Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) PDF

Summary

Diese Zusammenfassung des Staatsexamens in Grundschulpädagogik (Frühjahr 2014) behandelt die Heterogenität von Schülern, inklusive Kinder und familiäre Merkmale im Bildungskontext. Der Fokus liegt auf Aspekten wie Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und sonderpädagogischem Förderbedarf von Schülern und deren pädagogischen Konsequenzen. Die Zusammenfassung gibt einen Überblick über verschiedene Perspektiven und wichtige Faktoren.

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Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 1 1. Heterogenität Definitionen: - „Heterogenität bezeichnet generell die (durch viele Faktoren bedingte) Unterschiedlichkeit von Menschen.“ – von der Groeben, 2008 - Heterogenitä...

Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 1 1. Heterogenität Definitionen: - „Heterogenität bezeichnet generell die (durch viele Faktoren bedingte) Unterschiedlichkeit von Menschen.“ – von der Groeben, 2008 - Heterogenität ist die „Zuschreibung von Unterschieden aufgrund Kriterien, deren Bedeutung von sozialen Normen und persönlichen Interessen abhängt“ – Brügelmann, 2001 - Heterogenität bezeichnet in der Pädagogik die Unterschiedlichkeit von SuS innerhalb einer Lerngruppe. Dabei werden Merkmale betrachtet, die für den Lernerfolg wichtig sind, z.B. Alter, Geschlecht, soziale Herkunft oder Vorwissen. (Sturm, 2013) - Eigenschaften von Heterogenität nach Sturm, 2013: o Relativ: unterschiede feststellbar, wenn 2 Aspekte miteinander in Beziehung gesetzt werden o Soziokulturell eingebunden: Vgl. stets in kulturellem bzw. sozialem Rahmen o Sozial konstruiert: Entstehung von Unterschieden im Geist -> dementsprechende soziale Handlung o Partial: trotz Unterschiede immer auch Gemeinsamkeiten - Aspekte von Heterogenität nach Wenning, 2007: o Heterogenität als relativer Begriff: Entstehung durch Vergleich bzgl. Kriterien & Maßstab -> Zustand: gleich oder ungleich o Subjektivität: Eigenschaften werden auf Basis von Vergleich durch Beobachtende zugeschrieben o Homogenität: Gegenstück der Heterogenität, Existenz im Vergleich o Zeitliche Begrenztheit: Veränderungen beeinflussen Einteilung in homogen/heterogen -> (un-)Gleichheit hergestellt oder vergrößert Rechtliche Grundlage: - Grundgesetz: o Artikel 2: Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit o Artikel 3: keine Benachteiligung wegen Geschlecht/Sprache/Abstammung -> GS als gemeinsame Schule - Bayerische Verfassung, Artikel 128: Verankerung der Notwendigkeit von Differenzierung -> Anspruch auf eine seinen erkennbaren Fähigkeiten & inneren Berufung entsprechenden Ausbildung - LehrplanPllus? Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 2 Facetten der Heterogenität - Systematik nach Rehle/Thoma, 2014: somatische U. kognitive U. emotionale U. biographische U. U. in sozialen Einstellungen und Verhalte sozio-kulturelle U. geschlechtsspezifische U. kulturelle und religiöse U. - Systematik nach Martschinke/Kammermeyer, 2003: o Heterogenität in leistungsspezifischen Lernvoraussetzungen o Heterogenität in persönlichkeitsspezifischen Lernvoraussetzungen o Heterogenität der Kontextmerkmale - Facetten der Heterogenität nach Schumacher/Denner, 2017: ! Intraindividuelle Heterogenität: eigene Interessen, Stärken und Schwächen z.B. bzgl. Schulfächern Alter o ⌀ zu Beginn: 6,4 -> Standardabweichung von 4,5 Monaten (Kluziok et. al., 2014) o Altershomogenste Klasse: 6 Monate vs. Altersheterogenste: 2 Jahre, 8 Monate (Kluziok et. al., 2014) o Unterschiedliche Entwicklung bei gleichem biologischem Alter bzgl. kognitiver/sozialer Fähigkeiten -> Entwicklungsunterschiede von bis zu 3 Jahren (Bartnizky, 2009) o Bildung von Jahrgangsklassen bietet nur bedingt Altershomogenität (-> vorzeitige Einschulung, Zurückstellung, Wiederholen, Überspringen) ➔ Pädagogische Konsequenzen: - Lerngruppen nach individuellen Dispositionen, nicht nach Alter - Entwicklungsunterschiede der Kinder wird mehr Wichtigkeit zugesprochen als dem Alter - Jüngere & ältere SuS sollen unterschiedliche Rollen im ko-konstruktiven Lernprozess einnehmen dürfen Entwicklungsdifferenzen o bei Schulanfänger*innen von bis zu 3 Jahren (Neuhaus-Siemon, 1993) o Entwicklungsmerkmale sind bei Kindern, selbst wenn sie unter vergleichbaren Bedingungen aufwachsen, unterschiedlich ausgeprägt – Largo/Beglinger, 2009 Hochbegabung o Etwa 2% GS-SuS IQ über 130 (Stangl, 2022) o Drei-Ringe-Modell nach Renzuli, 1992: hohe Ausprägung von überdurchschnittlicher Begabung, hohe Aufgabenmotivation, hohe Kreativität o Meist nur in einem Interessensgebiet exzellente Leistungen o Förderbedürftig, denn bleibt Anforderungsniveau aus -> Unterforderung, Langeweile Akzeleration (verkürzte Schulzeit) Enrichment (Begabungs- und Interessenförderung) äußere Differenzierung (Spezialschulen) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 3 Geschlecht: Lehrkräfte haben unterschiedliche Erwartungen je Geschlecht -> Sex: phänotypische und biologische Zuschreibung vs. Gender: persönliche Identifikation Jungen: o Auffälligkeiten bei Lehrkräften: ehr ‚störendes‘ Verhalten o Bekommen mehr Beachtung durch L, haben mehr Redezeit o Öffnen sich weniger bei neuen Kontakten, Lösen Konflikte ehr körperlich (Petillon, 1993) o Leistungsbewertung: 1. Schwächere Leistungen erklärt durch situativ unzureichende Bemühungen; 2. Schlechtere Bewertung von Leistungen? -> Unwohlfühlen, stärkere Langeweile o Stärkere Leistungen: mathematisch-naturwissenschaftlich (Herwatz-Emden et al., 2016) Mädchen: o Auffälligkeiten bei Lehrkräften: Angepasstes Sozialverhalten, Fleiß, größere Sorgfalt o Zeigen schulisch adäquateres Lernverhalten o Höhere soziale Sensibilität & Kompetenz, dichteres Netz an Sozialkontakten, Lösung von Konflikten verbalaggressiv, Entwicklungsvorsprung (Petillon, 1993) o Erzielen systematisch bessere Leistungen (Herwatz-Emden et al., 2016) o Leistungsbewertung: Schwächere Leistung werden von L durch fehlende Begabung erklärt -> negative Beeinflussung des Fähigkeitsselbstkonzept -> Unterschätzung eigener Leistungen -> Rückführung von eigenem Misserfolg auf mangelnde Begabung, Rückführung von Erfolg auf Glück o Entwickeln selten starkes Selbstbewusstsein im Unterricht mit J. (Herwatz-Emden et al., 2016) o Stärken: im Umgang mit Sprache, Rechtschreibung -> z.B. PISA 2018: 26 Punkte mehr als Jungen in Lesekompetenz (2009: 40; OECD-Schnitt: 30) -> z.B. IGLU 2016: DE/EU/OECD M leicht besser; deutlich: literarisches L.;minimal: informierendes L.; positivere Werte bei Leseselbstkonzept, -moitvation, -verhalten -> Wenn J gleich, dann gleiche Leistung -> z.B. Herwatz-Emden et al., 2016: Besser in Rechtschreibung ➔ Pädagogische Konsequenzen: - Bewusstsein: Vermittlung unbewusster Einstellungen & Erwartungen durch Lehrkraft (Herwatz-Emden et al., 2016: „heimlicher Lehrplan“) - Individuelle Stärken der Kinder bestärken, möglichst losgelöst von geschlechtsspezifischen Stereotypen - Identifikationsfiguren in der Schule für Jungen & Mädchen Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 4 Migrationsgeschichte o Definition: Migration = Bewegung, die zu einer gänzlichen, vorübergehenden oder teilweisen Verlegung des Arbeits- &/oder Lebenszusammenhangs von Personen führt & über bedeutsame Grenzen hinweg verläuft z.B. Aus- & Übersiedlung, Arbeitsmigration, Flucht o Definition Migrationsgeschichte: Ein oder zwei Elternteile nicht durch Geburt deutsche Staatsbürgerschaft o Bundesamt für Statistik (2016): 8% aller GS-Kinder haben MG -> erwarteter Anstieg auf 14% o PISA 2018: Schüler*innen mit Migrationshintergrund in DE 2009 18% -> 2018 22% o Potentiale: Entwicklung, Veränderung & Modernisierung von Gesellschaften durch Einwanderung durch Austausch von Sprachen, Erfahrungen, Wissen, Perspektiven, Erwartungen, Praktiken o Probleme: ▪ Menschen mit MG haben weniger Chancen im Bildungssystem (UNESCO, 2017), bzgl. Kompetenzerwerb (Rolff, 2019) & Besuch bestimmter Schularten (bpb/Maaz, 2020) -> signifikanter Zusammenhang zw. Schulleistung /-erfolg und MG ▪ Korrelation zw. MG & Klasse: 50% der Kids mit MG sind sozioökonomisch benachteiligt (PISA 2018) ▪ IGLU 2016: o 4-Klässler*innen, die angaben (fast) immer zu Hause Deutsch zu sprechen: 549 Pkt. 4-Klässler*innen, die angaben manchmal / nie zu Hause Deutsch zu sprechen: 509 Pkt. o 24 (1 Elternteil nicht in DE geboren) bzw. 49 (beide Elternteile) Pkt. Weniger o GS kann zuwanderungsbezogener Disparitäten nicht verringern ▪ PISA 2018: o SuS ohne MG 63 Punkte besser o Miteinbezug des sozioökomischen Profils: Unterschied 17 Pkt. o 16% der SuS mit MG im obersten Quartil der Leistungsverteilung ▪ Habitus: Mittelschicht als Maßstab & letztlich Voraussetzung für Erfolg (Stancel-Piatak, 2017) ▪ Eventuell mangelndes Kapital (kulturell z.B. Bildungssprache, Wissen über Bildungssystem; sozial z.B. Netzwerk/Kontakte) und mangelnde Ausgleichsangebote o Heterogenität der Kinder mit MG (Stanat, 2009) -> wird größer in den letzten 15 Jahren! (IGLU, 2016) o Enorme sprachliche Heterogenität -> MG nicht zwangsläufig Indikator für Sprachschwierigkeiten ➔ Pädagogische Konsequenzen - Förderung interkultureller Kompetenz, Fokus auf Vielfalt als Bereicherung - Fokus: Förderung der Deutschkenntnisse -> DaZ = essenziell!! -> Sprachförderung in allen Bereichen des Unterrichts Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 5 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf o Medizinisch: Behinderung = Dysfunktion / Einschränkung, aber auch Passungsproblem mit Interaktionspartner*in -> Behinderung als Zuschreibungsprozess o Sozialwissenschaftlich: Behinderung = gesellschaftliche Benachteiligung / Resonanz auf Schädigung o Historische Phasen: Extinktion, Exklusion, Separation und Segregation, Kooperation, Integration, Inklusion o Schuljahr 2011/12: Inklusionsquote von 1,6% o Kinder mit Lernbehinderung: profitieren langfristige durch größeren Lernzuwachs o Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten: positive Leistungen -> positive Wirkung auf Sozialprognose o Kinder mit geistigen Entwicklungsstörungen: größere Fortschritte in Leistung und Sozialentwicklung o Kinder ohne spezifischen Förderbedarf: Vorteil bzgl. sozialem und kognitivem Lernen o BeLief-Projekt nach Wild et. al., 2015: Ergebnis: bessere Lese- & Rechtschreibleistungen bei Unterricht in inklusiven Settings o Positive Bewertung von Inklusion durch Eltern & Lehrkräfte o Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma: Beschreibung der Differenzen der SuS -> Zugestehen von Bedarf -> Ausgleich durch bewilligte Ressourcen Familiäre Merkmale o verschiedenste soziale Milieus, Sozio-Ökonomie, Wohnraum, Arbeitsbedingungen, finanzielle Mittel, Bildungshintergrund, Familienform, Erziehungsstil -> GS-Lehrkräfte i.d.R. aus bürgerlicher Mitte (Ellinger, 2013) -> spannungsreiche Situation in Klasse o 2018: 14,5% der 6–11-Jährigen armutsgefährdet, Kinder mit MG zu 33,3%, andere zu 12,7% von Armut bedroht (Statistisches Bundesamt, 2018) o 2022: 24% der unter 18 von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht (Statistisches Bundesamt, 2023) o TIMSS: Testergebnisse der 4ten in Mathematik in DE abhängig von sozialer Herkunft (Rolff, 2019) o IGLU: Lesekompetenz der Grundschüler*innen abhängig von Berufsgruppe der Eltern (bpb/Maaz, 2020) o bpb: Schulartbesuch abhängig von Sozialstatus der Schüler*innen (bpb/Maaz, 2020) ➔ Pädagogische Konsequenzen Gebundener Ganztag (Rauschenbach, 2013), flexible Schuleingangsphase (Ellinger, 2013), längere Grundschulzeit & Gesamtschulwesen (Rolff, 2013) Information & Reflexion, interdisziplinäre Teamarbeit, diverse Lehrer*innenschaft (Ellinger, 2013) Didaktische Adaptivität (Öffnung, Differenzierung, Individualisierung) (Franz, 2020), Thematisierung im SU (Omolo, 2023) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 6 Bedeutung von Sichtweisen für Formulierung von Heterogenitätsdimensionen nach Trautmann/Wischer, 2011 - Psychologische Lehr-Lernforschung o Fokus: Lehr-Lernprozess, kognitive Voraussetzungen, gut operationalisierbare Aspekte o Zweck: Identifikation von Merkmalen der Kinder für Unterrichtsgestaltung - Sozial- & erkenntniskritische Zugänge: Die (problematische) Konstruktion sozialer Unterschiede o Verständnis von Schule: gesellschaftliche Institution, Beteiligt an Herstellung von Ungleichheiten o Fokus: soziale & strukturelle Heterogenität im Fokus o Kritisches Hinterfragen, welche Zuschreibungen vorgenommen werden & welche Konsequenzen aus dieser Zuschreibung resultieren, z.B. Bevorzugung o Heterogenitätsdimensionen als soziale Konstruktionen Gründe für Heterogenität - Allgemein: o Globalisierungen, Internationale Migration o Pluralisierte Lebensformen, Veränderte Kindheit o Veränderte Sicht auf Kindheit: Betrachtung der Kinder als Individuum = Individualisierung - Institutionelle Ursachen nach Rebel, 2011: frühere/spätere Einschulung, Wiederholen/Überspringen, Schulwechsel - Gesellschaftliche Ursachen nach Rebel, 2011: o Kindheit immer im Wandel: Ökonomisch & gesellschaftliche Veränderungen -> Veränderung der Bedingungen des Aufwachsens -> seit 70er: Beschleunigung = Modernisierungsschub -> veränderte Familienrealität & Umweltbedingungen o z.B. Ein-Eltern-Familien, Alleinerziehend (17%), Erwerbstätigkeit der Frau, Scheidung, Geschlechterrollen, Schere, Immigration, Religion, pluralistische & multikulturelle Gesellschaft, Straßenkindheit -> Innenraumkindheit, elektronische Medien, verplante Freizeit → Aufwachsen der Kinder in immer unterschiedlichen Milieus (Kinder, die in Risikolagen leben 30 % in 2016) - Folgen des Modernisierungsschubs nach Fölling-Albers: o Gewinner*innen und Verlierer*innen o Auflösung herkömmlicher Normalbiografien o Diversifikation von Kindheitsmustern o Empirische Bestätigung unterschiedlicher Lerntypen → Vergrößerte Heterogenität - Entstehung von Heterogenität nach Speck-Hamdan: Durch individuelle Erfahrungen & Anregungs-/Unterstützungsangebote der Umwelt Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 7 Reaktionsmöglichkeiten ! - Nach Weinert, 1997 o Passive Reaktionsform: Ignorieren der Heterogenität Unterricht am Durchschnittsschüler orientiert o Substitutive Reaktionsform: Anpassung der SuS durch schulorganisatorische Homogenisierung = äußere Differenzierung o Aktive Reaktionsform: Innere Differenzierung Ziel: Optimum für möglichst viele SuS erreichen o Proaktive Reaktionsform Frühzeitige Diagnose von Lernmöglichkeiten und Leistungsgrenzen SuS Individualisierung + gezielte Förderung Differenzielle Lernziele (Fundamentum und Additum) Adaptiver Lehrstil (Öffnung, Differenzierung, Individualisierung) - Differenzfreundlichkeit als Grundlage eines Schulprofils nach Auernheimer, 2001: o Äußeres Erscheinungsbild (z.B. mehrsprachige Schilder), gutes Schulklima o Intensive Kommunikation mit migrantifizierten Eltern, Institutionalisierung von Metakommunikation o Vermeidung von Segregationsmaßnahmen wie Vorbereitungs- und Auffangklassen o Bevorzugung von Binnendifferenzierung statt äußerer Differenzierung o Kollegiale Fallberatung bei (vermeintlich) interkulturellen, diskriminierenden und rassistischen Fällen o Mediation/Schlichtung bei ethnisierten Konflikten von z.B. Schüler*innengruppen - Differenz- und diskriminierungssensible Haltung o Bewusstsein: Fremdheit = Konstruktionen Vielfältige, intersektionale und institutionelle Diskriminierung existiert und hinterlässt Spuren ALLE MENSCHEN SIND DISKRIMINIEREND, wegen Sozialisation in diskriminierender Gesellschaft Worte und Bilder haben Macht o Selbstreflexion: (Un)bewusste Vorurteile anerkennen, Unsicherheitstoleranz, neugierig weiterlernen o Fokus auf Gemeinsamkeiten, Konstruktiver Umgang mit Unterschieden o Einbezug der konkreten Lebensrealitäten, individuellen Biographien und Erfahrungen der Kinder o Empathie Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 8 Pädagogische Praxis ! - Umgang mit Heterogenität nach Heinzel und Koch, 2017: o Innere Differenzierung: Anpassung der Lernangebote an Gruppen von Lernenden o Individualisierung: jedes Kind bekommt ein Lernangebot, das zu im passt o Offener Unterricht: mehr Wahlfreiheit und mehr Verantwortung im Lernprozess o Adaptiver Unterricht: Lernangebote passen sich jedem SuS und seiner Entwicklung an ! - Unterrichtsformen für heterogene Lerngruppen nach Prengel, 2009: o Differenzierter Frontalunterricht: Einführungs- & Abschlussphasen für alle + differenzierte Einzel-/Gruppenarbeit o Wochenplan oder Tagesplanarbeit: vgl. Freiarbeit, jedoch stärker strukturiert o Freiarbeit: vorbereitete Umgebung, in der didaktische Materialien aller Fachgebiete offen angeboten werden -> Kinder arbeiten eigenständig in Einzel- oder Gruppenarbeit o Förderplan für jedes Kind (für jedes Unterrichtsfach/jeden Inhaltsbereich): -> machen Entwicklungen transparent & geben kompetenzorientierte Lernstandsrückmeldungen -> stärken die SuS in ihrer Selbstwahrnehmung o Projektarbeit: Öffnung des Unterrichts hinsichtlich thematischer Interessen, Aktivitäten & Produkten o Portfolioarbeit -> ermöglicht Begleitung unterschiedlicher Lernprozesse o Kreisgespräche: individuelle Erfahrungen werden ausgetauscht, angeleitet durch Lehrkräfte und/oder Kinder -> Heterogenität wird Raum gegeben o Temporäre Lerngruppe in der inklusiven Schule: äußere Differenzierung mit Fokus auf Erhalt der Klassengemeinschaft Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 9 - Anforderungen an die Lehrkraft nach Trautmann/Wischer, 2011: o Einstellung der Lehrkräfte Heterogenität als Chance & Bereicherung sehen und produktiv nutzen Wertschätzung & Anerkennung beim Umgang von Unterschieden Keine Abwertungen, Bevorzugungen, Benachteiligungen Stärken hervorheben o Diagnostische Kompetenzen/Fähigkeiten Vielfalt der Gruppen wahrnehmen -> individuellen Voraussetzungen erfassen -> Förderentscheidungen zu treffen Prozessorientierte, ganzheitliche & pädagogische statt klassifizierende & kategorisierende Diagnostik o Didaktische Kompetenzen Repertoire an Unterrichtsstrategien & Maßnahmen kennen & einsetzen Konsequente & differenzierte Planung o Souveräne Gelassenheit & Beweglichkeit - Anforderungen an die Klassenraumgestaltung nach Klippert, 2010: o Sitzordnung: Gruppentische & Einzeltische (L-Form) -> Heterogene Lerngruppen verlangen nach Sozialformwechsel & flexiblen Besprechungsmöglichkeiten -> üben dadurch z.B. aufeinander eingehen, Blickkontakt, Zuhören o Rückzugsmöglichkeiten bzw. Kleingruppenecken o Offene Regale mit didaktischen Materialien o Großes Medien- & Materialangebot o Angebot an Nachschlagewerken o Computer als Förder- & Integrationsmaßnahmen o Umsetzungsmöglichkeiten: Bereitstellung finanzieller Mittel durch...... Staat/Schulträger... Lehrer können Projekte starten... Eltern um Mithilfe bitten... Sich nach Sponsoren erkundigen - Anforderungen an Arbeitsblätter nach Klippert, 2010: o Theorie: differenzierte Arbeitsblätter für SuS z.B. mit Wahlmöglichkeiten und verschiedenen Zugängen -> Anregung zum Nachdenken, Strukturieren, Problemlösen, konstruktiven Lernen & Kommunizieren -> Kinder sollen produktiv werden (z.B. durch Rätsel, Kombinationsaufgaben oder Planungsaufgaben) o Praxis: eindimensional, ausgelegt auf Rezipieren/Memorieren bestimmter Fakten, stark normiert -> nehmen eigenverantwortliches Arbeiten & Denken ab -> vordergründige Beschäftigungstherapie Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 10 Anforderungen an die Schule: - Leitbild, bei dem Heterogenität als etwas Positives herausgestellt wird - Maßnahmen der Integration/Inklusion, z.B. Tandemklassen - Altersgemischtes Lernen in Themenräumen, Flex-Klassen (Schuleingangsstufe) -> kooperatives Lernen - Förderprogramme (Lesenacht, bilinguales Angebot, DaZ), außerschulische Angebote - Andere Leistungsbewertung (Logbuch, Portfolio, Notengebung erst ab Klasse 9) - Gebundene Ganztagsschule als pädagogisches Konzept, Wahlmöglichekiten - Keine festgeschriebenen Wochenstunden pro Fach, 90-Minuten-Blöcke statt 45-Minuten - Ausgeprägte Elternarbeit: aktive Einbindung, Bilanz- & Zielgespräche - Interdisziplinäre Kooperation Anforderungen an die Bildungspolitik nach Klippert, 2010: - Sprachtraining vor Schuleintritt für Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen - Schüler*innenanzahl in Klassen verringern -> Angst der Lehrkräfte vor großer Heterogenität minimieren -> Wichtige & notwendige Voraussetzung für moderne Lehr-, Lern- & Förderverfahren - Zusätzliche Förderkräfte für Arbeitsteilung einstellen -> Möglichkeit zur differenzierteren Beobachtung & Beratung - Lehrkräftefortbildungen erleichtern: Ziel ist mehr Sicherheit, Zuversicht & Routinebildung - Praxisgerechte Lehrerausbildung o Theorie & Praxis aufeinander beziehen und miteinander verzahnen o Erhöhte Aufmerksamkeit in Bezug auf den Umgang mit Heterogenität im Klassenzimmer - Höhere Sachmitteletats für Schulen -> Vielfältige Arbeitsmittel als Voraussetzung für erfolgreiche Förder- & Interaktionsmethoden - Neue innovative Evaluationsmaßnahmen o Transferfähigkeiten des Theoriewissens innerhalb der Lehrproben überprüfen o Neue Prüfungsordnungen & Prüfungsstrategien o Schulinspektionen etc. Chancen von Heterogenität - Kooperatives Lernen: Nutzung der unterschiedlichen Ressourcen, Sichtweisen und Talente der Gruppenmitglieder - Soziales Lernen: Etablierung von Helfersystemen, bei denen starke SuS durch Lehren vertiefen und schwächere SuS von verständlicheren Perspektiven und weniger Hemmung profitieren - Interkulturelles Lernen: Horizonterweiterung in der Kultur (Sprachen, Religionen, Essen, Feste...) und Etablierung von Toleranz Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 11 2. Übergang: Kindergarten – Grundschule Begriffserklärung: Übergang nach Welzer, 1993: - Schnittstellen zwischen Individuum und gesellschaftlich-institutioneller Anforderung - Gehen ineinander über, überblenden sich - Ziehen schwer durchschau- und kontrollierbare Wandlungsprozesse nach sich Prozesse in den Übergangsphasen nach Akkerman/Bakker, 2011: - Identifikation: Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen - Koordination = Zwischenphase: Altes wird beibehalten, Neues wird erworben - Reflexion: Beobachten und Überdenken der neuen Situation - Transformation: Altes und Neues wird zusammengefügt → neues Verhalten und neue Identität entsteht ! Gesetzliche Grundlage der Einschulung: Bayerisches Erziehungs- & Unterrichtsgesetz (BayEUG) Art. 37: 1. Mit Beginn des Schuljahres werden alle Kinder schulpflichtig, 1. die bis zum 30. Juni sechs Jahre alt werden, 2. die im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September sechs Jahre alt werden & deren Erziehungsberechtigte den Beginn der Schulpflicht nicht auf das kommende Schuljahr verschieben, 3. deren Erziehungsberechtigte bereits einmal den Beginn der Schulpflicht nach Nr. 2 verschoben haben oder 4. die bereits einmal nach Abs. 2 oder Abs. 4 von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt wurden. 2. Ein Kind, das am 30. September mindestens sechs Jahre alt ist, kann für ein Schuljahr von der Aufnahme in die Grundschule zurückgestellt werden, wenn zu erwarten 186 ist, dass das Kind voraussichtlich erst ein Schuljahr später mit Erfolg oder nach Maßgabe von Art. 41 Abs. 5 am Unterricht der Grundschule teilnehmen kann. Die Zurückstellung soll vor Aufnahme des Unterrichts verfügt werden; sie ist noch bis zum 30. November zulässig, wenn sich erst innerhalb dieser Frist herausstellt, dass die Voraussetzungen für eine Zurückstellung gegeben sind. Die Zurückstellung ist nur einmal zulässig. 3. Die Vollzeitschulpflicht endet nach neun Schuljahren. Sie kann durch Überspringen von Jahrgangsstufen verkürzt werden; durch Streckung von Jahrgangsstufen wird sie nicht verlängert. Das Staatsministerium wird ermächtigt, das Überspringen von Jahrgangsstufen sowie deren Streckung in den Schulordnungen zu regeln. 4. Die zuständige Grundschule kann ein Kind, das weder eine Kindertageseinrichtung noch einen Vorkurs nach Art. 5 Abs. 3 des Bayerischen Integrationsgesetzes besucht hat und bei dem im Rahmen der Schulanmeldung festgestellt wird, dass es nicht über die notwendigen Deutschkenntnisse verfügt, von der Aufnahme zurückstellen & das Kind verpflichten, im nächsten Schuljahr eine Kindertageseinrichtung mit integriertem Vorkurs zu besuchen. Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 12 Vergleich Kindergarten – Grundschule - Gemeinsamkeiten o Verpflichtung der Zusammenarbeit (BayEUG Art.7) o Auftrag: Sozialisierung, Lebensgestaltung, -bewältigung, Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft - Unterschiede Modelle des Übergangs - Ökopsychologischer Ansatz von Bronfenbrenner, 1989: o Annahme: Entwicklung = Interaktion zwischen dem Individuum & der sozialen Umgebung o Lebenswelt lässt sich in verschiedene Ökosysteme untergliedern Mikrosystem: Familie Mesosystem: soziales Netz der Verwandten, Freund*innen -> enger Austausch mit Familie Exosystem: Umgebungen in enger Beziehung mit einzelnen Familienmitgliedern, z.B. Schule, Arbeit Makrosystem: Gesetzgebung, Familienpolitik, gesellschaftliche Normen -> wirkt auf alle Ebenen o Grundschule als weiteres Mikrosystem → viele Wechselbeziehungen zu Meso-, Exo- & Makrosystemen - Theorie des kritischen Lebensereignisse nach Filipp, 1995 o Definition Kritisches Lebensereignis: Aufgebautes Passungsgefüge zw. Person & Umwelt wird gestört -> auf Grund personenseitig und/oder umweltseitig erfolgter Eingriffe o Schulanfang = Veränderung verschiedene Faktoren → Ungleichgewicht zw. Subjekt & Umwelt → Gleichgewicht durch individuelle Anpassungsleistung des Subjekts → Anschlussfähigkeit zwischen Kindergarten & Grundschule herstellen, sozialer Kontext als Stütze o Risiko und Chance: entscheidend ist wie Kind Übertritt begegnet, wahrnimmt, bewertet - Stresstheorie nach Lazarus, 1995 o Stress entsteht, wenn Ressourcen bzw. Routinen zur Bewältigung (neuer) Anforderungen nicht ausreichen o Relevante Parameter: - Inhaltliches & zeitliches Ausmaß der Veränderung - Selbst herbeigeführte, erwünschte & kontrollierbare Veränderung? - Veränderungssituation, z.B. Vorhandensein sozialer Unterstützungsleistungen? - Transitionsansatz nach Griebel und Niesel, 2013 → Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 13 Übergang als kritisches Ereignis - Anforderungen im Übergang an das Kind o Soziale Beziehungen: Neue Kinder & Lehrkraft Gruppendynamik in Klasse Veränderung der familiären Rollen, evtl. lange Trennungszeiten von den Eltern o Selbständigkeit: Schulweg alleine gehen, im Schulhaus alleine zurechtfinden Alleine aus- und anziehen Aufräumen (z.B. ein- und auspacken, Arbeitsplatz) o Organisatorisches: Straffere Tagesstruktur Fester Platz (und Sozialpartner) im Klassenzimmer mit kaum Rückzugsmöglichkeiten Umgang mit Regeln (fremdgesteuerte) Konzentration/Anpassung über lange Zeiträume o Leistung: Lernen nach verbindlichem Plan statt Lernen nach Gelegenheit Lernergebnisse werden nach sachlicher (und sozialer Bezugsnorm) beurteilt Leistungsdefizite werden sichtbar und müssen angegangen werden Leistungsdruck, Versagensängste - Anforderungen im Übergang an die Eltern o Soziale Beziehungen: Rollenwechsel: -> führen, begleiten, loslassen: Kinder selbstständig werden lassen -> Pflichten einfordern müssen z.B. bei der Hausaufgabenbetreuung) neue Freundschaften des Kindes unterstützen neue Betreuungspersonen (Verhältnis zur Lehrkraft, Umgang mit Erwartungen an die eigene Person) adaptive Unterstützung des Kindes o Organisatorisches: Begleitung der schulischen Aufgaben (Hausaufgaben, Tasche packen, Materialien organisieren) Nachmittagsbetreuung & Ferienzeiten planen o Leistung: Umgang mit den eigenen Leistungserwartungen (nicht nur die Selbstkonzepte der Kinder knicken ein!) Unterstützung bei Problemen im Lern- und Arbeitsverhalten Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 14 Übergang als Chance - Kriterien eines erfolgreichen Übergangs nach Niesel, 2016: o Schule als selbstverständlicher Lebensteil o Kind fühlt sich in Schule sicher o Kind kann Angebote der Schule für kognitiven, psychischen, physischen Wachstum nutzen - Übergänge als Entwicklungschance nach Griebel/Niesel, 2013: o Diskontinuität im Bildungsprozess als Impuls für Entwicklung o Übergang als Entwicklungsaufgabe Betonung der Lernchancen und Stimulationen für Entwicklung Mögliche Emotionen im Übergang - Emotionen des Kindes: o Freude: neue Rolle, zu den Großen gehören, Kulturtechniken lernen, gefordert zu werden o Angst: vor anderen Kindern, neuer Lehrerin, neuer Umgebung, neuen Anforderungen o Trauer: über Verlust des Freundes/der Freundin, der Erzieherin, der der neuen Umgebung o Aufregung: vor unbekannter/neuer Situation → LuKS, 2011: Freude überwiegt, dennoch meist gemischte Gefühle und einige Kinder auch überwiegend negative - Emotionen der Eltern: o Freude/Stolz: über Selbstständigwerden des Kindes o Angst: dass dem Kind etwas passiert (Kontrollverlust), vor sozialem Vergleich, vor Orga o Trauer: über veränderte, evtl. weniger enge Beziehung zum Kind ! Einflussfaktoren für erfolgreichen Übergang → Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 15 Kooperation - Kernbedingungen von Kooperation nach Rathmer, 2012: o Gemeinsame Ziele & Aufgaben o Vertrauen o Reziprozität = wechselseitigen Interaktion o Gewisser Grad an Autonomie - Kooperationsformen nach Hacker, 2008: o Gespräche, Erfahrungsaustausch o Hospitationen bzw. Mitarbeit o Konferenzen, Besprechungen o Schriftliche Informationen o Gemeinsame Fortbildungen o Planung & Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen & Projekte → Informative Schulvorbereitung, Frühdiagnose & -förderung, Elternarbeit - Inhaltliche Kooperation nach KMK und JFMK, 2009: o Wertschätzung der Fähigkeiten der Kinder o Altersgemäße und individuelle Betrachtung und Begleitung jeden Kindes o Soziale Integration der Kinder o Unterstützung und Förderung der Kinder in individueller Lebenssituation und bei Bewältigung Konflikte o Stärkung Selbstvertrauen Kinder o Vermittlung positive Haltung als zukünftige SuS → Anschlussfähigkeit Bildungskonzepte und individualisierte Schuleingangsstufe - Ebenen der Anschlussfähigkeit nach Hacker, 2014: o Individuell-entwicklungsökologische Ebene Kindgerechte Entwicklung Wie viel Kontinuität ist notwendig, wie viel Diskontinuität verantwortbar? Welche Kompetenzen brauchen sie, um Diskontinuitäten zu meistern? o Organisatorisch-strukturelle Ebene = Annäherung der curricularen & organisatorischen Konzepte der benachbarten Institutionen Entwicklung gemeinsamer Bildungspläne für Elementar- & Primarbereich Schulung domänenspezifischer Vorläuferfertigkeiten in Kindergärten Abstimmung der Methoden des Elementar- & Primarbereichs o Ebene des professionellen Personals: Aufbau von Unterstützungssystemen - Beispiele für Kooperation: o Sprachliche Bildung: Kinderliteratur & Anlauttabelle kennen lernen, Mein eigener Anlaut o Mathematisch Bildung: Figuren legen, mit Körpermaßen messen, Zahlen prickeln o Naturwissenschaftliche Bildung: Versuche mit Magneten, Versuche mit Wasser o Musische Bildung: Bewegungslieder, Orff-Instrumente o Soziales Lernen: Kooperative Lernformen, Feste Rituale, Gesprächsregeln, Gefühlsbarometer Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 16 Schulreife vs. Schulfähigkeit - Von der Schulreife zur Schulfähigkeit – Roter Faden entlang der Geschichte o Schulfähigkeit als Schulreife (z.B. Vernunft, Sprachtüchtigkeit, Motivation, Zahnwechsel, Proportionen) → Resultat eines endogen gesteuerten, stufigen Reifungsprozesses = nicht von außen förderbar o Schulfähigkeit als Eigenschaft, seit 80er (z.B. Gliederungsfähigkeit, Mengenerfassung, Wahrnehmung, Formidentifizierung, Sprache, Gedächtnis, Konzentration) o Schulfähigkeit als Ergebnis von Lernprozessen (Fokus weg von Anlage, hin zu Umwelt) o Schulfähigkeit als Entwicklungsaufgabe, die während des Prozesses erlangt wird o Schulfähigkeit als sozial geteilte Philosophie bzw. subjektive Theorie bzw. soziales Konstrukt o Schulfähigkeit als Ziel o Schulfähigkeit als (öko-)systemische Aufgabe bzw. Ergebnis der Interaktion der Teilsysteme (Kind, Institutionen, Ökologie/Umfeld – Nickel, 1990) o Neue Sichtweise: Transition als ko-konstruktiver Prozess - Multidimensionales Konstrukt individuumsbezogener Aspekte (National Education Goals Panel, 1997) 1. Kognition, z.B. Konzentration, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit (auditiv & visuell), Problemlösen 2. Allgemeinwissen 3. Sprachentwicklung 4. Einstellung zum Lernen 5. Soziale Entwicklung, z.B. Zuhören, Gruppenzugehörigkeit, Regeln erfassen & einhalten, Konfliktlösen 6. Emotionale Entwicklung, z.B. Belastbarkeit, Umgang mit Enttäuschung, Zuversicht, angstfrei bzgl. Neuem 7. Motorische Entwicklung, z.B. Visio-Motorik, Eigeninitiative, Belastungen erkennen & aktiv ändern können 8. Körperliches Wohlbefinden - Pohlmann-Rother/Jung, 2019: Manifestation von Bildungsungleichheiten in nicht-fristgerechten Einschulungen & Zuweisung zu Förderschulen o Vorzeitige Einschulung: bildungsnäher, Mädchen vs. Verspätete Einschulung: bildungsferner, Jungen o BiKS-Studie: Informiertheit zu, Umgang mit der Zeitplanung bis zur Einschulung sowie Wahrnehmung über Schule abhängig von Bildungsniveu o Fokus auf jeweilige Schulfähigkeitskriterien abhängig von Bildungsniveau Bildungsnähere Eltern: kognitive Kompetenzen, emotionale Stabilität, Selbstbewusstsein Bildungsfernere Eltern: körperlicher Entwicklungsstand o 3 % der SuS gehen direkt in eine Förderschule, wovon doppelt so viele Jungen als Mädchen betroffen sind o Zurückstellung kann langfristig negative Folgen haben, keine positiven Effekte bekannt Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 17 Schuleingangsdiagnostik - Ziel: Diagnose und gemeinsame Entwicklung der Schulfähigkeit - Nach Kammermeyer/Martschinke, 2019: o Effizienz solcher Tests stark angezweifelt, da sehr hohe Fehlerquote o 66% als nicht schulreif diagnostizierte Kinder bewältigen 1. Klasse erfolgreich o Tests sind nicht vorgeschrieben, oft Entscheidungshilfe bei frühzeitiger Einschulung/Zurückstellung - Verfahren o (standardisierte) Beobachtungsverfahren o Tests o Prädiktoren -> Schulversagen vorbeugen z.B. phonologische Bewusstheit (wichtig für SEE) -> Förderprogramme wie „Leichter lesen und schreiben lernen mit der Hexe Susi“ erfolgreich z.B. Mengenwissen, Zahlwissen -> kurz- als auch langfristige Effekte z.B. Selbstkonzept (hoch = gut), Emotionswahrnehmung-/regulation & Selbstdisziplin (wichtig!) -> Förderprogramme ehr geringe Effekte z.B. exekutive Funktionen (Informationsverarbeitungsprozesse), wie Aufmerksamkeit & Konzentration - Chancen und Grenzen der Schuleingangsdiagnostik nach Niklas, 2011: - Diagnose und Diagnostik des Könnens nach Wildemann, 2015: o Defizitbrille ablegen o Lernvoraussetzungen gezielt & systematisch erfassen o Information über bisherige Erfahrungen & Fähigkeiten o Screenings / Tests als Ausgangspunkt o Gezielte, systematische Beobachtungen durchführen & dokumentieren o Nächsten Lernschritt anbahnen o Passgenaue, individualisierte Lernangebote Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 18 ! Anfangsunterricht - „Anfangsunterricht ist der Übergang vom spielerischen, intuitiven zum schulischen Lernen, der vor allem fächerübergreifend gestaltet werden sollte.“ - Hacker, 2014 - Nach Hanke, 2007 o auf Grundschüler ausgerichteter Gesamtunterricht o Vermittlung grundlegende Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben, rechnen o Aufbau sozial-emotionale Kompetenzen - Aufgaben des Anfangsunterrichts nach Knauf, 2001 o Ich-Kompetenz: Selbstwertgefühl und Fähigkeitsselbstkonzept o Sozial-Emotionale Kompetenz: freundlicher Umgang mit anderen o Kommunikative Kompetenz: vielfältiger Ausdruck und Mitteilung o Handlungskompetenz: Handlungen an Zielen orientieren o Sachkompetenz: Fachwissen und Allgemeinbildung aufbauen - Pädagogische Prinzipien für die ersten Schulwochen und Schuljahre nach Knörzer/Grass/Schumacher, 2007: o Die Schule als einen Ort zum Wohlfühlen o Kindern vermitteln, dass sie in der Schule persönlich willkommen sind o Aktives, freies Lernen o Fehler als Chance o Kindern helfen bei Balance zw. persönlicher Einmaligkeit & Unterordnung unter Regeln o individuell notwendige Lernzeit als Selbstverständnis - Aufgaben von Lehrkräften im Anfangsunterricht nach Hacker, 2014: o Verstehen der kindlichen Lebens- und Erfahrungswelt o Übergang vom intuitiven zum schulischen Lernen gestalten und meistern o Altersgemäße Förderung der Lernkompetenz (z.B. Lernstrategien) o Hinführen zu Kulturtechniken o Selbstkonzeptentwicklung Kind begleiten und fördern (z.B. durch Erfüllung der Grundbedürfnisse) o Individuelle Entwicklung des einzelnen Kindes berücksichtigen (z.B. Diagnose & Förderung) o Antworten auf zunehmende Entwicklungsheterogenität geben → Ergänzungen nach Hellmich, 2010 o Leistungen messen, bewerten, beurteilen o Verhalten der Kinder bzgl. der Hintergründe der Kindheit/Lebenswelt analysieren & interpretieren o Herzlicher Umgang mit den Schülern, Rituale, offener Unterrichtsbeginn Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 19 Neue Schuleingangsstufe / Flexible Grundschule / Jahrgangsmischung - Idee: o Vorverlegung des grundsätzlichen Einschulungsalters auf 5 Jahre → Keine Zurückstellung, Einschulung aller o Mehrere Einschulungstermine pro Jahr o 1 & 2 Jgst. bilden als jahrgangsgemischte Lerngruppe eine pädagogische und organisatorische Einheit → Flexible Verweildauer: von 1 – 3 Jahren, je nach Lernfortschritt o Multiprofessionelle Teams aus sonder-, grund- und sozialpädagogischem Personal o Differenzierter und flexibler Anfangsunterricht - Ziel: o Reduktion der Zurückstellungen, indem es keine Prüfung der Schulreife mehr gibt o Chancengleichheit für alle Schulanfänger durch flexibles Verweilen o Heterogenität als Ausgangspunkt des Anfangsunterrichts und Miteinanders → Pädagogik der Vielfalt ! - Bayern: o Flexible Verweildauer → Jahrgangsmischung o Anknüpfung an vorschulische Bildung und Erziehung (Heterogenität im KiGa) o Erhebung der Lernausgangslage durch FIPS (Fähigkeitsindikatoren Primarstufe) → Individualisierte Lernangebote durch offenen Unterricht und kooperatives Lernen o Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern durch Teilhabe und Beratung o Lernrückmeldung und Leistungserhebung in alternativen Formaten, z.B. Portfolio Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 20 3. Übergang: Grundschule – weiterführende Schule → Übergang = selektiv, nicht frei entscheidbar Rechtlicher Rahmen: Regelungen in Bayern nach KMO, 2015 - Kommunikationsstrukturen zw. Schule & Elternhaus: Jgst. 3 & 4: erweiterte Elternberatung (Angebot zur Individualberatung & zur Konsultation Dritter) o 3: Info zur Gliederung des deutschen Schulsystems &Durchlässigkeit o 4: Info zum Übertrittsverfahren - Kriterien der Eignungsfeststellung für die Übergangsempfehlung o Zeitpunkt: Anfang Mai 220 o Feststellung auf Basis der Durchschnittsnote in den Fächern Deutsch, Mathematik & HSU → Realschulempfehlung: Ø 2,66, Gymnasialempfehlung: Ø 2,33 o Übertritt nach der 5. in höhere Schulformen bei entsprechendem Durchschnitt möglich + pädagogisches Gutachten (Anlagen, Neigungen, Fähigkeiten, Eignung) - Verbindlichkeitsgrad der Übergangsempfehlung o Übergangsempfehlung verbindlich o Probeunterricht bei Nicht-Erreichen der festgesetzten Notengrenzen zum Eintritt in die gewünschte Schulform des Sekundarbereichs vorgeschrieben 3 Tage an der Schule Mündliche & schriftliche Leistungsfeststellung in Deutsch & Mathematik, Thematischer Bezug zu Lerninhalten der Jahrgangsstufe 4 Bestanden, wenn 1x min. 3 & 1x min. 4 → wenn 2x 4, dann Übertritt auf Wunsch der Eltern ! Vor- und Nachteile GS 4 Jahre Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 21 ! Grundschulempfehlung - Relevante Kriterien bei Übergangsempfehlung: o Schüler*innenleistung Persönlichkeit und Entwicklung o Lern- und Arbeitsverhalten Familiärer Hintergrund (Sozioökonomie, Bildung, Migrationshintergrund) - Einfluss Leistungsferner Merkmale auf Übergangsempfehlung o Sozio-Ökonomischer Hintergrund Baumert et al., 2018: Überwiegend Kinder aus bildungsnahen Familien in Gymi / Realschule KOALA-S ▪ 19% bildungsferne Familien verzichten 19% auf gymnasiale Bildungschance trotz Empfehlung ▪ 35% SuS aus bildungsnäheren Schichten an Gymi angemeldet, obwohl keine Empfehlung o Kontext Regionale Disparitäten ▪ Einfluss der Sozialstruktur des Einzugsgebietes: Kinder aus Regionen, die von sozial privilegierten Bevölkerungsschichten bewohnt werden, erhalten mit höheren Chancen 228 eine Gymnasialempfehlung als Kinder aus sozial weniger privilegierten Regionen ▪ Einfluss der regionalen Verfügbarkeit von Bildungsangeboten: Liegen Gymnasien mit hinreichendem Platzangebot in erreichbarer Nähe, wird die Gymnasialempfehlung wahrscheinlicher Einfluss des leistungsbezogenen Klassenkontexts ▪ Chancen auf Gymnasialempfehlung in leistungsschwächeren Klassen höher als in leistungsstärkeren Klassen ▪ Anwendung der sozialen Bezugsnorm durch die Lehrkraft = „Big-Fish-Little-Pond-Effekt“ o Migrationsgeschichte TIMSS: Kind mit 1 Elternteil nicht in DE geboren hat höhere Chance auf Gymi-Empfehlung Baumert et. al., 2018: Kinder mit MG bei gleichem Sozialstatus seltener Gymi, häufiger Mittelschule Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 22 Übergang von Grundschule zu…  Mittelschule: Als Pflichtschule für alle, die keine andere Schule besuchen wollen bzw. können o Oft nicht als Übergang wahrgenommen, da im selben Haus o Kaum eine Wahl FÜR die Mittelschule → Realschule als Mindestnorm für Eltern o Gefahr: underachievement → Lernzuwachs in anregungsarmen Milieus bei gleicher Ausgangslage erheblich geringer  Realschule: Notendurchschnitt mindestens 2,66  Gymnasium: Notendurchschnitt mindestens 2,33 → Krassester Übergang im Schulsystem (Schumacher) o Keine kindgemäß orientierte Lernkultur mehr o Geringschätzung emotionales Wohlbefinden, soziales Lernen selten Veränderungen im Übergang Der Übergang als Herausforderung für das Kind, nach Hacker, 2001 ! Maßnahmen zur Abschwächung der Übergangsprobleme → (S. 230f) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 23 Der Übergang als Herausforderung für die Eltern - Koch, 2006: Wahl der richtigen Schulform für ihr Kind als zentrale Anforderung an Eltern - Maaz et al., 2006: theoretischer Ansatz zur Erklärung von Bildungsentscheidungen: Erwartungs-Wert-Modell o Bildungsentscheidungen in Abhängigkeit vom Wert, der den Konsequenzen der Entscheidung beigemessen wird, und der erwarteten Wahrscheinlichkeit, mit der die Konsequenzen tatsächlich eintreten, getroffen o Wert, den Eltern dem Besuch einer bestimmten Schulform für ihre Kinder beimessen, und Wahrscheinlichkeit, dass ihr Kind an der gewählten Schulform Erfolg hat, beeinflusst Übergangsentscheidung o Faust, 2014: Wertkomponente dabei auch von Kosten-Nutzen-Erwägungen beeinflusst o Faust, 2014: Problem: Verstärkung der sozialen Selektivität Für Kinder aus finanziell besser gestellten Elternhäuser fallen Bildungskosten (z.B. spätere Verdienstausfälle durch die längere Schulzeit) weniger stark ins Gewicht, Kosten für Kinder aus ökonomisch wohl situierten Haushalten als geringer empfunden Wahl für statushöhere Schulform damit wahrscheinlicher  auch bei freiem Elternwahlrecht Einfluss der sozialen Herkunft auf den Übergang Konsistent zu einschlägigen Forschungsbefunden, die nachweisen, dass Eltern aus höheren Sozialschichten eher dazu neigen, anspruchs- & statushöhere Schulformen für ihre Kinder zu wählen  Wahlverhalten der Eltern in bedeutendem Maße von sozialer Herkunft beeinflusst, beeinflusst das Empfehlungsverhalten der Lehrkräfte Übergang als Herausforderung für die Lehrkraft: - Abgabe einer Übergangsempfehlung = Psychischer Belastungsfaktor (Pohlmann, 2009) o Ausformulierung der Übergangsempfehlung von Lehrkräften vielfach als belastend empfunden o Konfliktangst, d.h. Angst vor der Auseinandersetzung mit den Eltern und Zweifel an prognostischer Validität der eigenen Empfehlung fördert Belastungsempfinden der Lehrkräfte - Pädagogische Begleitung der SuS & Eltern im Übergangsprozess nach Faust, 2014: o Abklärung der Perspektiven der SuS & Eltern durch die Lehrkraft o z.B. Übergang in Klasse 4 im Unterricht thematisieren → Kinder zum Austausch über ihre Wünsche, Sorgen & Hoffnungen in Bezug auf den Übergang anregen Lehrkräftetypen im Übergang - nach BiKs Längsschnittsstudie, 2013: - Resigniert-konfliktvermeidender Typ - Zugewandt-kooperativer Typ o Orientierung am Notendurchschnitt o Elternwille als Entscheidungskriterium o Berücksichtigung Bildungspräferenz Eltern o Flexibles Empfehlungsverhalten o L fühlt sich unter Druck gesetzt o Entscheidungsfindung in Beratungsgespräch - Kritisch-konfliktoffener Typ o + Verhältnis zu Eltern o Orientierung auch an leistungsferneren Aspekten - Formal-distanzierter Typ o Weniger Berücksichtigung Bildungspräferenz Eltern o Nur in Hessen o Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten o Restriktives Empfehlungsverhalten, da Elternwunsch entscheidend Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 24 4. Jahrgangsmischung Rechtliche Grundlage nach BayEUG, Art. 32: - An GS können Jahrgangsklassen gebildet oder zwei Jahrgangsstufen in eine Klasse zusammengefasst werden - Altersgemischte Eingangsphase möglich, aus freien Stücken, teils gezwungenermaßen wegen SuS-Anzahl Organisationsformen - Unterscheidung nach Götz/Krenig, 2014: o Jahrgangsbreite (z.B. 1&2, 1-3) o Zeitliche Dauer (ganze Schulzeit, zeitlich begrenzt) o Fachlich (1 Fach, mehrere Fächer) - Flexible Grundschule (s.o.) → Modelle nach Faust, 2006 o JGM Lerngruppenbildung + Mitarbeit Sozialpädagog*innen (Berlin, Brandenburg Bremen, Hessen, NS, T) o Neue Schuleingangsstufe mit JGM Lerngruppenbildung + keine Mitarbeit Sozialpädagog*innen (Bayern, BaWü) o Neue Schuleingangsstufe mit Jahrgangsklassen + Mitarbeit Sozialpädagog*innen (Mec-Pom, RP, SA) o Neue Schuleingangsstufe mit Jahrgangsklassen + keine Mitarbeit Sozialpädagog*innen (Sachsen, SH) - Schweiz: Gemeinsamer Unterricht 4-8 Jährige - Kombi-Klasse = Lerngruppen mit SuS aus 1/2 bzw. 3/4 laut Kultusministerium Bayern → pädagogisches Konzept als Grundlage: Nähe zu außerschulischem Lernen, offene Unterrichtsformen, bis zu 5 Lehrerstunden für Differenzierung ➔ Fruchtbarmachen der Verschiedenheit von Wissen und Erfahrung bei Altersheterogenität ➔ Ausgewogene Klassenstärke Ziele nach KMK, 2002: - Bildungspolitisch: Reduktion Zurückstellung, Senkung Durchschnitts Einschulungsalter - Schulorganisatorisch: Chancenausgleich, Ausrichtung Einschulung auf individuelle Lernvoraussetzungen - Pädagogisch-didaktisch: interprofessionelle Teamarbeit, differenzierte/individuelle Gestaltung Anfangsunterricht ! Chancen und Grenzen Gründe für JaMi → S. 163-164 Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 25 5. Leistung Begriffsbestimmung - Leistung nach Sacher, 2009: o Vollzug & Ergebnis einer Tätigkeit o Mit Anstrengung verbunden o Auf Erlangung eines Ziels gerichtet o Auf Gütemaßstäbe bezogen - Schulleistung nach Zumbasch, 2011: o Ergebnis planmäßig intendierter Lehr- & Lernprozesse o Ausdruck von Lernständen spezifischer Kompetenzen ! Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 26 - Pädagogischer Leistungsbegriff o Definition nach Schorch, 2007: Fokus: individuelles Können des Einzelnen, persönlicher Zuwachs an Können Leistung: eher im Sinne von Streben nach Vervollkommnung der eigenen Person ➔ Funktion nach Schröder: Entfaltung, Sozialisation, Gestaltung o Schulische Funktion nach pädagogischem Leistungsbegriff Leistungsdiagnose + -bericht: ▪ Für SuS (+ Eltern): Information über Lernentwicklung, -erfolge, - stände ▪ Für Lehrkraft: Feststellung von Lernvoraussetzung und -ergebnis, Rückmeldung über Wirksamkeit bzw. Qualität des Unterrichts, Basis für Beratung Lern- &Leistungserziehung: ▪ Für SuS: Trägt zu Eigenverantwortlichkeit und verbesserter Selbsteinschätzung bei ▪ Für Lehrkraft: Mittel der Disziplinierung Qualifikation (De-)Motivation Vergleich - Gesellschaftlicher Leistungsbegriff o Definition nach Jung, 2013: Verlangt Anstrengung Bewertet nach allgemeinen, sozial gebundenen Normen → Misst Ergebnisse Bewertung durch Außenstehende o Schulische Funktion Qualifikation: Objektivität -> auch für beurteilte Person selbst (kritische Selbsteinschätzung) Selektion = gesellschaftlicher Auftrag der Schule → durch komplexes System von Leistungsmessungen & -bewertungen → Problem: schichtspezifisch, früh, Verteilung von Lebenschancen, Eindeutigkeit, Stigmatisierung Legitimation: SuS & Gesellschaft muss Prozesse der Qualifikation und Selektion als gerecht empfinden → nur dann wird Schule gesellschaftlichem Auftrag gerecht Sozialisation: Vermittlung von Leistungsnormen bzgl. Anforderungen an Arbeitswelt → Können sich unterscheiden von Normen des sozialen Umfelds Information für A usbildungsstellen, Arbeitsgeber*innen und Hochschulen Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 27 Das Leistungsprinzip = Moderne, industrielle Gesellschaften wären ohne das Streben nach & das Erbringen von Leistungen nicht denkbar = Überall in der Welt gewinnen die Leistungsgesellschaften an Bedeutung = Wir werden täglich mit Leistungserwartungen an uns selbst konfrontiert = Für SuS gilt: Leistungsbegriff verbunden mit Schule, an schulische Noten geknüpft - Geschichte o Entstehung durch Auflösung der Ständegesellschaft Leistung als Faktor für sozialen Aufstieg Dazugehörige Bildung als Recht für Alle → Weimarer Verfassung von 1919: grundlegender Bildungsauftrag der Grundschule Prinzipien im 20 Jhd.: ▪ Produktions- & Fortschrittsfunktion ▪ Grundsatz der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ▪ Funktion der Statuszuweisung und der sozialen Auslese ▪ Allokationsfunktion, d.h. Zuweisung von Finanzen durch Leistungslohnsystem → Industriegesellschaft wird zu Leistungsgesellschaft o Kritik:1890 Entstehung der Reformpädagogik als Gegenpol Ziel: Veränderung der Strukturen der Institutionen des 19. Jhd. Sie diskutieren nicht nur pädagogisch, sondern kultur- & gesellschaftskritisch Leistung lässt sich nicht erzwingen, ist in jedem Schüler selbst angelegt → Kind im Fokus Freie Entfaltung der Persönlichkeit ist wichtig, diese lässt sich nicht messen Neue Unterrichtsformen nur in Privatschulen o Leistung im 20 Jhd.: Geprägt von zwei Weltkriegen, Diktatur Hitlers und dem Sputnikschock --> Expansion des Bildungswesens Kritik an Leistung ging bis zur totalen Leistungsverweigerung → Bewegung der 70er Jahre griff Reformpädagogik wieder auf, auch in staatlichen Schulen Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 28 ! - Leistung heute: o Leistungsprinzip als Folge von Industrialisierung und Demokratisierung des 18./19. Jahrhunderts o Nießeler, 2005: Orientierung an objektiv feststellbaren Leistungen → Chancengleichheit & Chancengerechtigkeit o Hauptfunktionen: Selektion der Tüchtigsten Selbstverwirklichung & Selbstbestimmung durch eigene Leistungen o Moderne Anthropologie: Mensch = Kulturwesen, von Natur entfremdet, muss diese verändern, bearbeiten → Arbeit & Leistung gehört zum Menschen o Jeder Mensch strebt nach dem Erleben von Kompetenz, Selbstwirksamkeit und sozialem Prestige → Verstärkung durch demokratische und schulische Leistungskultur: Schulische Leistungsbewertungen haben lebensperspektivische Bedeutung erlangt → Internationale Schulleistungsstudien verstärken Leistungsdruck extrinsisch o Leistung in GS entscheidet über Sekundarstufe → Abschluss entscheidet über Beruf → Beruf entscheidet über soziale Position und Lebenschancen - Die neue Lern- und Leistungskultur o Erweitertes Leistungsverständnis und Förderorientierung: fachlich-inhaltlich + methodisch-strategisch, sozialkommunikativ, persönliches Lernen (Klippert, 1994) Erbringung, Feststellung & Beurteilung von Leistung bzgl. Förderorientierung ▪ Ausrichtung an individuellen Lernmöglichketen, -fortschritten & -zielen ▪ Nicht nur Würdigung des Lernergebnisses, sondern auch des Lernprozesses ▪ Berücksichtigung von Sach-, Sozial- & Selbstkompetenz ▪ Kommunikation aller Beteiligten über Lernen & Leisten o Hauptmerkmale neuer Lernkultur Selbststeuerung Wechselnder & unterschiedlich enger Kontextbezug Soziale Einbettung: Kooperation, Lernpartnerschaft Vielfältige Anschlussmöglichkeiten Situiertheit: Bezug zu konkreten Fallbeispielen Vernetzung von Wissen o Leistungsbeurteilung bei selbstgesteuertem Lernen Fremdbeobachtung, Beratungs- & Beurteilungsgespräche Selbstbeobachtung, Schüler*innenselbstbeurteilung, Lerntagebücher, Fragebögen Laufkarten, Expert*innenposten an einzelnen Stationen o +: Eigenverantwortlichkeit, Reflexionsfähigkeit, Selbstwertgefühl, Lebensweltbezug, intrinsisch, Aussagekräftigkeit, Transparenz, sichtbarer Lernfortschritt, Dialog L-SuS, entspanntere Prüfungssituation o -: Manipulation durch Eltern, Schwere Umsetzbarkeit, Probleme bei Objekitivität - Begründung → (S. 25f) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 29 Leistungsfeststellung/-erhebung /-messung - Definition nach Köck: Alle Maßnahmen, um über Prozess & Ergebnis einer Lernleistung Erkenntnis zu gewinnen - Merkmale einer Leistungserhebung nach ISB, 2017: o Erhebung in geplanten Situationen o Anforderungen ergeben sich aus vorangegangenem Unterricht & orientieren sich an den Lehrplanvorgaben → vorher festgelegte Kriterien und Anforderungen o Transparenz o Mündlich, schriftlich, praktisch oder mehrdimensional (z.B. Portofilio) o Ergebnisse nutzbar für Unterrichtsplanung, individuelle Förderung, Leistungsbewertung - Gütekriterien o Objektivität: Unabhängigkeit bzgl. Durchführung, Auswertung, Interpretation o Validität: Definition nach Sacher, 2014: Validität bzw. Gültigkeit einer Messung ist dann gegeben, wenn gewährleistet ist, dass tatsächlich das gemessen wird, was man vorgibt zu messen Bzgl. Inhalt, Vorhersagbarkeit, Übereinstimmung (mit Tests), Konstrukt (mit Theorie), Testfairness o Reliabilität: Reproduzierbarkeit Wiederholungsreliabilität: gleiche Person, gleicher Test Paralleltestreliabilität: gleiche Person, anderer Test Halbierungsreliabilität: 1 Durchführung, Halbierung, 2 Testwerte Interne Konsistenz: Je eigener Testwert pro Aufgabe o Normierung, Vergleichbarkeit, Unverfälschbarkeit, Fairness, Ökonomie, Nützlichkeit, Zumutbarkeit - Planung, Durchführung & Auswertung einer Leistungserhebung o Auswahl der Prüfungsinhalte &-form Aufgabenformen (Themenbezogene Variation, Lebensweltbezug) o Festsetzen des Anforderungsniveaus und Aufgabenumfangs o Formulierung der Aufgaben, Reihenfolge der Aufgaben (leicht -> schwer), Punkte Zuweisung o Ausarbeiten einer Musterlösung o Danach: Prüfungs- & Aufgabenanalyse → Handlungskonsequenzen - Pädagogisch-didaktische Hinweise bei Leistungserhebung o Abgrenzung der Phasen des Lernens & der Leistungsüberprüfung o Einbezug der SuS in Leistungsbeurteilung o Leistungsförderung ist der Persönlichkeits, Fähigkeits- & Fertigkeitsförderung der SuS verpflichtet o Leistungsanforderungen so stellen, dass Leistungskonkurrenz & Leistungsdruck im Rahmen gehalten werden - Verfahren der Leistungsmessung → (S. 37 ff) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 30 Leistungsbewertung/-beurteilung - Definition nach Köck/Ott, 1994: o Leistungsbewertung/-beurteilung stützt sich auf schriftliche, mündliche & praktische Prüfverfahren; o deren Ergebnisse zu einem Gütemaßstab in Beziehung gesetzt werden. o In Worten oder Noten verdichtet werden Aussagen über Qualität von Lernleistungen formuliert. - Bezugsnorm o Sozial: Vgl. der individuellen Leistungen bzgl. ausgewählter sozialer Gruppe +: Notwendig für Selektion, Motivation durch Konkurrenzsituation -: Ungerecht, negative Auswertungen, Förderung von Konkurrenz, Kollision mit Bildungsziel zu Mündigkeit o Individuell: Vgl. der individuellen Leistungen zu 2 Zeitpunkten +: positive Motivation, positive Fehlerkultur, ermöglicht individuelle Förderung -: hoher Arbeits-/Zeitaufwand, ungeeignet für Selektion, oft nicht objektiv o Kriteriumsorientiert: Vgl. der individuellen Leistungen bzgl. eines sachlich-inhaltlichen Anforderungskriteriums + hohe Inhaltsvalidität -> gerecht, wünschenswerte vs. erfüllbaren Kriterien -> alle können gut sein - Funktion nach Schröder: Selektion, Sozialisation, Legitimation, Kontrolle/Info, Motivierung, Disziplinierung - Merkmale einer Leistungsbewertung nach ISB, 2017: o Orientierung an den Kompetenzerwartungen des LehrplanPLUS o Kriterien, nach denen bewertet wird, sind den SuS bekannt  Transparenz o Verwendung eines kriterienorientierten Maßstabs (z.B. Punktesystem) o Verbale Beschreibung der Bewertung bzw. Ziffernnote - Formen der Leistungsbewertung nach Bohl, 2003: fachlich-inhaltlich, methodisch-strategisch, sozialkommunikativ, persönliche - Qualitätskriterien einer veränderten Bewertung nach Bohl, 2003: o Kooperation in Kollegium o Beteiligung der Kinder: Vorbereitungsphase: z.B. Aufstellen von Bewertungskriterien Durchführungsphase: z.B. Selbstbewertung, arbeitsteilige Mitbewertung einer Präsentation Auswertungsphase: z.B. rückblickende Reflexion des gesamten Bewertungsverfahrens - Bausteine des Erstellens einer Bewertungskonzeption nach Bohl, 2001: bzgl. Prozess (z.B. Beobachtung), Präsentation (flüchtig), Produkt (z.B. Plakat, + mehrfach, gemeinsam mit SuS) Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 31 ! - Noten o Absicht: Leistungen sachgerecht abbilden o Funktion: Selektion Disziplinierung Klassifizierung Rechtlich Motivation Berechtigung/Zuteilung Bericht Sozialisierung Kontrolle o Vorteile: einfach, universell einsetzbar, unmissverständlich, leicht vergleichbar, arbeitsökonomisch o Nachteile: fehlende Transparenz mehr Prüfungsangst Infos nur zu Gesamtleistung Berücksichtigen nicht Leistungsprozess schein-objektiv fördern Konkurrenzdenken schlecht als Disziplinierung Verdrängung des Sachinteresses Verführung zu Machtmissbrauch Hemmung intrinsischer Motivation → Alternative: Verbalbeurteilung/Berichtszeugnis o Vorteile: Fokus auf Leistungsentwicklung, positiv für SK & Leistungsmotivation, differenziertere Bewertung o Nachteile: überfordert Lehrkräfte bzgl. Sprache, sehr aufwendig oft pauschal, Interpretationsspielraum wenig Infos zu Sozial-/Arbeitsverhalten, keine Förderhinweise Akzeptanzproblem bei Eltern, persönliche Betroffenheit durch direkten Adressat*innenbezug → Vor-/Nachteile der ziffernfreien Bewertung → Auswirkungen von Ziffernnoten: S. 54ff - Leistungsbewertung im offenen Unterricht → S. 49 - Leistungsbewertung im jahrgangsgemischten Unterricht → S. 50 Zeugnisse → S. 51f ! Leistungsstudien → S. 58 – 62 Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 32 Leistungserziehung - Definition nach Lichtenstein-Rother: Leistungserziehung entfaltet die Entwicklung der Bereitschaft & Fähigkeit zur Steuerung und Regulierung des eigenen Leistungsverständnisses - Aufgaben bzw. Ziele der Leistungserziehung: o SuS auf das Leben in der Leistungsgesellschaft vorbereiten o Anregung zur Zusammenarbeit o Entwicklung von Anstrengungsbereitschaft (aus eigenem Antrieb erbringen) o Leistung fördern & entwickeln – nicht nur fordern o Beachtung der Leistungsprozesse, nicht nur das Produkt → aber: kann Leistungsdruck auch erhöhen durch ständiges Prüfungsgefühl o Beachtung der Leistungsvielfalt o Bewusste Unterscheidung Lernsituation vs. Leistungssituation o Begrenzung der Leistungserziehung, → Raum für Lernen ohne Leistungsanspruch notwendig - Leitende Prinzipien für die Leistungserziehung in der GS nach Sacher: o Prinzip der Verbindung des Aufbaus der Leistungsbereitschaft der Kinder mit der Kultivierung ihres Selbstvertrauens & ihrer Ich-Stärke Ausgewogene Dosierung von Fremd- & Selbstanforderung Fähigkeitsgerechte Differenzierung der Anforderungen Ausgewogene Berücksichtigung von Prozessmerkmalen der Leistung Eher spätere, allmähliche Einführung von Ziffernnoten & Einführung in den rechten Umgang damit o Ausrichtung der Leistungsbereitschaft auf subjektiv bedeutsame Lernaufgaben Verhindern, dass Kinder nur oder überwiegend für gute Beurteilungen oder Noten lernen Stärkere Ausrichtung auf individuelle Lernfortschritte, allmählich anspruchsvoller Kooperation statt Kompetition o Prinzip der Konterkarierung der sozialen Selektion o Sorgfältige Unterscheidung von Defiziten in sprachlichen Bereich & generellen Leistungsunterschieden o Bildhafte und handelspraktische Präsentationsformen & Ausdruckmöglichkeiten o Beachtung vom Zusammenspiel der Umwelt und der Anlage Leistungsförderung - Lernförderliche Atmosphäre - Metakognitive Fähigkeiten ausbauen, planen, reflektieren, Methoden angemessen einsetzen - Selbstkonzept stärken: o Erfolgserfahrungen ermöglichen und aufzeigen, individuelle Bezugsnorm o Auf Misserfolg vorbereiten, Anforderungen dosieren, alternative Erfolgsfelder aufbauen o Selbstwirksamkeit und Eigenverantwortliche kit zulassen (minimale Hilfe) und aufzeigen Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 33 6. Ganztagsschule Definition nach KMK, 2015: - An mindestens 3 Tagen ganztägiges Angebot à mindestens 7 h täglich (Bayern: mind. 4 Tage) - Bereitstellung Mittagessen - Ganztagsangebote unter Aufsicht und Verantwortung Schulleitung organisiert - Ganztagsangebote in konzeptionellem Zusammenhang mit Unterricht Entwicklung nach Coelen, 2014: - 19 Jhd.: Unterricht war auf Vor- und Nachmittag verteilt - Wende 19./20 Jhd.: Manifestieren der halbtägigen Schulreform - Nach 2. WK: Ganztagesschulentwicklung knüpft an Ideen der Reformpädagogik an BRD: geringe Frauenerwerbsquote, kaum Betreuung DDR: Frauen als benötigte Arbeitskräfte, Betreuungsgarantie - 1990er: Verbesserung der Betreuungssituation (KiTas, Hort, einzelne GTS) - Heute: Förderung GTS als Reaktion auf PISA →Bayern 2016/17: über 4000 Klassen in gebundenem Ganztag, 5650 offene Ganztagsgruppen → Bayern 2017/18: knapp 1100 Schulen mit gebundenem Ganztag, 6250 offene Ganztagsgruppen ! Ziele nach Coelen / Stecher, 2014: - Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit o Wandel familiärer und sozialer Lebensformen (spätere Familiengründung, Erwerbstätigkeit, Alleinerziehend) o Ziel durch Entlastung: Anstieg Frauenerwerbszahl, Stabilbleiben/Anstieg Geburtenrate - Individueller Förderung SuS (z.B. Hausaufgaben in Schulzeit integriert -> Entlastung Familie) - Partizipation und Demokratiebildung durch...... vielfältige Lern-Settings... soziale Interaktionskontexte... außerschulische Kooperationen... Professionsvielfalt Fachkräfte - Mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem o Beeinträchtigung Bildungschancen durch 3 Risikolagen (Nationaler Bildungsbericht, 2010): Erwerbslosigkeit Eltern, Geringes Familieneinkommen, Geringes Ausbildungsniveau Eltern o GTS versucht den Ausgleich durch Kooperation, Unterstützung der Familien etc. Begründungsansätze nach Holtappels: - Sozialpolitisch: wandelnde Familienformen, verstärkter Medienkonsum, Verinselung - Schulpädagogisch: GTS als Antwort auf Heterogenität & mittlere Reife als Mindestnorm - Bildungspolitisch: Ausgleich von Benachteiligung, Öffnung der Bildungsprozesse Funktion nach Holtappels, 2004: Individuelle Förderung, sinnvoll gestaltete Freizeit, intensive Erziehungsarbeit Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 34 Organisationsformen & Modelle → S. 134 - 137 ! Gestaltungsmerkmale nach Dollinger, 2014 → S. 138 - 139 Personal - Personale Ausstattung: Schulleitung, Lehrkräfte für Unttericht und außerschulische Angebote, Personal für Unterrichts und außerschulische Angebote, Sekretär*innen, Schulpycholg*innen, Sozialpädagog*innen, Eltern → multiprofessionelles Team - Anforderungen an Lehrkraft nach Kielbock / Stecher, 2014: o Neue Lehr- und Lernkultur Vernetzung Unterricht und außerunterrichtliche Angebote Neue Rhythmisierung Schulalltag Flexibilisierung des eigenen methodischen und didaktischen Vorgehens o Verstärkte individuelle Förderung der SuS o Veränderte Feedback-, Bewertungs- und Benotungspraxis o Teamarbeit und Kooperation o Betreuende, erzieherische und soziale Funktion o Mitwirkung bei Ganztagskonzept und Schulentwicklung o Arbeitszeit Behalten vorgeschriebener Stundenzahl Andere Verteilung 3 Tage pro Woche nachmittags ! Chancen und Risiken nach Kiper, 2013: Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 35 Empirie - Willems et al., 2013: o SuS mit Migrationshintergrund: hohe Teilnahmequote o SuS mit niedrigem Sozialstatus: geringe Teilnahmequote o SuS mit hohem Sozialstatus: wenig in gebundener Form - Jacko-o Bildungsstudie, 2017: 73% der Eltern wünschen GTS, 47% haben einen Platz - IGLU, 2011 & TIMSS, 2011: o Nur 31% GTS haben Konzepte zu Verzahnung von Unterricht und weiteren Angeboten o 50% sind voll gebundene GTS = Verzahnung o 24,3% der teilweise gebundenen bzw. offenen GTS haben Verzahnung Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 36 7. Individualisierung Definition nach Lipowsky/Lotz, 2015: Anpassung der unterrichtlichen Lernangebote an die Lernvoraussetzungen der einzelnen Schüler*innen → Berücksichtigung von Interesse, Neigung, Motivation, Begabung, Vorkenntnis, Erfahrung, Entwicklung → Ziel: Identität & SK positiv beeinflussen Differenzierung Individualisierung von oben (LuL/Institution) Offener U. = Individualisierung von unten (SuS) Ziele nach Einsiedler, 1996: - Förderung individueller Fähigkeiten, Fertigkeiten, spezifische Begabungen und Interessen - Berücksichtigung der Lerntempi, Menge, Qualität - Gerecht werden der individuellen Lernprozesse der SuS → Lehrer*innenvortrag kann genauso jedes Kind anregen → Differenzierung kann auch an individuellen Lernvoraussetzungen eines Kindes vorbeigehen - Trotzdem wichtig: individuell Lernende als Gemeinschaft, nicht soziale Isolation oder Vereinzelung ➔ Benkmann, 2009: Potential des Lernens der Kinder von- und miteinander nutzen Verhinderung Isolation, Ausgrenzung Übernahme verschiedener Rollen Kooperatives Lernen wirkt sich positiv auf Schulleistungen aus (Johnson et al, 2000) ! Maßnahmen nach Heckhausen/Brunnhuber: Anpassung bzgl...... Art des Stoffes: optimale Passung bzw. wahldosiertes Diskrepanzerlebnis (Qualität)... Umfang des Stoffes (Quantität)... Vermittlung/Darstellung: Hilfeleistungen, individuelle Lernverantwortlichkeit... Lerntempo Anforderung und Voraussetzung Vorteile und Nachteile Begründung - Anthropologisch: Individualität als Wesensmerkmal - Lernpsychologisch: optimale Passung - Gesellschaftlich: pluralisierte Lebensweise Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 37 Adaptiver Unterricht nach Inckemann, 2014 - Adaptivität = Anpassung Lehrangebot an individuelle Voraussetzungen der Lernenden - Lernvoraussetzungen, Prozessmerkmale & Wirkungen des Unterrichts werden definiert, operationalisiert und in ihren Zusammenhängen untersucht - Aptitude-Treatment- Interaction: → Fokus: Wechselwirkung zw. Lehrmethoden und SuS-Merkmale → methodisch-didaktische Schwerpunktsetzungen: Auf der Ebene der Lehrer-Schüler-Interaktion → kognitive Strukturierung Auf Ebene der SuS-SuS-Interaktion → kooperatives Lernen Auf der Ebene der individuellen Lernzielerreichung → Formativen Assessment - Unterscheidung zwischen Mikro- und Makroadaptionen → vor dem Unterricht geplante Differenzierung = Makroadaption → kurzfristige Anpassung Verhaltensweisen, Interaktionen = Mikroadaption (z.B.: Feedback, Hilfsfragen, …) Unterrichtsqualität im individualisierten Unterricht nach Heyy / Lipowsky, 2017: - Klassenführung: Mehr Autonomieerleben → mehr Motivation → weniger Störungen → Bohl/Kucharz, 2010: - Vorab vereinbarte Regeln & Organisation von Arbeitstechniken - Strukturiertheit der Lernumgebung - Unterrichtsklima: mehr Chancen für individuellen Kontakt (zwischen SuS und zwischen LuL & SuS) - Kognitive Aktivierung: angemessenes Niveau für jeden Schüler (Heterogenität!) - Inhaltliche Klarheit: klare Aufgabenstellung - Strukturiertheit: innerhalb der Oberflächenstruktur (Individualisierung) kommt den Tiefenstrukturen eine zentrale Bedeutung zu Empirie - IGLU, 2001 - Maßnahmen zur Individualisierung im Leseunterricht: o Unterricht im Klassenverband als vorherrschend o Differenzierung durch Zeit am häufigsten in Deutschland - Hattie, 2013: o Individualisierter Unterricht hat lernförderlichen Effekt von d = 0.23 = schwacher Effekt o Mehrere andere Studien bestätigen geringen Effekt - WIESO? (Lipowsky, Lotz): o Mangel an Qualität der Umsetzung o Maßnahmen stoßen häufig nicht vertiefte Lernprozesse bei SuS an Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 38 8. Differenzierung Definition nach Saalfrank, 2009: = Alle Maßnahmen, schul- und unterrichtsorganisatorischer Art, zur Förderung von SuS aufgrund unterschiedlicher Interessen, Begabungen, Neigungen, Schwächen, Stärken unter Berücksichtigung des Entwicklungsstands → Trägt zu Individualisierung des Unterrichts bei Ziele nach Bönsch, 1995: - Unverschuldete soziale Benachteiligung abbauen - Möglichkeiten der Bildungs- und Lebenschancen eröffnen - Jeden SuS entsprechend seiner Individualität fördern + spezifische Interessen, Bedürfnisse, Lernvoraussetzungen berücksichtigen - Freude am Lernen und Arbeiten erleichtern ! Arten der Differenzierung - Äußere Differenzierung nach Saalfrank, 2008: ➔ Dimensionen innerer Differenzierung Interschulische Dimension = Zuteilung nach Leistung in Schulart Intraschulische Dimension = Organisatorische Maßnahmen innerhalb der Schule ▪ Streaming = Einteilung nach insgesamter Schulleistungen ▪ Setting = Einteilung nach Leistung in einem Fach ▪ Einteilung ach Wahl, Neigung, Interesse, Förderbedarf (z.B. Wahlfächer, Reli, AGs) Schulprofildimension (z.B. musisch, bilingual, konfessionell) ➔ - Innere Differenzierung nach Saalfrank, 2008: = Aus didaktisch-methodischer Sicht alle SuS „ungleich“ behandeln (z.B. bzgl. Mitteln) ➔ Lehrkraft benötigt … …diagnostische Kompetenz … Wissen über SuS (deren Milieu, Fertigkeiten, Fähigkeiten) ➔ Dimensionen innerer Differenzierung → S. 99 - 101 Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 39 - Natürliche Differenzierung nach Krauthausen, 2014: = Gleiche Aufgaben können in natürlicher Weise auf unterschiedliche Art gelöst werden → Merkmale der natürlichen Differenzierung: Gleiches Lernangebot für alle SuS mit niedriger Eingangsschwelle → flexible Aufgabe bestehend auf einem Netzwerk kleinerer Aufgaben → durch bestimmte Leitgedanken kombinierbar Ganzheitlichkeit und Komplexität Unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, die die SuS selbst wählen Lösungswege, Darstellungsweisen, Hilfsmittel sind freigestellt Soziales Mit-/Voneinander-Lernen ergibt sich aus der Sache (vs. innere Differenzierung) - Differenzierung nach Zielen nach Meyer-Willner, 2001: o Zielindifferent: gleiches Lernziel, variierende Lernhilfe, -materialien, -zeit o Zielindifferent: Lernziele & -inhalte angepasst an individuelle Interessen, Bedürfnisse und Voraussetzungen ! Beispiele für den Unterricht nach Bönsch, 2015 - Differenzierende Lernaufgaben: - Aufgaben mit verschiedenem Schwierigkeitsgrad - Texte variieren im Umfang/Anspruch - Aufgaben mit/ohne Lösungshilfen - Differenzierende Lernwege: - Verschiedene Lernmethoden (lesen, schreiben, recherchieren, …) - Visuelle, handlungsorientierte, auditive, verbale Ansätze - Differenzierende Lernpläne → Voraussetzung: selbständiges Lernen gut entwickelt o Individuelle Tages- bzw. Wochenpläne o Plakat mit Aufgaben auf unterschiedlichem Niveau -> SuS wählen selbst aus o Förderunterricht - Differenzierende Lernangebote → Voraussetzung: gute Selbsteinschätzung = Freiwillige Lernangebote: jeder kann sich von dort selbstständig etwas holen (ABs, Bücher, …) → Grundgedanken: wenn immer etwas interessantes im Angebot wächst Interesse, zu stöbern und zu arbeiten - Differenzierende Themenbearbeitung o Selbsttätigkeit z.B. SuS Referate, Impulse, offene Fragen, Brainstorming o Gemeinsame Tätigkeit z.B. Lernen durch Lehren o Offener Unterricht z.B. Freiarbeit, Tages- und Wochenplanarbeit, Stationen, Lerntheke,… o Projektorientierter Unterricht o Lerntheke zur individuellen Bearbeitung, Vertiefung von Fragen und Behebung von Defitziten - Differenzierung durch unterschiedliche Sozialformen z.B. GA, PA (Lerntutor*innen), EA Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 40 Begründung - Anthropologisch: Individualität als Wesensmerkmal - Lern- und Motivationspsychologisch: dynamischer Bildungsbegriff, optimale Passung - Pädagogisch: Auftrag der Grundschule - Gesellschaftlich-sozialisationstheoretisch: Pluralisierung Lebensweisen - Rechtlich-politisch: Lehrplan, Grundgesetz Art.2 (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit) & Art. 20 (Recht auf Chancengleichheit), Verfassung Art. 12 Wirksamkeit Chancen und Grenzen → S. 105 -107 ! 9. Adaptiver Unterricht nach Franz, 2020 Öffnung des Unterrichts = gezielte Variation des Lernangebots = Autonome Wahlfreiheit der Schüler*innen bspw. bzgl. Lernpartner*innen, -ort, -methode → Vielfältige Möglichkeiten für Differenzierung und Individualisierung Differenzierung & Individualisierung = Produktiver Umgang mit individuellen lernvoraussetzungen, wie Präkonzepten, Dispositionen & Interessen ➔ Didaktische Adaptivität als Metakonzept bzw. Sammelbegriff ➔ Baumert (2004) bezeichnet Konzept als einen intelligenten „Umgang mit Heterogenität durch Differenzierung von Zielsetzungen, Individualisierung von Aufgabenstellungen und Variation von Methoden und Sozialformen“ Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 41 10. Offener Unterricht Definition nach Wallrabenstein, 1991 - Unterschiedliche Reformansätze in vielen Formen inhaltlicher, methodischer & organisatorischer Öffnung - Ziel: veränderter Umgang mit Kind auf Grundlage von verändertem Lernbegriff - Offener Unterricht als pädagogische Haltung Begründungen nach Munser-Kiefer, 2014: - Lernpsychologische Perspektive o Lernen als aktiv-konstruktiver und selbstgesteuerte Prozess o Lerninhalte in sozialer Können-Konstruktion ausgehandelt o Ganzheitliches Lernen = leistungssteigernd - Motivationspsychologische Perspektive = vgl. Selbstbestimmungstheorie Deci & Ryan o Kompetenzerleben o Autonomieerleben o Soziale Eingebundenheit - Entwicklungspsychologische Perspektive o GS Kind hat begrenzte Vorerfahrungen, Vorstellungen o Muss sich anschaulich, handlungsorientiert mit Lerngegenständen beschäftigen → besseres Gelingen geistiger Operationen - Pädagogische Perspektive o Durch intensive Sozialkontakte verwirklicht sich Erziehungsziel der Persönlichkeitsentwicklung o Emanzipation aus der Fremdbestimmtheit - Zeitgenössische Perspektive: Veränderte Kindheit, Umgang mit Medien, … ! Dimensionen der Öffnung nach Einsiedler, 1985 & Peschel, 2002: - Organisatorische Offenheit: Bestimmung der Kinder bzgl. Rahmenbedingungen (Raum, Zeit, Sozialform) - Methodische Offenheit: Flexibilität bzgl. individuellem Lernweg des Kindes - Inhaltliche Offenheit: Bestimmung bzgl. Lerninhalt (innerhalb & außerhalb der Lehrplanvorgaben) - Soziale Offenheit: Bestimmung bzgl. Unterricht, Unterrichtsplanung, soziales Miteinander - Persönliche Offenheit: Gleichberechtigung der Lehrkraft-Kind und Kind-Kind-Beziehung Formen offenen Unterrichts → S. S. 261 – 267 - Tagesplan - Freiarbeit - Lerntheke - Gruppenaufgaben - Wochenplan - Werkstattunterricht - Stationentraining - Gruppendiskussion Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 42 Qualitätsmerkmale → S. 257 f Pädagogische Implikationen → S. 268f ! Aufbau offenen Unterrichts nach Munser-Kiefer, 2014: - Inhaltliche Hinführung: Motivierung, Aktivierung von Vorwissen - Organisatorische Hinführung: Regeln, Laufzettel… - Eigenaktive Arbeitsphase - Reflexionsphase: Ziel = metakognitive Überwachungsprozesse → Lerntagebuch, Gesprächskreis Inhaltliche Verarbeitungsphase: gezielte Sicherung (insb. für schwächere SuS, die bestimmte Aspekte in der freien Arbeitsphase nicht verstanden haben) → Präsentation von Plakaten, Einzelne Aufgaben exemplarisch aufgreifen Stufen der Öffnung nach Kucharz / Bohl, 2010: Chancen und Herausforderungen Umsetzungsbeispiele → S. 271 - 274 Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 43 11. Inklusion Definition nach Seifert: - Ausdruck von Gleichwertigkeit aller - Solidarität der Gemeinschaft - Anerkennung von Verschiedenheit - Vielfalt von Lebensform ➔ System für alle: Je individuelle Curricula, alle Kinder in einer Schule, Heterogenität als Selbstverständlichkeit Anpassung des Systems, Ressourcen für System Individuelles & kooperatives Lernen Inklusion vs. Integration nach Heimlich, 2011: LehrplanPLUS – Bildungs- und Erziehungsauftrag - GS wirkt an Umsetzung von Inklusion mit - Alle Kinder haben Recht auf gemeinsame, bestmögliche Bildung, gleichberechtigte Teilhabe - Vielfalt als Bereicherung und Ressource - Gemeinsame Leben & Lernen orientiert an individuellen Interessen, Stärken, Lern- & Entwicklungsbedürfnissen - Berücksichtigung kultureller, religiöser, sprachlicher, sozialer Hintergründe ! Integrationsmodelle KMK Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 44 ! Prinzipien inklusiven Unterrichts nach Heimlich, 2016: - Handlungsorientierung - Situationsorientierung - Lernen mit allen Sinnen - Soziales Lernen - Selbsttätigkeit - Fächerverbindung - Bedürfnisorientierung - Zielorientierung Konzepte - Gemeinsames Lernen am gemeinsamen Gegenstand nach Feuser, 1989: o Alle arbeiten an „gemeinsamen Gegenstand“ = Projekt o Vielfalt an Handlungsmöglichkeiten – je nach momentaner Wahrnehmungs-, Denk-, Handlungskompetenz o Ziel ist variabel o Integration durch Kooperation - Gemeinsame Lernsituation nach Wocken, 1998: → Annahme: Heterogenität gerecht werden durch ausbalanciertes Verhältnis von Differenzierung & Integration Koexistente Lernsituation = Räumlich-zeitliche Gemeinsamkeit → Verfolgung eigenen, individuellen Handlungsplan Kommunikative Lernsituation = Interaktion im Vordergrund → Kein Ziel, welches erreicht werden muss Kooperative Lernsituation ▪ Arbeitsinhalte und -Prozesse in Zusammenhang → komplementäre Lernsituation ▪ Verwirklichung Ziele nur durch Mitwirkung des anderen → Solidarische Lernsituation ▪ Handlungsweise angenähert an gemeinsames Ziel Inklusion und Leistungsbeurteilung, nach Brügelmann, 2011: - Individuelle Förderorientierung statt Standardisierung der Anforderungen - Statt bezugsgruppenorientierte Bewertung → Orientierung an Lernzielen und an individueller Entwicklung - Veränderte Leistungsbeurteilung → dialogische Diagnostik = SuS sollen nicht nur etwas über Gegenstand lernen, sondern auch über sich als Lernende - Analyse der Tiefenstruktur von Leistung statt bloßer Auszählung nach richtig und falsch - Dialogische Lernberatung statt Leistungsbeurteilung Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 45 Strukturelle Selektivität des Schulsystems nach Werning / Rolf, 2010: - Deutsches Schulsystem durch Fiktion homogener Lerngruppen geprägt - Zahl der SuS in Förderschulen hat sich stetig erhöht - Kein Gesamtschulsystem Inklusion in weiterführender Schule erheblich erschwert - Bestimmte SuS-Gruppen werden durch Homogenisierung zurückgelassen ! → Materielle, pädagogische, personelle Voraussetzungen nach Heimlich / Kahlert, 2014: - Adaptivität des Unterrichts an Lernverlauf → unterschiedliche Unterrichtsformen → Wechsel zwischen offenem, gelenktem Unterricht → zieldifferentes Arbeiten → Wechsel in Sozialform - Interdisziplinäre Kooperation im Kollegium + mit Eltern - Größe Schulklasse (Max. 24 SuS, 2-3 Kinder mit Förderbedarf, gleiche Anzahl Jungen und Mädchen) - Unterrichtsorganisation soll Wettbewerb zwischen SuS einschränken → Etablierung soziales Netzwerk in Klasse - Schülerzentrierte Wahrnehmung + Berücksichtigung Beziehungen der SuS untereinander - Diagnose der Lern- und Verständnisvoraussetzungen + Interaktionsbeziehungen - Lehrkraft muss sich feinfühlig, fürsorglich, wertschätzend verhalten Chancen und Grenzen Empirie - Am häufigsten integrativ beschulte Gruppen an Schüler*innen nach KMK, 2012: 1. FSP Lernen 2. FSP Sprache 3. FSP soziale-emotionale Entwicklung - Leistungen von Kindern mit Downsyndrom, nach Maikowski et. al., 2009: Integrativ beschulte Kinder machen größere Fortschritte bzgl. fachlichen Leistungen und Intelligenzentwicklung - Ainscow, 2007: Lehrkräfte und ihre Einstellung für Entwicklung Inklusion besonders wichtig → Strukturelle Umgestaltung alleine reicht nicht aus - Langzeitwirkung Integration von Kindern mit schwächeren Schulleistungen nach Eckhart, 2011: o – Förderzentrum: o + Förderzentrum: Ungünstigere Berufschancen Tieferes Selbstwertgefühl Stärkere Ablehnung von Kindern mit MG Tieferes Fähigkeitsselbstkonzept Weniger soziale Kontakte Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 46 12. Bildungsauftrag Bildungsbegriff nach Klafki - Materiale Bildung: Sach- & Fachwissen, Beschäftigung mit Kulturgütern & Inhalten - Formale Bildung: Schulen von Kräften und methodischen Fertigkeiten - Kategoriale Bildung = Mensch erschließt und wird erschlossen → einerseits Weltverstehen, andererseits Methoden zur Erschließung kategorialer Erkenntnisse Bildung nach Rehle Kompetenz nach Weinert, 2001 = Die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um Probleme zu lösen sowie die damit verbundenen motivatonalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll zu nutzen → Sach- & Fachwissen, Handlungs- & Methodenkompetenz, Werthaltung & Motivation ! Bildungsauftrag der Grundschule nach Einsiedler, 2014: - Wissen und verstehen erwerben o Deklaratives, prozedurales Wissen o Lernstrategien/metakognitive Fähigkeiten - Interesse entwickeln o Positive Einstellung zu Lerngegenständen o Lernmotivation o Identitätsentwicklung - Wertorientierung anbahnen o Soziale Handlungsbereitschaft/-fähigkeit o Wertschätzung der natürlichen Lebensgrundlagen o Wertschätzung kultureller Gegebenheiten o Selbstverantwortlichkeit Grundschulpädagogik Staatsexamen Zusammenfassung (Frühjahr 2014) 47 Aufgaben der grundlegenden Bildung in der GS nach Einsiedler, 2014 - Gemeinsame Bildung für Alle o 1920 eingeführtes Grundschulgesetz mit doppeltem Ziel: soziale Integration der verschiedenen Volksschichten gemeinsame Grundbildung trotz unterschiedlicher Lernvorrausetzungen o im Lauf der Zeit: Schereneffekt der Lernverläufe wurde nur bedingt verhindert o Heute: zunehmende Heterogenität in GS - Gemeinsamer Grundstock = Mindestnorm/Mindestqualifikation/Sockelniveau ➔ Aber keine Beschränkung der Bildungsziele auf den Grundstock: Neben Stamm von Mindestziele viele anspruchsvolle Zusatzziele ➔ Heute: Zweifel am Grundstock, wegen starker Heterogenität Diskussion: Lernzielgle

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