Behinderung und Inklusion PDF
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Der Text behandelt die rechtlichen Grundlagen, die Entstehung von Behinderung sowie Klassifikationssysteme wie die ICD und ICF. Es werden verschiedene Aspekte der Inklusion in der Bildung thematisiert und die Bedeutung von Ressourcen und Unterrichtssystemen hervorgehoben.
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Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung Behinderung und Inklusion? Rechtliche Grundlage: - UN-Behindertenrechtskonvention (UNESCO 2014): o Wird in jedem Unterzeichner-Staat durch eine unabhängige Monitoring-...
Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung Behinderung und Inklusion? Rechtliche Grundlage: - UN-Behindertenrechtskonvention (UNESCO 2014): o Wird in jedem Unterzeichner-Staat durch eine unabhängige Monitoring- Stelle kontrolliert o Inklusive Bildung ist ein Prozess, der die Kompetenzen im Bildungssystem stärkt, die notwendig sind, um alle Lernenden zu erreichen. o Inklusive Bildung geht auf die verschiedenen Bedürfnisse von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein. o Erreicht wird dies durch verstärkte verstärkte Partizipation an Lernprozessen, Kultur und Gemeinwesen, sowie durch eine konsequente Reduktion von Exklusion in der Bildung. o Dazu bedarf es Veränderungen in den Inhalten, Ansätzen, Strukturen und Strategien im Bildungswesen. o Diese Veränderungen müssen von einer gemeinsamen Vision getragen werden, die alle Menschen einbezieht und, die von der Überzeugung getragen wird, dass es in der Verantwortung des regulären Systems liegt, alle Lernenden angemessen zu unterrichten. - Behinderung, §2, SGB IX Behinderung o Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit in hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. o Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. Entstehung von Behinderung: - Erklärungsansätze für die Entstehung von Behinderung (nach Schönberg): o Medizinische Sichtweise = Ursachen für Behinderung sind funktionelle Schädigungen, liegen im Individuum und sind angeboren oder erworben o Soziale Sichtweise = Barrieren in der Gesellschaft verhindern eine Teilhabe aller Menschen o Ökonomische Sichtweise = Behinderung entsteht aufgrund ungleicher Verteilung von Ressourcen, Wechselwirkung zwischen Behinderung und Armut o Mystifizierung / Religiöse Sichtweise = Mittelalter: Dämonen, Sünde Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung - Mögliche Zeitpunkte der Entstehung von Behinderung: o Pänatal (z.B. Gifteinwirkung während der Schwangerschaft) o Perinatal (z.B. Komplikationen bei der Geburt) o Postnatal (z.B. Traumata) Klassifikationssysteme: - ICD: International Classification of Diseases (Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) o Aktuell gilt noch die ICD-10 o German Modification (ICD-1-GM) ist die amtliche Klassifikation für Diagnosen in der ambulatenden und stationären Versorgung in Deutschland, u.a. Dyskalkulie, Legasthenie, ADHS, Autismus, … - Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders o Fünfte Auflage 2013 o Grundlage aller Psychologen und Psychiater in den USA, um psychische Erkrankungen bzw. Störungen zu definieren - International Classification of Functioning (ICF): o Deutsche Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Version 2005 (aktuell) o Wird gerne im Bereich der Behinderung genutzt, weil kompetenzorientierter o ICD und ICF sollen in Verbindung genutzt werden o ABER: Kategorien vs. Dimensionen o Aufbauend auf Symptomen, Dimensionen etc. werden Kategorien/Störungen beschrieben o Medizin, Psychologie nutzt Kategorien, um Therapien abrechnen zu können o Schule nutzt Kategorie „Unterstützungsbedarf“ bzw. „Förderbedarf“, um Ressourcen zu bekommen o Definition von Behinderung nach ICF: ▪ „Behinderung ist ein Oberbegriff für Schädigungen (Funktionsstörungen, Strukturschäden), Beeinträchtigungen der Aktivität und Beeinträchtigungen der Partizipation. Er bezeichnet negative Aspekte der Interaktion zwischen einer Person (mit einem Gesundheitsproblem) und ihren Kotextfaktoren (Umwelt- und personenbezogene Faktoren).“ ▪ Behinderung ist gekennzeichnet durch Schädigung (körperlich), Aktivitätsbeeinträchtigung (individuell) und Partizipationsbeeinträchtigung (gesellschaftlich) Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung o Das bio-psycho-soziale Modell: Inklusion: - Definition: o Inklusion ist ein unteilbares Menschenrecht auf soziale Teilhabe. o Inklusion ist individualisierter und effektiver Unterricht. o Inklusion ist die Förderung aller Schülerinnen und Schüler ohne die Verwendung von Kategorisierungen zur Steuerung dieser Förderung. o Inklusion ist die gemeinsame Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Förderbedarf in einer Klasse. o Inklusion ist die Planung und Durchführung aller Aktivitäten in einer Art und Weise, dass alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam daran teilnehmen können. o Inklusion ist die gezielte Förderung zur Verhinderung eskalierender Lernverläufe bereits vor dem Auftreten von Lernrückständen. - Schwierigkeiten visueller Darstellung von Inklusionsbegriffen: o Die Masse der Gesellschaft ist nicht homogen (einfarbig). o Die Nebeneinanderstellung der verschiedenen Umgangsweisen mit Vielfalt und Verschiedenheit suggeriert gleichzeitig eine Bewertung. o Sie suggerieren, dass in einer inklusiven Gesellschaft alle Menschen an allen Bereichen teilhaben. Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung - Integration vs. Inklusion an Schulen: o Integration (was gemacht wird): ▪ Förderpläne für SuS mit FSP ▪ Ressourcen für Kinder mit Etikettierung ▪ Zwei Gruppen Theorie (mit und ohne FSP) ▪ Individuumszentrierter Ansatz ▪ Aufnahme von Kindern mit Behinderung o Inklusion (was wir machen sollten): ▪ Gemeinsame Reflexion und Planung aller Beteiligter ▪ Ressourcen für Systeme (Schule) ▪ Theorie einer heterogenen Gruppe ▪ Systemischer Ansatz ▪ Veränderung des Selbstverständnis von Schule - Inzwischen werden an allgemeinen Schulen 41-50% aller Schüler*innen mit einem Förderbedarf unterrichtet (SJ20/21) - Relevanz von Inklusion für Lehrkräfte an allgemeinen Schulen: o „Ausgehend von einem veränderten Verständnis von Behinderung und den Prinzipien der Teilhabe und Barrierefreiheit steht immer deutlicher die Zuständigkeit der allgemeinen Schule für alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen im Mittelpunkt. Die Länder stehen damit vor gestalterischen und pädagogischen Entwicklungsaufgaben, die die Schullandschaft entscheidend prägen werden.“ (KMK, 2022) - Es bedarf einer Neuausrichtung von Inklusion und damit Veränderung von Schule: o VeränderteSchüler-Lehrkräfte-Relation für alle Förderschwerpunkte (1:6,1) in der Inklusion der allgemeinen Schulen der Sekundarstufe o Zusätzliche Stellen für Lehrkräfte der allgemeinen Schule (Bis 2024/2025: 6000 Stellen) o Zusätzliche Stellen für multiprofessionelle Teams, die die Schulen mit weiterem Personal unterstützen. o Notwendigkeit eines pädagogischen Konzepts o Individuelle Förderplanung systematisch erarbeiten o Systematische Fortbildungen o Räume Voraussetzungen mit Time-Out-Möglichkeiten, Möglichkeiten für innere und äußere Differenzierung o Hinarbeiten auf eine sukzessive Zielrichtung o Gemeinsames Lernen am Gymnasium Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung Gelingensbedingungen von Inklusion: - Makroebene (Schulsystem, Rechtliche Grundlagen, Inklusion in der Gesellschaft): o Rechtliche Grundlagen (Verankerung von Inklusion) o Professionalisierung, Aus- und Fortbildung o Strukturelle Voraussetzungen und Ressourcen für Schulentwicklung o Unterrichtsentwicklung o Unabhängige Beratung - Mesoebene (Schule, Schulklima, Kollegium): o Gemeinschaft: ▪ Anerkennen von Vielfalt ▪ Interpersonale Beziehungen (Wertschätzung, Respekt, Vertrauen) ▪ Verbundenheit zur Schule ▪ Externe Partnerschaften (zB. auch Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten) o Strukturelle und physische Lernumwelt ▪ Ressourcen, Größe/ Gestaltung von Räumen, Angebot an Räumen (zB für Differenzierung UND Barrierefreiheit) ▪ Klassengrößen o Lehr- und Lernqualität: ▪ Lehrpläne, Unterrichtsmethoden § Ausbildung des Kollegiums ▪ Fort- und Weiterbildungskonzept o Sicherheit: ▪ Physische und emotionale Sicherheit sowie Umgang mit Disziplinproblemen o Bausteine inklusiven Unterrichts: ▪ Schulprogramm mit klarer, inklusiver Ausrichtung und gemeinsamer Zielformulierung ▪ Schulgemeinschaft stärken, „offene Schule“, Nachmittagsangebote ▪ Demokratische Schule ▪ „starke“ Schulleitung ▪ Multiprofessionelle Teamarbeit, hohe Kooperationsbereitschaft ▪ Inklusionskoordinator*in ▪ Fortbildungen ▪ Jahrgangsübergreifender Unterricht, Blockunterricht - Mikroebene (Klassenklima, Peer Interaktion, Lehrer-Schüler-Beziehung, aktive Lernzeit und Lernerfolg): o Bausteine inklusiven Unterrichts: Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung ▪ Der physische Zugang (Access) zur allgemeinen Klasse impliziert nicht zwangsläufig auch den Zugang zu den Lerninhalten, dem allgemeinen Curriculum ▪ Several studies have found that quality of instruction, rather than placement, is the most important predictor of student achievement ▪ Entscheidenden Einfluss auf den Lernerfolg haben die proximalen Faktoren, wie die Kooperation der Lehrkräfte, die Gestaltung des Lernprozesses und das wirksame Lehrerhandeln, für die ein Angebots-Nutzungs-Modell des Lernens wichtige Hinweise gibt ▪ Einsatz effektiver und evidenzbasierter Methoden ▪ Classroom Management, inklusive Regeln ▪ Demokratische und schülerzentrierte Anteile, zB. Klassenrat ▪ Strategie Instruktion ▪ Selbstregulation - Response to Intervention (RTI): o Ebene 1 – Core instructional programs (100% der Klasse) ▪ Diagnostik = Verlaufsdiagnostik (ca. Monatlich), regelmäßige Screenings auf Risikofaktoren ▪ Förderungen = Hochwertiger Unterricht für alle Schüler o Ebene 2 – Fördermaßnahmen (unter 20% der Klasse) ▪ Diagnostik = Engmaschige Verlaufsdiagnostik (1-2x wöchentlich) ▪ Förderungen = Standardisierte Fördermaßnahmen für Risikoschüler bzw. Bei beginnenden Problemen o Ebene 3 – individualisierte Fördermaßnahmen (unter 5% der Klasse) ▪ Diagnostik = individualisierte Diagnostik, sehr engmaschige Verlaufsdiagnostik (täglich) ▪ Förderungen = individualisierte und intensive Fördermaßnahmen - RTI Analyse – Ebene Individuum: o Universell (für alle Schüler; 100%) = ▪ Positive Lehrer-Schüler-Beziehung ▪ Konsequentes Lob für erwünschtes Verhalten ▪ Geplantes Ignorieren unerwünschten Verhaltens o Selektiv (zusätzlich für Schüler mit erhöhten Risiken; ca 10-15%) = ▪ Intensivierung Verhaltens-spezifisches Lob ▪ Check In – Check Out ▪ Tägliche Verhaltenskarten (Daily Behavior Report Card) ▪ Gezielte Lernförderung o Indiziert (zusätzlichen für Schüler mit hohen Risiken; ca. 5%) = ▪ Intensivierte Tokensysteme & Selbst- und Fremdeinschätzung ▪ Funktionale Verhaltensanalyse ▪ Selbstmanagement Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung ▪ Selbstattributionstraining - RTI Analyse – Ebene Klasse/Gruppe: o Universell (für alle Schüler; 100%) = ▪ Effektives Classroom Management (z.B. Gruppenkontingenzverfahren) ▪ Sozial-emotionales Lernen im Unterricht ▪ Präventionsprogramme o Selektiv (zusätzlich für Schüler mit erhöhten Risiken; ca 10-15%) = ▪ Peer-Tutoring ▪ Vertiefungen sozial-emotionales Lernen ▪ Training Selbstmanagementstrategien ▪ Training Umgang mit Wut ▪ Präsventuinsprogramm o Indiziert (zusätzlichen für Schüler mit hohen Risiken; ca. 5%) = ▪ Pädagogisch-therapeutische Kleingruppentrainings ▪ Intensivierung selektiver Maßnahmen ▪ Entspannungstechniken im Kontext Prüfungen - RTI Analyse – Ebene Schule: o Universell (für alle Schüler; 100%) = ▪ Pädagogisches Leitbild ▪ Wertschätzende und fürsorgliche Haltung ▪ Schulweit geltendes Regelwerk ▪ In allen Klassen verankerte Classroom Management-Elemente ▪ Konsequentes Monitoring des Verhaltens o Selektiv (zusätzlich für Schüler mit erhöhten Risiken; ca 10-15%) = ▪ Maßnahmenplanung im multiprofessionellen Team ▪ Auszeitangebot, alternative Angebote ▪ Differenziertes Pausenangebot o Indiziert (zusätzlichen für Schüler mit hohen Risiken; ca. 5%) = ▪ Maßnahmenplanung im multiprofessionellen Team ▪ Coaching - UDL – Rahmenkonzept für Lehre: o Leitbild = Jeder Schüler lernt anders ▪ Multiple means of representation = present information and content in a variety of ways to support understanding by students with different learning styles/abilities ▪ Multiple Means of Engagement = stimulate motivation and sustained enthusiasm for learning by promoting various ways of engaging with material ▪ Multiple Means of Action/Expression = offer options for students to demonstrate their learning in various ways Sonderpädagogische Grundlagen BM 5b Vorlesung o Universal Design for Learning (UDL) ist ein pädagogisches Rahmenkonzept o Ziel ist es, alle (!) Lernenden bestmöglich zu unterstützen. o Dafür wird die Lernumgebung bestmöglich angepasst, so dass unterschiedliche Präferenzen der Lernenden einbezogen werden können. o Es geht um Flexibilität in den drei Kernbereichen Informationsdarstellung, Erarbeitung sowie Demonstration von Lernergebnissen. o Außerdem wird Wert auf Aktivierung und Motivation gelegt.