Entwicklungs­psychologie Vorlesung VI 2024 PDF

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This document is a lecture on development psychology, specifically focusing on postnatal physical development. It delves into topics such as premature births, infant mortality, and sudden infant death syndrome (SIDS).

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ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE VORLESUNG VI 14.05.2024 1 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG FRÜHGEBURTEN  Säuglinge, die drei oder mehr Wochen zu früh geboren werden oder weniger als 2500 g wiege...

ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE VORLESUNG VI 14.05.2024 1 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG FRÜHGEBURTEN  Säuglinge, die drei oder mehr Wochen zu früh geboren werden oder weniger als 2500 g wiegen  Geburtsgewicht als bester Vorhersagewert für das Überleben und eine gesunde Entwicklung des Kindes 2 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG FRÜHGEBURT VS. UNTERENTWICKLUNG Frühgeburt Unterentwicklung  einige Wochen vor errechnetem Geburtstermin geboren  Zu geringes Gewicht in Anbetracht der Länge der  Geringeres Gewicht ist in Anbetracht der Länge der Schwangerschaft Schwangerschaft normal  Sowohl nicht zu früh Geborene, als auch Frühgeburten  1 oder 2 Wochen mehr in der Gebärmutter verringern  Unzureichende Ernährung vor der Geburt Häufigkeit von Krankheiten massiv  Meist schwerwiegende Probleme, besonders wenn es sich außerdem um eine Frühgeburt handelt 3 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG INTERVENTIONEN BEI FRÜHGEBURTEN Brutkästen mit kontrollierter Temperatur Magenschlauch, Atemgerät Spezielle Stimulierung Säuglingspflegekurse für Eltern Langfristige intensive Intervention, falls notwendig Bsp: Hören von mütterlicher Stimme und Herzschlag steigert die Gehirnentwicklung von extremen Frühgeburten https://encrypted- tbn0.gstatic.com/images?q=tbn:ANd9GcRc4F7yqDVCXJUdjILUZUEpNEiaJ8M1dVtXiMs_ezgMncZal5Cz 4 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG SÄUGLINGSSTERBLICHKEIT  Definition: verstorbene Säuglinge vor Erreichen des ersten Lebensjahres  In Deutschland gering ausgeprägt, stetige Verbesserung (3 je 1000 )  In Entwicklungsländern z.T. dramatisch höher (Nigeria 72 je 1000)  Am höchsten in den ersten sieben Lebenstagen nach der Geburt HTTPS://UPLOAD.WIKIMEDIA.ORG/WIKIPEDIA/COMMONS/7/7E/CHILD_MORTALITY_MAP_OF_THE_WORLD_2019.SVG 5 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG PLÖTZLICHER KINDSTOD  „sudden infant death syndrome“ (SIDS)  Plötzlicher und unerklärlicher Todesfall (häufig während des Schlafens)  Ursachen bisher nicht vollständig geklärt  Forschungsteam Australien: bestimmtes Enzym signifikant niedriger vorhanden  Vermutung: plötzliche und anhaltende Atemunterbrechung aufgrund einer Fehlfunktion des Atemzentrums HTTPS://WWW.SKVERLAG.DE/UPLOADS/PICS/BABY.JPG 6 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG PLÖTZLICHER KINDSTOD Risikofaktoren:  ein bereits aufgetretener lebensbedrohlicher Zustand  ein an SIDS verstorbenes Geschwisterkind  eine Frühgeburt (vor der 33. Schwangerschaftswoche) bzw. ein sehr niedriges Geburtsgewicht  Drogenkonsum der Mutter Risiko wird weiterhin erhöht durch:  Schlafen in Bauchlage  Rauchen der Mutter während der Schwangerschaft  Rauchen in Gegenwart des Säuglings  Verzicht auf das Stillen des Kindes  Überwärmung des Kindes (hohe Raumtemperatur, zu viel Bekleidung etc.). HTTPS://US.123RF.COM/450WM/FAIZALRAMLI/FAIZALRAMLI2106/FAIZALRAMLI210600269/169593388-RISK-CONCEPT-WITH- ALPHABET-OF-RISK-ON-UNSTABLE-STRUCTURE-OF-RED-WOODEN-DOMINO-ON-BLUE-BACKGROUND.JPG?VER=6 7 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG PLÖTZLICHER KINDSTOD  Stetiger Rückgang durch Informations-/Aufklärungskampagnen  Einsatz von Atmungsmonitoren bei Kindern mit deutlich erhöhtem Risiko 8 POSTNATALE PHYSISCHE ENTWICKLUNG KÖRPERWACHSTUM  Geburtsgröße beträgt bei einem normal ausgetragenen Säugling durchschnittlich etwa 48–53 cm.  postnatal größtes Körperwachstum im ersten Lebensjahr mit etwa 18–25 cm  Im zweiten Lebensjahr weiterer Zugewinn von etwa 10–13 cm, danach deutlich Abnahme  In Folgejahren durchschnittliches Wachstum von etwa 5–6 cm erreicht  In Pubertät dann ein neuer Wachstumsschub 9 Motorische Entwicklung Gehirnentwicklung Kognitive c a r Entwicklung Os Emotionale Entwicklung Bindung HTTPS://METRO.CO.UK/WP-CONTENT/UPLOADS/2018/03/98352930-E1521207084689.JPG?QUALITY=90&STRIP=ALL 10 DAS NEUGEBORENE  Neugeborene verbringen ca. 50% im REM-Schlaf  Adoleszente nur noch 20% REM-Schlaf  Auch die Gesamtschlafdauer sinkt über das Leben ab 11 DAS NEUGEBORENE SCHREIEN  Schreien hat wichtige evolutionäre Bedeutung → Säugling kann nur so Bedürfnisse kommunizieren!  Ursache: Hunger, Schlafen, Schmerz, Kälte, Frustration, Überreizung, …  Entwicklungsaufgabe für Eltern: verschiedenen Signale voneinander zu differenzieren, um die kindlichen Bedürfnisse erfüllen zu können  „Schreibabys“: Babys, die ohne erkennbaren Grund exzessiv, regelmäßig und lang anhaltend schreien (mind. 3 Stunden täglich).  Westliches Phänomen?  Gefahren? 12 DAS NEUGEBORENE SCHÜTTELTRAUMA  shaken baby syndrome  Schütteltrauma-Syndrom zählt zu den häufigsten Ursachen von tödlichen Kopfverletzungen in dieser Altersgruppe  Bis zu 30 Prozent der betroffenen Kinder sterben daran, während rund 70 Prozent der Überlebenden Langzeitschäden erleiden 13 MOTORIK- UND SENSORIKENTWICKLUNG  Motorikentwicklung  Reflexe  Wichtigste Stationen der Motorikentwicklung  Sensorikentwicklung  Visuelle Wahrnehmung  Visuelle Präferenzen  Tiefenwahrnehmung (Visuelle Klippe)  Wahrnehmung von Emotionen  Auditive Wahrnehmung 14 MOTORIKENTWICKLUNG REFLEXE EINES NEUGEBORENEN  Ein Reflex ist eine angeborene automatische Reaktion auf eine bestimmte Art von Stimulation  Einige Reflexe haben Überlebenswert  → Saugreflex  → Greifreflex  Weiterer anpassender Nutzen:  Aufmerksamkeit und Fürsorge von Bezugspersonen erwecken  Ausgangspunkt für komplexere motorische Abläufe Ein Teil der Reflexe verschwindet innerhalb der ersten Lebensmonate wieder, während ein weiterer Teil für das gesamte Leben erhalten bleibt 15 16 MOTORIKENTWICKLUNG WICHTIGSTE STATIONEN  Mit dem Erlernen des Laufens kommt es zu einer erheblichen Erweiterung des sensorischen Spektrums für das Kind  Kind kann Informationsquellen, die es interessieren aktiv aufsuchen  Tabelle: Durchschnittswerte, wobei sich interindividuelle Unterschiede zeigen!  Auch Abfolge ist nicht einheitlich  Motorikentwicklung = Interaktion zwischen Reifung und Lernen  Beispiel: blind geborene Kinder  Erfahrung mit Umgebung ebenfalls von Bedeutung 17 SENSORIKENTWICKLUNG VISUELLE WAHRNEHMUNG  das visuelle Auflösungsvermögen erreicht erst in den ersten Lebensmonaten nach der Geburt seine volle Leistungsfähigkeit  Anfangs noch geringes Auflösungsvermögen, daher Präferenz für einfache Schachbrettmuster (mit wenigen großen Quadraten)  Augenbewegungen beim Abtasten visuell dargebotener Objekte sind am Anfang der Entwicklung noch recht unsystematisch  Wenn man die visuellen Präferenzen insgesamt betrachtet, so lässt sich feststellen, dass am Anfang der Entwicklung die folgenden Musterpräferenzen erkennbar werden:  einfache vor komplexen Mustern,  symmetrische vor unsymmetrischen Mustern,  die äußeren vor den inneren Konturen,  kurvilineare vor geradlinigen Mustern und  bewegte vor unbewegten Mustern  hilfreich für Umweltgestaltung 18 SENSORIKENTWICKLUNG VISUELLE WAHRNEHMUNG  Ebenfalls Präferenz für Gesichter (korrespondiert mit Präferenz für Symmetrien)  Präferenz für Gesichter, die dem Geschlecht der Hauptbezugsperson entsprechen (Quinn et al. 2008)  Häufig Präferenz von Gesichtern der eigenen Ethnie vor Gesichtern fremder Ethnien (Kelly et al. 2005)  „other race effect“: ab ca. 6 Monaten lässt sich zusätzlich beobachten, dass die Diskriminierungsfähigkeit zwischen Gesichtern fremder Ethnien zunehmend nachlässt 19 SENSORIKENTWICKLUNG VISUELLE WAHRNEHMUNG TIEFENWAHRNEHMUNG  Die Fähigkeit zur Tiefenwahrnehmung ist bei der Geburt noch nicht vollständig ausgebildet, sondern entwickelt sich erst in den ersten Lebensmonaten.  Größenkonstanz hingegen schon früh nach Geburt vorhanden (elementarer Bestandteil der Tiefenwahrnehmung)  Andere Bestandteile erst später, z.B. das Verständnis von Hinweisen für räumliche Tiefe (Tiefencues)  Beispiel: Visuelle Klippe 20 SENSORIKENTWICKLUNG VISUELLE WAHRNEHMUNG WAHRNEHMUNG VON EMOTIONEN  Schon in den ersten Lebensmonaten können Säuglinge verschiedene Gesichtsausdrücke voneinander unterscheiden, wobei schon früh eine Präferenz für positive Emotionen besteht.  Warum sind positive Emotionen bedeutsam für Säugling?  Signalisieren Interaktionsbereitschaft der Bezugsperson  Mögliche Erklärung, warum anfangs nur zwischen positiven und negativen Emotionen differenziert wird und zunächst keine weitere Differenzierung zwischen verschiedenen negativen Emotionen erfolgt (Parke und Gauvain 2009). 21 SENSORIKENTWICKLUNG AUDITIVE WAHRNEHMUNG  Kinder verfügen schon vorgeburtlich über Hörfähigkeiten  Schon in den ersten Tagen nach der Geburt zeigen Kinder eine Präferenz für die Stimme der eigenen Mutter.  Geht vermutlich auf vorausgehende vorgeburtliche Erfahrungen zurück  Bevorzugung gilt im Übrigen nicht für die Stimme des Vaters im Vergleich zu fremden Männern  Sensibel für Sprachen biologisch darauf vorbereitet Sprache zu erlernen  Säuglinge zeigen Präferenzen für hohe Töne und lassen sich durch bestimmte Rhythmen leichter beruhigen. 22 SENSORIKENTWICKLUNG WEITERE SINNESMODALITÄTEN  Süße Geschmäcker und Muttermilch werden präferiert  Geschmack des Fruchtwassers, welches sich durch Essgewohnheiten der Mutter verändert, beeinflusst Präferenzen des Kindes  Gerüche können lokalisiert werden und die Mutter kann durch riechen identifiziert werden 23

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