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Frankfurt University of Applied Sciences
David Blanco
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These lecture notes cover fundamental concepts of finance, focusing on topics like financial terms, objectives, financial markets, and instruments. Includes an example of a balance sheet and income statement.
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Finanzierung David Blanco Bachelorstudiengang International Finance Prof. Dr. Christian Thier, Da...
Finanzierung David Blanco Bachelorstudiengang International Finance Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung Inhalt der Veranstaltung 1 Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele 2 Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung 3 Finanzmärkte und Finanzinstrumente Außenfinanzierung 4 I. mit Eigenkapital II. mit Fremdkapital 5 Innenfinanzierung 6 Anleihebewertung 7 Aktienbewertung 8 Kapitalstruktur und Verschuldungspolitik 9 Ausschüttungspolitik Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 1 1 Finanzwirtschaftliche Grundbegriffe und Ziele Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 2 Leistungs- und Finanzbereich Investment Finanzierungs- Auszahl- einzahlung ung Leistungs- Finanzbereich Finanzmärkte bereich (Finanz Assets) Einzahl- (Real Assets) Cashflow ung aus Assets Reinvestition Finanzierungs- auszahlung ▪ Reale Assets (z.B.Maschinen) produzieren für sich genommen keine Cashflows, nur im Unternehmenszusammenhang ▪ Cashflow aus Assets = Ein- minus Auszahlungen (im Leistungsbereich) = Leistungssaldo. Dieser kann negativ sein! Wo kommt dann das Geld her? ▪ An Finanzmärkten können zusätzlich Cashflows unabhängig von Leistungsströmen disponiert werden. Durch Verkauf von Finanz Assets. ▪ Finanz Assets (z.B. Aktien) verbriefen Rechte an Cashflows und produzieren daher von sich aus Cashflows ▪ Finanzierungssaldo = Finanzierungseinzahlungen minus -auszahlungen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 3 Finanzierungsentscheidungen ▪ Beispiele: − Aufnahme von Fremdkapital (Anleihen, Kredite) − Aufnahme von Eigenkapital (Ausgabe neuer Aktien) − Zahlung einer Dividende oder Gewinnthesaurierung? − Leasing − „Sale and lease back“ Finanzierungsentscheidungen − Führen i.d.R zu Zahlungsströmen durch Beschaffung finanzieller Mittel − beginnt in der Regel mit einer Einzahlung (im Gegensatz zu Investitionsentscheidungen, welche typischerweise mit einer Auszahlung beginnen). − kurzfristig (Liquiditätsbeschaffung) oder langfristig (Kapitalbeschaffung) ▪ Zur finanzwirtschaftlichen Bewertung von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen werden die daraus resultierenden Zahlungsströme analysiert. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 4 Vermögen und Kapital ▪ Vermögen: Gesamtheit aller (materiellen und immateriellen) Güter eines Unternehmens ▪ Kapital: Summe der dem Unternehmen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel ▪ Vermögen und Kapital sind spiegelbildlich zueinander: Kapital beschreibt die Mittelherkunft, Vermögen die Mittelverwendung. In Geldeinheiten stimmen Vermögen und Kapital überein. Aktiva Passiva ▪ Bilanz: Eigenkapital Vermögen Verbindlichkeiten − Bilanzgleichung: Vermögen = Verbindlichkeiten + Eigenkapital − Verbindlichkeiten (Fremdkapital /Schulden) sind vertragliche Zahlungsverpflichtungen in festgelegter Höhe − Reinvermögen/Eigenkapital = Vermögen - Verbindlichkeiten Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 5 Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ▪ Bilanz: Darstellung der Vermögenssituation (u.a. Schuldendeckungspotenzial) zum Stichtag Aktiva Passiva Aktiva Passiva 𝑉0 1000 𝐸𝐾0 300 𝑉1 1200 𝐸𝐾1 500 𝐹𝐾0 700 𝐹𝐾1 700 ▪ Gewinn- und Verlustrechnung (GuV): Ausweis des Erfolgs einer Periode + Ertrag 400 - Aufwand 200 GuV Gleichung: Ertrag – Aufwand = Erfolg = Erfolg 200 ▪ Haftungsfunktion des Eigenkapitals (EK): Aktiva Passiva + Ertrag 100 EK trägt - Aufwand 200 𝑉1 900 𝐸𝐾1 200 den Verlust = Erfolg -100 𝐹𝐾1 700 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 6 Liquidität und Solvenz ▪ Solvenz eines Unternehmens bedeutet grundsätzlich, dass mehr Vermögensgegenstände als Verpflichtungen vorhanden sind. Andernfalls ist das Unternehmen insolvent bzw. überschuldet Aktiva Passiva Vermögen Verbindlichkeiten Negatives Eigenkapital ▪ Liquidität eines Vermögensgegenstands: Wie schnell und problemlos läßt sich das Asset in Cash transformieren. ▪ Liquidität eines Unternehmens: Fähigkeit, fällige Verbindlichkeiten jederzeit uneingeschränkt erfüllen zu können ▪ Illiquidität (Zahlungsunfähigkeit) ist ein Grund für ein Insolvenzverfahren ▪ Liquiditätssicherung ist daher eine zwingende Nebenbedingung für alle finanzwirtschaftlichen Aktivitäten. ▪ Illiquidität und Insolvenz sind aber zwei verschiedene Dinge (Beispiel). Ein Liquiditätsengpass kann auch nur vorübergehend sein. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 7 Nicht-zahlungswirksame Geschäftsvorfälle und Abschreibungen ▪ Anschaffung eines Vermögensgegenstands (Asset) ist ein Aktivtausch; der Vermögensgegenstand wird zu Anschaffungskosten aktiviert. Aktiva Passiva Aktiva Passiva 𝐸𝐾 Asset 𝐸𝐾 Cash 𝐹𝐾 𝐹𝐾 ▪ Hier liegt eine Auszahlung vor, aber kein Aufwand in GuV! ▪ Die meisten Vermögensgegenstände verlieren mit der Zeit verbrauchs- oder wirtschaftlich bedingt an Wert (Wertverzehr). ▪ Der Wertverzehr wird in Form von Abschreibungen als Aufwand erfasst. ▪ I.d.R. durch planmäßige Abschreibungen über die Nutzungsdauer des Vermögensgegenstands. ▪ Zusätzlich können außerplanmäßige Abschreibungen erforderlich sein. ▪ Abschreibungen sind Aufwand, aber keine Auszahlung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 8 Rückstellungen ▪ Rückstellungen sind Verbindlichkeitspositionen in der Bilanz, die für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden sind. ▪ Beispiele sind Rückstellungen für Gewährleistungen oder für Pensionszahlungen an Mitarbeiter im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionsrückstellungen). ▪ Die Bildung von Rückstellungen stellt einen Aufwand dar, die Auflösung von Rückstellungen führt zu einem Ertrag in entsprechender Höhe. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 9 Vermögensstruktur und -veränderungen Zahlungsmittel (Bargeld + Sichtguthaben) Zugänge: Einzahlungen Abgänge: Auszahlungen Geldvermögen (Zahlungsmittel + (sonstige) Forderungen – Verbindlichkeiten) Zugänge: Einnahmen Abgänge: Ausgaben Reinvermögen (Geldvermögen + Sachvermögen) Zugänge: Erträge Abgänge: Aufwendungen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 10 Aufgabe 1.1 Vermögenseffekte bestimmter Geschäftsvorfälle ▪ Die Bluelight GmbH weist per 31. Dezember 2015 folgende stark vereinfachte Bilanz (in Mio. €) aus: Aktiva Passiva Kasse 10 Eigenkapital 25 Forderungen 15 Verbindlichkeiten 75 Anlagevermögen 75 ▪ Wie hoch sind Zahlungsmittelbestand, Geld-, Sach- und Reinvermögen der Bluelight GmbH zum Ende des Geschäftsjahres? ▪ Wie verändern sich diese Werte durch die folgenden Geschäftsvorfälle? Und was sind die Auswirkungen auf die GuV? 1) Die Bluelight AG kauft am 10. März 2016 eine neue Maschine zum Preis von 2 Mio. € auf Rechnung. 2) Die Bluelight AG bezahlt die Rechnung am 31. März 2016 per Überweisung. 3) Die Bluelight schreibt am 31. Dezember 2016 planmäßig 500.000 € auf die Maschine ab. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 11 Notizen zu Aufgabe 1.1 Beispiel 1.2: Bilanz und GuV Unternehmen A Unternehmen A 2017 und 2018 Bilanzen 2018 Gewinn- und Verlustrechnung (in Mio. EUR) (in Mio. EUR) Aktiva Passiva Umsätze 1509 2017 2018 2017 2018 Umsatzkosten (COGS) 750 Umlaufvermögen Kurzfristige Schulden Abschreibung 65 Kasse 104 160 Lieferantenkredite 232 266 Operativer Gewinn (EBIT) 694 Forderungen 455 688 Sonstige 196 123 Zinszahlungen 70 Vorräte 553 555 Gesamt 428 389 Vorsteuergewinn (EBT) 624 Gesamt 1.112 1.403 Steuern 212 Anlagevermögen Nettogewinn 412 Maschinen und Gebäude 1.644 1.709 Langfristige Schulden 408 454 Dividenden 103 Einstellung in Gewinnrücklagen 309 Eigenkapital Grundkapital 600 640 ▪ EBIT = earnings before Gewinnrücklage 1.320 1.629 Gesamt 1.920 2.269 interest and tax ▪ Unternehmen A hat 200 Gesamt 2.756 3.112 Gesamt 2.756 3.112 Mio. Aktien: a) Wie hoch war der ▪ Assets / Verbindlichkeiten werden aufgelistet gemäß ihrer Gewinn je Aktie (EPS)? Liquidität. Umlauf- bzw. kurzfristig ~ kleiner 1 Jahr b) Wie hoch war die ▪ Betriebskapital [(BK) = Umlaufvermögen – kurzfristige Dividende pro Aktie? Verbindlichkeiten] und Verschuldungsgrad (FK/EK) können aus der Bilanz ermittelt werden. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 13 Betriebskapital / Working capital Das Betriebskapital ist ein Maß für die Liquidität oder den kurzfristigen Finanzierungsbedarf. − Wenn es positiv ist, können die kurzfristigen Schulden mit den verfügbaren Mitteln zurückgezahlt werden. − Ist es negativ, besteht möglicherweise ein Liquiditätsproblem. Nehmen wir das Beispiel von der vorherigen Folie: Betriebskapital (Net Working Capital) im Jahr 2018 = Kurzfristiges Vermögen insgesamt - Kurzfristige Verbindlichkeiten insgesamt Net Working Capital in 2018 = 1.403 – 389 = 1.014 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 14 Cash Flow Analyse − Die Cashflow-Analyse beschreibt die Mittelzuflüsse und -abflüsse in einer Periode und gibt Aufschluss über die finanzielle Lage eines Unternehmens (z. B. Liquidität). − Der Netto-Cashflow einer Periode ist nicht der Reingewinn, da nicht zahlungswirksame Vorgänge im Reingewinn enthalten sind (z.B. Abschreibungen oder Neubewertung von Rückstellungen). − Die Grundlage für eine Cashflow-Analyse bilden die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung. 3 Komponenten zur Berechnung des Cashflows aus dem Vermögen: − Operativer Cashflow, der aus der Gewinn- und Verlustrechnung abgeleitet wird, indem nur zahlungswirksame Vorgänge berücksichtigt werden (oder die Abschreibungen vom EBIT abgezogen werden). − Nettoinvestitionen, die sich aus den Veränderungen des Anlagevermögens oder der Äquivalente ergeben, da sich diese Cashflows nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung widerspiegeln (kein Aufwand, da der Vermögenswert beim Erwerb erfasst wird). − Veränderung des Betriebskapitals / Working Capital (ähnlich zu Nettoinvestitionen, da sich die Veränderungen nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen) − Cashflow aus Vermögenswerten = operativer Cashflow – Netto-Investitionen - Nettoveränderung des Umlaufvermögens Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 15 Cash Flow Analyse Operativer Cashflow Netto Investitionen Veränderung in Net Working EBIT 694 Endbestand Capital + Abschreibung 65 Anlagevermögen 1.709 Endbestand NWC 1.014 - Steuern 212 - Anfangsbestand - Anfangsbestand Operativer Cashflow 547 Anlagevermögen 1.644 NWC 684 + Abschreibungen 65 Veränderung in Netto-Investitionen 130 NWC 330 Cashflow an Gläubiger Cashflow aus Assets Zinszahlungen 70 Operativer Cashflow 547 - Neues FK 46 - Netto-Investitionen 130 Cashflow an Gläubiger 24 - Veränderung in NWC 330 Cashflow an Aktionäre Cashflow aus Assets 87 Dividendenzahlungen 103 - Neues EK 40 Cashflow an Aktionäre 63 − Ist der Cashflow aus den Vermögenswerten positiv, kann er in Form von Zinsen, Rückzahlungen, Dividenden an die FK- und EK-Geber ausgeschüttet werden. − Ist er negativ, müssen die Investoren Zahlungen leisten (neues Kapital ist erforderlich), um ihn auszugleichen. − Der Cashflow aus Assets setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: − Cashflow aus assets = Cashflow an Gläubiger (FK-Geber) + Cashflow an Aktionäre (EK- Geber) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 16 Kapitalgeber: Welche Arten von Kapital gibt es? Was sind die wichtigsten Unterschiede? ▪ Ziele von Kapitalgebern müssen berücksichtigt werden ▪ Konditionen für Kapitalbereitstellung kommen auf Kapitalmarkt zustande Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 17 Bsp. Organisation des Finanzbereichs CEO CFO COO Treasurer Controller Interne Cash Kredit Steuern Kosten- Management Management rechnung Finanz- Managment Investitionen Finanzplanung buchhaltung information Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 18 Operationale Ziele und Aufgaben des Finanzbereichs ▪ Rentabilität − Maximierung der Erträge und Minimierung der Kosten für investiertes Kapital (bei gegebenem Risiko) − Je nach Zielen der Eigentümer (Vermögens- oder Entnahmemaximierung) ▪ Sicherheit − Steuerung (u.a. Begrenzung) der übernommenen Risiken − Angemessene Vergütung für die übernommenen Risiken ▪ Liquidität − Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit zu jedem Zeitpunkt − Strenge Nebenbedingung zur Existenzsicherung ▪ Unabhängigkeit − Begrenzung des Einflusses von Gläubigern durch z.B. Sicherheitsleistungen, Mitsprache- oder Kontrollrechte Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 19 Das Prinzipal-Agent-Problem von Unternehmen ▪ Bei großen Unternehmen ist das Eigentum auf eine große Zahl von Aktionären verteilt. ▪ Die Aktionäre (Prinzipale) stellen Manager (Agenten) ein, die das Unternehmen im Interesse der Eigentümer lenken. Eigentum und Management sind also getrennt. ▪ Daraus ergibt sich ein so genanntes Agency-Problem: Handeln die Agenten wirklich im Interesse der Prinzipale? ▪ Manager könnten auch ihre eigenen Interessen verfolgen (z. B. hohes Gehalt, Macht, Ansehen), die nicht unbedingt mit den Interessen der Eigentümer übereinstimmen. ▪ Manager haben mehr Informationen als die Eigentümer (Informationsasymmetrien) ▪ Beispiele für Agency-Cost: ▪ Managementvergütung (Gehälter, Boni,...) und Sozialleistungen (Jets, Autos, Büros,...) ▪ Aufbau eines Imperiums ▪ Monitoring, Rechnungsprüfung,... ▪ Der Prinzipal muss die Agenten dazu bringen, im Interesse des Prinzipals zu handeln (durch Anreize und Kontrollen). Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 20 Aufgaben zu Kapitel 1 Aufgabe 1.3 Angenommen in dem Beispiel auf Folie 8 betrage der Verlust nicht 100, sondern 400 (d.h. Erfolg =-400). Was würde dann passieren? Und wie wirkt sich dies auf die verschiedenen Kapitalgeber aus? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 21 Aufgaben zu Kapitel 1 Aufgabe 1.4 Zwei Unternehmen A und B haben in ihrer Bilanz jeweils Vermögensgegenstände von 100 Mio. € und die unten angegebenen Finanzierungsstrukturen. Betrachten Sie wie sich der Wert von Eigenkapital und Fremdkapital verändert, wenn die Vermögensgegenstände aufgrund eines Gewinns bzw. Verlusts um 20% steigen bzw. sinken. Unternehmen A hat 10% Eigenkapital und 90% Fremdkapital Unternehmen B hat 40% Eigenkapital und 60% Fremdkapital Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 22 Aufgaben zu Kapitel 1 Aufgabe 1.5 Geben Sie jeweils einen Geschäftsvorgang an, der die nachfolgenden Bedingungen erfüllt: a) Einzahlungen, die keine Erträge sind b) Erträge, die keine Einzahlungen sind c) Auszahlungen, die keine Aufwände sind d) Aufwände, die keine Auszahlungen sind e) Einnahmen, die keine Erträge sind f) Erträge, die keine Einnahmen sind Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 23 2 Rechtsformwahl und Unternehmensbesteuerung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 24 Kriterien der Rechtsformwahl ▪ Die Rechtsform eines Unternehmens regelt die Rechtsbeziehungen des Unternehmens im Innenverhältnis und Außenverhältnis. Haftung (der Eigenkapitalgeber): unbeschränkte Haftung (mit Privatvermögen) / Leitungs- und Kontrollrechte: beschränkte Haftung (bis zur Höhe des eigentümer- / managementgeführt Eigenkapitals) Steuerbelastung: Höhe der Einkommen- und Gewinn-/Verlustbeteiligung: Wahl der Ertragsteuern Verteilungsschlüssel für Erfolge Rechtsform Mitbestimmung: Einschränkungen der Leitungs- und Kontrollrechte im Rahmen der Arbeitnehmermitbestimmung Finanzierungsmöglichkeiten: Zugang zu Eigen- und Fremdkapital (z.B. Kapitalmarkt) Publizitäts- und Prüfungspflichten: Verpflichtung zur Veröffentlichung und Prüfung von Jahres- und Zwischenabschlüssen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 25 Personen- und Kapitalgesellschaften Merkmal Personengesellschaft Kapitalgesellschaft Rechtsfähigkeit Partielle Rechtsfähigkeit Juristische Person Vertretung Gesellschafter Organe der Gesellschaft Haftung der Gesellschafter Unbeschränkt Beschränkt Haftung der Gesellschaft Gesamtschuldnerische Haftung Eigenkapital der Gesellschaft der Gesellschafter Verteilungsschlüssel Gesellschaftsvertrag Kapitalanteil Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 26 Deutsche Rechtsformen im Überblick Personengesellschaften Kapitalgesellschaften Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 27 Anzahl und Umsatz der Unternehmen nach Rechtsform Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 28 Die wichtigsten Unternehmenssteuern Steuerart Steuersubjekt Bemessungsgrundlage Steuertarif Ertragshoheit Gewerbesteuer Natürliche und Gewerbeertrag 3,5% × Gemeinde juristische (GewStG) Hebesatz Personen mit (der Gewerbebetrieb Gemeinde) Körperschaftsteuer Juristische Gewinn aus 15% Bund, Länder Personen Gewerbebetrieb (KStG) Einkommensteuer Natürliche Gewinn aus 14 − 45% Bund, Länder, Personen Gewerbebetrieb (EStG) (progressiv) Gemeinden Solidaritätszuschlag Natürliche und Einkommensteuer / 5,5% Bund, Länder, juristische Körperschaftsteuer Gemeinden Personen (SolZG) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 29 3 Finanzmärkte und Finanzinstrumente Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 30 Aufgaben der Finanzmärkte stellt liquide Mittel bereit Kapitalgeber Finanzmarkt Kapitalnehmer Erhält Beteiligung, Rück- zahlung, Entgelt, o.ä. 1. Zusammenführung von Kapitalangebot (durch Kapitalgeber) und Kapitalnachfrage (durch Kapitalnehmer) 2. Effiziente Kapitalallokation, d.h. sicherstellen, dass Kapital in die chancenreichsten Projekte fließt. 3. Preisfindung/Informationsfunktion, Laufende Bewertung von Unternehmen und Risiken 4. Risikotransfer, Risiken können separiert und weitergegeben werden Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 31 Transformationsfunktion der Finanzmärkte ▪ Kapitalgeber und Kapitalnehmer haben oft unterschiedliche Präferenzen: Geringe Hohe Anlagevolumen Anlagevolumen Haushalte Unternehmen Präferieren kurzfristige langfristige investieren mit beim Sparen/ Verfügbarkeit Kapitalbindung … Entsparen … Geringes Riskante Risiko Rückflüsse ▪ Finanzmarkt übernimmt entsprechende Transformationsfunktion: Finanzmarkt Größentransformation Fristentransformation Kapitalgeber Kapitalnehmer Risikotransformation Informationstransformation Räumliche Transformation Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 32 Was ist förderlich für den Handel an Finanzmärkten? ▪ Liquidität der Märkte/Instrumente: − kurzfristige Handelbarkeit bzw. Veräußerbarkeit gegen Cash ohne größere Wertabschläge ▪ Standardisierung: − Erhöht die Einfachheit und Vergleichbarkeit ▪ Information: − Relevante Informationen sollten frei, schnell und kostengünstig verfügbar sein ▪ Begrenzte Haftung: − Verluste sind auf das eingesetzte Kapital beschränkt Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 33 Wichtige Klassifikationen von Teilmärkten ▪ Anlass: − Primärmarkt (Emissionsmarkt): Ausgabe neuer Finanzinstrumente − Sekundärmarkt (Umlaufmarkt): Handel von schon emittierten Finanzinstrumenten ▪ Kapitalart: − Fremdkapital: Anleihen − Eigenkapital: Aktien ▪ Laufzeit: − Geldmarkt: Laufzeiten bis ca. ein Jahr − Kapitalmarkt: Laufzeiten größer als ein Jahr ▪ Organisationsgrad: − Börse: Institutionalisierung, Standardisierung, Aufsicht, Transparenz, Sicherheit − OTC-Markt: Individuelle Vereinbarungen zwischen den handelnden Parteien ▪ Gattung: − Kassamarkt: Handel von Kassainstrumenten − Terminmarkt: Handel von Termingeschäften (Derivaten) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 34 Rolle der Finanzintermediäre ▪ Finanzintermediäre sind Institutionen, die verschiedene Aufgaben bei der Zusammenführung von Kapitalangebot und -nachfrage übernehmen. Finanzintermediäre Kapitalgeber Finanzmärkte Kapitalnehmer Finanzintermediäre Quelle: Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber, Bankbetriebslehre, 4. Auflage, Berlin Heidelberg 2007 ▪ Beispiele: Banken, Fondsgesellschaften, Versicherungen,... ▪ Intermediäre unterstützen die Transformationsfunktion der Finanzmärkte ▪ Aufgaben von Finanzintermediären: − Schaffung von Liquidität − Erleichterung der Partnersuche (Losgrößen- und Fristentransformation) − Senkung des Informationsbedarfs − Risikostreuung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 35 Finanzinstrumente – Überblick Eigenkapital Fremdkapital (Beteiligung) (Forderungen) Public trading Aktien Anleihen (Börsenhandel) Hybrids, Derivatives Private capital (eingeschränkte Private Equity Kredite Handelbarkeit) ▪ Aktien stellen Eigentum an einem Unternehmen dar und begründen einen Anspruch auf einen Teil der Vermögenswerte und Erträge des Unternehmens. ▪ Wenn Sie eine Anleihe kaufen, leihen Sie dem Emittenten im Wesentlichen Geld gegen regelmäßige Zinszahlungen und die Rückgabe des Nennwerts. ▪ Private Equity bezieht sich auf Investitionen in Unternehmen, die sich in Privatbesitz befinden. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 36 Derivative ▪ Derivate sind Finanzinstrumente, deren Wert sich vom Wert eines Basiswerts (Index, Zinssatz oder einer anderen Referenz) ableitet. ▪ Sie werden zur Absicherung von Risiken, für Spekulationen oder für Anlagestrategien verwendet. Beispiel: ▪ Forward / Termingeschäfte: Individuelle bilaterale Vereinbarungen über den Kauf oder Verkauf eines Vermögenswerts zu einem zukünftigen Zeitpunkt und zu einem heute vereinbarten Preis. Verpflichtung zum Kauf oder Verkauf. OTC. ▪ Futures: Ähnlich wie Terminkontrakte, aber standardisiert und an organisierten Börsen gehandelt. ▪ Optionen: Optionen geben dem Inhaber das Recht, aber nicht die Verpflichtung, einen Basiswert zu einem bestimmten Preis vor oder zu einem bestimmten Verfallsdatum zu kaufen oder zu verkaufen. Der Käufer zahlt für dieses Recht eine Prämie. ▪ Swaps: Verträge, bei denen zwei Parteien vereinbaren, Cashflows oder Finanzinstrumente über einen bestimmten Zeitraum auszutauschen (z. B. Zinsswaps, Währungsswaps). Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 37 Aufgaben von Finanzinstrumenten ▪ Investition/Kapitalanlage: Kapital, das aktuell nicht gebraucht wird, wird am Finanzmarkt angelegt, um bestimmte Ziele zu erreichen, z.B. Vermögensvermehrung. Beispiele: − Endverbraucher (Sparer) − Versicherung − Unternehmen mit betrieblicher Altersvorsorge ▪ Spekulation: Positionierung für bestimmte, antizipierte Marktentwicklungen. Beispiele: − taktisches Portfoliomanagement − Hedgefonds ▪ Absicherung: Reduktion der Risiken aus bestimmten Aktivitäten durch Weitergabe an den Finanzmarkt. Beispiele: − Banken steuern so z.B. ihre Zinsrisiken − Realwirtschaft z.B. ihre Währungsrisiken Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 38 Eigenkapitalinstrumente ▪ Kapitalüberlassung in der Regel unbefristet − Gewinn- und Verlustbeteiligung − vom Unternehmenserfolg abhängiger Zahlungsanspruch (Residualanspruch) − Leitungs- bzw. Mitspracherechte ▪ Zahlungsströme: 𝐷1 𝐷2 … 𝐷𝑡 𝑆𝑇 𝑆0 = Kaufpreis 𝐷𝑡 = Dividende 𝑆𝑇 = Verkaufspreis 𝑆0 ▪ Gewinnmöglichkeit für Anleger durch: − Unternehmen schütten einen Anteil des Gewinns als Dividende aus − Wertzuwachses der Aktie − Beides ist unsicher ▪ Handelbarkeit: Nur Anteile an Kapitalgesellschaften sind übertragbar. − GmbH-Geschäftsanteile werden nur außerbörslich übertragen. − Anteile (Aktien) von AG können an Wertpapiermärkten gehandelt werden. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 39 Stamm- und Vorzugsaktien ▪ Stammaktien − gewähren dem Inhaber sämtliche Aktionärsrechte gem. AktG − insbesondere das Stimm- und Auskunftsrecht in der Hauptversammlung sowie − einen Anspruch auf den anteiligen Bilanzgewinn. ▪ Vorzugsaktien − gewähren bestimmte Vorrechte gegenüber Stammaktien, z.B. bei der Gewinnverteilung (höhere Dividende) − oder im Fall der Liquidation: Vorrang vor Stammaktien. − Im Gegenzug gilt bei Vorzugsaktien i.d.R. ein Ausschluss des Stimmrechts. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 40 Beispiel: Übernahmekampf Porsche – Volkswagen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 41 Fremdkapitalinstrumente ▪ Kapitalüberlassung befristet − Keine Gewinn- und Verlustbeteiligung (Ausnahme Insolvenz/Liquidation) − Keine Leitungs- bzw. Mitspracherechte (Ausnahme Insolvenz/Liquidation) − Vertragliches Recht auf vereinbarte Zahlungsströme ▪ Zahlungsströme einer Standardanleihe 𝑍1 𝑍2 … 𝑍𝑇 𝑃0 = Ausgabepreis 𝑍𝑡 = Kupon 𝑍𝑇 = Kupon + Rückzahlung Nennwert 𝑃0 − Der Kupon/Zins ist das Entgelt für die Kapitalüberlassung. − Am Ende der Laufzeit (Fälligkeit) erfolgt Rückzahlung des Kapitals (Nennwert) ▪ Verschiedene Formen: − Feste Verzinsung oder variable Verzinsung − Rückzahlung des Kapitals über die Laufzeit oder am Ende − Handelbar (z.B. Anleihe) oder nicht handelbar (z.B. Darlehen) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 42 Darlehen und Anleihen ▪ Darlehen: (eine der wichtigsten langfristigen FK-Finanzierungen) − Darlehensgeber ist verpflichtet zur Auszahlung des vereinbarten Geldbetrags, der Darlehensnehmer zur Zahlung der Zinsen und zur Rückzahlung des Darlehens − Vertrag zwischen Darlehensnehmer (Kapitalnehmer) und Darlehensgeber (Kapitalgeber). Es ist kein Wertpapier und nicht handelbar. − Kapitalgeber sind meist Kreditinstitute, aber z.B. auch Versicherer. ▪ Anleihe (Inhaberschuldverschreibung): − Verbriefte langfristige Fremdfinanzierungsinstrumente d.h. handelbar. − Es gibt eine Vielzahl von Bezeichnungen, z.B. Anleihen, Obligationen, Pfandbriefe, Notes, Bonds, Renten. ▪ Der Markt lässt sich z.B. anhand der folgenden Merkmale segmentieren: − Emittenten (z.B. öffentlicher Sektor, Kreditinstitute, Unternehmen) − Besicherung (Deckungsmasse, Rang) oder Rating − Verzinsung (fest, variabel, ohne) − (Rest-)Laufzeit (kurz-, mittel-, langfristig) − Währung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 43 Aufgabe 3.1 – 10-Minuten-Test Am Markt notieren Stammaktien und Vorzugsaktien eines Unternehmens. Der Kurs der Stammaktie (St) beträgt 60 €, der Kurs der Vorzugsaktie (Vz) 70 €. Ein Hedgefonds-Manager ist der Ansicht, dass die Vorzugsaktie relativ zur Stammaktie überbewertet ist und möchte mit einer Long/Short-Equity-Strategie davon profitieren. Verkauf Vz zu 70 € HEUTE HF leiht Vz Markt Hedgefonds Versicherung Kauf St zu 60 € Sicherheiten Rückgabe Vz SPÄTER Kauf Vz zu 72 € + Gebühr 1 € Markt Hedgefonds Versicherung Verkauf St zu 65 € Sicherheiten a) Wie hoch ist der Gewinn bzw. Verlust des Hedgefonds-Managers in diesem Szenario? b) Wie hoch wäre der Gewinn bzw. Verlust des Hedgefonds-Managers, wenn die Stammaktie auf 55 € und die Vorzugsaktie auf 62 € fallen würde? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 44 Lösung zu Aufgabe 3.1 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 45 Aufgabe 3.2 Ein Leerverkauf (Short Sale) ist der Verkauf eines Assets 𝑆 ohne dieses zu besitzen. Er wird dadurch realisiert, dass der Short Seller sich das Asset 𝑆 leiht (er geht damit die Verpflichtung ein, das Asset zu einem späteren Zeitpunkt 𝑇 wieder zurückzugeben) und es dann verkauft. Ein Forward ist die Vereinbarung ein Asset 𝑆 zu einem bestimmten Zeitpunkt 𝑇 zu einem festen Preis 𝐹𝑇 zu kaufen (oder zu verkaufen). Die Vereinbarung ist bindend. Eine Aktie 𝑆 notiert aktuell bei einem Kurs von 10€. Ein Jahr später ist die Aktie auf 11€ gestiegen (Fall 1) bzw. auf 9€ gefallen (Fall 2). a) Bestimmen Sie den Gewinn/Verlust eines Short Sellers der Aktie (er muss die geliehene Aktie in einem Jahr zurückgeben) in Fall 1 und Fall 2. b) Bestimmen Sie den Gewinn/Verlust eines Forwards zum Verkauf der Aktie in einem Jahr zum Preis von 10€ im Fall 1 und Fall 2. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 46 Lösung zu Aufgabe 3.2 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 47 4 Außenfinanzierung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 48 Grundbegriffe und Gliederungskriterien von Finanzierungsformen ▪ Gliederung nach Mittelherkunft: − Außenfinanzierung: Zuführung finanzieller Mittel durch Externe − Innenfinanzierung: Interne Freisetzung finanzieller Mittel ▪ Gliederung nach Haftung / Rechtsstellung der Kapitalgeber − Eigenkapital: Leitungsfunktion, Haftungsfunktion und Gewinnbeteiligung − Fremdkapital: Keine Leitungsfunktion, keine Haftungsfunktion und keine Gewinnbeteiligung, dafür vertragliche Zahlungsströme ▪ Weitere Kriterien zur Gliederung von Finanzierungsformen: − Fristigkeit: langfristige, mittelfristige, kurzfristige Finanzierung − Anlass: Gründungs-, Erweiterungs-, Um-, Sanierungsfinanzierung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 49 Gründungsfinanzierung der Aktiengesellschaft ▪ Die Aktiengesellschaft (AG) hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital (GK). ▪ Der Mindestnennbetrag des Grundkapitals beträgt 50.000 €. ▪ Üblicherweise erfolgt die Finanzierung durch Übernahme der Aktien gegen Bareinlage (Bargründung), möglich ist aber auch eine Sachgründung. ▪ Aktien sind veräußerlich und vererbbar, falls in der Satzung nichts anderes festgelegt ist. ▪ Aktien können als Nennbetragsaktien/Nennwertaktien oder als nennwertlose Stückaktien ausgegeben werden. ▪ Gewinnanteil und Stimmrecht bestimmen sich nach dem Anteil am GK. ▪ In der Satzung kann bestimmt werden, dass verschiedene Aktiengattungen bestehen, die sich hinsichtlich der Rechte unterscheiden: − Verteilung des Gewinns bzw. Liquidationserlöses: Stamm- / Vorzugsaktien − Stimmrecht in der Hauptversammlung: Stamm- / Vorzugsaktien − Übertragbarkeit: Inhaberaktien, Namensaktien, vinkulierte Namensaktien Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 50 Kapitalerhöhung der Aktiengesellschaft ▪ Maßnahmen zur Beschaffung zusätzlichen Eigenkapitals gemäß AktG: − Ordentliche Kapitalerhöhung: Ausgabe neuer (junger) Aktien gegen Einlagen (Bar- oder Sacheinlagen) − Bedingte Kapitalerhöhung: Ausgabe von Umtausch- oder Bezugsrechten auf neue Aktien (Bezugsaktien) − Genehmigtes Kapital: Ermächtigung des Vorstands durch die Hauptversammlung zur Durchführung einer späteren ordentlichen Kapitalerhöhung ▪ Zusätzlich gibt es die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, die aber nicht zu einem Zufluss finanzieller Mittel führt. ▪ Kapitalerhöhung muss von der Hauptversammlung beschlossen werden. ▪ Eigenkapitalpositionen in der Bilanz: Eigenkapital Grundkapital Kapitalrücklage 𝐸𝐾 = 𝐺𝐾 + 𝐾𝑎𝑝𝑖𝑡𝑎𝑙𝑅𝐿 + 𝐺𝑒𝑤𝑖𝑛𝑛𝑅𝐿 Gewinnrücklage ▪ Das Grundkapital übersteigende Beträge fließen in die Kapitalrücklage. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 51 Kapitalerhöhung (KE) der Aktiengesellschaft 𝐺𝑟𝑢𝑛𝑑𝑘𝑎𝑝𝑖𝑡𝑎𝑙 ▪ Rechnerischer Nennwert einer Aktie 𝑁𝑊𝑟𝑒𝑐ℎ = 𝐴𝑛𝑧𝑎ℎ𝑙 𝑑𝑒𝑟 𝐴𝑘𝑡𝑖𝑒𝑛 (funktioniert sowohl bei Nennwert- als auch bei Stückaktien) 𝑁𝑊𝑟𝑒𝑐ℎ 1 ▪ Eine Aktie verbrieft den 𝐴𝑛𝑡𝑒𝑖𝑙 𝑎𝑚 𝐺𝐾 = 𝐺𝐾 = 𝐴𝑛𝑧𝑎ℎ𝑙 𝑑𝑒𝑟 𝐴𝑘𝑡𝑖𝑒𝑛 ▪ Bezeichnungen: 𝐾𝑎𝑙𝑡 Kurs der alten Aktien (vor KE), 𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 Ausgabekurs der jungen Aktien, 𝐾𝑚𝑖𝑠𝑐ℎ Misch-Kurs, der sich nach KE einstellt, #𝑎𝑙𝑡 Anzahl der alten Aktien, #𝑗𝑢𝑛𝑔 Anzahl der jungen Aktien ▪ Junge und alte Aktien sind nach KE gleichgestellt! D.h. eine junge Aktie verbrieft denselben Anteil am Unternehmen wie eine alte. ▪ Ist 𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 > 𝑁𝑊𝑟𝑒𝑐ℎ , dann bezeichnet man die Differenz als Agio, d.h. 𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 = 𝑁𝑊𝑟𝑒𝑐ℎ + 𝐴𝑔𝑖𝑜 ▪ Bei Aktien ist zu unterscheiden Buchwert des Eigenkapitals (=Wert EK in Bilanz) und Marktwert 𝐸𝐾𝑀𝑊 = 𝐴𝑛𝑧𝑎ℎ𝑙 𝑑𝑒𝑟 𝐴𝑘𝑡𝑖𝑒𝑛 ∙ 𝐴𝑘𝑡𝑖𝑒𝑛𝑘𝑢𝑟𝑠 ▪ Ein Agio berücksichtigt, dass der Marktwert des EK (in der Regel) höher ist als der Buchwert. Nicht erlaubt ist 𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 < 𝑁𝑊𝑟𝑒𝑐ℎ (Kein Disagio) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 52 Funktionsweise einer ordentlichen KE Aufgabe 4-0 Eine Aktiengesellschaft gründet sich 2017 mit einem Grundkapital von 50.000 € aufgeteilt auf 1.000 Stückaktien. Kapitalrücklage und Gewinnrücklage betragen jeweils 0 €. Was ist der rechnerische Nennwert einer Aktie? Ein Jahr später (2018) beträgt der Wert des Unternehmens (d.h. Marktwert des Eigenkapitals) 500.000 €. Kapitalrücklage und Gewinnrücklage haben sich nicht verändert. Was ist jetzt der Wert einer Aktie? Die AG möchte über eine ordentliche Kapitalerhöhung zusätzliche Mittel in Höhe von 50.000 € aufnehmen. Wie viele junge Aktien müssen sie dafür neu ausgeben (zum aktuellen Marktpreis)? Welchen Anteil am Unternehmen verbriefen die jungen Aktien? Welchem Grundkapital (Anteil in %) entsprechen die jungen Aktien? Wie hoch ist das Grundkapital nach KE? Wie hoch ist die Kapitalrücklage nach KE? Wie hoch ist das EK (Buchwert) nach Kapitalerhöhung? Wie hoch ist der Marktwert des EK nach Kapitalerhöhung? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 53 Bezugsrecht der Altaktionäre bei ordentlicher Kapitalerhöhung (KE) ▪ Altaktionäre erhalten ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien (sie können eine bestimmte Anzahl junger Aktien zum Ausgabekurs kaufen). Die Bezugsrechte erfüllen zwei Zwecke: − Altaktionäre können eine Verwässerung ihrer Anteile verhindern. − Wert des Bezugsrechts (BR) kompensiert den durch die Kapitalerhöhung i.d.R. entstehenden Vermögensverlust. #𝑎𝑙𝑡 ▪ 𝐵𝑒𝑧𝑢𝑔𝑠𝑣𝑒𝑟ℎä𝑙𝑡𝑛𝑖𝑠 = 𝐵𝑉 = # 𝑗𝑢𝑛𝑔 #𝑎𝑙𝑡 ∙𝐾𝑎𝑙𝑡 +#𝑗𝑢𝑛𝑔 ∙𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 ▪ 𝐾𝑚𝑖𝑠𝑐ℎ = #𝑎𝑙𝑡 +#𝑗𝑢𝑛𝑔 𝐾𝑚𝑖𝑠𝑐ℎ −𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 𝐾𝑎𝑙𝑡 −𝐾𝑗𝑢𝑛𝑔 ▪ 𝐵𝑅 = 𝐾𝑎𝑙𝑡 − 𝐾𝑚𝑖𝑠𝑐ℎ = 𝐵𝑉 = 1+𝐵𝑉 (Wert des Bezugsrechts pro Altaktie) ▪ Das Bezugsrecht (BR) kann innerhalb der Bezugsfrist entweder ausgeübt oder verkauft werden. ▪ Bei börsennotierten Unternehmen wird das BR an der Börse gehandelt, der Aktienkurs fällt um den Wert des BR (Kurshinweis „ex BR“). Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 54 Ordentliche Kapitalerhöhung (I) Aufgabe 4.1 Die TelControl AG weist folgende stark vereinfachte Bilanz (in Tsd. €) aus. Das Grundkapital von 500.000 € ist aufgeteilt in 500.000 nennwertlose Stückaktien. Aktiva Passiva Vermögen 10.000 Grundkapital 500 Kapitalrücklage 1.250 Gewinnrücklagen 1.250 Verbindlichkeiten 7.000 Der aktuelle Marktkurs der Aktien ist 3€. Das Unternehmen möchte 600.000 € durch Ausgabe neuer Aktien aufnehmen. a) Wie viele Aktien werden neu an den Markt gebracht und zu welchem Preis? b) Wie ändert sich die Bilanz? c) Wie verändern sich die Anteile der Altaktionäre? d) Wie hoch ist der Marktkurs nach der Kapitalerhöhung? Betrachten Sie zunächst den Fall A Ausgabepreis = 3 € und anschließend Fall B Ausgabepreis = 2,40 € Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 55 Lösung zu Aufgabe 4.1 – Fall A Ausgabepreis 3€ Lösung zu Aufgabe 4.1 – Fall B Ausgabepreis 2,40€ Ordentliche Kapitalerhöhung (II) Aufgabe 4.1 (Fortsetzung) Im Fall B: a) Wie hoch ist der Wert des Bezugsrechts (BR), das ein Altaktionär pro Alt-Aktie erhält? Ein Aktionär hält 50.000 Aktien des Unternehmens und erhält 50.000 Bezugsrechte. Zudem hat der Aktionär 60.000 EUR auf einem Bankkonto. Betrachten Sie zwei Fälle 1. der Aktionär übt seine Bezugsrechte aus und 2. er verkauft seine Bezugsrechte am Markt. b) Wie groß ist jeweils sein Vermögen sowie der Anteil am Unternehmen vor und nach der Kapitalerhöhung? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 58 Lösung zu Aufgabe 4.1 – Fall B Aufgabe 4.2 – 10-Minuten-Test Sie führen die KultBier AG und wollen (Eigen-)Kapital von 15 Mio. € aufnehmen, um Investitionen vornehmen zu können. Die KultBier AG weist die folgenden Geschäftszahlen (in Mio. €) aus: Aktiva Passiva Vermögen 50 Grundkapital 6 Gewinnrücklagen 4 Kapitalrücklagen 10 Verbindlichkeiten 30 Das Grundkapital ist in 6 Mio. Stückaktien zerlegt, die an der Börse gehandelt werden. Der Kurs einer Aktie beträgt 5 €. a) Wie viele junge Aktien müsste die KultBier AG ausgeben, wenn die jungen Aktien zu einem Kurs von 4,80 € pro Aktie gezeichnet würden? b) Wie hoch wäre das Bezugsverhältnis? c) Welcher Kurs ergäbe sich nach der Kapitalerhöhung? d) Wie stellt sich die Bilanz des Unternehmens nach der Kapitalerhöhung dar? e) Was sind die Auswirkungen auf die Altaktionäre? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 60 Lösung zu Aufgabe 4.2 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln Keine (Außen-)Finanzierung ▪ Bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln werden Rücklagen in Grundkapital umgewandelt. Neue Mittel fließen also nicht zu. Aktiva Passiva Aktiva Passiva Grundkapital Grundkapital Vermögen Vermögen Kapitalrücklage Kapitalrücklage Verbindlichkeiten Verbindlichkeiten ▪ Entsprechend der Erhöhung des Grundkapitals werden neue Aktien ausgegeben, auf die Aktionäre ein nicht entziehbares Bezugsrecht haben. ▪ Da die Altaktionäre die jungen Aktien (Berichtigungsaktien) ohne Zuzahlung erhalten, werden diese häufig als Gratisaktien bezeichnet. ▪ Da sich das Vermögen des Unternehmens nicht verändert, die Anzahl der Aktien aber erhöht wird, reduziert sich der Kurs der Aktie entsprechend, so dass das Vermögen des Anlegers (rechnerisch) unverändert bleibt. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 62 Kurseffekt einer Umwandlung von Rücklagen in Grundkapital (Keine Finanzierung) Aufgabe 4.3 Das Grundkapital beträgt 500.000 € und ist aufgeteilt auf 500.000 nennwertlose Stückaktien. Aktiva Passiva Vermögen 10.000 Grundkapital 500 Kapitalrücklage 1.250 Gewinnrücklagen 1.250 Verbindlichkeiten 7.000 Das Grundkapital soll durch Umwandlung von Rücklagen um 100.000 € auf 600.000 € erhöht werden. Dazu werden 100.000 Gratisaktien ausgegeben. Jeder Altaktionär erhält also für je fünf alte Aktien zusätzlich eine neue Gratisaktie. Die alten Aktien haben ein Marktkurs von 3 €. a) Wie hoch ist der Marktwert des Eigenkapitals vor der Umwandlung? b) Wie hoch ist der (rechnerische) Aktienkurs nach der Umwandlung? c) Wie sieht die Bilanz des Unternehmens nach der Umwandlung aus? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 63 Lösung zu Aufgabe 4.3 Aufgabe 4.4 Die JurKap AG weist die folgende Bilanz (Beträge jeweils in Mio. €) aus. Das Grundkapital ist in 10 Mio. Aktien zerlegt, die an der Börse zu einem Kurs von 4 € notiert werden. Aktiva Passiva Vermögen 100 Grundkapital 10 Rücklagen 15 Verbindlichkeiten 75 Die JurKap AG beschließt eine ordentliche Kapitalerhöhung im Verhältnis 4:1. Der Ausgabekurs der jungen Aktien beträgt 3,60 €. a) Wie viele junge Aktien gibt die JurKap AG aus? Wie hoch sind die durch die Kapitalerhöhung zufließenden Mittel? Stellen Sie die Bilanz des Unternehmens nach der Kapitalerhöhung dar. b) Bestimmen Sie den rechnerischen Kurs des Bezugsrechts und den Aktienkurs nach der Kapitalerhöhung. Berechnen Sie das Vermögen eines Investors vor und nach der Kapitalerhöhung, wenn der Investor vor der Kapitalerhöhung 40 Aktien des Unternehmens besitzt und die Bezugsrechte zum rechnerischen Wert verkauft. c) Welchen Anteil am Unternehmen hält der Investor aus b) vor und nach der Kapitalerhöhung? d) Angenommen der Investor aus b) verkauft die Bezugsrechte nicht, sondern nimmt (voll) an der Kapitalerhöhung teil. Welchen Anteil am Unternehmen hat er dann nach der Kapitalerhöhung? Wie verändert sich sein Vermögen? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 65 Lösung zu Aufgabe 4.4 Lösung zu Aufgabe 4.4 Aufgabe 4.5 Die JodelFun AG weist zum 31.07.2010 die folgende Bilanz (in Mio. €) aus: Aktiva Passiva Vermögen 90 Grundkapital 10 Rücklagen 30 Verbindlichkeiten 50 Das Grundkapital von 10 Mio. € ist aufgeteilt in 10 Mio. nennwertlose Stückaktien. Die Aktie des Unternehmens wird mit 40 € an der Börse notiert. Die Hauptversammlung beschließt die Umwandlung von Rücklagen in Grundkapital. Dabei wird je zwei alte Aktien zusätzlich eine neue Aktie ausgegeben. a) Wie viele Berichtigungsaktien werden ausgegeben? b) Wie hoch ist der rechnerische Kurs nach der Kapitalmaßnahme? c) Wie sieht die Bilanz nach der Kapitalmaßnahme aus? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 68 Lösung zu Aufgabe 4.5 4.II Außenfinanzierung mit Fremdkapital Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 70 Charakteristika der Fremdfinanzierung ▪ Fremdkapital haftet nicht für Verluste, der Fremdkapitalgeber hat keine Leitungsrechte und keine Gewinnbeteiligung. ▪ Fremdfinanzierung nicht gesetzlich geregelt und vielfältig ausgestaltbar. ▪ Die folgenden Eigenschaften sind typisch für Fremdfinanzierungsformen: stellt heute liquide Mittel bereit Anleger Fremdkapital Emittent Verpflichtet sich vertraglich zur Rückzahlung + Zinsen In der Zukunft ≈ gewisse Unsicherheit − Das Kapital wird befristet überlassen, die Rückzahlung ist vertraglich festgelegt. − Für die Kapitalüberlassung werden periodisch oder einmalig Zinsen gezahlt. − Die Entgelte sind vertraglich festgelegt und i.A. nicht erfolgsabhängig. − Vertragliche Gegenleistung liegt in der Zukunft und ist damit unsicher. Daher werden dem Fremdkapitalgeber teilweise Sicherheiten gewährt. ▪ Fremdkapitalgeber sind Gläubiger des Unternehmens. Im Insolvenzfall sind Gläubigeransprüche höherrangig als die EK-Ansprüche Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 71 Formen der Kreditfinanzierung ▪ Die vielfältigen Formen der Kreditfinanzierung lassen sich z.B. bzgl. der folgenden Kriterien unterscheiden: − Fristigkeit: kurz-, mittel-, langfristig − Kreditgeber / Gläubiger: Kreditinstitut, Investoren (Kapitalmarkt), Lieferant − Verzinsung: fest, variabel, unverzinslich − Tilgung: periodisch, endfällig − Übertragbarkeit: verbrieft, unverbrieft − Besicherung: unbesichert, Personalsicherheiten, Sachsicherheiten − Rang: vorrangig, gleichrangig, nachrangig − Optionsrechte: Kündigungs- oder Wandlungsrechte des Gläubigers ▪ Zur Kreditfinanzierung zählen auch die (zumeist kurzfristigen) Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, z.B. Lieferantenkredite. ▪ Spezielle Finanzierungsformen wie z.B. Factoring oder Leasing werden als Kreditsubstitute oder Kreditsurrogate bezeichnet. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 72 Formen der Kreditsicherung Kreditfinanzierung Unbesichert (unsecured) Besichert (secured) Erstrangig Nachrangig Personalsicherheiten Sachsicherheiten (Senior Debt) (Subordinated Debt) Bürgschaft Hypothek / Grundschuld Garantie Pfandrecht Financial Covenants Schuldbeitritt Sicherungsübereignung (z.B. Mitsprache- oder Kündigungsrechte) Forderungsabtretung Eigentumsvorbehalt ▪ Unabhängig davon muss der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers prüfen (u.a.: Vergangenes Verhalten, Bilanzkennzahlen) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 73 Aufgabe 4.6 - Tilgungsplan Sie kaufen ein Notebook für 2.000 €. Der Verkäufer bietet Ihnen an, in 3 Raten von 680 € zu zahlen. Der Zinssatz beträgt 11,96% p.a. (dies entspricht 0,996% monatlich). Die Rate von 680 € setzt sich aus einer Tilgungs- und einer Zinszahlung zusammen. Die Zinsen werden immer auf den ausstehenden Darlehensbetrag gezahlt. Vervollständigen Sie den folgenden Tilgungsplan und bestimmen Sie den effektiven Zinssatz. Restschuld (€) t Rate (€) Zinsanteil (€) Tilgung (€) Periodenbeginn 1 2000 680 2 680 3 680 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 74 Zins- und Tilgungsanteil im Zeitablauf Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 75 5 Innenfinanzierung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 76 Aufgabe 5.1 Gegeben sei die folgende Unternehmensbilanz zum 31.12.2015 (alle Angaben in Mio. €). Das Unternehmen hat nur zwei Vermögensgegenstände A und B. Aktiva Passiva Asset A 100 Grundkapital 25 Asset B 5 Rücklagen 0 Verbindlichkeiten 80 Wie betrachten zwei Fälle a) Asset B wird in 2016 nicht abgeschrieben bzw. b) Asset B wird außerplanmäßig auf Null abgeschrieben. Weiter nehmen wir an, dass das Asset A nie abgeschrieben wird. Folgende Einträge in der GuV für 2016 seien gegeben: Umsatz 30 Abschreibung B ? Sonst. Aufwand -15 Zinsen -10 Gewinn vor Steuer ? Steuer ? Gewinn nach Steuer ? Cashflow vor Steuer ? Cashflow nach Steuer ? Erstellen Sie für die Fälle a) und b) die GuV 2016 sowie die Bilanz zum 31.12.2016. (Steuersatz 10%) Was ändert sich hinsichtlich der finanziellen Mittel, die dem Unternehmen zur Verfügung stehen? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 77 Lösung zu Aufgabe 5.1 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 78 Funktionsweise der Innenfinanzierung ▪ Im Gegensatz zur Außenfinanzierung werden bei der Innenfinanzierung finanzielle Mittel nicht von außen zugeführt. ▪ Die Finanzierungswirkung entsteht i.W. durch Desinvestitionen im Unternehmen. ▪ Für die Innenfinanzierung ist nicht der bilanzielle Gewinn, sondern der Zahlungsmittelüberschuss relevant. Innenfinanzierung ist nur bei einem positiven Cash Flow möglich (d.h. Einzahlungen > Auszahlungen). ▪ Für viele Unternehmen ist Innenfinanzierung die einzige Finanzierungsform. ▪ Vorteile der Innenfinanzierung: − Unternehmensleitung kann unabhängig entscheiden − Stärkung der Eigenkapitalbasis (und damit des Verlusthaftungspotentials) ▪ Nachteile der Innenfinanzierung: − Unzureichende Kontrolle durch externe Kapitalgeber − Fehlanreize für Investitionen mit geringer Rentabilität Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 79 Quellen der Innenfinanzierungsformen ▪ Die Innenfinanzierung erfolgt aus dem Cashflow (aus Umsatzerlösen) ▪ Umsatzerlöse werden in GuV wie folgt „heruntergebrochen“: Gewinn (nach Offene Steuern) Selbstfinanzierung zahlungswirksam Außerplanmäßige Stille Abschreibungen Selbstfinanzierung Nicht Planmäßige Finanzierung aus Abschreibungen Abschreibungen Bildung von Finanzierung aus Cash Flow aus Rückstellungen Rückstellungen Umsatzerlösen Aufwandsgleiche (pagatorische) Kosten (z.B. Keine Personalkosten, Finanzierungswirkung Materialkosten, Raumkosten) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 80 Formen der Innenfinanzierung Innenfinanzierung Selbstfinanzierung Finanzierung aus Finanzierung aus Finanzierung durch Abschreibungen Rückstellungen Umschichtungen Einbehaltung von Gewinnen Desinvestition durch Einbehaltung von Desinvestition durch Rückführung gebundener Zahlungsmitteln zur Rückführung gebundener Offene Selbstfinanzierung Finanzierungsmittel in Erfüllung zukünftiger Finanzierungsmittel in Stille Selbstfinanzierung Zahlungsmittel aus Verbindlichkeiten Zahlungsmittel aus der Umsatzerlösen Veräußerung (illiquider) Vermögenswerte (Kapitalfreisetzung) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 81 Offene Selbstfinanzierung (Thesaurierung von Gewinnen) ▪ Offene Selbstfinanzierung erfolgt durch Thesaurierung von ausgewiesenen Gewinnen und damit aus versteuertem Gewinn bzw. Einkommen. Aktiva Passiva Aktiva Passiva Thesaurierung 𝑉𝑒𝑟𝑚ö𝑔𝑒𝑛𝑡 100 𝐺𝐾𝑡 20 𝑉𝑒𝑟𝑚ö𝑔𝑒𝑛𝑡+1 100 𝐺𝐾𝑡+1 20 𝐾𝑎𝑠𝑠𝑒𝑡 0 𝑅ü𝑐𝑘𝑙𝑎𝑔𝑒𝑡 0 𝐾𝑎𝑠𝑠𝑒𝑡+1 5 𝑅ü𝑐𝑘𝑙𝑎𝑔𝑒𝑡+1 5 𝐹𝐾𝑡 80 𝐹𝐾𝑡+1 80 Gewinn = 5 Aktiva Passiva Ausschüttung 𝑉𝑒𝑟𝑚ö𝑔𝑒𝑛𝑡+1 100 𝐺𝐾𝑡+1 20 𝐾𝑎𝑠𝑠𝑒𝑡+1 0 𝑅ü𝑐𝑘𝑙𝑎𝑔𝑒𝑡+1 0 𝐹𝐾𝑡+1 80 ▪ Nicht zahlungswirksame Erträge (z.B. aus Zuschreibungen, der Auflösung von Rückstellungen) reduzieren den für die offene Selbstfinanzierung verwendbaren Gewinn. ▪ Die Entscheidung über Thesaurierung wird i.d.R. von den Gesellschaftern getroffen, teilweise gibt es jedoch auch einen gesetzliche Zwang zur (Teil-)Thesaurierung. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 82 Stille Selbstfinanzierung ▪ Stille Selbstfinanzierung entsteht, wenn durch Bewertungsmaßnahmen zu niedrige Gewinne ausgewiesen und dadurch stille Reserven entstehen. ▪ Stille Reserven entstehen i.W. durch folgende Maßnahmen: − Unterbewertung von Vermögenswerten (durch erhöhte Abschreibungen) − Nichtaktivierung aktivierungsfähiger Güter − Unterlassung von Zuschreibungen − Überbewertung von Rückstellungen ▪ Die nicht ausgewiesenen Gewinne stellen ein Finanzierungsvolumen dar. ▪ Ein Teil der stillen Selbstfinanzierung resultiert daher, dass die unausgewiesenen Gewinne auch unversteuerte Gewinne sind. ▪ Zu den gesparten Steuern kommt über die Zeit der Zinsgewinn aus der (zinslosen) Steuerstundung hinzu. ▪ Die stillen Reserven sind jedoch bei Auflösung zu versteuern sind, daher ist diese Finanzierung aus ersparten Steuern befristet. ▪ Die Möglichkeiten zur stillen Selbstfinanzierung sind in der Praxis wegen der handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften begrenzt. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 83 Aufgabe 5.2 – 10-Minuten-Test Die iKnow GmbH weist für das Jahr 2009 einen Gewinn in Höhe von 400.000 € aus. Zusätzlich wird angenommen, dass stille Reserven in Höhe von 20.000 € durch erhöhte Abschreibungen auf Maschinen gebildet wurden. Ohne diese stillen Reserven wäre ein Gewinn in Höhe von 420.000 € entstanden. Nehmen Sie außerdem an, dass Steuern auf den Gewinn in Höhe von 35% zu entrichten sind. a) Wie groß ist – bei voller Gewinn-Thesaurierung – jeweils der Finanzierungseffekt in den beiden Fällen I) ein Gewinn von 420.000 € wird ausgewiesen und II) ein Gewinn von 400.000 € wird ausgewiesen? b) Woher kommt der Unterschied? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 84 Lösung zu Aufgabe 5.2 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 85 Finanzierung aus Abschreibungen (planmäßige) ▪ Abschreibungen stellen Aufwand für den Wertverzehr eines Vermögenswerts dar. Nicht zahlungs- Abschreibung Cash Cash Flow aus wirksam Umsatzerlösen Sonst.Aufwand „bleibt übrig“ Gewinn ▪ Wenn der Wertverzehr dem Unternehmen in Form von Umsatzerlösen wieder zufließt und diese Mittel nicht für Ersatzinvestitionen reinvestiert werden müssen, dann stehen diese Mittel dem Unternehmen zur Verfügung. ▪ Da Abschreibungen als Betriebsausgaben den steuerpflichtigen Gewinn mindern, stehen die so zugeführten Mittel steuerfrei zur Verfügung. ▪ (Überhöhte Abschreibungen stellen eine stille Selbstfinanzierung dar und bleiben hier unberücksichtigt). Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 86 Funktionsweise der Finanzierung aus Rückstellungen ▪ Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden (§ 249 Abs. 1 HGB). ▪ Beispiele sind Rückstellungen für Gewährleistungen oder für Pensionszahlungen an Mitarbeiter (Pensionsrückstellungen). ▪ Die Bildung von Rückstellungen stellt Aufwand dar, die Auflösung von Rückstellungen führt zu einem Ertrag in entsprechender Höhe. Nicht zahlungs- Bildung RSt. Cash Cash Flow aus wirksam Umsatzerlösen Sonst.Aufwand „bleibt übrig“ Gewinn ▪ Ähnlich wie bei Abschreibungen entsteht ein Finanzierungseffekt, wenn die Aufwendungen für Rückstellungen in Form von Umsatzerlösen dem Unternehmen zufließen. ▪ Den Rückstellungen entsprechen zukünftige Zahlungsverpflichtungen (= FK), daher handelt es sich um Innenfinanzierung durch Fremdkapital ▪ Die Nettofinanzierungswirkung dieser Finanzierungsform resultiert wie bei der stillen Selbstfinanzierung aus der Steuerstundung. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 87 Finanzierung aus Pensionsrückstellungen Aufgabe 5.3 Welches (Netto-)Innenfinanzierungsvolumen ergibt sich, wenn die mainPod GmbH zusätzlich Pensionsrückstellungen in Höhe von 80.000 € für ihre Mitarbeiter bilden würde und den Gewinn voll thesauriert? ohne Rückstellungen mit Rückstellungen Gewinn vor Steuern und Rückstellungen 400.000 400.000 Pensionsrückstellungen Steuerpflichtiger Gewinn Steuern (pauschal 35%) Offene Selbstfinanzierung Finanzierung aus Rückstellungen Innenfinanzierung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 88 Lösung zu Aufgabe 5.3 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 89 Formen der Vermögensumschichtung ▪ Die zuvor beschriebenen Innenfinanzierungsformen basieren auf der Verwendung von (liquiden) finanziellen Mitteln aus Umsatzerlösen. ▪ Unabhängig vom Umsatzprozess können aber auch durch Umschichtungen im Vermögen liquide Mittel freigesetzt werden: − Veräußerung nicht betriebsnotwendiger Vermögenswerte − Reduzierung des Forderungsbestands durch die Verkürzung von Zahlungszielen oder den Verkauf von Forderungen (Factoring) − Reduzierung der Vorratshaltung − Sale-and-Lease-Back ▪ In allen genannten Fällen besteht eine starke Abhängigkeit vom leistungswirtschaftlichen Bereich. ▪ Durch den Verkauf von Vermögenswerten kommt es möglicherweise zur Aufdeckung von stillen Reserven und damit zu einem Wechsel von der stillen zur offenen Selbstfinanzierung. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 90 Sale-and-Lease-Back Kaufpreis Verkauftes Objekt Unternehmen Sale-and- Leasinggeber Lease-Back least zurück tlw. mit Rückkaufoption Miete ▪ Beispiel: Gebäude mit 2 Mio. € Buchwert und 3 Mio. € Marktwert. Effekte für den Verkäufer: − Gewinn von 1 Mio. € vor Steuer − Anlagevermögen reduziert sich um 2 Mio. € − Kasse steigt um 3 Mio. € − Optional: Schuldentilgung i.H.v. ca. 3 Mio. € (Bilanz wird 3 Mio. € kürzer, EK-Quote steigt) − Leasing Rate ist künftig zu zahlen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 91 Aufgabe 5.4 Eine AG weist einen Gewinn vor Steuern und Rückstellungen in Höhe von 5 Mio. € aus, der thesauriert werden soll. a) Wie unterscheiden sich allgemein offene und stille Selbstfinanzierung? b) Nehmen Sie an, dass der Gewinn um 300.000 € zu niedrig ausgewiesen ist, weil ein Zuschreibungswahlrecht nicht genutzt wurde. Wie hoch ist das dadurch entstandene zusätzliche Finanzierungsvolumen bei einem unterstellten pauschelen Steuersatz von 45%. c) Berechnen Sie das zusätzliche Finanzierungsvolumen bei einem Steuersatz von 45%, wenn Rückstellungen in Höhe von 1,2 Mio. € gebildet werden. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 92 Lösung zu Aufgabe 5.4 Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 93 6 Anleihenbewertung Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 94 Der Renditebegriff ▪ Beispiel 1: Vergleichen Sie die Wertentwicklung von drei Anlagen A, B und C. − A steigt in einem Jahr im Wert von 100 auf 105, − B steigt in einem Jahr im Wert von 200 auf 208 − C in zwei Jahren von 100 auf 109. (𝑉𝑇 −𝑉0 ) ▪ 𝑦𝑇 = 𝑉0 nennt man diskrete Rendite in der Periode 𝑇. Die Wertänderung ∆𝑉 = 𝑉𝑇 − 𝑉0 wird in Beziehung gesetzt zum eingesetzten Kapital 𝑉0. ▪ Umgestellt gilt: 𝑉𝑇 = 1 + 𝑦𝑇 ∗ 𝑉0 ▪ Rendite wird annualisiert (auf den Zeithorizont 1 Jahr umgerechnet) durch 1 𝑦1 = (1 + 𝑦𝑇 ) Τ𝑇 −1 ▪ Berechnen Sie die annualisierten Renditen von A, B und C aus Beispiel 1. Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 95 Beispiel: Apple-Anleihen Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 96 Bewertung von Anleihen ▪ In der Regel werden festverzinsliche Instrumente durch Berechnung des Barwerts unter Verwendung eines Diskontierungszinssatzes 𝑟 bewertet. ▪ Anleihe: (feste Lauftzeit 𝑇, konstante jährliche Zinszahlungen/Kupon 𝐶 und endfällige Rückzahlung) Zeitpunkt 0 1 2 T Cashflow 𝐶 𝐶 𝐶 + 𝑁𝑒𝑛𝑛𝑤𝑒𝑟𝑡 𝑇 𝐶𝐹𝑡 𝐶 𝐶 𝐶 𝐶 + 𝑁𝑒𝑛𝑛𝑤𝑒𝑟𝑡 𝑃𝑉 = = + +…+ + (1 + 𝑟)𝑡 (1 + 𝑟) (1 + 𝑟)2 (1 + 𝑟)𝑇−1 (1 + 𝑟)𝑇 𝑡=1 ▪ Beispiel: Nennwert 100 EUR, Laufzeit 2 Jahre, Kupon 5% pro Jahr, Diskontierungszins 10% Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 97 Zinssätze und Preise ▪ Zwei Arten von Zinssätzen: a) vertraglicher Zinssatz 𝑖 einer bestimmten Anleihe (fest über gesamte Laufzeit) b) Markt-Zinssatz 𝑟 von ähnlichen Anleihen, die neu an den Markt gebracht werden (ändert sich von Tag zu Tag) ▪ Der Erste (𝑖) wird benutzt, um die Cashflows der Anleihe zu berechnen, der zweite (𝑟) wird benutzt, um den Wert der Anleihe zu berechnen. ▪ Zinssätze (im Sinne von b)) ändern sich in der Zeit. Zinssätze von deutschen Staatsanleihen (Laufzeit 4 und 10 Jahre) ▪ Zinssätze hängen ab von: − Inflation − Laufzeit − Kreditwürdigkeit des Schuldners (rating) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 98 Rating-Kategorien von Rating Agenturen S&P Moody‘s ▪ Rating-Kategorien von Standard & Poor‘s (S&P) und AAA Aaa Moody‘s AA+ Aa1 AA Aa2 ▪ Aaa / AAA (Triple A) ist das höchste Rating, AA- Aa3 nach unten hin nimmt die Kreditwürdigkeit ab A+ A1 A A2 A- A3 BBB+ Baa1 Investment Grade BBB Baa2 BBB- Baa3 BB+ Ba1 BB Ba2 BB- Ba3 B+ B1 Non-Investment Grade / B B2 B- B3 Speculative Grade CCC+ Caa1 CCC Caa2 CCC- Caa3 CC Ca C Ausfall von Zahlungen D C Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 99 Marktrenditen und Preise ▪ Problem: Was ist der passende Zinssatz 𝑟 ? ▪ Möglichkeit 1: Verzinsung von vergleichbarem Finanzinstrument heranziehen ▪ Möglichkeit 2: Wähle 𝑟 so dass der aktuelle Preis 𝑃 mit dem Barwert übereinstimmt 𝑇 𝐶𝐹𝑡 𝑃= (1 + 𝑟)𝑡 𝑡=1 𝐶𝐹𝑡 ▪ Bei einer Anleihe heißt die Zahl 𝑦𝑌𝑇𝑀 so dass gilt: 𝑃 = σ𝑇𝑡=1 1+𝑦𝑌𝑇𝑀 𝑡 Rendite oder yield-to-maturity Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 100 Bewertung einer Anleihe mit der Rendite Aufgabe 6.1 Gegeben sei eine Anleihe mit vier Jahren Laufzeit, einem Kupon von 10% und einem Nennwert (Nominal) von 100 EUR. Berechnen Sie den Preis (Barwert) der Anleihe unter Verwendung der Diskontierungszinsen (Renditen) 9%, 10% und 11% Ziehen Sie daraus Schlussfolgerungen für den Preis einer Anleihe in den folgenden drei Fällen: Kupon > Rendite Kupon = Rendite Kupon < Rendite Angenommen die Anleihe wird zu 100 emmitiert und einen Moment später steigt die Rendite auf 11%. Wie hoch ist der neue Preis? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 101 Eigenschaften von Preisen und Renditen ▪ Preis und Rendite einer Anleihe entwickeln sich gegenläufig, d.h. steigende Renditen implizieren fallende Preise und umgekehrt. ▪ Renditeschwankungen sind das primäre Risiko bei Anleihen. ▪ Da eine Anleihe bei Fälligkeit zum Nennwert zurückbezahlt wird, nähert sich der Preis zum Laufzeitende dem Wert 100 (Pull-to-Par-Effekt). ▪ Wird die Anliehe also bis zur Fälligkeit gehalten, besteht kein Preisrisiko. ▪ Anleihen lassen sich allgemein wie folgt charakterisieren: − 𝑃 < 100: Anleihe notiert unter pari (Kupon < Rendite) − 𝑃 = 100 : Anleihe notiert zu pari (Kupon = Rendite) − 𝑃 > 100 : Anleihe notiert über pari (Kupon > Rendite) Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung | 102 Zerobonds (Diskontpapiere) ▪ Ein Zerobond ist eine Anleihe mit fester Laufzeit 𝑡 und fester Rückzahlung ohne laufende Zinszahlung (Kupon). Zerobonds werden i.d.R. mit Ausgabekurs < 100 emittiert und zum Nennwert 100 zurückbezahlt. Die Verzinsung entsteht aus der Differenz zwischen Kaufkurs und Rückzahlungskurs. P 100 Zeitpunkt 0 t 100 ▪ Für einen Zerobond gilt: 𝑃 = (1+𝑦1 )𝑡 (Barwert) 100 100 1Τ ▪ Für die Rendite gilt 𝑦𝑡 = 𝑃 − 1 und für die annual. Rendite 𝑦1 = ( 𝑃 ) 𝑡 −1 ▪ Beispiel: RLZ in J. Rendite Kurs Zerobond 1 0,5 ? 99,5 Zerobond 2 1 0,015 ? Zerobond 3 1 0,025 ? Prof. Dr. Christian Thier, David Blanco | Frankfurt University of Applied Sciences | Finanzierung