VL_5_Sucht+im+Alter_HS24_HANDOUT_c PDF
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PD Dr. Myriam V. Thoma
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This document is a lecture handout on addiction in old age. It covers topics like the epidemiology and clinical aspects of alcohol and drug use in older adults. It provides information on different diagnostic tools, treatment approaches, and prevention strategies related to substance use in older adults.
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Sucht im Alter Bildquelle:https://www.pinterest.com/pin/782852347705379796/ Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 1 Gliederung der Vorlesung (I) 16.09.2024 Einführung Klinische Gero...
Sucht im Alter Bildquelle:https://www.pinterest.com/pin/782852347705379796/ Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 1 Gliederung der Vorlesung (I) 16.09.2024 Einführung Klinische Gerontopsychologie (Präsenzformat) 23.09.2024 Demenz I (Präsenzformat) 30.09.2024 Demenz II (Präsenzformat) 07.10.2024 Depression und Suizidalität im Alter (Präsenzformat) 14.10.2024 Sucht im Alter (via Zoom) 21.10.2024 Schlafveränderungen und Schlafstörungen im Alter* 28.10.2024 Selbststudium (à keine Präsenzveranstaltung) * Keine Live Veranstaltung à Video auf OLAT hochgeschaltet Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 2 Gliederung der Vorlesung (II) 04.11.2024 Angst und somatoforme Störungen im Alter (Präsenzformat) 11.11.2024 Traumafolgestörungen im Alter (via Zoom) 18.11.2024 Resilienz im Alter (Präsenzformat) 25.11.2024 Healthy Aging* 02.12.2024 Innovationen und Interventionen im Alter (Präsenzformat) 09.12.2024 Wiederholung und Prüfungsvorschau (via Zoom) 16.12.2024 Prüfung (à 20.12.2024) * Keine Live Veranstaltung à Video auf OLAT hochgeschaltet Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 3 Lernziele der heutigen Veranstaltung Nach dem regelmässigen Besuch der Vorlesung und nach dem Studium des vorgegebenen Lernstoffes …... kann ich konkrete Aussagen zur Epidemiologie des Alkoholkonsums machen.... kenne ich die klinischen Aspekte der Alkoholkonsumstörung im Alter.... verstehe ich, weshalb die regelmässige Einnahme von bestimmten Benzodiazepinen im Alter gefährlich sein kann.... kenne ich die diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten von Suchterkrankungen im Alter. Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 4 Einleitung und Epidemiologie Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 5 Alkoholkonsum – Einleitung (Wolter, 2015a) Dänemark In Dänemark ist die „Rødvin Generation“ die heutige Bezeichnung für „junge Alte“ (60–75-jährige), zu deren Lifestyle der mehr oder weniger tägliche Konsum von alkoholischen Getränken gehört. Amerika In den USA wird pro Jahr Alkohol im Wert von 225 Milliarden Dollar verkauft. (https://www.aging.com/alcohol-abuse-amongst-the-elderly-a-complete-guide/) NCADD = National Council on Alcoholism and Drug Dependence Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 6 Alkoholkonsum – Einleitung (Wolter, 2015a) Zunahme des globalen Alkoholverbrauchs (pro Kopf) Gleichzeitig Zunahme des Anteils alkoholabstinenter Personen à Die aktiven Konsument*innen trinken heute mehr Alkohol als früher Abstinenzlernanteil nur in jüngeren Altersgruppen zunehmend à Heute trinken mehr alte Menschen Alkohol als früher. à Der Anteil älterer Menschen mit riskantem oder missbräuchlichem Konsum ist heute grösser als früher und wächst weiter (v. a. bei Frauen). Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 7 Alkoholkonsum – Epidemiologie (I) (Suchtmonitoring Schweiz für das Jahr 2016, 2019) Alkoholkonsum in der Schweiz Gegenwärtig alkoholabhängig: ≈ 250‘000 Episodisch und/oder chronisch risikoreich: ≈ 21% Höchste Konsummenge: 65- bis 74-jährige *CoRoIAR = Continuous Rolling Survey of Addictive Behaviours and Related Risks Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 8 Exkurs (Bundesamt für Gesundheit – Sektion Kampagnen, 2019) Das Standardglas Alkohol Das „reale“ Glas Alkohol Berechnung der Alkoholmenge in Gramm: ml * ( Vol.% / 100 ) * 0,8 = Gramm reiner Alkohol Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 9 Alkoholkonsum – Epidemiologie (II) (Suchtmonitoring Schweiz für das Jahr 2016, 2019) Täglicher Alkoholkonsum bei über 75-jährigen: 26.2 % (i.V.z. 1.2 % bei 20–24-jährigen) Trend seit 1992: Täglicher (= chronischer) Alkoholkonsum in Altersgruppe ab 65 Jahren zunehmend Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 10 Alkoholkonsum – Epidemiologie (III) (Suchtmonitoring Schweiz für das Jahr 2016, 2019; Vogt & Schmid, 2020) Anteil von Männern mit riskanten Trinkgewohnheiten deutlich höher als der von Frauen Riskante Trinkgewohnheiten (v.a. regelmässig risikoreich) bei gut einem Drittel der jungen* alten Männer und einem Fünftel der jungen* alten Frauen Regelmässig risikoreich trinken Episodisch risikoreich trinken à Langfristiger Durchschnittskonsum Zumindest monatlicher Konsum Frauen: mind. 20 Gramm reiner Alkohol / Tag Frauen: 4 Gläser oder mehr Männern: mind. 40 Gramm reiner Alkohol / Tag Männer: 5 Gläser oder mehr (ohne episodisch risikoreichen Konsum) (ohne regelmässig risikoreichen Konsum) *55/60–69/75 Jahre Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 11 Schlaf- und Beruhigungsmittel – Epidemiologie (I) (Suchtmonitoring Schweiz für das Jahr 2016, 2019) Mit dem Alter steigt der Anteil an Personen, die Schlaf- oder Beruhigungsmittel einnehmen; bei Frauen mehr als bei Männern. Schlaf- und Beruhigungsmittel (Benzodiazepine, BZP) in der Schweiz 7.1 % haben in den letzten 30 Tagen ein Schlaf- oder Beruhigungsmittel eingenommen (Frauen 9.2 % vs. Männer 4.9 %) à 2.4 % bei unter 20-jährigen vs. 19.2 % bei über 75-jährigen Fast täglich: 7.2 % der über 70-jährigen Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 12 Schlaf- und Beruhigungsmittel – Epidemiologie (II) (Suchtmonitoring Schweiz für das Jahr 2016, 2019) Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 13 Klinische Aspekte Alkohol Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 14 Geschlechtsspezifische Unterschiede (Wolter, 2015a) Altersunspezifische Aspekte Trinken in der Öffentlichkeit für...... Männer: „normal“... Frauen: „nicht normal“ Männer konsumieren eher in der Gruppe à zur Verstärkung von positiven Gefühlen Frauen konsumieren eher alleine à als Reaktion auf Belastung und häufig in Kombination mit BZP à Jedoch.... Gesellschaftlicher Wandel … Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 15 Gesellschaftliche r Wandel Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 16 Early versus late-onset Alkoholismus (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Early-onset Late-onset Alter bei Beginn des Alkoholproblems < 60 ≥ 60 Geschlecht Eher männlich Eher weiblich Häufigkeit 2/3 der Prävalenz 1/3 der Prävalenz Persönlichkeit Eher instabil Eher stabil Soziales Netzwerk Häufiger alleinstehend Häufig familiäre Bindung Sozio-ökonomischer Status Häufiger niedriger Häufiger höher Kognitive Beeinträchtigung Eher stark ausgeprägt Eher gering ausgeprägt Therapieadhärenz / Prognose mässig gut Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 17 Alkohol im Alter – Besonderheiten (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015b) Mit dem Alter sinkt die Alkoholtoleranz Geringerer Körperwasseranteil (u.a. durch geringere Muskelmasse) und gegebener Trinkmenge à höhere Blutalkoholkonzentration (BAK) Alkoholverträglichkeit nimmt mit dem Alter ab bzw. Alkoholwirkung wird im Alter stärker Unangenehme Alkoholwirkungen werden aufgrund abnehmender Aktivität der Abbauenzyme intensiver Wechselwirkung mit (CAVE: sedierenden) Medikamenten Zunehmend unangenehme Wirkung des Alkohols mit dem Alter … v.a. für ältere Frauen Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 18 Alkohol im Alter – Risikofaktoren (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Vereinsamung mit zunehmendem Alter (u.a. durch Verwitwung) Soziale Benachteiligung (v.a. bei älteren Frauen) Frühere Suchterkrankungen (oder auch Beibehaltung von Konsumgewohnheiten) Ruhestand: Veränderung in den Routinen des Alltagslebens à Wegfall sozialer Kontrollinstanzen bzw. äusserer Abstinenzmotivation Psychische Störungen (z.B. Depression) Geringere Toleranz (bei Frauen und generell bei älteren Menschen) Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 19 Alkohol im Alter – Folgen von Abhängigkeit (I) (Wolter, 2015a; Wolter, 2015b) Fahrtauglichkeit Körperliche Folgeerkrankungen (z.B. Diabetes, Magendarmprobleme, Schlaganfall etc.) Hohe Komorbidität (80 %!) mit anderen psychischen Störungen (z.B. Depression) Persönlichkeitsveränderungen Bildquelle: Soziale Deprivation und Verlust von sozialen Kontakten https://www. amazon.de/ Drinking- Memory- Erhöhte Gangunsicherheit und Sturzgefahr Half-Moon- Bay/dp/B00II 54226 Kognitive Beeinträchtigungen Siehe auch: https://www.aging.com/alcohol-abuse-amongst-the-elderly-a-complete-guide/ Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 20 Alkohol im Alter – Folgen von Abhängigkeit (II) (Wolter, 2015a; Wolter, 2015b) Beispiel: Wernicke-Enzephalopathie (WE), Korsakow-Syndrom (KS) WE: Keine direkte Alkoholfolgekrankheit, sondern Folge des Mangels an Vitamin B1 (Thiamin), hauptsächlich durch Mangelernährung Thiaminmangel bei Alkoholiker*innen gehäuft, jedoch auch bei multimorbiden, kachektischen (d.h. abgemagerten/ausgezehrten) alten Menschen Alkoholbedingtes KS: Neuropsychologische Einbussen (à Neugedächtnis), Frontalhirn- symptome und pathognomonische Konfabulationsneigung Viele Fälle von „plötzlicher Verschlechterung“ einer Demenz à Folge von unentdeckter WE Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 21 Podcast: Wernicke Encephalopathie Neurologischer Podcast der Universität Witten-Herdecke «Von Studenten für Studenten»: Wernicke Enzephalopathie: https://www.youtube.com/watch?v=5vjTEkwWnaI Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 22 Bildquelle: https://pixabay.com/de/photos/kopfschmerzen-schmerz- tabletten-1540220/ Klinische Aspekte Benzodiazepine Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 23 Benzodiazepine im Alter – Besonderheiten Beruhigungs- und Schlafmittel = Benzodiazepine (BZP): werden abgebaut über Stoffwechselwege, die im Alter bis auf das 5-fache verzögert ablaufen können. Folge: Halbwertszeiten von bis zu 200 h Schleichende Intoxikation über 5–7 Wochen bei unverändert „niedriger“ Dosis (Niedrigdosisabhängigkeit à Hochdosisabhängigkeit) à Kumulationsrisiko „Wirkumkehr“ beim Absetzen der Medikation oder auch beim Gewöhnungseffekt Unbeabsichtigte Entzugssymptome im Rahmen von Krankenhausaufenthalten Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 24 Benzodiazepine im Alter – Nebenwirkungen und Komplikationen bei Überdosierung Affektivität / Verhalten Affektive Verflachung, Persönlichkeitsnivellierung, Interesseverarmung, Depressivität Vigilanz / Antrieb Benommenheit, Tagesmüdigkeit („hangover“), Antriebsminderung, Apathie Neuropsychologie Konzentration, Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Vergesslichkeit, Lernhemmung, Amnesie mit konsekutiven Fehlhandlungen, kognitive Beeinträchtigung bis Pseudodemenz Motorik Muskelschwäche, Koordinationsstörungen, Ataxie, Gangstörungen, Stürze Vegetativum Atemdepression Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 25 Diagnostik Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 26 Sucht im Alter – Diagnostik (I) (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Bei Älteren werden Suchtprobleme noch häufiger übersehen als bei Jüngeren à passt nicht in das vorherrschende Altersbild (Gefahr der Bagatellisierung) Symptome oft unspezifisch à häufig als „alterstypische Krankheiten“ abgetan Auch Unwissenheit über Abhängigkeit von ärztlich verschriebenen Medikamenten (à Fallbeispiel) Aus Vogt & Schmid, Geriatrie up2date, 2020 Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 27 Sucht im Alter – Diagnostik (II) (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a; Wolter, 2015b) Stigma Problematik (à “Süchtige sind selber schuld“; „Versager“...) à Aus Scham nicht berichtet, „vergessen“ à Bei Diagnose/Befragung: empathisch und neugierig; nicht kritisch, belehrend oder Druck erzeugend (à Gefahr von Verteidigungsposition / Widerstand / Rückzug) Beispiele aus Vogt & Schmid, Geriatrie up2date, 2020 Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 28 Sucht im Alter – Diagnostik (III) (Wolter, 2015a; Wolter, 2015b) Andere Norm Maßstäbe beim Alkoholkonsum von älteren Menschen à „Ist ja egal bei älteren Menschen“ à „Da darf man schon einmal ein oder zwei Augen zudrücken“ à „Die haben sonst ja nicht mehr viel im Leben“ à „Die leben ja so oder so nicht mehr lange“ à etc. Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 29 Alkohol – Screening-Instrumente (I) (Vogt & Schmid, 2020) Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 30 Alkohol – Screening Instrumente (II) (Sauders et al., 1993) Goldstandard: Alcohol Use Disorder Identification Test (AUDIT, AUDIT – C) Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 31 Psychotherapie bei Sucht im Alter Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 32 Grundlegendes (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) „Je früher eine Suchterkrankung beginnt und je länger sie andauert, umso gravierender sind die Auswirkungen im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich.“ (Wolter, 2015a, S. 262) Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 33 Behandlung – Allgemeines (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Behandlung – Stark abhängig davon, wie ausgeprägt die Sucht ist bzw. von welcher Substanz jemand abhängig ist Veränderungsmotivation à Motivierende Gesprächsführung (inkl. Partnerschaftlichkeit, Akzeptanz, Mitgefühl) Entzugsbehandlung und Entwöhnung Veränderung von ungünstigen Verhaltensweisen, Denkmustern und Gewohnheiten Soziale Integration! Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 34 Behandlung – Generelle Aspekte (Prochaska, DiClemente & Norcross, 1992; Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Veränderungsmotivation (= dynamischer Prozess; nicht Voraussetzung, sondern Ziel) Realistische Zielsetzung („harm reduction“) Sicherung des Überlebens „Möglichst gutes Überleben“ Verlängerung der suchtmittelfreien Zeit Bildquelle: https://medium.com/the-ascent/our-stages-of- Abstinenz change-fa546362e6a9 Settings: stationär, ambulant, psychodynamisch, KVT, einzel- und gruppen- therapeutisch, paar- und familientherapeutisch Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 35 Behandlung – Kognitive Verhaltenstherapie (Wolter, 2015b) Selbstkontrolle (Aufbau von Selbstmanagement, Selbstdokumentation des Konsums, Verhaltensverträge, Selbstbelohnung) Stressbewältigung und Aufbau angenehmer Aktivitäten Löschung konditionierter Reaktionen im Rahmen eines Alkoholexpositionstrainings Analyse von Rückfallsituationen (Krisenpläne) Soziales Kompetenztraining Förderung der Kommunikationsfähigkeit, des Selbstvertrauens und der sozialen Wahrnehmung Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 36 Therapie von Sucht im Alter – Wichtige Hinweise (Wolter, 2015b) Berücksichtigung von sensorischen Beeinträchtigungen (à gutes Gehör?) Sitzungsdauer eher kürzer Therapeut*in vertraut mit altersspezifischen Themen Ressourcenorientierung statt Defizitorientierung à nicht konfrontativ! Wiederaufbau sozialer Netzwerke erforderlich Vernetzung mit Alterseinrichtungen Notwendig à Respekt vor der Lebensleistung der Patient*innen Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 37 Präventive Aspekte Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 38 Alkohol – Präventive Aspekte (I) (Wolter, 2015a) Empfehlung – Nicht riskanter Alkoholkonsum Mengenbeschränkung à Männer: 24 g Alkohol / Tag à Frauen: 12 g Alkohol / Tag Unterlassen von Rauschtrinken und mind. 2 alkoholfreie Tage / Woche Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 39 Alkohol – Präventive Aspekte (II) (Fillmore et al., 2007; Wolter, 2015b) Mediterrane Diät? Rechtfertigung des regelmässigen Konsums von Alkohol durch „gesundheitsfördernde Effekte“ des mässigen Konsums CAVE: „sick quitters“ Systematische Verzerrung durch retrospektive Erfassung von Trinkmengen Alkoholkonsum im Alter als möglicher Indikator für: Robusten Gesundheitszustand „Erwachsene“ Persönlichkeit Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 40 Medikamente – Präventive Aspekte (Wolter, 2015b) Allgemeine Richtlinien zur therapeutischen Anwendung von BZP: Klare Indikationsstellung (à eindeutig begründet) Suchtanamnese als Kontraindikation (!) Niedrigstmögliche Dosierung Kürzest möglicher Zeitraum Nicht länger als wenige Wochen Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 41 Zukunftsaussichten Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 42 Zukunftsaussichten (I) (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) “Baby Boomer“ (geboren zwischen 1946 und 1964): Jede zweite Person hat Erfahrung mit illegalen Drogen Erste Generation, die mit einer „quick fix“-Mentalität sozialisiert wurde Beibehaltung bisheriger Konsumgewohnheiten Universelle Verfügbarkeit und Preisverfall bei Alkohol Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 43 Zukunftsaussichten (II) (Vogt & Schmid, 2020; Wolter, 2015a) Verbesserte gesundheitliche Versorgung und somit Abschwächung der Problematik von körperlichen Suchtfolgeerkrankungen Weitere negative begünstigende Einflüsse: Sich verändernde Rollenanforderungen Familienstrukturen im Umbruch Einflüsse von Medien, Lifestyle-Klischees und Subkulturnormen Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 44 Rethinking Addiction... (Wolter, 2015a) Johann Hari: „Everything you think you know about addiction is wrong.“ https://video-subtitle.tedcdn.com/talk/podcast/2015G/None/JohannHari_2015G-480p-de.mp4 Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 45 Interessant zum Reinhören https://www.srf.ch/audio/tagesgespraech/christian-lorenz-mehr-alkoholsuechtige-rentnerinnen-und- rentner?id=12371883 Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 46 Zusammenfassung Zunahme des globalen Alkoholverbrauchs (pro Kopf) Anteil älterer Menschen mit riskantem oder missbräuchlichem Konsum ist heute grösser als früher und wächst weiter (v.a. bei Frauen) Mit dem Alter steigt der Anteil an Personen, die Schlaf- oder Beruhigungsmittel einnehmen Zunehmend unangenehme Auswirkung des Alkohols mit dem Alter... (v.a. bei Frauen) Risikofaktoren: soziale Benachteiligung, frühere Suchterkrankungen, Einsamkeit,... Bei Älteren werden Suchtprobleme häufig übersehen... Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 47 Referenzen (I) Bundesamt für Gesundheit – Sektion Kampagnen. (2019). Alcohol Facts: Das Standardglas Alkohol…und das reale Glas Alkohol. http://www.alcohol-facts.ch/de/das-standardglas-alkohol Fillmore, K. M., Stockwell, T., Chikritzhs, T., Bostrom, A. & Kerr, W. (2007). Moderate alcohol use and reduced mortality risk: Systematic error in prospective studies and new hypotheses. Annals of Epidemiology, 17(5), S16–S23. Prochaska, J. O., DiClemente, C. C., & Norcross, J. C. (1992). Search of the structure of change. In Y. Klar, J. D. Fisher, J. M. Chinsky, A. Nadler (Hrsg.), Self change (S. 87–114). New York, NY: Springer Verlag. Rumpf, H. J. (2006). Diagnostik von alkoholbezogenen Störungen im Alter. Zeitschrift für Gerontopsychologie & -psychiatrie, 19(4), 201– 206. Saunders, J. B., Aasland, O. G., Babor, T. F., De la Fuente, J. R., & Grant, M. (1993). Development of the alcohol use disorders identification test (AUDIT): WHO collaborative project on early detection of persons with harmful alcohol consumption‐II. Addiction, 88(6), 791-804. Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 48 Referenzen (II) Suchtmonitoring Schweiz. (2019). Alkohol. https://www.suchtmonitoring.ch/de/2-1.html Vogt, I., & Schmid, M. (2020). Sucht im Alter. Geriatrie up2date, 2(04), 323–336. Wolter, D. K. (2015a). Alkohol im Alter. Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, 48(6), 557–570. Wolter, D. K. (2015b). Sucht. In A. Maercker (Hrsg.), Alterspsychotherapie und klinische Gerontopsychologie (S. 257–286). Berlin Heidelberg: Springer Verlag. Sucht im Alter, PD Dr. Myriam V. Thoma Seite 49