Sokrates und Platon - Rechtsphilosophie der Antike PDF

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Julius-Maximilians-Universität Würzburg

Eric Hilgendorf

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ancient philosophy greek philosophy socrates plato

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This document discusses the teachings of Socrates and Plato, focusing on their views on justice, law, and the ideal state. The text explores the differences between these philosophers and the Sophists, as well as the key aspects of Plato's theory of Forms. It presents quotes from the philosophers and analyzes their arguments.

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Rechtsphilosophie der Antike II: Sokrates und Platon PROF. DR. DR. ERIC HILGENDORF 2 Sokrates geboren 470 v. Z. in Athen Zeitgenosse der Sophisten 399 v. Z.: Verurteilung zum Tode wegen Gotteslästerung und Verführung der Jugend „Ichweiß...

Rechtsphilosophie der Antike II: Sokrates und Platon PROF. DR. DR. ERIC HILGENDORF 2 Sokrates geboren 470 v. Z. in Athen Zeitgenosse der Sophisten 399 v. Z.: Verurteilung zum Tode wegen Gotteslästerung und Verführung der Jugend „Ichweiß, dass ich nichts weiß“ (aus der „Apologie“ des Sokrates - lesen!) 3 Erkenntnisgewinn durch das Gespräch „Sokrates, der Lehrer, tritt regelmäßig als Schüler auf. Nicht er will andere belehren, sondern von ihnen belehrt werden. Er ist der Unwissende, seine Philosophie tritt auf in der Gestalt des Nichtwissens. Umgekehrt bringt er seine Gesprächspartner in die Position des Wissenden. Das schmeichelt den meisten und provoziert sie, ihr vermeintliches Wissen auszubreiten. Erst im konsequenten Nachfragen stellt sich heraus, dass sie selbst die Unwissenden sind.“[ Wolfgang H. Pleger: Sokrates. Der Beginn des philosophischen Dialogs, 1998, S. 57. 4 Quelle: Wikipedia 5 Werke Sokratesselbst hat keine schriftlichen Werke hinterlassen. Wir kennen ihn vor allem aus der Darstellung Platons. Problem: korrekte Wiedergabe der sokratischen Positionen durch Platon? 6 Abgrenzung zu den Sophisten Sokrates (in der Darstellung Sophisten Platons)  SichereErkenntnis erlangt man Über die Wirklichkeit sind durch ein kritisches Verfahren: keine sicheren/objektiven Aufdeckung des Scheinwissens Aussagen möglich durch Hinterfragen von (Skeptizismus) Vorurteilen und tradierten Scheingewissheiten. In der Darstellung Platons ist Sokrates kein Skeptiker. Ob diese Darstellung zutrifft, ist jedoch umstritten. 7 Abgrenzung zu den Sophisten Das Gute (= Tugend Esgibt keine von der Seele) stellt Natur aus einen absoluten und vorgegebenen allgemein gültigen Werte. Wert dar (Platons Sokrates) 8 Abgrenzung zu den Sophisten Tugend Niemand ist in der ist erlernbar und Lage, sicheres Wissen erkennbar aufgrund zu erlangen, vielmehr der vernünftigen kann der rhetorisch Einsicht des Geschulte jeden Menschen. beliebigen Standpunkt überzeugend zu vertreten. Gemeinsamkeit mit den 9 Sophisten Wie die Sophisten stellt Sokrates den Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie. 10 Jacques-Louis David: Der Tod des Sokrates (1787) 11 Platon geboren 427 v.Z. in Athen Schüler des Sokrates; Lehrer des Aristoteles Gründung seiner Schule, der Akademie, im Jahre 387 v.Z. gestorben 347 v.Z. in Athen 12 Die Akademie – Ursprung der Universität Quelle: Wikipedia 13 Quelle: Wikipedia 14 Werke Politeia (Der Staat): Staat) befasst sich mit der Verwirklichung ethischer Werte im und durch den Staat (fertiggestellt 374 v.Z.) Nomoi (Die Gesetze): Gesetze) In diesem Werk hat Platon die Vorstellung von einem idealen Herrscher aufgegeben. Das Gemeinwesen wird durch Gesetze geregelt. 15 Platons Ideenlehre Unsere reale, materielle Welt stellt nur das Abbild einer unveränderlichen und ewigen Welt der Ideen dar. Diese einzelnen Ideen sind vorgegeben, d.h. sie existieren objektiv. Die ewigen und unveränderlichen Ideen sind der werdenden und vergehenden Realität gegenübergestellt (sog. Dualismus zwischen Idee und realem Gegenstand). Höhlengleichnis (Politeia 514a ff.) 16 17 Idee des Guten Von höchstem Wert ist die Idee des Guten, Guten nach der jeder Mensch strebt. Grund dafür ist seine unsterbliche Seele, die in das Reich der Ideen zurückkehren möchte. 18 Lehre Dem Menschen stehen zwei Arten der Erkenntnis offen: Erinnerung: Erinnerung Die Seele existiert vor dem Eintritt in den menschlichen Körper im Reich der Ideen. Dialektik: Dialektik Ideen werden erkannt, indem im Dialog Begriffe analysiert bzw. Thesen kritisch geprüft werden. 19 Platons Tugendlehre Platon unterscheidet zwischen drei Seelenteilen, die jeweils einer spezifischen Tugend zugeordnet sind. 20 Fähigkeiten und zugeordnete Tugenden Vernunft Weisheit Willen, Mut Tapferkeit Begierde Mäßigung 21 Platons Idealstaat Der Grund für die Staatenbildung der Menschen liegt in der Schwäche des Einzelnen. Platonorientiert sich bei seinem Staatsaufbau an seiner Vorstellung der drei Seelenteile: 22 Platons Idealstaat 1. Stand Philosophenkönige 2. Stand Verteidiger (Wächter) 3. Stand Erwerbstätige/Hand- werker 23 Platons Idealstaat Derübergeordneten Tugend der Gerechtigkeit entspricht die Gesamtordnung des Staates. 24 Platons Idealstaat Gütergemeinschaft: nur dem 3. Stand wird Privateigentum zugestanden. Frauenund Kinder sind gemeinsam. 25 Platons Idealstaat DieErziehung ist die Grundlage des Staatswesens: Staatswesens Durch sie werden diejenigen ausgewählt, die sich als Philosophenkönige eignen. Der ideale Staat wird von den Philosophenkönigen regiert, regiert da nur diese fähig sind, die Ideen zu schauen. 26 Platons Idealstaat Sokrates: „Wenn nicht... entweder die Philosophen Könige werden in den Staaten oder die jetzt so genannten Könige und Gewalthaber wahrhaft und gründlich philosophieren und also dieses beides zusammenfällt, die Staatsgewalt und die Philosophie,... eher gibt es keine Erholung von dem Übel für die Staaten, lieber Glaukon, und ich denke auch nicht für das menschliche Geschlecht, noch kann jemals zuvor diese Staatsverfassung nach Möglichkeit gedeihen und das Licht der Sonne sehen, die wir jetzt beschrieben haben.“ (Platon, Der Staat, 473 c-e) 27 Fragen  Washalten Sie von Platons Staatsmodell?  Kann ein Staatssystem legitim sein, das keine Demokratie ist?  Was halten Sie von der Idee eines „Philosophenkönigs“? 28 Kreislauf der Verfassungen Aristokratie (die Idealform) Timokratie Tyrannis (Herrschaft des (Geld-)Adels) (Einzelherrschaft) Oligarchie Demokratie (Herrschaft Weniger) (Volksherrschaft) 29 Fragen  Kennen Sie Beispiele für den Übergang von einer Demokratie zu einer Diktatur?  Gibt es auch heute noch entsprechende Tendenzen?  Welche Sicherungen existieren im Grundgesetz? 30 Kritik Die Idee der Gerechtigkeit wird zum Absolutum erklärt. Dadurch bleibt die persönliche Freiheit des Einzelnen außer Betracht. Platons Vorstellung von einer Welt der Ideen ist zu „statisch“, so dass eine Übertragung auf die heutige Zeit schwer fallen dürfte. 31 Kritik Platons Idealstaat weist durch seine vollkommene Ausrichtung an den Grundsätzen der (angeblichen) Sittlichkeit totalitäre Elemente auf (so insbes. Karl Popper) 32 Bedeutung PlatonsZwei-Welten-Lehre findet sich in der Geschichte der Philosophie immer wieder. Ergilt als Begründer des objektiven Idealismus Mitseiner Idee des absoluten Guten bereitet er den Weg zur monotheistischen Gottesvorstellung in Christentum und Islam. 33 Bedeutung Platon führt den Gerechtigkeitsgedanken konsequent durch und entwickelt die erste geschlossene Philosophie des Rechts. Rechts Sein Staatsmodell ist von der Einsicht geprägt, dass Gemeinwesen nur mit anerkannten sittlichen Werten und Pflichten funktionieren kann. 34 Fragen  Welche gemeinsamen Werte und Pflichten sind heute für eine Gesellschaft unverzichtbar?  Darf man es der Freiheit der Einzelnen überlassen, dem „Richtigen“ zu folgen oder nicht?  Wieviel Unterschiede verträgt eine Gesellschaft?  Welche Werte werden im Grundgesetz als fundamental angesehen? 35 Zitate „Nur wer selbst gerecht ist, kann das Gerechte lehren.“ „Tugend und Reichtum verhalten sich zueinander, als lägen sie je in einer Waagschale, deren eine sinkt, wenn sich die andere hebt.“ DieGerechtigkeit soll „jedem das ihm Zukommende geben“. 36 Zitate „Wenn zwei Knaben jeder einen Apfel haben und sie diese Äpfel tauschen, hat am Ende auch nur jeder einen. Wenn aber zwei Menschen je einen Gedanken haben und diese tauschen, hat am Ende jeder zwei neue Gedanken.“ „Es ist keine Schande nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.“ „Der Weise ist Führer und regiert, der Unwissende möge ihm folgen.“ „Die Philosophen sollen Könige, die Könige Philosophen sein.“ 37 Fortwirkung Früher Hauptvertreter der Metaphysik (Ideenlehre) Erheblicher Einfluss auf die Gedankenwelt des Christentums Prägt den Humanismus der Renaissance Wertplatonismus(noch in der dt. Rechtsprechung der 50er Jahre) Hermann Weinkauff (1894–1981), der 38 erste Präsident des Bundesgerichtshofs Nach »naturrechtlicher Auffassung [...] [sind] die äußeren, die sozialen Beziehungen der Menschen untereinander, zu den Dingen und zu den grundlegenden gesellschaftlichen Einrichtungen durch eine letzte, objektive, aus sich selbst heraus geltende, in ihren Umrissen erschaubare, rechtliche Geordnetheit gekennzeichnet. Es handelt sich um einen Bereich objektiven rechtlichen Sollens, der einer vorgegebenen Ordnung der Werte entspricht, der mit dem Anspruch auf ›schlechthinnige‹ Verbindlichkeit auftritt, der den positiven Rechtsordnungen, die sich in seinem Rahmen halten, erst ihre innere Verbindlichkeit verleiht, und der positive Rechtsnormen, die ihm grob widersprechen, ihrer rechtlichen Geltung entkleidet« (Hermann Weinkauff, NJW 1960, 1689). 39 BGH in Strafsachen „Die sittliche Ordnung will, dass sich der Verkehr der Geschlechter grundsätzlich in der Einehe vollziehe, weil der Sinn und die Folge des Verkehrs das Kind ist. Um seinetwillen und um der personhaften Würde und der Verantwortung der Geschlechtspartner willen ist dem Menschen die Einehe als Lebensform gesetzt.“ BGHSt 6, 52 f. (1954) 40 BGH in Zivilsachen Die Familie ist »nach der Schöpfungsordnung eine streng ihrer eigenen Ordnung folgende Einheit; Mann und Frau sind ›ein Fleisch‹. An diesen Urtatbestand [...] Rechtsformen gesellschaftlicher Art herantragen zu wollen, ist widersinnig. Stellung und Aufgabe von Mann und Frau [... sind] durchaus verschieden. Der Mann zeugt die Kinder; die Frau empfängt, gebiert und nährt sie und zieht die Unmündigen auf. Der Mann sichert, vor allem nach außen gewandt, Bestand, Entwicklung und Zukunft der Familie; er vertritt sie nach außen hin; in diesem Sinne ist er ihr ›Haupt‹« BGHZ 11, Anh. 34, 65. 41 Merkposten zu Platon 1. Lebensdaten: 427 – 347 v. Z. 2. Platons Ideenlehre: Die reale Welt ist nur ein Abbild der Welt der Ideen (Höhlengleichnis). 3. Ziel des Menschen, bzw. seiner unsterblichen Seele ist die Rückkehr in das Reich der Ideen. 42 Merkposten zu Platon 4. Tugendlehre: Aufteilung der Seele in Vernunft, Willen und Begierde. 5. Jedem Seelenteil wird eine bestimmte Eigenschaft zugeordnet: Weisheit, Tapferkeit und Mäßigung. 43 Merkposten zu Platon 6. Staatenbildung der Menschen aufgrund ihrer Schwäche. 7. Nach Platons Staatslehre ist der Staat in drei Stände gegliedert: Philosophenkönige, Krieger und Erwerbstätige. 44 Merkposten zu Platon 8. Den Philosophenkönigen, die auf Grundlage von Erziehung und Bildung ausgewählt werden, sollen uneingeschränkte Macht besitzen. 9. Nach Platons Kreislauf der Verfassungen lösen sich die verschiedenen Staatsformen untereinander ab. 10. Philos. Bedeutung: Platon gilt als Begründer des objektiven Idealismus 45 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !

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