Schlaf im Alter - Handout (VL 6, HS24) PDF
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Myriam V. Thoma
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This document is from a lecture on sleep in older adults. It includes learning objectives, an introduction, definitions of sleep terminology and examples.
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Schlafveränderungen und Schlafstörungen im Alter Bildquelle: http://www.allfamousartists.com/salvador-dali-biography-paintings.php Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 1 Lernziel...
Schlafveränderungen und Schlafstörungen im Alter Bildquelle: http://www.allfamousartists.com/salvador-dali-biography-paintings.php Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 1 Lernziele der Veranstaltung Nach dem regelmässigen Besuch der Vorlesung und nach dem Studium des vorgegebenen Lernstoffes …... kann ich normale, altersbedingte Veränderungen im Schlaf von pathologischen Veränderungen im Schlaf unterscheiden.... kenne ich die wichtigsten Schlafstörungen (im Alter).... weiss ich, dass sich Schlaf als Reaktion auf psychische Störungen (z.B. Alzheimer- Demenz, Depression) und Pflegeheimunterbringung verändern kann.... kenne ich die diagnostischen Besonderheiten von Schlafstörungen. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 2 Bildquelle: https://www.nytimes.com/2012/11/04/opinion/sunday/seeing- things-hearing-things-many-of-us-do.html Einführung und Begriffsklärung Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 3 Einführung – Allgemeines (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Schlaf ist ein wichtiger Faktor für Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Schlafstörungen im Alter sind abzugrenzen von physiologischen Veränderungen des Schlafs im höheren Lebensalter (pathologische vs. normale physiologische Veränderungen). Schlafstörungen haben einen Einfluss auf das klinische Bild von geriatrischen Symptomen. Wichtig: Erkennen von Schlafstörungen, da diese behandelbar sind. Besonderes Augenmerk auf Heimbewohner*innen und auf Betroffene von Demenz. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 4 Einführung – Wichtige Begriffe aus der Schlafmedizin (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 5 Einführung – Normale altersabhängige Veränderungen (I) (Neubauer, 1999) Leichtschlaf (1, 2) Tiefschlaf (3, 4) Erhöhte Einschlaflatenz Frühmorgendliches Aufwachen Fragmentierter Schlaf Reduzierte Tiefschlaf- phasen Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 6 Einführung – Normale altersabhängige Veränderungen (II) (Neubauer, 1999) Leichtschlaf (1, 2) Tiefschlaf (3, 4) Erhöhte Einschlaflatenz Frühmorgendliches Aufwachen Fragmentierter Schlaf Reduzierte Tiefschlaf- phasen Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 7 Einführung – Normale altersabhängige Veränderungen (III) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014; Ohayon et al., 2004) Grösste Veränderungen des Schlafs bei 40- bis 70-jährigen Nach dem 70. Lebensjahr hauptsächlich Veränderungen in der Schlafeffizienz Alle 10 Jahre: Verminderung des Tiefschlafs um 2 %; Schlafeffizienz um 3 % Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 8 Bildquelle: https://www.celesteprize.com/artwork/ido:166317/?source=post_page Schlafstörungen allgemein Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 9 Hauptgruppe der Schlafstörungen (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 10 Bildquelle: https://paintingondemand.art /de/burne-jones-edward/die- dornenrose-studie-fur-die- schlafende-prinzessin-ca- 1881 Insomnie Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 11 Insomnie im Alter – Definitorische Kriterien (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Schlaf wird als ungenügend erlebt oder Patient*in erlebt sich nach üblicher Schlafzeit nicht erholt. Angegebene Schlafzeiten weichen i. d. R. deutlich von Normwerten ab. Soziale Leistungsfähigkeit beeinträchtigt oder Begleitsymptome wie Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Angst, Erschöpfung und Müdigkeit (= schwere Insomnie). Wenigstens 3 Tage pro Woche seit mind. 1 Monat. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 12 Häufigkeit von Insomnie (im Alter) (Theiss et al., 2009) NISAS-Studie „Nationwide Insomnia Screening and Awareness Study“ CGI-Skala (Clinical Global Impression Scale, Guy 1976) zur Einschätzung der Schwere einer Insomnie Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 13 Insomnie im Alter – Begünstigende Faktoren für die Entwicklung (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Höheres Lebensalter ≠ Risikofaktor für Insomnie Wesentliche Einflussfaktoren: Lebenszufriedenheit Sozialisation Psychische Gesundheit Komorbidität Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 14 Insomnie im Alter – Sekundäre Insomnie (Frohnhofen & Schlitzer, 2014; Netzer, Pramsohler & Frohnhofen, 2018) Mit höherem Lebensalter nimmt der Anteil der Insomnien mit identifizierbaren Ursachen (= sekundäre oder komorbide Insomnien) deutlich zu. Ursachen für sekundäre Insomnie: Depression, Angststörungen, somatische Erkrankungen, Demenzsyndrome, unbehandelter Schmerz, Immobilität und Bettlägerigkeit, unerwünschte Medikamenteneffekte, ungünstige Umgebung (Temperatur, Lärm), Nykturie*, fehlende Sozialkontakte, Einsamkeit und Sorgen. * Nykturie = mehrfaches Wasserlassen während der Nacht Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 15 Insomnie im Alter – Assoziierte Faktoren (I) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Erhöhte Sturzgefahr Deutliche Einschränkung in der Leistungsfähigkeit und Selbstversorgungsfähigkeit Höhere Mortalität Kognitive Probleme Unabhängiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Demenz Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 16 Insomnie im Alter – Assoziierte Faktoren (II) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Bei nicht-dementen älteren Menschen mit objektiven Veränderungen im Schlaf und subjektiven Schlafbeschwerden à Prädiktiv für kognitiven Abbau Jedoch noch unklare zugrundeliegende Wirkprozesse: „Ob Schlafstörungen frühe Symptome eines neurodegenerativen Prozesses darstellen oder kognitive Beeinträchtigungen durch eine Zunahme depressiver Symptome oder durch Veränderungen in der schlafabhängigen Gedächtniskonsolidierung hervorrufen können, ist noch umstritten.“ (Peter-Derex et al., 2015, S. 30) Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 17 Bildquelle: https://www.swissinfo.ch/ger/leben-und-altern/der-schlaf-in-der-kunst/41249042 Hypersomnie Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 18 Hypersomnie im Alter (I) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Einschlafen in Situationen, in denen Wachheit üblich oder erwünscht ist. Tagesschläfrigkeit im höheren Lebensalter ≠ normal oder belanglos Beeinträchtigung der Lebensqualität Führt bei älteren Menschen zu Funktionseinschränkungen im Alltag Prädisponiert zur Heimunterbringung Verschlechtert die Gehirnleistung Beeinflusst und modifiziert geriatrische Syndrome Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 19 Hypersomnie im Alter (II) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Somatische Erkrankungen assoziiert mit Hypersomnie: Herzinsuffizienz Fortgeschrittene Demenzsyndrome Depressive Episoden Exsikkose (Austrocknung des Körpers bei starkem Flüssigkeitsverlust, z.B. bei Diarrhö) Elektrolyt- und Blutzuckerentgleisungen Unerwünschte Medikamentenwirkungen Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 20 Hypersomnie im Alter – Häufigste Ursache (I) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Häufigste Ursache für Hypersomnie: schlafbezogene Atemstörungen (SBAS) SBAS = Abnormale Atmungsmuster, Atempausen, unzureichende Beatmung während des Schlafs Zu den häufigsten SBAS zählen das Upper-Airway-Resistance Syndrom und das obstruktive Schlafapnoe-Hypopnoe-Syndrom (à obstruktive Schlafapnoe, OSA) SBAS kommt bei mehr als der Hälfte von älteren Menschen vor Hat ungünstige Auswirkung auf allgemeine Gesundheit, Befindlichkeit, Funktionalität im Alltag und Hirnleistung Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 21 Hypersomnie im Alter – Häufigste Ursache (II) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Apnoe Reduktion des Atemgasflusses auf weniger als 20 % des Ausgangniveaus, für wenigstens 10 Sekunden. Hypopnoe Abnahme um wenigstens 50 %, für wenigstens 10 Sekunden. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 22 Hypersomnie im Alter – Häufigste Ursache (III) (Netzer et al., Somnologie, 2018) Diskutierte Zusammenhänge Zwischen erhöhter Prävalenz für Schlafapnoe im Alter & möglichen klinischen Folgen Bild- und Textquelle: Netzer et al., Somnologie, 2018 Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 23 Schlaf bei psychischen Störungen und Pflegeheimunterbringung Bildquelle: https://www.leahcaroline.com/sleep-dreams- and-redemption.html Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 24 Alzheimer-Demenz und Schlafstörungen – Allgemeines (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) 45 % der AD-Patient*innen haben Schlafstörungen Schlafstörungen kommen in allen Stadien von AD vor, jedoch korreliert der Schwergrad der Schlafstörungen mit der Ausprägung des kognitiven Abbaus Schlafstörungen gelten als wichtiger Risikofaktor für eine Institutionalisierung der AD- Patient*innen Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 25 Alzheimer-Demenz und Schlafstörungen – Ursachen (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Die Ursachen für Schlafstörungen bei Alzheimer-Demenz sind multifaktoriell Degeneration von neuronalen Pfaden, die den Schlaf-/Wachrhythmus und die Schlafarchitektur regulieren Somatische Erkrankungen / Störungen Psychiatrische komorbide Störungen Bidirektionalität: Schlafstörungen können kognitive Symptome verstärken durch eine Beeinträchtigung der schlafabhängigen Gedächtniskonsolidierung Behandlung von Schlafstörungen in AD: v. a. auf behavioraler Ebene Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 26 Depressionen und Schlafstörungen – Allgemeines (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Starker Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und Depressionen à altersunspezifisch! Insomnie und Hypersomnie sind typische Symptome bei Depressionen Insomnie = häufigste Schlafstörung bei depressiven Patient*innen Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 27 Pflegeheimunterbringung und Schlafstörungen – Allgemeines (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Einflussvariablen bei Pflegeheimunterbringung, die sich negativ auf den Schlaf (respektive zirkadianen Rhythmus) auswirken: Einsamkeit und Isolierung Absenkung der akustischen Weckschwelle im höheren Lebensalter Geringe Anregung von Aussen Fehlende Lichtexposition am Tag Dauerhafte Bettlägerigkeit à Entkopplung von äusseren Zeitgebern à Förderung eines irregulären Schlaf-Wach-Musters Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 28 Pflegeheimunterbringung und Schlafstörungen – Allgemeines (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Einflussvariablen bei Pflegeheimunterbringung, die sich negativ auf den Schlaf (respektive zirkadianen Rhythmus) auswirken: Einsamkeit und Isolierung Absenkung der akustischen Weckschwelle im höheren Lebensalter Geringe Anregung von Aussen Fehlende Lichtexposition am Tag Assoziiert mit Verfügbarkeit Dauerhafte Bettlägerigkeit von Pflegenden à Entkopplung von äusseren Zeitgebern à Förderung eines irregulären Schlaf-Wach-Musters Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 29 Diagnostik Bildquelle: https://www.pinterest.com/pin/415808978077487032/ Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 30 Diagnostik – Allgemeines (Netzer et al., 2018) “Eine gute schlafmedizinische Diagnostik setzt also die Kenntnis über bestehende Grunderkrankungen, besonders auch beim älteren Patienten voraus.” Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 31 Schlafanamnese – Screening zur Erfassung des Schlafes (I) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Um wie viel Uhr gehen Sie normalerweise zu Bett? Zu welcher Uhrzeit erwachen Sie morgens normalerweise? Fällt es Ihnen häufig schwer, einzuschlafen? Wie oft wachen Sie in der Nacht auf? Wenn Sie nachts aufwachen, fällt es Ihnen schwer, wieder einzuschlafen? Schnarchen Sie nachts oder haben Sie Atempausen? Bewegen Sie sich nachts heftig im Bett oder treten Sie um sich? Wissen Sie, ob Sie im Schlaf essen, umherlaufen, treten oder schreien? Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 32 Schlafanamnese – Screening zur Erfassung des Schlafes (II) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Fühlen Sie sich tagsüber überwiegend müde oder schläfrig? Schlafen Sie mehrfach tagsüber ein? Kommt es vor, dass Sie tagsüber einschlafen, ohne dies zu wollen? Wie viel Schlaf benötigen Sie, um sich wach und leistungsfähig zu fühlen? Nehmen Sie irgendwelche Präparate, um Ihren Nachtschlaf zu verbessern? Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 33 Algorithmen – Abklärung von Ein- und Durchschlafstörungen im Alter (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 34 Epworth Sleepiness Scale (ESS) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Achtung Anwendbarkeit bei multimorbiden Menschen ist eingeschränkt. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 35 Essener Fragebogen Alter und Schläfrigkeit (EFAS) (Frohnhofen & Schlitzer, 2014) Trait Sleepiness https://www.klinik-fuer- schlafmedizin.de/download/sonstiges/frageb oegen_der_dgsm/efas.pdf Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 36 Zusammenfassung Normale und pathologische Veränderungen im Schlaf Schlafstörungen im Alter häufig, v.a. die Insomnie Schlafstörungen durch altersbedingte Störungen (z.B. Alzheimer-Demenz) Pflegebedingte Unterbringung kann Schlaf negativ beeinflussen Wichtig: Diagnostik (à Schlafanamnese) Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 37 Referenzen Frohnhofen, H., & Schlitzer, J. (2014). Schlaf und Schlafstörungen beim alten Menschen. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 47(6), 527–537. Netzer, N., Pramsohler, S., & Frohnhofen, H. (2018). Schlaf beim alten Menschen. Somnologie, 22(4), 240–244. Neubauer, D. N. (1999). Sleep problems in the elderly. American Family Physician, 59(9), 2551–2558. Ohayon, M. M., Carskadon, M. A., Guilleminault, C., & Vitiello, M. V. (2004). Meta-analysis of quantitative sleep parameters from childhood to old age in healthy individuals: Developing normative sleep values across the human lifespan. Sleep, 27(7), 1255– 1273. Peter-Derex, L., Yammine, P., Bastuji, H., & Croisile, B. (2015). Sleep and Alzheimer's disease. Sleep Medicine Reviews, 19, 29–38. Theiss, K., Flick, U., & Garms-Homolová, V. (2009). Schlafstörungen im Alter: Häufigkeit und Verbreitung. Alice Salomon Hochschule. Schlaf im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 38