Wissenschaftliche Methoden - Qualitativ (Wintersemester 2024/2025) PDF
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FOM Hochschule für Oekonomie und Management
2024
Ulrich Flieger
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Diese Zusammenfassung des Vorlesungsmaterials zur 'Wissenschaftliche Methoden - Qualitativ' behandelt im Wintersemester 2024/2025 die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Gliederung umfasst die Theorie der qualitativen Forschung und deren Forschungsdesign, einschließlich verschiedener Datenerhebungsmethoden wie Interviews und Beobachtungen. Die Vorlesung wird von Dipl. Volkswirt Ulrich Flieger gehalten.
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Wissenschaftliche Methoden - Qualitativ Wintersemester 2024/2025 Dipl.Volkswirt Ulrich Flieger Hinweis zur Nutzung dieser Vorlesung „[…] folgendes Rezept für einen wissenschaftlichen Vortrag: Ein Drittel soll Material sein, das der Hörer schon ke...
Wissenschaftliche Methoden - Qualitativ Wintersemester 2024/2025 Dipl.Volkswirt Ulrich Flieger Hinweis zur Nutzung dieser Vorlesung „[…] folgendes Rezept für einen wissenschaftlichen Vortrag: Ein Drittel soll Material sein, das der Hörer schon kennt und verstanden hat. Ein Drittel soll Material sein, das der Hörer zwar noch nicht kennt, das er aber durch den Vortrag kennen und verstehen lernt. Ein Drittel soll Material sein, das der Hörer noch nicht kennt und das er auch durch den Vortrag noch nicht verstehen lernt. Aber er ist dann vielleicht geneigt, nachträglich dieses letzte Drittel auch noch zu verstehen zu versuchen. Diesem Vorbild werde ich mich bemühen nachzueifern. Von Weizsäcker, C.C. (2015), S.68 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 2 Gliederung Teil I: Die Theorie 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode 2. Geschichte der Qualitativen Forschung 3. Induktives Arbeiten 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 3 Gliederung Teil II: Das Forschungsdesign 7. Ablauf des Forschungsdesigns 8. Gütekriterien Qualitativer Forschung 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung 10. Die Datenerhebung I. Interview-Verfahren II. Teil-Strukturiertes Interview III. Problemzentriertes Interview IV. Themenzentriertes Interview V. Narratives Interview WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 4 Gliederung VI. Experteninterview VII. Gruppeninterview VIII.Gruppendiskussion IX. Weitere Interviewarten X. Qualitatives Experiment XI. Teilnehmende Beobachtung XII. Biografische Methode XIII.Qualitative Evaluation XIV.Systematische Literaturanalyse WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 5 Gliederung 11. Transkription 12. Induktive Kategorienbildung 13. Auswertung 14. Exkurs: „grounded theory“ (GTM) 15. Triangulation 16. Forschungsethische Grundsätze WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 6 Teil I: Die Theorie WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 7 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 8 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Was ist der Unterschied zwischen beiden? WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 9 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Wissenschaftstheorie: Sie ist der Hintergrund für eine bestimmte Methodologie der Sozialforschung, in dem sie den Platz der Erkenntnisverfahren in einer Theorie der Erkenntnisgewinnung bestimmt, ausgedrückt im Verhältnis von Subjekt und Objekt im Erkenntnisprozess und in Folgerungen, die daraus für das Verhältnis von ForscherIn und Gegenstand der Forschung zu ziehen sind. Erkenntnistheorie befasst sich z.B. mit Fragen wie der Erkennbarkeit von „Gegenständen“ im allgemeinen, den Begrenzungen, die in den erkennenden Subjekten oder den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln liegen oder mit den Rollen von „Anschauung“ und „Begriff“, also dem Aufnehmen und dem definitorischen Erfassen von Erkenntnis- und Bewusstseinsinhalten: Dies alles ist von Wichtigkeit auch für die qualitative Forschung wie für Sozialforschung überhaupt. Heinze, S.15 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 10 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Bestandteile einer Wissenschaftlichen Arbeit: ▪ Deskription: Beschreibung eines Ist-Zustandes über − Definitionen − Klassifikationen − Modellierungen ▪ Explikation: Erforschung der für den Ist-Zustand verantwortlichen Ursachen − Theoretische Begründung − Empirische Analyse Kornmeier (2007), S. 10 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 11 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Forschen heißt: eigenverantwortlich Entscheidungen treffen Gandt: in: Wintzer, S. 36 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 12 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Merkmale einer Wissenschaftlichen Arbeit: ▪ Kritische Betrachtung der Aussagen von Dritten und deren Überprüfung auf Plausibilität Wissenschaftliches Arbeiten bedeutet kritisches Denken und Hinterfragen von vermeintlichen Wahrheiten. Wissenschaftler glauben bloße Behauptungen nicht, sie prüfen und forschen, um Dinge zu belegen → Erkenntnisgewinn Nicht alle Menschen müssen wissenschaftlich denken (Fachexperten, Learning by Doing) und nur die wenigsten werden wissenschaftlich arbeiten! Fachexperten kennen Dinge und können diese anwenden. Wissenschaftler wollen Dinge weiterentwickeln, hinterfragen, relativieren, in andere Bereiche übernehmen. Kornmeier (2007), S. 10 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 13 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Eigenständigkeit einer Wissenschaftlichen Arbeit: ▪ Kritische Betrachtung der Aussagen von Dritten und deren Überprüfung auf Plausibilität ▪ Untermauerung eigener Aussagen und Argumente mit − Empirischen Ergebnissen − Wissenschaftlichen Quellen Kornmeier (2007), S. 10 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 14 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Kriterien für eine Wissenschaftliche Arbeit: Qualität der Aussagen Anwendung von anerkannten Forschungsmethoden Logische Stringenz der Aussagen und Argumente Sprache und Stil (angemessen, klar, präzise, korrekt, einwandfrei) Klarheit und Angemessenheit von Tabellen und Abbildungen Niveau der Darstellung (kultiviert, elegant) Keinesfalls: ❖ Viele unverständliche Fremdwörter verwenden! ❖ Spröden, staubtrockenen „Wissenschaftsstil“ (Verwaltungs- deutsch) verwenden! ❖ Komplexe, überlange Sätze formulieren! Kornmeier (2007), S. 10 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 15 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Merkmale einer wissenschaftlichen Arbeit: Cropley, S. 203 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 16 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Nicht-empirische Empirische Wissenschaften / Wissenschaften Erfahrungswissenschaften Formalwissen- Geisteswissen- Sozial-, Human- Natur- Technik- schaften schaften & Gesellschafts- wissenschaften wissenschaften wissenschaften Rechtswissen- Philosophie Psychologie Physik Maschinenbau schaft Wirtschafts- Elektrotechnik Mathematik Theologie Chemie wissenschaften Literatur- Medizin Geo- Informatik wissenschaft wissenschaften WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 17 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Empirische Daten - sind gezielt im Hinblick auf Forschungsprobleme ausgewählte und dokumentierte Informationen über die Erfahrungswirklichkeit. - werden mit wissenschaftlichen Datenerhebungsmethoden unter Nutzung standardisierter oder nicht-standardisierter Erhebungsinstrumente gesammelt. - sind nur dann aussagekräftig, wenn sie ✓ im Rahmen eines dem Forschungsproblem angemessenen Forschungsprozesses und Untersuchungsdesigns ✓ an einer passenden Stichprobe (oder an der gesamten Population) erhoben wurden, ✓ sachgerecht ausgewertet und ✓ theoriebezogen interpretiert werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 18 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Der Forschungsprozess Wintzer (2016), S. 81 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 19 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Die typischen Phasen Qualitativer Untersuchungen: Cropley, S. 81 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 20 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Wintzer, S. 4f Begriffsdefinitionen: Forschungsgegenstand: − das definierte Thema einer wissenschaftlichen Arbeit − das Thema, über das neue wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen werden sollen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 21 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Begriffsdefinitionen: Forschungsfrage: − bildet innerhalb eines Forschungsprojektes den Ausgangspunkt für die Forschung − Ziel: Fokussierung der Forschungsarbeit − in ihr zeigt sich der theoretische Bezug der Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 22 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Begriffsdefinitionen: Theorie: − eine umfassende, viele Sachverhalte ordnende Vorstellung − durch die Fokussierung auf einen Aspekt ist es oft nötig, viele Aspekte eines Forschungsgegenstandes auszublenden („ceteris paribus“) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 23 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Begriffsdefinitionen: Methode: − planmäßiges Vorgehen zur Gewinnung von Erkenntnissen − zwei Arten: Erhebungsmethoden: sammeln Daten Auswertungsmethoden: analysieren Daten WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 24 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Begriffsdefinitionen: Stichprobe: − Teilmenge einer Grundgesamtheit − Auswahlarten: bewusst willkürlich zufällig Die Entscheidung für die Auswahlart erfolgt mit Blick auf die Forschungsfrage WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 25 1. Wissenschaftliches Arbeiten als Forschungsmethode Begriffsdefinitionen: Daten: − Informationen über einen Forschungsgegenstand − werden durch Erhebung aus der Stichprobe gewonnen − Die Zusammenstellung aller Daten mit Bezug auf die Forschungsfrage heißt Datenkorpus WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 26 2. Geschichte der Qualitativen Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 27 2. Geschichte der Qualitativen Forschung Flick (2014), S. 35 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 28 2. Geschichte der Qualitativen Forschung Qualitative Forschung im 20.Jahrhundert: Soziologie: „Survey-Forschung“ Anfang des 20. Jahrhundert als Umfrage mit mehreren Tausend Befragten in rein quantitativer Form. Erster kritischer Ansatz der „verstehenden“ Soziologie Max Webers. Ab den 1970er Jahren wird die qualitative Forschung in der Soziologie „salonfähig“. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 29 2. Geschichte der Qualitativen Forschung Qualitative Forschung im 20.Jahrhundert: Pädagogik: Seit dem Zweiten Weltkrieg zuerst geisteswissenschaftlich angelegt. In den 1960er Jahren Einzug der empirisch-quantitativen Methoden. Heute ziehen qualitative Instrumente nach: z.B. qualitative Evaluationsforschung. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 30 2. Geschichte der Qualitativen Forschung Qualitative Forschung in der Volkswirtschaftslehre: Deduktives Denken und ökonomische Wissenschaft sind seit jeher sehr eng mit einander verknüpft. Der Grund dafür liegt in der normativen Struktur und dem neoklassischen Forschungsparadigma der Ökonomie. Dabei geht es um Aussagen und Sätze über ökonomische Zusammenhänge, die mittels meist mathematisch formulierten Modellen beschrieben werden. Ein wesentlicher Grund für diese Mathematisierung der Volkswirtschaft, wie sie vor allem in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts betrieben wurde, ist die überwiegende Zustimmung der Forscher und Wissenschaftler zum Modell des klassischen homo oeconomicus. Lenger/Kruse S. 108 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 31 2. Geschichte der Qualitativen Forschung Qualitative Forschung in der Volkswirtschaftslehre: Seit geraumer Zeit werden qualitative Forschungen, wenn auch noch in geringer Anzahl, in ökonomischen Teilbereichen angewandt: → der Entwicklungsökonomik → Gesundheitsökonomik → Arbeitsmarktökonomik → Makroökonomik → Institutionenökonomik → Umweltökonomik → Agrarökonomik → Feministische Ökonomik → Ordnungsökonomik Lenger/Kruse S. 109 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 32 3. Induktives Arbeiten WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 33 3. Induktives Arbeiten In der Logik versteht man unter Induktion die Methode des Schlussfolgerns von Einzelfällen auf das Allgemeine und Gesetzmäßige. Das umgekehrte Vorgehen kennzeichnet den deduktiven Weg. Unter Deduktion versteht man somit die Ableitung des Besonderen und Einzelnen aus dem Allgemeinen (aus Regeln, Gesetzmäßigkeiten, Modellen, Theorien). Hussy e.a., S.7 Qualitative Forschung ist induktiv, d.h., sie geht nicht von theoretischen Annahmen aus. Hussy e.a.., S.191 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 34 3. Induktives Arbeiten Für die Sozialwissenschaften bedeutet dies (das induktive Arbeiten) „die Grundauffassung, daß alle Menschen sich vergleichbaren sozialen Situationen gleich verhalten, und daß es daher möglich sein muß, allgemeine Gesetze des sozialen Verhaltens abzuleiten.“ Sieffert, S.186 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 35 3. Induktives Arbeiten „Empirisch gegründet ist eine Theorie, die induktiv aus der Untersuchung des Phänomens abgeleitet wird, für das sie steht. Das heißt sie wird entdeckt, entwickelt und vorläufig bestätigt (`verified´) durch systematische Sammlung und Analyse von Daten, die das Phänomen betreffen. Daher stehen Daten- gewinnung, Datenanalyse und Theorie in einer reziproken Beziehung zueinander. Man beginnt nicht einfach mit einer Theorie und prüft sie dann. Eher beginnt man mit einem Unter- suchungsbereich und es kann emergieren, was relevant ist.“ Strauss/Corbin, S.23 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 36 3. Induktives Arbeiten Probleme: Verhalten sich die Menschen in gleichen Situationen tatsächlich immer gleich? Machen Allsätze in der Sozialforschung Sinn oder werden Teils-Teils-Sätze den unterschiedlichen Variablen, Eigenschaften und Mengen nicht besser gerecht? − x% aller Menschen sind Frauen − Interaktion und Sympathie (Homans Gesetz) Seiffert, S. 207 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 37 3. Induktives Arbeiten Seiffert, S. 148 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 38 3. Induktives Arbeiten Auswertungsstrategie beim Vergleich weniger Fälle: Gläser, S. 249 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 39 3. Induktives Arbeiten Auswertungsstrategie beim Vergleich vieler Fälle: Gläser, S. 252 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 40 3. Induktives Arbeiten Ein schematisches Modell einer pragmatistischen Forschungs- logik: Strübing, S. 49 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 41 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 42 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 1. Gegenstand von Untersuchungen: Qualitativ: Absichten und Ziele der Teilnehmer sind von Bedeutung. Im Focus steht: − Warum? − Wie? − Wofür? Quantitativ: Größen und Mengen sind Forschungsgegenstand: − Wieviel? − In welchem Ausmaß? WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 43 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 2. Erkenntnistheoretische Orientierung von Forschung: Qualitativ: Erweiterung des bestehenden Wissensstandes durch Erforschung der direkten Erfahrung von Menschen innerhalb ihrer unmittelbaren Umwelt Quantitativ: Verifizierung oder Falsifizierung aufgestellter Hypothesen mittels empirischer Erhebung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 44 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 3. Bezugssystem des Forschungsleiters: Qualitativ: Der Beobachter versucht, sich in das Handlungs- und Erlebenssystem der Akteure zu begeben; es erfolgt ein empathisches Mit- oder Nacherleben der Situation Quantitativ: Der Forscher steht außerhalb des beobachteten Systems und versucht diese, anhand objektiv skalierbarer Größen zu erfassen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 45 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 4. Rolle der Teilnehmer: Qualitativ: Teilnehmer sind Partner der Forscher und sollen ihre Erlebnisse und Gedanken offen legen Quantitativ: Teilnehmer sind Objekte (engl. „subjects“) oder Versuchspersonen. Ihre Gefühle oder Gedanken sind irrelevant. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 46 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung 5. Datenerhebungsverfahren und Datenanalyse: Qualitativ: Die Erfahrungen der Teilnehmer sollen zur besseren Nachvollziehbarkeit ihre Eindrücke selbst beschreiben. Aus diesen Beschreibungen und deren Einordnung in Kategorien / Codings erstellt der Forscher seine Interpretation und Schlussfolgerung für mögliche Theorien (induktiv) Quantitativ: Die Werte der Teilnehmer werden in starren Strukturen erfasst und in mathematische Variablen übersetzt. Durch Anwendung statistischer verfahren kann nun die Hypothese angenommen oder verworfen werden. (deduktiv) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 47 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung Qualitative Forschung Quantitative Forschung Naturalistisches Vorgehen Aktive Manipulation Offene Verfahren Vorgegebene Kategorien Fallorientierung Variablenorientierung Holistisch Elementaristisch Induktives Vorgehen Deduktives Vorgehen Emergente Flexibilität des Designs Festlegung der Vorgehensweise vor Beginn Ziel: Beschreibung, Verstehen Ziel: Kausalerklärungen Interpretationsbedürftige Daten Numerische Daten Forschende als "Messinstrumente“ Standardisierte, objektive Messinstrumente Theoretische Verallgemeinerung Statistische Verallgemeinerung Gütekriterium der Validität Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität Hussy, e.a., S. 190 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 48 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung Welcher Forschungsansatz soll denn nun gewählt werden? Diese Frage kann nur aufgrund des zu untersuchenden Kontextes beantwortet werden. Die Darstellung komplexer Lebenszusammenhänge bedarf einerseits der Beschäftigung mit den sie konstruierenden qualitativen Merkmalen. Dies kann unterstützt werden durch vielfach assistierende quantitative Merkmale hinsichtlich Verifizierung bzw. Validität der gewonnenen Forschungsergebnisse. vg. Seibold, S.6 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 49 4. Abgrenzung zur Quantitativen Forschung Unterschiedliche Forschungsdesigns zur Integration von qualitativer und quantitativer Forschung: Flick (2014), S. 43 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 50 4. Prinzipien der Qualitativen Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 51 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Kennzeichen Qualitativer Forschung Gegenstandsangemessenheit von Methoden und Theorien: Methoden werden so offen gestaltet, dass sie der Komplexität im untersuchten Gegenstand gerecht werden können. Perspektiven der Beteiligten und ihre Vielschichtigkeit: Verdeutlichung der Unterschiedlichkeit der perspektiven der Beteiligten Reflexivität des Forschers und der Forschung: Kommunikation von Forscher und Forschungsfeld ist keine Störvariable Spektrum der Ansätze und Methoden qualitativer Forschung: kein einheitliches theoretisches und methodisches Verständnis Flick (2014), S.26ff WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 52 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 53 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Postulat 1: Gegenstand humanwissenschaftlicher Forschung sind immer Menschen, Subjekte. Die von der Forschungsfrage betroffenen Subjekte müssen Ausgangspunkt und Ziel der Forschung sein. => Subjektbezogenheit Der Mensch steht im Mittelpunkt. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 54 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Postulat 2: Am Anfang einer Analyse muss eine genaue und umfassende Beschreibung des Gegenstandsbereiches stehen. => Deskription Worüber geht das Thema? WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 55 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Postulat 3: Der Untersuchungsgegenstand der Humanwissenschaften liegt nie völlig offen, er muss immer auch durch Interpretation erschlossen werden. => Interpretation WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 56 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Postulat 4: Humanwissenschaftliche Gegenstände müssen immer möglichst in ihrem natürlichen, alltäglichen Umfeld untersucht werden. => Alltäglichkeit WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 57 5. Prinzipien der Qualitativen Forschung Postulat 5: Die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse humanwissen- schaftlicher Forschung stellt sich nicht automatisch über bestimmte Verfahren her; sie muss im Einzelfall schrittweise begründet werden. => Verallgemeinerungsprozess WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 58 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 59 Einzelfall- 1 WS2024/25 bezogenheit 2 Offenheit Argumentative 10 Deskription Methoden- Verallgemeinerung 3 7 kontrolle Ganzheit 11 Induktion 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden 8 Historizität Subjekt Im Alltag 12 Wiss.Methoden, qualitativ Regelbegriff Problem- 4 9 Vorverständnis orientierung 13 Verallgemeinerungsprozess Quantifizierbarkeit 5 Introspektion Forscher- Interpretation 6 Gegenstands- Dipl. Vw. Ulrich Flieger Interaktion Mayring, S. 26 60 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 1: Einzelfallbezogenheit Ergebnisse und Verfahrensweisen können sich von einzelnen Fällen wegbewegen, sie müssen aber immer wieder auf Einzelfälle bezogen werden. An den Einzelfällen können Theorien widerlegt werden, oder aber die Adäquatheit von Verfahrensweisen und Inter- pretationen überprüft werden. Dies sollte gerade auch bei größeren Stichproben geschehen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 61 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 2: Offenheit Der Forschungsprozess sollte dem Gegenstand der Forschung so offen gehalten werden, dass erforderliche Änderungen problemlos möglich sind. Auf diese Weise werden Ergänzungen und Revisionen der theoretischen Strukturierung gegenüber möglich. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 62 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 3: Methodenkontrolle Um das Ergebnis nachvollziehbar zu machen, muss man den Weg, der zum Ergebnis geführt hat, offen legen. Das Vorgehen muss zum einen expliziert werden und zum anderen begründeten Regeln folgen. Dabei gilt: Je offener das Verfahren, desto genauer muss jeder einzelne Schritt des Vorgehens im Forschungsprozess beschrieben werden. Trotz der Offenheit muss der Forschungsprozess kontrolliert ablaufen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 63 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 4: Vorverständnis Humanwissenschaftliche Gegenstände müssen immer inter- pretiert werden, wobei diese Interpretationen nie voraus- setzungslos möglich sind. Das eigene Vorverständnis beeinflusst die Interpretation. Um den Einfluss des Vorverständnisses auf den Forschungsprozess jedoch nachvollziehbar zu machen, ist es notwendig, dass das dieses offen gelegt wird; (Hermeneutische Spirale) und am Gegenstand weiterentwickelt wird. In der Grounded Theory integriert das Konzept der theoretischen Sensibilität bereits vor der Forschungsarbeit geprägte Perspektiven in die eigentliche Datenerhebung. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 64 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 5: Introspektion Introspektion bedeutet die Analyse des eigenen Denkens, Fühlens und Handelns. In der Psychologie wurde die Methode der Introspektion lange kontrovers diskutiert. Nicht nur in qualitativen, auch in quantitativen Analysen fließen introspektive Daten ein. So werden in der qualitativen Forschung introspektive Daten zugelassen; sie müssen jedoch als solche ausgewiesen, begründet und überprüft werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 65 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 6: Forscher-Gegenstands-Interaktion Forscher und Forschungsgegenstand verändern sich durch den Forschungsprozess; der Prozess kann damit als eine Interaktion verstanden werden. Datengewinnung ist ein kommunikativer Prozess, ein Prozess der subjektive Deutungen erfordert und im Dialog abläuft. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 66 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 7: Ganzheit Zwar kann eine analytische Trennung in menschliche Funktions- bzw. Lebensbereiche während eines Forschungsprozesses sinnvoll sein, sie sollte jedoch wieder zusammengeführt und in einer ganzheitlichen Betrachtung interpretiert und korrigiert werden. Die einzelnen menschlichen Funktions- und Lebensbereiche sind lediglich als analytische Differenzierungen zu betrachten, die stets auf das Ganze bezogen werden müssen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 67 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 8: Historizität Humanwissenschaftliche Gegenstände haben eine Geschichte und können sich verändern. Entsprechend dem qualitativen Denken sollte ein Gegenstand auch immer in seinem historischen Kontext betrachtet werden; ohne dessen Berücksichtigung kann es zu Fehldeutungen kommen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 68 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 9: Problemorientierung Humanwissenschaftliche Untersuchungen sollen direkt an praktischen Problemstellungen ansetzen. Auch die Ergebnisse der Forschung sollten sich wieder auf die konkrete und praktische Problemstellung beziehen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 69 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 10: Argumentative Verallgemeinerung Untersuchungsergebnisse humanwissenschaftlicher Forschung besitzen ihre Gültigkeit zunächst nur für den Bereich, in dem sie gewonnen wurden. Bei der Verallgemeinerung der Ergebnisse humanwissen- schaftlicher Forschung muss explizit und begründet werden, welche Ergebnisse auf welche Situationen, Bereiche und Zeiten generalisiert werden können. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 70 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 11: Induktion Im qualitativen Denken wird induktives Vorgehen explizit eingesetzt: Aus einzelnen Beobachtungen setzen sich die ersten Zusammenhangsvermutungen zusammen. Die Ergebnisse sind aufgrund der Offenlegung des For- schungsprozesses überprüfbar und kontrollierbar. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 71 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 12: Regelbegriff Das qualitative Denken geht davon aus, dass Menschen nicht nach Gesetzen quasi automatisch funktionieren. Das Denken, Fühlen und Handeln wird vom Menschen selbst hervorgerufen wobei sich gewisse Regelmäßigkeiten feststellen lassen. Im humanwissenschaftlichen Gegenstandsbereich werden daher Gleichförmigkeiten nicht mit allgemeingültigen Gesetzen, sondern besser mit kontext-gebundenen Regeln abgebildet. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 72 6. Säulen der Qualitativen Forschungsmethoden Säule 13: Quantifizierbarkeit Zentrale Funktion qualitativen Denkens ist es, eine sinnvolle Quantifizierung zu ermöglichen. Mit der Quantifizierung kann ein Schritt zur Absicherung und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse geschaffen werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 73 Teil II: Das Forschungsdesign WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 74 7. Ablauf des Forschungsdesigns WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 75 7. Ablauf des Forschungsdesigns Quelle: Facebook, Gruppe „FOM-Netzwerk“, 23.08.2020 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 76 7. Ablauf des Forschungsdesigns Forschungsfrage Auswahl der Datenerhebungsmethode Interviews Auswahl der Forschungs-Subjekte Deduktive Kategorienbildung und Erstellung des Codier- Leitfadens Erstellung des Methoden-Leitfadens Transkription Induktive Kategorienbildung Auswertung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 77 7. Ablauf des Forschungsdesigns Ablaufschema von Qualitativen Inhaltsanalysen: Kuckartz, S. 45 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 78 8. Gütekriterien Qualitativer Forschung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 79 8. Gütekriterien Qualitativer Forschung Warum Gütekriterien? Es müssen Regeln geben, die unser Handeln und Forschen als wissenschaftlich charakterisieren. Nur dann können die so gewonnenen Ergebnisse als wissenschaftlich gelten. Idealerweise werden die Gütekriterien am Anfang des Forschungsprozesses definiert, da sie die Grundlage für erfolgreiches, nachvollziehbares und fundiertes Forschen bilden! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 80 8. Gütekriterien Qualitativer Forschung Die sechs allgemeinen Gütekriterien qualitativer Forschung: Verfahrensdokumentation Argumentative Interpretationsabsicherung Regelgeleitheit Nähe zum Gegenstand Kommunikative Validierung Triangulation WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 81 8. Gütekriterien Qualitativer Forschung Der klassische Trias der Gütekriterien: Cropley, S. 155 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 82 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 83 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung Kategoriensystem: Der Kern der qualitativen Inhaltsanalyse bildet das Kategoriensystem. Es legt die Struktur fest, nach der die gewonnenen Daten strukturiert und systematisiert werden, bevor eine Auswertung und Interpretation des Materials erfolgt. Zur Gestaltung einer effizienten methodischen Datengewinnung ist es sinnvoll, als erstes ein Kategoriensystem zu definieren. => deduktive Kategorienbildung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 84 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung Kategoriensystem: Die Art und Weise der Kategorienbildung hängt in starkem Masse von der Forschungsfrage, der Zielsetzung der Forschung und dem Vorwissen ab, das der Forschende über den Gegenstandsbereich besitzt. In einer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit bildet sich hier die Nahtstelle zwischen dem Theorieteil und der Empirischen Methodik ab! Je umfangreicher das Vorwissen, desto gezielter die Fragen und desto umfangreicher das erstellte Datenmaterial! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 85 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung deduktive Kategorienbildung: Voraussetzung: fundiertes Vorverständnis für die Forschungs- frage Aus den theoretischen Einzelaspekten oder Modellen des Vorverständnisses werden Kategorien gebildet. Diese können auch in Kategorie-Obergruppen und Unter-Kategorien unterschieden werden. Ziel: das gewonnene Datenmaterial soll möglichst viel Erkenntnisse über die im Vorfeld bekannten Sachverhalte aussagen. (Vermeidung von unbrauchbaren Daten) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 86 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung Schema für Kategoriendefinitionen: Kuckartz, S. 40 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 87 9. Kategorienbildung und Leitfadenerstellung Das deduktive Kategoriensystem wie auch der daraus erstellte Kodierleitfaden bilden das Gerüst für jenen Leitfaden, der den Ablauf der Datenerhebung beschreibt: operativer Ablauf Fragenkatalog Beobachtungsleitfaden Leitfaden zum Experiment WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 88 10. Die Datenerhebung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 89 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Zur Datenerhebung in der Qualitativen Forschung: Daten werden nicht „erhoben, sondern „kreiert“ Dieser Prozess wird „sozial“ gestaltet Entsprechende Bedingungsfaktoren sind unter anderem selektive Wahrnehmung, soziale Erwünschtheit oder Dissonanzvermeidung Nicht nur Teilnehmer tragen zu diesem Prozess bei, sondern auch der Forschungsleiter ist daran beteiligt Dieses Phänomen kann nicht einfach durch eine angebrachte Erhebungstechnologie ausgeschlossen werden. Cropley, S.90 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 90 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Zur Auswahl der Daten-Kreierer: Die „Stichprobenziehung“ in der Quantitativen Forschung unterscheidet sich maßgeblich von der Auswahl in der Quantitativen Analyse! Es geht nicht um die Verallgemeinerbarkeit im statistischen und/oder repräsentativen Sinn: qualitatives Vorgehen ist eher orientiert an flexiblem, ergebnisoffenem und zyklischen Vorgehen, auch bei der Auswahl der Forschungs-Subjekte! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 91 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Zur Auswahl der Daten-Kreierer: Die „Stichprobenziehung“ in der Quantitativen Forschung unterscheidet sich maßgeblich von der Auswahl in der Quantitativen Analyse! Es geht nicht um die Verallgemeinerbarkeit im statistischen und/oder repräsentativen Sinn: qualitatives Vorgehen ist eher orientiert an flexiblem, ergebnisoffenem und zyklischen Vorgehen, auch bei der Auswahl der Forschungs-Subjekte! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 92 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Qualitativ orientierte Interview-Verfahren: WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 93 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Klausur- Relevant Qualitativ orientierte Interview-Verfahren: Mayring (2016), S. 66 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 94 10. Die Datenerhebung 10.1. Interview-Verfahren Klausur- Relevant Erkundendes Fragen nach dem Circle-Konzept: Flick (2006), S. 200 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 95 10. Die Datenerhebung 10.2. Teil-Strukturiertes Interview Kriterien für Fragen in Interviews: − Warum wird die Frage gestellt (theoretische Relevanz)? − Wonach wird gefragt (inhaltliche Dimension)? − Warum ist die Frage so (und nicht anders formuliert)? Verständlichkeit Eindeutigkeit − Warum steht die Frage an dieser Stelle? Struktur des Leitfadens Verteilung von Fragetypen Verhältnis einzelner Fragen untereinander Flick (2014), S. 222 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 96 10. Die Datenerhebung 10.2. Teil-Strukturiertes Interview Teil-Strukturiertes (Semi-Strukturiertes) Interview: Teil-Strukturierte Interviews bestehen aus einem vorher erarbeiteten Fragenkatalog des Fragers, wobei sie die Antworten des Befragten nicht vorgeben, sondern eine offene Reaktion erfordern. Vorteile: klare Lenkung des (groben) Interview-Verlaufes durch vorgegebene Fragen Berücksichtigung der Offenheit des Forschungsprozesses durch freie Antwort des Befragten. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 97 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Das PZI gehört zu den Leitfadeninterviews. Es handelt sich um ein erzählungs- und verständnisgenerierendes Verfahren. Im Fokus steht die Aufdeckung der subjektiven Problemsicht des Befragten. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 98 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Das PZI wählt den sprachlichen Zugang, um seine Fragestellung auf dem Hintergrund subjektiver Bedeutungen, vom Subjekt selbst formuliert, zu eruieren. Dazu muss eine Situation des Vertrauens zwischen Frager und Befragtem entstehen. Die Befragung setzt an konkreten gesellschaftlichen Themen (Meta-Ebene) an, deren objektive Seite vorher analysiert wird. Die Befragten werden zwar durch einen Leitfaden auf bestimmte Fragestellungen hingeführt, sollen aber offen (ohne vorgegebene Antwortoptionen) darauf reagieren. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 99 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Das PZI basiert auf drei Grundpositionen: Witzel, (1985), S.230ff 1) Problemzentrierung: Ausgangspunkt ist eine vom Forscher wahrgenommene gesellschaftliche Problemstellung. Unter Offenlegung und Systematisierung seines Wissenshintergrundes und unter Einbeziehung des theoretischen Wissens wird das Gespräch nach und nach auf die gesellschaftlich relevante Problemstellung zugespitzt WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 100 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Das PZI basiert auf drei Grundpositionen: 2) Gegenstandsorientierung: Das Vorgehen in der Datenerhebung stellt einen prinzipiell geeigneten Zugang zu Handlungs- und Bewußtseinsanalysen. Die Forschungsmethode darf nicht unabhängig vom Gegenstand entwickelt werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 101 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Das PZI basiert auf drei Grundpositionen: 3) Prozessorientierung: Es betrifft neben der Gesamtgestaltung des Forschungsablaufes und der Entwicklung des kommunikativen Austauschs im Interview auch den Aspekt der Entwicklung des Verstehensprozesses im Interview bis hin zur kontrollierten Absicherung und Erweiterung der Interpretation im wissenschaftlichen Kontext. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 102 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Ablaufmodell des PZI: Witzel, Reiter (2022), S. 73 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 103 10. Die Datenerhebung 10.3. Problemzentriertes Interview Problemzentriertes Interview: Anwendungsbereich des PZI: bei stärker theoriegeleiteter Forschung mit spezifischen Fragestellungen und vorrangiger Problemanalyse bei Forschungen mit größeren Stichproben durch Standardisierung lassen sich schnell Ergebnisse verallgemeinern WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 104 10. Die Datenerhebung 10.4. Themenzentriertes Interview Themenzentriertes Interview: Ziel des TZI ist es, mainfeste und latente (= verborgene) Sinngehalte des Forschungssubjektes zu analysieren. Daher Nähe zur tiefenpsychologischen Hermeneutik (Freud und von Lorenzen). Erkenntnisziel: neben dem ausgesprochenen auch das nicht direkt An- oder Ausgesprochene zu erkennen und zu analysieren. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 105 10. Die Datenerhebung 10.4. Themenzentriertes Interview Themenzentriertes Interview: Zwei hermeneutische Felder: 1. Das Erhebungsfeld: − Kurze Erläuterung der Themenstellung − Erklärungen zu den Rahmenbedingungen des Interviews − Leitfrage (statt Leitfaden) (schriftlich während des gesamten Prozesses sichtbar) − Leitfrage soll zum Erzählen anregen − Abschließend Postscript verfassen: Eindrücke vom Interview; begleitende Emotionen und Fantasien WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 106 10. Die Datenerhebung 10.4. Themenzentriertes Interview Themenzentriertes Interview: Zwei hermeneutische Felder: 2. Das Auswertefeld: Verfahren der tiefenhermeneutischen Textinterpretation − Vertikale Hermeneutik i. Paraphrasierung ii. Analyse (vergleichbar mit dem Codieren) iii. Gliederung in manifeste und latente Inhalte iv. Aufteilung in unterschiedliche Verstehensebenen: logisches Verstehen; psychologisches Verstehen, tiefenhermeneutisches Verstehen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 107 10. Die Datenerhebung 10.4. Themenzentriertes Interview Themenzentriertes Interview: Zwei hermeneutische Felder: 2. Das Auswertefeld: Verfahren der tiefenhermeneutischen Textinterpretation − Horizontale Hermeneutik Zusätzlich zu den vorherigen Schritten („3b“) Erstellung eines Stichwort-Rasters eines jeden Interviews zur Betrachtung von fallübergreifenden Phänomenen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 108 10. Die Datenerhebung 10.4. Themenzentriertes Interview Themenzentriertes Interview: Misoch (2019), S. 81 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 109 10. Die Datenerhebung 10.5. Narratives Interview Narratives Interview: WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 110 10. Die Datenerhebung 10.5. Narratives Interview Narratives Interview: „Erzählt wird so und anders. Und dieses »so und anders« bezieht sich wesentlich auch auf die Perspektivität des Erzählens. Denn erzählt wird in dieser Hinsicht meist so und anders zugleich. Vor allem das literarische Erzählen zieht seinen Reiz aus der mehr oder weniger intensiven und anspruchsvollen Koppelung verschiedener Perspektiven, verschiedener Weisen, gewisse Ereignisse relativ zu wahrnehmenden und wertenden Instanzen zu repräsentieren.“ Mauz (2019), S. 113 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 111 10. Die Datenerhebung 10.5. Narratives Interview Narratives Interview: Das narrative Interview will durch freies Erzählenlassen von Geschichten zu subjektiven Bedeutungsstrukturen gelangen, die sich einem systematischen Abfragen versperren würden. (Erzählung als „natürliches, in der Sozialisation eingeübtes Dikursverfahren“) Durch Erzählungen werden übergreifende Handlungszusammenhänge, Kontexte und Verkettungen deutlich. Die Strukturierung des Gespräches erfolgt durch den universellen Ablaufplan von Erzählungen, den der Frager unterstützt und ggf. lenkt. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 112 10. Die Datenerhebung 10.5. Narratives Interview Narratives Interview: Ablauf des narrativen Interviews: Mayring (2016), S. 75 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 113 10. Die Datenerhebung 10.5. Narratives Interview Narratives Interview: Strukturierung des narrativen Interviews: i. Erzählteil (Haupterzählung) ii. Nachfragen (Generieren weiterer Erzählungen für neue oder tiefergehende Daten; Klärung von Verständnisfragen oder Plausibilitätsmängeln) iii. Theorieteil (Eingehen auf Erklärungen oder andere theoretische Darstellungen des Befragten) Gandt in: Wintzer, S. 32 Mayring (2016), S. 75 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 114 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Unter dem Begriff Experteninterview fallen innerhalb der qualitativen Sozialforschung zahlreiche unterschiedliche Herangehensweisen und spezifische Forschungsansätze (je nach Thematik oder Problemstellung), die im Allgemeinen direkt aus den Forschungskontexten heraus entwickelt werden. Die Methode kann je nach Fragestellung, Forschungsprozess Forschenden und Experten individuell gestaltet und angepasst werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 115 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Kaiser ( 2012), S. 6 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 116 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Als Experte gelten Menschen mit einer besonderen oder exklusiven Stellung in dem sozialen Kontext, der untersucht werden soll. (Gläser, S.13) Kriterien: (Kaiser, 2021, S.44 ff) 1. Position, Status und das ihnen zugeschriebene Wissen 2. Träger des für die wissenschaftliche Analyse relevanten Funktionswissens 3. Zuschreibung der Expertenrolle erfolgt durch den Forscher selbst (nachvollziehbare Begründung, daher keine Anonymisierung!) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 117 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Hilfreiche Auswahlkriterien: Zitationszahl Autor wissenschaftlicher Werke genereller Bekanntheitsgrad Tätigkeit an Fakultäten oder Forschungseinrichtungen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 118 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Achtung: Je höher die Ansprüche an die Experten, desto größer die Chance auf qualifizierte Ergebnisse, die den Gütekriterien entsprechen! Wegen der pragmatischen Vorgehensweise gilt das Experteninterview als sehr umstrittenes Instrument. Das Experteninterview gibt es nicht! Reinbold in: Wintzer, S. 80 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 119 10. Die Datenerhebung 10.6. Experteninterview Experteninterview: Häufige Fehler im Experteninterview: Themen werden nicht spezifiziert, weil der Frager eine zügige Gesprächsführung realisieren will. Anknüpfungspunkte werden nicht realisiert. Themen, die vom Experten eingebracht werden, werden nicht aufgegriffen oder als irrelevant oder redundant betrachtet. Dem Experten wird die Struktur des Interviews aufgedrängt oder dem Frager gleitet aus „Ehrfurcht“ vor dem Wissen des Experten die Struktur aus den Händen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 120 10. Die Datenerhebung 10.7. Gruppeninterview Gruppeninterview: Als Gruppeninterview werden alle Methoden bezeichnet, die durch folgende Punkte gekennzeichnet sind: Misoch (2019), S.160 1) Forscher interviewt eine Gruppe von mehreren Personen am selben Ort und zur selben Zeit zu einer bestimmten Fragestellung 2) Interviewende leiten die Gruppeninterviews 3) Kontrollierter Kommunikationsprozess der Interviewten 4) Anwendung offener oder semi-standardisierter Fragen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 121 10. Die Datenerhebung 10.7. Gruppeninterview Gruppeninterview: 5) Leitfaden mit konkreten Themen oder Fragen zur Steuerung des Prozesses 6) Erkenntnisinteresse liegt in den Inhalten des Kommunizierten 7) Kein Interesse an gruppendynamischen Prozessen oder kollektiver Orientierungen 8) Auswertung erfolgt inhaltsanalytisch anhand der Themenstränge WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 122 10. Die Datenerhebung 10.8. Gruppendiskussion Gruppendiskussion: Viele subjektive Bedeutungsstrukturen sind so stark in soziale Zusammenhänge eingebunden, dass sie nur in Gruppendiskussionen erhebbar sind. Hier können durch gruppen-dynamische Prozesse psychische Sperren durchbrochen werden, um auch zu kollektiven Einstellungen und Ideologien zu gelangen. Die Gruppendiskussion eignet sich deshalb besonders zur Erhebung kollektiver Einstellungen, Ideologien und Vorurteile (Biases). Bei dieser Technik können auch größere Stichproben verwendet werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 123 10. Die Datenerhebung 10.8. Gruppendiskussion Gruppendiskussion: Zielsetzung bei der Anwendung von Gruppendiskussionen: 1) Gruppendynamik erzeugen 2) Individuelle Meinungen erkunden 3) Kollektive Meinungen bzw. informelle Gruppenmeinungen erforschen 4) Konjunktiven Erfahrungsraum bzw. kollektive Orientierungsmuster analysieren (gemeinsames Erleben) Misoch (2019), S.153f WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 124 10. Die Datenerhebung 10.8. Gruppendiskussion Gruppendiskussion: Ablauf der Gruppendiskussion: Misoch (2019), S. 157 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 125 10. Die Datenerhebung 10.8. Gruppendiskussion Rolle des forschenden Moderators: Zurückhaltend Leitend, nicht beeinflussend Er soll eine Diskussion initiieren, die möglichst einem „normalen“ Gespräch ähneln soll Keine inhaltlichen Aussagen treffen Interventionen richten sich immer an die gesamte Gruppe, nie den Einzelnen „Schiedsrichter“ des Geschehens WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 126 10. Die Datenerhebung 10.9. Weitere Interviewarten Das virtuelle Interview per Video-Stream ▪ Wenig erforscht im Rahmen qualitativer Methoden ▪ Besonderheiten: − Enträumlichung − Digitalisierung Kritik: ▪ Technisches Equipment und Probleme ▪ Niedriger Grad an Verbindlichkeit ▪ Einfache Abbruchmöglichkeit (Flucht des Interviewten) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 127 10. Die Datenerhebung 10.9. Weitere Interviewarten Das E-Mail-Interview ▪ Besonderheiten: − Schriftlichkeit − Körperlosigkeit − Kanalreduzierung − Enträumlichung und Entzeitlichung − Digitalisierung Voraussetzung: ▪ Zielgruppe kann über das Medium erreicht werden ▪ Zielgruppe nutzt das Medium alltäglich und selbstverständlich ▪ Zielgruppe kann sich schriftlich ausreichend artikulieren WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 128 10. Die Datenerhebung 10.10. Qualitatives Experiment Qualitatives Experiment ▪ In den 1980er Jahren von Kleining entwickelt ▪ Gegenstand wird in seiner natürlichen Umgebung belassen und in seiner ganzen Komplexität untersucht ▪ Induktiv-entdeckendes Verfahren: Strukturen des Gegenstandes sollen sichtbar gemacht werden WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 129 10. Die Datenerhebung 10.10. Qualitatives Experiment Qualitatives Experiment ▪ Drei Arten von Eingriffen: Methoden zur Gliederung des Gegenstandsbereichs, z.B. Segmentation und Neu-Kombination; zur Untersuchung von Gruppenstrukturen oder Texten geeignet Methoden zur Veränderung der Ausdehnung des Gegenstandbereichs: Zur Erhebung von Wahrnehmungsqualitäten Methoden zur Umwandlung: Substitution oder Transformation WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 130 10. Die Datenerhebung 10.10. Qualitatives Experiment Qualitatives Experiment ▪ Drei Arten von Handlungsstrategien: Maximierung / Minimierung Testen der Grenzen Adaption WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 131 10. Die Datenerhebung 10.10. Qualitatives Experiment Einsatz von Qualitativen Experimenten in der Ökonomie: ▪ Konsumverhalten ▪ Erwartungen, Einschätzungen von Unsicherheit ▪ Wettbewerbsfähigkeit ▪ Spiele und Verhandlungen ▪ Märkte und Auktionen ▪ Simulationen Vgl. Hey (1991) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 132 10. Die Datenerhebung 10.10. Qualitatives Experiment Qualitatives Experiment in der Umweltökonomie: ▪ ökonomisch relevantes Entscheidungsverhalten unter kontrollierten Bedingungen beobachten und analysieren ▪ Anreize: real vs. monetär ▪ Versetzung der Versuchspersonen in Entscheidungsprozesse ▪ Transparenz: Teilnehmer wissen genau, was passiert ▪ Experimentelle Methodik zur Untersuchung ökonomischer Fragestellungen ▪ Experimentelle Forschung: Auktionsanalyse, Entscheidungs- verhalten, strategische Interaktion, Analyse von Anreiz- systemen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 133 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Teilnehmende Beobachtung: Mit teilnehmender Beobachtung will der Forscher eine größtmögliche Nähe zu seinem Gegenstand erreichen und die Innenperspektive der Alltagssituation erschließen. Die TB ist schwer zu standardisieren und kann deshalb nur bedingt standardisiert durchgeführt werden. Anwendungsbereich: Insbesondere dort, wo Strukturen von außen nicht erkennbar sind oder völlig neue Strukturen erforscht werden sollen. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 134 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Wissenschaftliche Beobachtung ist die systematische und regelgeleitete Registrierung de Auftretens bzw. der Ausprägung von ausgewählten, psychologisch relevanten Merkmalen oder Ereignissen. Sie folgt einem zuvor festgelegten Beobachtungs- plan, der festlegt, i. was beobachtet werden soll (Kategorien für das/die interessierende/n Ereignis/se oder Merkmal/e); ii. welche Aspekte weniger oder nicht relevant sind; iii. welchen Interpretationsspielraum der Beobachtende bei der Beobachtung hat; WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 135 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Wissenschaftliche Beobachtung ist die systematische und regelgeleitete Registrierung de Auftretens bzw. der Ausprägung von ausgewählten, psychologisch relevanten Merkmalen oder Ereignissen. Sie folgt einem zuvor festgelegten Beobachtungs- plan, der festlegt, iv. wann, wie lange und wo die Beobachtung erfolgt; v. auf welche Weise das Beobachtete registriert und protokolliert wird. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 136 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Kriterien für eine „gute“ Beobachtung i. Fragestellung ii. Beobachtungsform iii. Beobachter iv. Beobachtete v. Beobachtungsfeld vi. Spielraum für die Beobachteten vii. Beobachtungsverlauf viii. Auswertungsziel ix. Anspruch auf Verallgemeinerung Flick (2014), S. 366 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 137 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Teilnehmende Beobachtung: Ablaufplan: Mayring (2016), S. 83 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 138 10. Die Datenerhebung 10.11. Teilnehmende Beobachtung Teilnehmende Beobachtung: Die TB beinhaltet eine große Schwierigkeit: durch die aktive Teilnahme des Forschers am Forschungsprozess ist dieser jederzeit in der Lage, den zu erforschenden Gegenstand aktiv zu beeinflussen. Dies kann bewusst oder unbewusst geschehen! Deshalb ist bei jeder TB eine kritische Reflexion des eigenen Handelns und Einflusses auf das gewonnene Ergebnis unerlässlich! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 139 10. Die Datenerhebung 10.12. Biografische Methode Biografische Methode: ▪ Lange Tradition, vor allem in der Entwicklungspsychologie und der Psychoanalyse ▪ Ziel: Erhebung und Rekonstruktion lebensgeschichtlicher Erzählungen, diese fungieren als "Schnittstelle" zwischen der individuellen Lebenswirklichkeit der Erzähler/innen und der sozialen Wirklichkeit WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 140 10. Die Datenerhebung 10.12. Biografische Methode Biografische Methode: ▪ Lebensgeschichten sind nicht als Abbildung objektiver Gegebenheiten zu sehen – und sollten auch nicht im Hinblick auf ihren "Wirklichkeitsgehalt" bewertet werden ▪ Wichtigste Verfahren der Datenerhebung: Narrativ- biografisches Interview (Erfassung der gesamten Lebensgeschichte); episodisches Interview (Erfassung von einzelnen Lebensabschnitten) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 141 10. Die Datenerhebung 10.13. Qualitative Evaluation Evaluation: Evaluation ist eine wissenschaftsbasierte Dienstleistung, die insbesondere immaterielle Gegenstände unabhängig, systematisch und datengeschützt beschreibt und bewertet, sodass Beteiligte und Betroffene wie Stakeholder die erzeugten Ergebnisse für ausgewiesene Zwecke nutzen können: − Wissensmanagement − Rechenschaftslegung − Entscheidungsfindung − Optimierung Vgl.Flick (2006), S. 95 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 142 10. Die Datenerhebung 10.13. Qualitative Evaluation Ablaufmodell einer internen Evaluation: Flick (2006), S. 190 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 143 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse Was ist eine systematische Literaturanalyse? Die systematische Literaturanalyse ist eine Methode, um große Informationsmengen zu einem Themenkomplex zu erfassen diese Informationsmengen zu ordnen mit den Ergebnissen dieser Literaturrecherche analytisch sinnvoll an einer Fragestellung zu arbeiten. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 144 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse PRISMA Checkliste Abschnitt Checkliste + o - Titel Bezeichnung „systematische Literaturanalyse“ im Titel der Seminararbeit genannt Abstract Strukturierte Zusammenfassung mit folgenden Inhalten (wenn zutreffend): Hintergrund, Ziele, Datenquellen, Ein- und Ausschlusskriterien, Teilnehmende und Interventionen, Methoden der Studienbeurteilung und -synthese, Ergebnisse, Limitationen und Implikationen Einleitung Relevanz der Fragestellung begründet; Ziele oder Forschungsfrage/n benannt Methode Ein- und Ausschlusskriterien benannt Durchsuchte Datenbanken, Webseiten, Literaturverzeichnisse etc. mit Suchzeitraum spezifiziert Suchstrategie mit Suchwörtern, Suchfiltern und Boolschen Operatoren spezifiziert Datenerhebungsprozess (z. B. in Excel) beschrieben WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 145 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse PRISMA Checkliste Abschnitt Checkliste + o - Methode Ausgewertete Variablen (z. B. Antezedenzien, Ergebnisse, Moderatoren, Mediatoren) und weitere Informationen (z. B. Autoren bzw. Autorinnen, Jahr, Quelle der Publikation, Stichprobencharakteristika etc.) aufgelistet Eingesetzte Auswertungsmethode (z. B. tabellarisch, grafisch, inhaltsanalytisch) beschrieben WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 146 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse Abschnitt Checkliste + o - Ergebnisse Prozess der Studiensuche- und -auswahl beschrieben und mit PRISMA Flussdiagramm dargestellt Überblicktabelle mit allen in die Literaturanalyse aufgenommenen Studien erstellt Ergebnisse mit Bezug zur Überblickstabelle beschrieben Diskussion Ergebnisse zusammenfassend diskutiert und die Literatur eingeordnet Limitationen (der Ergebnisse und des Analyseprozesses) diskutiert Implikationen für die Praxis und Forschung diskutiert Formalia Korrekte Gestaltung (max. 4.000 Wörter ohne Literaturverzeichnis und Ergebnistabelle/n, Seitenrand von mindesten 2 cm an allen 4 Seiten, Schriftgröße 12 Punkt, 1,5- zeiliger Zeilenabstand, ggf. Anhänge korrekt) Korrekte Gliederung Korrekte Rechtschreibung und Grammatik Korrekte Zitation im Text Korrektes Literaturverzeichnis WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 147 147 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse − standardisierte Vorgehensweise, um vorhandene Literatur zu einem bestimmten Thema bzw. einer Fragestellung zu sichten − Dokumentation der Vorgehensweise, so dass die Ergebnisse durch andere reproduziert werden können − Ziel: Fragestellung auf der Grundlage vorhandener Studien zu beantworten − Methode: vorhandene Primärstudien werden einer Sekundäranalyse unterzogen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 148 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse Das Vorgehen bei einem systematischen Literaturüberblick 1. Planung systematische Literaturanalyse − Formulierung der Fragestellung(en) − Relevant für Einleitung & Theorieteil der Arbeit - 2. Identifizierung von Studien − Dokumentation des Vorgehens & der Ergebnisse − Relevanz für den Methodenteil der Arbeit - 3. Bewertung der Studien WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 149 10. Die Datenerhebung 10.14. systematische Literaturanalyse Das Vorgehen bei einem systematischen Literaturüberblick - 4. Analyse und Synthese der enthaltenen Informationen − Dokumentation der Ergebnisse zur Beantwortung der Fragestellung(en) − Relevanz für den Ergebnisteil der Arbeit 5. Darstellung der „best evidence“ − Kritische Auseinandersetzung mit den gefundenen Ergebnissen − Argumentative Schlussfolgerungen für die Fragestellung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 150 11. Transkription WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 151 11. Transkription Dimensionen der Beschreibung und Erklärung gesprochener Sprache: Dittmar, S. 42 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 152 11. Transkription Aspekte der Transkription: Dittmar, S. 86 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 153 11. Transkription mögliche Anonymisierung von Details in einem Interview: Gläser: S.280 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 154 12. Induktive Kategorienbildung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 155 12. Induktive Kategorienbildung Induktive Kategorienbildung: Da der Forschungsprozess auch neue Erkenntnisse hervorbringen soll, muss das Kategoriensystem im Analyseprozess regelmäßig kontrolliert und überarbeitet werden. nicht verwendete Kategorien müssen auf ihre Relevanz hin überprüft werden wenn das erhobene Datenmaterial die Bildung neuer Kategorien nahe legt, müssen diese definiert und entsprechend kodiert werden. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 156 12. Induktive Kategorienbildung Prozessmodell induktiver Kategorienbildung: Mayring (2010), S. 84 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 157 12. Induktive Kategorienbildung Axiales Kodieren (Grounded Theory): Dabei soll um die „Achse“ einer Kategorie oder eines Konzeptes herum kodiert werden. Phänomen: Ein begrifflich gefasstes (theoretisiertes) Vorkommnis, dessen Kontext es in Analyseschritten aufzuarbeiten gilt. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 158 12. Induktive Kategorienbildung Axiales Kodieren (Grounded Theory): Strübing, S. 25 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 159 12. Induktive Kategorienbildung Induktive Kategorienbildung: Die Gegenüberstellung von deduktivem induktivem Kategoriensystem Kategoriensystem ist das erste wesentliche und relevante Ergebnis des Forschungsprozesses! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 160 13. Auswertung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 161 13. Auswertung Hermeneutik: Hermeneutik als philosophisches Konzept: Theorie der Interpretation und des Verstehens von Texten Hermeneutik als methodischer Ansatz: systematisiertes Verfahren zum Verständnis und zur Auslegung von Texten auf reflektierende Weise Wichtige Vertreter: ❖ Friederich Nietzsche (Perspektivismus) ❖ Wilhelm Dilthey (psychologische Hermeneutik) ❖ Hans-Georg Gadamer (Sinn und Zeit; philosophische Hermeneutik) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 162 13. Auswertung Objektive Hermeneutik: Die objektive Hermeneutik will die hinter den subjektiven Bedeutungen stehenden objektiven Sinnstrukturen erschließen. Dazu werden mögliche und tatsächliche Bedeutungsgehalte des Materials schrittweise systematisch verglichen. subjektive Ebene: wird durch qualitative Techniken aus dem gewonnenen Material (meist: Text!) herausgefiltert objektive Ebene: muß aus dem gewonnenen subjektiven Material erschlossen werden WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 163 13. Auswertung Objektive Hermeneutik: Ablaufmodell: Mayring (2016), S. 125 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 164 13. Auswertung Auswertung der Kategorien: Zu jeder Einzelkategorie wird ein Einzelergebnis erstellt! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 165 13. Auswertung Auswertung der Kategorien: Einzelergebnis werden zu Ergebnissen von Ober-Kategorien verdichtet! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 166 13. Auswertung Auswertung der Kategorien: Die Ergebnisse der Kategoriengruppen werden mit dem theoretischen Vorverständnis kombiniert und zu einem Gesamtergebnis (Beantwortung der Forschungsfrage) verdichtet! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 167 13. Auswertung Auswertung der Kategorien: Achtung: es müssen berücksichtigt werden: Postulat 5 (Verallgemeinerungsprozess) Säulen 10 – 13! WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 168 14. Exkurs: Grounded Theory WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 169 14. Exkurs: GTM Grounded Theory: − Begründet von Anselm Strauss und Barney Glaser ab 1965 − Eine Programmatik gegen eine ausschließlich quantifizierende Verfahrenstechnik − „in Daten begründete Theorie“ − Verschiedene Ausprägungen der Methodik, je nach Forscher und Autor Equit, (2016), S.9ff WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 170 14. Exkurs: GTM Grounded Theory: Zeitliche Parallelität Wechselseitige funktionale Abhängigkeit von den Prozessen der: o Datenerhebung o Datenanalyse o Theoriebildung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 171 14. Exkurs: GTM Die Methode des ständigen Vergleichens: Glaser, Strauss (1998) S.111ff. (1) Vorkommnisse für jede Kategorie vergleichen: Während Sie ein Vorkommnis für eine Kategorie kodieren, vergleichen Sie es mit vorhergehenden Vorkommnissen in derselben wie auch in anderen Gruppen, die zu der gleichen Kategorie kodiert wurden. Durch dieses ständige Vergleichen von Vorkommnissen kommt es sehr bald zur Generierung von theoretischen Eigenschaften dieser Kategorie. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 172 14. Exkurs: GTM Die Methode des ständigen Vergleichens: Nach Strauss/Glaser, S.111ff. (2) Integration der Kategorien und ihrer Eigenschaften: Aus dem Vergleich Vorkommnis – Vorkommnis wird zunehmend der Vergleich Vorkommnis – Eigenschaften der Kategorie, die dem anfänglichen Vergleich von Vorkommnissen entstammen. (3) Begrenzung der Theorie a. Theorie ausbauen b. Kategorien begrenzen (4) Abfassen der Theorie WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 173 15. Triangulation WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 174 15. Triangulation Das Verfahren der Triangulation: Die methodeninterne Triangulation Flick (2008), S. 27 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 175 15. Triangulation Das Verfahren der Triangulation: Die Triangulation verschiedener qualitativer Ansätze Flick (2008), S. 41 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 176 15. Triangulation Das Verfahren der Triangulation: Die Triangulation qualitativer und quantitativer Ansätze Flick (2008), S. 94 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 177 16. Forschungsethische Grundsätze WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 178 14. Forschungsethische Grundsätze „Die Forschungsethik („research ethics“, „ethics of research“) umfasst alle ethischen Richtlinien, an denen sich Forschende bei ihrer Forschungstätigkeit – und zwar hier speziell bei der Datenerhebung und Datenanalyse im Rahmen empirischer Studien – orientieren sollen. Im Mittelpunkt stehen der verantwortungsvolle Umgang mit menschlichen und tierischen Untersuchungsteilnehmenden und ihr Schutz vor unnötigen oder unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen durch den Forschungsprozess. Dass und wie der Forschungsethik in einer konkreten Studie Genüge getan wird, sollte im Vorfeld genau überlegt und im Forschungsbericht erläutert werden.“ (Döring & Bortz, 2016, S. 123) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 179 14. Forschungsethische Grundsätze Forschungsethische Grundsätze: Integrität und Objektivität Rechte der Forschungssubjekte/Teilnehmenden: Risikoabwägung und Schadensvermeidung Freiwilligkeit der Teilnahme Informierte Einwilligung Anonymisierung und Vertraulichkeit (Ethik-Kodex DGS/BDS 2017) WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 180 14. Forschungsethische Grundsätze Ein ethisch verantwortungsvoller Umgang mit Unter- suchungspersonen und Daten umfasst die drei Prinzipien: Freiwilligkeit & informierte Einwilligung Anonymisierung und Vertraulichkeit der Daten Schutz vor Beeinträchtigung und Schädigung WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 181 14. Forschungsethische Grundsätze Inhalt der Einverständniserklärung: Zweck der Forschung erwartete Dauer der Untersuchung und das Vorgehen Recht auf Nichtteilnahme und Abbruch der Teilnahme absehbare Konsequenzen des Abbruchs und der Nicht- Teilnahme Potentielle Risiken, Unbehagen oder andere negative Auswirkungen, den voraussichtlichen Erkenntnisgewinn, Gewährleistung von Vertraulichkeit und Anonymität bzw. deren Grenzen evtl. Höhe der Aufwandsentschädigung Kontaktperson für Rückfragen WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 182 14. Forschungsethische Grundsätze WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 183 14. Forschungsethische Grundsätze Analytische und forschungsethische Reflexion: Zwei Seiten einer Medaillie analytisch forschungsethisch WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 184 14. Forschungsethische Grundsätze Gläser: S.50 WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 185 Zum Abschluss: besser nicht…. WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 186 Literatur Cropley, A. (2008), Qualitative Forschungsmethoden, Klotz Deppermann, A. (2008), Gespräche analysieren, VS Verlag Dittmar, N. (2004), Transkription, VS Verlag Equit, C.; Hohage, C. (Hrsg).(2016), Handbuch Grounded Theory, Beltz Flick, U. Hrsg. (2006), Qualitative Evaluationsforschung, rowohlts Flick, U. (2014), Qualitative Sozialforschung, rowohlts Flick, U. (2008), Triangulation, VS Verlag Glaser, B.; Strauss, A. (1998), Grounded Theory, Verlag Hans Huber Gläser, J. (2010), Experteninterviews und qualitative Inhaltsanalyse, VS Verlag Heinze, T. (2001), Qualitative Sozialforschung, Oldenbourg Hey, J. (1991), Experiments in Economics, Blackwell WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 187 Literatur Hollenberg, S. (2016), Fragebögen, Springer Kaiser, R. (2021), Qualitative Experteninterviews, Springer VS Hussy, W.; Schreier, M.; Echterhoff, G. (2013), Forschungsmethoden, Springer Kornmeier, W. (2007), Wissenschaftstheorie und wissenschaftliches Arbeiten, Physica-Verlag Kuckartz, U. (2016), Qualitative Inhaltsanalyse, Beltz Lenger, A.; Kruse, J. (2017), Qualitative Forschungsmethoden in der Volkswirtschaftslehre, in: Maeße, J.; Pahl, H.; Sparsam, J. (Hrsg.): Die Innenwelt der Ökonomie, S. 107 – 134, Springer VS Mauz, A. (2019), Eins, zwei, viele – Perspektivität und Multiperspektivität zwischen Narratologie und Hermeneutik, in: von Sass, H. (Hrsg): Perspektivismus, S.113 – 152, Meiner Mayring, P. (2016), Qualitative Inhaltsanalyse, Beltz Mayring, P. (2016), Qualitative Sozialforschung, Beltz WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 188 Literatur Misoch, S. (2019), Qualitative Interviews, 2.Auflage, De Gruyter Seibold, G. (2007), Quantitative versus qualitative Forschung, BOD Seiffert, H. (1980), Einführung in die Wissenschaftstheorie Band 1, C.H.Beck Strauss, A.L.; Corbin, J. (1990), Basics of Qualitative Research: Grounded Theory Procedures and Techniques, Sage Strübing, J. (2014), Grounded Theory, Springer VS Wintzer, J. (Hrsg.) (2016), Qualitative Methoden in der Sozialforschung, Springer Spektrum Witzel, A. (1985), Das problemzentrierte Interview in: Jüttemann, G. (Hrsg): Qualitative Forschung in der Psychologie, Beltz, S. 227 - 255 Witzel, A.; Reiter, H. (2022), Das problemzentrierte Interview – Eine praxisorientierte Einführung, Beltz WS2024/25 Wiss.Methoden, qualitativ Dipl. Vw. Ulrich Flieger 189