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This document describes the foundational concepts of empirical research. It discusses different perspectives on knowledge, contrasts everyday and scientific experiences, and outlines the scientific method, including its methodologies and aims. Furthermore, it touches upon applied educational research and its importance in school pedagogy.
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VO Grundlagen empirischer Forschung EINFÜHRUNG Wozu? Für LP? LP müssen: unterrichten, erziehen, familäre Defizite ausgleichen, vorgebende Reformen im päd. Feld umsetzen, Unterrichtsgeschehen evaluieren Wissenschaftlich informierten „objektiv“ (kritisch...
VO Grundlagen empirischer Forschung EINFÜHRUNG Wozu? Für LP? LP müssen: unterrichten, erziehen, familäre Defizite ausgleichen, vorgebende Reformen im päd. Feld umsetzen, Unterrichtsgeschehen evaluieren Wissenschaftlich informierten „objektiv“ (kritisch) denkenden LP leichter Erkenntnisse aus aktuellen Studien zu ziehen & im U. umzusetzen WAS BEDEUTET „BERUFSFELDBEZOGENE FORSCHUNG“? Synonyme: Aktionsforschung, „action research“ Ziel: systematische Reflexion von Praktikern über Handeln in Absicht es weiterzuentwickeln Vorgangsweise: LP fomuliert prayisrelevant für sich bedeutsame Fragen aus schulischen Praxis (zur Unterrichtsmethode, Klassenklima, …) Aktionsforschung setzt: Aktion (handeln in der Praxis) und Reflexion (Selbstbeobachtung, Einbeziehung „critical friends“, Schlüsse ziehen, Alternativlösungen entwickeln, miteinander in Beziehung ERKENNTNISTHEORIE: Naturphilosophen: versuchen Welt durch Beobachtungen nach logischen Grundsätzen zu erklären &verstehen (von Mythos zum Logos = gr. Vernunft, Argument, Lehrsatz) → Pythagoras, Demokrit, Aristoteles, Roger Bacon (1285 – 1349): keine unnötigen Hypothesen aufstellen, auf überflüssige Teiler einer Theorie verzichten, Rene Descartes (1596 – 1650): „cogito erfo sum“ (oberstes Prinzip ist gesicherte Erkenntnis, Begründer des kritischen Rationalismus John Locke (1632 – 1704): „alle Erkenntnis geht von der Erfahrung der Sinne aus“, Begründer Empirismus, fordert vernunftmäße Erziehung, welche auf Erfahrung beruht; „tabula rasa“ Martin Heidegger (1889 – 1976): Vertreter der Denkrichtung „Phänomenologie“ (Wichtiger Bestandteil dieses Denkens ist Bemühen, das subjektive Erleben des Individuums nachzuvollziehen) Karl Popper (1902 – 1992): Begründer kritischen Rationalismus („Falisfikationsprinzip) ALLTAGSERFAHRUNG VS. WISSENSCHAFTLICHE ERFAHRUNG Alltagserfahrung:= sinnliche Wahrnehmungszusammenhänge, die sich auf soziale Ereignisbereiche des täglichen Lebens beziehen, wo die Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder über Wissen und Handlungskompetenzen verfügt. Wissenschaftliche Erfahrungen:= Ver- und Entflechtung von Wahrnehmungen und Beobachtungen, die in speziellen institutionellen Zusammenhängen und häufig mithilfe von spezifischen Instrumenten oder Apparaten hergestellt und reflektiert werden. Zwei Aspekten spielen besondere Rolle: Beschreibung und Kritik der jeweiligen Theoriebezüge und der Methodenverwendung Erfordernis von Sonderwissen und speziellen Handlungskompetenzen WISSENSCHAFTLICHE ERFAHRUNGEN BZW. DENKEN Wissenschaftler und Menschen im Alltag stellen Fragen Unterschied zw. Wissenschaftler und Alltagsmenschen liegt auf welche Art die Frage gestellt wird Mit Hilfe dieser Fragen will man z.B. menschliches Verhalten und Erleben beschreiben, erklären, vorhersagen und verändern. Seite 1 VO Grundlagen empirischer Forschung WISSENSCHAFT IST EIN WEG, ETWAS ÜBER DIE WELT ZU ERFAHREN Wissenschaft... ist eine Form der Welterschließung, sucht nach Fakten und will sie verstehen. sucht nach Mustern und Strukturen, aber auch nach Ursachen und Wirkungen. ist ein Prozess des Beschreibens, Interpretierens und Vorhersagens von Ereignissen in der Welt. Methoden: Wissenschaftler beobachten, sammeln Daten, kreieren mögliche Erklärungen oder Hypothesen, und überprüfen diese. Wenn erforderlich werden die Hypothesen revidiert und erneut geprüft. Wissenschafterzeugtnur„sehrwahrscheinliche“Erklärungen,dieaufder bestmöglichen Information aufbauen, über die man aktuell verfügt. folgt Grundprinzipien der Logik, des kritischen Denkens und der Standardprozeduren. Wenn Annahme oder Hypothese die Prüfung übersteht, dann wird sie als wahrscheinliche Erklärung, aber nicht als Beweis im engeren Sinne verwendet (Stichwort: Falsifikation (Karl Popper). beinhaltet die strenge Analyse und den fairen Vergleich alternativer Erklärungen unter Verwendung spezieller Kriterien. Erklärungen sind durch zahlreiche und verschiedene Evidenzen zu bestätigen. beruht bei nicht direkt beobachtbaren Phänomenen auf induktive Schlussfolgerungen und Interpretationen. ist kumulativ und verändert sich ständig. Sie baut auf bestehendem Wissen auf, will die Gültigkeit dieses Wissens ständig prüfen. kann nicht alle Probleme lösen und alle Fragen beantworten, und sie bezieht sich auch nicht auf den übernatürlichen Bereich. WAS IST WISSENSCHAFT NICHT? Nicht frei von Werten, Meinungen oder Verzerrungen, Wissenschaftler sind Menschen, kann nicht ganz objektiv sein, können ihre Beobachtungen und Interpretationen durch vorherige Erfahrungen und mentale Modelle verzerrt werden. Wissenschaft ist kein Prozess, bei dem eine Lösung für ein Problem so gut wie eine andere oder auch nur Ansichtssache ist – Wissenschaft ist nicht beliebig, sondern hat sich in der Wirklichkeit zu bewähren. Wissenschaft ist kein Selbstzweck, sondern will verstehen, erklären, Voraussagen treffen und einen Beitrag zur Gestaltung der Umwelt leisten. WAS IST WISSENSCHAFT – METHODEN D. W.? W. hat eigene Methoden (methodos → gr. Der Weg auf ein Ziel hin) entwickelt, die zuverlässige und gültige Untersuchungsergebnisse erzielen → eindeutige und gesicherte Antworten auf Forschungsfragen Die Methode ist das „Verfahren, das einen bestimmten Weg aufzeigt, um ein gesetztes Ziel zu erreichen Unter Methoden werden alle Mittel und Wege verstanden, die dazu dienen wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und in praktisches Handeln umzusetzen. Methoden sind Werkzeuge für den wissenschaftlichen Fortschritt. Achtung: Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen und Mapnahmen sind nur so gut wie die Methoden mit denen sie gewonnen werden (garbage in – garbage out) WAS IST WISSENSCHAFT – WIE ENTSTEHT WISSEN? Als Erfahrungswissenschaft (empirische Wissenschaft) haben die Wissenschaftler eigene Methoden entwickelt, um Fragen aus ihrem Fachgebiet zu beantworten. Dazu benötigt sie Erkenntnismethoden und Forschungsmethoden Erkenntnismethoden: Methoden, um Informationen zu sammeln, bündeln, auszuwerten und mit Theorien zu verknüpfen Seite 2 VO Grundlagen empirischer Forschung Forschungsmethoden: alle Hilfsmittel zur Gewinnung und systematischen Auswertung von Informationen oder Daten MYTHEN ÜBER METHODEN, PRAKTIKABILITÄT & STATISTIK Mythos Methoden: Naive Annahme, Forscher haben hauptsächlich die Methoden der Datensammlung und –analyse zu erlernen Jedoch: Fokus auf erkenntnisleitende und theoretisch relevante Fragen, Forschungsdesign entwickeln, das diese Fragen untersucht, Methoden erst danach auswählen (Beobachtung, Messung, Analyse), Ziel: Hypothesen und theoretische Annahmen überprüfen Mythos Praktikabilität: Betrachten Lösung praktischer pädagogischer Probleme als Hauptzweck der Forschung und streben unmittelbare Erfolge an. Jedoch: Ausgangspunkt pädagogischer Forschung oft in praktischen Problem, soll nicht primär vom Wunsch geleitet werden (schulisches Problem zu überwinden), Ziel von erziehungswissenschaftlicher Forschung: Erklärung und Theoriebildung und NICHT die Lösung praktischer Probleme Mythos Statistik: Problem 1 → grundsätzliche Geringschätzung der Statistik als methodisches Werkzeug Problem 2 → mangelhaftes Verständnis dafür, dass Forschungsdesign und Statistik miteinander verknüpft sind Jedoch: Ad 1:Statistische Verfahren wollen nicht die Realität abbilden, sondern helfen, Beobachtungen und Daten zu verstehen und hinsichtlich ihrer Generalisierbarkeit zu überprüfen. Ad 2: Alle statistische Verfahren haben Stärken und Schwächen und setzen in Bezug auf die Daten bestimmte Voraussetzungen voraus. Die Wahl statistischer Verfahren beeinflusst mehr oder weniger die Richtung der Forschun WAS IST WISSENSCHAFT – WIE ENTSTEHT WISSEN? Wissenschaft jede Idee willkommen, rundsätzlich jede Idee muss sich jederzeit der Kritik stellen, auch unabhängig davon, ob sich jemand „betroffen“ fühlen könnte. Jede Idee gilt solange bis andere überzeugendere Idee Gibt keien absoluten Wahrheiten, jede Behauptung muss widerspruchsfrei und falsifizierbar sein, Jede Theorie muss systematische Suche nach Gegengründen zulassen, Wissenschaft ist offener Prozess, Jede empirische Erkenntnis gilt immer nur provisorisch. Zum Ethos jedes Wissenschafters gehört es, sogar selber an der Falsifizierung der von ihm selbst aufgestellten Theorie zu arbeiten. Wissenschafltiche Theorien sind Hypothesen mit denen wir arbeiten bis sie sich bewähren, sind niemals „wahr“ oder „endgültig“, nur vorläufig Falsifikation: Grundidee nach Popper: Wissenschaftlicher Fortschritt ist nur durch systematische Eliminierung falscher bzw. schlecht bewährter Aussagen mittels empirischer Falsifikation möglich. Sie bedeutet, durch kritische Empirie die Untauglichkeit einer Theorie nachzuweisen. BASISZIELE WISSENSCHAFTLICHER TÄTIGKEIT (Sozialwissenschaftliche) Forschung definiert ihre Ziele (beschreiben, erklären, vorhersagen) in vier wesentliche Bereiche: 1. Deskription (Beschreibung von Tatbeständen und Sachverhalten) 2. Überprüfung (von Theorien und Hypothesen) 3. Evaluation (Überprüfung der Wirksamkeit von Projekten, Prozessen oder sozialen Interventionen) 4. Exploration (die Erforschung/ Erkundung von Tatbeständen) Seite 3 VO Grundlagen empirischer Forschung BASISANFORDERUNGEN FÜR EMPIRISCHES FORSCHEN: Anpassung der Vorgangsweise im Lichte der Fragen, Ziele und Rahmenbedingungen (Spezifikation des Ablaufmodells - Forschungsdesign) Begründung der Auswahl eines geeigneten Forschungsdesigns und der passenden Forschungsmethoden Bestimmung des Exaktheitsniveaus und der angestrebten Reichweite der Aussagezusammenhänge Ausbalancieren der Nähe-Distanz-Thematik (Bsp. Selbstbetroffenheit, politisches Engagement, intervenierende Sozialforschung vs. teilnahmslose Aufzeichnung) Beachtung internationaler Dimensionen und lokaler Fachkulturen, methodenspezifischer Gütekriterien und forschungsmethodischer Spielregeln („relative Regelgeleitetheit“) SCHULPÄDAGOGIK ALS WISSENSCHAFTLICHE DISZIPLIN Untersucht als empirische Wissenschaft praktische Handlungsfelder war lange Zeit hermeneutisch ausgerichtet (→Verstehen der schulischen Wirklichkeit, um davon ausgehend Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten), hat mittlerweile einen starken Empirieschub (→Bildungsforschung; normative und kritische Aussagen, wie Schule sein sollte) erlebt Durch verschiedenen Zugänge ist Schulpädagogik eine vielfältige Disziplin, die in der Lage ist, die schulische Wirklichkeit zu beschreiben, zu analysieren und zu kritisieren BILDUNGSFORSCHUNG ALS TEIL DER SCHULPÄDAGOGIK Möchte Zusammenhänge aufzeigen, Orientierungs- und Steuerungswissen bereitstellen, zu Entscheidungsfindungen in der Bildungspraxis und Bildungspolitik beitragen Findet häufig an außeruniversitären Einrichtungen statt (z.B. BIFIE/IQS BIST, Reifeprüfung; IEA (TIMSS, PIRLS); OECD (PISA) Hat Aufgaben wie: Bedarfsanalysen zu erstellen, bei Outputsteuerung durch Evaluationen zu helfen, Bildungsstandards zu konstruieren, Bildungsverläufe zu diagnostizieren, die Gründe für Abbrecherquoten in Schulen zu erforschen, ,... BEZOGEN AUF DIE BILDUNGSFORSCHUNG Seite 4 VO Grundlagen empirischer Forschung VON DER IDEE ZUR ABSCHLUSSARBEIT Der Forschungsprozess: Studienplanung (Informationsbeschaffung, Überblick verschaffen, Planung) → Durchführung (Erhebung, Datenerfassung) → Datenmanagement (Datenkontrolle, Datenaufbereitung) → Datenanalyse (Datenauswertung und – analyse) → Präsentation, Interpretation und Diskussion Ergebnisse Idee → Thema → Forschungsfrage IDEE Herausforderung 1: Idee, die wissenschaftlich bearbeitbar ist, d.h. Problem muss mit (sozial) wissenschaftlichen Methoden für Außenstehende nachvollziehbar sein Herausforderung 2: Idee, die wirklich interessant ist, Thema länger und intensiv auseinander setzen Ziel: Gewinnung neuer und gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse Möglichkeiten der Themenfindung: Lexika, Hand- und Lehrbücher, Beiträge in Monografien/Sammelwerken, Fachzeitschriften, Internet/offizielle Dokumente Die Mitarbeit an Forschungsprojekten Mitarbeit einer Lehrveranstaltung oder an Projekten, die von Instituten angeboten werden Vorteil: teilweise vorgegebene Fragestellung, Untersuchungsdesign, vorhandene Daten, Weitere Anregungen Fallstudie Selbstbeobachtung (Introspektion) Analyse von Faustregeln Wandel von Alltagsgewohnheiten Probleme der Gesellschaft Methode „Schneeballsystem“ Lexikon, Paradepublikation, Rezeption Artikel IDEE → THEMA 1. Wissenschaftliche Relevanz →Werden neue Erkenntnisse angestrebt? 2. Gesellschaftliche Relevanz →Werden z.B. aktuelle Fragen und Probleme der Gesellschaft behandelt? 3. Knüpft die Themenbearbeitung an aktuelles Fachwissen an bzw. kann darauf Bezug genommen werden? 4. Ist das Thema mit (sozial)wissenschaftlichen Methoden bearbeitbar? 5. Kann das Thema (Problemdarstellung) klar und eindeutig formuliert werden? 6. Sind relevante (und aktuelle) Quellen (z. B. Fachliteratur) verfügbar? 7. Reichen die eigenen (methodischen) Vorkenntnisse aus, um das Thema im Rahmen der vorgegebenen Zeit und in der geforderten Tiefe bearbeiten zu können? 8. Zeitliche Ressourcen → Ausreichen Zeit für Themenfindung →Recherche→... mehrmaliges Korrekturlesen? 9. Finanzielle Ressourcen? 10. Persönliches Interesse und Motivation? →Will ich mich mit der Idee weiter befassen? Wie sehr interessiert mich die Sache? Was genau will ich wissen und warum? THEMA → FORSCHUNGSFRAGE Ziel: Forschungsprobleme zu konkretisieren Seite 5 VO Grundlagen empirischer Forschung Je präziser die Fragestellung, desto klarer lässt sich ein Forschungsvorhaben in Folge strukturieren, planen, organisieren, durchführen, auswerten, analysieren, interpretieren und kritisch diskutieren. Gute Forschungsfragen erkennen Sie daran, dass......sich das Forschungsvorhaben mit den Vorkenntnissen und den zur Verfügung stehenden Mitteln in der zur Verfügung stehenden Zeit durchführen lässt,... die Forschungsfrage prinzipiell mit empirischen Mitteln beantwortbar ist,... der Untersuchungsgegenstand in der Fragestellung deutlich und präzise erfasst ist,... sich Annahmen und etwaige Hypothesen, die der Fragestellung zu Grunde liegen bzw. sich aus ihr ableiten lassen, berücksichtigt werden. Forschungsfrage: aufgrund geringer Wissensbasis nicht konkret formuliert, ist meist der Startpunkt eines wissenschaftlichen Vorhabens, wird im Verlauf der Arbeit ausformuliert (W-Frage) Beispiel: Beeinflusst der Lockdown von Schulen nachhaltig das Bildungsniveau der Jugendlichen? Wenn ja, wie? Die Ableitung der zentralen Forschungsfrage aus einem Thema kann entweder mit „deduktiven“ oder „induktiven“ Problemlösestrategien erfolgen. Davon ausgehend, kann eine „quantitative“ oder „qualitative“ Lösungsstrategie gewählt werden. PROBLEMLÖSESTRATEGIEN Induktion = Schließen vom Einzelnen auf etwas Allgemeines (hypothesenerkundendes Verfahren) Ich sehe einen weißen Schwan → und folgere daraus: „Alle Schwäne sind weiß“ ABER Es gibt auch schwarze Schwäne → DESHALB Der induktive Schluss vom Einzelnen auf das Allgemeine ist somit nicht unproblematisch: Induktive Schlüsse haben nur Wahrscheinlichkeitscharakter Deduktion = Ableiten des Besonderen aus dem Allgemeinen (hypothesenprüfendes Verfahren) Z.B. Ich weiß, dass Mittwoch nachmittags die Geschäfte im Ort geschlossen haben und heute ist Mittwoch, deshalb gehe ich davon aus, da heute Mittwoch ist, die Trafik geschlossen hat. Das Deduktionsprinzip ist logisch stringenter als das induktive Vorgehen. Eine Hypothese ist bei induktiver Vorgehensweise das Resultat und bei deduktiver Vorgehensweise der Ausgangspunkt einer empirischen Untersuchung JE NACH FRAGESTELLUNG QUANTITATIVE ODER QUALITATIVE METHODE: Quantitativen Ansatz: Messwerte statistisch nach linearen Strategien anaalysiert (eher deduktiv und von einer größeren Stichprobe ausgehend) Qualitativer Ansatz: verbale bzw. nicht numerische Daten interpretativ (sinnverstehend) und zirkulär verarbeitet (eher induktiv und vom Einzelfall bzw. wenigen Fällen ausgehend) → viele Forschungsprojekte kombinieren beide Ansätze Seite 6 VO Grundlagen empirischer Forschung AUSGANGSPUNKT ANSÄTZE UND METHODEN DER BILDUNGSFORSCHUNG FRAGEN, DIE ZU BEGINN GESTELLT WERDEN SOLLTEN Zu beginn einer wissenschaftlichen Untersuchung müssen 5 Fragen gestellt werden: 1. Ziel: Was soll erhoben werden? (mit welcher Methode lasst sich Forschungsfrage beantworten) 2. Tragweite: Welche Auswirkungen/Folgen im sozialen Umfeld sind aufgrund des Einsatzes einer bestimmten Methode im sozialen Umfeld zu erwarten? (missbräucliche Verwendung von Daten,..) 3. Machbarkeit: Ist die Methode unter den gegebenen Rahmenbedingungen einsetzbar? ( genügen große Anzahl der Personen, ist es für mich machbar) 4. Zumutbarkeit: Wie sieht es mit der Belastung der teilnehmenden Personen aus? ( werden sie zeitlich nicht zu viel strapaziert, durch Erhebungsinstrument zu viel zugemutet?) 5. Ökonomie: Reiche die zeitlichen Ressourcen und finanziellen Mittel aus? (Fahrkosten, Fahrzeiten, … NEUN GRUNDLEGENDE FORSCHUNGSANSÄTZE 1. Historische Studien: Ziel: Systematische Rekonstruktion vergangener Ereignisse d. Sammlung, Bewertung u. Prüfung von Quellen (Zeitzeugen, Dokumente) Beispiel: Analyse und Beschreibung der Erziehungslehre von Comenius Seite 7 VO Grundlagen empirischer Forschung 2. Beschreibende Studien: Ziel: Systematische und exakte Beschreibung der Fakten und Merkmale einer gegebenen Population oder eines Untersuchungsfelds Beispiel: Epidemiologische Untersuchungen über das Auftreten von Aggression unter Jugendlichen Shell Jugendstudie – Eine Generation meldet sich zu Wort (seit 1953, 2019 – 18. Ausgabe) 3. Entwicklungsstudien (Zeitreihen, Verlaufsstudien): Ziel: Untersuchungen von Mustern oder Abfolgen der Reifung oder der Veränderung im zeitlichen Verlauf Beispiel: Längsschnittuntersuchung zur Art und zum Verlauf der Intellektenuntersuchung (im Sinne Piagets) 4. Einzelfall- und Feldstudien: Ziel: Eingehende Untersuchung des Hintergrunds, des aktuellen Zustands und der Interaktion mit der Umwelt eines Individuums, einer Gruppe oder einer Institution Beispiel: ethnografische Studien zur Alltagsmathematik „Die Arbeitslosen von Marienthal“ (Studie über langandauernde Arbeitslosigkeit) 5. Korrelationsstudien: Ziel: Untersuchungen über das Ausmaß des Zusammenhangs zwischen zwei oder mehreren Merkmalen Beispiel: Zusammenhang von Familienmerkmalen und schulischem Erfolg von Kindern Die Auswirkung des „home schooling“ auf die Lehrperson – VS Kind Beziehung 6. Kausal-analytische oder Ex-post-facto-Untersuchungen: Ziel: Die Untersuchung möglicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge durch Beobachtung bestehender Folgen und Rückwärtssuche nach kausalen Faktoren anhand konkreter Daten Beispiel: Schulleistungsstudien (Large-Scale-Assessments) wie PISA, TIMSS, PIRLS 7. Echte Experimente: Ziel: Erfassung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge durch systematische und willkürliche Veränderung der Ausgangsbedingungen u. exakte Erfassung der Folgezustände durch Vergleich von Experimental- und Kontrollgruppen Beispiel: Wirkung von Stress auf Schulleistungen unter verschiedenen Laborbedingungen 8. Aktionsforschung: Ziel: Untersuchungen zur Entwicklung neuer Ansätze oder Problembewältigungsstrategien mit direkter Anwendung auf die Praxis und mit direkter Rückkoppelung durch die Betroffenen Beispiel: Job Shadowing – ein erster Schritt im Rahmen der Trialen Berufsfeldvorbereitung. Erkenntnisse der Berufsvorbereitung im Rahmen des BLuE-Hochschulprogramms 9. Quasiexperimentelle Untersuchungen: Ziel: Annäherung an die echten experimentellen Bedingungen, wobei jedoch nicht alle relevanten Variablen kontrolliert oder systematisch variiert werden können mit Einschränkungen der internen und externen Validität (meist anwendungsorientierte Forschung) Beispiel: Untersuchung der Effektivität unterschiedlicher Unterrichtsmethoden in gegebenen Schulklassen PROBLEMDARSTELLUNG – WISSENSTAND Wissenschaftliche Forschung will Probleme lösen – jedoch der erste Schritt, das Problem zu konkretisieren und zu explizieren, ist der Schwierigste, aber auch der Wichtigste! Erhebung des Wissensstandes z.B. durch ein ein Narratives Review bzw. eine Metaanalyse Seite 8 VO Grundlagen empirischer Forschung NARRATIVE REVIEW Integrative Übersichtsartikel, die vielfältige Befunde zu einem Forschungsgebiet im Sinne eines „Aufsatzes“ referieren, zusammenfassen und bewerten „narrativ“ → ohne strikte Vorgaben wird das Gewonnene „erzählt“ Vorteil: erspart zeitaufwendige Literaturrecherche, Vorstrukturierung des Themengebietes, Verknüpfung diverser Forschungslinien, Diskussion, Einordnung und Verknüpfung der Hauptbefunde, weisen auf Desiderata hin Stärke liegt in der interpretativen Leistung bei der Analyse empirischer Studien, im Theorienvergleich und in der Theorienintegration kann Theorie(weiter)entwicklung anstoßen METHANALYSE:... eine Gruppe unterschiedlicher statistisch-methodischer Ansätze, die eine größere Zahl voneinander unabhängiger Studien zu einem Thema statistisch aufarbeiten, integrieren und relevante von irrelevanten Einflussgrößen trennen→ „Analyse der Analysen“ Schwachstelle: Verwendung forschungsmethodisch schwacher Primarstudien (garbage in – garbage out) Qualität statt Quantität Verwendung problematischer Meta-Analysen für „Meta-Meta-Analysen“ Beispiele: Visible learning Hattie →Meta-Meta-Analyse Förderung des Leseverständnisses bei Schülern mit Lernschwierigkeiten Schulleistungen von Jungen und Mädchen in der Grundschule Intelligenz und Ausbildungs- und Berufserfolg Textverständnisförderung durch Verstehensstrategien EXPOSÉ Am Ende dieser Phase steht das Exposé bzw. die Projektskizze, sie weist folgende Bestandteile auf: Wichtige Ausgangspunkte, Hinweise zum gewählten Themenbereich im übergreifenden Zusammenhang (Problemlage) und zu allfälligen Vorarbeiten Begründung der Themenwahl (Erkenntnis- und Forschungsinteresse) Hinweise zum Stand der Forschung im gegenständlichen Forschungsfeld Vorläufige Fragestellung(en) und Zielsetzung der Arbeit Auswahl relevanter Bezugstheorien Überlegungen zur Methodenwahl und zum Design der Arbeit Vorläufiges Verzeichnis von Literatur und Internetquellen Vorläufige Gliederung Grober Arbeits- und Zeitplan sowie Hinweise zu allenfalls benötigten Mitteln und Ressourcen Seite 9 VO Grundlagen empirischer Forschung ZENTRALE BEGRIFFE DER THEORIEKONSTRUKTION BEGRIFFSKLÄRUNG: Axiome:= Regelhaftigkeiten, die weder bestätigt noch widerlegt werden können (Bsp.: Newtonsche Axiome (Trägheits-, Aktions- und Reaktionsgesetz)) Prämisse:= Vorraussetzung oder Annahme bzw. Aussage, aus der eine logische Schlussfolgerung deduktiv gezogen wird Theorie:= ist eine deduktiv abgeschlossene Menge an Aussagen (Formeln), die Menge an Aussagen muss wahr sein können und zudem in sich abgeschlossen und widerspruchsfrei sein; sind üblicherweise mit dem Anspruch verknüpft, durch Beobachtungen bzw. Experimente auf ihren „Wahrheitsgehalt“ überprüft werden zu können Theorem:= Aussagen über Regelhaftigkeiten und Gesetzmäßigkeiten, die durch eine Theorie erklärt und Beobachtungen bestätigt werden müssen, Wenn die Axiome wahr sind, müssen auch die von ihnen streng abgeleiteten Theoreme wahr sein. Bei Theoreme müssen die Axiome gekannt und benannt werden können! These: = ist eine Relationsaussage über die beobachtbare Wirklichkeit, deren Wahrheitsgehalt ebenfalls eines Beweises bedarf. Ist die These nicht beweisbar, kann sie nicht aufrechterhalten werden und muss verworfen werden. Gelingt ein solcher Nachweis nicht, kann an ihr festgehalten werden Gesetze ( oder abgeschwächt Regeln):= All-Aussagen (=Feststellungen) bzw. wissenschaftliche Thesen, die für alle Sachverhalte, Beziehungen, Eigenschaften und Personen ohne Ausnahme zutreffen, hinreichend bestätigt wurden, sodass sie als wahr bezeichnet werden können (z.B. „Hunde sind Säugetiere“ ) (Forschungs)Hypothese:= These hinsichtlich ihres „Wahrheitsgehaltes“ empirisch zu überprüfen, ist eine Unterstellung, eine Annahme, eine Vermutung. Sie ist eine Aussage, die nicht, oder noch nicht hinreichend bestätigt wurden; usammenhänge, Unterschiede und Veränderungen in den interessierenden Populationen (Statistische Hypothese Null-, Alternativhypothese); geben Hinweise, welche Daten erhoben werden müssen bzw. wie die Zusammenhänge der Variablen getestet werden sollen ETHIK Forschungsethik: Darunter werden in den Sozialwissenschaften im Allgemeinen all jene Prinzipien und Regeln zusammengefasst, in denen mehr oder minder verbindlich und mehr oder minder konsensuell bestimmt wird, in welcher Weise die Beziehungen zwischen den Forschenden auf der einen Seite und den in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen einbezogenen Personen auf der anderen Seite zu gestalten sind.“ Forschungsethische Prinzipien Begründungsanspruch → Bsp. Auswahl der Themen und Methoden) Forderung der Methodenexplikation → d.h. der ausdrücklichen Benennung und Beschreibung der jeweiligen Forschungsmethoden Kriterien für qualitätsvolle Forschung Sorgfalt, Umsicht, Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit, Offenheit, Vertraulichkeit Seite 10 VO Grundlagen empirischer Forschung Ethische Prinzipien empirischer Forschung Wurden zu Beginn des Projektes die Forschungspartner und kooperierenden Einrichtungen über Motive, Ziele und Aufgabenverteilungen aufgeklärt? Wie wird die Vertraulichkeit gewährleistet? Wurde einvernehmlich festgelegt, wer in welcher Weise mit Materialien und Ergebnissen umgehen darf? Wurde z.B. in einem Ausbildungszusammenhang (z.B. drei Interviews oder eine Gruppendiskussion) ein mündlicher Vertrag gemacht? Allen Beteiligten sollte Beteiligten klar sein, wozu sie ihre Zustimmung geben. Wenn Kinder zu Forschungszwecken beobachtet oder befragt werden: Wurde vorab das Einverständnis der Eltern eingeholt?!! Wurde mit allen Beteiligten hinsichtlich der Verwendung von Materialien fair umgegangen? Mitteilungen „off the records” bleiben “off the records”. Wurden die Befragten über die Forschungsresultate aufgeklärt bzw. wird mit den Ergebnissen fair umgegangen? Haben Sie auf einen sorgsamen und geschlechtersensitiven Umgang mit allen Beteiligten auch hinsichtlich ihrer Herkünfte, Zugehörigkeiten zu Milieus oder Teilkulturen, Einkommensverhältnisse, etc. geachtet? Haben Sie die personenbezogene Daten streng vertraulich und in anonymisierter Form (Datenschutz) behandelt? Bei Experten*innen-Interviews oder Befragungen von Personen des öffentlichen Lebens gibt es da Ausnahmen (Bsp. Politik); diese sind aber ggf. einvernehmlich und schriftlich festzulegen. Wie verhalten Sie sich, wenn Wünsche/Forderungen von Proband*innen bzgl. der Darstellung der Ergebnisse geäußert bzw. eingefordert werden? Haben Sie der Verführung, Daten im Lichte erhoffter oder erwarteter Ergebnisse »hinzubiegen«, nachgegeben bzw. Plagiate (Redlichkeit!) durchgeführt? ACHTUNG: Wurde über die Bildungsdirektion die wissenschaftliche Untersuchung an den Schulen rechtzeitig angesucht? Warum wird auf Forschungsethik und Datensicherheit so hohe Rücksicht genommen? Weil die forschende Person eine SORGFALTSPFLICHT hat, weil es sich um persönliche, sensible Daten handelt, weil es oftmals leicht ist, die Identität der Befragten ohne großen Aufwand zu identifizieren weil Rechte Dritter verletzt werden könnten (z.B. Kollege / Kollegin in in einer Schule meint sich im Interview zu erkennen) weil ggf. Personen befragt/beobachtet werden, die ihre Rechte nicht selbst vertreten können Auszug §4 Ethik-Kodex der DGfE: 1. Respektierung der Persönlichkeitsrechte der Proband*innen 2. Einbeziehung der ProbandInnen setzt Freiwilligkeit und aufgeklärtes Einverständnis voraus 3. Es dürfen keine Nachteile aus der Forschungsbeteiligung entstehen 4. Integrität der befragten oder beobachteten Personen ist zu wahren → Anonymität muss gewährleistet sein 5. Für alle am Forschungsprojekt Beteiligte ist die Schweigepflicht bindend 6. Daten sind zu verschließen und der Zugang zu vertraulichem Material zu kontrollieren Weiteres Haben Sie z.B. Transkripte frühzeitig anonymisiert? Seite 11 VO Grundlagen empirischer Forschung Bewahren Sie persönlichen Informationen der untersuchten Personen und das z.B. transkribierte Material getrennt auf? Haben Sie die Kontaktdaten gelöscht? Haben Sie die Daten bei nicht-mehr-Gebrauch bzw. nach Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung gelöscht? PLANUNG EINES FORSCHUNGSPROJEKTS PLANUNG EINES FORSCHUNGSPROJEKTS Herausforderung: Forschungsgegenstand, Frage, methodisches Vorgehen und die Ergebnisse müssen immer mit guten Argumenten begründet werden Argumente: begründen oder widerlegen eine Behauptung, in W. jede Behauptung mit Argumenten begründet und mit empirischen Daten belegt werden STATIONEN DES ARGUMENTIERENS: 1. Forschungsfrage und Forschungsgegenstand 2. Methodisches Vorgehen 3. Ergebnisse FALLEN BZW. „BLINDHEITEN“ DES ARGUMENTIERENS: 1. Ethnozentrische Blickwinkel (eigene Kultur als Maßstab beim Vergleich mit fremden Kulturen) 2. Vermengung deskriptiver und normativer Aspekte (Fehlschluss von Sein aufs Sollen) → Forschungsgegenstand muss mit einer gewissen Neutralität betrachtet werden. 3. Geschichtsblindheit (z.B. Manipulation von Menschen durch das Internet als etwas Neues zu bezeichnen, aber vergessen wird, dass Menschen schon lange davor durch Propaganda manipuliert wurden) 4. Geschlechtsblindheit (Übertragung der Erkenntnisse einer Studie auf das andere Geschlecht, obwohl dieses in einer Studie nicht überprüft wurde) 5. Gesellschaftsblindheit (z.B. vermehrtes Auftreten von Depressionen wird auf Störungen im Neurotransmitterhaushalt des Gehirns zurückgeführt, ohne zu beachten, dass der Leistungsdruck in der Gesellschaft zunimmt) Forschungsprozess (S. 5) SCHRITT 1: STUDIENPLANUNG (VORBEREITUNG & PLANUNG) Untersuchungsziel? Überprüfbarkeit? FORSCHUNGSFRAGE? Klärung organisatorischer und technischer Fragen (Tests? Einschluss- und Ausschlussverfahren, …) Klärung persönlicher und institutioneller Rahmenbedingungen Ethische Kriterien (Menschenwürde, Verantwortung, Informationspflicht, Freiwilligkeit) Kosten? Planung des Forschungsvorgehens Definition der Gestaltung der Stichprobe bzw. Stichprobengröße? Primärdaten? Sekundärdaten? Vollerhebung? Teilerhebung? Untersuchungs-/Forschungsdesign (Gütekriterien)? SCHRITT 2: DURCHFÜHRUNG (ERHEBUNG & DATENERFASSUNG) Erhebungsmethoden? (Schriftliche/ mündliche Befragung? Beobachtung? Experiment?, …) Seite 12 VO Grundlagen empirischer Forschung Nutzung von Sekundärdaten (Tagebücher, Romane, Autobiographien, Internetdokumente, quantitative oder qualitative Datensätze anderer Studien) SCHRITT 3: DATENMANAGEMENT (DATENKONTROLLE & -AUFBEREITUNG) Transkription von Interviews, Audio- oder Videoaufzeichnungen Dateneingabe (Datenmatrix, Verkodierung mit Kodeplan, Ausreißer, …)? Data Cleaning (Plausibilitätskontrolle, Transformation, …)? SCHRITT 4: ANALYSE (DATENAUSWERTUNG & -ANALYSE) Qualitative Auswertungsmethoden (z.B. qualitative Inhaltsanalyse, Grounded Theory, Qualitative Typenbildung, Narrationsanalyse, Objektive Hermeneutik, …) Quantitative Auswertungsmethoden (z.B. Deskriptive Analyse (Tabellen, Schaubilder, Häufigkeiten, statistische Kennwerte, …), Zusammenfassung von Variablen, Konstruktbildung, Inferenzstatistik, Hypothesentests, Konfidenzintervalle, multivariate Auswertungen, Mehrebenenanalysen, …) SCHRITT 5: PRÄSENTATION, INTERPRETATION & ERGEBNISDISKUSSION Veröffentlichen: Wissenschaftliche Erkenntnisse ohne Veröffentlichung sind wertlos, wiss. Ergebnisse müssen sich Kritik stellen An PH/UNI wegen Veröffentlichungsgebot die Präsentation der Arbeit mit Defensio (Arbeit vorstellen und gegen kritische Fragen verteidigen) Reflektieren beginnt schon vor der Abgabe: Habe ich die Arbeit von jemanden kritisch lesen und korrigieren lassen? Habe ich in der Einleitung klar mitgeteilt, was ich mit der Arbeit erreichen will, oder ist die Einleitung eine Verlegenheitslösung? Gibt es von der Einleitung über den Literaturteil bis zu den Hypothesen einen „roten Faden“ oder ist der Literaturteil gar ein „Fremdkörper“ in der Arbeit? Sind alle Quellen belegt? Habe ich nur Internetquellen verwendet? Sind die Hypothesen so formuliert, dass sie falsifiziert werden können? Sind die Forschungsfragen so formuliert, dass sie beantwortet werden können? Sagt die Zusammenfassung meiner Arbeit etwas aus? Spannt sich ein Bogen von der Einleitung über den Literaturteil, von den Ergebnissen bis zu den Erkenntnissen? Diskutieren – Reflektieren Prozentzahlen und grafische Säulen und Kreisdiagramme genügen nicht Bedeutung der Zahlen → Wirkungszusammenhänge nachdenken Ergebnisse in Zusammenhang mit Literatur Kritisieren In Fachzeitschriften nach Veröffentlichung eines Ergebnisses beleuchten Experten Ergebnis → Schwächen aufdecken (Peer review) Kritik ist ein wichtiges Element in der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung. Auch Rezensionen oder das Begutachten von Bachelor- und Masterarbeiten haben die Aufgabe, das Gedankengut kritisch zu würdigen. FORSCHUNGSDESIGN Forschungsdesign:= äußere Form einer empirischen Studie, gelegentlich auch Untersuchungsplan, Forschungsarrangement, Forschungstypus, Forschungsstrategie oder Forschungskonzeption, → übergeordnete methodologische Plan, nachdem Studie aufgebaut ist Forschungsmethode:= konkrete Wege zur Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der Daten, Die Methoden sind dem Design in der Planung logisch nachgeordnet und kommen innerhalb des Designs zum Einsatz. → Design und Methoden dienen dazu Forschungsfrage in konkretes Forschungsvorhaben umzusetzen Seite 13 VO Grundlagen empirischer Forschung WICHTIGE FORSCHUNGSDESIGNS (Quasi)Experiment (Zur Überprüfung von kausalen Zusammenhängen zwischen Ursache und Wirkung) Einzelfallanalyse („Case Study“; Untersuchung an nur einer Person) Survey (Mehr oder weniger große Anzahl an Personen wird zu einem bestimmten Thema befragt) Panel (Sonderform eines Surveys, aber als Längsschnitt angelegt, um Veränderungen zu untersuchen) Feldstudie (Forschungsobjekte werden in ihrer natürlichen Lebensumwelt studiert) Aktions-/Praxisforschung (Forscher sind Teil der Untersuchung und wollen Verbesserungen herbeiführen) Evaluationsforschung (Überprüfung von Wirksamkeit von Interventionen) Dokumentenanalyse (Nutzung von vorhandenen Daten (z.B. Romane, Tagebücher, Homepage, …) Meta-Analyse (Übersichtsstudie über viele einzelne Studien) METHODEN ZUR … ERHEBUNGSMETHODEN Recherche/Dokumentenanalyse: bestehende Daten werden verwendet; Dokumente können öffentliche und private, Tagebuchnotizen, Protokolle, Texte, … sein Datentyp = Handgefertigte Notizen zu Dokumenten, Akten Publikationen Beobachtung: Unstrukturierte Textdaten und Bilder (Skizzen), die während der Beobachtung erzeugt werden, Erhebung nicht sprachliche Daten; Grad der Beobachtung ist unterschiedlich hoch wissenschaftliche Beobachtung ist im Gegensatz zur Alltagsbeobachtung geplanter, systematischer, zielgerichteter und strukturierter Datentyp = Feldnotizen und (Auf)zeichnungen Befragung/Interview/Gruppendiskussion Informationen, die nicht durch Beobachtung erhoben werden können, werden zugänglich gemacht; z.B. Meinungen, Gefühle, Wissen, Gedanken; unterschiedlicher Grad der Standardisierung – vom Interview mit Leitfaden bis Fragebogen mit geschlossenen Fragen) Datentyp = Transkriptionen (Interview, offenen Frage eines Fragebogens, Gruppendiskussion) Audiovisuelle Medien Audiovisuelle Medien, die aus Bildern/Klangobjekten/Aufnahmen von Personen oder Plätzen stammen, die der Forscher oder eine andere Person angefertigt hat Datentyp = Bilder, Fotografien, Video, Kunstobjekte, Klangbilder, Tonaufnahmen AUFBEREITUNGSMETHODEN Fixierung:= Fixierung des Gehörten oder Gesehenen durch z.B. Protokolle, Memos, Beobachtungsbögen, Aufzeichnungen; durch Transkription werden Audio- oder Videoaufzeichnungen niedergeschrieben Seite 14 VO Grundlagen empirischer Forschung Selegierung:= Auswahl der Daten, die in die Auswertung einbezogen werden; Begründen, warum und weshalb bestimmte Daten ausgewählt wurden, und warum welche nicht) Strukturierung:= „Ordnung in das Chaos bringen“ QUALITATIV ODER QUANTITATIV? Qualitative Forschung verfolgt die gleiche die die quantitative: Qualitative Forschung zielt wie quantitative Forschung auf Verallgemeinerung, wobei die quantitative Forschung deutlich höhere Validität und einen höheren Grad der Verallgemeinerungen Qualitative Forschung zielt wie quantitative Forschung auf Theoriebildung, wobei der Schwerpunkt der quantitativen Forschung auf der Prüfung von Hypothesen liegt, die aus einer bereits vorliegenden Theorie deduktiv abgeleitet werden, während die qualitative Forschung hypothesengenerierend ist und zum induktiven Aufbau einer Theorie beiträgt Qualitative Forschung → induktive Schlussfolgerung → hypothesengenerierend Quantitative Forschung→ deduktive Schlussfolgerung →hypothesenprüfend BEGRIFFSKLÄRUNG: DREI FORMEN DES SCHLIEßENS 1. Deduktion: a. Schluss von Allgemeinen auf Besondere – Einzelfall wird einer bereits bekannten Regel untergeordnet b. Beginnt mit Theorie, werden Hypothese abgeleitet (deduziert) und numerisch empirisch überprüft c. Auswertungspraxis: vorab formulierter Kategorien wird Material interpretiert (z.B. Qualitative Inhaltsanalyse) d. = Subsumtionslogik (= hierarchische Ordnung von Begriffen) 2. Induktion („rekonstruktiv“) a. Schluss vom Besonderen einer üblichen Regelmäßigkeit auf das Allgemeine → von Stichprobe auf Gesamtheit b. Auswertungspraxis: vorliegenden Material Hypothese wird nachgegangen und Text wird auf weitere Hypothese begleitende Indizien abgesucht c. Rekonstruktion von Sinn bzw. Generieren von Kategorien, Deutungen „am Material“ 3. Abduktion (bzw. Abduktives Schlussfolgerungsverfahren) a. Von Pierce (1839 – 1914) begründet b. Begründete 3. Möglichkeit des logischen Schlusses c. Unverständliches wird im empirischen Material entdeckt und aufgrund eines geistigen Entwurfs eine neuen Regel wird, Regel gefunden und zugleich klar was der Fall ist d. Bei der Hypothesenbildung nehmen wissenschaftliche Theorien, wie auch Alltagstheorien einen heuristischen Stellenwert ein 4. Abduktion: a. Erklärende Hypothese wird gebildet b. Beginnt bei Betrachtung empirischen Phänomens, dass von einem Phänomen ausgehen auf allgemeine Regel, die Phänomene erklären kann c. Nicht nur auf einzelne Regel geschlossen sondern auf alle zum Zeitpunkt der Auslegung möglichen, das Phänomen möglich erklärende Lesarten d. Abduktion „ist mentaler Prozess, geistiger Akt, gedanklicher Sprung, der zusammenbringt, was man nie dacht, dass zusammengehört“ QUALITATIV ODER QUANTITATIV? Unterschiede bei… Zielorientierung Stichprobenziehung bzw. Fallauswahl vor der Auswertung Art und Weise er Datengewinnung Art des Samplings nach der Erhebung Seite 15 VO Grundlagen empirischer Forschung Umgang mit den Daten (Datenauswertung) Gütekriterien KENNZEICHEN QUALITATIVER FORSCHUNG genutzte Auswertungsstrategien: interpretative und hermeneutische Analyseverfahren Einzelfallorientierung Fallgruppenorientierung Ausrichtung: zumeist hypothesengenerierend, nicht hypothesentestend nicht auf Objektivität der Datengewinnung und -analyse gerichtet eingebunden sein des/der Forscher bei der Erhebung Fragestellungen→ Hypothesen →Variablen (Veränderliche Größen); es wird mit Instrumenten (z.B. Fragebogen) gearbeitet, die die jeweilige Ausprägung eines Merkmals möglichst quantitativ (numerisch) abbilden Orientierung am Skalenniveaus Zahlenmaterial kann dann statistisch ausgewertet werden (Verteilungen, Faktoren, Zusammenhänge, Unterschiede, …) Ziel = Falsifizieren bzw. (vorläufige Bestätigung) der Hypothesen FAZIT LEITIDEE: Welche Methode benötige ich, um die Fragestellung angemessen beantworten zu können? Was ist der Anlass meiner Forschung? Was will ich wissen? Wer sind die Adressaten meiner Forschung? Welche Forschungslogik passt zu meinem Vorhaben, nicht umgekehrt! → Qualitativ oder quantitativ → letztendlich entscheidet die Forschungsfrage und nicht, welche Methode ich persönlich bevorzuge! Seite 16 VO Grundlagen empirischer Forschung QUALITATIVE ERHEBUNGSMETHODEN (PRINZIPEN/GÜTEKRITERIEN/BEOBACHTUNG) Qualitativ oder quantitativ? → Seite 16 Kennzeichen quantitativer Forschung → Seite 16 BEISPIELE FORSCHUNGSMETHODEN QUALITATIVER FORSCHUNGSMETHODEN: PRINZIPIEN DER QUALITATIVEN DATENERHEBUNG Prinzip der Offenheit: Offenheit gegenüber Untersuchungspersonen, -situationen und -methoden, um Unerwartetes zuzulassen, soweit als möglich ohne Vormeinung in das Untersuchungsfeld gehen → Verzicht auf „Hypothesenbildung ex ante“ Prinzip der Kommunikation: sprachliche Kommunikation und Interaktion zw. Forscher und Forschungssubjekt (mit Gesprächen u. Interview) Prinzip der Prozesshaftigkeit: Design entwickelt sich Schritt für Schritt, beobachtete Verhaltensweisen und sprachliche Aussagen der Untersuchungsteilnehmer als prozesshafte Ausschnitte der Reproduktion und Konstruktion sozialer Realität, Prinzip der Reflexivität: bezieht sich auf Sinnzuschreibung von Handeln und sprachlichen Äußerungen, diese können nur unter Berücksichtigung des sozialen Kontexts bei Datenerhebung und - analyse sichtbar werden, Selbstreflexion der Forscher wird angesprochen: Gefühle, Eindrücke, … werden zu Daten und Interpretation einfließen → Forschungstagebücher dokumentiert Prinzip der Explikation: Transparenz, nach welchen die Daten interpretiert werden, Sicherung der Nachvollziehbarkeit und Intersubjektivität Prinzip der Flexibilität: Forschungsprozess muss sich evtl, ändern, → Bedingungen der Untersuchungssituation anpassen Forderung nach Mehtodenvielfalt Seite 17 VO Grundlagen empirischer Forschung VORAUSSETZUNG DER QUALITATIVEN DATENERHEBHUNG Ziel der qualitativen Forschung ist eine tiefgehende Erkundung eines Phänomens der sozialen Wirklichkeit zu leisten, um ein fundierten Verständnis der Welt zu generieren. Auswahl der Sampling VOR der Datenerhebung nach folgenden Zwecken. Entwicklung vieler Perspektiven → Sampling mit maximaler Variation Beschreibung eines Falles, der die Situation „dramatisch“ illustriert→ Sampling kritischer Fälle Beschreibung besonders störender oder aufschlussreicher Fälle →Sampling extremer Fälle Tiefer gehende Beschreibung einer Fallgruppe → homogenes Sampling Beschreibung, was typisch ist für diejenigen, die den Fall nicht kennen → Sampling typischer Fälle Generierung einer Theorie / Erkundung eines Konzepts→ theoretisches Sampling GRUNDSÄTZE DER QUALITATIVEN DATENAUFBEREITUNG Aufbereitung der Daten:= Ausgangsgrundlage der Auswertung: vor allem bei verbalen Daten mittels Transkription: zusammenfassendes Protokoll (im engeren Sinn keine Transkription, sondern komprimierte sinngemäße Darstellung des Gesagten, z.B. bei Methode der Inhaltsanalyse nach Mayring) vollständige Transkription (alle sprachlichen Äußerungen werden verschriftlicht) selektive Transkription (Auswahl der relevanten Sequenzen nach Thematik oder Interessantheit; ist bereits eine Interpretation der Person, die diese Sequenzen auswählen) kommentierte Transkription (Transkriptionsregeln meist nach mittlerer Genauigkeit; Sprachäußerungen u. Modalität der Ausdrucksweise (Tonfall, Sprechpausen etc.) werden berücksichtigt ) Achtung: Art der Transkription richtet sich nach dem Erkenntnisinteresse der Untersuchung Auswertung muss nach intersubjektiv nachvollziehbaren Arbeitsschritten erfolgen hergeleitete Interpretation muss auch von Anderen (z.B. in der Interpretationsgruppe) diskutiert werden und als schlüssig angesehen werden PROBLEM DER AUSWERTUNG UND ANALYSE: „Wie ist es möglich, aus den sprachlichen Äußerungen verschiedener Personen sinnvoll geordnete Erkenntnisse zu gewinnen, die gerechtfertigt, plausibel oder begründet sind?“ → Anders formuliert: Mit welcher Methode gelingt es die erhobenen Daten angemessen zu bearbeiten, um die gestellte Fragestellung zu beantworten? Wichtig im qualitativen Forschungsprozess: Erkenntnisinteresse Fragestellung Theoretische und methodologische Rahmen Auswahl und Konzipierung der Erhebung- und Auswertungsverfahren (Forschungsdesign) WAS WILL QUALITATIVE FORSCHUNG NICHT Erhebt NICHT den Anspruch auf Repräsentativität im Sinne von Verteilungsaussagen über eine Grundgesamtheit, es geht vielmehr um die Analyse, Beschreibung, Rekonstruktion sozialer Wirklichkeiten Daher sind methodenangemessene Gütekriterien anzulegen Seite 18 VO Grundlagen empirischer Forschung GÜTEKRITERIEN FÜR QUALITATIVE FORSCHUNG 1. Verfahrensdokumentation (Die Planung, Durchführung und Auswertung einer Untersuchung müssen genau dokumentiert werden.) 2. argumentative Interpretationsabsicherung (Interpretationen sind argumentativ zu begründen.) 3. Regelgeleitheit (Trotz Offenheit gegenüber dem Untersuchungsgegenstand und der Bereitschaft, ggf. geplante Analyseschritte zu modifizieren, darf nicht ein völlig unsystematisches Vorgehen resultieren.) 4. Nähe zum Gegenstand (Diese wird vor allem dadurch erreicht, dass man möglichst nahe an der Alltagswelt der beforschten Subjekte anknüpft.) 5. die kommunikative Validierung (Die Gültigkeit der Untersuchung kann man auch dadurch überprüfen, indem man die Ergebnisse den beforschten Personen nochmals vorlegt und mit ihnen diskutiert. Stimmen sie mit den Befunden überein, so kann das ein wichtiges Argument zur Absicherung der Ergebnisse sein.) 6. Triangulation (Triangulation meint, dass man versucht, für die Fragestellung unterschiedliche Lösungswege zu entwerfen und die Ergebnisse zu vergleichen. Die Ergebnisse der verschiedenen Perspektiven können miteinander verglichen und schließlich zu einem kaleidoskopartigen Bild zusammengesetzt werden.) BEOBACHTUNG ALS DATENERHEBUNGSMETHODE Beschreiben Vorgang des Sammelns von Informationen über Untersuchungsgegenstand Sicherung persönlicher Eindrücke und Kenntnisnahme auf Basis aller menschlichen Sinne Standardisierte Beobachtung (häufig in quantitativen Forschung): Vorfeld werden relevante Kriterien und Kategorien festgelegt und in Form von Beoachtungsbögen eingesetzt Nichtstandardisierte Beobachtung (bevorzugt qualitativer Forschung): in natürlichen Kontext ohne Einschränkungen durch vorher festgelegte Kategorien oder künstlich erzeugter Arrangements von Situationen zB: in ethnografischen Feldforschung, geht um lebensweltlichen Konzepten und Handlungsweisen der beobachteten Handlungsträger, die verstanden werden sollen Ausmaß der Fokussierung im Verlauf der Untersuchung verändern Mögliche Versuchsanordnung einer Feldstudie von „völlige Teilnahme“, „nicht teilnehmende“, oder „verdeckte Beobachtung“, Datentyp = Feldnotizen Erfahrungen und Erlebnisse werden durch das systematische Anlegen und Ausarbeiten von Feldnotizen festgehalten, um aus ihnen Daten für die nachträgliche Analyse zu gewinnen sind einfach nur schriftliche Skizzen, oft durch Zeichnungen angereichert, Memos, oder umfängliche Verschriftlichungen des Erlebten beinhalten auch Informationen über die Befindlichkeit und die Emotionen des Forschers/der Forscherin, seine Wünsche und Hoffnungen TEILNEHMENDE BEOBACHTUNG ist eine für die qualitative Forschung typische Form der Beobachtung Forscher nimmt bis zu einem gewissen Grad selbst am Alltag der beforschten Personen teil, um deren Handlungen wahrnehmen zu können. Steht oft in direkter persönlicher Beziehung zu den Beforschten Nähe zum Forschungsgegenstand hilft, um gehaltvolle und tiefgründige Daten zu erhalten richtet ihren Fokus nicht nur auf verbalsprachliche Daten, sondern auch auf die Verhaltensweisen und Handlungen Durch die Beobachtung im natürlichen Umfeld will der Forscher/die Forscherin verstehen, welche Bedeutung Alltagssituationen für die Beteiligten haben Seite 19 VO Grundlagen empirischer Forschung Herausforderung: Zur Rekonstruktion der Innenperspektive der Beteiligten, muss sich die forschende Person einerseits den Status als Fremder bewahren, andererseits aber gleichzeitig die kritische Außenperspektive aufgeben und selbst die Innenperspektive übernehmen („going native“) BEOBACHTUNGSPROTOKOLL: Möglichst detaillierte Beschreibung des räumlichen Settings (Tageszeit, Raum,…) sozialen Setting (wie viele Personen, Alter, Geschlecht, …) und der beobachten Aktivitäten enthalten (wer ist an Aktivität/Interaktion beteiligt,…) Möglichst beschreibend, Beobachter soll Personen des Geschehens nicht bewerten Jedoch: Bewertungen, Interpretationen und Reflexionen sind manchmal unvermeidlich und können wichtige Hinweise für die weitere Auswertung enthalten; sollten aber deutlich als solche gekennzeichnet und gegenüber der eigentlichen Beschreibung des Geschehens abgesetzt sein „QUALITATIVE ERHEBUNGSMETHODEN“ (INTERVIEW, GRUPPENDISKUSSION) DIE MÜNDLICHE BEFRAGUNG: DAS INTERVIEW Anwendung vorwiegend bei… Vertiefung von Forschungsthematiken Details erfragen Generierung von Hypothesen zeitlich und finanziell aufwendiger Qualitativ Leitfragen Offen für weiterführende Gedanken WICHTIGSTE INTERVIEWFORMEN: Narratives Interview: Offene, unstrukturierte Befragung für die Erhebung von biographischen Erzählungen. Episodisches Interview: Offene, teilstrukturierte Befragung für die Erhebung von biographischen Erzählungen und von Regelwissen. Problemzentriertes Interview: Offene, teilstrukturierte Befragung für die Erhebung subjektiver Einstellungen in Bezug auf ein gesellschaftliches Problem. Fokussiertes Interview: Offene, mehr strukturierte Befragung für die Erhebung subjektiver Sichtweisen in Bezug auf einen bestimmten Stimulus. Halbstandardisiertes Interview: Offene, teilstrukturierte Befragung für die Erhebung subjektiver Theorien über den Forschungsgegenstand. Experteninterview: Befragung von Personen, die sich durch eine besondere Expertise über den Forschungsgegenstand auszeichnen. Tiefeninterview: Offene, nur wenig strukturierte Befragung zur Aufdeckung unbewusster Strukturen. FORMEN DES INTERVIEWS Unterscheidung nach: Ausmaß der Standardisierung Nach Anzahl der Personen Autoritätsanspruch des Interviewers Nach Anzahl der Interviewer Nach Art des Kontaktes Nach Funktion Seite 20 VO Grundlagen empirischer Forschung Ausmaß des Standardisierung: Standardisiert (vollständig strukturiert) Fragen sind präzise formuliert, Antworten kurz und bündig Nicht standardisiert (unstrukturiert) Thematischer Rahmen vorgegeben, Gesprächsführung offen, Mitprotokoll von Stichworten oder Aufzeichnung Halb strukturiert Autoritätsanspruch: Weich (Einfühlsam, entgegenkommen, offen,...) Neutral (Betont infosuchende Funktion des Interviews, gleichwertiger Partner:in) Hart (Autoritär-aggressiv, wird bei tabu. Verhaltensweisen angewendet) Art des Kontaktes: Direkt – Telefonisch – (Computervermittelt) Intervieweranzahl: Ein/e Interviewer/in – Tandem – Hearing (Board – Interview) Anzahl des befragten Personen: Einzelinterview Gruppeninterview / Gruppendiskussion (5–6 Vpn) Zielgruppeninterview (6–9 Personen) Nach der Funktion: Ermittelnd (Informationen, Einstellungsinterview, Befragung,...) Vermittelnd (Beratungsgespräche) AUFBAU DES INTERVIEWS Planung und Vorbereitung 1. Thema (Literatur!) 2. Makroplanung / Mikroplanung Makroplanung bestimmt Struktur allg. Fragen zur Person Fragen zum Themenbereich I offene Diskussion Fragen zum Themenbereich II Abschlussgespräch Mikroplanung spezifiziert die Inhalte Abhängig vom Strukturisierungsgrad Einleitungs-, Kontakt- oder „Eisbrecherfragen“ → Aufmerksamkeit Übergangs- und Vorbereitungsfragen für Themenwechsel Ausstrahlungseffekte auf nachfolgende Themenbereiche können durch geschickte Ablenkungs- oder Pufferfragen reduziert werden. Der gesamte Ablauf kann durch sog. Filterfragen gesteuert werden PLANUNG UND VORBEREITUNG 1. Auswahl der Interviewpartner/innen 2. Standardisierung Seite 21 VO Grundlagen empirischer Forschung 3. Autorisierung 4. Vorbereitung ( Kontaktaufnahme / (wie?) Bekanntgabe Dauer und Ort Begrüßung / Eröffnungsfrage? Technische Geräte / Sitzarrangement? / Ende? Keine Ablenkungen (ansonsten Protokoll!) Was alles protokollieren? LEITFADEN FÜR FORMELLE INTERVIEWS Planung und Vorbereitung für den Leitfaden: Drei Fragen sind im Vorfeld zu klären: 1. Welche Themen sollen angesprochen werden? 2. Zu welchen Themen können die Befragten vermutlich etwas sagen? 3. Welches sind die wichtigsten vier oder fünf Themen? VARIANTEN VON LEITFADENINTERVIEWS 1. Problemzentrierte Interview (relativ offene Art; Interviewer steigt mit einem gewissen Vorverständnis und entsprechenden Erwartungen und Zielsetzungen in das Interview ein; Gemäß Vorwissen des Interviewers wird das Gespräch behutsam, aber bestimmt auf ein definiertes Problemfeld zentriert, wobei nach einem Leitfaden vorgegangen wird) 2. Fokussierte Interview (charakteristisches Merkmal ist die Konzentration auf bestimmte Aspekte einer gemeinsamen Erfahrung der Befragten; relevante Aspekte der Gemeinsamkeiten werden im Verlauf des Interviews herausgestellt und analysiert; z.B. pädagogisch-reflexive Interview, mit dessen Hilfe man Bildungsprozessen auf die Spur kommen möchte) 3. Tiefen- bzw. Intensivinterview (Interviewer versucht, dem Befragten eine bestimmte Bedeutungsstruktur für die beschriebenen Sachverhalte zu vermitteln. AUFBAU DES INTERVIEWS Checkliste („Vorbereitung“) Jede Frage erforderlich? Gibt ́s Wiederholungen? Fragen einfach, eindeutig u. auf einen Sachverhalt ausgerichtet? Negativ formulierte Fragen? Fragen zu allgemein? → konkretisieren! Fragen beantwortbar? Verlegenheitsfragen? Kann Ergebnis durch Abfolge der Fragen beeinflusst werden? Suggestivfragen? Sind Eröffnungsfragen richtig formuliert? Probeinterviews durchführen! INTERVIEWS Der „gute“ Interviewer... Muss gleichzeitig auf mehrere Dinge achten Ist aufmerksam gegenüber dem Befinden Lässt Pausen zu Gibt Stichwörter zum richtigen Zeitpunkt Wertet nicht Seite 22 VO Grundlagen empirischer Forschung Hat eigenes verbales und nonverbales Verhalten unter Kontrolle SECHZEHN GOLDENE REGELN DER INTERVIEWFÜHRUNG 1. Technik beherrschen 9. Einstiegsfrage finden 2. Ungestörtheit schaffen 10. Fragen formulieren 3. Vertrauen aufbauen 11. Offene Fragen stellen 4. Verständlichkeit beachten 12. Reihenfolge finden 5. Gespräch steuern 13. Interview beenden 6. Geduld haben 14. Interviewleitfaden ausprobieren 7. Flexibel bleiben 15. Kurzfragebogen erwägen 8. Zustimmung erbitten 16. Reflexion schreiben INTERVIEWS Gründe für Antwortverfälschungen Will Interviewer/in gefallen „Hawthorne“-Effekt (Untersuchungsziel beeinflusst Antworten) Geringe Bereitschaft zur Selbstenthüllung Konkrete Vermutungen über Auftraggeber / Untersuchungsziel („Sponsorship-Bias“) Kontext-Effekt Priming-Effekt Aufnahme Feldnotizen (werden während oder direkt nach dem Int. gemacht) Audioaufnahme (Vor- und Nachteile) Videoaufnahme (Vor- und Nachteile) Transkription Aufwändig, bringt aber Interviewer/in „näher“ zu den Daten Notizen über das Umfeld, das Geschehen, Gesten, Gefühle,... Kodierung und Nummerierung (jede Zeile wird nummeriert) Probleme (Sätze müssen oft überarbeitet werden, Bedeutung eines Wortes kann verloren gehen) Vorteile Tiefgründigkeit der Informationen Nachteile Inhalte Zeitaufwand Validität Datenanalyse Auskunft über Prioritäten der befragten Reliabilität Person Interviewer-Effekt Flexibilität Hemmung des Informanten Hohe Antwort-Rate Eindringen in die Privatsphäre therapeutische Funktion für Ressourcen des Interviewers Untersuchungspersonen EXKURS: FRAGEFORMULIERUNG Das Verständnis der Fragen hängt aus Sicht der Befragten von zwei Dimensionen ab: 1. Semantisches Verständnis: Was soll eine Frage oder ein Begriff in einer Frage „heißen“ ? Begriffe in Fragen unbekannt sind Seite 23 VO Grundlagen empirischer Forschung Fragen unklar formuliert sind, auch wenn die darin verwendeten Begriffe „bekannt“ sind Fragen zu schwierig formuliert sind Begriffe in Fragen mehrdeutig sind Begriffe verwendet werden, die legitimer Weise von jeder Befragungsperson individuell verstanden und individuell interpretiert werden können Begriffe verwendet werden, die von unterschiedlichen Befragungsgruppen unterschiedlich verstanden werden. 2. Pragmatisches Verständnis: Was wollen die Forscher eigentlich wissen? 10 GEBOTE DER FRAGEFORMULIERUNG 1. Gebot: Du sollst einfache, unzweideutige Begriffe verwenden, die von allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden! 2. Gebot: Du sollst lange und komplexe Fragen vermeiden! 3. Gebot: Du sollst hypothetische Fragen vermeiden! 4. Gebot: Du sollst doppelte Stimuli und Verneinungen vermeiden! 5. Gebot: Du sollst Unterstellungen und suggestive Fragen vermeiden! 6. Gebot: Du sollst Fragen vermeiden, die auf Informationen abzielen, über die viele Befragte mutmaßlich nicht verfügen! 7. Gebot: Du sollst Fragen mit eindeutigem zeitlichen Bezug verwenden! 8. Gebot: Du sollst Antwortkategorien verwenden, die erschöpfend und disjunkt (überschneidungsfrei) sind! 9. Gebot: Du sollst sicherstellen, dass der Kontext einer Frage sich nicht (unkontrolliert) auf deren Beantwortung auswirkt! 10. Gebot: Du sollst unklare Begriffe definieren! INTERVIEW: HANDLUNGSEMPFEHLUNG 1. Nur nachfragen, wenn interessiert 2. Suggestive Fragen, gespiegelte Rückmeldungen oder Interpretationen vermeiden 3. Zurückhalten, Rolle eines Fernsehmoderators, Gespräch leiten, Interesse bei Gast 4. Aussagen nicht bewerten und kommentieren 5. Gesprächspartner ausreden, stille Momente sind ok, → Zeit zum Nachdenken 6. Gesprächsleitfaden muss nicht zwingend chronologisch verfolgt werden 7. Themen nicht doppelt abfragen, wenn Frage „zufällig“ schon beantwortet wurde → nicht noch einmal fragen DIE MÜNDLICHE BEFRAGUNG: DAS GRUPPENINTERVIEW Gruppendiskussion Es muss entschieden werden: 1. Beteiligten Personengruppen & Zusammenstellung 2. Wie wird Gruppendiskussion (technische & lokale Bedingungen), Moderation und Tielnehmermotivation durchgeführt 3. Was sind Erkenntnisabsichten? 4. Wie wird transkribiert und analysiert? 5. Wie werden die Ergebnisse dargestellt und präsentiert? GRUPPENDISKUSSION: GRUPPENGRÖßE- UND ZUSAMMENSETZUNG Ideal 6-10 Personen (max 12) Seite 24 VO Grundlagen empirischer Forschung Realgruppen: bestehen auch außerhalb der Diskussionssituation; Achtung: Rollen- und Statusgefüge → hohe externe Validität, Künstliche Gruppen: sind zum Zweck der Diskussion zusammengesetzt und kennen sich nicht → hohe interne Validität homogene oder heterogene Gruppen: (Achtung: Wenn zu homogen oder heterogen, dann könnten unproduktive oder oberflächliche Diskussion entstehen). GRUPPENDISKUSSION: TYPISCHE MODERATIONSFEHLER 1. zu strikte Orientierung am Leitfaden, 2. VerwicklunginEinzelgespräche, 3. Fokussierung auf die Gesprächsleitung und zu geringe Orientierung an der Aussagekraft von Beiträgen, 4. Bemühen um Unsichtbarkeit (man sieht sich als Moderator oder Moderatorin als möglichen Störfaktor und will die Gruppe möglichst wenig beeinflussen), 5. zu geringe Berücksichtigung des Prozesscharakters (Phasen einer Diskussion und Gruppendynamik), 6. falsches Zeitmanagement, 7. zu schneller Themenwechsel bei Pausen oder schleppender Diskussion sowie 8. suggestives Auftreten. QUANTITATIVEN ERHEBUNGSMETHODEN (GÜTEKRITERIEN, SKALENNIVEAUS, FRAGEBOGEN) METHODEN DER QUANTITATIVEN DATEN Gewinnung quantitativer Daten durch: Direkte Messung der Einstellungsmessung: (Ergebnis von Messgerät ablesen, zB. Temperatur, Einstellungen anhand von Meinungen und Überzeugungen von Personen durch Fragebogen direkt erfassen, Personen sind sich Messvorgangs bewusst) Indirekte Messung der Einstellungsmessung: Personen sind sich Messvorgangs nicht bewusst (zB. Messung von Reaktionen der Haut/Gesichtsmuskeln;), Fragebögen und psychologische Tests GÜTEKRITERIEN FÜR QUANTITATIVE FORSCHUNG Hauptgütekriterien Nebengütekriterien 1. Objektivität 4. Normierung 2. Reliabilität 5. Vergleichbarkeit 3. Validität 6. Ökonomie 7. Nützlichkeit OBJEKTIVITÄT := Unabhängigkeit von subjektiven Einflüssen Gibt an, in welchen Ausmaß die Testergebnisse vom Testanwender unabhängig sind Unterscheidung: Durchführungsobjektivität: Testergebnisse durch Untersuchungsleistung nicht beeinflusst werden (zB. Testmanual) Auswertungsobjektivität: versch. Auswerter sollen bei Auswertung des gleichen Testprotokolls zur gleichen Punktanzahl kommen (zB. Beurteilungsraster) Interpretationsobjektivität: individuelle Deutung dürfen Interpretationen eines Testwertes nicht einfließen (zB. Testhandbücher) RELIABILITÄT := Messungsgenauigkeit, Zuverlässigkeit, Beständigkeit Grad der Genauigkeit wird gekennzeichnet, mit dem geprüftes Merkmal gemessen wird Seite 25 VO Grundlagen empirischer Forschung Maße für interne Konsistenz → zB. Cronbach’s Alpha die Reliabilität ist umso höher, je kleiner der zu einem Messwert X gehörende Fehleranteil ist Beispiel: Interrater-Reliabilität: (höhe der Übereinstimmungen der Einschätzungsergebnisse untersch. Beobachter/Testanwender = Rater) zB. für Berechnung Beurteilerreliabilität von zwei Ratern → Verwendung von Cohens Kappa, für mehr als zwei Rater der Kappa nach Fleiss & Cohen. VALIDITÄT := Relevanz der Messung Wie gut Test in der Lage ist, genau das zu messen, was er zu messen vorgibt Unterscheidung in: Inhaltsvalidität (wenn der Inhalt des Test-Items das zu messende Konstrukt möglichst vollständig erfasst; →zB: Test zu Grundrechnungsarten beinhaltet keine Multiplikation → schlechte Inhaltsvalidität, Inhaltsvalidität eines Tests ist umso höher, je besser die Testitems diese Grundgesamtheit repräsentieren Kriteriumsvalidität: hoher Zusammenhang zwischen Konstrukt/latentes Merkmal und Kriterium (zB: Schulreifetest, Berufseignungstest, Intelligenztest, …) Konstruktvalidität: wenn aus dem Zielkonstrukt Hypothesen ableitbar sind, die anhand der Messwerte bestätigt werden können GÜLTIGKEIT EINER UNTERSUCHUNG (VALIDITÄT) Bei Durchführung einer Untersuchung wichtig → dass Ergebnisse Gültigkeit und Aussagekraft aufweisen Versch. Untersuchungsdesigns erfüllen Anspruch mehr oder weniger Bei Gültigkeit einer Untersuchung wird zw. Interner Validität und externer Validität unterschieden Interne Validität: Ergebnisse sind eindeutig interpretierbar Veränderungen in der abhängigen Variablen (AV) sollen eindeutigen auf Einfluss der unabhängigen Variablen (UV) der Untersuchung zurückzuführen sein Externe Validität: Ergebnisse sind auf andere Personen, Situationen und Zeitpunkte generalisierbar INTERNE VALIDITÄT WIRD BEEINFLUSST DURCH … 1. Zwischenzeitliches Geschehen (Geschichte) → Besondere Ereignisse, die während Untersuchung auftreten 2. Reifungsprozess: Personen verändern sich unabhängig von Treatment, werden älter/reifer/… 3. Testübung: Testwirkung, testverbessertes Lernen) → Untersuchungsinstrument (Fragebogen, Test) beeinflusst Messende bzw. das erste Messen beeinflusst eine weitere Messung 4. Instrumentation, Mangelnde Instrumentelle Reliabilität: Verlässlichkeit → Testinstrument kann aufgrund Erfahrung genauer oder wegen Müdigkeit oder Langeweile ungenauer messen; → Erfolgt die Kalibrierung nicht, kann es zu Decken- oder Bodeneffekte kommen. Messinstrument erfasst das zu Messende fehlerhaft oder ungenau (Beobachter, Auswerter, …) 5. Statistische Regressionseffekte: „Tendenz zur Mitte“ → nicht zufällig ausgewählte Stichprobe, kann zu statistischen Veränderungen führen (z.B. nur IQ 130) 6. Selektionseffekte: Auswahl → Untersuchungsteilnehmer werden nicht zufällig zu Gruppen zugeteilt („Bias-Effekt“) Seite 26 VO Grundlagen empirischer Forschung 7. Experimentelle Einbußen: Ausfall, „mortality“ → Versuchspersonen sind nicht unter allen Untersuchungsbedingungen gleich bereit sind, Untersuchung zu Ende zu führen 8. Wechselwirkung zw. Auswahl und Reifung → Untersuchungsgruppen unterscheiden sich zu stark voneinander → kann zu unterschiedlichen Reifungsprozessen führen 9. Versuchsleitereffekt: Pygmalion-Effekt → positive Erwartungen, Einstellungen, Überzeugungen, Stereotype des Versuchsleiter wirken sich als „sich selbsterfüllende Prophezeiung“ aus, → keine absichtliche Handlung, sondern Einflussnahme erfolgt unbewusst 10. Placebo Effekt: Verbesserung, die aufgrund von Erwartungen eintritt und nicht als Ergebnis einer Behandlung, Gegenstück dazu ist Naceboeffekt:= unerwünschte Wirkungen, die analog zu Placebowirkung auftreten können 11. Hawthorne-Effekt: Versuchspersonen können natürliches Verhalten ändern können, wenn sie wissen, dass sie Teilnehmer einer Untersuchung sind, verhalten sich unahängig von Behandlung anders 12. Kontaminierung: Vergleichgruppe wird in irgendeiner Weise durch Behandlungsgruppe beeinflusst (oder umgekehrt), Steigerung der Anstrengung kann erfolgen → wird als „kompensatorische Rivalität“ bezeichnet EXTERNE VALIDITÄT WIRD BEEINFLUSST DURCH… 1. Stichprobenfehler: (Populationsvalidität): Untersuchungsergebnisse einer Stichprobe dürfen nicht auf Population (Grundgesamtheit) übertragen werden, wenn Stichprobe für Population nicht repräsentativ ist 2. Interaktion zwischen Persönlichkeitsvariablen und Treatmenteffekten (Treatment = Behandlung) 3. Experimentelle Reaktivität (Situationsvalidität) → Ergebnisse, die einem Experiment (unter Laborbedingungen) erzielt wurden, sind streng genommen nur für die experimentelle Situation generalisierbar 4. Effekte des Testens (Vortestsensitivierung/Nachtestsensitivierung) → durch Pretest kann Sensitivität bzw. Problembewusstsein der TN verändert werden 5. Beeinträchtigung durch mehrere experimentelle Behandlungen → Versuchspersonen durch mehrere Untersuchungen sensitiviert, somit sind Ergebnisse nicht generalisierbar 6. Neuheits- und Störungseffekte 7. Interaktion zw. Umweltgeschehen und Treatmenteffekten 8. Interaktion zw. Messzeitpunkt und Treatmenteffekt Hohe externe Validität ist als gegeben, wenn 1. …sich Resultate auf Gesamtheit übertragen lassen, für die Studie konzipiert wurde 2. … sich Resultate über konkrete Setting der Studie hinausgehend auf andere Designs und Situationen übertragen lassen, wenn sie also allgemeingültig und verallgemeinerungsfähig sind SKALENNIVEAUS Merkmalausprägungen können unterschiedliche Messniveaus mit untersch. Aussagequalität aufweisen Die vier wichtigsten sind: Nominalskala (kategorial) Ordinalskala (kategorial) Intervallskala (metrisch) Verhältnisskala (metrisch) Absolutskala (metrisch) Niveaus werden unterschieden, welche Relationen (Verschiedenheit, Ordnung, Größe der Differenz oder Verhältnis) zwischen den Objekten durch eine Skala abgebildet werden können oder sollen Seite 27 VO Grundlagen empirischer Forschung Messung Skalenniveaus (PPT 6, Folie 15-16) NOMINALSKALA Verwendung: wenn Personen/Objekte hinsichtlich ihres Merkmals als gleichartig oder verschieden anzusehen ist Voraussetzung: verwendeten Kategorien müssen vollständig sein (Exhaustivität) und dürfen sich nicht gegenseitig ausschließen (d.h. keine Person darf zwei Merkmalen zugeordnet werden) (Exklusivität) Dichotom: zwei Ausprägungen (ja – nein) Polytom: mehrere Ausprägungen (Haarfarbe, Schulklasse, Blutgruppe, Religion) Fragebogen: ja – nein; ledig – verheiratet -, … Beispiele: Geschlecht: 1 = männlich, 2 = weiblich, 3 = divers (polytom) Familienstand: 1 = ledig, 2 = verheiratet, 3 = verwitwet, 4 = geschieden, … (polytom) RaucherIn: 1 = ja, 2 = nein (dichotom) Statistik ist schwer: 1 = ich stimme zu, 2 = ich stimme nicht zu (dichotom) ACHTUNG: Reihung NICHT möglich, da z.B. „ledig“ nicht mehr wert ist als „verheiratet“! ORDINALSKALA Verwendung: wenn Personen/Objekte hinsichtlich eines Merkmals verglichen werden können (Rangordnung) hinsichtlich „größer“, kleiner“ oder „gleich“ oder „ungleich“. Abstand zwischen Kategorien kann unterschiedlich sein Beispiele: Rauchgewohnheiten: 1 = Nichtraucher*in, 2 = mäßige/r Raucher*in, 3 = starke/r Raucher*in, 4 = sehr starke/r Raucher*in Höchster Abschluss: 1 = Hauptschule/NMS, 2 = Polytechnische Schule, 3 = Fachschule, 4 = Berufsbildende Höhere Schule Wie alt sind Sie?: 1 = bis 24 Jahre, 2 = 25 bis 30 Jahre, 3 = 31 bis 35 Jahre, 4 = über 35 Jahre ACHTUNG: Reihenfolge = aufsteigend, Abstände zwischen den Kategorien sind NICHT gleich! INTERVALLSKALA Verwendung: wenn Größe der Differenz zw. Personen/Objekten interessant ist. Metrische Skala weist genau definierte und gleich große Einheiten (= Gleichheit von Differenzen) auf „Daten, die Differenzbildung (A – B = C – D), Relationen (größer/kleiner oder besser/schlechter) und Aussagen über Unterschied (Gleichheit/Ungleichheit) haben Intervallskalennivau“ Beispiele: Temperatur (Celsius) Intelligenzquotient Leistung in einem Schultest Fragebogen (trifft gar nicht zu …trifft sehr zu) [Anm.: mind. 5 Abstufungen mit gleichem Abstand) Seite 28 VO Grundlagen empirischer Forschung VERHÄLTNISKALA/ABSOLUTSKALA Verwendung: Skala hat über die konstanten Intervalle noch einen natürlichen und invarianten Nullpunkt Ermöglicht numerischen Verhältnisse zw. Versch. Werten zu vergleichen (=Gleichheit von Verhältnissen) Beispiele: Reaktionszeit, Körpergröße, Körpergewicht, Währung, Kelvinskala Absolutskala: Intervallskala mit „natürlichem“ (absoluten) Nullpunkt Beispiel: Personen/Bücher im Haushalt SKALENÜBERSICHT DATENERHEBUNG: SCHRIFTLICHE BEFRAGUNG (FRAGEBOGEN) Einleitung standardisierter Fragebogen→ typisches Messinstrument in den empirischen Sozialwissenschaften Schriftliche Befragung → Vorlegen von Fragen in schriftlicher Form, die von Untersuchungsteilnehmer selbstständig beantwortet werden METHODE: FRAGEBOGEN Vor- und Nachteile: 1. Entwicklung erfordert mehr Kenntnisse und Vorarbeit 2. muss so gestaltet sein, dass seine Bearbeitung außer einer einleitenden Instruktion keiner weiteren Erläuterung bedarf. 3. vielen fällt es schwer, sich schriftlich zu äußern oder einen FB auszufüllen 4. Erhebungssituation→ Versuchspersonen (Vpn) antworten meist anonymer; bei postalischem Weg bleibt jedoch häufig unklar, wer den FB ausgefüllt hat, in welcher Reihenfolge, Zeit,... 5. sind in höchstem Maß standardisiert ANWENDUNG VORWIEGEND BEI… Konkreten, teilweise bereits erforschten Thematiken → Überprüfung von Hypothesen Datenerhebungsmethoden Qualitativ: Daten werden interpretativ verarbeitet, i.d.R. offen gestellte Fragen Quantitativ: alle Fragen mit Antwortvorgaben Schwerpunkt: geschlossene oder halboffene Antwortmöglichkeiten (Daten werden statistisch verarbeitet) Seite 29 VO Grundlagen empirischer Forschung Stichprobe Höhere Anzahl von Personen (Empfehlung mind. 25) Bei quantitativen Studien mehr Versuchspersonen als Items Untersuchungs- bzw. Analyseeinheiten Personen der Gesamtstichprobe bzw. Fragebogen (mehrere Variablen) Methoden der Datenauswertung Deskriptive Statistik: Mittelwert, Median, Modus, Streuung; absolute/prozentuelle Häufigkeiten Zusammenhangsmaße (Beziehungen zw. Variablen): Tests auf signifikante Unterschiede, Tests zu Kreuztabellen, Korrelation, Regression Vorteile: sehr ökonomisch (billig) bei Gruppenbefragungen Zeitökonomie größere Reliabilität Förderung ehrlicher und spontaner Antworten durch Anonymität Objektive Auswertung kein Interviewereffekt Befragung geografisch verstreuter Personen mehr Zeit für eine Frage (durchdenken) Nachteile: Rücklaufquoten (systematische und stichprobenneutrale Ausfälle unbekannt) Unkontrollierbarkeit der Erhebungssituation (Behebung: Anwesenheit von Untersuchungsleiter) keine weiteren Erklärungen der Fragen möglich bei geschlossenen Fragen: Problem unvollständiger Alternativen unvollständig ausgefüllte Fragebögen mehr Entwicklungsarbeit KRITERIEN 1. Nach dem Standardisierungsgrad Vollstandardisiert (nicht gestaltbar, starrer Ablauf) Teilstandardisiert (teilweise gestaltbarer Ablauf) Nichtstandardisiert (gestaltbarer, flexibler Ablauf) Dieser Grad der Standardisierung kann sich auf Die Antwortmöglichkeiten, Die Reihenfolge der Fragen, Die Interviewsituation, Die Formulierung der Fragen beziehen 2. Nach der Kommunikationsart Face-to-Face (Mündlich/persönlicher) Paper-Pencil-Vorgabe (schriftliche) Telefonisch Elektronisch/ schriftlich via webgestützem Fragebogen VORGEHEN BEI DER KONSTRUKTION 1. Konkrete Formulierung einer Forschungsfrage Ziel definieren → Präzisierung der Fragestellung (Was will ich genau wissen? Was will ich genau erforschen?) Stoffsammlung (Literaturstudium, Voruntersuchungen) Seite 30 VO Grundlagen empirischer Forschung 2. Strukturierung nach Untersuchungsdimensionen und groben Fragestellungen 3. Erste grobe Fragesammlungen bzw. Hypothesen 4. Zerlegen der theoretischen Konstrukte in relevante Teildimensionen und Teilfragen 5. Frage nach Operationalisierung (Messung einzelner relevanter Variablen bzw. Merkmale) 6. Ablauf der Untersuchung Kodierung der Daten – Kodeplan Auswahl / Umfang der Stichprobe Erprobung – Pretest Verständlichkeit – Balance – Ausfüllzeit Durchführung der Befragung (direkt (unter „Aufsicht“), postalisch oder Internet (LimeSurvey, Survey Monkey, …) Auswertung der Ergebnisse PRINZIPIEN DER KONSTRUKTION 1. Fragenauswahl gibt es bereits entwickelte Fragebögen zu diesem Thema? Formulierung von Fragen: Offen, geschlossen, Mischformen? 2. Einleitung, Instruktion, Anrede (Fragebogen) Kurze, klare Darstellung der Person u. eventuell der Einrichtung, für die die Erhebung durchgeführt wird Grobe Darstellung der Forschungsfrage u. Erklärung der Weiterverwendung der gewonnenen Daten Bitte um vollständiges Ausfüllen der Fragen, Hinweis, dass jede Beantwortung sehr wichtig ist Bitte um aufrichtige und rasche Beantwortung der Items mit dem Hinweis, dass es weder richtige noch falsche Antworten gibt (außer bei Leistungstests) Zusicherung der Anonymität (falls diese auch wirklich gewährleistet werden kann) Dank für die Beantwortung des Fragebogens 3. Richtlinien zur Formulierung von Items Bei schriftlichen Befragungen bevorzugt Items mit Antwortkategorien verwenden Itemformulierung auf Zielgruppe abstimmen Auf ansprechendes Layout achten (aufgelockertes Bild) Zumutbare Gesamtlänge Kurz und prägnant formulierte Items Auf sinnvolle Abfolge von Fragen achten („rote Faden“) Themeneinleitung mit Eisbrecher bzw. Aufwärmfragen, die Interesse an das Thema wecken Suggestive, stereotype oder stigmatisierende Formulierungen von Items vermeiden Auf Bedeutungsinhalte von Begriffen achten (alltagssprachliche Ausdrücke können z.B. stigmatisierend wirken) Items, die praktisch von allen bejaht oder verneint werden, sind ungeeignet (Gefahr von ceiling- oder floor-Effekt) Formulierungen von „immer“, „alle“, „keiner“ oder niemals“ vermeiden→besser „(fast) nie“ … „(fast) immer“ Quantifizierende Umschreibungen von Begriffen wie „fast“, „kaum“ oder „selten“ vermeiden Vermeiden vom Verpacken mehrerer Sachverhalte in ein Item (eindeutige Zuordnung der Antwort soll gegeben sein) 4. Antwortformate Freies Seite 31 VO Grundlagen empirischer Forschung offenes Antwortformat Ergänzungsaufgaben Kurzaufsatzaufgaben) Gebundenes / geschlossenes Antwortformat Auswahlantwortaufgaben (r/f, MC, Ratings) Zuordnungsaufgaben Dichotomes Antwortformat (ja/nein, stimmt/stimmt nicht,..) Ratingskalen Skalenniveau→meist kann von einer Intervallskala ausgegangen werden (=Mittelwertbildung), jedoch muss diese in jeder konkreten Situation begründet werden Ratingskalen (gebundene Antwortskalen) Allgemein: geben (durch Zahlen, verbale Beschreibungen, Beispiele,…) markierte Abschnitte eines Merkmalskontinuum vor, die die Urteilenden als gleich groß bewerten sollen, d.h. es wird davon ausgegangen, dass die Stufen der Rating-Skala eine Intervallskala bilden Bipolar: Extreme sind durch gegensätzliche Begriffe markiert; zB: Zahlenwerte 1-5; um Gegensätzlichkeit zu betonen, kann auch neutrale Mitte (0) verwendet werden Unipolar: passender Gegenbegriff wird schwer gefunden (zB. bei „natürlichem Nullpunkt“ wie „Lärmbelästigung“) Ungerade bzw. Gerade Abstufung: (Mittelkategorie-neutrale Kategorie) bzw. gerade Anzahl (forced choice) Numerische Marken: Verbale Marken: Häufigkeit: nie – selten – gelegentlich – oft – immer Sehr selten – selten – gelegentlich – oft – sehr oft Intensität: Gar nicht – wenig – mittelmäßig – überwiegend – völlig Gar nicht – eher nicht – kaum – etwas – sehr stark Wahrscheinlichkeit: Keinesfalls – wahrscheinlich nicht – vielleicht – ziemlich wahrscheinlich – ganz sicher Bewertung Trifft gar nicht zu – trifft wenig zu – trifft teils zu – trifft ziemlich zu – trifft völlig zu Völlig falsch – ziemlich falsch – unentschieden – ziemlich richtig – völlig richtig Seite 32 VO Grundlagen empirischer Forschung Marken: Numerische Prozentskala: 0% - 25% - 50% - 75% - 100% Symbolische Marken: zB. Smileys Grafische Ratings: Skalenverankerung durch Beispiele Wie geht er mit Schwierigkeiten um? 5. Nach dem Pretest; Untersuchung nach folgenden Aspekten: Verständlichkeit der Fragen Sind alle Antworten in den vorgesehenen Antwortkategorien eindeutig zuordenbar? Ist das Layout ansprechend und übersichtlich? Ist der Fragebogen zu länge, wirkt er ermüdend? Ist bei offenen Fragen genügend Platz zur Beantwortung? Wird man beim Beantworten der Fragen in eine bestimmte Richtung gedrängt) Ist bei Skip-Fragen klar, wo es weitergeht? Wie lange war die Dauer der Bearbeitung? Ist der Fragebogen sprachlich zielgruppenadäquat? Kann ich mit den vorliegenden Fragen meine Hypothesen beantworten? Entsprechen die Antwortformate bei den Items meinen Vorstellungen hinsichtlich der Auswertung? 6. ACHTUNG: Gibt es im FB Tendenzen der Verfälschbarkeit? (Negative Antworttendenzen) Absichtliche Verstellung (z.B. beim Beantworten eines Persönlichkeitsfragebogens beim Einstellungstest; „Faking Good“; „Faking Bad“ z.B. bei Stellenbewertung) Soziale Erwünschtheit (Antworten werden entsprechend der sozialen Norm beantwortet) Antworttendenzen ((Ja (Nein)-Sage –Tendenz; Überspringen von Items) Bevorzugung von extremen, unbestimmten oder besonders platzierten Antwortkategorien (Tendenz zur Mitte → extreme Ausprägungen werden vermieden) Wahl von Antwortmöglichkeiten, die eine bestimmte Länge, Wortfolge oder serielle Position aufweisen (Primacy-Recency-Effekt: Urteilsverzerrungen durch Fragepositionen→ Reihenfolge der Items beachten!) Verfälschung aufgrund der Tendenz, zu raten, oder aufgrund einer raschen Bearbeitung des Tests (Antworten werden nicht reflektiert) Tendenz zur ersten passenden Kategorie („Linkstendenz“) Beeinflussung durch motivationale Bedingungen (Überforderung durch Kontext oder Dauer der Erhebung) „Mustermalen“ Halo-Effekt (Beurteilung von Pauschalurteil abhängig) Milde-Härte Fehler (systematisch zu positiv oder negativ eingestuft) Techniken zur Vermeidung durch: Ausbalancierte Antwortvorgaben Kontrollskalen („Lügenskalen“) Seite 33 VO Grundlagen empirischer Forschung „AUFBEREITUNGSMETHODEN“ (TRANSKRIPTION, AUFBEREITUNG VON DATENSÄTZEN, STATISTISCHE ARGUMENTE DATENAUFBEREITUNG: TRANSKRIPTION (QUALITATIV) Bei der Auswertung Unterscheidung in: Phase 1: Datenaufbereitung (z.B. Transkription) Phase 2: Analyse der Daten (z.B. Codieren, Inhaltsanalyse, Diskursanalyse) Phase 3: Systematisierung der Ergebnisse → Verbale Daten (Interview, Gruppendiskussionen, natürliche Gespräche) liegen noch nicht in schriftlicher, sondern in auditiver Form vor → zuerst verschriftlichen (=transkribieren) ENTSCHEIDUNGEN VOR TRANSKRIPTION: Wie vollständig? In welchem Umgang? Auf welche Weise sollen die Daten wiedergegeben werden? VOLLSTÄNDIGKEIT Aufbereitung Daten = Ausgangsgrundlage der Auswertung: bei verbalen Daten mittels Transkribtion: Zusammenfassendes Protokoll (komprimierte sinngemäße Darstellung des Gesagten, zB. bei Methode der Inhaltsanalyse nach Mayring) Vollständige Transkription (alle sprachlichen Äußerungen werden verschriftlicht) Selektive Transkription (Auswahl relevanter Sequenzen nach Thematik/Interessantheit; bereits Interpretation der Person, die Sequenz auswählt) Kommentierte Transkription (Transkriptionsregeln nach mittler Genauigkeit; Sprachäußerungen u. Modalität der Ausdrucksweise (Tonfall, Sprechpausen, …) werden berücksichtig UMFANG Transkription je nach Art und berücksichten Informationen mehr oder weniger umfangreich Sprachliche Äußerungen setzen sich zusammen aus. Inhalt: Gesagtes (inkl. Ko-Text → Worte die geäußerten Worten unmittelbar vorausgehen oder folgen) Form: Wie etwas gesagt wird (zB. schluchzend, lachend, …) ÄUßERUNGSFORM Unterscheidung nach: Paraverbalen Elementen: stimmliche Aspekte, die verbale Äußerungen begleiten, aber keine eigeneständigen verbalen Äußerungen darstellen (zB. Stimmverlauf, Lautstärke) Nonverbalen Elementen: kommt partiell ein eigner Äußerungscharakter zu (zB. Gähnen, Lachen, Schluchzen, Nicken) Fazit: Die Äußerungsinhalte beziehen sich auf das WAS, die para- und nonverbalen Elemente auf das WIE. ELEMENTE EINER ÄUßERUNG Seite 34 VO Grundlagen empirischer Forschung ART DER WIEDERGABE Auditives Material kann in Schriftdeutsch, in literarische Umschrift (Versprecher, Dialekt usw.) oder in Lautschrift (unter Nutzung des phonetischen Alphabets) übertragen werden. Übertragung in Schriftdeutsch → Schwerpunkt auf Äußerungsinhalt Übertragung in literarische Umschrift (oder Lautschrift=näher an gesprochene Sprache) → Einbeziehung von formalen Elementen, paraverbale Elemente im Transkript → spezielle Symbole, um nicht „Stimme geht nach oben“ schreiben zu müssen GRUNDSÄTZE DER QUALITATIVEN DATENAUFBEREITUNG Achtung: Art der Transkription richtet sich nach Erkenntnisinteresse der Untersuchung Auswertung muss nach intersubjektiv nachvollziehbaren Arbeitsschritten erfolgen hergeleitete Interpretation muss auch von Anderen (z.B. in der Interpretationsgruppe) diskutiert werden und als schlüssig angesehen werden PROBLEM DER AUSWERTUNG ANALYSE: Mit welcher Methode gelingt es die erhobenen Daten angemessen zu bearbeiten, um die gestellte Fragestellung zu beantworten? Wichtig im qualitativen Forschungsprozess: Erkenntnisinteresse Fragestellung Theoretische und methodologische Rahmen Auswahl und Konzipierung der Erhebung- und Auswertungsverfahren (Forschungsdesign) DATENAUFBEREITUNG: DATENSÄTZE (QUANTITATIV) Datenaufbereitung dient dazu, Rohdaten in geeigneter Form für Auswertung zu bringen (Beantworten von Forschungsfragen, Überprüfung von Hypothesen) Dazu gehören: Überführung von Daten: die noch nicht in quantitativer Form vorliegen, in Zahlen (z. B. quantitative Codierung von Beobachtungen oder verbalem Material; Bildung von Häufigkeiten nominalskalierter Daten); Übertragung von Daten von Test- oder Befragungsbögen (bei Paper-PencilErhebung) oder Rohdatendateien (bei computergestützter Datenerhebung wie LimeSurvey) in ein analysierbares Datenformat (z. B. für ein Statistikprogramm wie SPSS, PSPP, JASP, Jamovi, R,…); Zusammenfassung (Aggregierung) von einzelnen Variablen zu Gesamtwerten (z. B. die Bildung eines Gesamtwerts für eine Skala) DATENAUFBERITUNG: DATENSÄTZE 1. Daten, die noch nicht in quantitativer Form vorliegen, in Zahlenform zu überführen 2. Diese quantitativen Daten in ein per Software analysierbares Datenformat zu übertragen. 3. Die Daten so organisieren, dass sie in Hinblick auf Fragestellung/Hypothese effektiv analysiert werden können ORGANISATION UND DARSTELLUNG VON DATEN Ausgangspunkt für statische Erhebungen sind meist ungeordnete Einzelergebnisse (aus Fragebögen oder Leistungstests) Systematische Darstellung gesammelter Daten ermöglicht Auswertung Seite 35 VO Grundlagen empirischer Forschung KODIERUNG KODEPLAN ERSTELLEN In einem Kodeplan: Werden einzelne Fragen eines Fragebogens Variablennummern und verwendeten Kodes/Zahlen zugeordnet Wird genau festgelegt, wie aus Fragebogen eine Datenmatrix entsteht ORGANISATION UND DARSTELLUNG VON DATEN Wichtige Schritte für Datensatzaufbereitung 1. Erstellung der Datensätze: Sortierung, Zuordnung, Digitalisierung, Formatierung des Rohdatensatzes zu strukturierten Datensätzen 2. Kommentierung der Datensätze: Ergänzung um Informationen → Bedeutung der Variablen, Vergebung von Variablen- und Wertelabels,.. 3. Anonymisierung der Datensätze: Entfernung& Ersetzung von Informationen, die zur Identifizierung von Untersuchungsteilnehmer führen 4. Datenbereinigung: Aufdecken von Eingabefehlern, Umgang mit Missings,.. 5. Datentransformation: Umpolung und Zusammenfassung von Variablen, ggf. Gewichtung von komplexen Stichproben AUFBEREITUNG VON MESSDATEN Datenmatrix:= Zuordnung von Zahlen zu den gesammelten Informationen, Datenmatrizen werden mittels Computerprogrammen erstellt (Excel, SPSS, PSPP, Jamovi, JASP Kodierung von Variablen: Zuordnung von Zahlen zu den unterschiedlichen Ausprägungen der Variablen (Z.B. Variable Geschlecht; Ausprägungen: männlich (= 1), weiblich (= 2) und divers (= 3)) Fehlende Werte = Zahlen außerhalb des Werteberichts; Kennzeichnung durch bestimmte Zahlen (z.B. 9 = missing bzw. fehlend oder 8 = valid bzw. ungültig) anstatt Freilassen des Eingabefeldes Z.B. Variable Geschlecht; mit männlich = 1, weiblich = 2, divers = 3 und fehlend = 9 EXKURS: FEHLENDE DATEN Fehlende Angaben von Seiten der befragten Person (z.B. durch Ignorieren einer Frage im Fragebogen, falsches Ausfüllen, oder falsch erfasste Werte durch falsches Abtippen) Solche Werte in den Daten signalisieren, dass bei einem Fall keine Angabe über die tatsächliche (wahre) Ausprägung einer Variablen möglich ist. Solche Fälle gehen nicht in Berechnungen und Auswertungen ein