Gesundheitsverhaltensmodelle I PDF
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This document summarizes various health behavior models, including the health belief model, protection motivation theory, and the theory of planned behavior. It explains how these models predict health-related behaviors and examines the factors influencing the choices people make regarding their health.
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B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 1 9 Gesundheitsverhaltensmodelle I Lernziele Nach der Lektüre dieses Kapitels kennen Sie wichtige Theorien und Modelle zur Vorhersage und Erklärung von Gesundheitsverhalten: das Modell...
B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 1 9 Gesundheitsverhaltensmodelle I Lernziele Nach der Lektüre dieses Kapitels kennen Sie wichtige Theorien und Modelle zur Vorhersage und Erklärung von Gesundheitsverhalten: das Modell gesundheitlicher Überzeugungen, die Schutzmotivationstheorie, die Theorie des geplanten Verhaltens, die sozial-kognitive Theorie und die Vierfeldertafel zur Intentions-Verhaltens-Lücke, können Sie die Komponenten und Wirkpfade der verschiedenen Theorien und Modelle erklären, kennen Sie die Ergebnisse von Meta-Studien, die Effekte der verschiedenen Theorien und Modelle in Bezug auf Gesundheitsverhalten bestimmt haben, können Sie die Güte der Theorien und Modelle beziehungsweise ihrer Komponenten beurteilen. Unter Gesundheitsverhalten werden alle Verhaltensweisen gezählt, die die Gesundheit fördern und langfristig erhalten. Grob kann Gesundheitsverhalten in die Ausführung von gesundheitsförderlichem Verhalten (gesunde Ernährung, sportliche Aktivität) und die Unterlassung von gesundheitsgefährdendem Verhalten (Alkoholkonsum, Rauchen) unterteilt werden. Die Ausführung von Gesundheitsverhalten hat positive Auswirkungen auf die einzelne Person. Trotzdem führen viele Menschen weder gesundheitsförderliches Verhalten aus, noch unterlassen sie gesundheitsgefährdendes Verhalten (siehe Kurs 1, Kapitel 2 „Gesundheitsbezogenes Verhalten“). Grundlegende Informationen darüber, welche Prozesse dem Ausüben oder Unterlassen von Verhalten auch im Bereich Gesundheit und Krankheit zugrunde liegen, haben Sie bereits in Kurs 1, Kapitel 8 „Regulation gesundheitsbezogenen Verhaltens“ kennengelernt, in dem Theorien zu Selbstregulationsprozessen und den hiermit eng verknüpften Zielen ausgeführt wurden. Selbstregulationsprozesse sind dabei für die Zielerreichung notwendig und werden je nach Theorie durch Handlungsergebniserwartungen, wahrgenommene Barrieren (z. B. konkurrierende Ziele) oder die Selbstwirksamkeitserwartung beeinflusst. In diesem Punkt sind Theorien zu Selbstregulationsprozessen den Gesundheitsverhaltensmodellen sehr ähnlich, da beide Ansätze den Anspruch erheben, anhand verschiedener, sich teilweise überschneidender Faktoren gesundheitsbezogenes (Ziel-)Verhalten vorherzusagen. Während jedoch Selbstregulationstheorien eher darauf ausgelegt sind, intrapersonal stattfindende, sowohl bewusste als auch nicht-bewusste Vorgänge zur möglichen Zielerreichung zu beschreiben, dient die lange Forschungstradition der Gesundheitsverhaltensmodelle dem Zweck, entscheidende Stellschrauben zu identifizieren, über deren Veränderung eine Veränderung im Gesundheitsverhalten hervorgerufen werden kann. Gesundheitsverhaltensmodelle setzen eher an bewusst stattfindenden und willentlich steuerbaren Faktoren an und wollen Ansätze aufzeigen, die dabei helfen, diese Faktoren auch von außen zu verändern, wie zum Beispiel durch modellbasierte Interventionen. Gesundheitsverhaltensmodelle können daher sowohl für die Prävention als auch für die Gesundheitsförderung genutzt werden, da durch den Aufbau gesundheitsförderlicher Verhaltensweisen und den Abbau von gesundheitsschädigendem Verhalten beispielsweise kardiovaskulären Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Krebs und weiteren in der westlichen Welt zunehmenden gesundheitlichen Problemen entgegengewirkt werden kann. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 2 Unterteilung von Gesundheitsverhaltensmodellen Allgemein können Modelle des Gesundheitsverhaltens in kontinuierliche Prädiktionsmodelle und dynamische Stadien- oder Stufenmodelle aufgeteilt werden (Sniehotta & Schwarzer, 2003). Kontinuierliche Prädiktionsmodelle gehen davon aus, dass es einen linearen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Modellkomponenten und der Wahrscheinlichkeit, Gesundheitsverhalten auszuüben, gibt. Dies bedeutet, je stärker beziehungsweise niedriger die Ausprägung auf den verschiedenen Komponenten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Gesundheitsverhalten beziehungsweise die Intention Gesundheitsverhalten auszuführen, wobei der Einfluss der verschiedenen Komponenten unterschiedlich gewichtet sein kann. Die kontinuierlichen Theorien und Modelle des Gesundheitsverhaltens versuchen also zu klären, warum ein Gesundheitsverhalten ausgeübt oder nicht ausgeübt wird und welche Faktoren dies am besten Vorhersagen können. Diese Faktoren werden in dem Zusammenhang auch Prädiktoren genannt und umfassen zumeist kognitive Komponenten (z. B. Bedrohungseinschätzung). In jüngerer Forschung rückt zudem auch die Bedeutsamkeit affektiver Komponenten (z. B. negativer Affekt) in den Vordergrund, die bisher noch sehr wenig in Gesundheitsverhaltensmodellen berücksichtigt wurden (z. B. Reuter & Renner, 2011). Den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen stehen die dynamischen Stadien- oder Stufenmodelle gegenüber. Dynamische Stufenmodelle haben ebenso das Ziel, Gesundheitsverhalten vorherzusagen und zu erklären, gehen aber nicht davon aus, dass eine Verhaltensänderung auf einem fortschreitenden Kontinuum passiert, sondern, dass ein Individuum während der Verhaltensänderung verschiedene Stadien oder Stufen durchläuft. Die Modelle werden als dynamisch bezeichnet, da sich Personen auf verschiedenen Stufen hin und her bewegen können. Dabei schließen sich die Stadien beziehungsweise Stufen gegenseitig aus, das heißt ein Individuum kann sich nur auf einer einzigen Stufe beziehungsweise in einem einzigen Stadium befinden und nicht auf mehreren zugleich. Im Gegensatz zu kontinuierlichen Prädiktionsmodellen stehen bei Stufenmodellen die unterschiedlichen Phasen oder Stufen der Gesundheitsveränderung im Fokus. Da jede Stufe andere Ziele besitzt und unterschiedliche Herausforderungen birgt, müssen pro Stufe andere Maßnahmen getroffen beziehungsweise Interventionen entwickelt werden, um Veränderungen hervorzurufen. Daher spricht man bei Interventionen, die auf Stufenmodellen beruhen, von maßgeschneiderten Interventionen (engl.: tailored interventions). Demgegenüber sind Interventionen, die auf kontinuierlichen Prädiktionsmodellen beruhen, für alle Personen stets identisch. Armitage und Conner (2000) fügen den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen und den Stufenmodellen noch den behavioral enaction Typ oder auch volitionalen Modelltyp hinzu. Hierunter fallen Konzepte und Theorien, die sich mit dem Prozess der Umsetzung von Intentionen in Verhalten beschäftigen beziehungsweise die die Beziehung zwischen Intentionen und Verhalten erklären (z. B. die Forschung um die Intentions-Verhaltens-Lücke). In diesem Sinne werden die kontinuierlichen Prädiktionsmodelle auch als motivationale Modelltypen bezeichnet, da sie sich eher mit der Vorhersage der Intention beschäftigen, während volitionale Ansätze sich mit Faktoren auseinandersetzen, die die Umsetzung der Intention in Verhalten begünstigen. Die Bereiche, die Gesundheitsverhaltensmodelle abzudecken versuchen, erstrecken sich über eine weite Spanne, wie zum Beispiel die Wahrnehmung von Vorsorgeuntersuchungen, Kondomnutzung, um sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen, Sonnenschutzverhalten, Impfungen, Rauchentwöhnung, gesunde Ernährungsweise, körperliche Betätigung etc. Dabei gibt es in der Forschung große Unterschiede an bisher durchgeführten Untersuchungen zu den verschiedenen Bereichen und an Untersuchungen in verschiedenen B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 3 Kulturen. Zudem ist es wahrscheinlich, dass sich die verschiedenen Prädiktoren in ihrer Vorhersagekraft mit Blick auf das vorherzusagende Verhalten unterscheiden. Im Folgenden werden die unterschiedlichen, prominentesten Modelle im Bereich der Gesundheitspsychologie vorgestellt. 9.1 Modell gesundheitlicher Überzeugungen (Health Belief Model, HBM) Das HBM gehört einerseits zu den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen, ist aber auch den Furchtappell-Theorien zuzuordnen. Furchtappell-Theorien gehen davon aus, dass Personen mit Risiken konfrontiert werden müssen, um ihr Verhalten zu ändern. Furchtappelle sind persuasive Botschaften, die einem Empfänger mitteilen, dass für ihn relevante Werte bedroht sind (siehe Abbildung 9.1 und Video 9.1 sowie Kurs 2, Kapitel 3 „Gesundheitskommunikation“). Das HBM gehört zu den einflussreichsten und ältesten Modellen der Gesundheitspsychologie. Es wurde Mitte des 20. Jahrhunderts von Rosenstock (1966) erstellt und später von Becker (1974) weiterentwickelt und sollte der Vorhersage von Gesundheitsverhalten, wie z. B. Impfungen oder Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen, dienen. Eine Grundannahme des Modells ist es, dass sich Menschen rational verhalten, wenn sie sich durch eine Krankheit bedroht fühlen und negative Folgen diesbezüglich erwarten. Um eine tatsächliche Vorhersage für das Gesundheitsverhalten treffen zu können, muss laut dem Modell zudem eine weitere Komponente berücksichtigt werden: die erwartete Effektivität des auszuführenden Verhaltens. Abbildung 9.1 Plakate von verschiedenen Gesundheitskampagnen basiert auf dem Konzept des Furchtappells. Verfügbar unter https://www.adforum.com/creative-work/ad/player/6703642/ killer-sofa/hsc-foundation (Killer Sofa); http://www.tobaccolabels.ca/countries/australia/ (Smoking harms unborn babies); https://www.hannelore-kohl- stiftung.de/shop/produktdetails/?tt_products%5BbackPID%5D=374&tt_products%5Bproduct% 5D=20&cHash=efd15bd99d6b24019032914860741b15 (Ein Helm hilft); https://runtervomgas.corpex-kunden.de/aktionsmaterial/autobahnplakate.html (Runter vom Gas); http://www.tobaccolabels.ca/countries/australia/ (Smoking causes mouth and throat cancer) Video 9.1. Die letzte Nachricht - Kopf hoch - Hände weg vom Handy! Verfügbar unter https://youtu.be/7mXw1WBoT3c B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 4 9.1.1 Modellkomponenten des HBM Sowohl das Bedrohungsempfinden als auch die erwartete Effektivität setzen sich aus jeweils zwei Komponenten zusammen. Das Bedrohungsempfinden entsteht zum einen aus der subjektiv eingeschätzten Anfälligkeit (Vulnerabilität) für eine Erkrankung und zum anderen aus der Einschätzung des Schweregrads beziehungsweise der Konsequenzen der Erkrankung. Dabei kann zum Beispiel die subjektive Anfälligkeit für eine Krebserkrankung als höher eingeschätzt werden, wenn in der biologischen Familie hierfür eine erhöhte Prävalenz zu finden ist. Die Einschätzung des Schweregrads basiert auf den Informationen, die eine Person über eine Krankheit und ihre Konsequenzen hat. Im Allgemeinen gilt zum Beispiel Lungenkrebs als eine schwere Erkrankung mit häufiger Todesfolge, während ein leichter Husten als unangenehm, aber ohne langfristige Auswirkungen eingeschätzt wird. Auch die zweite Komponente des HBM, die erwartete Effektivität, wird in zwei Teile untergliedert, welche die Kosten und den Nutzen des potenziellen Gesundheitsverhaltens umfassen. Kosten und Nutzen werden dabei stets miteinander verrechnet, um festzustellen, welche Komponente überwiegt. Im Falle der Prävention einer Krebserkrankung könnte beispielsweise die Umstellung auf gesunde Ernährung als wirksam eingeschätzt werden. Jedoch stellt für viele Personen der permanente Verzicht schmackhafter Nahrung einen großen Kostenfaktor dar. Hier müsste nun der subjektive Nutzen oder auch die wahrgenommene Bedrohung sehr hoch sein, damit das Verhalten trotzdem noch ausgeführt wird. Eine bessere Bilanz könnte in diesem Beispiel das Wahrnehmen von Vorsorgeterminen erzielen, bei dem die Kosten zeitliche (und teilweise finanzielle) sind, die jedoch nicht täglich, sondern nur einmal im Jahr anfallen. Ein Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten findet sich in Abbildung 9.2. Abbildung 9.2 Modell gesundheitlicher Überzeugungen Im Laufe der Jahre haben einige Autor:innen wie zum Beispiel Becker (1974) das Modell fortwährend weiterentwickelt. So wurde noch die Komponente der Gesundheitsmotivation B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 5 hinzugefügt, also die generelle Bereitschaft, sich mit gesundheitsbezogenen Thematiken auseinanderzusetzen. Die Gesundheitsmotivation wird dabei maßgeblich von distalen Variablen, wie soziodemographischen Faktoren (Alter, Geschlecht), sozialen Faktoren (Gruppendynamik), psychologischen Faktoren (Persönlichkeit) und dem Wissen über bestimmte Risiken, beeinflusst. Des Weiteren wurden Hinweisreize oder Handlungsanreize dem Modell hinzuaddiert. Diese können einmal äußere Reize, wie beispielsweise Gesundheitskampagnen, oder auch innere Reize, wie die Wahrnehmung von Symptomen, umfassen. Das Vorliegen bestimmter Hinweisreize erhöht dabei die Wahrscheinlichkeit, ein bestimmtes Gesundheitsverhalten zu zeigen, auch können Bedrohungen aufgezeigt und damit erhöht werden. Furchtappelle im HBM Eine essenzielle Komponente des HBM ist das subjektive Empfinden von Bedrohung. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die tatsächliche Bedrohung durch eine Krankheit, sondern um die subjektive Einschätzung dieser Bedrohung (engl.: health beliefs), also das Bedrohungsempfinden. Diese Unterscheidung ist bedeutsam, da viele Menschen einer Fehleinschätzung unterliegen, wenn es um die Gefährdung der eigenen Person durch eine Krankheit geht, da das eigene Krankheitsrisiko häufig unterschätzt wird (Weinstein, 1982). Das HBM geht davon aus, dass für die Herbeiführung von Gesundheitsverhalten die Wahrnehmung einer Bedrohung notwendig ist. Dies ist ein häufiger Bestandteil von Gesundheitskampagnen, wie zum Beispiel den Abschreck- Bildern auf Zigarettenschachteln oder Plakate, die stark alkoholisierte Jugendliche oder demolierte Unfallfahrzeuge zeigen (siehe Abbildung 9.1). Diese Maßnahmen können laut HBM das Bedrohungsempfinden erhöhen und gleichzeitig den eingeschätzten Nutzen für die Ausübung eines Verhaltens vergrößern. Damit lieferte das Modell als eines der ersten überhaupt Anhaltspunkte, um erste Maßnahmen für gesundheitsveränderndes Verhalten in der Praxis herbeizuführen. Kritisch anzumerken ist hierbei, dass das Modell keine Informationen darüber enthält, welche Prozesse bei den folgenden Schritten der Planung, Umstellung und Aufrechterhaltung Relevanz besitzen, da es volitionale Prozesse nicht berücksichtigt. Weiterhin wurde kritisiert, dass Furchtappelle starke negative Gefühle hervorrufen können, welche wiederum Risikofaktoren für gesundheitsschädigendes Verhalten (z. B. Konsum von Nikotin, Alkohol und schmackhafter Nahrung) darstellen, da dies oftmals zu einer kurzfristigen Verbesserung des Gemütszustands führt. 9.1.2 Befunde zum HBM Die Vorhersagekraft der verschiedenen Komponenten für die Ausübung von Gesundheitsverhalten wurde erstmals anhand einer Meta-Analyse von Harrison et al. (1992) überprüft. Die Autor:innen fanden heraus, dass der prädiktive Wert der Faktoren Schweregrad, Vulnerabilität, Kosten und Nutzen zwar hypothesenkonform, jedoch insgesamt nur von geringem Wert war. Dabei zeigten die wahrgenommenen Kosten die stärksten und der subjektive Schweregrad/die wahrgenommenen Konsequenzen die schwächsten Assoziationen. Auch in einer Meta-Analyse von Carpenter (2010) wurden 18 Studien, die die vier Komponenten des HBM auf ihre prädiktive Aussagefähigkeit im Längsschnitt untersuchten, analysiert. Die mittleren Korrelationen zwischen den Komponenten des HBM und dem in den Studien der Meta-Analysen erfassten Gesundheitsverhalten (dieses erstreckt von Vorsorgeuntersuchungen über Zahnpflege, Kondomnutzung, Tabakabstinenz, Diät hin zu physischer Aktivität mit einer Spanne zur Vorhersage des Verhaltens zwischen 2 und 365 Tagen) zeigt Tabelle 9.1. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 6 Tabelle 9.1 Mittlere Korrelationen zwischen den Komponenten des HBM und Gesundheitsverhalten Subjektiver Subjektive Vulnerabilität Schweregrad Nutzen Kosten Harrison et al..15.08.13 -.21 (1992) Carpenter.05.15.27 -.30 (2010) Anmerkung. Die Korrelationskoeffizienten in dieser Tabelle geben die Richtung des inhaltlichen Zusammenhangs an, sind aber in den Original-Publikationen teilweise invertiert berechnet. 9.1.3 Das HBM aktuell In der Analyse von Carpenter finden sich stärkere Zusammenhänge als in der von Harrison et al. (1992), wobei Carpenter betont, dass die Koeffizienten über die verschiedenen Verhaltensweisen stark variieren. Dennoch sind die gefundenen Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Komponenten und dem Zielverhalten insgesamt als unzulänglich zu bewerten. Weiterhin scheint die Differenzierung zwischen volitionalen und motivationalen Prozessen unzureichend (Schwarzer, 2004) und daher ist das Modell eher als statisch, denn dynamisch zu beurteilen, was letztendlich dem prozesshaften Charakter einer Verhaltensänderung nicht gerecht wird. Auch das Fehlen der Einschätzung der eigenen Kompetenz beziehungsweise der Selbstwirksamkeitserwartung sowie der mangelnde Einbezug verschiedener sozialer und affektiver Faktoren werden mittlerweile als kritisch bewertet. Daher ist das HBM als erstes Gesundheitsverhaltensmodell zwar historisch bedeutsam, muss heutzutage jedoch als unzureichend und kaum noch haltbar bewerten werden. 9.2 Schutzmotivationstheorie (Protection Motivation Theory, PMT) Die PMT nach Rogers (1975) ähnelt in ihren Komponenten dem HBM, integriert jedoch zusätzlich die Faktoren der Selbstwirksamkeitserwartung und Intention (Schutzmotivation). Sie gehört ebenso den Furchtappelltheorien und den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen an und versucht, das Zusammenspiel der verschiedenen Variablen zu spezifizieren. Die PMT nimmt an, dass bei der Wahrnehmung von Informationen, die Gesundheit betreffen, zwei Bewertungsprozesse initiiert werden, die dann gemeinsam zur Bildung einer Schutzmotivation führen. Die Informationen für diese Bewertungsprozesse können aus unterschiedlichen Quellen stammen, wobei es sich sowohl um externe (z. B. Zeitungsartikel über die schädigenden Folgen fettreicher Nahrung) als auch um interne Quellen (z. B. Sodbrennen nach fettreichem Essen) handeln kann, oder durch Beobachtung erlangt werden. Somit stellt die Schutzmotivation eine Intention dar, ein bestimmtes Gesundheitsverhalten zu zeigen. 9.2.1 Modellkomponenten der PMT Die Prozesse, die zur Bildung einer Schutzmotivation angestoßen werden, beziehen sich auf die Einschätzung der Bedrohung (ähnlich wie im HBM) sowie auf die Einschätzung der Bewältigungsmöglichkeiten. Die Bedrohungseinschätzung ist hierbei als Kosten-Nutzen-Modell zu verstehen. Die Kosten setzen sich aus dem eingeschätzten Schweregrad der Bedrohung (z. B. „Rauchen verursacht Krebs“) in Kombination mit der eingeschätzten Vulnerabilität (z. B. „In meiner Familie besteht ein erhöhtes Krebsrisiko“) zusammen. Der Nutzen bezieht sich auf externe und interne Belohnungen durch das Risikoverhalten. Ein Beispiel für externe Belohnungsfaktoren wäre „Akzeptanz in einer B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 7 Gruppe durch Zigaretten rauchen“ und für interne Belohnungsfaktoren „Nervositätsreduktion durch Zigaretten rauchen“. Auch die Bewältigungseinschätzung wird über das Kosten-Nutzen-Prinzip errechnet. Auf der einen Seite stehen die Handlungswirksamkeit und die Selbstwirksamkeitserwartung. Handlungswirksamkeit beinhaltet die Einschätzung der Effektivität des Verhaltens (z. B. „Aufhören mit Rauchen schützt vor Krebs“). Selbstwirksamkeitserwartung ist die Überzeugung, ein Verhalten auch bei aufkommenden Barrieren und Widerständen erfolgreich ausführen zu können (z. B. „Auch wenn meine Freunde weiterrauchen, kann ich aufhören“). Dem gegenüber stehen die Kosten, die die Ausführung eines bestimmten Verhaltens erfordert. Die Kosten können dabei vielfältig sein und emotionale Kosten (z. B. Aushalten von Entzugssymptomen), finanzielle Kosten (z. B. Nikotinersatzpräparate) oder auch soziale Kosten (z. B. Ausschluss aus einer Gruppe bei Alkoholabstinenz) umfassen. Das Zusammenspiel der verschiedenen Prädiktoren in der PMT zur Vorhersage das Gesundheitsverhalten findet sich in Abbildung 9.3. Abbildung 9.3 Die Schutzmotivationstheorie Ähnlich wie im HBM können Maßnahmen, die eine Risikokommunikation beinhalten, der PMT zugeordnet werden. Durch die Berücksichtigung der Selbstwirksamkeitserwartung zeigen Kampagnen, die auf der PMT fußen, noch eine Empfehlung auf, wie und womit das Verhalten umgesetzt werden kann (mittlerweile stehen z. B. Hotlines zur Rauchentwöhnung auf Zigarettenpackungen). 9.2.2 Befunde zur PMT Insgesamt gestaltet es sich aufgrund der Komplexität des Modells als schwierig, experimentell alle Variablen separat zu manipulieren und eine Aussage über das Modell als Ganzes zu treffen. Yzer et al. (1998) haben den Einfluss der Komponenten Vulnerabilität und Selbstwirksamkeitserwartung auf die Schutzmotivation im experimentellen Design getestet. Dazu wurden in einem 2x2 Design durch das Lesen von Texten das Empfinden der Bedrohung und die Selbstwirksamkeitserwartung manipuliert, wobei die Erhöhung der Selbstwirksamkeitserwartung hier besser gelang. Die Autoren konnten feststellen, dass wenn die Selbstwirksamkeitserwartung niedrig war, die Höhe der Vulnerabilität unbedeutend wurde und keine Schutzmotivation gebildet wurde. Bei hoher Selbstwirksamkeitserwartung jedoch kam es eher zur Bildung einer Schutzmotivation, insbesondere in Interaktion mit einer hohen Vulnerabilität. In einem B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 8 metaanalytischen Review von Milne et al. aus dem Jahr 2000 wird von den Autor:innen der Schluss gezogen, dass die PMT zwar nützlich ist, um kurzfristiges Verhalten vorherzusagen, der Wert jedoch abnimmt, wenn es um die Vorhersage von weiter in der Zukunft liegendem Verhalten geht. Auch erwies sich die Bewältigungseinschätzung als wichtiger als die Bedrohungseinschätzung und innerhalb der Bewältigungseinschätzung war die Selbstwirksamkeitserwartung der stärkste Prädiktor. Im Gegensatz zu Untersuchungen mit korrelativem Design haben Plotnikoff et al. (2010) die PMT mittels Strukturgleichungsmodell bei 2,311 Patienten mit Typ I oder Typ II Diabetes mellitus bezüglich physischer Aktivität in einer 6- monatigen Längsschnittstudie untersucht. Sie fanden einen adäquaten Modellfit und auch hier stellte sich Selbstwirksamkeitserwartung als bedeutenderer Prädiktor als die Handlungswirksamkeit heraus. Ebenso gab es einen Bezug zwischen Schweregrad und Bildung einer Schutzmotivation, hingegen keinen bezüglich der Vulnerabilität. 9.2.3 Die PMT aktuell Auch wenn einige Versuche unternommen wurden, die Gültigkeit der PMT anhand von Strukturgleichungsmodellen zu überprüfen, ist das Modell insgesamt recht komplex. Die häufigsten Anwendungen finden sich im Bereich Krankheitsprävention und Reduktion des Alkoholkonsums (Knoll et al., 2013). 9.3 Theorie des geplanten Verhaltens (Theory of Planned Behavior, TPB) Die TPB von Ajzen (1985) stammt ursprünglich aus der Sozialpsychologie, wird jedoch häufig in der Gesundheitspsychologie für die Vorhersage von Gesundheits- beziehungsweise Risikoverhalten genutzt. Sie ist eine Erweiterung der Theorie der Handlungsveranlassung beziehungsweise Theorie des überlegten Handelns (engl.: Theory of reasoned action; Fishbein & Ajzen, 1980), welche die Erklärung der Beziehungen zwischen Einstellungen und Verhalten beansprucht. Kernelement der Theorie des geplanten Verhaltens ist die Intention, welche als Prädiktor für Verhalten dienen soll. Definiert wird Intention in dem Modell als bewusste Entscheidung, ein bestimmtes Verhalten auszuführen. Einfluss auf die Intention nehmen die Einstellung, die subjektive Norm sowie die wahrgenommene Verhaltenskontrolle. Auch wird die TPB den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen zugeordnet. 9.3.1 Modellkomponenten der TPB Die Einstellung gegenüber dem Verhalten resultiert dabei aus den Erwartungen der Verhaltenskonsequenz (z. B. „Es ist gesund mit dem Rauchen aufzuhören“). Die normativen Überzeugungen wichtiger Bezugsgruppen oder Bezugspersonen („Mein Ehepartner erwartet von mir, dass ich aufhöre zu rauchen“) führen zur subjektiven Norm. Die explizite Berücksichtigung subjektiver Normen ist eine Besonderheit in den Theorien zum Gesundheitsverhalten (Weinstein, 1993). Die wahrgenommene Verhaltenskontrolle unterscheidet letztendlich die Theorie des geplanten Verhaltens von der Theorie der Handlungsveranlassung und stellt eine Erweiterung dieser dar. Verhaltenskontrolle entspringt dabei den Kontrollüberzeugungen („Es ist sehr gut möglich, mit dem Rauchen aufzuhören“). Damit ist die wahrgenommene Verhaltenskontrolle, insbesondere die Komponente der Kontrollüberzeugung dem Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung von Bandura sehr ähnlich (Selbstwirksamkeitserwartung: „Ich bin mir sicher, regelmäßig Kondome zu benutzen“; Kontrollüberzeugung: „Ich habe die Kontrolle, in B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 9 Zukunft regelmäßig Kondome zu benutzen“, vgl. Lippke & Renneberg, 2006, S. 41), ist jedoch breiter gefasst. Das Zusammenspiel der verschiedenen Prädiktoren, die das Gesundheitsverhalten vorhersagen, findet sich in Abbildung 9.4. Abbildung 9.4 Theorie des geplanten Verhaltens 9.3.2 Operationalisierung der TPB Ajzen und Fishbein (1977) selber weisen darauf hin, dass die verschiedenen Komponenten jeweils nur latente Variablen darstellen, die durch manifeste Variablen erfasst werden müssen und schlagen in diesem Zuge das Vorgehen nach dem TACT- oder Korrespondenzprinzip vor, die das vorherzusagende Verhalten genau skizzieren. Target (Zielelement) beinhaltet das Ziel des Verhaltens, Action (Handlungselement) umfasst, welches explizite Verhalten untersucht werden soll, Context (Kontextelement) bezieht sich auf den Bezugsrahmen, in dem das Verhalten ausgeführt werden soll und Time (Zeitelement) ist der Zeitpunkt, zu dem das Verhalten ausgeführt werden soll. Dabei soll die Messung der verschiedenen Prädiktoren in Übereinstimmung auf eben dieses Verhalten operationalisiert werden. Soll beispielsweise das Verhalten bezüglich kontinuierlicher physischer Aktivität vorhergesagt werden, so könnte dies anhand der TACT- Prinzipien wie folgt operationalisiert sein: Das Handlungselement ist „dreimal die Woche joggen gehen“, das Zielelement „eine Strecke von 5 km“, das Zeitelement „im nächsten halben Jahr“ und der Kontext könnte „bei allen Wetterbedingungen“ sein. Ein Beispiel für die Messung der verschiedenen Komponenten der TPB findet sich in Abbildung 9.5. Die Beispiele in Abbildung 9.5 zeigen eine direkte Operationalisierung der Variablen Einstellung, subjektive Norm und Verhaltenskontrolle, wie sie im Untersuchungsdesign meist angewandt wird. Eine indirekte Erfassung dieser Komponenten von zum Beispiel Verhaltenskontrolle über Kontrollüberzeugungen und wahrgenommene Barrieren/Ressourcen könnte lauten: „Da ich Obst und Gemüse nicht gerne mag, fällt es mit schwer, fünf Portionen täglich zu essen; stimmt/stimmt nicht“ (Kontrollüberzeugung) und „Dass ich Obst und Gemüse B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 10 nicht gerne mag, macht es viel schwieriger/viel einfacher für mich, fünf Portionen davon täglich zu essen.“ (wahrgenommene Barrieren) (vgl. Knoll et al., 2013, S. 37f). Abbildung 9.5 Operationalisierung der Modellkomponenten im direkt angewandten Setting. Aus Knoll et al., 2013, S. 37f 9.3.3 Befunde zur TPB Die TPB war Gegenstand zahlreicher empirischer Untersuchungen und gehört über die Gesundheitspsychologie hinaus zu den bekanntesten Modellen für die Vorhersage von Verhalten. Ein Review von Hardeman et al. (2002), das insgesamt 30 Publikationen mit 24 verschiedenen Forschungsdesigns umfasst, kam zu dem Schluss, dass aufgrund der kleinen Effektstärken der tatsächlichen Verhaltensänderung keine hinreichende Unterstützung für die Gültigkeit der Theorie gefunden werden konnte. Auch McEachan et al. (2011), die 237 Studien meta-analytisch ausgewertet haben, stellten fest, dass Intention lediglich 19.3 % der Variabilität im Gesundheitsverhalten erklärt. Die Vorhersagekraft sank weiter, wenn es sich um Studien mit einem Längsschnittdesign handelte und das Gesundheitsverhalten nicht anhand eines Selbstberichts erhoben wurde. 9.3.4 Die TPB aktuell: Die Debatte um den Ruhestand Eine Debatte darüber, ob die TPB, nachdem sie viele Jahre essenziell für Forschung und Praxis war und der Psychologie wertvolle Erkenntnisse geliefert hat, „in den Ruhestand“ geschickt werden sollte, wurde, unter anderem auf diesen Ergebnissen basierend, von Sniehotta et al. (2014) ausgelöst. Die Autor:innen bemängeln, dass die TPB nicht nur unzureichend für die Vorhersage von Gesundheitsverhalten sei, sondern dass die postulierten Mediatoreffekte (z. B. soll Intention den Zusammenhang zwischen Einstellung, subjektiver Norm und Verhaltenskontrolle einerseits und Gesundheitsverhalten andererseits mediieren) nicht durch die Empirie gestützt und sogar teilweise widerlegt seien. Sniehotta et al. (2014) betonen, dass die Aufrechterhaltung der TPB die Entwicklung weiterer Theorien, die weniger allgemein, aber dafür empirisch abgesichert sind und eine Antwort auf die Frage nach dem „warum“ liefern, blockieren würde. Weiterhin B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 11 biete die TPB insgesamt wenige Implikationen für Interventionen und sei sehr „statisch“. Der Entwickler der TPB, Icek Ajzen (2015), kommentierte hierauf, die TPB sei häufig falsch oder nur unzureichend verstanden worden. So sei die TPB nicht statisch, sondern weist einen dynamischen Charakter auf, da sie über Feedbackschleifen verfüge (z. B. können unerwartete positive oder negative Konsequenzen der Ausübung eines bestimmten Verhaltens sich auf die Bewertung der Verhaltenskonsequenz, die normativen Überzeugungen sowie die Kontrollüberzeugungen auswirken, die wiederum Einfluss auf die Intentionen haben), die zugunsten der Übersichtlichkeit nur selten in Abbildungen zu finden seien. Ebenso seien bei der Anwendung des Modells in verschiedenen Studien häufig Inventare mit 3-4 Items zu Erfassung der verschiedenen Faktoren der Theorie eingesetzt worden, die keine hinreichende Validität besitzen. Meta-Analysen, die sich mit der TPB beschäftigen, beinhalten ebendiese, laut Ajzen, unzulänglichen Studien. Daher sei die gefundene Varianzaufklärung von Gesundheitsverhalten durch die TPB in der Literatur geschmälert. Schließlich sei bei den von Sniehotta et al. (2014) aufgelisteten alternativen Modellen ebenso nicht klar, in welchen Punkten diese einen Vorteil gegenüber der TPB besitzen. Die Autor:innen würden die langjährige Arbeit unterschätzen, die es braucht, einen profunden Ansatz zur Verhaltensvorhersage zu entwickeln (Ajzen, 2015). Nichtsdestotrotz wurde die Kritik von Sniehotta et al. (2014) von einigen bedeutenden Autor:innen der Gesundheitspsychologie gestützt. Beispielsweise betont Schwarzer (2015), dass die ständigen Erweiterungen der TPB einen deutlichen Nachteil der Theorie aufzeigen: Viele Personen, die eine starke Intention besitzen, üben kein Gesundheitsverhalten aus (siehe Abschnitt 9.5). Demgegenüber betonen andere Autor:innen (z. B. Conner, 2015), dass mit Hilfe der TPB zumindest ein Teil der Varianz am Gesundheitsverhalten erklärt werden kann und daher die Theorie wichtige Schlüsselkomponenten diesbezüglich identifiziert. So sollte laut Conner (2015) die Theorie nicht aufgegeben werden, da es der bessere Weg sei, die Weiterentwicklung solcher bestehenden Theorien, die bereits in vielen Settings getestet wurden, voranzutreiben. Andere Forschende bezeichnen das Statement historische Theorien „in die Rente zu schicken“ hingegen als längst überfällig (Ogden, 2015) oder fügen der Kritik von Sniehotta et al. (2014) weitere Argumente hinzu, wie der geringen Beachtung des emotionalen Erlebens im Kontext des Gesundheitsverhaltens (z. B. Trafimow, 2015). Letztlich, so Schwarzer (2015), werde die TPB natürlich nicht einfach „in Rente“ geschickt werden können und wahrscheinlich noch lange aktiv bleiben. Eine Ermutigung neue Theorien zu kreieren und bekanntzumachen, die bedeutsame Komponenten wie Habituation, automatische Prozesse, Verhaltensregulationsstrategien oder emotionale Urteilsfällung beinhalten, stammt von Rhodes (2015) in seinem Kommentar: „Will new theories (and theoreticians) please stand up?“. 9.4 Sozial-kognitive Theorie (Social Cognitive Theory, SCT) Das zentrale Element der SCT nach Bandura (1986) ist die Selbstwirksamkeitserwartung. Demnach wird eine erfolgreiche Verhaltensänderung durchgeführt, wenn Personen über eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung verfügen. Die Selbstwirksamkeitserwartung wird in diesem Kontext als Einschätzung der eigenen Fähigkeiten angesehen, ein Verhalten auch bei bestehenden Barrieren auszuführen. Auch die SCT ist den kontinuierlichen Prädiktionsmodellen zuzuordnen. 9.4.1 Modellkomponenten der SCT (1) Laut Bandura (1986) sind vier Quellen im Wesentlichen für den Aufbau von Selbstwirksamkeitserwartung verantwortlich: B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 12 Erfolgreiche Erfahrung. Der wichtigste Faktor hier ist bereits eine erfolgreiche Handlung ausgeführt zu haben, die der anstehenden Handlung ähnelt. Hat eine Person das Ziel mit dem Rauchen aufzuhören, so könnte eine erhöhte Selbstwirksamkeitserwartung daraus resultieren, dass sie dies vorher bereits einmal geschafft hat. Dabei ist weiterhin entscheidend, dass die Person ihre erfolgreichen zurückliegenden Handlungen internal attribuiert (siehe Exkurs A Attributionstheorien). Dies bedeutet in dem aufgeführten Beispiel, dass die Person denkt, sie habe es aus eigener Stärke geschafft und nicht aufgrund äußerer Umstände, zum Beispiel, weil der Lebenspartner auch aufgehört hat zu rauchen. Stellvertretende Erfahrung. Durch eine Erfahrung, die eine andere Person, die in einer ähnlichen Situation ist und das Verhalten erfolgreich geändert hat, kann das Zutrauen in die eigene Person wachsen. Sieht eine Person beispielsweise einen Kollegen oder eine Kollegin, die als starker Raucher seit einigen Wochen abstinent und trotzdem gut gelaunt ist, kann der Rückschluss erfolgen, dass dies auch bei der eigenen Person möglich ist. Soziale Ermutigung (auch manchmal symbolische Erfahrung genannt). Dieser Punkt beinhaltet Zuspruch oder auch die Überzeugung anderer in die Fähigkeiten einer Person. Ist zum Beispiel ein enger Freund der festen Überzeugung, eine Person könne mit dem Rauchen aufhören und dieser Freund vermittelt dies auch glaubhaft, kann dies ebenso die Selbstwirksamkeitserwartung stärken. Physiologische Erregung. Dieser Zustand beinhaltet die körperlichen Reaktionen. Ein bekanntes Beispiel ist das starke Herzklopfen, das man vor einem Vortrag empfindet. Je stärker das Herzklopfen, desto eher wird kognitiv der Schluss gezogen, man sei dem Ereignis nicht gewachsen. Leidet nun eine Person am zweiten Tag der Rauchentwöhnung unter starken Schweißausbrüchen, könnte sie daraus schließen, dass die Anstrengung enorm ist (und bleiben wird) und der Rauchentwöhnung auf Dauer nicht Stand gehalten werden kann. Im Kontext der Gesundheitspsychologie wird dieser Aspekt jedoch am wenigsten berücksichtigt. Auch wenn alle Faktoren die Höhe der Selbstwirksamkeitserwartung beeinflussen, so ist der Faktor einer eigenen, erfolgreichen Erfahrung der Wichtigste. Bandura (1977) selber betont, dass sich Selbstwirksamkeitserwartungen immer auf spezifisches Verhalten beziehen und in Bezug auf konkrete Situationsanforderungen ausgebildet werden. Personen können sich also hinsichtlich eines bestimmten Verhaltens als selbstwirksam einschätzen (regelmäßig Sporttreiben) und als nicht-selbstwirksam hinsichtlich eines anderen Verhaltens (Wahrnehmung von Vorsorgeterminen). In Bezug auf die Initiierung, Aufrechterhaltung und Wiederaufnahme von Gesundheitsverhalten sind spezifische Selbstwirksamkeitserwartungen relevant, da sie mit dem Setzen von höheren Zielen, einer vermehrten Anstrengung und einem besseren Durchhaltevermögen verbunden sind (Überblick: Maddux, 2002). Schwarzer und Jerusalem (1999) postulieren weiterhin eine globale Selbstwirksamkeitserwartung beziehungsweise generalisierte Selbstwirksamkeitserwartung, die sich als zeitstabiles Merkmal aus der Erfahrung, in verschiedenen Bereichen selbstwirksam gewesen zu sein, herausbildet. Dabei setzen sich Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung höhere Ziele, handeln schneller und sind resistenter gegen Niederlagen. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 13 Exkurs A: Attributionstheorien Attributionstheorien beschäftigen sich mit der Ursachenzuschreibung, die Menschen nutzen, um zu erklären, warum sie sich in einer bestimmten Situation befinden. Dabei können sie unterschiedliche Arten der Attribution nutzen, die in verschiedene Attributionsstile aufgeteilt werden. Seligman (1979) unterscheidet insgesamt drei Dimensionen von Erklärungen. Eine Dimension bezieht sich auf die Globalität-Spezifität, also ob Personen das Ereignis als allgegenwärtig oder eher als Ausnahme ansehen. Eine weitere Dimension ist die Stabilität- Variabilität, die ausdrückt inwiefern eine Person ein Ereignis als zeitlich überdauernd und unveränderlich, oder vorübergehend ansieht. Die Dimension Extern-Intern bezieht sich auf die Erklärung, ob eine Person glaubt, das Ereignis selber verursacht zu haben, oder externen Faktoren dafür die Verantwortung zuschreibt. Attributionsstile müssen immer in Verbindung zu einem Ereignis betrachtet werden, um eine Aussage über die Adaptivität zu treffen. Eine Person versucht beispielsweise eine Diät zu halten, bestellt sich aber bei einem Kinobesuch mit Freunden eine große Portion Popcorn. Sie kann nun global („Ich esse immer viel zu viel“), stabil („Ich werde auch in Zukunft nicht konsequent Diät halten können“) und intern („Das ist meine eigene Schuld, immer wenn ich etwas Leckeres sehe, muss ich es kaufen“) attribuieren. Jedoch könnte die Person auch spezifisch („Das passiert nur, wenn ich ins Kino gehe“), variabel („Das war ein einmaliger Ausrutscher“) und extern („Meine Freunde haben mir das Popcorn unter die Nase gehalten, sonst wäre ich nicht auf die Idee gekommen“) attribuieren. Verwendet sie den letzten Attributionsstil, wird die Personen das Ereignis eher als einmaligen Ausrutscher betrachten und mit höherer Wahrscheinlichkeit der Diät standhalten als eine Person, die dieses Ereignis als global, stabil und intern attribuiert und nicht an einen Erfolg glaubt. 9.4.1 Modellkomponenten der SCT (2) Neben der Selbstwirksamkeitserwartung gibt es einen weiteren wichtigen Faktor in Banduras Modell, nämlich die Handlungsergebniserwartung beziehungsweise Konsequenzerwartung, also die Erwartung, dass ein bestimmtes Verhalten (z. B. regelmäßiges Sporttreiben) ein bestimmtes Ergebnis hervorruft beziehungsweise eine bestimmte Konsequenz hat (z. B. Gewichtsreduktion). Handlungsergebniserwartungen können entweder positiv und/oder negativ sein und kurzfristige und/oder langfristige Folgen haben. Handlungsergebniserwartungen können verschiedene Bereiche betreffen, wodurch auch deutlich wird, dass sie nicht immer eindeutig in eine Richtung gehen. Dies wird im Folgenden am Beispiel der Rauchentwöhnung deutlich gemacht: Physische Konsequenzen: kurzfristig bessere Atmung und Durchblutung, aber auch vermehrtes Schwitzen und Nervosität, langfristig gesenktes Krebsrisiko gemischt Soziale Konsequenzen: kurz- und möglicherweise langfristig Anerkennung einiger Personen, jedoch auch mögliche soziale Ausgrenzung bei weiteren Personen gemischt Selbstbewertende Konsequenzen: kurz- und langfristig Zufriedenheit und Stolz positiv Beide Faktoren, Selbstwirksamkeitserwartung und Handlungsergebniserwartung, wirken sich auf Ziele beziehungsweise Intention, also die Absicht, ein bestimmtes Verhalten zu ändern, aus. Des Weiteren geht Bandura davon aus, dass sich eine Reihe von soziokulturellen Faktoren hemmend beziehungsweise förderlich auf Ziele und Verhalten auswirken kann. So wirkt sich bei einer Person, die aufgrund einer beruflichen Tätigkeit viel reist, eben dieser Beruf hemmend auf das Ziel und damit Verhalten, regelmäßig Sport zu treiben, aus. Wohnt eine Person hingegen neben einem Wald mit schöner Laufstrecke, kann das eine förderliche Wirkung haben. Jedoch geht Bandura auch davon aus, dass ab einer gewissen Stärke der Selbstwirksamkeitserwartung B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 14 soziokulturelle Faktoren kein Hindernis (oder keine hilfreiche Förderung) mehr darstellen. Die genauen Pfade finden sich in Abbildung 9.6. Abbildung 9.6 Sozial-kognitive Theorie 9.4.2 Befunde zur SCT/Selbstwirksamkeitserwartung Sowohl in der Anwendung als auch in der empirischen Prüfung finden zwar weniger das Modell selber, aber dafür die Komponenten der Selbstwirksamkeitserwartung und Handlungsergebniserwartung umso größeren Niederschlag. Van Duyn et al. (2001) konnten beispielsweise zeigen, dass die Selbstwirksamkeitserwartung ein entscheidender Prädiktor für gesundes Ernährungsverhalten und Gewichtskontrolle darstellt. Weitere robuste Zusammenhänge wurden mit Hilfe von Meta-Analysen für die Bereiche Alkoholabstinenz (Forcehimes & Tonigan, 2008) und Rauchentwöhnung (Gwaltney et al., 2009) gefunden. Zudem bietet die Theorie verschiedene Ansatzpunkte zur Erhöhung von Selbstwirksamkeitserwartungen, zum Beispiel können große Ziele, wie die Umstellung der Ernährung, in viele kleine Ziele unterteilt werden. So könnte zunächst der Austausch von zuckerhaltigen Getränken durch Wasser geschehen und, wenn dies einige Wochen durchgehalten wurde - also eine erfolgreiche Erfahrung stattgefunden hat -, das nächste Ziel gesetzt werden. 9.4.3 SCT und Selbstwirksamkeitserwartung aktuell – Eine kritische Perspektive zur Operationalisierung von Selbstwirksamkeitserwartung Selbstwirksamkeitserwartung hat sich in vielen Bereichen als robuster Prädiktor für die Vorhersage von Gesundheitsverhaltensänderungen erwiesen und stellt damit ein zentrales Konzept in Theorien zum Gesundheitsverhalten dar. Selbstwirksamkeitserwartung bezieht sich dabei auf die Einschätzung persönlicher Kompetenzen in Bezug auf Anforderungssituationen, also inwieweit eine Person davon überzeugt ist, in einer bestimmten Situation ein bestimmtes Verhalten ausführen zu können. Damit kann Selbstwirksamkeitserwartung zur Erklärung beitragen, weshalb eine Person motiviert ist, ein bestimmtes Verhalten auszuüben. Ein weiterer wichtiger Faktor in der sozial-kognitiven Theorie ist laut Bandura die Handlungsergebniserwartung, also die Erwartung, welche Konsequenz ein Verhalten hat, zum B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 15 Beispiel eine bessere körperliche Konstitution von Zigarettenabstinenz. Dieser Faktor ist laut Theorie unabhängig von der Selbstwirksamkeitserwartung. Weniger dem theoretischen Konzept an sich, aber der Operationalisierung von Selbstwirksamkeitserwartung in vielen Untersuchungen stehen Williams und Rhodes (2016) kritisch gegenüber. Sie stellten sich die Frage, ob in Selbstberichten zur Erfassung von Selbstwirksamkeitserwartung diese nicht als Determinante von Motivation, sondern eher die Motivation an sich reflektiert wird. Williams und Rhodes (2016) gehen in ihrer Argumentation auf Kirsch (1995) zurück, der dies sehr anschaulich an einem Beispiel illustriert. Selbstwirksamkeitserwartung soll laut Definition die Einschätzung der eigenen Kompetenzen bezüglich der Ausübung eines bestimmten Verhaltens darstellen, also inwieweit eine Person sich in der Lage fühlt, ein bestimmtes Verhalten ausführen zu können. Kirsch (1995) selber stellt dem das Argument entgegen, wie man erwägen würde zu antworten, wenn man einen Fragebogen mit folgenden Fragen beantworten würde: „Könntest du einen lebenden Wurm essen?“, „Könntest du auf einer Beerdigung laut lachen?“ oder „Könntest du ein Baby-Kätzchen umbringen?“. Viele Personen würden auf diese Fragen mit „Nein“ antworten, da sie Ekel, Scham oder starke Schuldgefühle entwickeln würden. Sie sind demnach nicht motiviert, diese Handlung auszuführen. Dieser Punkt hat jedoch nichts damit zu tun, ob sie sich in der Lage fühlen würden, dieses Verhalten ausführen zu können. Letztlich kann es demnach sein, so Williams und Rhodes (2016), dass Selbstwirksamkeitserwartung deshalb einen so guten Prädiktor darstellt, da eher die generelle Motivation gemessen wird und Personen häufig Handlungen ausführen, zu denen sie motiviert sind. Auch würden eventuell mehrere Personen die Frage, ob sie einen lebenden Wurm essen können mit „Ja“ beantworten, wenn sie eine Belohnung bekämen, also die Motivation erhöht würde. Laut Definition ist die Selbstwirksamkeitserwartung aber der Handlungsergebniserwartung vorangestellt, demnach beeinflusst die Selbstwirksamkeitserwartung Motivation und unter Umständen auch die Einschätzung der Handlungsergebnisse, jedoch nicht umgekehrt. Williams und Rhodes (2016) listen folgend eine Reihe an Studien aus der Gesundheitspsychologie auf, bei denen eine gezielte Änderung des Handlungsergebnisses höhere Werte in der Selbstwirksamkeitserwartung zur Folge hatten. Nun könnte ein Argument lauten, dass das Konstrukt trotzdem einen guten Prädiktor darstellt und es deshalb weiter genutzt werden solle. Möchte man aber neben der generellen Motivation Mechanismen finden, die Gesundheitsverhalten erklären, könnte sich dies laut der Autoren als problematisch darstellen. Williams und Rhodes (2016) kommen nicht zu dem Schluss, das Konstrukt sei vollends zu verwerfen, sondern betonen die mögliche Konfundierung mit dem Konstrukt Motivation und schlagen vor, sich im Kontext des Gesundheitsverhaltens eher auf eben dieses Konstrukt zu konzentrieren. Eine explizite Antwort auf den Artikel gaben jüngst Schwarzer und McAuley (2016). Die Kritik der enormen Konfundierung sei gerechtfertigt, jedoch ist Konfundierung nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Die menschliche Natur ist nicht orthogonal, vielmehr ist alles miteinander verwoben. Zudem wurde bei einer Vielzahl von Studien Selbstwirksamkeitserwartung und Motivation separat erfasst. Die Korrelationen zwischen beiden Konstrukten fallen jedoch maximal moderat aus, was darauf hindeutet, dass es sich um zwei verschiedene Konstrukte handelt. Das Besondere an dem Konstrukt der Selbstwirksamkeitserwartung sei die Kombination aus Kompetenz, zeitlicher Perspektive und Verhalten. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 16 Exkurs B: Motivation und Volition Als Motivation wird das Streben eines Menschen nach Zielen oder Zielobjekten verstanden. Motivation erklärt, warum Menschen ein bestimmtes Verhalten ausüben. Gründe hierfür können intrinsisch (z. B. Neugier, Erfolgserwartung) oder extrinsisch (z. B. Zwang, Belohnung) sein. Bei einer intrinsischen Motivation stimmen Handlung und Ziel thematisch überein. Dies könnte zum Beispiel das Wahrnehmen eines Vorsorgetermins beim Zahnarzt sein (Handlung), um gesunde Zähne zu behalten (Ziel). Ein extrinsisches Ziel wäre in diesem Beispiel der Stempel im Bonusheft aus Sorge, bestimmte Leistungen nicht mehr gewährt zu bekommen. Volition bezeichnet dabei die Umsetzung von Motiven und Zielen in konkrete Ergebnisse durch Verhaltensausführung oder Handlungen. Während Motivation also das Streben nach bestimmten Zielen darstellt, umfasst Volition die Handlungen, die zum Erreichen dieser Ziele getätigt werden müssen (Schmalt & Langens, 2009). Ein zentraler Aspekt bezüglich des Gesundheitsverhaltens ist hierbei die Planung, wie ein Ziel erreicht und welche Barrieren möglicherweise überwunden werden müssen. Hierzu erfordert es gewisse Umsetzungskompetenzen, welche die Fokussierung von Aufmerksamkeit, Regulation von Emotionen oder Selbstwirksamkeitserwartung beinhalten können (siehe Abschnitt 9.5). 9.5 Intentions-Verhaltens-Lücke (Intention-Behaviour Gap, IBG) In kontinuierlichen oder motivationalen Modellen wird die Stärke der Intention mit der Ausführung von Gesundheitsverhalten assoziiert. Jedoch werden im tatsächlichen Leben auch starke Intentionen häufig nicht in aktives Gesundheitsverhalten umgesetzt („Ich möchte gern Sport treiben, tue es aber nicht“). Dies zeigt sich auch empirisch: Werden lediglich Intentionen zur Vorhersage von Verhalten genutzt, erklären diese meist nur 20 % der Varianz im Verhalten (Sheeran, 2002). Somit scheint vielen kontinuierlichen Prädiktionsmodellen etwas Entscheidendes zu fehlen, da es eine Lücke zwischen den Intentionen und dem Verhalten gibt, die nicht erklärt wird. Volitionale Modelle und Konzepte des Gesundheitsverhaltens beschäftigen sich mit eben diesem in der Gesundheitspsychologie als Intention-Verhaltens-Lücke bekannten Phänomen. Der Unterschied zwischen motivationalen und volitionalen Modellen zum Gesundheitsverhalten lässt sich auch am Rubikonmodell von Heckhausen (1989) illustrieren. Dabei gilt die Überschreitung des Rubikons als kritisches Element, nachdem es „kein Zurück mehr gibt“. Die Bildung einer Intention stellt die Überquerung des Rubikons dar. Motivationale Modelle beschäftigen sich vornehmlich mit allem, was bis zu eben dieser Intentionsbildung passiert, während volitionale Modelle danach ansetzen und versuchen Faktoren zu identifizieren, die einen Erklärungsansatz dafür liefern, unter welchen Bedingungen Intentionen in Verhalten umgesetzt werden. Wenn eine Intention zum Handeln vorhanden ist, gibt es zwei mögliche Ausgänge: es wird tatsächlich gehandelt oder es wird trotz Intention nicht gehandelt. Demgegenüber können bei Personen ohne Intention ebenso keine Handlungen stattfinden oder aber es kann ohne Intention gehandelt werden. Bei den Personen, die eine Intention haben und auch handeln beziehungsweise die keine Intention zum Handeln haben und dies auch nicht tun, besteht keine Intentions-Verhaltens-Lücke. Verantwortlich für die gefundenen Diskrepanzen sind demnach die beiden anderen Gruppen, wobei die Personen, die eine Intention besitzen und nicht handeln, die B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 17 deutliche Mehrheit darstellen. Diese vier Ausprägungen haben Orbell und Sheeran (1998) in einer Vierfeldertafel dargestellt (siehe Abbildung 9.7). Abbildung 9.7 Vierfeldertafel der Intentions-Verhaltens-Lücke 9.5.1 Befunde zur IBG Rhodes und de Bruijn (2013) haben anhand einer Meta-Analyse versucht zu prüfen, wie groß die IBG in Bezug auf die Ausübung von physischem Verhalten ist. Dazu bezogen sie 10 Studien in die Analyse mit ein. Sie fanden, dass Personen, die eine Intention besitzen und auch handeln die größte Gruppe mit 42 % 1 ausmachten, während Personen, die keine Intention besitzen und auch nicht handeln 21 % der Gesamtstichprobe darstellten. Weiterhin hatten 36 % der Personen eine Intention, handelten aber nicht und 2 % zeigten das umgekehrte Muster, da sie keine Intention hatten, aber handelten. Betrachtet man alle Personen, die eine Intention besitzen, so zeigt sich, dass 46 % ebendieser Personen nicht handeln. Diese Ergebnisse unterstreichen die Wichtigkeit der Forschung nach Faktoren, die für die IBG verantwortlich sind, denn daraus lassen sich dann konkrete Handlungs- und Interventionsmaßnahmen ableiten. 9.5.2 Mögliche Faktoren zur Erklärung der IBG Ein möglicher Grund für die Lücke zwischen vorhandenen Intentionen und Verhalten kann die Messmethodik betreffen, wie die Konkretheit beziehungsweise die Operationalisierung der Variablen (siehe hierzu auch Abschnitt 9.3.2). Kuhl (2001) schlägt als erklärende Variable für die IBG die individuelle Handlungskontrolle vor und unterscheidet zwischen lage- und handlungsorientierten Personen. Dabei sind Personen mit hoher Handlungsorientierung auch bei zurückliegendem Misserfolg bestrebt, die Lücke zwischen Ziel- und Ist-Zustand zu schließen. Lageorientierte Menschen hingegen richten ihre Energie auf die Analyse der aktuellen Lage, was sie in ihrer Handlungsfähigkeit ausbremst. 1 Die Ergebnisse ergeben in der Summe – höchstwahrscheinlich aufgrund von Rundungsungenauigkeiten – 101 %. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 18 Eine weitere erklärende Variable ist die Fähigkeit zur Handlungsplanung oder Ausführungsplanung. Wenn die Zielintention beispielsweise beinhaltet das Gewicht zu reduzieren, wäre eine Ausführungsplanung „Wenn ich heute Abend fertig bin mit dem Essen, dann verzichte ich auf den Nachtisch“. Die Ausführungsplanung mit der „Wenn-Dann-Komponente“ ist auch unter dem Begriff Implementierungs-Intentionen bekannt (Gollwitzer, 1999). Implementierungs- Intentionen beschreiben noch genauer, in welchen Situationen welches Verhalten in welcher Form ausgeführt wird („Wenn es heute Abend nicht regnet, werde ich Joggen gehen, wenn es jedoch regnet, werde ich ins Fitnessstudio gehen“). In einer Studie von Verplanken und Faes (1999) wurde eine Gruppe von Studierenden mit der Motivation zu gesunder Ernährung gebeten, ihr Essverhalten für die kommende Woche zu planen, während eine andere Gruppe mit vergleichbarer Motivation, sich gesund zu ernähren, keine solche Instruktion bekam. Das Ergebnis der Studie war, dass sich die Gruppe, die ihr Essverhalten plante, insgesamt gesünder ernährte. Personen, die über konkrete Ausführungspläne verfügen, zeigen somit eine höhere Wahrscheinlichkeit, das intendierte Verhalten auszuführen. Bewältigungspläne sind gegenüber Ausführungsplänen dafür gedacht, mögliche Probleme bei der Ausführung eines entsprechenden Verhaltens im Vorfeld vorherzusehen und sich eine Lösung hierfür zu erarbeiten („Wenn ich mich sportlich betätigen möchte, es aber zu heiß von den Temperaturen ist, werde ich stattdessen schwimmen gehen“ oder „Wenn ich aufhören möchte zu rauchen, auf einem sozialen Ereignis aber in Versuchung gerate, werde ich stattdessen ein scharfes Minzbonbon essen“). In einer Studie von Sniehotta et al. (2006) wurde der zusätzliche Effekt von Bewältigungsplänen bei Herzpatienten untersucht, die sich sportlich betätigen wollten. Patienten, die sich neben Ausführungsplänen („Wann und wo werde ich mich sportlich betätigen“) auch noch mit den Hindernissen beschäftigt hatten („Was unternehme ich bei möglichen Rückschlägen“), zeigten nach vier Monaten eine höhere sportliche Aktivität. Weiterhin konnte der Faktor Selbstbeobachtung als „Lückenfüller“ gefunden werden. So zeigte sich in einer Studie von Carter et al. (2013), das smartphonebasierte Selbstbeobachtung die Adhärenz und den Erfolg beim Abnehmen erhöht, wobei Probanden, die Selbstbeobachtung durch das Smartphone betrieben fast doppelt so viel abnahmen, wie die Personen, die Papiertagebücher nutzten (siehe auch Kurs 1, Kapitel 12 „Ernährung und Essverhalten“). 9.5.3 Die IBG aktuell Die IBG an sich zeigt anhand der Vierfeldertafel die verschiedenen Gruppen bezüglich Intention und Verhalten auf und deuten damit zunächst nicht auf eine direkte Relevanz für die Praxis hin. Insgesamt wurden über die Jahre von unterschiedlichen Forschungsgruppen unterschiedliche Faktoren genannt, die die Diskrepanz zwischen vorhandener Intention und nicht ausgeführtem Verhalten erklären sollten. Viele dieser Ansätze trugen zur Überbrückung der Lücke zwischen vorhandenen Intentionen und Verhalten bei und sind daher auch für die Praxis relevant. Dabei handelt es sich bei den hier aufgeführten Faktoren größtenteils um kognitive Variablen. Jedoch konnte auch ein Einfluss affektiver Variablen bei zielgerichtetem Verhalten nachgewiesen werden (Bagozzi et al., 1998). Den Einfluss von emotionalen Zuständen in diesem Bereich zu untersuchen bleibt ein für die Zukunft offenes Forschungsfeld. Insgesamt wenig Aufmerksamkeit wurde bisher der Gruppe geschenkt, die keine Intention besitzen, jedoch trotzdem ein gewisses Maß an Gesundheitsverhalten zeigen. B. Sc. Psychologie, AF G; Kurs 1, Kapitel 9 19 Literaturverzeichnis Ajzen, I. (1985). The Theory of Planned Behaviour. In J. Kuhl & J. Beckmann, J. (Eds.), Action control – From cognition to behavior (pp. 11-39). Springer. Ajzen, I. (2015). The theory of planned behaviour is alive and well, and not ready to retire: A commentary on Sniehotta, Presseau, and Araújo-Soares. Health Psychology Review, 9(2), 131-137. https://doi.org/10.1080/17437199.2014.883474 Ajzen, I., & Fishbein, M. (1977). 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