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03 Mollenhauer (1968) Erziehung und Emanzipation.pdf

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STUDIENBÜCHER ERZIEHUNGS- UND BILDUNGSTHEORIEN ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT Erläuterungen - Texte - Arbe...

STUDIENBÜCHER ERZIEHUNGS- UND BILDUNGSTHEORIEN ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben BAND I t* tlefausge8esen v$n Yrarnzj*rg&a*m6art 3 ", &szr *ksg*&efu **e.&wffi,ag* { ( {.r lzz ,Jin:s*t kei'*t s|*J" 1ielez"bar: Franzjörg Baumgart (Hrsg.): Erziehungs- und Bildungstheorien. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn, 3., durchgesehene Auflage IQQI (= Studienbücher Erziehungs- wissenschaft, Band I). Bibtiothek der Franzjörg Baumgart (Hrsg.): Entwicklungs- und Lerntheorien. Erläuterungen - Texte - Arbeits- i]ädagogischen Hochschule Freibura aufgaben. Bad Heilbmn, Nachdruck der 2., durchgesehenen Auflage 2007 (= Studienbücher Erziehungswissenschaft , Band II). Franziörg Baumgart (Hrsg.): Theorien der Sozialisation. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben..,......,,,,...Oil6.8K Bad Heilbrunn, 3., durchgesehen e Aufiage 2004 (= Studienbücher Erziehungswissenschaft, Bmd rD. Franzjörg Baumgart und Ute Lange (Hrsg.): Theorien der Schule. Erläuterungen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrm, 2., durchgesehene Auflage 2006 (= Studienbücher Erziehungs- wissenschaft, Band I\/). VYWL.q* Frmzjörg Baumgart, Ute Lange und Lothar Wigger (Hrsg.): Theorien des Unterrichts. Erläute- nrngen - Texte - Arbeitsaufgaben. Bad Heilbrunn 2005 (= Studienbücher Erziehungswissenschaft' JU LJ 1_I S KLrY"tr Wk{ p,p"T}T Band\/). BAD HEILBRUNN. 2OO7 250 BnouNcsnrEoRETrscHE Dlsrunsr rN osn BRD Mollenhauer : Erziehung und Emanzipation 25r aus welchen Gründen auch immer - nicht wahrgenommen wurden, nicht unbe- Mollenhauer: Erziehung und Emanzipation grenzt offengehalten werden. Doch soll es grundsätzlich möglich sein, versäumte Mollenhauer, K.: Erziehung und Emanzipation. Polemische Skizzen. München 1968. S.9-zr. Chancen einzuholen. Das Bildungssystem soll durchlässig sein, auch wenn man von den gegenwär- Die Jahre nach dem Zweiten \Teltkrieg haben gezeigt, daß die ,geisteswissen- tig bestehenden Institutionen ausgeht. Das gilt zunächst hinsichtlich des \7'ech- schaftliche Pädagogikn nur begrenzt leistungsfähig ist im Hinblick auf die Auf- sels innerhalb eines Bildungsganges in der allgemeinbildenden Schule (\Techsel klärung derjenigen Zusammenhänge, die die Virklichkeit der Erziehung ausma- der \Tahlfacher; \(echsel der Leistungskurse). Es gilt ebenfalls hinsichdich ver- chen. Die Kritik an einer Pädagogik-Konzeption, die durch verstehendes Ausle- schiedener schulischer Bildungsgänge (ewa praxisbezogener und studienbezoge- gen und Deuten pädagogischer Texte und pädagogischer Praxis einen Begriffdes -$ü'echsel ner Bildungsgang, zwischen Schularten). Es gilt schließlich hinsichdich ,eigentlich Pädagogischenn zu gewinnen suchte, um dann von ihm her die ge- der schulischen und der außerschulischen Bildungsgänge. schehende Erziehung beurteilen zu können, diese Kritik wurde zunächsr [...] t...1 vornehmlich von erfahrungswissenschaftlichen Positionen her vorgetragen.' Aber während diese Auseinandersetzung noch im Gange ist, melden sich Zwei- Arbeitsaufgaben fel, ob die Alternative: hier hermeneutisch verfahrende Pädagogik-dort empi- risch verfahrende Erziehungswissenschaftt richtig formuliert ist., Verfolgt man z Mit welchen Argumenten begründzt der Bildungsrat die Notwendigheit einer um- nämlich die wissenschaftstheoretischen Diskussionen der letzten Jahre in der So- fassenden R&* des zeitgenössischen BiHungssystems ? zialwissenschaft, dann laßt sich mindestens das Problem nicht übersehen, das sich z. \Yie lift sich das Bildungsuerständnis, das den nachfolgenden Stuhturempfehlun- nun für die Erziehungswissenschaft aus der lGitik an einer opositivistisch halbier- gen des Bildungsrats zugrundß liegt, charahterisieren? ten Rationalität< ergibt, einer'$Tissenschafts-Konzeption nämlich, nach der'Wert- und Zwecksetzungen nur noch beschrieben, aber nicht mehr wissenschaftlich dis- 3. In welcher \Yeise gewichtet der Bildungsrat das Recht auf indiuiduelle Bildung gegenüber dzn Anforderungen einer modernen demohratischen Geselbchafi ? kutiert werden können. Eine solche Verkürzung der Erziehungswissenschaft um die Refexion derjenigen Probleme, die die Orientierung im Handeln betreffen, 4. Shizzieren Sie die zentralen Forderungen des Bildungsrats hinsichtlich dzrAufga' ist vielleicht das letzte 'Wort nicht. Aufklärung ist ja nicht nur die Intention der ben und dcr Organisation des zuhünfiigen BiHungsslstems. 'Wissenschaft; sie sollte auch, sofern sie Selbstbestimmung ermöglicht, der Zweck , 5. Wrgleichen Sie die programmatischen Überlegangen dzs Bildungsrats mit den Vor' schkgen zur Schulreform aus der Zeit d.er Aufhkrunggädagogih und drr Re- r. Vgl. dzu u. a. 'ü( Brezinka, Die Pädagogik und die erzieherische rVirklichkeit, in: Zeitschrift fur formpädagogih. Padagogik, Jg. 1959, S. r ff; ders., Über den'ü4ssenschaftsbegriff der Eziehungwissenschaft und die Einwände der weltanschaulichen Pädagogik, in: Zeitschrifr fur Pädagogik, Jg. rg6l, S. r35 f[ ; 6. Diskutieren Sie, ob d.ie Vorschläge des Bildungsrats in d.en nachfolgenden Jahr- R. Lochner, Deutsche Erziehungswissenschaft, Meisenheim/Glan 1963; ferner die Arbeiten von zeltnten realisiert utorden sind. Iruaiefern steht das Bildungssystenl heute uor neuen H. Roth, besonders; Die realistische rüTendung in der pädagogischen Forschung, in: ders., Erzie- Problemen? hungswissenschaft, Erziehungsfeld und Lehrerbildung, hrsgg. von H. Thiersch und H. Türlen, Hannover r967. z. Für solche Vereinfachungen vgl. vor allem Brezinka und Lochner, a. a. O. 3.DazuH. Blankertz, Pädagogische Theorie und empirische Forschung, in: Zur Bedeutung der Empirie fur die Pädagogik als \7issenschaft, Neue Folge der Ergänzungshefte zur Vierteljahres- schrift ftir wissenschaftliche Pädagogik, Heft 5, hrsgg. von M. Heitger, Bochum 1966; I. Dahmer, Theorie und Praxis, in: Geisteswissenschaftliche Pädagogik am Ausgang threr Epoche- Erich.We- niger, hrsgg. von I. Dahmer und W Klafki, \Teinheim 1968; PM. Roeder, Zur Problematik der historisch-qystematischen Merhode, in: Die Deutsche Schule, Jg. 196z;H. Thiersch, Hermeneu- tik und Erfahrungwissenschaft- zum Mer-hodenstreit in der Padagogik, in ; Die deutsche Schule, Jg. t966. 252 BrrouNcsrnEoRETIScHE Drsrunsn IN otn BRD Mollenhauer : Erziehung und Emanzipation 2r3 der Bildungs- und Erziehungspraxis sein. Oder anders formuliert: Für die Erzie- schen \Tissenschaften ftir die Padagogik irrelevant, ja als sei diese Unterscheidung hungswissenschaft konstitutiv ist das Prinzip, das besagt, daß Erziehung und Bil- selbst ein überspannter Gedanke und als seien alle \Tissenschaften ein und dersel- dung ihren Zweckin der Mündigkeit des Subjektes haben; dem korrespondiert, ben Erkenntnisweise zu unterwerfen. Er laßt keinen ZwelfeI daran, daß er damit daß das erkenntnisleitende Interesse der Erziehungswissenschaft das Interesse an eine Entscheidung fur einen bestimmten \Tissenschafts- und Theoriebegrifffällt, Emanzipation ist. [...] und nennt dies seine vorwissenschaftliche Basisentscheidung. Er erweckt damit Dafur allerdings ist Empirie unerläßlich und ein nowvendiges Instrument der den Anschein, als sei diese Entscheidung nicht mehr sinnvoll diskutierbar. Ge- Emanzipation. Daftir ist aber ebenso unerläßlich die Interpretation des Verstän- rade das aber wird durch die genannre sozialwissenschaftliche Diskussion wider- digungszusammenhanges, in dem die Praxis ihre Zwecke diskutiert' [.. ' ] legt: Die von Brezinka so genannre Basisentscheidung, der fiir die \Tissenschaft Diese These, daß der Gegenstand der Erziehungswissenschaft die Erziehung angenommen e Zweck, u,,ird dort diskutiert. unter dem Anspruch der Emanzipation sei, muß jedem suspekt erscheinen, der \Telcher Zweck laßt sich fur die Erziehungswissenschaft angeben ? Brezinkas als wissenschaftliche Theorie nur gelten läßt, was dem in den Naturwissenschaf- These klingt einleuchtend : r€n enrwickelten empirisch-analltischen'$?'issenschaftsbegriffentspricht. Die zu- ,Stellt man die Frage nach den Beziehungen zwischen \Wissenschaft und \7ert- nehmende verbreitung empirischer verfahren in der pädagogischen Forschung, urteilen im allgemeinsten Sinne, so hängt die Antwort natürlich davon ab, was die Einsicht in die Unerläßlichkeit solcher Verfahren für Erkenntnis und Planung man unter -Wissenschaft verstehr und welche Aufgaben man ihr zuweist. \[er ih- pädagogischer und bildungspolitischerVorgänge legt es nahe, mit solchen Verfah- renZweck darin sieht, die \Tirklichkeit zu erforschen und über sie zu informie- ren auch zugleich den'$Tissenschaftsbegriffzu übernehmen, der ihnen in anderen ren, entscheidet sich damit ftir einen anderen \Wissenschaftsbegriff als jemand, '\ü'issenschaften Die Verführung ist groß, die Tätigkeit des Erzie- korrespondiert. der fordert, sie solle auch die moralischen Überr.,tgungen, die Einstellungen hungswissenschaftlers ftir um so wissenschaftlicher zu halten, je ausschließlicher und Handlungen der Menschen beeinflussen. Hier geht es um uorwissenschaf- er sich jenem empirisch-analy'tischen'Wissenschaftsbegriffverpflichtet zeigt. liche Entscheidungen.n Es handelt sich ,um das Problem der Wertbasis der \üis- Nachdem die wissenschaftstheoretischeAuseinandersetzungin der Erziehungs- senschaften, also um die Frage, inwieweit den wissenschaftlichen Aussagen \Ver- wissenschaft I angezeitruhte, hat sie'Wolfgang Brezinka wieder neu entfacht, und tungen zugrunde liegen oder vorausgehen müssen.ui Brezinka schreibt weiter, er zwar als Apologet einer Erziehungswissenschaft als Erfahrungswissenschaft : habe diese Basisentscheidung getroffen, da ihm ,beim -üTissenschaftsbegriffseine ,von der Physik bis zur Geschichtswissenschaft, von der Archäologie bis zur Fruchtbarkeit fur die Erkenntnisgewinnung wichtiger ist als sein Nutzen fur die Erziehungswissenschafr kann man mit guten Gründen ftir sie alle die gleiche normativ-emotionale Steuerung des menschlichen Verhaltensu.6 deduktiv-empirische Methode fordern: Aus einer vorläufig noch unbegründeten Das Einleuchtende verdankt diese Behauprung einer Ungenauigkeit und einer Annahme, aus einer Hypothese oder einem theoretischen System werden auf Unterschlagung. tü7as bedeutet es, daß die Erziehungswissenschaft thren Zweck deduktivem \7ege Folgerungen abgeleitet, die logisch wie anhand der Tatsachen darin zu sehen habe, >die \Tirklichkeit zu erforschen und über sie zu informie- (empirisch) geprüft werden können. rver als Erfahrungswissenschaftler anerkannt renn ? Eine eindeutige Basisentscheidung kann hier nur vorliegen, sofern der Aus- werden will, muß sich der Übereinkunft über diese allgemeinsten Grundsätze der druck ,\Tirklichkeitu eindeutig ist. 'Wenn wir Brezinka richtig verstehen, müs- erfahrungswissenschaftlichen Methode anschließen.na sen wir diesen Ausdruck so auslegen, daß ,Erforschung der \Tirklichkeitn eine Brezinka seüt damit allerdings ein wenig außerhalb des Diskussionsfahmens Verarbeitung sensorischer Daten in erklärenden Sätzen meint: eben das, was die ein, in dem die Kontroversen in der Sozialwissenschaft gegenwärtig geführt wer- Naturwissenschaft tut. Die Information über die ,\Wirklichkeito ist dann also die 'Weitergabe den. Nach ihm scheint es so, als sei die gebräuchliche unterscheidung von Natur- der so gewonnenen erklärenden Sätze. Der Zweck, zu dem das ge- und Geisteswissenschaften bzw. von empirisch-analytischen und hermeneuti- schieht, ist die Beherrschung jener \Virklichkeit. 4.\7. Brezinka, Über den'wissenschaftsbegriff der Eniehungwissenschaft und die Einwände der 5. A. a. O., S. r59. weltanschaulichen Pädagogik, in: Zeitschrift für Pädagogik, Jg. t967' 5.156. 6. A. a. O., S. 16o. 254 BrrouNcstnEoRETIscHE Dlsrunss lN osn BRD Mollenhauer : Erziehung und Emanzipation zf Die Unterschlagung Brezinkas besteht darin, daß er nahelegt, die ernsthafte ten zu zählen ist - und es besteht kein Anlaß, daran zu aveifeln , können wir für - Alternative zu seinem \Wissenschaftsbegriff sei die Auffassung, nach der der wis- sie in Anspruch nehmen, was Habermas von der Sozialwissenschafi im ganzen senschaftliche Nutzen in der onormativ-emotionalen Steuerung des menschlichen behauptet: Verhaltensn liege. In übertriebener Bescheidenheit nimmt er fur den empirisch- ,Der Objektbereich der Handlungswissenschaft besteht aus Symbolen und 'Wissenschaftsbegriff Verhaltensweisen, die nicht unabhängig von Symbolen aA Handlungen aufge- analpischen in Anspruch, daß er nur das Interesse an der Erforschung der ,'l7irklichkeito und an der Information über diese enthdte. Zu faßt werden können. Der Zrgangzu den Daten wird hier nicht allein durch Be- -Wissenschaft welchem Zweck aber will diese informieren ? Ist in Brezinkas '$7is- obachtung von Ereignissen, sondern zugleich durch das Verständnis von Sinnzu- senschaftsentscheidung nicht auch schon über diesen Zweck ewas ausgemacht? sammenhängen konstituiert. \Vir können in diesem Sinne sensorische von kom- \Vir können mit gutem Grund vermuten, daß dem so ist: Da die Erziehungs- munikativer Erfahrung unterscheiden.... Die kommunikative Erfahrung rich- wissenschaft analog zur Naturwissenschaft verstanden werden soll, dürfen wir an- tet sich nicht, wie Beobachtung, aufSachverhalte, sondern aufvorinterpretierte nehmen, daß ihr Interesse nicht bei der Information endet, sondern durch die Art Sachverhalte: Nicht die \(ahrnehmungvon Tatsachen ist symbolisch suukruriert, der Information auch ihre Verwendung nahegelegt ist; es handelt sich um Infor- sondern die Tätsachen als solche.nT mationen über Ursache-'Wirkungs-Zusa-mmenhänge, um kausal-erklärende Sätze, Der Objektbereich der Erziehungswissenschaft ist durch ,kommunikative Er- die die Beherrschung naturhafter oder quasi-naturhafter Vorgänge ermöglichen - fahrungn definiert; der Forscher gehört der Kommunikationsgemeinschaft, de- im Falle der Erziehungswissenschaft also um Sätze, die die Beherrschung päd- ren Teil ,Erziehung< er erkennen will, selbst an. Jeder Forschungsakt ist des- agogischer Prozesse möglich machen, und zwar durch Einsicht in deren Gesetz- halb notwendig auch ein sinnkonstituierender Akt, ein verändernder Eingriff mäßigkeiten. Die Ironie der Argumentation Brezinkas ist nun aber gerade, daß in diese Kommunikationsgemeinschaft. Oder anders formuliert: \Während na- derjenige tVissenschaftszweck, den er ausschließen will, in seinem eigenen \7is- turwissenschaftliche Forschung nicht das ,Objektn Natur verändert, sondern le- senschaftsbegriff als dessen Folge enthalten ist : Die )normativ-emotionale Steue- diglich ihre Beherrschung ermöglicht, verändert jede erziehungswissenschaftliche rungu des pädagogischen Verhaltens wird nämlich gerade durch den empirisch- Forschung das ,Objektn Erziehung, weil dieses ,Objektn gar nicht außerhalb der ana$tischen'Wissenschaftsbegriff wirkungsvoll möglich gemacht; denGegen- Sinn-Intentionen einer Kommunikationsgemeinschaft existiert, die sich fortwah- standn der Erziehungswissenschaft wird unterlaufen, sofern dieser Gegenstand rend über den ,Gegenstandn Erziehung neu versrändigt. durch die dem Anspruch nach rational miteinander kommunizierenden Erzie- Am Beispiel: Daß die Erziehungsforschung sich immer intensiver der Frage hungssubjekte bestimmt ist. Erfahrungswissenschaftliche und normative Pädago- nach der Herstellung der Chancengleichheit im Bildungswesen zuwendet, ist gik sind sich in diesem Punkte näher als sie glauben. \7as diese durch normativen nicht ein ftir ihren BegründungszusammenhangzuPälliges, forschungspsychologi- Appell zu erreichen hoft, kann jene dadurch verwirklichen, daß sie ein Kausa- sches Datum, sondern gehört selbst notwendig zum Objektbereich dieser \Tissen- litätswissen zur Verftigung stellt, das technologisch zur Beherrschung menschli- schaft und verändert den Interpretationszusammenhang, in dem rErziehung< sich chen Verhaltens verwendet werden kann. In beiden Fällen ist der Respekt vor konstituiert. Die empirisch zu sichernde Feststellung, daß die Chancengleich- der Rationalität der im Erziehungsverhältnis miteinander verbundenen Subjekte heit im Bildungswesen nicht verwirklicht ist, ist überhaupt nur bedeutungsvoll nicht geboten. Er kann nur noch nachträglich angeftigt werden. Der >vernünf- in einer Kommunikationsgemeinschaft, in der ein Interesse an Chancengleich- tige< Gebrauch der erfahrungswissenschaftlichen Informationen soll-wenn wir heit mindestens vorkommt. Sonst wäre solche Feststellung nicht interessanter als Brezinka richtig verstehen-nicht mehr Sache der Erziehungswissenschaft sein. die, daß es Menschen mit blonden und Menschen mit schwarzen Haaren gibt. Man kann deshalb mit Recht fragen, ob die fur die Erziehungswissenschaft re- Die Feststellung der Chancenungleichheit und die damit zugleich erkennbarwer- levanten Sachverhalte sich wirklich ohne Not einer derart erfahrungswissenschaft- lichen Konzeption fügen. Oder vorsichtiger: Erschöpfen sich die erziehungswis- 7.J. Habermas, Zur Logik der Sozialwissenschaften, S.98. Vgl. dazu auch \il Loch, Empirisches senschaftlich relevanten Daten in jenem von Brezinka hervorgehobenen \Tissen- Erkenntnisinteresse und Sprachanalyse in der Erziehungswissenschafi, in: Bildung und Eniehung, schaftsbegriff? Sofern die Erziehungswissenschaft zu den Handlungswissenschaf- Jg. 1967,5.456ff. 256 Brr.ouNcsrnEoRETIScHE DrsrunsB rN onn BRD Mollenhauer : Erziehung und Emanzipation 257 dende Norm der Chancengleichheit bedeuten, daß der Sinn von Erziehung unter handelt es sich nicht um Täuschungen in einer Sprache, sondern um Täuschun- anderm darin besteht, im Heranwachsen Voraussetzungen für eine Beteiligung gen mit Sprache als solcher. Die hermeneutische Erfahrung, die auf eine solche an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zu schaffen. Das sind dann aller- Abhängigkeit des symbolischen Zusammenhangs von faktischen Verhdltnissen dings keine normativ-emotionalen Steuerungsvorgänge mehr, sondern allenfalls stößt, geht in Ideologiekritik über.n8 normativ-rationale. Das durch Untersuchungen zur Chancengleichheit erwor- Das gilt also nur unter der Voraussetzung, daß den Handelnden ihre Motive bene \(issen darf dann kein solches sein, das zur Beherrschung von Menschen wie auch die Sprache, in der sie sie auszudrücken versuchen, nicht durchweg verwandt werden kann - so wie das \Tissen über die Natur zu ihrer Beherrschung durchsichtig und ihnen deshalb radonal nicht voll verftigbar sind. Aber gerade dient-, sondern nur ein \7issen, das die Emanzipation aus den Ungleichheiten hier kommt das Interesse der Erziehungswissenschaft zum Vorschein: Sie will fiirdert. Nicht die erfahrungswissenschaftliche Ermittlung von Daten ist fur die dazu beitragen, die Durchsichtigkeit, Aufgeklärtheit, Rationalität des Erziehungs- Theorie das Primäre, sondern der Kommunikationszusammenhang, in dem Tät- handelns zu steuern, um damit zugleich zu ermöglichen, daß die heranwachsende sachen sich als bedeutungsvoll konstituieren. Generation solche Rationalität in sich hervorbringt. Man könnte deshalb in ver- Nun ist gerade am Beispiel der Chancengleichheit leicht zu sehen, daß es sich einfachender Zluspi:tzrng sagen, daß es die Aufgabe der Erziehungswissenschaft bei der Vahl des einen oder anderen tVissenschaftsverständnisses-empirisch- sei, undurchsichtig wirkende Motive des pädagogischen Handelns (Ursachen) in analy'tischer oder hermeneutischer Erkenntnisweisen-nicht um die ausschließ- rationale Intentionen zu überftihren; mit der gleichen Formulierung ließe sich liche Entscheidung für eine der beiden Alternativen handeln kann. \fürde die Er- auch die praktische Erziehungsaufgabe benennen. ziehungswissenschaft nach der Empfehlung Brezinkas sich nur erfahrungswissen- t...1 schaftlich verstehen, dann würde sie vermutlich einem Erziehungshandeln Vor- Das bedeutet, daß eine empirisch-analytisch verstandene Forschungspraxis unter schub leisten, das sich am technologischen Erkenntnis-Modell orientiert: Kom- solchen Voraussetzungen unabdingbar ist. Gerade die Erforschung des ,Natur- munikationsprozesse avischen Subjekten würden als instrumentelles Handeln des haftenu in den beobachtbaren Erziehungsverhältnissen und -vorgängen ist un- Erzieher-Subjekts am Kind-Objekt interpretiert. Motive des Handelns im Sinne erl:ißlich, wenn das hermeneutische Verfahren selbst nicht zur Ideologie werden von Intentionen, die dem Bewußtsein des Handelnden verfügbar sind, würden will. [... ] Die Verwendungvon Verfahren, die dem empirisch-analltischen \7is- als lJrsachen mißverstanden. [...] '!f'ürde dagegen die Erziehungswissenschaft sich ausschließlich hermeneutisch senschaftsbegriffverpflichtet sind, ist deshalb die Bedingung daftir, daß die Erzie- hungswissenschaft ihren emanzipatorischen Charakter entfalten kann. verstehen, sich in der Analyse von osprach-Spielen< erschöpfen, in denen das Erziehungshandeln sich orientiert, dann bliebe gerade auch die Abhängigkeit t...1 der Sprache von sozialen Gewalten undurchsichtig, ihr ideologischer Charakter Verarbeitung sensorischer Daten und Diskussion kommunikativer Erfahrung ge- '\?'elche ungeklärt, ihre Funktion als Vehikel materieller Interessen verborgen. Die Analyse hören also fur die Erziehungswissenschaft untrennbar zusammen. Daten eines pädagogischen Erfahrungsberichtes, sei er nun von einem der sogenannten ftir das Verständnis von Erziehungsphänomenen relevanr sind, sagen diese Daten pädagogischen Klassiker oder einem Erzieher unserer Täge verfaßt, würde zwar nicht selbst, sondern es ergibt sich aus jener kommunikativen Erfahrung, in der das dort geltende Sprach-Spiel zum Vorschein bringen können, sie würde aber Bedeutungen, das heißt also auch Bedeutsames und Nicht-Bedeutsames, formu- zur Kritik des Textes nur beschränkt fähig sein: liert werden. Nicht das Experiment sollte deshalb als der Protoqp erziehungs- ,sprache als Tiadition ist offenbar ihrerseits abhängig von gesellschaftlichen wissenschaftlicher Forschung gelten, sondern die teilnehmende oder besser: die Prozessen, die nicht in normativen Zusammenhängen aufgehen. Sprache rsr auch beteiligte Beobachtung. [...) ein Medium von Herrschaft und sozialer Macht. Sie dient der Legitimation von Aber auch auf das Experiment kann hier nicht verzichtet werden, und zwar Beziehungen organisierter Gewalt. Soweit die Legitimationen das Gewalwerhdlt- sowohl in seiner empirisch-analltischen wie in seiner gesellschaftlich-praktischen nis, dessen Institutionalisierung sie ermöglichen, nicht aussprechen, soweit dieses in den Legitimadonen sich nur ausdrückt, ist Sprache auch ideologisch. Dabei 8. ]. Habermas, a. a. O., S. r78 258 BrrouNcsrHEoRETIScrrE Drsxunss IN oBn BRD Mollenhauer: Erziehung und Emanzipation 259 Form. Die lKommunikationsgemeinschaftn ist nicht nur der Interaktionszusam- uiehr Abiturienten den Zustrom zur Uniuersität drosseln. Welche Position würde menhang derer, die sich über vorgängige Orientierungen im Handeln verstän- Mollenhauer u.,ohl in diesem Fall einnehrnen ? In welcher Veise würdz dagegen im digen, sondern der Mtiglichkeit nach zugleich auch eine Experimentiergemein- uorliegend.en f htiuen Beispiel ein Wrneter dzr empirisch-analytischen Erziehungs- schaft, in der neue Sinnzusammenhänge entworfen, neue Handlungsorientierun- u.,issenschart u,,ie Brezinha argamentieren ? gen erprobt werden. Theorie und Praxis folgen hier dem gleichen Zweck: die 6. Wrgleichen Sie d.ie Konzeption Mollenhauers mit den frühen Aufgabenbeschrei- Befreiung von unbegrifFenen Abhängigkeiten voranzutreiben. Diese praktische bungen d.er Pädagogik al.s Vissenschafi uon Tiapp. Experimentiergemeinschaft versucht gegenwärtig ein Teil der jungen Generation in Schulen, Hochschulen, anderen Institutionen und eigens dafur geschaffenen neuen Kommunikationsfeldern wenigstens teilweise zu realisieren. Das ist der nicht nur pädagogische Sinn der Unruhe. Es wäre eine dem radonalen Zweck der \Tissenschaft gewiß nicht entsprechende Haltung, wenn durch die Verweige- rung der Mittel oder gar durch die Verweigerung der Kommunikation mit diesen Gruppen solche Experimente mit neuen Formen der Beteiligung, neuen Rollen, neuen Prozessen der Aneignung, des Handelns, des pädagogischen Kommunizie- rens verhindert würden. Gerade das nämlich würde dann bestätigen, was durch eine der Emanzipation verpflichtete Erziehungswissenschaft aufgehoben werden sollte: die Reproduktion der F.ntfremdung schon im Erziehungsprozeß. Arbeitsaufgaben t. Skizzieren Sie mit Mollenhauer die beiden in den 6oer Jahren konkurrierendcn wissenschafistheoretisclten Positionen innerhalb der Pädagogih. z. rVorin sieht Mollenhauer das ,konstitutiue Prinzipo fir Erziehung und Bildung und welche Aufgabenstellung leitet er daraus f)r die Erziehungswissenschafi ab ? An welche äbere Theorietradition hnüpfi diese grundsätzliche Festlegung an ? 3. Mit welrhen Argumenten begründzt Mollznhauer seine Auffissung daf ein an d.en Naturwissenschafien lrientiertes Wissenschafisuerständnig wie es Brezinka uertritt, nicbt zum Vorbild sozialu,'issenschafilicher Forschung gemacht uterdzn solle ? 4. Tiotz der lSitik an Brezinhas Affissung halt Mollenhauer empirische Forschung auch in der Erziehungswissenschafifir unuerzichtbar. An welchen Leitlinien muf sich empirische Forschung im Sinne Mollenhauers allerdings orientieren? 5. Wranschaulichen Sie die programmatischen Überlegungen Mollenhauers zu dßn Aufgaben der Erziehungswissenschafi an folgendem fhtiuen Beigiel: Die Konfe' renz der Kuhusminister will angesichts der immer weiter steigendrn Abiturien' tenzahlen und. d.er immer lauteren Kagen über die mangelnde Studierfihigheit

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