Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance PDF
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Goethe-Universität Frankfurt am Main
2023
Prof. Dr. Peter Henning
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Summary
This is a lecture on Corporate Governance, and it provides an overview of the lecture's content and structure. The topics discussed in the lecture include the principal-agent theory, the stewardship theory, the property rights theory, transaction cost theory, stakeholder vs. shareholder approach, and corporate governance requirements from an investor perspective.
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Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance (LÜAG) 19. Oktober 2023 Prof. Dr. Peter Henning Wintersemester 2023/24 16.10.2023 Confidential Einführung - Überblick Ablauf der Vorlesung Insgesamt 12 Doppelstunden Vor...
Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance (LÜAG) 19. Oktober 2023 Prof. Dr. Peter Henning Wintersemester 2023/24 16.10.2023 Confidential Einführung - Überblick Ablauf der Vorlesung Insgesamt 12 Doppelstunden Vorlesung + Gastvortrag 18.01.2024 ➢ Hinzu kommen 4 - 6 Doppelstunden Übung ➢ Vorlesungen im Hörsaal Donnerstags 8.15 – 9.45h ➢ Zusätzlich Freitags 8.30 – 10.00h Vorlesungen/Übungen (Start am 27.10.). ➢ Mögliche Anpassungen der Termine und Uhrzeiten werden immer rechtzeitig in OLAT bekanntgegeben; ebenso die Vorlesungsmaterialien ➢ Weihnachtsferien vom 22.12. – 6.01.2024 ➢ Benotung ausschließlich durch Klausur, Termin wird noch zeitnah bekanntgegeben Bitte aktiv in Vorlesungen und Übungen mitarbeiten! 16.10.2023 Confidential 1 Was sollen sie aus der Vorlesung mitnehmen? Lernziele ▪ Die Studierenden verstehen die theoretischen Grundlagen guter Unternehmensführung und die Anforderungen der unterschiedlichen Stakeholder an eine gute Corporate Governance. Dies auch vor den zahlreichen aktuellen Entwicklungen zum „G“ in ESG. ▪ Sie kennen die unterschiedlichen Aufgaben und Verantwortlichkeiten der drei Organe der Aktiengesellschaft einschließlich der Anforderungen an ihre Zusammensetzung und Besetzung. ▪ Sie können aufgetretene Probleme in der Unternehmensführung erkennen und bewerten und wissen, welche Rahmenbedingungen Verbesserungen ermöglicht haben und welche weiteren Maßnahmen noch erfolgen sollten. ▪ Die Studierenden können Lösungsansätze anhand von praktischen Fällen selbständig oder in Gruppen erarbeiten, reflektieren und diskutieren. ▪ Schließlich können sie Überlegungen zur nachhaltigen Verbesserung der Kultur von Unternehmen anstellen und bewerten. 16.10.2023 Confidential 2 Agenda Einführung in die Vorlesung “Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance” 1 Theoretische Grundlagen 2 Corporate Governance Systeme 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der Corporate Governance Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 4 Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance 5 Unternehmensethik und Nachhaltigkeit 16.10.2023 Confidential 3 1 Theoretische Grundlagen 1.1 Begriff und Definition Corporate Governance 1.1.1 Principal Agent Theorie 1.1.2 Stewardship Theorie 1.1.3 Property Rights Theorie 1.1.4 Transaktionskostentheorie 1.2 Stakeholder vs. Shareholder Ansatz 1.3 Anforderungen an eine gute Corporate Governance aus Investorensicht 16.10.2023 Confidential 4 Corporate Governance - Begriff und Definition Motivationslage : Bilanzskandale und Unternehmenskrisen Globalisierung der Güter- + Kapitalmärkte Institutionalisierung der Kapitalgeber Frage nach der Qualität der Unternehmensführung “Bilanzpolitik zielt in der Hauptsache auf den gewünschten Ergebnisausweis im Jahresabschluss. Etwaige Übereinstimmungen mit der tatsächlichen Vermögens- und Ertragslage der Unternehmung werden dabei in Kauf genommen, sind aber keineswegs beabsichtigt.” „Sebastian Hakelmacher“ alias Prof. Dr. Eberhard Scheffler, WP 16.10.2023 Confidential 5 Corporate Governance - Begriff und Definition • Keine einheitliche Definition des Begriffs Corporate Governance Rechnungswesen Management Institutionenökonomik 16.10.2023 Aktionärsbzw. Stakeholderrechte Unabhängigkeit der Kontrollgremien CG Transparenz der Unternehmensführung Confidential Zusammensetzung der Leitungs- und Kontrollgremien Rechtswissenschaft Soziologie/ Philosophie Politikwissenschaft 6 Corporate Governance - Begriff und Definition Ausgangsverständnis der CG : faktischer und rechtlicher Ordnungsrahmen von Unternehmen, der eine gute und ordnungsgemäße Unternehmensführung und – kontrolle im Sinne aller Shareholder und Stakeholder gewährleistet und unterstützt „CG is the system by which companies are directed and controlled.“ (Cadbury Kommission 1992) 2 wesentliche Elemente der CG: Unternehmensleitung und Unternehmenskontrolle 16.10.2023 Confidential 7 Corporate Governance - Begriff und Definition • Die BCBS Corporate Governance-Grundsätze vom Juli 2015 für Banken enthalten die wesentlichen Governance-Grundsätze, die für Banken auf internationaler Ebene gelten. Die OECD, die EU-Kommission und andere Institutionen bauen ihre Empfehlungen sowie regulatorische Vorgaben auf diesen Grundsätzen auf, ohne explizit darauf zu verweisen. Definition der BCBS über Corporate Governance Corporate Governance betrifft das Zusammenspiel zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat, den Anteilseignern und anderen Unternehmensbeteiligten (Stakeholder), das den Rahmen zur Definition von Unternehmenszielen festlegt und beschreibt Wege zur Zielerreichung und Erfolgskontrolle. Corporate Governance hilft dabei, die Zuweisung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten sowie die Art und Weise zu verankern, wie Unternehmensentscheidungen zu treffen sind 16.10.2023 Confidential 8 Corporate Governance - Begriff und Definition Unternehmensinteresse • Berücksichtigung sämtlicher im Unternehmen zusammentreffenden Interessen der verschiedenen Interessengruppen (Aktionäre, Fremdkapitalgeber, Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten und allgemeine Öffentlichkeit bzw. Gemeinwohl) (interessenplurales Konzept). • Im Fokus steht nicht ein Interessenausgleich, sondern nur die Interessenberücksichtigung. • Dabei ist außerdem umstritten, ob und inwieweit ein (leichter) Gewichtungsvorsprung zugunsten der – abstrakt typisierend zu bestimmenden – Aktionärsinteressen vor den Belangen anderer Stakeholder besteht. • Der Meinungsstreit relativiert sich für die Praxis z.T. dadurch, dass selbst nach einem Ansatz, der das (langfristige) Aktionärsinteresse und damit die Sicherung dauerhafter (nachhaltiger) Rentabilität und Ertragskraft in den Vordergrund stellt, stets mittelbar auch die Beachtung der anderen Stakeholder-Interessen umfasst ist 16.10.2023 Confidential 9 Corporate Governance - Begriff und Definition 1.1.1 Principal Agent Theorie Auftraggeber Auftragsverhältnis Principal • Anspruch auf Ergebnis, abhängig von: • Verhalten des Agenten • Exogenen Zufallsereignissen • hierarchisches Verhältnis Unterschiedliche Ziele Verträge bleiben „incomplete“ Kann aufgrund Ergebnis nicht eindeutig auf Verhalten des Agenten schließen Auftragnehmer Agent • • Entscheidungsspielraum asymmetrische Informationsverteilung • • • • Hidden characteristics Hidden intention Hidden action Hidden information Adverse selection Moral hazard Prinzipal - Agent - Konflikte 16.10.2023 Confidential 10 1.1.1 Principal Agent Theorie Prinzipal – Agent – Konflikte in einer Aktiengesellschaft Trennung von Eigentum am Unternehmen: Kontrolle über das Unternehmen: Aktionär = Principal Management = Agent Interessenabweichungen möglich Interesse des Aktionärs z.B. Erhöhung des Shareholder Values Interesse des Managements z.B. Einkommensmaximierung Asymetrische Informationsverteilung 16.10.2023 Confidential 11 1.1.1 Principal Agent Theorie Organ Aufsichtsrat als Kontrollmechanismus für Principal-Agent-Konflikte Zweistufige Principal - Agent Beziehung Hauptversammlung Principal Agent Aufsichtsrat Principal Agent Vorstand 16.10.2023 Confidential 12 1.1.2 Stewardship Theorie Auftragsverhältnis Principal • • • hierarchisches Verhältnis Asymmetrische Informationsversorgung kein prinzipieller Interessenkonflikt Steward Manager = Treuhänder • • Motiviert, sich im Sinne Unternehmen/Principal zu verhalten Zieht Nutzen primär aus verantwortungsvoller Ausübung der Aufgaben Prinzipal – Steward- Konflikte • • keine optimalen Rahmenbedingungen für Manager enge Überwachung Aufgabe CG: Herstellung von Strukturen, die es Top Managern ermöglichen ihre Ziele nach hoher Unternehmensperformance effektiv anzustreben. 16.10.2023 Confidential 13 1.1.3 Property Rights Theorie Property Rights = Verfügungsrechte Verfügungsrechte am Unternehmen = Rechte die mit Besitz eines Gutes verbunden sind, z.B. Nutzung, Veränderung, Verlustübernahme, Gewinnaneignung und Veräußerung Der Wert eines Gutes ergibt sich auch aus den damit verbundenen Verfügungsrechten Wert des Gutes Optimal bei Eigentümergeführten Unternehmen: Verfügungsrechte in einer Hand Geringer, je stärker Rechte institutionell eingeschränkt od. auf verschiedene Individuen verteilt z.B. durch Mitbestimmungsrechte Aufgabe CG: effiziente Verteilung von Verfügungsrechten bei Aktiengesellschaften (Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt) 16.10.2023 Confidential 14 1.1.4 Transaktionskostentheorie Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt Kontinuierliche Steuerung und Kontrolle des Managements durch Eigentümer Kosten für Kontrolltätigkeiten: Transaktionskosten Transaktionskostentheorie – Fokus: Art der Transaktion und mit welchem institutionellen Arrangement kann Transaktion effizient abgewickelt oder organisiert werden Markttransaktionskosten z.B: Vertragsanbahnung, Vertragsabschluss, Überwachungs- u. Durchsetzungskosten Unternehmenstransaktionskosten z.B. Informationskosten, Organisationsstrukturkosten CG: Sanktions- und Durchsetzungsmechanismen 16.10.2023 Confidential 15 1.2 Shareholder vs. Stakeholder Ansatz Welche Zielrichtung soll das Unternehmen haben ? Shareholder - Ansatz Stakeholder - Ansatz Unternehmen ist ausschließlich oder in erster Linie Privateigentum der Aktionäre Unternehmen ist neben den Aktionären auch anderen Interessengruppen verpflichtet, z.B: Gläubiger, Arbeitnehmer ➢ Unternehmensleitung nur Shareholdern verpflichtet ➢ Interessenpluralistische Ausrichtung der Unternehmensführung ➢ Keine soziale Verantwortung 16.10.2023 Confidential 16 1.2 Stakeholder vs. Shareholder Ansatz Modifizierter Shareholder Ansatz • Ausrichtung der Unternehmensführung primär an den Interessen der Aktionäre („shareholder“) • aber: Implizite Berücksichtigung der Interessen anderer Anspruchsgruppen („stakeholder“) sowie der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens Abwägungsprozess allein im Verantwortungsbereich des Managements = keine Erzwingung durch Rechtsmaßnahmen 16.10.2023 Confidential 17 1.3 CG Anforderungen aus Investorensicht Konflikt zwischen Groß- oder Mehrheitsaktionär Klein- oder Minderheitsaktionär • Mehrheitsaktionär könnte Vorteile haben, die anderen Aktionären nicht zuteil werden • Beispiel: Umstellung Produktpalette auf größtmöglichen Nutzen des Mehrheitsaktionärs • Pflicht des Mehrheitsaktionärs als „agent“ im Interesse aller Aktionäre zu handeln ? Aufgabe CG: Kontrolle der externen Einflussnahme der Groß- oder Mehrheitsaktionäre 16.10.2023 Confidential 18 Corporate Governance - Begriff und Definition fundamentale Aufgabe der CG: die 3 potentiellen Konflikte lösen Mehrheits-MinderheitsAktionärs-Konflikt shareholder Stakeholder-vsshareholder-Konflikt Großaktionär Kleinaktionär Sonstige Interessengruppen „stakeholder“ Prinzipal-agent-Konflikt Prinzipal-Steward-Konflikt Manager Unternehmen 16.10.2023 Confidential 19 Agenda Einführung in die Vorlesung “Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance” 1 Theoretische Grundlagen 2 Corporate Governance Systeme 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der Corporate Governance Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 4 Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance 5 Unternehmensethik und Nachhaltigkeit 16.10.2023 Confidential 20 2 Corporate Governance Systeme Mechanismen zur Lösung von Corporate Governance Problemen Verhaltensvorschriften − Gesetze, Kodices (DCGK - Softlaw) − Geschäftsordnungen − Verträge Anreizmechanismen − z.B. Erfolgsabhängige Vergütung Kontrollmechanismen 2.1 Organe 2.2 Bündelung von Aktionärsinteressen (professionelle Investoren) 2.3 Medien 2.4 Finanzanalysten / Markt für Unternehmenskontrolle 16.10.2023 Confidential 21 2.1 Organsysteme Ein- oder zweistufiges Organsystem der Aktiengesellschaft Anglo-Amerikanisches Einstufiges Organsystem Deutsches Zweistufiges Organsystem Aktionäre Mitarbeiter Aktionäre HV Shareholder meeting Aufsichtsrat Ausschüsse Vorstand 16.10.2023 Board Nonexecutive Directors Confidential executive Directors CEO Audit Committee Compensation C. Nominating C. 22 2.1.1 Organsysteme – Monistisches System „one-tier-system“ Unternehmensleitung + Kontrolle in einem Organ Board of directors Non - executive directors Executive directors Angehörige der aktiven Geschäftsleitung Zwingend keine aktuellen Verbindungen zum Unternehmen CEO Chief Executive Officer Leiter des Tagesgeschäfts Führung Kontrolle (prozessuale) Geschäftsführungsaufgaben 16.10.2023 Confidential 23 2.1.2 Organsysteme – Dualistisches System „two-tiers-system“ Leitungsfunktion Aufgabentrennung Kontrollfunktion Vorstand Kontrolle Aufsichtsrat (institutionelle) Führung Kontrolle (prozessuale) und Beratung Geschäftsführungsmaßnahmen 16.10.2023 Confidential 24 2.1.3 Organsysteme - Vergleich Monistisches System Nachteile Vorteile • 16.10.2023 • • • • • Gemeinsame Verantwortung für Leitungs-und Kontrollaufgaben Flexible Aufgabenverteilung intern Board Annähernd gleicher, zeitnaher Informationsstand Abhängigkeit des Kontrollorgans von Unternehmensführung mangelnde Neutralität der Kontrolleure (Selbstüberwachung) Für Externe unklare Aufgaben/Kompetenzverteilung Confidential Dualistisches System • • • • • • • • Klare Trennung der Verantwortungsbereiche (Haftung) Unabhängigkeit+ Neutralität d. AR Voraussetzung f. Mitbestimmung Informationsstand d. AR abhängig vom Vorstand Informationsasymmetrien Entscheidungsferne Überwachungsroutine Gefahr gesetzl. Überregulierung 25 2.1.4 Organsystem – CG im internationalen Vergleich Unterschiedliche Grundsätze für Unternehmensverfassung und Überwachung auf nationaler oder überregionaler Ebene (EU) Unterschiedliche Corporate Governance Systeme EU USA Vergleich anhand der Kriterien: 16.10.2023 Zielsetzung des Unternehmens Leitung des Unternehmens Kontrolle des Unternehmens Confidential 26 2.1.4.1 CG im internationalen Vergleich - USA Shareholder Value Ansatz: Konsequente Ausrichtung des Unternehmens auf Interessen der Aktionäre Zielsetzung Leitung Gestaltungsfreiheit der Aktionäre bzgl. innerer Ordnung Kontrolle Interne + externe Kontrollmechanismen Externe Interne Stimmrecht Kapitalmarkt • • Exit Option institutioneller Investoren Kontrollgremium • Unabhängigkeit der Mitglieder Vergütungssystem • Aktienoptionen = Koppelung an Unternehmenserfolg und Aktienkurs 16.10.2023 2.2 Exit Option unzufriedener Aktionäre Markt für Manager • Transparenz der Bezüge • Individuelle Leistungsbeurteilungen Transparenz 2.4 • Berichterstattung • Ad-hoc Berichtspflichten, • Proxy Statement Reports Confidential 27 2.1.4.2 CG im internationalen Vergleich - EU Zielsetzung Leitung Kontrolle Modifizierter Shareholder Value Ansatz: „im Einklang mit Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung sorgen.“ (DCGK) Landabhängig: monistische oder dualistische Organstruktur Deutschland: Dualistische Organstruktur Interne + externe Kontrollmechanismen Stimmrecht • Voice Option von Großaktionären Kontrollgremium • • EU: Landabhängig ob monistische oder dualistische Organstruktur D: Dualistische Organstruktur, institutionalisierte Mitarbeiterbeteiligung Vergütungssystem • • 16.10.2023 Ausrichtung Vergütungsstruktur auf nachhaltige Unternehmensentwicklung (z.B. Abfindungs-Caps), Transparenz: Offenlegung Vorstandvergütung Confidential 28 2.1.5 Organsysteme – Angleichung in Europa Harmonisierung der CG – Systeme Fakt: • Wachsende Bedeutung internationaler institutioneller Anleger + ihr Einfluss auf Definierung eines CG Systems • Integration der Finanzmärkte + Prozess der internationalen Unternehmensverflechtung • Angleichung der Rechnungslegungsvorschriften • Prinzip der Nachhaltigkeit, insbesondere Environmental Social Governance (ESG) Problem: unterschiedliche CG – Systeme basieren auf unterschiedlichen Rechtssystemen • Beharrungstendenzen eines Rechtssystems • Gefahr durch Harmonisierung Schaffung inkonsistenter = weniger effizienter Systeme Kombinierbarkeit einzelner Merkmale verschiedener Systeme = Funktionaler Gleichlauf der CG - Systeme • • • • 16.10.2023 Entwicklung des Deutschen Corporate Governance Kodex Reformen im Bereich Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht Verbesserung Anlegerschutz Ausweitung Transparenzbestimmungen Confidential 29 2.2 Professionelle Investoren Strukturierung des Anteilsbesitzes = ein CG – Kontrollmechanismus ? • Struktur des Anteilsbesitzes • Bündelung von Aktionärsinteressen Stärkung der Einflussmöglichkeiten Privatanleger Streubesitz Bündelung Einzelstimmrechte aufwendig Großaktionäre Rechte in Satzung + Gesetz geregelt Beteiligungsrechte, z.B. § 122 I AktG • professionelle Anteilseigner • Institutionelle Investoren (z.B. Fonds, Versicherungen,…) • Banken • Großaktionäre (z.B. Familien, Staat, Unternehmen) • Interessenkonflikte: Eigeninteressen der Großaktionäre auf Kosten der Kleinaktionäre z.B. Bank als Eigenkapitalgeber (Absicherung eigener Kredite vor Anteilseignerinteressen) • Einbindung von Stimmrechtsberatern (Proxy Adviser) 16.10.2023 Confidential 30 2.3 ESG - Rating Agenturen Rating Agenturen – als externer CG - Kontrollmechanismus • • • • Green Finance wird immer wichtiger – und damit auch Agenturen, die ESGFaktoren bei Unternehmen bewerten. Deren Nachhaltigkeitsaktivitäten lassen sich hinsichtlich Zweck und Wirkung jeweils einer der drei ESG-Dimensionen zuordnen: Environment, Social und Governance Bekannteste Anbieter sind MSCI, Sustainalytics und ISS ESG. Es folgen derzeit S&P ESG Evaluation und Moody‘s. Der Markt ist derzeit sehr in Bewegung. Denn die Vielzahl an Ratingagenturen und die fehlende Standardisierung der Methoden erschweren eine genaue Interpretation der Ratings. Die europäische Finanzaufsicht ESMA fordert eine einheitliche Definition von ESG-Ratings. Außerdem sollten sich alle Agenturen registrieren müssen und überwacht werden. Die EU hat das Thema bereits aufgegriffen. Für die Unternehmen eröffnen ESG-Ratings die Möglichkeit, StakeholderBeziehungen zu vertiefen, Investitionen auszubauen, Zugang zu niedrigeren Kapitalkosten zu erhalten und effektivere strategische Entscheidungen zu treffen. Ratings haben auch unmittelbare Auswirkungen auf Governance Entscheidungen in Unternehmen. 16.10.2023 Confidential 31 2.4 Die Öffentlichkeit - Medien Die Medien – als externer CG - Kontrollmechanismus ? • Nutzung der Medien von Aktionären und Unternehmen zur Durchsetzung ihrer Interessen • Einflussmöglichkeit der Medien u.a. abhängig von ihrer – Unabhängigkeit – Verbreitung – Glaubwürdigkeit 16.10.2023 Confidential 32 2.5 Finanzanalysten/ Transparenz Gesetzliche Transparenz- und Rechnungslegungsvorschriften • Reduzierung der Informationsasymmetrie zwischen Investoren und Unternehmen • Steigerung der Funktionsfähigkeit des Marktes Rechnungslegung Transparenz • Bindeglied zwischen unternehmensinternen und -externen CG-Mechanismen • gesetzliche Regelungen zu Berichtspflichten an Analysten und Investoren • z.B „ad hoc“ Berichtspflichten aufgrund europäischer Marktmißbrauchsregelungen von 2016 • Proxy Statement Reports (USA) 16.10.2023 • CG – Mechanismus durch Risikoreduktion für Kapitalgeber • • • • Confidential Markteffizienz Schutz der Kapitalgeber Mindestvergleichbarkeit z.B. „Vergütungsberichte“ Begrenzung der Machtverteilung 33 Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance 26 Oktober 2023 Prof. Dr. Peter Henning Wintersemester 2023/24 21.10.2023 Agenda Einführung in die Vorlesung “Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance” 1 Theoretische Grundlagen 2 Corporate Governance Systeme 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der Corporate Governance Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 4 Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance 5 Unternehmensethik und Nachhaltigkeit 21.10.2023 1 3 21.10.2023 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.2 Der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan der Gesellschaft 3.3 Überblick über die Hauptversammlung 2 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.1.1 Verhältnis zu den anderen Organen Aufsichtsrat und Hauptversammlung 21.10.2023 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.4 Geschäftsführung 3.1.5 Willensbildung des Vorstands 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan 3.1.8 Detailausformungen und Organisationsstrukturen in der Praxis 3.1.9 Vertretungsmacht 3.1.10 Organpflichten 3.1.11 Haftung 3 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Aktiengesellschaft 3.1.1 Verhältnis zu den anderen Organen Aufsichtsrat + Hauptversammlung Hauptversammlung Willensbildung der Gesamtheit der Aktionäre Beschlussfassungen Wahl Anteilseignervertreter (gesetzlich max. 5 Jahre) Berichterstattung in Deutschland Mitarbeiter Aufsichtsrat Wahl Arbeitnehmervertreter für max. 5 Jahre 21.10.2023 ▪ Vorsitzender wird mit ⅔ Mehrheit gewählt ▪ Vorsitzender hat Doppelstimmrecht ▪ Bildung von Ausschüssen ▪ Prüfungsausschuss Vorstand Überwachung Beratung Bestellung Entlassung Berichterstattung ▪ Leitet die Gesellschaft ▪ ▪ ▪ ▪ (Geschäftsführung) Entwickelt die Strategie Resourcenallokation Risiko Management Vertritt die Gesellschaft nach Außen 4 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 21.10.2023 3.1.1 Verhältnis zu den anderen Organen Aufsichtsrat + Hauptversammlung 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.4 Geschäftsführung 3.1.5 Willensbildung des Vorstands 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan 3.1.8 Detailausformungen und Organisationsstrukturen in der Praxis 3.1.9 Vertretungsmacht 3.1.10 Organpflichten 3.1.11 Haftung 5 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft § 76 I AktG Unterscheidung wichtig für Verhältnis: Geschäftsführung • zu den Organen AR + HV Zuweisung Leitungsmacht an Vorstand = Ausschluss AR + HV von Leitung der Gesellschaft Weisungsfreiheit § 77 I AktG, jede tatsächl. + rechtsgeschäftliche Tätigkeit für AG Leitung herausgehobener Teilbereich der GF: Führungsfunktion des Vorstands 21.10.2023 • zwischen Vorstand als Kollegialorgan + einzelnen Mitgliedern des Vorstands Gesamtverantwortung des Vorstandsgremiums = Keine Delegierung an einzelne Mitglieder 6 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft Grundsatz 1 und Präambel DCGK: § 76 I AktG: „Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.“ „Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung im Unternehmensinteresse. Die Mitglieder des Vorstands tragen gemeinsam die Verantwortung für die Unternehmensleitung. Der Vorstandsvorsitzende bzw. Sprecher des Vorstands koordiniert die Arbeit der Vorstandsmitglieder. Aber Unternehmensinteresse wie in der ersten Vorlesungsstunde erörtert, vielschichtig. Belange weiter Stakeholder zu berücksichtigen 21.10.2023 7 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft Leitungsmacht des Vorstands Unternehmenspolitik Definition Ziel und Zweck der Gesellschaft eigenverantwortlich verwirklichen Grundsatz 2 DCGK: „Der Vorstand entwickelt die strategische Ausrichtung des Unternehmens, stimmt sie mit dem Aufsichtsrat ab und sorgt für ihre Umsetzung“ 21.10.2023 Durchführung geeigneter Maßnahmen, die zur Umsetzung der Unternehmenspolitik notwendig sind: • Laufendes Tagesgeschäft, Verwaltung der Produktions-, Vertriebs- und Finanzierungsprozesse • Führungsentscheidungen Unternehmensplanung Kontrolle über Konzerngesellschaften • Gesetzliche Aufgaben siehe § 91 AktG 8 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft ➢ Ausschluss der anderen Organe von der Leitungsmacht Leitungsmacht ➢ keine Kompetenz für Maßnahmen, die den anderen Organen obliegen Beispiel: Kompetenzabgrenzung zur Hauptversammlung Vorstand Hauptversammlung umfassende Geschäftsführungsbefugnis + unbeschränkte Vertretungsmacht Mitgliedsrechte Ungeschriebene HV Kompetenzen („Holzmüller“ Fall) Maßnahmen möglich: ▪ faktische Strukturveränderungen = würden nach Sinn + Zweck der Kompetenzverteilung HV zustehen ▪ Eingriffe in Mitgliedsrechte der Aktionäre (+Vermögensinteresse), so dass Vorstand nicht annehmen kann, er dürfe sie ohne HV treffen 21.10.2023 9 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft Eigenverantwortlichkeit ➢ Keine verbindliche Loyalitätspflicht seitens Vorstand gegenüber HV oder Großaktionär ➢ Autonomes Handeln durch zwingende Kompetenzaufteilung gewährleistet ➢ Pflichtgemäßes Ermessen ➢ alle im Unternehmen zusammentreffenden Interessen berücksichtigen + abwägen • • ➢ danach unternehmerische Entscheidung = unternehmerischer Handlungsspielraum • • 21.10.2023 Vorrang: dauerhafte Rentabilität des Unternehmens (§ 90 I Nr. 2 AktG) bei börsennotierten AG: „shareholders value“, Wettbewerbsfähigkeit der Aktie Keine Verletzung einer Sorgfaltspflicht solange geschäftspolitische Entscheidung innerhalb des unternehmerischen Handlungsspielraums Maßstab: § 93 I S. 1 AktG „Sorgfalt eines ordentlichen + gewissenhaften Geschäftsleiters“ 10 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.1 Zusammensetzung 3.1.3.2 Eignungsvoraussetzungen Exkurs: Besondere Anforderungen an Vorstände von Finanzinstituten/Konsequenzen aus der Finanzkrise 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat oder Gericht 3.1.3.4 Widerruf der Bestellung und sonstige Beendigungsgründe 3.1.3.5 Anstellungsverhältnis 3.1.3.6 Pflichten der Vorstandsmitglieder Exkurs: Beispiel Deutsche Bank AG 21.10.2023 11 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.1 Zusammensetzung § 23 III Nr. 6 AktG ▪ Unternehmenssatzung muss Zahl der Mitglieder festlegen oder die Regeln, nach denen die Zahl festgelegt wird § 76 II S. 1 AktG ▪ eine oder mehrere Personen zulässig (anders Banken, wo es mindestens 2 Mitglieder geben muss, „4-Augen Prinzip“) § 76 II S. 2 AktG ▪ Grundkapital größer 3 Mio. €: mind. 2 Mitglieder, abweichende Satzungsregelung möglich § 76 III a AktG § 111 Abs. 5 AktG* ▪ mindestens 1 Frau und 1 Mann im Vorstand, wenn dieser mehr als 3 Mitglieder hat; dies gilt nur für Neubestellungen ▪ Börsennotierte oder mitbestimmte Unternehmen: Zielgrößen für den Frauenanteil mit Begründung bei „0“ • § 76 Abs.3a AktG (FüPoG II) gilt seit August.2022; Anpassung des Gesetzes für rd. 2000 Unternehmen einschließlich Unternehmen mit mehrheitlicher. Bundesbeteiligung; danach müssen dort mindestens 1 Frau und 1 Mann im Vorstand sein, wenn dieser mehr als 3 Mitglieder hat; dies gilt nur für Neubestellungen 21.10.2023 12 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.1 Zusammensetzung Rechtsfolgen, wenn Gesellschaft weniger Vorstandsmitglieder hat, als in der Satzung festgelegt: Aufsichtsrat Vorstand • Handlungsfähigkeit nach außen besteht, wenn vertretungsberechtigte Anzahl Vorstandsmitglieder vorhanden • Ausnahme: Maßnahmen, die aufgrund Gesetz dem Gesamtvorstand obliegen: – Sollbesetzung muss erreicht sein für Handlungsfähigkeit – Z.B.: Feststellung Jahresabschluss, §172 AktG; Einberufung HV § 121 II AktG Pflicht unverzügliche Bestellung 21.10.2023 13 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.1 Zusammensetzung DCGK 2022 Empfehlungen zur Zusammensetzung des Vorstands • Grundsatz 1, S. 3: Ernennung eines Vorsitzenden oder Sprecher des Vorstands • Grundsatz 9: Qualifikationen/ Mindestbe- teiligung der Geschlechter / Zielgrößen • Empfehlung B.1: Diversität • Empfehlung B.5: Festlegung einer Altersgrenze 21.10.2023 14 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.2 Eignungsvoraussetzungen § 76 III AktG Gesetzliche Eignungsvoraussetzungen: S. 1 S. 3 S. 4 Ausländer = Einreise nach Deutschland jederzeit mögl. zur Wahrnehmung Organpflichten Keine Verurteilung wegen Insolvenzstraftat (§§ 283- 283 d StGB, Bankrott) Kein Berufs- oder Gewerbeverbot, Fünfjahresfrist gilt entsprechend § 105 I AktG • • Ausschluss: Aufsichtsratsmitglieder Ausnahme: unter den Voraussetzungen § 105 II AktG Stellvertretung max. 1 Jahr Unternehmenssatzung • • Festlegung persönlicher + sachlicher Eignungsvoraussetzungen möglich, z.B. bzgl. Unternehmenszweck, -art und -größe, Ressortaufgaben, entsprechende Fachausbildungen Aber keine verbindlichen Weisungs- od. Vorschlagsrechte, Zustimmungsvorbehalte anderer Organe: Auswahlermessen des Aufsichtsrats muss bestehen bleiben ! 21.10.2023 15 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.2 Exkurs: Besondere Anforderungen nach § 25c KWG an die Vorstände von Finanzinstituten • Spezielle fachliche Eignung und Zuverlässigkeit bei ausreichender zeitlicher Verfügbarkeit für Vorstandsbestellung erforderlich („Fit & Proper“) • • • Bewertung der gesamten bisherigen beruflichen Tätigkeit des Bewerbers in Beziehung zur neuen Position diese wiederum gewichtet zur Größe und Geschäftsart des Kreditinstituts, bei dem eine Tätigkeit als Geschäftsleiter beabsichtigt ist. Bewerber muss fachliche Eignung, d.h. ausreichende theoretische und praktische Kenntnisse in Bankgeschäften sowie Leitungserfahrung verfügen (dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Kreditinstitut von vergleichbarer Größe und Geschäftsart unterstellt dies) Wenn diese nicht vorliegen, keine Bestellung möglich oder Abberufung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) (ggfs. Ernennung zum Generalbevollmächtigten) 21.10.2023 16 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat oder das zuständige Gericht Bestellungskompetenz § 84 I S. 1 AktG Aufsichtsrat Gesamtaufsichtsrat = keine abschließende § 107 III AktG Bestellungsbeschluss 21.10.2023 Delegation an einen Ausschuss zulässig Formal nach den Regeln des § 108 AktG 17 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat § 108 Abs. 1 AktG Beschluss keine Zustimmung des AR durch bloßes Stillschweigen = Abstimmung des AR über einen Antrag Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss: Beschlussfähigkeit 21.10.2023 Antrag Abstimmung 18 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat Abstimmung • Einfache Mehrheit • Satzung darf eine qualifizierte Mehrheit nicht vorschreiben Ausnahme: Abstimmung in mitbestimmten Gesellschaften § 31 II - IV MitbestG u.U. mehrstufiges Wahlverfahren 1.Wahlgang: Mehrheit von 2/3 der vorhandenen AR – Mitglieder (§ 31 Abs. 2 MitBestG) Bei Verfehlen: binnen 1 Monat Vorschlag des Vermittlungsausschusses 2. Wahlgang: einfache Mehrheit der vorhandenen ARMitglieder dann ausreichend 21.10.2023 19 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat oder Gericht gerichtliche Notbestellung § 85 I AktG 21.10.2023 • ein erforderliches Vorstandsmitglied fehlt • nach Gesetz (z.B. § 33 MitbestG), • Satzung oder Ressortverteilung • Fehlen- ein Vorstandsmitglied • ist aus dem Amt ausgeschieden • in dringenden Fällen • für Funktionsfähigkeit des Vorstands erforderlich • AR greift selbst nicht ein oder kann nicht • erhebliche Gefahren für Gesellschaft, Aktionäre, Arbeitnehmer, Gläubiger, sonstige möglich • Fehlen d. Arbeitsdirektors = immer ein dringender Fall 20 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat oder Gericht Bestelldauer § 84 I S. 1 + 2 AktG Empfehlung B.3 DCGK • max. 5 Jahre ➢ Bestellung für längere Zeit wird nach Ablauf 5 Jahre unwirksam • = maximale Bestelldauer von 5 Jahren, bei Erstbestellungen längstens 3 Jahre Praxis: Folgebestellungen mittlerweile auch oft 3 Jahre § 84 I S. 4 AktG Automatische Verlängerung d. Amtszeit = ohne AR-Beschluss • im Rahmen der 5 Jahresfrist zulässig • über 5 Jahre nicht zulässig § 84 I S. 3 AktG • Wiederholte Bestellung max. 5 Jahre, Beschluss notwendig • frühestens 1 Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit, siehe aber auch Empfehlung B.4 DCGK bei Widerruf 21.10.2023 21 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.4 Widerruf der Bestellung und sonstige Beendigungsgründe § 84 III S. 1 AktG Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied bei Vorliegen eines wichtigen Grundes • Zuständigkeit: Gesamtplenum des AR (wie bei Bestellung) • 3 stufiges Verfahren gem. § 31 MitbestG bei mitbestimmten Gesellschaften • • • • 1.Wahlgang Versuch 2/3 Mehrheit zu erreichen, nach Ist- Stärke des AR Wenn verfehlt: Vermittlungsausschuss Hat Abberufungsantrag im 1. Wahlgang nicht einmal Mehrheit der abgegebenen Stimmen: Abberufungsverfahren gescheitert + beendet Anstellungsverhältnis bleibt von isolierter Abberufung unberührt • • 21.10.2023 Keine Berechtigung des Vorstandsmitglieds zur Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund Umwandlung in gewöhnliches Anstellungsverhältnis, für dessen Kündigung dann Vorstand zuständig 22 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.4 Widerruf der Bestellung wenn der Gesellschaft die weitere Ausübung der § 84 III S. 1 AktG = wichtiger Grund Organfunktion durch das Vorstandsmitglied bis zum Ablauf seiner Amtszeit nicht zuzumuten ist Beispiele nach § 84 III S. 2 AktG Grobe Pflichtverletzung Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung Vertrauensentzug durch HV = erhebliche Verfehlungen (auch im Privaten) oder grobe Nachlässigkeiten dauerhaft, Fehlen bestimmter Kenntnisse od. Eigenschaften, persönliche Unzuverlässigkeit Vorher: HV Beschluss, nicht offenbar unsachlich, keine Begründung erforderlich Interessen der Gesellschaft entscheidend 21.10.2023 Berücksichtigung der Individualinteressen (soziale Folgen, Lebensalter etc.) nur bei Kündigungsgrund für Anstellungsvertrag 23 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.4 Widerruf der Bestellung und sonstige Beendigungsgründe § 84 III S. 2 AktG: Beispiele aus der Praxis • Missbrauch von Gesellschaftsvermögen für eigene Zwecke (so Urteil des OLG Stuttgart) • Dauernder Unfrieden zwischen den Vorstandsmitgliedern, der ein gedeihliches Zusammenarbeiten gefährdet (so der BGH 1998) • Unterlassene Einrichtung eines Frühwarnsystems nach § 91 II AktG (fundamentale Pflicht) • Unzureichendes Risikomanagement bei Kreditinstitut (so das Landgericht Berlin 2002) • Verlangen der Aufsichtsbehörde (Versicherungsgesellschaft oder Bank) • Manipulationen in der Bilanz • Anrüchige Spekulationsgeschäfte 21.10.2023 24 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.4 sonstige Beendigungsgründe Einvernehmliche Beendigung der Bestellung Amtsniederlegung § 112 AktG • • • • • • 21.10.2023 Beschluss des AR Plenums 3stufiges Verfahren nach § 31 MitbestG wichtiger Grund nicht erforderlich Abfindungs-CAP nach Empfehlung G.13 DCGK zu beachten Tod Verlust der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit • • § 76 III S. 1 AktG • Befristung • • § 84 Abs. 1 S. 1 AktG Automatische Beendigung, wenn keine Wiederbestellung Formwechsel der AG Verschmelzung der Gesellschaft durch Aufnahme Erlöschen der Gesellschaft 25 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.5 Anstellungsverhältnis Gesellschaft Entgelt Anstellungsvertrag Dienstvertrag über Geschäftsbesorgung §§ 611 ff.,675 BGB Vorstandsmitglied ordnungsgemäße Wahrnehmung der sich aus Organstellung ergebenden Aufgaben ▪ individualrechtliche Dienstverpflichtung des Vorstands gegenüber Unternehmen (Abgrenzung zur organschaftlichen Verpflichtung aus Bestellung zum Vorstandsmitglied) ▪ Vorstandsmitglieder keine abhängigen Arbeitnehmer (Leitungsbefugnis) Anwendung arbeitsrechtlicher Grundsätze in extermenen Fällen z.B. möglich bei Gefährdung der persönlichen + wirtschaftlichen Existenz 21.10.2023 26 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.5 Anstellungsverhältnis Konzernanstellungsvertrag Muttergesellschaft Anstellungsverhältnis Arbeitsrechtliches Weisungsrecht X Vorstand Tochtergesellschaft Autonome Leitungsbefugnis § 76 AktG • Begrenztes arbeitsrechtliches Weisungsrecht : Leitungsbefugnis nur durch aktienrechtliche Instrumente einschränkbar, z.B. Beherrschungsvertrag. • Sicherstellung autonomer Leitungsbefugnis durch identischen Vertrag • Zustimmung des AR zum Drittanstellungsvertrag erforderlich 21.10.2023 27 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.5 Anstellungsverhältnis Rechte des Vorstandsmitglieds aus dem Anstellungsvertrag § 87 I S. 1 AktG Angemessenes Verhältnis zwischen Gesamtbezügen des Vorstandsmitglieds ▪ Gehalt ▪ Gewinnbeteiligung ▪ Aufwandsentschädigungen ▪ Versicherungsentgelte ▪ Provisionen ▪ Nebenleistungen jeder Art Angemessenheit 21.10.2023 Aufgaben des Vorstandsmitglieds ▪ ▪ Persönliche Leistung Festlegung auf Grundlage einer Leistungsbeurteilung Lage der Gesellschaft • • • • Wirtschaftliche Lage Erfolg Zukunftsaussichten des Unternehmens Gesamtwürdigung: Üblichkeit der Vergütung, d.h. Berücksichtigung des Vergleichsumfelds (horizontaler Vergleich) Vergütungsstruktur innerhalb der Gesellschaft (vertikaler Vergleich) 28 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.6 Pflichten der Vorstandsmitglieder Bestellung kraft Gesetzes unmittelbar Organpflichten (3.1.10) werden auch Abschluss des Anstellungsvertrages ▪ § 93 I AktG: vertragliche Pflichten Sorgfaltspflicht, Aufgabenerfüllung mit Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ▪ Treuepflichten ▪ § 93 I S. 3 AktG: Verschwiegenheitspflicht ▪ § 88 I AktG Wettbewerbsverbot ▪ § 88 I S. 2 AktG keine Mitgliedschaft in anderer Handelsgesellschaft, ▪ keine Doppelvorstandsmandate im Konzern ▪ Herausgabe gewährter und als Vorstandsmitglied empfangener Vorteile an Gesellschaft ▪ Auskunftspflicht über Besitz von Unterlagen + Herausgabepflicht 21.10.2023 29 Abschließende Fragen zum heutigen Tag • Was ist unter der eigenverantwortlichen Leitungsfunktion des Vorstands zu verstehen? • Was bedeutet der Grundsatz der Gesamtverantwortung des Vorstands? • Was muss der Aufsichtsrat beachten, wenn er die Bestellung eines Vorstandsmitglieds beenden möchte? 21.10.2023 30 Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance (LÜAG) 27. Oktober 2023 Prof. Dr. Peter Henning Wintersemester 2023/24 21.10.2023 Agenda Einführung in die Vorlesung “Leitung und Überwachung der AG, praktische Einblicke und internationale Perspektiven der Corporate Governance” 1 Theoretische Grundlagen 2 Corporate Governance Systeme 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der Corporate Governance Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 4 Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance 5 Unternehmensethik und Nachhaltigkeit 21.10.2023 1 3 21.10.2023 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.2 Der Aufsichtsrat als Überwachungsorgan der Gesellschaft 3.3 Überblick über die Hauptversammlung 2 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 21.10.2023 3.1.1 Verhältnis zu den anderen Organen Aufsichtsrat + Hauptversammlung 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.4 Geschäftsführung 3.1.5 Willensbildung des Vorstands 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan 3.1.8 Beschlüsse des Vorstands 3.1.9 Vorstandssitzungen 3.1.10 Vorstandsausschüsse 3.1.11 Anforderungen an die Organisation 3 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.1 Zusammensetzung 3.1.3.2 Eignungsvoraussetzungen Exkurs: Besondere Anforderungen an Vorstände von Finanzinstituten/Konsequenzen aus der Finanzkrise 3.1.3.3 Bestellung durch den Aufsichtsrat oder Gericht 3.1.3.4 Widerruf der Bestellung und sonstige Beendigungsgründe 3.1.3.5 Anstellungsverhältnis 3.1.3.6 Pflichten der Vorstandsmitglieder Exkurs: Beispiel Deutsche Bank AG 21.10.2023 4 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.3.6 Pflichten der Vorstandsmitglieder Beispiel Geschäftsordnung für den Vorstand der Deutsche Bank* ▪ Leitung des Unternehmens mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung in eigener Verantwortung und im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, Arbeitnehmer und sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) ▪ Führung der Geschäfte der Gesellschaft in gemeinschaftlicher Verantwortung ▪ Leitung des Konzerns als Konzernvorstand nach einheitlichen Richtlinien; Ausübung allgemeiner Kontrolle über alle Konzerngesellschaften ▪ Regelmäßige, zeitnahe und umfassende Information des Aufsichtsrats über alle für das Unternehmen relevanten Fragen der Planung, Geschäftsentwicklung, Risikolage, Risikomanagement und Compliance ▪ Unbeschadet des Grundsatzes der gemeinsamen Führung der Geschäfte und gemeinschaftlichen Verantwortung richtet sich die Zuständigkeit und Verantwortung der einzelnen Vorstandsmitglieder nach dem Geschäftsverteilungsplan * Siehe GO_Vorstand_29_10_2021.pdf (db.com) 21.10.2023 5 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 21.10.2023 3.1.1 Verhältnis zu den anderen Organen Aufsichtsrat + Hauptversammlung 3.1.2 Eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft 3.1.3 Die Vorstandsmitglieder 3.1.4 Geschäftsführung 3.1.5 Willensbildung des Vorstands 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan 3.1.8 Detailausformungen und Organisationsstrukturen in der Praxis 3.1.9 Vertretungsmacht 3.1.10 Organpflichten 3.1.11 Haftung 6 3.1.4 Die Geschäftsführung Geschäftsführung = jede vom Vorstand für die Gesellschaft wahrgenommene tatsächliche + rechtsgeschäftliche Tätigkeit Geschäftsführung § 77 I AktG Leitung § 76 I AktG Teilbereich der GF Gesamtgeschäftsführungsbefugnis • Befugnis des Vorstandsmitglieds zum Tätigwerden • Mitglieder des Vorstands sind nur gemeinschaftlich zur Geschäftsführung befugt oder Zustimmung aller Mitglieder zu einer Maßnahme des Einzelnen • Abweichung durch Satzung oder Geschäftsordnung zulässig § 77 I S. 2 AktG 21.10.2023 7 3.1.5 Willensbildung des Vorstands Einstimmigkeitsprinzip • Willensübereinstimmung sämtlicher Vorstandsmitglieder • Willensbildung durch Beschluss • • • § 77 I S. 1 AktG • Mehrheitsprinzip Satzung oder GO für den Vorstand 21.10.2023 Ladung aller Vorstandsmitglieder Teilnahme aller Vorstandsmitglieder an Beschlussfassung Kein allgemeines Stimmverbot bei Interessen und Pflichtenkollision Beschluss mit Stimmen aller Mitglieder • Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip in Satzung od. GO • Beschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung • • • Mehrheit der abgegebenen Stimmen Stichentscheid des Vorstandsvorsitzenden zur Vermeidung von Patt-Situationen zulässig Ausnahme: nicht in zweigliedrigen Vorständen Vetorecht für Einzelne oder Minderheit gegen Mehrheit möglich 8 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.1 Ressortbildung und Geschäftsverteilung Gemeinschaftliche Geschäftsführungs -befugnis Vielzahl GF-Maßnahmen Wahrnehmung der GF-Maßnahmen nicht gemeinschaftlich möglich Verteilung GFMaßnahmen auf einzelne Vorstandsmitglieder notwendig Gestaltungsgrenzen: Gesamtleitung durch Vorstand bleibt unangetastet Keine Führungsentscheidungen von einzelnen Geschäftsbereichsleitern funktionale Organisation Spartenorganisation (Divisionalisierung) Vorstandsressorts entsprechen Aufgaben im Unternehmen: Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Personal, Finanzen, etc. Gliederung in einzelne Bereiche (z.B. nach Produktgruppen) darin Zusammenfassung sämtlicher Funktionen (Produktion, Einkauf, Absatz, etc.) 21.10.2023 9 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.1 Ressortbildung und Geschäftsverteilung Virtuelle Holding Strategische, kaum noch operative Verantwortung Vorstand der Obergesellschaft sog. „Konzernvorstand“ Konzern organisatorisch in verschiedene Unternehmensbereiche aufgeteilt Bereichsvorstand 21.10.2023 Bereichsvorstand Bereichsvorstand • operative Steuerung der Unternehmensbereiche • Mitglieder mehrheitlich leitende Angestellte 2. Führungsebene + keine Vorstandsmitglieder • jeweils mind. 1 Mitglied des „Konzernvorstands“ 10 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.1 Ressortbildung und Geschäftsverteilung Wirkungen der Geschäftsverteilung Gesamtverantwortung des Vorstands (Grundsatz Gesamtgeschäftsführung) Geschäftsverteilung + Ressortzuständigkeiten Überwachungs- und Kontrollpflicht aller Vorstandsmitglieder • • • • auch für die dem Vorstandsmitglied nicht zugewiesenen Ressorts Eingreifpflicht bei Anhaltspunkten für nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung Berechtigung oder ggfs. Pflicht zum Widerspruch gegen Maßnahme des Vorstandskollegen Maßnahme muss dann unterbleiben oder verbindlich vom Gesamtvorstand entschieden werden Berichtspflicht • • • • • 21.10.2023 Berichtspflicht Vorstandsmitglieder aus Ressorts - bedeutsame Angelegenheiten Berichtssystem, regelmäßige Berichte Einbindung aller Vorstandsmitglieder zwingend Anspruch e. Vorstandsmitglieds auf Berichterstattung aus anderem Ressort Gesamtverantwortung erfüllt durch Gewährleistung laufender Kontrolle der Ressorttätigkeiten 11 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.2 Vorstandsvorsitzender und Sprecher Grundsatz 1 DCGK: Der Vorstandsvorsitzende bzw. Sprecher des Vorstands koordiniert die Arbeit der Vorstandsmitglieder § 84 II AktG Vorstandsvorsitzender ▪ Zuständigkeit Ernennung: Gesamtaufsichtsrat, Keine Delegierung an Ausschuss ▪ Rechtsstellung: ▪ übliche Befugnisse eines Gremiumsleiters: ▪ Repräsentation des Gremiums ▪ kraft Amt alle sitzungsleitenden Befugnisse ▪ Übergeordnete Kontrolle + Koordination der allen Vorstandsmitgliedern obliegenden Überwachungspflicht ▪ gleichberechtigtes Vorstandsmitglied ▪ Keine Einräumung eines Entscheidungsrechtes gegen Mehrheitswillen ▪ Vetorecht (nicht bei mitbestimmten Gesellschaften), Vertagungsrecht ▪ Kein Weisungsrecht, keine Beschränkung d. anderen Zuständigkeitsbereiche 21.10.2023 12 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.2 Vorstandsvorsitzender und Sprecher Vorstandssprecher ▪ Zuständigkeit Ernennung: ▪ Aufsichtsrat, wenn Geschäftsordnung (GO) für Vorstand Regelung für Vorstandssprecher enthält ▪ sonst Vorstand ▪ Inhaltliche Zuständigkeiten nach Geschäftsverteilungsplan meist begrenzt ▪ Geschäftsordnungsmaßnahme (Zuständigkeit folgt aus § 77 II S. 1 AktG) ▪ Nur sitzungsleitende + Repräsentations- Funktion, kein Vorsitzender im Rechtssinne ▪ Faktische Ausübung der Funktion e. Vorstandsvorsitzenden pflichtwidrig, Pflicht AR Benennung zum Vorstandsvorsitzenden od. Beendigung d. faktischen Ausübung ▪ Jederzeitige Widerrufbarkeit 21.10.2023 13 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.3 Arbeitsdirektor §§ 13 MontanMitbestG, 13 MitbestErgG 33 MitbestG Gesellschaft unterfällt (Montan-) Mitbestimmung ▪ Per Gesetz: ▪ Angehörigkeit Arbeitsdirektor zum Vorstand als gleichberechtigtes Mitglied ▪ Mindest - Ressortzuweisung: Personal- und Sozialfragen ▪ Nähere Bestimmung in GO des Vorstands zulässig ▪ Rechtsstellung: ▪ Gleichberechtigtes Vorstandsmitglied (Unterschied gesetzl. Zugeschriebenes Ressort) ▪ gleiche Rechte + Pflichten wie andere Vorstandsmitglieder, keine vorrangige Verpflichtung für Arbeitnehmerinteressen ▪ Bestellung + Widerruf ▪ Nicht möglich gegen Stimmen Mehrheit Arbeitnehmer im AR (Vetorecht der AN im Montanbereich) ▪ § 33 MitbestG, § 84 AktG Bestellung wie andere Vorstandsmitglieder 21.10.2023 14 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.4 Finanzvorstand oder Chief Financial Officer (CFO) ▪ Keine entsprechende gesetzliche Regelung wie beim Arbeitsdirektor in Deutschland ▪ In den USA muss er neben dem CEO die Bilanz unterschreiben ▪ Zuständigkeiten: ▪ Finanzressort, meist bestehend aus Reporting, Steuern, Treasury, Performance Management, Investor Relations und Versicherungen ▪ zusätzlich Accounting Policy, Valuations Geschäftsordnung des Vorstands der Deutsche Bank AG: „Der Finanzvorstand (Chief Financial Officer) als Mitglied des Vorstands hat - unbeschadet der Leitungskompetenz und jederzeitigen Letztentscheidungsbefugnis des Vorstands – die konzernweite, unternehmensbereichsübergreifende Verantwortung für das Rechnungswesen und die angemessene Kapital- und Liquiditätsausstattung der Bank.“ 21.10.2023 15 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.6.5 Chief Sustainabilty Officer (CSO) ▪ Keine gesetzliche Regelung ▪ Oft nicht Mitglied des Vorstands, aber zunehmende Tendenz aufgrund der Wichtigkeit von Nachhaltigkeit und ESG; Ansonsten Berichtslinie an den VV ▪ Zuständigkeiten: ▪ Unterstützung bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie, ▪ ESG Risikomangement ▪ kontinuierlicher Dialog mit den Stakeholdergruppen 21.10.2023 16 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan Geschäftsordnung für den Vorstand § 77 II S. 1 AktG Erlasskompetenz Aufsichtsrat ▪ Verabschiedung: ▪ Nur subsidiäre Erlasskompetenz des Vorstands, d.h. wenn Satzung Erlasskompetenz nicht auf AR übertragen + AR keine GO für Vorstand erlassen hat ▪ einstimmiger Vorstandsbeschluss (§ 77 II S. 3 AktG) ▪ Inhalte: ▪ Beschlussfassungen, oft: Abschaffung Einstimmigkeitsprinzip zugunsten Mehrheitsprinzip ▪ Sitzungen, Sitzungsmodalitäten, Teilnahmebefugnisse ▪ Katalog zustimmungsbedürftiger Rechtsgeschäfte (§ 111 IV S. 2 AktG) 21.10.2023 17 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan Geschäftsverteilungsplan ▪ Aufteilung/Zuweisung von Geschäftsführungszuständigkeiten auf verschiedene Ressorts ▪ Inhalt: Geschäftsordnungsregelungen ▪ Erlass: Beschluss erforderlich Erlasskompetenz für Geschäftsordnung (§ 77 II S. 1 AktG) Aufsichtsrat Kompetenz für Änderung Geschäftsverteilung ▪ zwingend Zuweisung Mindest-Ressorts des Arbeitsdirektors ▪ i.Ü. Geschäftsbereichsverteilung nach Zweckmäßigkeit Fähigkeiten, berufl. Ausbildung der aktuellen Vorstandsmitglieder 21.10.2023 18 3.1.8 Beschlüsse des Vorstands ▪ Regelungen in der Geschäftsordnung für den Vorstand ▪ Entscheidungen grundsätzlich in Sitzungen ▪ Ausnahme: Umlaufverfahren (Bestimmungsrecht des Vorsitzenden des Vorstands) ▪ Eilbedürftigkeit: unverzügliche Einberufung ▪ Beschlussfähigkeit ▪ Beschlussfassung ▪ Form Teilnahme abwesender Mitglieder (Textform, email oder per Telefon) ▪ Ersetzung Einstimmigkeitsprinzip durch Prinzip einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ▪ Abstimmung bei Verhinderung eines Vorstandsmitglieds ▪ Dokumentation wichtig wegen Haftungsrisiken (Protokoll) 21.10.2023 19 3.1.9 Vorstandssitzungen ▪ Sitzungsfrequenz ▪ in regelmäßigen Abständen, z.B. zweiwöchentlich, ▪ wenn im Sinne d. Gesellschaft erforderlich ▪ Sitzungsleitende Befugnisse ▪ Vorbereitung der Sitzung, Tagesordnung ▪ Einberufung ▪ Leitung ▪ Bestimmung der Reihenfolge der Tagesordnungspunkte ▪ Vertagung von TOP auf nächste Sitzung ▪ Teilnahmebefugnisse Dritter entsprechende Anwendung Regeln für Aufsichtsrat ( § 109 I AktG): Sachverständige + Auskunftspersonen zu Beratungen über Einzelfälle 21.10.2023 20 3.1.10 Vorstandsausschüsse logistische Untereinheit zur Entlastung des Vorstands ▪ Regelung in Geschäftsordnung für den Vorstand ▪ Zuweisung von Aufgaben an Ausschussmitglied zur alleinigen Verantwortung = Einzelgeschäftsführungsbefugnis für zugewiesene Aufgabe ▪ Spartenausschüsse ▪ Aufgabe: ▪ Koordinierung von Teilgeschäftsbereichen zentraler Lenkungs- oder Leitungsausschuss ▪ Aufgabe: Bündelung zentraler + strategischer Leitungsaufgaben ▪ Mitglied: zB.: Vorbereitung von Vorstandssitzungen des Gesamtvorstands Vorstandsvorsitzender oder – sprecher + weitere Zentralvorstände (Finanzen/Verwaltung/Personal) 21.10.2023 21 3.1.10 Vorstandsausschüsse Einsetzung unter Wahrung Grundsatz der Gesamtverantwortung des Vorstands ▪ Keine Übertragung von Leitungsbefugnissen ▪ Keine Einräumung von Weisungsrechten ▪ Keine vollständige Übertragung Entscheidungsbefugnis ▪ Wahrung Möglichkeit eines Mitglieds Entscheidung des Gesamtvorstands herbeizuführen 21.10.2023 22 3.1.11 Anforderungen an die Organisation Übereinbringen von Risiko und Verantwortung -Alignment of risks and liabilitiesKlare Mandate und Kultur der Verantwortung -Empowerment and accountability- Klare wechselseitige Kontrollen -clear checks and balances- Messbar / Measurable 21.10.2023 Überprüfbar / Auditable Durchsetzbar / Enforceable 23 3.1.11 Anforderungen an die Organisation Beispiel Finanzinstitute: CRD IV (Europäisches Recht) CRD IV 2013 Robuste Governance Regeln mit Art. 88.1 (a) – (d) Übergeordnete Verantwortung eindeutiger organisatorischer Struktur des Vorstands ▪ ▪ Art. 74.1 ▪ ▪ ▪ Verantwortungsbereiche: präzise definiert, transparent und nachhaltig Effektive Verfahrensabläufe: Identifikation, Management, Überwachung und Berichterstattung über Risiken, denen die Organe ausgesetzt sind/ sein könnten Adäquate interne Kontrollmechanismen, insbes. reibungslose Verwaltung und Rechnungslegungsverfahren Vergütungssysteme und -praktiken, die nachhaltig sind und ein reibungsloses und effektives Risikomanagement begünstigen 21.10.2023 ▪ ▪ ▪ einheitliche Grundsätze: Überwachung der Umsetzung, Risikostrategie und Governance Rechnungslegungs- und Finanzberichtssysteme: Vollständigkeit sicherstellen Offenlegung und Kommunikation: Überwachung Senior Management: Überwachung 24 3.1.11 Anforderungen an die Organisation Ordnungsgemäße Delegierung von Aufgaben im Rahmen des Pflichtensystems eines Vorstands nach deutschem Recht Rückkopplungskreislauf für kontinuierliche Befolgung ------------------------------------------ ------------------- ------------------- ------------------------------------------ Pflicht zu gesetzmäßigem Handeln ------ Pflicht Normen & Vorschriften zu entsprechen Pflicht zur Kenntnisnahme maßgeblicher Vorschriften Pflicht zur Umsetzung Pflicht zur Befolgung Regulierungspflicht Pflicht zur Erstellung/ Anpassung von Regeln Pflicht zur Befolgung externer Regeln 21.10.2023 ---------- Pflicht z. Aufbau e. geeigneten Organisation (rechtswahrende Verfahren) Pflicht zur Befolgung interner Regeln Organisationspflicht Pflicht zur Schadensvermeidung (Mechanismen zur Vermeidung v. Rechtsverstößen) Auswahlpflicht ---------- Pflicht zur geeigneten Delegation von Aufgaben Anordnung spflicht Pflicht zur Untersuch ung & Eskalierung (unabhängige Untersuchungen im konkreten Verdachtsfall) Überwaungspflicht Kontrollpflicht Korrekturpflicht (Aufklärung v. Rechtsverstößen & konsequente Verbesserung) ---- Sanktionierungspflicht (sofern Rechtsverstoß festgestellt) Eingreifpflicht 25 3.1.11 Anforderungen an die Organisation Delegierbarkeit von Vorstandspflichten Pflichten des Vorstands Delegierbar Nicht – delegierbar Persönliche Pflichten Ständige Pflichten Kernpflichten • Pflichten des Vorstands, die an untergeordnete Ebenen delegiert werden dürfen • Kernpflichten d. Vorstands dürfen nicht an untergeordnete Ebenen delegiert werden • Pflichten, die von jedem Vorstandsmitglied persönlich erfüllt werden müssen • Pflicht kann in vollem Umfang delegiert werden (d.h. Entscheidungsbefugnis und /oder die Übertragung von Preparatory & Execution Activities) • Entscheidungsbefugnis bleibt bei Vorstandsmitgliedern • Nicht delegierbar, auch Prep&ExActivities dürfen nicht übertragen werden • Pflichteninhaber behält die Aufsicht „duty to maintain prudent credit approval procedures“ • Prep&Ex Activities können einem Vorstandsmitglied übertragen werden und weiter an untergeordnete Ebenen • Pflichteninhaber behält Aufsicht „Duty to ensure that the compliance function has sufficient funding“ „Duty not to engage in Insider Trading“ Im Falle einer fehlerhaften Pflichtenübertragung treffen die Folgen stets den ursprünglich Verpflichteten 21.10.2023 26 3 Führung und Überwachung als Bestandteil der CG – Wie funktioniert die Aktiengesellschaft in Deutschland ? 3.1 Vorstand als Leitungsorgan der Gesellschaft 21.10.2023 3.1.6 Organisations- und Leitungsstruktur 3.1.7 Geschäftsordnung und Geschäftsverteilungsplan 3.1.8 Beschlüsse des Vorstands 3.1.9 Vorstandssitzungen 3.1.10 Vorstandsausschüsse 3.1.11 Anforderungen an die Organisation 3.1.12 Detailausformungen und Organisationsstrukturen in der Praxis 3.1.13 Vertretungsmacht 3.1.14 Organpflichten 27 3.1.12 Detailausformungen und Organisationsstrukturen in der Praxis Ordnungsgemäße Geschäftsorganisation ▪ Der Vorstand muss das Unternehmen ordnungsgemäß organisieren ▪ Beachte§ 25a KWG als aufsichtsrechtliche Regelung für Banken: (1) Ein Institut muss über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen und der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten gewährleistet. Die Geschäftsleiter sind für die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation des Instituts verantwortlich; sie haben die erforderlichen Maßnahmen für die Ausarbeitung der entsprechenden institutsinternen Vorgaben zu ergreifen, sofern nicht das Verwaltungs- oder Aufsichtsorgan entscheidet. Eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation muss insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagement umfassen, auf dessen Basis ein Institut die Risikotragfähigkeit laufend sicherzustellen hat; das Risikomanagement umfasst insbesondere 1. die Festlegung von Strategien, …. 2. ….Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit …. 3. ….die Einrichtung interner Kontrollverfahren mit einem internen Kontrollsystem