarf - Ausschluss der Handwerker, Kaufleute, Bauern aus Bürgerschaf - nur Wohlhabenden ist im politischen Gemeinwesen über Weg zu trauen: so gut situiert, dass sie gar kein Interesse daran haben, Vorteile aus ihrem politischen Amt zu schlagen ▪ in Wahrheit: Kleptokraten (nützen politische Macht aus, um sich finanziell zu bereichern) über alle sozialen Schichten verstreut ▪ modernes Mittel der Kleptokratie: Steuersenkungen für Superreiche rechtsphilosophische Gedanken von Aristotles: - Aktualisierung im christlichen Naturrecht (Thomas von Aquin) - Konzeption des Rechts als System der Sittlichkeit (Georg Wilhelm Friedrich Hegel) - Theorien des Kommunitarismus (knüpfen an Aristoteles und Hegel an): ▪ heben Einbettung des Menschen in Gemeinschaften hervor ▪ richten sich gegen moderne Tendenzen der Individualisierung ▪ betonen, welche Pflichten sich daraus ergeben, dass Menschen einander über gemeinsame Konzeption des guten Lebens in engen Gemeinschaften verbunden sind ▪ Anliegen, Traditionen zu bewahren ▪ Betonung von Tugenden Martha Nussbaum (zeitgenössisch): - Menschen sollen unter Bedingungen leben, in denen sie ihre Fähigkeiten (capabilities) möglichst gut entwickeln können - Frage nach gutem Leben (Grundlage: Theorie menschlicher Bedürfnisse → starke vage Konzeption des Guten) - Bedingungen, die das Menschsein ausmachen: ▪ Gebürtlichkeit und Sterblichkeit im menschlichen Körper ▪ Erleben von Freude und Schmerz ▪ theoretische und praktische Vernunft ▪ Verbundenheit mit anderen Menschen, Tieren, der Natur ▪ Lust an Spiel und Humor - Aufgaben, die innerhalb des Staates zu gewährleisten sind: ▪ Menschen sollen sich guter Gesundheit erfreuen können und nicht frühzeitig sterben müssen ▪ unnötiger Schmerz soll vermieden werden ▪ Aufnehmen von Bindungen ist zu fördern ▪ Fähigkeit von Menschen, eigene Vorstellungen vom Guten zu entwickeln und sie zu hinterfragen, ist zu fördern → für viele Lebensmöglichkeiten offene Konzeption des guten Lebens: Grundlage der Theorie der Gerechtigkeit - Gewährleistung von Ermöglichungsbedingungen für ein erfülltes Leben in einer Gesellschaft Staat als Frucht der Furcht: Leviathan von Thomas Hobbes Thomas Hobbes (1588 – 1679): ausgesprochener Gegenspieler klassischen antiken Denkens frühe Neuzeit: Phase großer Unsicherheit religiöse Konflikte in Europa, kleine Eiszeit (→ Ernteausfälle, Hungersnöte), Pest Denken geprägt von Furcht vor dem, was Menschen einander regelmäßig antun Konfliktcharakter menschlichen Zusammenlebens als Ausgangspunkt Hobbes Überlegungen Naturzustand Menschen im Naturzustand Gedankenexperiment des Naturzustands: Situation in die Menschen geraten würden, wenn es Recht und Staat nicht gäbe Naturzustand: keine rechtlichen Regeln, Institutionen, Verfahren, staatlichen Organe → Leben dem Untergang geweiht Keim des Verderbens: Menschen selbst → nicht imstande, im Frieden miteinander zu existieren Menschen: - selbstbezogene Wesen, die ihre Mitmenschen primär als Konkurrenten wahrnehmen - vollkommen frei - unspezifisches Recht auf alles - gehen ihren Trieben nach: ▪ streben nach Selbsterhaltung ▪ verlangen nach Glück was Menschen als für sie Gutes wollen: individuell → keine Kriterien Menschenbild von Hobbes: - kausal-mechanisch - geprägt von Ursache und Wirkung Verfolgung ihrer Interessen: Menschen kommen einander permanent in die Quere - bekämpfen einander mit Gewalt - →Krieg aller gegen alle - Recht auf alles verkümmert zum Recht auf nichts → Menschen leben in ständiger Angst vor dem Tod Rettung durch Unterwerfung unter einen Gesellschaftsvertrag Leviathan: Staatsmacht, der sich die Menschen aus Verzweiflung (Todesangst und Überlebensdrang), in einem untereinander abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag unterwerfen, um dem Krieg aller gegen alle zu entrinnen Schwert der weltlichen Herrschaft + Bischofsstab → darf innerhalb des Staates keine weiteren Instanzen geben, die Regeln für menschliches Handeln aufstellen Frage der Gerechtigkeit vollkommen im Staat aufgehoben: was durch rechtliche Regeln verfügt wird, ist gerecht → daneben gibt es nichts Freiheit wird gegen Sicherheit getauscht menschliche Gedanken sind der staatlichen Macht nicht ganz verfügbar Menschen genießen die Früchte ihres Fleißes Kultur floriert importierte Waren werden gehandelt möglich, die Welt zu erkunden möglich, Wissenschaft zu betreiben möglich, Kunst und Literatur zu pflegen keine Angst vor gewaltsamem Tod Menschen sollen sich einiger Freiheiten erfreuen und die Möglichkeiten ergreifen können, welche die aufstrebende Marktwirtschaft bietet Kritik und Rezeption – Radikalisierung bei Carl Schmitt Carl Schmitt: Kronjurist des Nationalsozialismus, zentraler Staatsdenker des Dritten Reichs Menschenbild: - Menschen: gefährliche Wesen, die Führung brauchen - das Politische durch Grundunterscheidung zwischen Freund und Feind charakterisiert - nur unmittelbar Betroffene können extremen Konfliktfall unter sich ausmachen: jeder von ihnen kann nur selbst entscheiden, ob Anderssein des Fremden ▪ die Negation der eigenen Art der Existenz bedeutet ▪ abgewehrt und bekämpft wird, um eigene seinsmäßige Art von Leben zu bewahren Gedanken zur Demokratie: - beruht auf Homogenität → Identität zwischen Regierenden und Regierten - Wahlen: künstliche Maschinerie - Volkswille kann sich eher durch Zuruf (acclamatio)/durch selbstverständliches, unwidersprochenes Dasein zum Ausdruck bringen - Diktatur scheint als wahre Demokratie - Menschen bedürfen starker Führung → am besten durch Diktator - Ausgrenzung von allem, was (existenziell) fremd ist - Homogenität wird hergestellt durch Ausscheidung/Vernichtung des Heterogenen - politische Kraft einer Demokratie: erweist sich darin, dass sie das Fremde und Ungleiche, die Homogenität Bedrohende beseitigt/fernhält - Pathos der Entscheidung: gegen Unkultur pluralistischer Diskussion in liberalen Demokratien Ausnahmezustand: erweist, wer Souverän ist und wer Macht im Staat an sich reißen vermag totaler Staat: - Kapazität, Homogenität tatsächlich herbeizuführen - Nationalsozialismus: Identität des Volkes als Artgleichheit → hergestellt durch rassistischen Ausschluss der jüdischen Bevölkerung, Sinti und Roma, Homosexuellen - Bündelung neuer Informationstechnologien: Staat muss diese in Hand nehmen, um Massen zu beeinflussen → Herstellung kollektiver Meinung Motive (heutiger) autokratischer Strömungen: - massive in Frage Stellung von Liberalismus und Rechtsstaat - Law and Order zelebriert - Unterdrückung von Pluralismus - Gleichsetzung von politischer Opposition und Verrat: politischer Kontrahent → Feind - kritische Medien → Volksfeind Hobbes: Menschen sind Staat gegenüber entrechtet und ihm ausgeliefert, solange er nur seine Friedensmission erfüllt Staat zum Schutz angeborener Rechte: John Locke John Locke (1623 – 1704): Two Treatises on Government (1689), Letter Concerning Toleration (1689) Aufgaben und Grenzen der Staatsgewalt will Menschen von Fesseln des intoleranten, unterdrückerischen Staates und dem Würgegriff der Kirche befreien, die Macht über Leben und Eigentum von Menschen beanspruchen zentraler Denker der liberalen politischen Philosophie Naturzustand und Naturgesetz Abfolge von Naturzustand und Gesellschaftsvertrag Naturzustand: - jeder Mensch Eigentümer seiner selbst → darf keiner Herrschaft unterliegen - Menschen haben Freiheit, unschuldigen Vergnügen nachzugehen - zwei grundlegende Fähigkeiten: ▪ vermögen innerhalb des Naturgesetzes für eigene Erhaltung und jener anderer zu sorgen ▪ Macht zur Vollstreckung des Naturgesetzes - Naturgesetz: ▪ wechselseitige Achtung von Leben, Freiheit und Eigentum unter den Menschen ▪ einziger Grund einer Legitimation von individuellen Eingriffen in Schutzgüter: Rechtsbrecher zur Rechenschaft ziehen wer in Rechte anderer eingreift, hat zum Ausdruck gebracht, nach anderen Regeln als dem Gesetz der Natur zu leben - wesentliches Definitionsmerkmal: ▪ Feststellung eines Rechtsbruchs und Vollstreckung des Naturgesetzes bleiben ausschließlich der Selbstjustiz überlassen → Problem: wer von Unrecht betroffen ist, verfällt bei Missetaten leicht in Egoismus, Parteilichkeit, Leidenschaft, Rachsucht → unweigerliche Eskalation: Kriegszustand ▪ dauert an, solange keine positiven Gesetze und kein Gericht existieren, an das sich Betroffene wenden können ▪ immer größeres Problem, je größer soziale Unterschiede zwischen Menschen werden (umso mehr nach Einführung des Geldes) ▪ → Spannungen steigen → einziger Ausweg: Gesellschaftsvertrag (Menschen vereinbaren wechselseitig, politischen Körper zu bilden) Gesellschaftsvertrag mit einem Twist: Absicherung durch Widerstandsrecht Transformation der natürlichen Freiheit (allein dem Gesetz der Natur zu unterstehen) in politische Freiheit (Freiheit der Person in Gesellschaft) durch den durch Gesellschaftsvertrag geschaffenen politischen Körper → braucht Recht Gesetze: vernunftmäßige Lenkung von Menschen in ihrem eigenen Interesse politische Freiheit im Staat: - im Rahmen der Gesetze frei über eigene Person und ihr gesamtes Eigentum verfügen - nicht der Willkür anderer Personen ausgeliefert sein - Menschen unterstehen nur jener gesetzgebenden Gewalt, die durch Gesellschaftsvertrag begründet worden ist - Menschen sind nur jenen Gesetzen unterworfen, die von der dazu beauftragten Legislative erlassen wurde Gewaltenteilung: - Macht, die in Institutionen des politischen Körpers gebündelt wird, soll gebändigt werden - Trennung von Legislative und Exekutive - Legislative: schafft generell-abstrakte Normen, die vorgeben, wie im Konfliktfall vorzugehen ist - unabhängige Richter: Beurteilung von Einzelfällen - Bindung beider Gewalten an natürliche Freiheitsrechte - Bindung der Exekutive an von der Legislative erlassenen Gesetze - Staat: ▪ muss stark genug sein, um destruktive Tendenzen der Menschen in Zaum zu halten ▪ muss Menschen die Möglichkeit geben, sich innerhalb der Grenzen des Rechts zu entfalten ▪ durch Gesellschaftsvertrag dazu verpflichtet, das vom Naturgesetz vorgegebene Recht auf Leben, Freiheit, Eigentum zu schützen Übergang von Naturzustand zum Gesellschaftsvertrag: Menschen geben ausschließlich Kompetenzen zur individuellen Durchsetzung ihrer natürlichen Rechte auf, nicht die Rechte selbst Menschen müssen Rechte gegen Staatsgewalt haben → Widerstandsrecht: - wenn der Staat Gesellschaftsvertrag bricht und tyrannisch wird - Wissen um Bestehen eines solchen Rechts: motiviert Inhaber der Herrschaftsgewalt, Rechte der Menschen zu respektieren → keinen Grund zur Revolte geben, verbürgt Frieden im Staat - steht nur dann tatsächlich im Raum ▪ wenn Obrigkeit ungesetzliche Handlungen gegen großen Teil des Volkes richtet ▪ wenn ungesetzliche Handlungen der Obrigkeit unmittelbar kleinen Teil der Bevölkerung betreffen und gefährliches Präjudiz darstellen → mittelbare Gefährdung der Rechte aller Ablehnung der Einsetzung eines absoluten Souveräns → Naturzustand würde andauern - Souverän hätte alle Rechte - Rechtsunterworfene hätten gar keine Rechte → wären staatlicher Gewalt hilflos ausgeliefert Radikalisierung bei Robert Nozick: Libertarismus und Neoliberalismus Denker in Lockeschen Tradition: Theorien des Libertarismus und Neoliberalismus Betonung des immensen Stellenwerts des individuellen Eigentums zentrale Rolle des Markts möglichst minimaler Staat staatliche Maßnahmen der Umverteilung: hoch problematisch Robert Nozick: jeder Mensch ist Eigentümer seiner selbst und niemand darf gegen seinen Willen über ihn verfügen Ausgangspunkt historisch ansetzende Anspruchstheorie der Gerechtigkeit: - Eigentum darf nicht ungerecht angeeignet worden sein - Eigentum darf nicht ungerecht übertragen worden sein - auf ungerechten Bereicherungen beruhende Besitzverhältnisse sollen korrigiert werden gegen Grundsätze der Anspruchstheorie wurde nicht verstoßen → Ergebnis der Verteilung spielt keine Rolle: - egal wie groß materielle Ungleichheit ist, es ist nicht Aufgabe des Staates, korrigierend einzugreifen - Verletzung der Rechte, wenn Person durch Staat gezwungen wird, von ihrem Vermögen/Einkommen etwas abzugeben - Ausnahme: Vermögensverschiebungen zur Korrektur von historischen Ungerechtigkeiten → Besteuerung von Arbeitsverdiensten → Zwangsarbeit Ungereimtheiten: - Steuern werden nicht zur Umverteilung eingehoben: auch Minimalstaat (staatliche Einrichtungen, Gesetzgebung, Gerichtsbarkeit, Polizei, Militär, Infrastruktur) muss finanziert werden - Grundsatz der Berichtigung ungerechter Besitzverhältnisse: geradezu Auftrag zu groß angelegter Umverteilung - von libertären Theorien in Markt gesetztes Vertrauen fragwürdig: ▪ globale Finanz- und Wirtschaftskrisen ▪ Markt verursacht Ungerechtigkeiten ▪ Markt institutionalisiert Ausbeutungsverhältnisse ▪ Markt schafft für Menschen Risiken, die auszugleichen Aufgabe des Staates ist Neoliberalismus: - primär wirtschaftsbezogen - Devise: mehr Markt, weniger Staat - in seinem Zeichen ab 1980er: ▪ umfassende Privatisierung verstaatlichter Unternehmen ▪ zunehmender Abbau sozialstaatlicher Verbürgungen ▪ Zurückdrängung der Macht der Gewerkschaften ▪ Ronald Reagan ▪ Margaret Thatcher: „so etwas wie eine Gesellschaft existiert nicht“ Staat der Citoyens: Jean-Jacques Rousseau Alternative zu Lockes Überhöhung des Besitzbürgertums: Jean-Jaques Rousseau (1712-1778) Diskurs über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen (1755), Gesellschaftsvertrag (1755): Kritik an Verhältnissen im frühindustriellen Zeitalter Geschichtlichkeit im Naturzustand Naturzustandskonzeption: komplexe Struktur, die auf Geschichtlichkeit menschlicher Existenz verweist erste Phase: goldenes Zeitalter - Menschen leben glücklich nebeneinanderher - Mensch beginnt als homme sauvage - elementare Triebe des Menschen: ▪ unschuldige Selbstliebe (amour de soi): Selbstverhältnis im Naturzustand ▪ Mitleid (pitié): sozialer Trieb - homme sauvage lebt in Isolation im Einklang mit der Natur - „sorge für dein Wohl mit so wenig Schaden für andere wie möglich“ - Verbindung mit Kritik an Hobbes: ▪ Hobbes hat dem homme sauvage Bedürfnisse zur Befriedigung von Leidenschaften zugeschrieben, die erst in Gesellschaft auftauchen → Hobbes verfehlt ursprüngliche Natur des Menschen ▪ in erster Phase des Naturzustandes haben Menschen keinen Hunger um des Hungers willen Umwelt ändert sich: Natur wird feindseliger (Dürren, Überschwemmungen) und bietet homme sauvage nicht alles, was er zum Überleben braucht → gezwungen, sich mit anderen zusammenzutun und mit ihnen zu kooperieren → zweite Phase: Jugend der Welt - Sesshaftwerdung: Familien, Dorfgemeinschaften - Selbstliebe verwandelt sich in Eigenliebe (amour propre): Menschen sidn sich selbst nicht mehr genug → bedürfen der Anerkennung durch andere - Erweiterung des sozialen Triebs: ▪ Mitleid ▪ Gattenliebe ▪ Elternliebe - richtige Mitte zwischen Trägheit des ursprünglichen Zustands und ungestümen Aktivität der Eigenliebe Eigentum (an Grund und Boden): zentrale Rolle für weitere Entwicklung → letzte Phase: - Besitzbürger in Konkurrenz- und Klassengesellschaft - feindselige Abhängigket voneinander - amour propre verwandelt sich in zerstörerischen Trieb - Arbeit: auf Zukunft gerichtete Produktion - Menschen: ▪ streben zu immer neuer Bedürfnisbefriedigung und Interessensverwirklichung über das Erreichte hinaus ▪ sind mit nichts mehr zufrieden ▪ streben danach, mehr zu besitzen als die anderen - bürgerliche Gesellschaft als Verfallsgeschichte - leben unter Gesellschaftsvertrag, aber Naturzustand hält an: ▪ Gesellschaftsvertrag stellt sich bloß der Ungleichheit unter den Menschen ▪ formale Rechtsgleichheit begründet wechselseitige Einschränkung der Willkür → beendet Zustand einander bekämpfender Privatinteressen nicht ▪ Sichern von Frieden und Überleben, Gewährleistung des Privateigentums nicht genug Gesellschaftsvertrag: direkte Demokratie und Gemeinwille (volonté générale) Notwendigkeit einer Verbindung unter den Menschen, die die geschichtlich gewordene Konkurrenz- und Klassengesellschaft überwindet Gesellschaftsvertrag: beruht auf gänzlich anderen Grundlagen (als bei Hobbes, Locke) → soll ermöglichen, dass Menschen sich in Freiheit entfalten - Person und Vermögen eines jeden Mitglieds soll verteidigt und geschützt werden - jeder soll sich mit allen vereinigen - jeder soll nur sich selbst gehorchen und genauso frei bleiben wie zuvor Bürger müssen erst dazu motiviert werden, ihre korrumpierte Natur als bourgeois hinter sich zu lassen Gesetzgeber (législateur): - erlässt Verfassung - mythische Figur: Autorität, die ohne Gewalt mitreißen und ohne zu überreden überzeugen kann → Bürger werden dazu bewegt, natürliche Freiheit gegen politische Freiheit einzutauschen (aliénation totale): vollkommene Entäußerung an Gemeinschaft → Entstehung einer sittlichen Gesamtkörperschaft: - direkt demokratisch - Gesetzgebung wird als Gemeinwille (volonté générale) gefasst - Gemeinwille muss Ausgang von allen (männlichen) Bürgern finden → so kann er sich auf alle beziehen - Bürger: Inhaber unveräußerlicher Souveränität → Übertragung der politischen Willensbildung auf Repräsentanzen kommt nicht infrage - nur auf kleine politische Gebilde anwendbar, in denen Bürger tatsächlich zusammenkommen können - soziale Unterschiede zwischen Menschen darf nicht zu groß sein: ▪ kein Bürger darf derart vermögend sein, dass er sich einen anderen kaufen könnte ▪ kein Bürger darf so arm sein, dass er gezwungen wäre, sich zu verkaufen → Begüterte müssen sich bezüglich Vermögen und wirtschaftlicher Macht mäßigen → sozial Schwache müssen sich in Neid und Begehrlichkeit mäßigen - wesentliche Voraussetzung für Realisierung des Gemeinwillens: Vernunft und Vaterlandliebe → stehen diese nicht im Vordergrund, kommt nur Gesamtwille (volonté de tous) zustande Radikalisierung der sozialen Frage bei Marx Karl Marx (1818-1883): radikalisiert Rousseaus Sensibilität und damit einhergehende Macht- und Herrschaftsverhältnisse Mitte des 19. Jahrhunderts: - wirtschaftliche, technologische Entwicklung → soziale Frage hat höchste Dringlichkeit - Massenverelendung, galoppierender Kapitalismus → stärken Arbeiterbewegung den Rücke) Gesellschaft: von Ausbeutung und Entfremdung geprägte Klassengesellschaft Masse der arbeitenden Bevölkerung wird unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten von jenen ausgebeutet, die Eigentum an Produktionsmitteln haben Gerechtigkeit: - bürgerliches Ideal: dient bloß dazu, dem Recht den Schleier der Legitimität umzuhängen - Recht wird von herrschender Klasse bloß zur Stabilisierung der Klassenherrschaft eingesetzt - gehört wie das Recht zum gesellschaftlichen Überbau (beinhaltet juristische, politische, religiöse, künstlerische und philosophische Ideen einer Gesellschaft) - jegliche Rede von sozialer Gerechtigkeit ist durch ihre Verbindung mit der Ideologie des Besitzbürgertums illegitim Ausbeutung der Arbeiterschaft erfolgt durch Aneignung des Mehrwerts ihrer Arbeitskraft → tiefe Entfremdung der Menschen von sich selbst → kapitalistische Produktionsweise muss zusammenbrechen → ideale Zukunft: klassenlose Gesellschaft - bedarf einer proletarischen Revolution → Vergesellschaftung der Produktionsmittel - Arbeitsteilung (Form der knechtenden Unterordnung) soll verschwinden - klassenbedingte Interessensgegensätze sollen verschwinden - optimale Entwicklung der Produktivkräfte → kein Mangel mehr → kommunistische Gesellschaft: jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen - Recht hat keinen Platz (als Instrument der Ausbeutung und Unterdrückung) → nur zur Verwaltung von Sachen Revolutionen, die in kommunistische Regime mündeten: - kein neues goldenes Zeitalter - neuer Mensch sollte in utopische Welt ohne Mangel und Interessensgegensätze verfrachtet werden - Millionen ermordet, ausgebeutet, verschleppt - Umerziehungslager: durch Arbeit auf den Pfad der kommunistischen Tugend gebracht - Verzicht auf Menschenrechte Staat als Garant gleicher Freiheit: Immanuel Kant Immanuel Kant (1724-1804): Freiheitsdenken der Aufklärung komplexes Menschenbild: - Menschen zeichnen sich durch ihre Autonomie aus - haben die Fähigkeit und sind dazu aufgerufen, ihr Leben selbst zu bestimmen (unabhängig von Befehlen anderer) - Menschen sind in ihrer Freiheit fehlbar - menschliche Freiheit: Segen und Bürde → zwingt sie, ihr Leben selbstverantwortlich in die Hand zu nehmen - Freiheitssphären der Menschen sind nicht aufeinander abgestimmt: ▪ kommen einander in die Quere ▪ greifen wechselseitig in ihre Freiheit ein → Menschen kommen ohne verbindliche Regelungen nicht miteinander aus Recht in seine grundlegenden Freiheitsbezug Rechtslehre: Konzeption des Rechts, die ganz grundsätzlich auf Freiheit bezogen ist Freiheit: - Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür, soweit sie mit jedes anderen Freiheit nach allgemeinem Gesetz zusammenpasst - einziges, ursprüngliches, jedem Menschen (kraft seiner Menschheit) zustehendes Recht Definition des Rechts: Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit vereinigt werden kann bedarf des Rechts, um zu verbürgen, dass menschliches Handeln zu echtem Freiheitshandeln wird wenn jede Person die Freiheit der anderen achtet frei sind Menschen als Mensch Ablehnung des staatlichen Paternalismus: - Verbot, jemandem bestimmte Art des guten Lebens/bestimmten Weg zum Glück aufzuzwingen → individuelle Kompetenz und Verantwortung, eigene Glückseligkeit zu realisieren - Staat darf Rechtssubjekte nicht wie unmündige Kinder behandeln gleich sind Menschen als Untertanen, die untereinander Zwang nur mit Mitteln des Rechts ausüben dürfen rechtlicher Zwang kann nur mit Bezug auf Ermöglichung gleicher Freiheit gedacht werden: soll Hindernisse für menschliche Freiheit aus dem Weg räumen (doppelte Negation → rechtlicher Zwang stellt einem Hindernis für menschliche Freiheit ein Hindernis entgegen) Selbstständigkeit der Bürger: - Voraussetzung dafür, am gesetzgebenden Willen teilzuhaben - Grundlage: Ausstattung mit Eigentum vereinigter Volkswille als Probierstein der Gesetzgebung Konzeption von Recht und Staat Bildung des Volkswillens: prinzipiell nicht real- demokratisches geschehen ursprünglicher Vertrag: - Grundgesetz - entspringt aus allgemeinem (vereinigten) Volkswillen) - bloße Idee der Vernunft - unbezweifelte (praktische) Realität: verpflichtet jeden Gesetzgeber ▪ Gesetze so zu gestalten, als ob sie aus einem vereinigten Willen eines ganzen Volkes haben entspringen können ▪ jeden Untertanen so anzusehen, als ob er zu einem solchen Willen mitgestimmt habe → Probierstein der Rechtmäßigkeit eines jeden öffentlichen Gesetzes - realisiert: Republik → charakterisiert durch ▪ Rechtsstaatlichkeit im Sinne der rechtlichen Bindung staatlicher Gewalt ▪ Gewaltenteilung lehnt Widerstandsrecht ausdrücklich ab: - Volk kann Staatsoberhaupt kein gleichberechtigter Gegenpart sein - gäbe keinen Richter, der im Konfliktfall zwischen den beiden entscheiden könnte → völlige Gesetzlosigkeit droht, würde das Staatswesen in Chaos stürzen Volk hat unverlierbare Rechte gegen Staatsoberhaupt ist an regulative Idee des vereinigten Willens des Volkes gebunden - können keine Zwangsrechte sein - Untertanen haben Befugnis, ihre Meinung öffentlich kundzutun - können versuchen, Oberherrn umzustimmen - Freiheit der Feder: einziges Palladium (Unantastbares) der Volksrechte Staat und das Volk von Teufeln muss möglich sein, Staat zu konzipieren, der selbst für Volk von Teufeln funktioniert, solange sie Verstand haben: Intelligenz und Selbstinteresse reichen vollkommen aus guter Charakter darf Menschen nicht aufgezwungen werden können → kann nur als eigene Leistung der einzelnen Person gedacht werden Herrscher ist seinen Untertanen nicht überlegen Recht und Moral: streng voneinander zu trennen Pointe: Menschen sind, wie sie sind, nicht wie sie sein sollen Gesetzgebung beruht auf Grundlagen einer republikanischen Verfassung Zivilgesellschaft wacht über Gewährleistung gleicher Freiheit im Rahmen einer diskursiven Vernunftöffentlichkeit mit Kant über ihn hinaus: emanzipatorisches Potenzial von Recht Kants Gleichheitskonzeption: antifeudalistisch durch Geburt erworbene ständische Vorrechte: illegitim Vereinbarkeit von Gleichheit mit verschiedenen Formen der Ungleichheit (vor allem sozioökonomischer Art) unselbstständige Männer: bloße Schutzgenossen → sind Gesetzen unterworfen, ohne sie mitgestalten zu dürfen Kind hat Eltern zu gehorchen Frau hat Mann zu gehorchen (von Natur aus unter/überlegenes Geschlecht): kein Widerspruch zwischen Gleichheit und männlichem Befehlsrecht/weiblicher Gehorsamspflicht Menschenrassen: stehen in hierarchischem Verhältnis zueinander → mit Kant zu denken, kann heute nur bedeuten, über ihn hinaus zu denken Anforderungen, unter welcher Recht steht: Bedingungen zu gewährleisten, unter denen individuelle Entfaltung möglich ist, soweit diese mit Freiheit aller anderen vereinbart werden kann zentraler Maßstab für Kritik am Recht: wenn Freiheit mittels Recht in unzulässiger Weise eingeschränkt wird, lieg es an maßgeblichen Akteuren (in liberalen Demokratien: allen), Kurskorrektur vorzunehmen und Recht emanzipatorisch zu gebrauchen Formen und Grundprinzipien des Rechts weltweit viele Rechtsordnungen im Zeichen gleicher Freiheit nationale Verfassungen enthalten: - Grundprinzipien - Grundrechte - Regeln zum Staatsaufbau - Regeln zu Verfahren der Rechtssetzung staatliche Gewalten agieren im Rahmen der Verfassung bei Rechtsgestaltung und - anwendung → Fokus auf Nationalstaat und seine Rechtsordnung Nationalstaaten stehen nicht einfach für sich → sind in größere rechtliche Zusammenhänge eingebunden: Völkerrecht (Beziehungen zwischen Staaten untereinander), EU, internationale Verträge (z.B. Menschenrechtspakete: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, UN-Menschenrechtspakte, Europäische Menschenrechtskonvention) Grundprinzipien von Verfassungen in rechtsphilosophischer Betrachtung Verfassungen oft mit großem Pathos beschlossen österreichische Verfassung: - sehr schlank, keine Präambel → Zurückhaltung geht auf Hans Kelsen (Schöpfer der Reinen Rechtslehre) zurück → hat österreichische Verfassung geprägt Grundprinzipien: explizit genannt/lassen sich aus Verfassung herauslesen liberales, demokratisches und rechtsstaatliches Grundprinzip liberales Prinzip: - sicher Grund- und Menschenrechte → bestimmte Freiheitssphären - Sicherung individueller Autonomie: Menschen sollen ihre Lebensentwürfe selbst gestalten und ihr Handeln daran orientieren können (frei von staatlicher Intervention) - Meinungsfreiheiz ohne negative Konsequenzen seitens des Staats → Einschränkung des Gesetzgebers demokratische Prinzip: - Möglichkeit jeder einzelnen Person, am Gesetzgebungsprozess mitzuwirken - Bürger einer Demokratie sollen nur solchen Regeln unterworfen sein, an denen sie mitwirken konnten → öffentliche Autonomie individuelle und öffentliche Autonomie: - Aspekte des Prinzips gleicher Freiheit - individuelle Autonomie: alle Menschen haben das gleiche Recht, ein Leben gemäß den eigenen Vorstellungen zu führen - Einschränkungen nur durch allgemeine Gesetze, auf die sich alle Menschen im Rahmen ihrer (gleichen) öffentlichen Autonomie geeinigt haben rechtsstaatliches Prinzip: - Grund- und Menschenrechte unterscheiden sich von moralischen Ansprüchen durch Durchsetzbarkeit Konstitutionalisierung einschlägiger Rechtsansprüche → Durchsetzbarkeit verlangt rechtsstaatliche Verfahren - Rechtsstaatlichkeit steht im Dienst der Demokratie → so kann Volksherrschaft zur Vollendung gebracht werden - Rechtsstaatlichkeit löst allfällige Konflikte zwischen liberalem und demokratischem Prinzip: VfGH (als letztentscheidende Instanz) prüft Gesetze und Verordnungen auf ihre Vereinbarkeit mit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten Grundprinzip der Gewaltenteilung und bundesstaatliches Prinzip Gewaltenteilung: - soll verbürgen, dass staatliches Gebilde in Balance bleibt - zentrale Funktion: Macht im Staat verteilen → Verhinderung gefährlicher Anhäufungen von Macht - Charles de Montesquieu (1689-1755): ▪ unterscheidet zwischen guten und schlechten Systemen der Herrschaf gemäßigte Systeme: Republik, Monarchie Despotie ▪ damit gemäßigte Systeme nicht in Despotie kippen, muss es Vorkehrungen gegen (permanent drohenden) Machtmissbrauch geben ▪ um Ausübung von Macht zu bändigen, bedarf es entgegenwirkender Macht: Mischsystem aus Monarchie mit Elementen der Repräsentation Volk ist fähig, würdige Repräsentanten zu wählen, die in Legislative ihre Interessen vertreten und öffentliche Angelegenheiten beraten ▪ Wahlrecht: männliche Bürger (mit Ausnahmen) ▪ Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive: subtile Ausbalancierung Befugnisse der Exekutive sollen zur Vitalität der Legislative beitragen und verhindern, dass diese despotisch wird Legislative wird durch Veto der Exekutive beschränkt → in amerikanischer Verfassung realisiert - österreichische Rechtsordnung: ▪ Bundespräsident hat verfassungskonformes Zustandekommen von Gesetzen zu beurkunden (Art 47 (1) B-VG) ▪ → auf Prüfung der formalen Voraussetzungen beschränkt - Bündelungen der Macht bei der Exekutive: ▪ in Ausnahmesituationen temporär berechtigt ▪ mit größter Vorsicht zu genießen bundesstaatliches Prinzip: Macht verteilende Funktion Macht im Staat braucht Kontrolle, sonst wird sie missbraucht → wird ums besser kontrolliert, je sinnvoller sie verteilt ist (checks and balances) - Kontrolle staatlichen Handelns: ▪ Rechtsschutzinstanzen ▪ parlamentarische Opposition ▪ Medien ▪ Zivilgesellschaft → institutionalisierte und grundrechtlich ermöglichte Wachsamkeit → Gefüge der Verantwortlichkeit - Vertrauen in Regierung/die von ihr initiierte Gesetzgebung: wenn sie ihrer Tätigkeit transparent und begründet nachgeht Gesetzgebung wesentlicher Ort politischer Gestaltung in Demokratie wird in Gesetzgebung Wille gebildet, der dem Volk zugerechnet wird zentraler Stellenwert dank jahrhundertelanger Entwicklung hin zum Rechts- und Verfassungsstaat (Beginn: Europa) → keine lineare Fortschrittsgeschichte historische Aspekte der Entwicklung hin zum Gesetzgebungsstaat Umwälzungen durch Religionskriege des 16./17. Jahrhunderts in Gang gesetzt → Prozesse der Säkularisierung: politische Gewalt emanzipiert sich zunehmend von religiösem Einfluss Jean Bodin (1529-1596): - Konzept der Souveränität - neuer, formeller Begriff des Friedens im Kontrast zum Bürgerkrieg (nicht mehr als Frieden in der Einheit des Glaubens) - Voraussetzungen für Friedenserhalt: politische Einheit des Landes → nur herzustellen, wenn Befehlsgewalt des Souveräns als oberstes Gesetz geachtet wurde → Souverän sollte Konfessionen zu friedlichem Miteinander bewegen → Konfessionen sollen Souverän als politisch übergeordnete Instanz akzeptieren - Ziel: in Frieden und Sicherheit leben zu können → Verschiebung des Bezugspunkt der Begründung staatlicher Macht vom Streben nach religiös geprägten Summum Bonum hin zur Abwehr des Summum Malum (Krieg und Grausamkeit) souveräne staatliche Macht verdichtet sich im Laufe der Zeit im Nationalstaat (Phänomen der rechtlich organisierten Machtzusammenballung) zunehmende Verdrängung des Gewohnheitsrechts → rechtliche Durchdringung politischer Gebilde (Gesetzesrecht) 1. Strafrechtskodifikationen 2. Zivilrechtskodifikationen (spätes 18. bis frühes 19. Jhdt) ▪ Preußisches Allgemeines Landrecht (1794 → deutsches Bürgerliches Gesetzbuch 1900) ▪ Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (1811) 3. Verfassungen ▪ amerikanische Verfassung (1787) ▪ spätere Konstitutionalisierung Europas ▪ → gehen alle auf Revolutionen/Aufstände zurück - Aufbau der modernen Bürokratie, des Gerichtssystems, der Polizei als Träger der inneren Ordnung → Schaffung der grundlegen Voraussetzungen für Umsetzung sozialsteuernder rechtlicher Regelungen, die Staat durchdringen und Lebensverhältnisse der Bürger gestalten Prozesse der Verrechtlichung immer größere Dichte von rechtlichen Normen mit zunehmender Tiefe (größere Detailliertheit) verschiedene Gründe: - Verbürgung gleicher Freiheit (in soziökonomischer und kultureller Sicht): ▪ Ausbau des Sozialstaates ▪ Erweiterung von Anerkennungsverhältnissen - Gefahrenabwehr: ▪ durch technologischen Fortschritt ▪ durch Menschen untereinander Verrechtlichung im Sozialstaat um Anliegen der Herstellung gerechter Verhältnisse im sich ausbildenden Sozialstaat zu verfolgen soll Realbedingungen gleicher Freiheit gewährleisten Institutionalisierung sozialer Sicherheitssysteme → Antwort auf Unwägbarkeiten des menschlichen Lebens grundlegende sozioökonomische Absicherung Verrechtlichung im Zeichen wechselseitiger Anerkennung wechselseitige Anerkennung der Menschen untereinander Ermöglichung menschlicher Entfaltung auch außerhalb des engen Bereichs der Normalität → Unterstützung verschiedenster Lebensweisen als gleichberechtigt Erweiterung und Vertiefung von Anerkennungsverhältnissen Recht und Moral → Prozess der Entemotionalisierung - Befreiung des Rechts vom Knochengerüst der konventionellen Moral - konventionelle Moral: ▪ eingeübte, nicht hinterfragte moralische Vorstellungen → enge Konzepte vom richtigen menschlichen Zusammenleben ▪ haben lange Zeit unhinterfragt das Recht geprägt - Recht im Geiste gleicher Freiheit → Beseitigung konventioneller Moralvorstellungen, um Raum für rechtliche Anerkennung zu öffnen Verrechtlichung zur Einhegung technologischer Entwicklungen neue Technologien: bieten Chancen → verbunden mit Gefahren Schutz der Menschen, die in zunehmend technologisierte Welt eingebettet sind Schutz der Umwelt Technologie können - an sich gefährden - zur Kollateralschäden führen, due bei Einführung gar nicht absehbar sind Verrechtlichung zur Abwehr von Gefahr unter Menschen Terrorismusbekämpfung Trend in Richtung Versicherheitlichung → teils empfindliche Eingriffe in Grundrechte Gesetzgebung als Prozess von Versuch und Irrtum angemessener Gesetzgebungsprozess bedarf etlicher Voraussetzungen: bei jeder geplanten Rechtsreform sind Auswirkungen, die sich zeigen sollen/können, abzuwägen: beruht auf Analyse des Ist-Zustandes - aktuell Verteilung von Ressourcen - in adressierten Institutionen realisierte Normen und Werte - Repräsentation verschiedener Personen und Gruppen - bereits vorhandene rechtliche Regelungen Rechtsfeldanalyse: - wie stellt sich geltende Rechtslage dar - von welchen Grundannahmen ist geltende Rechtslage getragen - was hat geltende Rechtslage geleistet - welche Anliegen (Desiderata) haben sich aufgetan möglichst realistische Einschätzung der Möglichkeiten der Reform (Kosten – Nutzen): Wirkungserhebungen - finanzielle Auswirkungen: ▪ direkte Kosten ▪ Arbeitsanfall für staatliche Behörden - Wirtschaftspolitik: ▪ Auswirkungen auf Beschäftigung ▪ Auswirkungen auf Wirtschaftsstandort Österreich - Verwaltungslasten für Bürger/Unternehmer - konsumentenschutzpolitische Folgen - soziale Folgen - Auswirkungen auf die Umwelt: Klimaverträglichkeit - geschlechtsspezifische Auswirkungen - (angemessene Umsetzung der EU-Vorgaben) jene, die rechtliche Reformen anstreben (zuständige staatliche Organe, soziale Bewegungen) sollten sich in Bescheidenheit üben: Idealisierungen, was mit rechtlichen Reformen erreicht werden kann, sind fehl am Platz ( Komplexität der Herausforderungen) → Recht zeigt niemals nur erwünschte Wirkungen neues Recht schafft Folgebereitschaft und Umgehungsversuche: - in die Pflicht genommene Rechtsadressaten sind nicht (immer) über neue Regelungen (sofort) begeistert → wollen sich rechtlichen Verpflichtungen entziehen - Oliver Wendell Holmes (1841-1935): Bad Man ▪ (Bsp:) Verrechtlichung von Diskriminierungsverboten: Verbote allein ändern noch keine Einstellungen → führen nicht notwendigerweise zu dem Geist des Gesetzes entsprechendem Verhalten ▪ Strafrecht als primäres Regelungselement bei komplexen Problemlagen problematisch → legislativer Aktionismus ▪ Strafrecht nur als ultima ratio rechtliche Reformen sind mit erheblichen Unwägbarkeiten verbunden: wer Rechtsreform konzipiert, muss damit rechnen, dass anvisierte Ziele nicht erreicht werden → sollte zu Ethos der Bescheidenheit führen Rechtsgestaltung: Prozess von Versuch und Irrtum → ständiger Lernprozess parlamentarische Enquêten: Möglichkeit, dass Experten aus Wissenschaft/Gesellschaft gehört und ihre Positionen debattiert werden Begutachtungsverfahren: alle, die sich berufen fühlen, können ihre Wahrnehmung des Gesetzesvorhabens darlegen Parlament: - Bündelung unterschiedlicher Parteien - Ort, an dem Parteien in Widerstreit gebracht werden - bester Fall: tragfähiger Kompromiss - besondere Leistung des Parlamentarismus (Kelsen): ▪ Gemeinschaftswille → Bewegung in Richtung einer mittleren Linie ▪ Kompromiss zwischen entgegengesetzten Interessen finden ▪ Demokratie als Parteienstaat Legisten: für Formulierung von Gesetzesentwürfen verantwortlich in Gesetzesform zu gießender Kompromiss: - soll brauchbare Grundlage für Rechtsanwendung darstellen - Pannen: Gefahr umso größer, je hastiger rechtliches Regelungswerk erstellt wird - rechtliche Regelungen bedienen sich unbestimmter Begriffe → Rechtssicherheit nicht zuträglich: eröffnet handelnden Behörden (zu) große Spielräume - teils überkomplex, schlecht formuliert, fehlerhaft - offener Umgang mit Fehlern → Qualitätssicherung - bewusste Missachtung/Überdehnung verfassungsrechtlicher Vorgaben → Rechtsadressaten werden (geradezu) gezwungen, vor Rechtsschutzinstanzen zu ziehen, um sich dagegen zu wehren Güter der Verfassung: Rolle der Verfassungsgerichtsbarkeit Grund- und Menschenrechte: - genuine Gerechtigkeitsanforderungen - Ansatzpunkte für Kritik am geltenden Recht: wer eigene Forderungen nach Anerkennung auf Grundrecht basieren vermag, kann diese (nicht nur) an Gesetzgeber richten → Möglichkeit, sie vor Gerichte zu bringen → Ziel: VfGH/Menschenrechtsgericht (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) → Ausweitung grundrechtlicher Verbürgungen - Aktualisierung der Versprechen der Grundrechte in Bereichen, die davon noch nicht angemessen durchdrungen sind → Recht wird in emanzipatorischer Absicht gebrauch, um gleiche Freiheit und angemessene Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern → Einzelperson tritt in den Kampf ums Recht: Absicht diskriminierende Bestimmung zu Fall zu bringen → Wirkungen weit über Einzelperson hinaus Entscheidungen von Verfassungsgerichten in politisch/moralisch umstrittenen Angelegenheiten → entzünden Debatten über Rolle der VfGs im Verhältnis zum demokratischen Gesetzgeber Judical Restriction: Forderung nach mehr Zurückhaltung seitens der Verfassungsrechtsprechung → Spannungsverhältnis Demokratie – Menschenrechte Ermessensspielraum (margin of appreciation) des Gesetzgebers: Reichweite grundrechtlicher Verbürgungen auszuloten Herausforderungen der Rechtsanwendung Verfassungsgerichtshof: Hüter der Verfassung (Prüfbefugnis) → Sonderrolle ordentliche Rechtsprechung: auf Vollziehung des geltenden Rechts beschränkt → Vollendung der demokratischen Selbstherrschaft im Namen der Republik Bindung der Gerichte/Verwaltung an Gesetze klassisches Motiv und seine Aktualisierungen Montesquieu: - Richter = Mund des Gesetzes → Rechtsanwendung = bloß deduktiver Vorgang: ▪ Gesetz enthält eindeutig bestimmbare Anweisungen zur Falllösungen ▪ richterliches Entscheiden besteht bloß darin, Sachverhalt zu ermitteln, ihn unter feststehenden gesetzlichen Regeln zu subsumieren und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen Wiederaufleben heute: Rechtsanwendung als technologisches Verfahren → alles bloß Frage der richtigen Programmierung von Algorithmen → racial bias in Fällen des predictive policings → geschlechtsbezogene Diskriminierung (bei Algorithmen am Arbeitsmarkt) Adolf Merkl: Konzeption des doppelten Rechtsantlitzes - Rechtsanwendung bedeutet immer auch Rechtsschöpfung Ermessensspielraum - betrifft: ▪ Interpretation rechtlicher Vorgaben ▪ Entwicklung des Rechtsfalls Niklas Luhmann: Idealfall der Rechtsanwendung = ein Stichwort ergibt Entscheidung Komplexität des Sachverhalts: Erhebung eines Sachverhalts - aufwendiges Verfahren - Beweisstücke: ▪ Urkunden ▪ Aussagen von: (häufig unzuverlässig) Sachverständigen Parteien: Parteienvorbringen stark von eigenen Interessen gefärbt Zeugen: Zeugenvorbereitung (witness preparation) → Bürde der Narration:. Perspektivität/Interessensbedingtheit von Aussagen. begrenzte Erinnerungsfähigkeit Bürden des Urteilens: - unterschiedliche Ansichten bei grundlegenden Fragen (ohne böse Absicht) → mögliche Widersprüchlichkeit/Komplexität von empirischen/wissenschaftlichen Belegen, die für Problemlagen herangezogen werden → Belege können unterschiedlich gewichtet werden - verschiedene Wahrnehmungen/Einschätzungen entspringen dem jeweiligen Urteils-/Interpretationsvermögen von Menschen aufgrund ihrer Erfahrungen/ihres Wissens Gericht: → alles fließt zusammen - wem aus welchem Grund geglaubt wird ist offene Frage: wird mit Vorstellungen, Sachverhalt beinhalte Wahrheit, nur unzulänglich erfasst - bloße Annäherung an Wahrheit in vielen verfahren → kein anything goes: Aufforderung zum strebenden Bemühen nach Wahrheitsfindung - freie Beweisführung: hohes Gut - Richter sollen sich dieser Aufgabe als würdig erweisen → hochwertige Ausbildung (→ Verbesserungspotenzial bei derzeitiger Ausbildung) - nötig, im Richteramt Distanz zu eigenen Überzeugungen einzunehmen → einwandfreie Wahrnehmung der Elemente des Falls → entsprechend entscheiden Interpretation im Zeichen der Vieldeutigkeit von Normen Sachverhalt immer im Lichte möglicherweise anzunehmender Normen zusammengestellt → Hin- und Herwandern des Blicks zwischen Sachverhaltskonstruktion und Tatbestandsbeschreibung Tatbestand: wesentlicher Normbestandsteil Rechtsnormen bedürfen Interpretation (Auslegung) naives Verständnis: Bedeutung von Rechtsnormen transparent und eindeutig → nicht der Fall: praktisch jede Norm lässt mehrere Normen zu rechtswissenschaftliche Interpretation: - Herausfinden der möglichen Bedeutungen einer Rechtsnorm - muss Fiktion vermeiden, dass Rechtsnorm stets nur eine - „die richtige“ Deutung zulässt → Vieldeutigkeit der meisten Rechtsnormen Rechtsanwendung → vielfältige schöpferische Aspekte: - jede einschlägige Entscheidung konkretisiert das Gesetz - logische Differenz zwischen generell abstrakter Regel und konkretem Rechtsfall wird überbrückt → inhaltliche Anreicherung eines Gesetzes um Anwendungsvarianten - oft zeitliche Kluft zwischen Gesetz und richterlicher Entscheidung: ▪ technische Wandlungsprozesse ▪ Unterschiede in Wertungsperspektiven → Entwicklungen sind zu berücksichtigen: nur so kann Sinn des Gesetzes unter geschichtlich veränderten Bedingungen zur Geltung gebracht werden in Frage kommendes Rechtsmaterial (generell-abstrakte Normen, Präjudizen): - bildet keine einfach vorliegende, widerspruchsfreie Einheit - recht unübersichtliches Geflecht aus verschiedenen Rechtsschichten → Richter: systematisierende Aufgabe ▪ konsistente und richtige Rekonstruktion der Rechtsordnung ▪ → Erhebung jenes Rechts, das auf Fall anzuwenden ist Richterrecht in verschiedenen Rechtskreisen ob und in welcher Weise sind gerichtliche Urteile für zukünftige Verfahren in gleich/ähnlich gelagerten Angelegenheiten relevant Begründung des Einsatzes von Präjudizien in Rechtsprechung methodische Herausforderungen kontinentaleuropäischer Rechtskreis Gerichtsurteile haben ausschließlich für beteiligte Parteien Bindungswirkung Präjudizien (vorentschiedene Fälle) haben dennoch wesentliche Rolle: bei Fall werden in Frage kommende Rechtsnormen und einschlägige Judikatur (der Höchstgerichte) erhoben besondere Bedeutung: leitende Entscheidungsgründe, in denen wesentliche Bestimmungsgründe eines Urteils auf Punkt gebracht werden Richtigkeitsvermutung: von Präjudizien wird vermutet, dass sie richtig entschieden wurden → freie Autorität: ihre Verbindlichkeit liegt in ihrer Überzeugungskraft Gebot der Gleichheit vor dem Gesetz: - fraglich, wenn Gericht sich über Präjudiz einfach hinwegsetzt - Rechtsprechung steht vor Anspruch, konsistent und in gewisser Weise vorhersehbar zu sein → freie Autorität der Präjudizien nicht so frei: - wer anders entscheiden möchte, muss aufzeigen, dass der eigene Fall anders gelagert ist/argumentieren, aus welchen Gründen Präjudiz rechtsunrichtig entschieden wurde - → Begründungslast bei jenem Gericht, das neuen Fall anders entscheiden möchte - herrschende Rechtsprechung wird aufgegeben, deren Existenz bei Rechtsunterworfenen gewisse Erwartungen erweckt Prinzip des Vertrauensschutzes angloamerikanisches Case Law precedent: Präjudiz holding: - leitende Entscheidungsgründe eines Präjudizes - gesetzesgleiche Kraft → Bindungswirkung über betroffene Parteien hinaus → Prinzip der stare decisis: Bindung an vorgängige Entscheidungen - Bindungswirkung: ▪ eigene Urteile ▪ Urteile von Untergerichten, die vom jeweiligen Rechtszug zu höherem Gericht hin erfasst sind USA: Judikatur des Supreme Court hat größte Bedeutung dissenting opinions: - Besonderheit von Gerichtsentscheidungen, die von Senaten getroffen werden - typischerweise kommen nicht alle Richter zum selben Ergebnis → in Abstimmung unterlegene Richter, haben Möglichkeit, ihre Beweggründe in dissenting opinions niederzulegen - ebenfalls Teil des Urteils - können zur Begründung eines späteren overrulings herangezogen werden concurring opinion: - Richter stimmen zwar im Ergebnis zu, sind aber mit der Begründung der Entscheidung nicht einverstanden → Darlegung eines anderen Begründungsweges Bindungswirkung von precedents: nicht unabdingbar → distinguishing: Vorgang, bei dem Gericht ein precedent nicht anzuwenden gedenkt, weil es auf eigenen Fall nicht passt ▪ rechtserhebliche Unterschiede zwischen Fällen werden aufgezeigt ▪ Begründung, warum Reichweite des vorgängigen holding den aktuellen Fall nicht erfasst ▪ potenzielle Reichweite des vorgängigen holding wird verengt → precedent bleibt bestehen, neues Urteil tritt als weiteres precedent an seine Seite → overruling: ▪ Gericht findet, precedent ist als unrichtig (geworden) zu verwerfen ▪ erleichtert, wenn betroffenes precedent schwachen Stand hat holding mit dissenting opinions belastet Frage nach der Rechtsgeltung zentrales Gerechtigkeitsprinzip: Recht soll im Zeichen gleicher Freiheit stehen → in mehreren Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung verbürgt - demokratisches Prinzip: jeder einzelne Staatsbürger zählt gleichermaßen - liberales Prinzip: einschlägige Grundrechtsverbürgungen Geltung: spezifische Existenz von Normen Normen gelten: beanspruchen als Sollensanforderungen Verbindlichkeit für menschliches Verhalten → haben normative Existenz - Rechtsnormen - Normen der Sitte - Normen der Moral - Normen der Gerechtigkeit Normen als Rechtsnormen: - wenn sie Teil einer Rechtsordnung sind - nach einschlägigen rechtlichen Regelungen von dafür zuständigen Organen erlassen - österreichische juristische Praxis: im Rechtsinformationssystem solange nicht gegen Geltung einer (Rechts)Norm spricht, ist sie anzuwenden: Rechtsnorm wird in ihrer Geltung durch Anwendung aktualisiert Theorien der Rechtsgeltung Rechtspositivismus: Theorie der Geltung der herrschenden Rechtsordnung Rechtsethos: Fragen der Gerechtigkeit, Naturrecht - Bezeichnung Naturrecht: suggeriert, dass von solchen Theorien Kriterien unmittelbar aus Natur gewonnen werden soll → klassischer Fehlschluss von Sein und Sollen → postkonventionelle Wende: ▪ kritisches Prinzip gleicher Freiheit ▪ Naturrecht → Vernunftrecht Rechtsgeltung als Effekt faktischer Machtausübung – Machttheorie älterer Rechtspositivismus Rechtsgeltung als Effekt faktischer Machtausübung Rechtsnormen: Befehle eines Souveräns, der entschlossen und aufgrund seines Machtapparates dazu fähig ist, Recht (mittels empfindlicher Strafen) durchzusetzen → Rechtsunterworfene wissen das Kehrseite der Macht des Souveräns: Furcht der Untertanen, schmerzhafte Sanktionen zu erleiden → wissen, dass sie Leid durch regelmäßige Rechtsbefolgung vermeiden können → verhalten sich zunehmend gewohnheitsmäßig rechtskonform Fragen der Gerechtigkeit: kein Thema Betonung faktischer Macht und Herrschaft Rechtsunterworfene: bloße Befehlsempfänger Fokus: Überwachen, Strafen Rechtsgeltung als Effekt faktischer Anerkennung: Anerkennungstheorie Rechtsethos: Schaffung von Recht, das jedenfalls von Großteil der Bevölkerung bejaht werden kann Rechtsnormen werden befolgt - weil Rechtsordnung jedenfalls dem Grunde nach anerkannt wird - aus Überzeugung (nicht aus Furcht) tendenzielle Ausklammerung der Frage der Gerechtigkeit was anerkennt die Bevölkerung faktisch Rechtsgeltung als rein normatives Phänomen: moderner Rechtspositivismus Reine Rechtslehre (Hans Kelsen) klammert Gerechtigkeitsfrage aus Fokus: wie kann Geltung einer Rechtsnorm erklärt werden, ohne auf faktische Gegebenheiten abzustellen → wer mit Faktum der Macht/Faktum der Anerkennung beginnt, verankert Geltung der Rechtsordnung im Sein → säuberliche Trennung von Fakten und Normen: Vermeidung des fehlerhaften Schlusses von Sein auf Sollen muss grundlegende Normen geben, aus welcher Rechtsgeltung erfließt Stufenbau der Rechtsordnung: jede Norm der Rechtsordnung verdankt ihre Geltung einer höheren Norm fundamentale Frage: welcher Norm verdankt Verfassung ihre Geltung → Grundnorm - nicht Teil jener Rechtsordnung, deren Geltung sie begründet - Denkvoraussetzung Normenordnung wird nur dann als geltende Rechtsordnung identifiziert, wenn sie im Großen und Ganzen wirksam ist → Erkenntnisinteresse von Juristen nur dann richtig eingesetzt, wenn sich Rechtsordnung dauerhaft etablieren kommen und wenn Normen als aktuell geltende Bestandteile einer effektiven Rechtsordnung identifiziert werden kann keine inhaltlichen Anforderungen Vorstellung, was gerecht ist, diametral verschieden → Einigung ganz unmöglich → Gerechtigkeit kann nicht als Kriterium für Rechtsgeltung herangezogen werden → jedes menschliche Verhalten kann Recht sein Rechtsgeltung als Effekt einer Praxis der Rechtsanwendung kann keinen mythischen Geltungsgrund der Rechtsordnung geben Geltung: Effekt jener Praxis der Rechtsanwendung, in der einzelne Rechtsnormen jeweils als Teil einer Rechtsordnung aktualisiert werden → Konventionen der Wahrnehmung bestimmter Normen als geltendes Recht erzeugen das Phänomen Rechtsgeltung Normsetzende, Normanwendende, Normadressaten wirken zusammen in ihrer regelmäßigen Bezugnahme auf geltende Rechtsordnung institutionelle Verfestigung der geltenden Rechtsordnung über zuständige Organe → Rechtsgeltung: institutionalisierte Praxis ausgehoben in Institutionen (Gesetzgebung, Organe der Rechtsanwendung und -vollziehung) Bürokratie spielt wesentliche Rolle Gerechtigkeit als Anforderung der Rechtsgeltung rechtspositivistischer Ansatz: zweifelt nicht an Geltung auch entsetzlichster Rechtsinhalte Rechtsgeltung und gesetzliches Unrecht: Gustav Radbruch Gustav Radbruch (1878 – 1949): Bindung der Geltung von Recht an Übereinstimmungen mit grundlegenden Gerechtigkeitsprinzipien Recht ist die Wirklichkeit, die den Sinn hat, dem Rechtwert (der Rechtsidee) zu dienen Rechtssicherheit: - Recht hat an sich (unabhängig von Inhalt) Ordnungswert - hoch anzusetzen → darf nicht leichtfertig über Behauptungen von Ungerechtigkeit ausgehebelt werden - muss zurückstehen, wenn krasses Unrecht in Gesetzesform gegossen wird: ▪ wenn Widerspruch des positiven Rechts zur Gerechtigkeit unerträgliches Maß erreicht, hat das Gesetz als unrichtiges Recht der Gerechtigkeit zu weichen ▪ wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, entbehrt das Gesetz überhaupt der Rechtsnatur → Radbruch’sche Formel: Normen, die derart gegen grundlegende Anforderungen der Gerechtigkeit verstoßen → gesetzliches Unrecht Aktualisierung von Radbruchs Theorie in Mauerschützenprozessen Aufarbeitung des DDR-Systemunrechts Grenzsoldaten: Auftrag Republikflucht verhindern Deckung des Schusswaffengebrauchs an Berliner Mauer durch bestimmte Interpretation des Gesetzestextes → Vergatterung der Soldaten, Befehle zu befolgen nach Wiedervereinigung: ganz andere rechtliche Sichtweise → Mauerschützen wurde Prozess gemacht - beriefen sich darauf, bloß Befehle befolgt zu haben - Verurteilung wäre rückwirkende Strafbarkeit → striktes Rückwirkungsverbot im Strafrecht - Bundes-Verfassungsgericht: an sich absolutes strafrechtliches Rückwirkungsverbot greift nicht, wenn durch Rechtfertigungsgründe Strafbarkeit schwersten kriminellen Unrechts ausgeschlossen werden soll - Bestimmung, welche Schüsse gedeckt hatte, wurde rückwirkend für ungültig erklärt → Bezug auf Radbruch - Bestätigung des Urteils durch Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Schüsse an Berliner Grenze nie durch Grenzgesetz gedeckt Radbruch: - wenn Gesetze Willen zur Gerechtigkeit bewusst verleugnen, schuldet Volk ihnen keinen Gehorsam → Juristen müssen Mut finden, ihnen Rechtscharakter abzusprechen - Konflikt zwischen positivem Recht und grundlegenden Anforderungen der Gerechtigkeit kann nicht allein im Rahmen des positiven rechts gelöst werden - Kontrollmechanismen des Staats haben bereits versagt/waren überhaupt nie angemessen institutionalisiert: Recht ist zu Ordnung institutionalisierter Unmenschlichkeit pervertiert → Herausforderung auf Ebene politischer Konflikte/des Widerstands gegen solche Ordnung ziviler Ungehorsam im intakten Rechtsstaat Widerstandsrecht nicht für intakte Rechts- und Verfassungsstaaten gedacht aufgrund liberaler und politischer Grundrechte möglich, im Rahmen des geltenden Rechts Unmut zu artikulieren (Versammlungen, Vereine, Publizistik, Adressierung der Gesetzgebung mit Forderungen) → Medien zentrale Aufgabe Möglichkeit, mit juristischen Mitteln gegen wahrgenommene Fehlentwicklungen vozugehen klassischer ziviler Ungehorsam: - Aktivisten verstoßen ausdrücklich gegen einzelne/mehrere Rechtsnormen mit Ziel, Änderung des Rechts/der staatlichen Politik herbeizuführen, wenn keine rechtskonformen Handlungsmöglichkeiten (mehr) existieren/Aussicht auf Erfolg versprechen - Gesetzesverstöße müssen im Kontext prinzipieller Rechtstreue staatfinden - Handeln muss gewaltlos sein → Wahrung des allgemeinen Rechtsfriedens Recht auf zivilen Ungehorsam im engeren Sinne gibt es nicht: Verhalten mag legitim, aber nicht legal sein Recht und Gerechtigkeit Hans Kelsen: Gerechtigkeit = rein subjektives, von Grund auf erratisches Phänomen → auf Gerechtigkeit kann man sich nicht verlassen, auf positives Recht schon Idee der Gerechtigkeit in rechtlichem Prinzip gleicher Freiheit enthalten und von Relevant: - Prinzip der Rechtsgestaltung - Rechtsanwendung Gerechtigkeit: ein komplexes Ideal Problemhorizont der Gerechtigkeit: was Menschen einander wechselseitig schulden an - Verhalten - Gütern - Lasten - Rechten - Pflichten in Frage steht, was wir voneinander verlangen können → Gerechtigkeit ≠ Altruismus/Selbstlosigkeit → Gerechtigkeit = vorsichtige, argwöhnische Tugend kommt ins Spiel, wenn menschliche Interessen divergieren/sich auf dieselben knappen Güter richten in Konfliktsituationen strebt Gerechtigkeit nach annehmbarem Ausgleich, bei dem niemand übervorteilt werden soll Anwendungsbedingungen der Gerechtigkeit objektive Bedingung: bezieht sich auf mäßige Knappheit von notwendigen und begehrenswerten Gütern - Güter sind tatsächlich rar - Güter sind ausreichend vorhanden, allerding nicht/nur begrenzt für all diejenigen, die sie brauchen/wünschen (z.B. Fehlen finanzieller Ressourcen) subjektive Bedingung: Interessen kollidieren, Ansprüche konkurrieren beim Zugriff auf verfügbare Ressourcen - Betroffene halten ihre Ansprüche für berechtigt → ist nicht immer der Fall → Ergebnis der Bürden des Urteilens: menschliche Urteilsfähigkeit ist begrenzt → jede Wahrnehmung ist perspektivisch - daraus resultierende Konflikte sollen möglichst gerecht gelöst werden → Kultivierung der Tugend der Gerechtigkeit hilfreich: individuelle Tugend, Qualität von Institutionen Gerechtigkeit als Tugend der Person und Qualität von Institutionen vier Kardinaltugenden: Gerechtigkeit, Mut, Besonnenheit, Weisheit individuelle Tugend: - Tugenden motivieren zu gutem Handeln, das (anderen) Menschen zuträglich ist - korrektive Funktion: ▪ Tugenden kommen zum Einsatz, wo Versuchungen lauern ▪ Mut: Inschachhaltung von Feigheit, Abwehr von Tollkühnheit → Paradebeispiel für Aristotelische Einsicht (rechtes Maß liegt in der Mitte zwischen Extremen) ▪ Gerechtigkeit: keine spezifische Leidenschaft, die von ihrer Tugend in korrespondierender Weise gemäßigt werden muss → fast jedes Verlangen kann Menschen dazu verleiten, ungerecht zu handeln, indem sie Ansprüche anderer nicht angemessen berücksichtigen (dient oft individuellen Vorteilen) Intention nicht primär, ungerecht zu handeln:. Ungerechtigkeit als Nebenwirkung des Bestrebens, die eigenen Interessen möglichst effizient zu verfolgen. Person will Forderungen der Gerechtigkeit Genüge tun, Gegenüber findet sich dennoch ungerecht behandelt erste Tugend sozialer Institutionen: - Gerechtigkeitsanforderungen müssen sich auch an Institutionen richten - gerechtes menschliches Zusammenleben unterliegt vielfältigen Herausforderungen → können nur von Institutionen gelöst werden → bedarf Kooperation und Koordination - soziale Institutionen, die Kooperation und Koordination gewährleisten sollen, müssen selbst in gerechter Weise eingerichtet und in der Lage sein, gerechte Verhältnisse herzustellen - typischerweise Aufgabe des Staates: soll gemeinschaftliche Behebung von Übeln koordinieren und für Beseitigung von Missständen sorgen ▪ Binnengerechtigkeit ▪ lokale Gerechtigkeit: abgegrenzter geographischer Raum, spezifischer Bereich ▪ globale Gerechtigkeit: überstaatliche Dimension, zwischen globalen Akteuren komplexes Geflecht wechselseitiger Beeinflussungen und Abhängigkeiten Grundformen der Gerechtigkeit politische Gerechtigkeit: Einrichtung menschlicher Herrschaftsverhältnisse soziale Gerechtigkeit: Verteilung von und Zugang zu Ressourcen korrektive Gerechtigkeit: Ausgleich von Unrechtsverhältnissen Verfahrensgerechtigkeit: Abwicklung von Konflikten über die Gerechtigkeitsfrage politische Gerechtigkeit Legitimation und Kritik von Herrschaftsverhältnissen gerechte Einrichtung politischer Institutionen Begrenzung politischer Macht soziale Gerechtigkeit gerechter Zugang zu Ressourcen Zuteilung durch zuständige Agenturen (Verteilungsgerechtigkeit, iustitia distributiva): Akteure stehen in Verhältnis der Über- und Unterrdnung Erwerb auf dem freien Markt (Tauschgerechtigkeit, iustitia commutativa): handelnde Personen stehen in horizontalem Verhältnis der Gleichstellung zueinander Voraussetzungen, unter denen Menschen an Ressourcen, Ämter, Positionen gelangen sollen Kriterien der Verteilung: - Gleichheit - Bedarf - Verdienst Tausch: - Aristoteles: Wertäquivalenz - Hobbes: Relation von Wert und Gegenleistung völlig irrelevant → kommt nur darauf an, ob jemand bereit ist, auf dem Markt bestimmte Gegenleistung zu erbringen - zentrale Voraussetzung eines gerechten Tausches: handelnde Personen begegnen sich auf Augenhöhe → bedarf ausgleichender Maßnahmen Verteilungsgerechtigkeit – Tauschgerechtigkeit: - Vorrang der Verteilungsgerechtigkeit: ▪ soll jene Bedingungen schaffen, unter denen gerechter Austausch überhaupt erst möglich ist Sozialleistungen ▪ rechtliche Regelungswerke ▪ Ausgleich von Machgefälle - Vorrang der Tauschgerechtigkeit: Sozialleistungen als zeitlich versetzte Tauschvorgänge korrektive Gerechtigkeit Ausgleich von Unrechtsverhältnissen Maß: Angemessenheit mit Blick darauf, was jemand durch Übergriff erlitten hat Eingriffe in Leib, Leben, Freheit, Eigentum, Ansehen einer Person → Schuldigkeit gegenüber geschädigter Person: - Pflicht, Schaden wiedergutzumachen - Bestrafung Strafgerechtigkeit: - nicht mehr Recht zur Rache - Notwendigkeit und Legitimation von Strafe: ▪ Verhinderung weiterer Straftaten: durch tathandelnde Person selbst (Spezialprävention)/durch andere (Generalprävention) ▪ Strafe darf nur verhängt werden, wenn bewusstes Handeln vorliegt - Recht nimmt Menschen als Subjekte verantworteter Freiheit ernst: in Strafe wird Person als jemand anerkannt, der auch anders hätte handeln können und der zumutbar ist, Verantwortung für seine Taten zu übernehmen - Erweiterung des Spektrums der Reaktionen auf strafbare Handlungen (geringfügige Delikte: Meditation, Täter-Opfer-Ausgleich) → Betroffenen mehr geholfen, wenn Handlungen zur Wiedergutmachung gesetzt werden Verfahrensgerechtigkeit Streben nach gerechten Ergebnissen liegt quer zu anderen Gerechtigkeitssphären in jeder der anderen Gerechtigkeitssphären in spezieller Weise gefragt selbst jene, die mit ihren Vorstellungen/Forderungen nicht durchdringen, sollen Ergebnis als akzeptabel annehmen können wesentliche Voraussetzungen für Legitimation von Verfahren: - Partizipation: Möglichkeit aller betroffenen Personen, an jenen Vorgängen teilzunehmen, in denen über ihre Angelegenheiten entschieden wird - Prinzip der Unparteilichkeit: kein Einfluss parteilicher Interessen in Entscheidung Modelle der Verfahrensgerechtigkeit erfahren in der Regel hohes Maß an Zustimmung leichter sich auf Verfahren als auf Inhalt zu einigen unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit: - selbst wenn Verfahren fair und angemessen eingerichtet sind und alle Regeln eingehalten werden, können ungerechte Ergebnisse herauskommen - Frage der Gerechtigkeit der jeweiligen Entscheidung abhängig von Perspektive vollkommene Verfahrensgerechtigkeit: Vorgabe des Maßstabs über - Formulierung des Problems - Methode, nach der vorgegangen werden soll - einzig mögliches gerechtes Ergebnis Grundmaßstäbe der Gerechtigkeit Platon: Gerechtigkeit = jeder Person das Ihre zukommen zu lassen (das, was ihr zusteht) Aristoteles: Gleichheit als Kern der Gerechtigkeit → Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandeln was gleich ist, ist nicht identisch, sondern bloß gleich in relevanten Hinsichten Grundvoraussetzung für Gerechtigkeitsdenken: Anerkennung der Gleichheit aller Menschen → jeder Mensch hat Recht auf gleiche Achtung und Berücksichtigung (Dworkin) Gerechtigkeit verbietet Benachteiligung aus Gründen, die nicht in individueller Verantwortung einer Person liegen (Diskriminierungsverbot → im Gleichheitssatz der Verfassung grundgeregelt und in verschiedenen Gesetzen ausbuchstabiert) - Beachtung individueller, struktureller und sozialer Machtverhältnisse bei Einschätzung von Herausforderungen der Gerechtigkeit → unterschiedliche Behandlung kann geradezu geboten sein - Eingehen auf spezifische Bedürfnisse mittels angemessener Vorkehrungen strukturelle Benachteiligung: → formelle Gleichbehandlung vielfach keine angemessene Vorgabe - formelle Gleichbehandlung bevorzugt diejenigen, die aufgrund ihrer privilegierten Lage den Vorstellungen des „Normalen“ entsprechen → materielle Gerechtigkeit gefragt: - Verbindung der Gerechtigkeitsformeln Platons und Aristoteles: Integration der Forderung, dass jeder Person das Ihre zukommen soll bei jeder Anwendung des Gleichheitsprinzips - Schaffung allgemeiner Regeln: vielfältige Bedürfnisse und Lebenslagen mitdenken und betroffene selbst hören Maßnahmen gegen strukturelle Ungleichheit – Quotenregelungen positive Maßnahmen → Abmilderung struktureller Ungleichheit - Mentoring - spezielle Trainingsprogramme - Quotenregelungen: vorrangige Berücksichtigung Angehöriger unterrepräsentierter Gruppen Ziel: ausgewogene Verteilung gesellschaftlich hoch bewerteter Ämter/Positionen Maßnahmensetzung bis zum Erreichen einer bestimmten Quote Vorrang benachteiligter Gruppen in Konkurrenz um Funktionen, Arbeitsstellen, Ausbildungsplätzen bei gleicher/hinreichender Qualifikation demographische Repräsentation starre (Reißverschlusssystem)/flexible Quoten verpflichtend/bloße Zielvorstellungen Quotierung bringt an Ergebnissen orientierte Perspektive Grundfrage der Gerechtigkeitsdebatte: Zulässigkeit der vorrangigen Berücksichtigung nach gewissen Kriterien bei Verteilung knapper Güter → Relevanz des jeweiligen Kriteriums muss begründet werden Bestehen einer im Einzelfall oft schwer fassbaren diskriminierenden Struktur, durch welche bestimmte Merkmale in Entscheidungen gleichsam automatisch einfließen → Quotierung kehrt das Verhältnis um: benachteiligendes Kriterium wird zum Vorteil Begründungsmöglichkeiten aus Gerechtigkeitsperspektive: - Kompensationssatz: fördernde Maßnahmen machen frühere Benachteiligungen wieder gut - Chancengleichheitssatz: Quote soll dazu dienen, aktuelle Vorurteilsstrukturen dadurch aufzubrechen, dass Menschen in Bereichen reüssieren, von denen sie vormals ausgeschlossen waren - Vielfalt: ▪ eigenständiger Wert ▪ instrumentelle Rolle: Steigerung der Qualität der Ausbildung Steigerung der Qualität der Entscheidungen ▪ demokratiepolitisch: Angehörige verschiedener gesellschaftlicher Gruppen müssen in Repräsentationsorganen vertreten sein, damit Probleme und Bedürfnisse aller Gruppen in angemessener Weise wahrgenommen werden ▪ verteilt Macht und verhindert Anhäufung von Einfluss und Privilegien bei uniformen Eliten Recht jeder Person auf gleiche Achtung und Rücksichtnahme ≠ Recht auf formal gleiche Behandlung ungleiche Behandlung darf nicht zum Ausdruck bringen, dass davon Betroffener geringer geachtet/berücksichtigt wird → wäre der Fall, wenn sich ungleiche Behandlung in System der Benachteiligung einfügt (→ bei Quotenregelung nicht der Fall: dient dazu, (unter streng definierten Auflagen) Nachteile auszugleichen) Kritik: Quotierung ändert nichts an hierarchisierender Verteilung von Macht, Reichtum und Privilegien in kapitalistischem Wettbewerbssystem - Privilegien werden hingenommen, solange sie nur nicht diskriminieren verteilt werden - System als solches wird nicht angetastet Zusammenhang von Recht und Gerechtigkeit im Zeichen der Gerechtigkeit wird darüber debattiert, wer was von wem aus welchem Grund fordern kann soll und darf → Struktur analog zu jener von Rechtsansprüchen Ebene der bloßen Gerechtigkeit: - keine Frage nach rechtlicher Durchsetzbarkeit - Ansprüche, die wir um der Gerechtigkeit willen aneinander stellen viele Ansprüche der Gerechtigkeit ohnehin Gegenstand rechtlicher Regelungen Ansprüche der Gerechtigkeit, die nicht Gegenstand rechtlicher Regelungen fallen: - Angelegenheiten unter der rechtlichen Geringfügigkeitsschwelle - Angelegenheiten, die dem Recht nicht zugänglich sein sollen → privatpersönlicher Bereich - gilt, bestimmte Bereiche nicht leichtfertig aus Bereich der Gerechtigkeit auszuschließen → Menschen im Privaten besonders vulnerabel → Das Private ist politisch → Anforderungen der Gerechtigkeit durchzieht alle Lebensbereiche Angewandte Gerechtigkeit Balance von Gerechtigkeitsprinzipien - in Nahebeziehungen - beim Zugang zu (Aus)Bildung - im Arbeitsleben - im Gesundheitswesen - im Pensionswesen Kontext Sozialstaat: Forderungen der Gerechtigkeit werden auf adäquate Versorgung mit Ressourcen durch System von Steuern und Versicherungen in rechtliche Ansprüche transformiert Gerechtigkeit und Nahebeziehungen lange Meinung der Rechtsphilosophie: menschliche Nahebeziehungen unterliegen nicht Gerechtigkeit - beruhen auf Grundlagen, die sich Gerechtigkeit entziehen - erfordern Tugenden, die durch Gerechtigkeit gestört werden ▪ Liebe ▪ Loyalität ▪ Altruismus ▪ Großzügigkeit Kommunitarist Michael Sandel: - ideales Familienbild: individuelle Ansprüche und faire Entscheidungsverfahren (müssen) gar nicht in Anschlag gebracht werden - Herrschaft eines Geists des Wohlwollens - Divergenz von Interessen, Konflikte über Ressourcen im Vordergrund → Vertrauensverlust - Dynamik einer wechselseitigen, gerechten Abstimmung von Interessen → illegitimer Angriff auf Beziehung Gerechtigkeit in Nahebeziehungen Anwendungsbedingungen der Gerechtigkeit: - mäßige Knappheit von Ressourcen - Interessenskonflikte - walten auch im personalen Nahraum Kommunikation über unterschiedliche Interessen und Aufteilung von Aufgaben Liebe kann durch permanente Ungerechtigkeiten (Lieblosigkeiten) verwirkt werden gerechte Organisation des Zusammenlebens: - nicht, dass alle das Gleiche tun sollen - Bemühen um Ausgewogenheit der jeweiligen Beiträge → Prinzip der Partnerschaftlichkeit der Ehe Beziehungen mit Kindern: - Bemühen um gerechte Verhältnisse - Kinder sollen dabei unterstützt werden, Gerechtigkeitssinn zu entwickeln - Interaktionen der nächsten Bezugspersonen sollen nicht von Dominanz, Manipulation, einseitige Selbstaufopferung geprägt sein → sonst für Kinder viel schwieriger, sich im späteren Leben an Gerechtigkeitsprinzipien zu orientieren - partnerschaftliches Teilen der Verantwortung - Erfahrung, eine Betreuungsperson zu sein ▪ vergrößert Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen ▪ bedeutend für Gerechtigkeitssinn Gerechtigkeit für Nahebeziehungen große Bedeutung der Ehe und Familie für Zusammenleben der Generationen → rechtlich-institutionelle Verfestigung, Unterstützung und Regulation vor Hintergurnd bestimmter Idealvorstellungen verheiratete Menschen genießen Vorteile und haben Pflichten rechtliche Regelungen für Lebensgemeinschaften werden jenen der Ehe zunehmend angenähert (Patchworkfamilien) inspiriert vom Gleichheitsgedanken → weiterführende Gerechtigkeitsüberlegungen# - Ausweitung der Bestimmungen des Ehe- und Familienrechts - grundsätzliche in Frage Stellung der Ehe als Statusgemeinschaft: ▪ Ehe → Privilegien ▪ problematische Bilder des Zusammenlebens von Ungleichen ▪ Privatisierung von Versorgungsleistungen, die eigentlich Aufgabe der Solidaritätsgemeinschaft wären → Wunsch nach Abschaffung der Ehe Utopie geht am Interesse vieler Menschen vorbei ignoriert: Recht auf Eheschließung → fundamentales Menschenrecht rechtliche Normen und Verfahren können beim Zerbrechen von Beziehungen produktive Rolle spielen und zwischen Betroffenen vermitteln staatliche Institutionen/Intervention wichtig bei: - Vernachlässigung, Quälen von Kindern - Gewalt an Frauen, Alten, Kranken - → Staat muss ausreichend Mittel abstellen (Verteilungsgerechtigkeit) Ungerechtigkeit durch Nahebeziehungen man kann sich nicht aussuchen, in welche Familie man hineingeboren wird → Menschen sind hinsichtlich der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen von Anfang an sehr unterschiedlich ausgestattet → Ungleichheiten: wirken sich auf gesamtes Leben aus - ausgleichend: hohe Steuern auf Erbschaft, Schenkung, Vermögen Ungleichheiten aufgrund der Art und Weise, wie Menschen ihr Zusammenleben in Nahebeziehungen organisieren: - herkömmliche Familie: ▪ Aufgabenverteilung → Zuschreibung von Tugenden ▪ Erschwerung des Reüssierens von Frauen im öffentlichen Leben → Warnung vor Retraditionalisierung der Geschlechterverhältnisse - Bevorzugung von Menschen, zu denen man nähere Beziehung hat: ▪ Familienangehörige → Nepotismus ▪ besonders (Möchtegern)Autokraten versorgen ihnen nahestehende Personen mit Posten und Ressourcen → Entgegenwirken durch Checks and Balances Gerechtigkeit in Bildung und Arbeitsleben Bildung: - Zweck an sich selbst - wesentliches Mittel zum selbstbestimmten Leben - Zugang zu Bildung sollte nicht davon abhängen, aus welchen Verhältnissen man kommt - jedes Kind soll gleiche Chancen auf möglichst gute, alters- und fähigkeitsadäquate Grundausbildung haben - Zugang zu höherer Bildung soll unabhängig von persönlicher Ausstattung mit Ressourcen gewährleistet sein - Verteilungsprinzip: Chancengleichheit, gekoppelt mit persönlichem Einsatz des Empfängers von Leistungen im Bildungswesen, die notwendig sind, um zu reüssieren Arbeitsleben: - westliche Gesellschaften um Arbeitsleben herum organisiert: ▪ Lukrieren eines Einkommens ▪ Bezugspunkt der Identität ▪ Quelle für Anerkennung ▪ Erzeugung von Ressourcen, die für das gute Leben gebraucht werden - Besteuerung von Arbeitseinkommen, Einheben von Versicherungsbeiträgen → Aufbringung der Mittel für den Sozialstaat - Gerechtigkeitsprobleme: ▪ Bewertung von Arbeitsleistungen: libertäre Sicht: Bewertungsaufgabe ganz dem Markt überlassen Gleichheitsperspektive: Markt produziert strukturelle Ungleichheiten (segregierter Arbeitsmarkt) ▪ in bestimmten Branchen selbst mit Vollzeitbeschäftigung nicht möglich, Einkommen zu erwirtschaften, das anständiges Leben gewährleistet → Ausbeutung Entgegensteuern durch Mindestlöhne: Aushandlung von Kollektivverträgen durch Sozialpartner ▪ zunehmende Verlagerung der Produktion von Gütern in Staaten mit niedrigeren Standards → Problematik der Ausbeutung im Arbeitsleben: Thema globaler Gerechtigkeit - viele schlecht bezahlte Tätigkeiten von größter Bedeutung für menschliches Zusammenleben - Gleichbehandlung im Sinne der Diskriminierungsfreiheit: ▪ erschwerend, wenn Menschen verschiedene Diskriminierungsgründe auf sich vereinen (Intersektionalität) ▪ bereits beim Zugang zum Arbeitsmarkt Diskriminierungsgefährdung ▪ Idealfall: ausschließlich jene Kriterien, die für Stelle von Belang sind, zählen (Qualifikationen) → wer Qualifikationen aufweist, verdient Stelle zu bekommen ▪ Freiheit von Diskriminierung = (auch) Freiheit von Belästigungen - Arbeit außerhalb des Erwerbslebens: ▪ Sorge für andere im personalen Nahraum ▪ aus Liebe und Loyalität erbrachte Leistungen chronisch unterbewertet → schlechte Bezahlung ▪ angemessene Honorierung von Pflegeleistung außerhalb des Erwerbslebens: Ansprüche an Staat:. Kindergeld. Pflegegeld Ansprüche an jene Personen, die davon profitieren:. Ehepartner. Lebensgefährte ▪ Erwerbsleben: angemessene Bewertung solcher Tätigkeiten - Prekarität vieler Arbeitsplätze → Forderung nach bedingungslosem Grundeinkommen ▪ Erwirtschaftung durch Besteuerung von Einkommen und Vermögen ▪ kontroverse Debatte dafür: lebenswürdige Umstände für alle Menschen dagegen: Instrumentalisierung jener, die sich durch ihre Arbeit an sozialen Kooperationen beteiligen sozialpolitisches Heil sollte nicht ausschließlich in (höherer) Bildung gesucht werden: nicht alle können/wollen sich bilden → deren Lebens- und Arbeitsbedingungen sind aus Perspektive der Gerechtigkeit ebenso bedeutsam Bildung als alleiniger Indikator für Fortschritt einer Gesellschaft: ungerecht all jenen gegenüber, die harte, schmutzige Arbeit leisten und wesentlichen Beitrag zum Funktionieren der Gesellschaft leisten → sollte besser finanziell honorier