HRM I PDF
Document Details
Uploaded by Deleted User
IU Internationale Hochschule
Stefan Frigger
Tags
Related
Summary
This document is a learning script on Human Resource Management I, covering topics like the difference between personal management and HRM, strategic aspects of HRM, and employee evaluation. The document is designed for students at IU Internationale Hochschule.
Full Transcript
HUMAN RESOURCE MANAGEMENT I MWPM01-01 HUMAN RESOURCE MANAGEMENT I IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675...
HUMAN RESOURCE MANAGEMENT I MWPM01-01 HUMAN RESOURCE MANAGEMENT I IMPRESSUM Herausgeber: IU Internationale Hochschule GmbH IU International University of Applied Sciences Juri-Gagarin-Ring 152 D-99084 Erfurt Postanschrift: Albert-Proeller-Straße 15-19 D-86675 Buchdorf [email protected] www.iu.de MWPM01-01 Versionsnr.: 003-2023-1222 Stefan Frigger © 2023 IU Internationale Hochschule GmbH Dieses Lernskript ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Lernskript darf in jeglicher Form ohne vorherige schriftliche Genehmigung der IU Internationale Hochschule GmbH (im Folgenden „IU“) nicht reproduziert und/oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet wer- den. Die Autor:innen/Herausgeber:innen haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Urheber:innen und Quellen der verwendeten Abbildungen zu bestimmen. Sollte es dennoch zu irrtümlichen Angaben gekommen sein, bitten wir um eine dement- sprechende Nachricht. 2 INHALTSVERZEICHNIS HUMAN RESOURCE MANAGEMENT I Einleitung Wegweiser durch das Studienskript................................................. 6 Literaturempfehlungen............................................................ 7 Pflichtliteratur.................................................................... 9 Übergeordnete Lernziele......................................................... 11 Lektion 1 Personalmanagement und Human Resource Management 13 1.1 Abgrenzung der verwendeten Begriffe......................................... 14 1.2 Einflussfaktoren und Perspektiven des HRM.................................... 19 1.3 Entwicklungslinien des HRM.................................................. 24 Lektion 2 Strategisches Personalmanagement 33 2.1 Strategische Aspekte des HRM................................................ 35 2.2 Theoriemodelle des strategischen HRM........................................ 38 2.3 Strategisches HRM in der Unternehmenspraxis................................. 45 Lektion 3 Personalplanung 55 3.1 Grundfragen der Personalplanung............................................. 57 3.2 Personalbedarfsplanung..................................................... 63 3.3 Personaleinsatzplanung...................................................... 67 3.4 Personalkostenplanung...................................................... 74 Lektion 4 Personalanpassung 79 4.1 Personalbeschaffung......................................................... 81 4.2 Personalauswahl............................................................ 87 4.3 Personalfreisetzung.......................................................... 92 Lektion 5 Beurteilung, Entlohnung und Entwicklung von Personal 101 5.1 Personalbeurteilung........................................................ 104 5.2 Anreiz und Vergütung....................................................... 110 5.3 Personalentwicklung........................................................ 114 3 Verzeichnisse Literaturverzeichnis............................................................. 124 Abbildungsverzeichnis.......................................................... 129 4 EINLEITUNG HERZLICH WILLKOMMEN WEGWEISER DURCH DAS STUDIENSKRIPT Dieses Studienskript bildet die Grundlage Ihres Kurses. Ergänzend zum Studienskript ste- hen Ihnen weitere Medien aus unserer Online-Bibliothek sowie Videos zur Verfügung, mit deren Hilfe Sie sich Ihren individuellen Lern-Mix zusammenstellen können. Auf diese Weise können Sie sich den Stoff in Ihrem eigenen Tempo aneignen und dabei auf lerntyp- spezifische Anforderungen Rücksicht nehmen. Die Inhalte sind nach didaktischen Kriterien in Lektionen aufgeteilt, wobei jede Lektion aus mehreren Lernzyklen besteht. Jeder Lernzyklus enthält jeweils nur einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt. So können Sie neuen Lernstoff schnell und effektiv zu Ihrem bereits vorhandenen Wissen hinzufügen. In der IU Learn App befinden sich am Ende eines jeden Lernzyklus die Interactive Quizzes. Mithilfe dieser Fragen können Sie eigenständig und ohne jeden Druck überprüfen, ob Sie die neuen Inhalte schon verinnerlicht haben. Sobald Sie eine Lektion komplett bearbeitet haben, können Sie Ihr Wissen auf der Lern- plattform unter Beweis stellen. Über automatisch auswertbare Fragen erhalten Sie ein direktes Feedback zu Ihren Lernfortschritten. Die Wissenskontrolle gilt als bestanden, wenn Sie mindestens 80 % der Fragen richtig beantwortet haben. Sollte das einmal nicht auf Anhieb klappen, können Sie die Tests beliebig oft wiederholen. Wenn Sie die Wissenskontrolle für sämtliche Lektionen gemeistert haben, führen Sie bitte die abschließende Evaluierung des Kurses durch. Die IU Internationale Hochschule ist bestrebt, in ihren Skripten eine gendersensible und inklusive Sprache zu verwenden. Wir möchten jedoch hervorheben, dass auch in den Skripten, in denen das generische Maskulinum verwendet wird, immer Frauen und Män- ner, Inter- und Trans-Personen gemeint sind sowie auch jene, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen oder können. 6 LITERATUREMPFEHLUNGEN ALLGEMEIN Bartscher, T./Stöckl, J./Träger, T. (2012): Personalmanagement. Grundlagen, Handlungsfel- der, Praxis. Pearson, München. Jung, H. (2017): Personalwirtschaft. 10. Auflage, Oldenbourg, München. Kolb, M. (2010): Personalmanagement. Grundlagen und Praxis des Human Resources Mana- gements. 2. Auflage, Gabler, Wiesbaden. Olfert, K. (2019): Personalwirtschaft. 17. Auflage, Kiehl, Herne. Rowold, J. (2015): Human Resource Management. 2. Auflage, Springer Gabler, Wiesbaden. LEKTION 1 Biemann, T./Weckmüller, H. (2013): Generation Y: Viel Lärm um fast nichts. In: PERSONAL- quarterly, 65. Jg., Heft 1, Freiburg, S. 46–49. (Datenbank: WISOnet). Kolberg, A. (2013): Auf Kultur und Klima kommt es an. In: Personalwirtschaft, Heft 1, Hürth, S. 39–41. (Datenbank: Wiso). LEKTION 2 Ulrich, D. et al. (2012): HR Talent and the New HR Competencies. In: Strategic HR Review, Vol. 11, Issue 4, Bingley, pp. 217–222. (Datenbank: Emerald Insight). Wehner, M./Kabst, R./Meifert, M. (2014): Strategischer Partner. Human Resources fehlt die institutionelle Verankerung. In: PERSONALquarterly, 66. Jg., Heft 3, Freiburg, S. 42–45. (Datenbank: WISOnet). LEKTION 3 Kirchner, S. (2014): Wie erreichen Unternehmen Flexibilität? In: Zeitschrift Führung und Organisation, 83. Jg., Heft 5, Stuttgart, S. 321–325. (Datenbank: WISOnet). LEKTION 4 Heinz, M./Weckmüller, H. (2014): Personalabbau effektiv gestalten. In: PERSONALquarterly, 66. Jg.,Heft 4, Freiburg, S. 46–49. (Datenbank: WISOnet). 7 Holm, A. B. (2012): E-recruitment. Towards an Ubiquitous Recruitment Process and Candi- date Relationship Management. In: Zeitschrift für Personalforschung, 26. Jg., Heft 3, Mering, S. 241–259. (Datenbank: WISOnet). LEKTION 5 Biemann, T./Sliwka, D./Weckmüller, H. (2011): Finanzielle Anreize und Produktivität. In: PERSONALquarterly, 63. Jg., Heft 10, Freiburg, S. 46–49. (Datenbank: WISOnet). Kauffeld, S./Klapper-Nolda, M. (2012): Am Ende zählt, was hängen bleibt. In: PERSONALma- gazin, Heft 4, Freiburg, S. 34–36. (Datenbank: WISOnet). 8 PFLICHTLITERATUR LEKTION 1 Bieling, G./Stock, R. M./Dorozalla, F. (2015): Coping with Demographic Change in Job Mar- kets: How Age Diversity Management Contributes to Organisational Performance. In: Zeitschrift für Personalforschung, 29. Jg., Heft 1, Mering, S. 5–30. (Datenbank: EBSCO). Klös, H.-P./Rump, J. (2013): Arbeitswelt im Jahr 2030. Wie die demografische Transition bewältigt werden kann. In: Zeitschrift Führung und Organisation, 82. Jg., Heft 5, Stutt- gart, S. 308–312. (Datenbank: WISOnet). Wächter, H. (2014): Human Resource Management. Eine Annäherung in kritischer Absicht. In: Industrielle Beziehungen, 20. Jg., Heft 4, Mering, S. 343–366. (Datenbank WISOnet). LEKTION 2 Conger, J. A./Lawler III, E. E. (2015): Addressing the Human Resources Knowledge Gap in Corporate Boardrooms. In: People & Strategy, Vol. 38, Issue 2, Alexandria, VA, pp. 28– 34. (Datenbank: EBSCO). Gerpott, F. H. (2015): The Right Strategy? Examining the Business Partner Model’s Functio- nality for Resolving Human Resource Management Tensions and Discussing Alternative Directions. In: Zeitschrift für Personalforschung, 29. Jg., Heft 3/4, Mering, S. 214–234. (Datenbank: EBSCO). Juul Andersen, T./Minbaeva, D. (2013): The Role of Human Resource Management in Stra- tegy Making. In: Human Resource Management, Vol. 52, Issue 5, Hoboken, NJ, pp. 809– 827. (Datenbank: EBSCO). LEKTION 3 Alewell, D./Hauff, S. (2014): Teilzeit, Befristung, Freelancer & Co. Eine systemische Betrach- tung. In: PERSONALquarterly, 66. Jg., Heft 4, Freiburg, S. 9–15. (Datenbank: WISOnet). Böhm, S. (2014): Berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderung. In: Zeitschrift Füh- rung und Organisation, 83. Jg., Heft 4, Stuttgart, S. 235–241. (Datenbank: WISOnet). Größler, A./Zock, A. (2010): Supporting Long-Term Workforce Planning with a Dynamic Aging Chain Model: A Case Study from the Service Industry. In: Human Resource Management, Vol. 49, Issue 5, Hoboken, NJ, pp. 829–848. ISSN 0090-4848. (Datenbank: EBSCO). 9 Mag, W. (2006): Personalplanung. In: Gaugler, E./Oechsler, W. A./Weber, W. (Hrsg.): Enzyklo- pädie der Betriebswirtschaftslehre/HWP – Handwörterbuch des Personalwesens. 3. Auflage, Schäffer-Poeschel, Stuttgart, Sp. 1602–1616. (Datenbank: WISOnet). LEKTION 4 Biemann, T./Weckmüller, H. (2014): Onboarding. Mitarbeiter richtig integrieren. In: PERSO- NALquarterly, 66. Jg., Heft 1, Freiburg, S. 46–49. (Datenbank: WISOnet). Funk, L./Nachtwei, J./Melchers, K. (2015): Die Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis in der Personalauswahl. In: PERSONALquarterly, 67. Jg., Heft 3, Freiburg, S. 26–31. (Daten- bank: WISOnet). Kriegler, W. R. (2014): Praxishandbuch Employer Branding - mit Arbeitshilfen online: Mit star- ker Marke zum attraktiven Arbeitgeber werden. 2. Auflage, Haufe, Freiburg/München/ Stuttgart (Datenbank: EBSCO) LEKTION 5 Hagemann, V./Kluge, A. (2014): Einflussfaktoren auf den Erfolg von und Methoden der Erfolgsmessung beruflicher Weiterbildung. In: Wirtschaftspsychologie, 16. Jg., Heft 2, Lengerich, S. 81–93. (Datenbank: WISOnet). Hohmann, S. (2015): Die Motivationskraft materieller Anreizsysteme. In: Zeitschrift Führung und Organisation, 84. Jg., Heft 2, Stuttgart, S. 111–117. (Datenbank: EBSCO). Kunz, J./Quitmann, A. (2011): Der Einfluss von Anreizsystemen auf die intrinsische Motiva- tion. In: Zeitschrift für Personalforschung. 25. Jg., Heft 1, Mering, S. 55–76. (Datenbank: EBSCO). 10 ÜBERGEORDNETE LERNZIELE Personalmanagement (PM) ist die Summe aller Entscheidungen über Planung, Durchfüh- rung und Kontrolle personalrelevanter Fragestellungen im Unternehmen. Durch die Berücksichtigung der strategischen Bedeutung der professionellen Bewirtschaftung des Faktors Arbeit wird der Gegenstand nach moderner Abgrenzung zum Human Resource Management (HRM). Der Kurs Human Resource Management I beschäftigt sich mit der wissenschaftlichen Fundierung des PM/HRM, seinen Gegenständen und Erscheinungsformen, seinen Metho- den und Instrumenten. Zunächst werden in der Lektion 1 die begrifflichen Grundlagen für das weitere Vorgehen gelegt. Sie werden Betroffene und Beteiligte als Stakeholder des PM/HRM kennenlernen und die Treiber und Einflussfaktoren auf das strategische und operative Personalmanage- ment beschreiben. Sie werden das HRM in seiner Entwicklung nachvollziehen und ver- schiedene Perspektiven einnehmen. Nach dieser Grundlegung behandelt Lektion 2 die Aspekte des strategischen Personalma- nagements. Sie werden unterschiedliche Modelle des strategischen HRM kennenlernen und verstehen, warum eine Entscheidung für eine bestimmte Personalpolitik notwendig ist. Sie werden erkennen, wie die HR-Strategie aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden kann und welche Modelle und Instrumente dabei zum Einsatz kommen können. Die Lektion 3 beschäftigt sich mit der Personalplanung. Sie werden erkennen, dass die Personalbedarfsplanung die Grundlage für alle weiteren Personalplanungen ist. Sie sehen, wie sich der Brutto- und der Nettopersonalbedarf ermitteln lassen. Sie lernen mit der Per- sonaleinsatzplanung ein zentrales Instrument kennen, welches das Bedürfnis des Unter- nehmens nach Flexibilität und das der Mitarbeiter nach Individualisierung berücksichtigt. Die Personalkostenplanung gewährt Ihnen letztlich einen Eindruck davon, welche Kosten- arten im Zusammenhang mit dem Faktor Arbeit anfallen und wie deren Entwicklung zu prognostizieren und zu berücksichtigen ist. Ergeben sich Abweichungen des Personalbestandes vom Personalbedarf, so sind Perso- nalanpassungen in Form von Personalbeschaffung oder Personalfreisetzung durchzufüh- ren. Darüber unterrichtet Sie die Lektion 4. Dabei werden Sie die Kriterien für die Auswahl einzelner Beschaffungsquellen und deren Besonderheiten kennenlernen, systematisches und professionelles Personalmarketing beschreiben und die Bedeutung des Employer Brandings einschätzen. Ein weiteres Thema ist die Auswahl von Personal. Letztlich sehen Sie, dass es im Bereich der Personalfreisetzung ganz unterschiedliche Fragestellungen und Instrumente gibt. 11 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen aus den unterschiedlichsten Anlässen beurteilt werden. Daher werden Sie in der Lektion 5 in unterschiedliche Beurteilungssysteme und in die Auswahl und Anwendung von Beurteilungskriterien und Beurteilungsarten eingeführt. Letztlich können durch Anreize, insbesondere durch Vergütung, Mitarbeiter in ihrer Hal- tung, Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit beeinflusst werden. Daher vertieft Lektion 5 die Ansätze monetärer und nicht-monetärer Anreizsysteme. Die Beurteilung kann als Ergebnis haben, dass ein Qualifizierungsrückstand besteht. Dieses zu beseitigen hat die strategische und operative Personalentwicklung zum Gegenstand, die die Lektion 5 und diesen Lehrbrief abschließt. 12 LEKTION 1 PERSONALMANAGEMENT UND HUMAN RESOURCE MANAGEMENT LERNZIELE Nach der Bearbeitung dieser Lektion … – kennen Sie die notwendige Nomenklatur. – können Sie die grundlegenden Begriffe voneinander unterscheiden. – kennen Sie die Gestaltungsfelder professionellen Personalmanagements. – wissen Sie, welche Interessengruppen, welche Treiber und Einflussfaktoren einer sich wandelnden Gesellschaft und Arbeitswelt auf PM/HRM einwirken. – kennen Sie wichtige Perspektiven auf das HRM und dessen geschichtliche Entwicklung. – kennen Sie die wichtigen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen aus der Sicht der Theorie und der Praxis. 1. PERSONALMANAGEMENT UND HUMAN RESOURCE MANAGEMENT Einführung „Human Resource Management“, im weiteren Verlauf „HRM“ abgekürzt, umfasst ein Spek- trum von Gegenständen, Aufgaben und Funktionen, das eine Abgrenzung gegenüber ähn- lich gelagerten Fragestellungen in Bezug auf das Personal von Unternehmen verlangt. Die- sem Umstand entspricht auch die augenscheinliche Sprachvielfalt in der Lehre, der Theorie und der Praxis. Daher folgt hier eine – für dieses Modul verbindliche – Herleitung einer Definition am Anfang unserer Bemühungen. Unzweifelhaft handelt es sich bei HRM um einen Wissenschaftsbereich, der im Umfeld der Betriebswirtschaftslehre und der Managementwissenschaft beheimatet ist. Der kleinste gemeinsame Nenner der vielfältigen Abgrenzungen dieses Begriffs ist die Tatsache, dass der Gegenstand etwas mit dem Menschen und seiner Arbeit in der Organisation „Betrieb“ zu tun hat. Wir grenzen für unsere Zwecke also bewusst alle Arbeit aus, die nicht erwerbs- wirtschaftlichen Zielen folgt und die nicht in einer organisationalen Struktur verrichtet wird. Dies geschieht unter dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass viele Erkenntnisse des HRM auch für Non-Profit-Unternehmen, Vereine, Verwaltungen und andere Organisa- tionsformen gelten, wir diese aber nicht zum Gegenstand unserer Betrachtungen machen. Wenn der Gegenstand des HRM der Mensch und seine Arbeit ist, muss im Folgenden zunächst abgegrenzt werden, was die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Frage- stellungen und Erkenntnisinteressen im Vergleich zu den anderen betriebswirtschaftli- chen Teildisziplinen sind. 1.1 Abgrenzung der verwendeten Begriffe Es kann und soll an dieser Stelle nicht en détail und lückenlos nachvollzogen werden, wel- che theoretischen Abgrenzungen zwischen dem HRM und der betrieblichen Personalwirt- schaft gezogen werden können. Bei Interesse für diese schnell ausufernde Diskussion sei die weiterführende Literatur empfohlen. Für dieses Modul sind folgende Definitionen zugrunde gelegt: Personal Mit dem Begriff „Personal“ werden „alle gegenwärtigen Arbeitnehmer, Leitenden Ange- stellten und Organisationsmitglieder eines Unternehmens bzw. einer Organisation“ (Wucknitz 2009, S. 6) bezeichnet. Diese statische Betrachtungsweise wird dann aufgege- ben, wenn unter bestimmten Gesichtspunkten, wie etwa einer strategischen Personalpla- 14 nung oder dem Einbezug von Stakeholdern oder Eignerpersonen, Wechselwirkungen und Beziehungen zu Menschen dargestellt werden sollen, die dem so beschriebenen Perso- nenkreis nicht angehören, diesen aber beeinflussen. Personalwesen, Personalarbeit, Personalverwaltung Diese Begriffe rekurrieren auf die rein operative, verwaltungstechnische Seite des betrieb- lichen Umgangs mit dem Personal. Sie sind selbstverständlicher Bestandteil des fachli- chen Kompetenzkatalogs eines Personalmanagers, reichen aber bei Weitem für ein profes- sionelles Management nicht aus. Diese Aufgaben sind meist in einer eigenständigen organisatorischen Einheit beheimatet, der Personalabteilung, wobei in der Praxis die Auf- gabenverteilung zwischen einer zentralen Personalabteilung und dezentralen Fachabtei- lungen divergierend gestaltet ist. Für unsere Zwecke sind diese Gedanken zwar nennens- wert, aber nicht zielführend. In den hier folgenden einzelnen Anwendungsgebieten werden mitunter Probleme auf dem Niveau der Personalverwaltung angesprochen, dann aber en passant und nicht systematisch oder theoretisch umfassend behandelt. Personalmanagement Schon auf den ersten Blick weist der Begriff „Personalmanagement” darauf hin, dass es offensichtlich um Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaspekte in Bezug auf das Personal geht. Es gilt aber hier dasselbe wie in anderen Managementfeldern auch: Was genau unter den Managementbegriff zu fassen ist, ist sehr strittig und letztlich einer eigenen Positionie- rung unterworfen. Daher werden wir an dieser Stelle, in Abkürzung einer durchaus gehalt- vollen Diskussion, für unsere Zwecke als Arbeitsdefinition festhalten, dass Personalma- nagement „alle auf das Personal (sowohl Einzelpersonen als auch Gruppen) bezogenen Prozesse, Systeme und systematischen Verhaltensweisen bzw. die Gestaltung und Steue- rung der personalwirtschaftlichen Aufgaben und Probleme umfasst. Dabei stellt es die Gesamtheit aller Ziele, Strategien und Instrumente dar, die das Verhalten der Führungs- kräfte und der Mitarbeiter prägen.“ So fassen es Bartscher/Stöckl/Träger (2012, S. 53) in einer mehrere Autoren zusammenführenden Definition zusammen. Das Griffige dieser Definition ist der Verweis sowohl auf die personalwirtschaftlichen Aufgaben als auch gleichzeitig auf die Verhaltensbeeinflussung. In diesem Kurs beschäftigt uns der erste Aspekt, also der Umfang der Managementaufgaben. Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung – DGFP e. V. – ordnet die Aufgaben des Per- sonalmanagements in ihrem Referenzmodell anhand eines Lebenszyklusmodells (eines hypothetischen Mitarbeiters) (hierzu und im Folgenden ausführlich Deutsche Gesellschaft für Personalführung [DGFP] e. V. 2011b, S. 5ff.): Table 1: DGFP Referenzmodell: Lebenszyklusorientierte Gestaltungsfelder Personalmarketing Employer Branding und -auswahl Externe und interne Personalsuche Treffen von methodengestützten Auswahlentscheidungen Personalbetreuung Personaladministration und Mitarbeiterbindung Personenbezogene Betreuungsaktivitäten Mitarbeiterbindung 15 Leistungsmanagement und Gestaltung und Anwendung von Zielvereinbarungssystemen Vergütung Gestaltung/Umsetzung von Vergütungssystemen Konzeption und Führen von Mitarbeitergesprächen Personal-/ Kompetenzidentifikation und Entwicklung Managemententwicklung Karriereprogramme Organisationsentwicklung Personalfreisetzung Gestaltung von individuellen Trennungsprozessen Gestaltung von kollektiven Trennungsprozessen Führungs- und Führungskompetenzen Selbstkompetenz Personale und soziale Kompetenzen Source: Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2011b, S. 5. Unter der Berücksichtigung der in unserer Definition angesprochenen strategischen und unternehmenskulturellen Aspekte und der übergeordneten Gestaltungsfelder Wertschöp- fungsmanagement, Arbeitsrecht und Sozialpartnerschaft, Beziehungen und Netzwerke sowie internationales Personalmanagement ergibt sich das Referenzmodell eines profes- sionellen Personalmanagements: Figure 1: Referenzmodell eines professionellen Personalmanagements Source: Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2011b, S. 6. „Professionell“ wird ein Personalmanagement nach dem Modell der DGFP dadurch, dass es alle zwölf Handlungsfelder gleichzeitig optimiert. Dazu gehören die konzeptionelle Aus- richtung und die Unterstützung durch geeignete Instrumente und Methoden zur Umset- zung der Konzepte sowie die klare Festlegung von Verantwortung und Prozessen. 16 Ein professionell gestaltetes und durchgeführtes Personalmanagement liefert dann über die „Wirkungsprofessionalität“ mit den Hebeln Strategiedurchdringung, Arbeitgeberat- traktivität, kooperative Sozialpartnerschaft, effiziente Personalprozesse, innovative Orga- nisation sowie Qualität und Verfügbarkeit von Personal einen unmittelbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg. Sehen Sie dazu folgende Abbildung: Figure 2: Einfluss professionellen Personalmanagements auf den Unternehmenserfolg Source: Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2011b, S. 7. Diesen Gedankengang verfolgend ergeben sich zwei Ergebnisse: Personalmanager, die so ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg definieren, entfernen sich erstens im Selbstver- ständnis endgültig von der Rolle eines Personalsachbearbeiters und zweitens ergibt sich zwangsläufig der ökonomische Blick auf das Personal als Ressource, was zum Begriff „Human Resource Management“ führt. Human Resource Management (HRM) Zunächst bleibt festzuhalten, dass dieser Begriff nicht nur uneinheitlich abgegrenzt, son- dern in der Literatur Human Resources mal im Singular (also ohne das „s“) und mal im Plural verwendet wird. 17 In der Literatur gilt häufig die Definition von Storey (2007, S. 7) als Ausgangspunkt, nach der HRM einen „besonderen Ansatz des Beschäftigungsmanagements darstellt, der Wett- bewerbsvorteile durch den strategischen Einsatz einer sehr engagierten und fähigen Belegschaft zu erreichen versucht und dabei einen integrierten Satz kultureller, strukturel- ler und personalbezogener Techniken nutzt“ (eigene Übersetzung). Das klingt im Vergleich zu soziologischen oder psychologischen Herangehensweisen nicht nur sehr ökonomieorientiert, das ist es auch: Die Auseinandersetzung mit dem Thema HRM ist immer auch eine Auseinandersetzung darüber, ob, in welchem Umfang und mit welcher Konsequenz menschliche Arbeit im Unternehmen, und damit zwangsläufig auch die Träger der Arbeitskraft, als eine Ressource vergleichbar und gleichberechtigt neben dem eingesetzten Kapital betrachtet werden kann, soll oder gar darf. Plakativer als Oswald Neuberger kann man den Diskurs kaum darstellen: Er betitelte einen Beitrag in der Zeitschrift „Personalführung“ kurz und präzise „Der Mensch ist Mittelpunkt. Der Mensch ist Mittel. Punkt.“ Ins Extrem gedacht, werden HR zu Humanvermögen, deren Leistungspotenziale einem Unternehmen durch ihre Organisationsmitglieder zur Verfügung gestellt werden. Human- vermögen (rechnungswesentechnisch nicht ganz stimmig auch als „Human Capital“ bezeichnet) ist dann das Produkt aus Leistungsangebot und dessen Wert innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Bestimmungsfaktoren sind die Art und Güte der angebotenen Leistung, also die individuelle Leistungsfähigkeit und -bereitschaft. Da diese zu beeinflus- sen sind, entsteht die Idee einer Managementaufgabe der Ressourcenoptimierung, ver- gleichbar mit Vermögensgegenständen, Kapital, Rohstoffen oder Betriebsmitteln. In der individuellen Betrachtung sind aus dieser Perspektive Human Resources das geis- tige und körperliche Potenzial eines einzelnen Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin. Die- ses kann latent oder offen vorhanden sein, durch entsprechende Maßnahmen verbessert werden und die Bereitschaft zum Angebot durch Motivation und Entlohnung geweckt und gefördert werden. Der ebenfalls gebräuchliche Begriff des Humankapitals (Human Capital) wird in diesem Zusammenhang als die Summe aller persönlichen arbeitsbezogenen Merk- male, also der fachlichen, methodischen, sozialen Kompetenzen, der Intelligenz, des Engagements und der Leistungsmotivation und -bereitschaft verstanden. Aufgrund der großen Bedeutung dieses Kapitals für den Wert und die Zukunftsfähigkeit von Unterneh- men in entwickelten Volkswirtschaften, die auf einen deutlich höheren Anteil des Human- im Vergleich zum Finanzkapital setzen, sind komplexe Ansätze zur Humanvermögensrech- nung versucht worden (zur Vertiefung s. Jung 2011, S. 673ff.; Persch 2003, S. 102ff.). Insgesamt bleibt die Terminologie uneinheitlich und unübersichtlich, da in der deutsch- sprachigen Literatur die Begriffe „Personalwirtschaft“, „Personalwesen“, „Personalarbeit“ teilweise unreflektiert und gleichzeitig mit aus dem Angelsächsischen entlehnten Begrif- fen wie „Personnel Management“ oder wie bereits gezeigt „HRM“ verwendet werden. 18 Offensichtlich ist in der öffentlichen Wahrnehmung die Verwendung der Begriffe eher vom Wortsinn als von einer kritischen Durchleuchtung geleitet: So wurde der Begriff „Human- kapital“ zum Unwort des Jahres gewählt, ohne dass davon auszugehen sein dürfte, dass jeder verstanden hat, welche Grundidee sich hinter diesem Begriff verbirgt (dazu auch Unwort des Jahres o. J.). Festhalten wollen wir für unsere Zwecke, dass wir den wichtigsten Unterschied zwischen dem Personalmanagement und den HRM-Ansätzen in der Ausrichtung des HRM auf strate- gische Fragestellungen, insbesondere der Einschätzung der zukünftigen notwendigen und erfolgskritischen Versorgung des Unternehmens mit einem Arbeitspotenzial sowie der notwendigen Gestaltung von Organisation und Prozessen, verstehen. Anders als im Perso- nalmanagement, das Erfolgspotenziale in der ausgewogenen Abstimmung der bis auf einige Ausnahmen schwerpunktmäßig operativ fokussierten Aufgabenbereiche verfolgt, ist HRM auf (HR-)Beschaffungsmärkte und die Betrachtung dynamischer Umfeldentwick- lungen gerichtet. 1.2 Einflussfaktoren und Perspektiven des HRM Betroffene, Beteiligte und Stakeholder Wir hatten schon bei den einführenden Begriffsdefinitionen festgelegt, wer unter der Bezeichnung „Personal“ der Organisationsform „Unternehmen“ verstanden werden soll. Um die Aufgaben der mit betrieblichen HRM-Entscheidungen Beauftragten umfassend ver- stehen zu können, muss der beteiligte Personenkreis wesentlich weiter gefasst werden. Zahlreiche interne Adressaten und externe Stakeholder sind beides: Zum einen durch die Entscheidungen Betroffene als auch zum anderen selbst aktive Einflussgrößen, die unter- schiedlich stark auf die Entscheidungsträger einwirken. Abhängig von der Branchenzugehörigkeit, der Betriebsgröße, der öffentlichen Aufmerk- samkeit, der Häufigkeit des Personalumschlags und anderen Gestaltungsvariablen kann eine Stakeholder-Analyse und ein Stakeholder-Management seitens des HRM sehr ratsam sein. So können das jeweilige Machtgefüge und die potenziellen Auswirkungen der Ent- scheidungen bereits ex ante umfassend eingeschätzt werden. Je nachdem sind entweder Arbeitnehmervertretungen oder Kapitalgeber, das gesellschaftliche Umfeld oder die eige- nen Mitarbeiter starke oder schwache Promotoren eigener Interessen. Nur als Überblick sei die folgende Auflistung verstanden: Table 2: Anspruchs- und Einflussgruppen des HRM INTERN EXTERN Unternehmensleitung Staat (Finanzbehörden) Leitende Angestellte Finanz- und Kapitalgeber 19 INTERN EXTERN Betriebsrat Sozialversicherungen Arbeitnehmer Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften Auszubildende, Volontäre Kammern (IHK, HWK), Verbände Werkstudenten, Praktikanten Arbeitsagentur, Jobcenter (Der Begriff ARGE wurde nur bis 2010 verwendet) Leiharbeiter, kurzfristige Kräfte Gesellschaftliches Umfeld Personal verbundener Unternehmen Presse und Öffentlichkeit Andere Unternehmen, Lieferanten, Kunden Source: erstellt im Auftrag der IU, 2014. Treiber und Einflussfaktoren Die genannten internen und externen Anspruchsgruppen des HRM sind nur ein Einfluss- faktor unter vielen weiteren. Zahlreiche unternehmens-, wirtschafts-, sozial- und personal- politische Treiber stellen aktuelle, sich in Trends oder sprunghaften Änderungen darstel- lende Herausforderungen an HR-Manager dar. Im Grunde entspricht eine unternehmensindividuelle Analyse dieser Einflussfaktoren den Ergebnissen einer (aus dem strategischen Management als bekannt vorausgesetzten) SWOT-, PESTEL-Analyse oder der Beschreibung des Markt- und Wettbewerbsumfeldes nach Porters Five Forces. Als entscheidende Einflussfaktoren werden aus theoretischer Ableitung der Wertewandel, der demografische Wandel, die Digitalisierung, die Technologisierung und die Globalisie- rung der Wirtschaft sowie die zunehmende Dynamik und Komplexität (man beachte die daraus entstehende Wortschöpfung „Dynaxität“ aus „Veränderungs-Dynamik“ und „inhaltlicher Komplexität“; s. dazu Bartscher/Stöckl 2011, S. 20ff.) der Entscheidungssitua- tionen ausgemacht. Alle Gesellschaften sind kontinuierlich einem Wertewandel unterzogen. Dieser bezieht sich sowohl direkt als auch indirekt auf die Werte der Beschäftigten und der Stakeholder, sodass sich eine unmittelbare Relevanz des gesellschaftlichen Wertewandels für das HRM ergibt. Aktuelle wertebezogene gesellschaftliche Veränderungstendenzen lassen sich wie folgt zusammenfassen (Rosenstiel/Comelli 2003, S. 25): Abwendung von der Arbeit als einer Pflicht, Unterstreichung des Wertes der Freizeit, Ablehnung von Bindung, Unterordnung und Verpflichtung, Erhöhung der Ansprüche in Bezug auf die eigene Selbstverpflichtung, Bejahung der Gleichheit und Gleichberechtigung, Betonung der eigenen Gesundheit, Hochschätzung einer ungefährdeten und bewahrten Natur. 20 Dabei sind die Einstellungen und Werte der Belegschaft oder potenzieller Kandidaten abhängig von einer Vielzahl weiterer Faktoren wie Lebensphase, Familienstand, Herkunft, Bildungsstand und -laufbahn etc. Diese Einflussfaktoren werden auch in Clusterungen von ganzen Generationen abgebildet. Abhängig vom jeweiligen Kulturkreis lassen sich so die Traditionalisten (ab 1945 Gebo- rene), Boomer (1946–1962 Geborene), die Generation X (1963–1980 Geborene) und die Generation Y (ab 1981 Geborene) unterscheiden. Sie zeigen jeweils unterschiedliche Ein- stellungen zu Arbeit, Pflicht und Bindung sowie unterschiedliche Werte, die verschiedene Gewichtungen und Prioritäten aufweisen. Aber auch veränderte Gesellschaftsbilder, Gen- der- und Diversity-Aspekte, Ansprüche und Grundkritik an Wirtschaftssystemen, geänder- tes Freizeitverhalten und andere Einflüsse müssen als Trends analysiert und auf die unter- nehmensindividuellen Rahmenbedingungen von HRM-Entscheidungen gespiegelt werden. Die Auswirkungen des HRM betreffen sowohl die Rekrutierung, die Führung, die Mitarbeiterbindung, die Weiterentwicklung als auch das Outsourcing von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Demografische Veränderungen Neben dem Wertewandel wird nach Ansicht fast aller Experten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die demografische Entwicklung der wichtigste Einflussfaktor des HRM sein. Das gilt nicht für alle Volkswirtschaften der Welt in gleichem Maße, ist aber eine wesentliche Einflussgröße in allen westlichen Industrieländern. Global verschiebt sich die Relevanz dieses Phänomens deshalb, weil andere Volkswirtschaften und Wirtschaftsregio- nen einen anderen Bevölkerungsaufbau als beispielsweise die europäischen Staaten auf- weisen. Nach dem programmatischen Titel des lesenswerten Überblickswerkes von Winfried Köst- ers werden wir in Deutschland „Weniger, bunter und älter“ (Kösters 2011). Damit sind die Herausforderungen an das HRM und das Personalmanagement genannt: „Weniger“ Arbeitskräftepotenzial bedeutet, mit der vorhandenen Belegschaft, so sie zu halten ist, länger und differenzierter zu arbeiten sowie das Management bisher in dieser Form nicht gekannter quantitativer und qualitativer Rekrutierungsprobleme (Fachkräftemangel, War for Talents). „Bunter“ beschreibt die Herausforderung des Diversity Managements und „älter“ die Aufrechterhaltung der „aging workforce“, der Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch über das derzeit übliche Verrentungsalter hinaus. Ein Blick auf die Empirie zeigt die aktuelle Praxisrelevanz der theoretisch ableitbaren Haupteinflussfaktoren. So führt die DGFP e. V. regelmäßig Befragungen über die Bedeu- tung unterschiedlicher Einflussgrößen unter HR-Managern durch. Aus der aktuellen Studie aus dem Jahr 2011 kristallisieren sich Wertewandel (70 % der Befragten) und demografi- scher Wandel (82 % der Befragten) als bedeutendste Einflussfaktoren heraus (Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2011a, S. 6ff.). Bartscher/Stöckl/Träger fassen die Ergebnisse in einer Übersicht zusammen, aus der hier einige Ausschnitte abgebildet sind: 21 Table 3: Zusammenfassung der DGFP Trend-Studie Auswirkungen Maßnahmen der befragten Konsequenzen und Hand- Einflussfaktor auf das HRM Unternehmen lungsempfehlungen Wertewandel sehr stark: 14 % Verhaltenskodex Wahrnehmung der gesell- stark: 56 % Diversity Management schaftlichen Verantwor- mittel: 25 % nicht monetäre Benefits tung wenig: 5 % Sabbaticals PM als strategischer Part- überhaupt nicht: - Spenden/Sponsoring ner Work-Life-Balance Förderung der Employabi- lity Employer Branding Web 2.0 Gesundheitsmanagement Demografischer sehr stark: 36 % Gesundheitsmanagement Employability und Motiva- Wandel stark: 46 % Employer Branding tion Älterer erhalten mittel: 14 % Lebenslanges Lernen Bindung strategischer wenig: 4 % Wissensmanagement Mitarbeitergruppen überhaupt nicht: - Job Enrichment Technologisie- sehr stark: 12 % Telearbeit/Home Office Bewertung des qualitati- rung stark: 36 % Social Media- Strategie ven Erfolgsbeitrags von mittel: 44 % (Recruiting, Learning, PM und HRM wenig: 8 % Working) Coaching durch Füh- überhaupt nicht: - Fortbildung in Social rungskräfte unterstützen Media-Fragen strategische Integration des PM im Unternehmen Globalisierung sehr stark: 11 % Internationale Rekrutie- Internationales Talentma- stark: 34 % rung nagement mittel: 41 % Employer Branding Förderung interkultureller wenig: 13 % Expatriate Management Fähigkeiten überhaupt nicht: Interkulturelle Trainings Vielfalt konstruktiv nutzen 2% Diversity Management Humankapital bewerten Retention Management Source: Auszüge aus Bartscher/Stöckl/Träger 2012, S. 43f. Industrial Relations Für international tätige Unternehmen wird vor dem Hintergrund der zunehmenden Globa- lisierung ein weiterer Einflussfaktor eine große Rolle spielen, nämlich die grundsätzliche Gestaltung der (Arbeits-)Beziehungen zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern bzw. deren Interessenvertretungen sowie dem Staat im Rahmen seiner arbeitsrechtlichen bzw. sozialpolitischen Regelungen. Diese Aspekte werden unter dem Stichwort „Industrial Relations“ behandelt. Arbeitsbeziehungen sind dabei zugleich soziale Beziehungen im betrieblichen Arbeitsprozess, wirtschaftliche Beziehungen auf dem Arbeitsmarkt und poli- tische Beziehungen zwischen Interessenorganisationen, Gewerkschaften und Arbeitgeber- verbänden, wobei die Arbeitsverhältnisse abhängig Beschäftigter im Mittelpunkt stehen. So können etwa das national gültige Mitbestimmungsrecht oder Arbeitskampfrechte der Individuen und/oder Gewerkschaften und der Mitarbeiter den Handlungsspielraum des HRM erheblich beschränken. 22 Industrial Relations sind insgesamt ein Abbild der in einem Land herrschenden Werte- strukturen und Machtbeziehungen zwischen den Interessengruppen. Demzufolge können Arbeitsbeziehungen nur vor dem Hintergrund der spezifischen nationalen Strukturen und Machtkonstellationen verstanden und ausgestaltet werden. Für das Unternehmen bedeu- tet dies, dass in der Vielfalt der länderspezifischen Rahmenbedingungen eine grundsätzli- che Position zu definieren ist. Gestalten sich die Industrial Relations eines international tätigen Unternehmens aufgrund der spezifischen Gegebenheiten der Gastländer unterschiedlich, so ergeben sich Konflikt- felder, was z. B. dem Anspruch einer in allen Regionen gemeinsam getragenen Unterneh- menskultur zuwiderlaufen kann (s. Scherm/Süß 2002, S. 850ff.; Weber et al. 2001, S. 251– 176). Perspektiven auf das HRM Alle Fragestellungen, die mit betrieblichen Fragen rund um den Einsatz von Personal zusammenhängen, können jeweils aus sehr unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und behandelt werden. So wird aus der juristischen Perspektive nach der Gestaltung von Arbeits- und Kollektiv- verträgen, nach den Rechten und Pflichten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, nach der betrieblichen Mitbestimmung oder der Arbeitsgerichtsbarkeit gefragt. Ein Manager (oder eine Managerin, im Folgenden aufgrund der Lesbarkeit immer männ- lich, aber beide angesprochen) wird sich schwerpunktmäßig mit Führungsfragen und der konkreten Gestaltung des Arbeitsumfeldes befassen, der Betriebswirt mit den Kosten- strukturen und Erfolgsbeiträgen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verursachen. Ein Psychologe beschäftigt sich als Arbeits-, Wirtschafts- oder Organisationspsychologe mit der Auswirkung der Arbeitstätigkeit und deren Umfeldbedingungen auf die Psyche der Menschen und entwickelt Empfehlungen und Maßnahmen zur Optimierung der Einfluss- faktoren. Er wird überall dort zurate gezogen, wo psychologische Erkenntnisse Entschei- dungen verbessern helfen können, wie etwa bei der Eignungsdiagnostik oder Motivations- und Entwicklungsfragen. Einen wiederum ganz anderen Blick hat ein Pädagoge, dessen Hauptaugenmerk auf dem lernenden Menschen liegt. Das kann im Wirtschaftsleben im betrieblichen oder außerbe- trieblichen Kontext angelegt werden, jedenfalls unterscheiden sich pädagogische Men- schenbilder, Modelle und Methoden von denen der anderen genannten Berufsgruppen. Im Grunde ist festzuhalten, dass jede Berufsgruppe eine eigene Sicht auf Personalfragen hat, was erklärt, warum mitunter sehr widersprüchliche und deutlich interessengeleitete Aussagen, Auswertungen und Empfehlungen in Fragen des (Personal-)Managements anzu- treffen sind. Die Aufgabe für HRM-Manager wird dadurch zu einer besonderen Herausforderung: Auf der einen Seite hat er alle notwendigen Perspektiven gleichzeitig einzunehmen und dabei die eigenen, meist ökonomischen, Vorgaben zu erfüllen. Er steht ständig im Kreuzfeuer der 23 Vertreter von Partikularinteressen, die ihre jeweilige Perspektive fokussiert einnehmen können und müssen und er wird gleichzeitig von seinen Vorgesetzten gemäß des vermute- ten Wirkungszusammenhangs zwischen HR und Betriebsergebnis gemessen. 1.3 Entwicklungslinien des HRM Die betrieblichen Entscheidungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unterneh- mens betreffen, werden von den Verantwortlichen vor dem Hintergrund ganz grundsätzli- cher Annahmen getroffen. Diese können durch eine entsprechend fokussierte Ausbildung oder eigene – aus der Praxiserfahrung resultierende – Überzeugungen entstehen. In ein und derselben Entscheidungssituation werden sich aber Personalmanager durch die Beeinflussung ihrer Grundüberzeugung unterschiedlich verhalten. Daher ist es ratsam, zwischen den folgenden Grundansätzen zu unterschieden und seine eigene Position zu beschreiben: 1. Verhaltenswissenschaftliche Ansätze greifen auf psychologische und soziologische Theoriemodelle zurück. 2. Personalökonomische Theorieansätze sehen das Personal als Investitionsgut, das, wie alle anderen eingesetzten Produktionsfaktoren, einen Erfolgsbeitrag erzielen muss. 3. HRM-Ansätze betonen, wie wir noch ausführlich sehen werden, zusätzlich den strate- gischen Beitrag der Ressource Mensch. Dabei kann noch zwischen solchen Ansätzen unterschieden werden, die den Beitrag dieser Ressource bereits bei der Strategiefor- mulierung sehen, und solchen, die ex post ihren Beitrag zur Verwirklichung der Unter- nehmensstrategien untersuchen wollen. Diese Unterscheidungen mögen auf den ersten Blick sehr theoretisch und praxisfern sein. In der Tat spielen sie keine direkte Rolle in der betriebspraktischen Realität, gleichwohl ist aber darauf hinzuweisen, dass jeder Verantwortungs- und Entscheidungsträger in perso- nalwirtschaftlichen Aufgabengebieten bewusst oder unbewusst einer bestimmten Über- zeugung folgt und sich bei seinen Entscheidungen an dieser orientiert (s. Kolb 2010, S. 15). Wir werden die Implikationen im zweiten Teil des Moduls wieder aufgreifen, wenn wir die Auswirkungen auf Führungsaspekte und die Theorien des „Organizational Behavior“ dis- kutieren. Das gilt auch für die jeweils mit den grundsätzlichen Überzeugungen korrespon- dierenden und zum Teil stark divergierenden Menschenbilder. Zudem zeigen die beschriebenen Ansätze grob die Entwicklungslinien auf, die die wissen- schaftliche Behandlung der betriebswirtschaftlichen Fragestellungen genommen hat. Die Nachzeichnung der Entwicklungsgeschichte des HRM beginnt sinnvollerweise erst in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bis dahin war Personalarbeit in erster Linie Personalverwaltungsarbeit. Eine Ausnahme waren die Arbeitsstudien, deren syste- matische Anfänge in den USA der 30er Jahre liegen. Grundlegend war dabei die Idee des „Taylorismus“ (nach seinem Protagonisten Frederic W. Taylor benannt). Das Verständnis der Arbeiter in den zu Beginn des letzten Jahrhunderts flächendeckend entstehenden Massenfertigungen war aus heutiger Sicht recht einfach: Es ging darum herauszufinden, 24 mit welcher Variation von Arbeitsbedingungen das Maximum an Arbeitsleistung zu erzie- len sei. Dabei wurden zwei Schwerpunkte gesetzt: Die Gestaltung der physischen Arbeits- umgebung und die Suche nach der optimalen Arbeitsteilung, einem Vorläufer der REFA- Arbeitsstudien. Diese Untersuchungen fanden ihren Höhepunkt in den nach einem Fabrikstandort der Firma General Electric benannten „Hawthorne Studies“. In Laborsitua- tionen wurden Arbeiter unterschiedlichen Licht-, Lärm- und Temperaturbedingungen unterworfen und gemessen, wie diese Veränderungen auf die Arbeitsleistungen wirken. Das Experiment ging allerdings schief: Die Arbeiter leisteten auch bei Verschlechterung der Arbeitsbedingungen mehr. Dieser sog. Hawthorne-Effekt wurde erst Jahrzehnte später wieder aufgegriffen und mit der Laborsituation erklärt. Die Arbeiter erfuhren eine beson- dere Wertschätzung, weil sie aus dem Arbeitsprozess in der großen Halle herausgezogen und Gegenstand einer intensiven Beobachtung durch Wissenschaftler wurden. Offensicht- lich, so die Erkenntnis, gab es also auch noch andere Einflussfaktoren als die physischen Umweltbedingungen des Arbeitsplatzes. Diese Erkenntnisse und die fortschreitende Beschäftigung mit arbeitspsychologischen Grundlagen, etwa durch Mayo und Maslow, führten zu einer veränderten Sichtweise sowohl auf die Beschäftigten als auch auf die Zusammenhänge zwischen Motivation und Arbeitsleistung. Die Aufgaben des Personalmanagements entwickelten sich parallel zu den großen Ent- wicklungslinien des Managements und der Managementtheorie (s. hierzu und im Folgen- den Kolb 2010, S. 12f.). Ab den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts lassen sich folgende Parallelen und jeweils zusätzliche Schwerpunktaufgaben des PM, später des HRM, in Deka- den grob beschreiben: Table 4: Dekadische Darstellung von Entwicklungen von Management- und HR- Schwerpunkten Zeit Entwicklung im Entwicklung im (ca.) Management PM/HRM Schwerpunktaufgaben von PM/HRM 1950 (noch) Scientific Verwaltung Personalverwaltung Management betr. Sozialleistungen 1960 Management-by- Etablierung Zusätzlich: Konzepte Personalbeschaffung betr. Bildungswesen Arbeitsplatzgestaltung/Ergonomie 1970 Humanisierung Zusätzlich: Arbeitsorganisation Mitbestimmung/Partizipation kooperative Mitarbeiterführung Personalentwicklung 1980 7-S-Modell (Exzel- Ökonomisierung Zusätzlich: lenz) IT im Personalbereich Quantitatives Controlling Flexibilisierung 25 Zeit Entwicklung im Entwicklung im (ca.) Management PM/HRM Schwerpunktaufgaben von PM/HRM 1990 Lean Management Restrukturierung Zusätzlich: Qualitätsmanage- Personalbetreuung ment Teamarbeit Business Reengi- Führen mit Zielen neering Gesundheitsmanagement Internationalisierung Qualitatives Controlling Organisationsentwicklung Unternehmenskultur 2000 Balanced Score- Business Partner (Unter- Zusätzlich: card nehmerisches Personal- variable Entgeltsysteme management) Mitarbeiterbindung Work-Life-Balance Aging Workforce Diversity Management Talent Management Human Capital Management Prozessoptimierung und E-HRM 2010 Nachhaltiges Nachhaltiges Personal- Zusätzlich: Management management Wertschöpfungsbeitrag des PM/HRM langfristige Wirkungen personalw. Aktivi- täten ethische Aspekte und gesellschaftliche Verantwortung Source: erstellt im Auftrag der IU, 2014 nach Kolb 2010, S. 12f. Es waren aber nicht nur diese (ausgewählten!) Weiterentwicklungen in der Management- theorie, sondern auch gesellschaftliche Entwicklungen, die die jeweiligen PM-/HRM- Schwerpunkte beeinflussten. Der Wert des Personals bekam vor allem in der Bundesrepublik der 70er Jahre einen besonderen Fokus, da hohe Lohn- und vor allem Lohnnebenkosten, gestiegene Fluktua- tion, Arbeitsschutz- und Arbeitsunfallkosten sowie gestiegene Qualifikationsanforderun- gen im Zuge neuer Technologien ein verändertes Bewusstsein hervorriefen. In diesem Zusammenhang können auch die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972 und das Mitbestimmungsgesetz von 1976 gesehen werden (s. Staehle 1989, S. 3). Ausblick Was den Ausblick auf zukünftige Entwicklungen angeht, sind eine ganze Reihe von Unter- suchungen angestellt worden. Quellen dafür sind nicht nur wissenschaftliche Forschungs- einrichtungen (s. dazu eine aktuelle Zusammenfassung bei Kolb 2010, S. 649–671), auch Consulting-Firmen haben eine eigene mehr oder weniger ausgeprägt interessengeleitete Sichtweise. So weitet die Beratungsfirma Capgemini die Aktivitätsdimensionen von HR deutlich aus. Neben die Dimension HR-Funktion mit den nicht selbstverständlichen Busi- ness-Partner-Funktionen treten die Dimension „People“ und die gestalterische Aufgabe „Business Organisation“. 26 Figure 3: Aktivitätsdimensionen von HR Source: Capgemini 2011, S. 40. Die Hitliste der wichtigsten HR-Themen umfasst dementsprechend bei Capgemini anhand von Befragungsergebnissen: 27 Figure 4: Die wichtigsten strategischen HR-Themen Source: Capgemini 2011, S. 36. Ähnliches ergibt sich, weit differenzierter, aus einer Umfrage der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2011: 28 Figure 5: Most Critical Topics Source: BCG 2011. 29 Dabei wurden als die größten aktuellen und zukünftigen Herausforderungen unter Ein- schätzung der derzeitigen Fähigkeiten folgende Bereiche herausgearbeitet: Figure 6: Importance and capabilities Source: BCG 2011. Bei den aktuell wichtigsten Aufgaben fallen die Auswirkungen des demografischen Wan- dels ebenso ins Auge wie bei den zukünftigen: Talentmanagement und Recruiting werden ausdrücklich genannt, gleichzeitig ist „managing demographics“ einer der Mangelberei- che, wenn es um die Einschätzung der gegenwärtigen Schwachstellen geht. Auffällig ist außerdem die zukünftig wachsende Bedeutung, HR in einen strategischen Partner zu ver- wandeln. ZUSAMMENFASSUNG Es besteht keine einheitliche Abgrenzung der Nomenklatur rund um die Personalwirtschaft, das Personalmanagement und das Human Resource Management. 30 Unzweifelhaft setzen die Begriffe der „Personalwirtschaft“, des „Perso- nalwesens“ und des „Personalmanagements“ eher an operativen Frage- stellungen an, während der des „Human Resource Managements“ zusätzlich funktionsbezogene und unternehmensweite strategische Fra- gestellungen berührt. Die Gestaltungsfelder des Personalmanagements können lebenszyklus- orientiert und in übergeordnete Arbeitsbereiche eingebettet dargestellt werden. Einem professionellen PM/HRM wird ein deutlicher Beitrag zum Unter- nehmenserfolg zugesprochen. HRM wird aufgrund seiner strategischen Ausrichtung von internen und externen Interessengruppen beeinflusst. Die Treiber und Einflussfaktoren des HRM werden vor allem im Werte- wandel, dem demografischen Wandel, dem technologischen Fortschritt und der Globalisierung unter der Nebenbedingung der Dynaxität erkannt. Für den internationalen Kontext kommen noch die unter dem Stichwort „Industrial Relations“ zusammengefassten Spezifika nationaler Regelun- gen und Wertesysteme hinzu. Verhaltenswissenschaftliche, personalökonomische und HRM-Ansätze betonen jeweils unterschiedlich ausgerichtete Perspektiven. Die Entwicklungslinien des HRM lassen sich parallel zu denen der Mana- gementtheorie betrachten. Experten sehen für die zukünftige Entwicklung die weitere Professionali- sierung des PM/HRM, dessen Rolle als strategischer Partner des Manage- ments und die Bewältigung des demografischen Wandels als größte Herausforderungen. 31 LEKTION 2 STRATEGISCHES PERSONALMANAGEMENT LERNZIELE Nach Bearbeitung dieser Lektion … – kennen Sie die strategischen Aspekte des Human Resource Managements. – kennen Sie die grundsätzlichen Theoriemodelle zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen HRM und Unternehmenserfolg. – können Sie ressourcenorientiertes HRM von anderen Strategien unterscheiden. – kennen Sie mit dem Michigan-Ansatz und dem Harvard-Ansatz zwei idealtypische Ver- treter strategischer HRM-Modelle. – kennen Sie mit dem HR-Business-Partner-Modell ein aktuelles Modell, aus dem sich organisatorische Empfehlungen ableiten lassen. – unterscheiden Sie HR-Politik, HR-Strategie und konkrete Maßnahmen zur Ableitung und Implementierung von strategischen Vorgaben. 2. STRATEGISCHES PERSONALMANAGEMENT Einführung Das Beratungsunternehmen PriceWaterhouseCoopers ist in einer global angelegten Studie der Frage nachgegangen, ob und wenn ja in welcher Größenordnung professionelles Human Resource Management auf das Unternehmensergebnis wirkt (PriceWaterhouse- Coopers (PWC) 2003). Es wurden 1.056 HR-Verantwortliche in 47 Ländern befragt. Der Schwerpunkt der teilnehmenden Unternehmen lag bei 200 bis 1.500 Mitarbeitern, 20 beteiligte Unternehmen wiesen jeweils eine Mitarbeiterzahl von über 50.000 auf. Die zentrale Aussage der Studie zeigt sich in der folgenden Abbildung: Figure 7: Ergebnis der PWC-Studie Source: PriceWaterhouseCoopers (PWC) 2003, S. 4. Solche Unternehmen, die über eine schriftlich festgehaltene HR-Strategie verfügen, arbei- ten im Schnitt um 35 % profitabler als jene, in denen keine HR-Strategie existiert. Zur gro- ßen Überraschung der Berater stellte sich aber heraus, dass trotz dieses offensichtlichen Zusammenhangs 5 % der beteiligten Unternehmen (Stand 2002) überhaupt keine und 40 % keine schriftlich fixierte Personalstrategie aufwiesen. 34 Wie kann der offensichtlich starke Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein einer HR-Strategie und dem Unternehmensergebnis erklärt, wie kann er benutzt werden? Einige Hinweise ergeben weitere Ergebnisse der Studie (Original-Zitate): 1. Profit margins are higher where the HR function is satisfied with its influence on busi- ness strategy. 2. Revenue per employee is higher when spending on the HR function is higher. 3. The greater the number of employees who have access to HR-self-service, the lower the number of HR-staff. 4. Participants that outsorce deliver relative more strategic HR input. 5. Larger participants that use shared services to deliver HR services have small reduc- tion in the number of HR staff. Entscheidend ist die Aussage auf einer zweiten Ebene, dass neben der Existenz einer schriftlichen HR-Strategie die Zufriedenheit der HR-Abteilung mit ihrem Einfluss auf die Unternehmensstrategie offensichtlich mit dem Unternehmensergebnis zusammenhängt: Figure 8: Zusammenhang zwischen Strategieeinbindung des HRM und dem Erfolg Source: PriceWaterhouseCoopers (PWC) 2003, S. 9. Das Wesen des HRM besteht darin, das Personalmanagement mit der strategischen Unter- nehmensführung zu verbinden. Das wird in Literatur und Nomenklatur zwar nicht immer konsequent durchgehalten, soll von uns aber im Folgenden vertieft werden. Wie ist die Verbindung zwischen Unternehmensstrategie und Personalstrategie sowie stra- tegischem HRM zu beschreiben? Wie ist sie zu beeinflussen? Wie sollte sie gestaltet sein? Das und benachbarte Aspekte sind Gegenstand dieser Lektion. 2.1 Strategische Aspekte des HRM Alle theoretischen Konzepte haben eine gemeinsame Grundüberzeugung: Art und Güte des Personals sind ein Erfolgstreiber für das gesamte Unternehmen. 35 Es sind im Laufe der letzten Jahrzehnte zahlreiche Theorien entwickelt worden, die den Wirkungszusammenhang zwischen dem Produktionsfaktor Personal und dem Unterneh- menserfolg erklären wollen. Gerade die Messung der Quantität des Erfolgsbeitrages ist grundsätzlich deshalb erschwert, weil in der Dokumentation der Aufwendungen respek- tive der Kosten im Rechnungswesen lediglich direkte und indirekte Werteverzehre, nicht aber ein direkt zurechenbares Äquivalent auf der Leistungs- respektive auf der Ertragsseite existiert. Lösungsversuche seitens der Wissenschaft sind insbesondere in den Human- Capital-Ansätzen zu sehen. Diese werden wir für unsere Zwecke allerdings an dieser Stelle nicht weiter diskutieren, da sie weniger ein HR- als ein (weithin ungeklärtes) Accounting- Thema darstellen. Theoriemodelle des strategischen HRM Auf die aus anderen fachlichen Zusammenhängen bekannte ermüdende und letztlich für unsere Zwecke nutzlose Auseinandersetzung mit dem Strategiebegriff verzichten wir an dieser Stelle ganz bewusst. Entsprechend einer General-Management-Konzeption von Strategie sind die strategischen Aspekte des HRM ganz eindeutig in zwei Dimensionen zu erklären: Erstens führt strategisches HRM sämtliche Personalmanagementaktivitäten zusammen und zweitens richtet es sich an den für strategische Fragestellungen immer wesensbestimmenden Zielen der Potenzialorientierung aus. Es geht sowohl um Potenz- iale auf Wettbewerbsmärkten als auch um Potenziale innerhalb des Unternehmens, die einen Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Unternehmens gewährleisten. Die Theoriemodelle des strategischen HRM lassen sich daher auch analog zu den Manage- mentmodellen in eher Market-based-view- oder Resource-based-view-Modelle einordnen. Die Kategorisierung der unterschiedlichen Theoriemodelle des strategischen Personalma- nagements wird häufig anhand der Idee einer „Hard“- und einer „Soft“-Version des HRM vorgenommen (s. z. B. Ridder et al. 2001, S. 19). In der „Hard Version“ wird vom HRM verlangt, einen Beitrag zur Verbesserung der strategi- schen Optionen und zur Umsetzung der Unternehmensstrategie zu leisten. Der Beitrag zur Umsetzung der vorgegebenen und übergeordneten Unternehmensstrategie wird in der Verbesserung und Flexibilisierung der Einsatzmöglichkeiten der Beschäftigten gesehen. Alle Maßnahmen und Aktivitäten des HRM müssen demnach so gestaltet werden, dass sie einen maximalen Beitrag zur Wertschöpfung leisten und dementsprechend sieht auch ihre Überprüfung und Beurteilung aus. Arbeitskraft wird zu einem Faktor, der so weit wie mög- lich verdinglicht und instrumentalisiert werden muss. In der „Soft Version“ von HRM wird argumentiert, dass Unternehmensziele nur erreicht werden können, wenn Arbeitnehmer und Führungskräfte ein Commitment für die Organi- sationsziele haben, diese also freiwillig und aus Überzeugung aktiv verfolgen. Zentrales Ziel ist es aus dieser Perspektive, die Beschäftigten an die Organisation zu binden und zu motivieren, durch partizipative Führungsstile und entsprechende Organisationsformen, die Entwicklung von Kompetenzen sowie durch die Gestaltung der Arbeitsbedingungen ein Umfeld zu schaffen, in dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine enge Bindung an das Unternehmen und eine hohe Leistungsmotivation aufweisen. 36 Ressourcenorientiertes HRM Daraus entstehen für die Formulierung von strategischen HRM-Zielen Konsequenzen. Ent- weder sind die HRM-Ziele abgeleitete Unternehmensziele oder sie entstehen eigenständig oder sie entstehen in einer gegenseitigen Abstimmung: Figure 9: Ansätze der Personalstrategie Source: Bormann 2013, S. 19. Zwischen den Extremen einer rein investitionsorientierten und gar keiner Ableitung der HR-Strategien aus den strategischen Unternehmenszielen nimmt die ressourcenorien- tierte Ableitung eine Zwischenstellung ein. Die gegenseitige Abstimmung der Strategien berücksichtigt, dass das bereits vorhandene Personal mit bestimmten Ressourcen in Form von quantitativ und qualitativ beschreibbaren Kompetenzen und Leistungsbereitschaften ausgestattet ist. Diese Ausstattung ist ein Wettbewerbsfaktor und ein potenzieller Wettbewerbsvorteil. Aus Sicht der ressourcenorientierten HRM-Strategie entsteht aus der Analyse, Pflege und Wei- terentwicklung passgenauer Humanressourcen die strategische Basis für langfristige Wett- bewerbserfolge und die Sicherung der Unternehmensexistenz (s. hierzu und im Folgenden Ringlstätter/Kaiser 2008 S. 69ff.). Dabei kann noch zusätzlich zwischen der Aufgabe der („horizontalen“) Abstimmung der einzelnen Aufgabenfelder des HRM untereinander und dem hier schon dargestellten („ver- tikalen“) Fit mit den strategischen Unternehmenszielen unterschieden werden (s. dazu ausführlich Krauss 2002, S. 26ff.). 37 2.2 Theoriemodelle des strategischen HRM Wir haben zuvor bereits herausgearbeitet, dass es von Anfang an ein Wesensmerkmal des HRM war und auch weiterhin ist, die Integration von Unternehmensstrategie und Perso- nalpolitik sowie die bessere Ausschöpfung des menschlichen Potenzials zu erreichen (s. dazu auch den lesenswerten Artikel von Garnjost/Wächter 1996, S. 791ff.). Theoretische HRM-Konzepte integrieren zusätzlich zum Gegenstandsbereich des alten Konzepts des (administrativen) „Personnel Managements“ Aspekte aus den Bereichen Organisation, Industrial Relations und Strategisches Management (s. Schneck 2000, S. 53). Dabei sind einige Modelle entwickelt worden, die als idealtypisch für bestimmte Sichtwei- sen auf diese Verbindungen der Strategiebereiche zu werten sind. Sie stehen exemplarisch für jeweils ähnliche Konzepte, gelten noch heute als Ausgangspunkt für Erweiterungen und sollten daher in ihrer Grundstruktur bekannt sein. Der Michigan-Ansatz Das ältere Modell ist der nach der University of Michigan benannte Ansatz, der dort Anfang der 80er Jahre von einer Forschergruppe rund um Tichy begründet und dann von anderen weiterentwickelt wurde (s. Originaltext von Tichy et al. 1982 und zur Einordnung und Wei- terentwicklung Staehle 1989, S. 791ff.). Der Fokus liegt auf der strategischen Bedeutung des Faktors Arbeit; Personalmanagement wird also aus dem Korsett der operativen Verwaltungstätigkeit befreit. Letztlich geht es um nicht weniger, als den Beitrag einer optimierten Ausstattung an Humanressourcen integrativ mit Unternehmensstrategien und der Organisationsstruktur zu verknüpfen und einen „best fit“ herzustellen, um den Anforderungen des Wettbewerbs erfolgreich begeg- nen zu können. Der Kernbereich des HRM besteht nach dem Michigan-Ansatz aus den Funktionen der Aus- wahl („Selection“), der Leistung („Performance“) sowie der Personalbeurteilung („Apprai- sal“), der Personalbelohnung („Rewards“) und der Personalentwicklung („Development“). Jede dieser Aufgaben hat sowohl eine strategische (Unternehmensstrategie), eine takti- sche (Organisationsstruktur) und eine operative Komponente (HRM im engeren Sinne). Sie sind in einem „Human Resource Cycle“ so abzustimmen, dass sie das Erreichen der vorge- gebenen strategischen Ziele bestmöglich unterstützen. Als Nebenbedingungen sind auch die externen Einflüsse etwa aus der Politik, Wirtschaft und Kultur in das Modell integriert. Aufgabe des strategischen HRM aus diesem Modell ist dann die optimale Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Wechselwirkungen, die sich aus den Einflussfaktoren erge- ben. Das Primat der Unternehmensstrategie – vorrangig die in Mission und Vision festgehalte- nen grundsätzlichen und langfristigen Aussagen – verlangt, dass alle genannten Aufgaben- bereiche die Ziele der Unternehmensstrategie aufnehmen und umsetzen sollen, um die Leistung zu optimieren. Sowohl die Planung des Bedarfs an Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern, die Bewegung der Belegschaft (Zu- und Abgänge) und die Ausgestaltung der Beur- 38 teilungskriterien sollen sich daran ausrichten, die vorgegebene Unternehmensstrategie bestmöglich zu unterstützen. Gleiches gilt für die Gestaltung der Aus- und Weiterbildungs- programme und die individuelle Karriereplanung, kurz ein Modell, nach dem viele Unter- nehmen noch heute handeln. Das Modell im Einzelnen: Figure 10: Der „Human Resource Cycle” des Michigan-Ansatzes Source: erstellt im Auftrag der IU, 2014. Der Harvard-Ansatz Gemeinsam mit dem Michigan-Ansatz ist dem Harvard-Ansatz, der auf die Veröffentli- chung „Human Resource Management: A general manager’s persperctive“ (Beer et al. 1985) zurückgeht, dass auch hier die Personalarbeit nicht auf die Verwaltung beschränkt wird, sondern strategische Aufgaben bekommt. Der Unterschied des Harvard-Ansatzes liegt aber in seinem zugrunde gelegten Menschen- bild des Mitarbeiters als entwicklungsfähigem und proaktivem Mitglied der Organisation Unternehmen. Daher entsteht dem Management die zusätzliche Aufgabe der Gestaltung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und umfassenden Partizipation der Belegschaft an organisationalen und strategischen Entscheidungen. Der Harvard-Ansatz betont als zweiten Schwerpunkt die Bedeutung situativer Faktoren und von Interessengruppen (Stakeholdern) und die daraus resultierende Notwendigkeit eines integrativen Gesamtmodells: 39 Figure 11: Harvard-Ansatz Source: Bartscher/Stöckl/Träger 2012, S. 140. Der Harvard-Ansatz unterscheidet vier Politikfelder: den Arbeitnehmereinfluss („employee influence“), also die individuelle und kollektive Partizipation an den Entscheidungen – z. B. in Deutschland durch den Betriebsrat –, den Fluss der Arbeitskräfte („human resource flow“), was den personalwirtschaftlichen Aktivitäten von der Rekrutierung bis zum Out- placement entspricht, den Belohnungssystemen („reward systems“), also die Bereitstel- lung der materiellen und immateriellen Anreize, sowie den Arbeitssystemen („work sys- tems“), die die Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitszeit beschreiben. Diese Politikfelder werden von internen und externen Stakeholdern, aber auch von situativen 40 Faktoren beeinflusst. Aufgabe des Managements ist es nun, Widersprüche und Konflikte dieser Einflussfaktoren zu identifizieren und durch Aktivitäten in den Politikfeldern zu beseitigen. Die HRM-Ergebnisse werden auch die „4 Cs“ genannt, da sie in der Originalsprache jeweils mit dem Buchstaben „C“ beginnen: Eine hohe innere Bindung und Verpflichtung des Per- sonals („Commitment“), das Fachwissen des Personals („Competence“), die Übereinstim- mung der Interessen von Individuum und Organisation („Congruence“) und die Wirt- schaftlichkeit („Cost Effectiveness“). Diese HRM-Ergebnisse haben langfristige Auswirkungen auf das individuelle und das gesellschaftliche Wohlbefinden und die organisationale Effektivität und wirken wiederum auf die Politikfelder, die Interessengruppen und die situativen Faktoren zurück. Sowohl der Harvard- als auch der Michigan-Ansatz heben die strategische Bedeutung des Personalbereichs hervor, unterscheiden sich aber deutlich in der Wahrnehmung der Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter. Beiden Modellen kann kritisch entgegengebracht werden, dass sie weder wirklich theoretisch fundiert sind, noch die Wechselwirkungen zwischen Individuum und Organisation berücksichtigen. Letzterer Gesichtspunkt ist allerdings ele- mentar, wenn es um die praktische Anwendbarkeit und Implementierung strategischer HRM-Konzepte in der Unternehmenspraxis geht. Beispiele weiterer Theorieansätze Die beiden vorgestellten Ansätze sind typische Vertreter, es ist zu differenzierten Weiter- entwicklungen gekommen (Details s. Bartscher/Stöckl/Träger 2012, S. 141ff.): Der INSEAD-Ansatz Auch dieser Ansatz trägt den Namen einer Hochschule, der INSEAD (Institut Européen d‘Administration des Affaires) in Fontainebleau. Hier wurde, ebenfalls bereits in den 80er Jahren, mit dem Schwerpunkt auf multinational tätige Unternehmen ein Modell entwi- ckelt, mit dem Wettbewerbsvorteile durch strategisches Personalmanagement in national unterschiedlichen Rahmenbedingungen abgeleitet werden sollen. Die jeweilige Konfigura- tion der strategischen Situation lässt sich danach an den Dimensionen „Equity and Human Relations“ (Innenorientierung auf die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen in ruhi- gen Wettbewerbszeiten), „Competitive Performance“ (HRM-Aufgaben zur Unterstützung einer strategischen Neuausrichtung in Zeiten starken Wettbewerbs), „Innovation and Fle- xibility“ (HRM als Unterstützer durch Arbeitsflexibilisierung und Innovationsbereitschaft der Belegschaft) und „Corporate Integration“ (Förderung der Integration unterschiedlicher Organisationsbereiche) ausrichten. Das Pforzheimer 3-Säulen-Modell Dieses Modell ist das jüngste und zugleich umfangreichste. Ähnlich der Wertschöpfungs- kette werden Kern- und unterstützende Prozesse des HRM unterschieden. Da das Modell ursprünglich für die Lehre konzipiert war, werden neben den eher operativen Prozessen als Basisqualifikation für weiterführende Studien auch die strategischen Aspekte der 41 Unterstützung des HRM für die Unternehmenspolitik und -strategie, die Personalpolitik und das strategische Personalmanagement sowie die unternehmerische Steuerung im Personalbereich genannt. Diese Aspekte wollen wir im folgenden Abschnitt näher durch- leuchten: Figure 12: Das Pforzheimer 3-Säulen-Modell Source: Hochschule Pforzheim o. J., S. 4. Das HR-Rollen- und Kompetenzmodell von Ulrich Ein um die Frage nach der Rolle des HRM im Unternehmen wesentlich erweiterter Theorie- ansatz geht auf Dave Ulrich zurück. Dieses Modell erfreut sich in Theorie und Praxis großer Beliebtheit und ist auch weiterhin Ausgangspunkt für Modifizierungen und Erweiterungen (Ulrich 1996). Die Grundidee ist auch hier, den Personalmanager zu einem strategischen Partner des Managements zu machen. Dabei kann je nach Einordnung in entweder prozess- oder men- schenorientierter Perspektive einerseits und eher operativem oder strategischem Fokus eine andere von vier möglichen Rollen – siehe Abbildung – eingenommen werden: 42 Figure 13: Das HR-Business-Partner-Modell nach Ulrich Source: erstellt im Auftrag der IU, 2014. Ulrich versteht in seinem Grundmodell den „Business Partner“ als Summe aller Rollen, nicht alleine in der Rolle des „Strategischen Partners“: „Today, a more dynamic, encom- passing equation replaces the simple concept of business partner. Business Partner = Strategic Partner + Administrative Expert + Employee Champion + Change Agent. Businesspartner exist in all four roles defined in the multiple-role model, not just in the strategic role“ (Ulrich 1997, S. 37f.). Ulrichs Modell ist nicht zuletzt von ihm selbst ständig weiterentwickelt worden. Als Resul- tat kann für unsere Zwecke festgehalten werden, dass heute ein Dreierkanon an Rollen und Verantwortungsbereichen als aktueller Stand der Diskussion gelten darf. Dieses Drei- Säulen-Modell des Personalmanagements enthält die folgenden Bestandteile: 43 Figure 14: Drei-Säulen-Modell des Personalmanagements nach Ulrich Source: Bartscher/Stöckl/Träger 2012, S. 176. Der oder die HR-Business-Partner im Unternehmen müssen nach diesem Modell fünf Voraussetzungen erfüllen, um einen erkennbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg zeigen zu können: Einfluss/Macht, Akzeptanz, Organisation, Aufgaben und Wertschöpfung. Die Idee des Business-Partner-Modells zielt nicht nur auf ein entsprechendes organisatori- sches Design, sondern auch auf ein ganz grundsätzliches Verständnis der Aufgabentren- nung und Aufgabenzuweisung. Business Partner können organisatorisch auf Vorstands- ebene oder im Funktionsbereich angesiedelt sein, entscheidend ist, dass sie von den Top- Entscheidungsträgern im Unternehmen als Verantwortliche akzeptiert werden. Service-Center übernehmen die überwiegend administrativen Aufgaben des Personalma- nagements. Sie fungieren bildlich wie ein Filter, der alle in standardisierbaren Prozessen abbildbaren Arbeitsabläufe vom Business Partner abhält. Sie sind dem HR-Business-Part- ner und den Kompetenz-Centern zwischengeschaltet und gelten als Prozessexperten (s. dazu vertiefend auch Armutat et al. 2007, S. 31ff.). Die Kompetenz-Center bündeln personalstrategische Expertise für die Unterstützung von Entscheidungen auf Unternehmensebene. Sie verfügen über das spezialisierte Fachwissen und die Durchführungskompetenz für alle Projekte und Einzelaufgaben etwa in den Fra- gen des Talent Managements, der Vergütung, des Recruitings, aber auch für übergeord- 44 nete Fragestellungen der HR-Trends, der Organisationsentwicklung und der Projektkoordi- nation. Organisatorisch sind die Kompetenz-Center in Unternehmen mit mehreren Standorten meist in der Zentrale eingeordnet, um die Einheitlichkeit der Projekte sicher- zustellen und aus der Bündelung der lokalen Feedbacks zu lernen. 2.3 Strategisches HRM in der Unternehmenspraxis Wie kommen nun strategische Unternehmensführung und strategisches HRM in der Unter- nehmenspraxis zusammen? Für das Verständnis der anwendungsorientierten Aspekte wollen wir mit der Definition von Drumm beginnen (Drumm 2005, S. 671): „Unter strategischem Personalmanagement versteht man die […] Planung, Umsetzung und Kontrolle von grundsätzlichen Handlungsmöglichkeiten zum frühzeitigen Aufbau, zum Erhalt, zur Nutzung oder zum Abbau von Personalpotenzialen.“ Damit sind beide Komponenten genannt: Sowohl der Managementprozess des Planens, Umsetzens und Kontrollierens als auch die konkreten Gegenstände des in der Unterneh- menspraxis zu implementierenden strategischen HRM. Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) schlägt ein Modell vor, in dem deut- lich wird, dass sich die beiden Strategiebereiche parallel ergänzen: Es werden mehrere Ebenen unterschieden, die Kern- und Zusatzbereiche beschreiben: 45 Figure 15: Strategische Unternehmensführung und strategisches HRM Source: Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2008, S. 66. Die Abbildung verdeutlicht, wie ähnlich die Ebenen der strategischen Unternehmensfüh- rung und des strategischen HRM dargestellt werden können. Damit ist die Idee der gegen- seitigen Integration und Ausrichtung verbunden, im Idealfall beeinflussen und unterstüt- zen sie sich gegenseitig. Vision und Mission des Unternehmens entsprechen der Ebene der HR-Mission. Die abgelei- teten HR-Ziele und die HR-Politik werden auch als die „Personalpolitik“ eines Unterneh- mens bezeichnet. Sie enthält grundsätzliche Aussagen über das Verständnis der Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter als Träger der Ressource Arbeit. Unternehmen, die eine schriftlich formulierte Personalpolitik haben, bekommen zweierlei: zum einen eine Leitli- nie für die abgeleiteten HR-Strategien und die Gestaltung der HR-Prozesse sowie Vorgaben für das HR-Controlling und zum anderen die Möglichkeit, gegenüber externen Stakehol- dern sowie aktuellen und potenziellen Mitarbeitern Attraktivitätssignale zu senden. Für die Formulierung der Leitbilder werden die üblichen ethisch-normativen Aussagen getroffen, in der Realität aber auch teilweise sehr konkrete personalpolitische Instrumente genannt. Zum Beispiel veröffentlichte die Daimler AG auf ihrer Homepage die Aussage: 46 UNSERE BELEGSCHAFT Unsere Mitarbeiter sind beides: eine wichtige Stakeholder-Gruppe und maßgeb- liche Akteure unseres operativen Geschäfts. Faire und vertrauensvolle Arbeit- nehmerbeziehungen sind deswegen für uns nicht allein ein ethischer und gesetzlicher Anspruch. Sie sind die Voraussetzung dafür, überhaupt unsere Geschäfte erfolgreich zu führen. Zu unseren personalpolitischen Grundsätzen zählen eine angemessene Vergü- tung und hohe Standards im Arbeits- und Gesundheitsschutz ebenso wie fle- xible, familienverträgliche Arbeitszeitmodelle und umfangreiche Angebote zur Ausbildung und Qualifizierung. Eine effektive Personalpolitik leistet dazu ihren Beitrag, indem sie die Rechte und Bedürfnisse der Beschäftigten genauso im Blick hat wie ihre Talente und Qualifikationen. Sie gestaltet die Rahmenbedingungen für einen wirtschaftli- chen Personaleinsatz und dafür, dass unsere Mitarbeiter optimale Leistungen erbringen – hoch motiviert und aus Freude an ihrem Job. Quelle: Daimler AG 2014. Die konkrete Formulierung der Personalpolitik kann dabei auch zutage treten lassen, dass sie ganz grundsätzlich von übergeordneten ökonomischen Zielen geleitet wird. Ein Bei- spiel dafür ist die BMW Group, die zwar ein sehr deutliches Bekenntnis für die Zukunftsfä- higkeit der Arbeitsplätze abgibt, andererseits aber auch die Führung und Zusammenarbeit sowie die Gestaltung der Personalsysteme und -strukturen unter das Ziel der Effizienzstei- gerung stellt: 47 Figure 16: Auszug aus der langfristigen Personalpolitik der BMW Group Source: BMW 2004, S. 2 und 5. 48 Personalstrategie Nachrangig zur Ebene der Personalpolitik ist die daraus abgeleitete Personalstrategie angesiedelt, die auf der einen Seite sämtliche zukünftig angestrebten personalpolitischen Ziele und Ergebnisse, auf der anderen Seite Konzepte, Instrumente und Maßnahmen bein- haltet, mit denen diese Ziele und Ergebnisse erreicht werden sollen. Die konkrete Ableitung der Personalstrategie von der Unternehmensstrategie ist im Einzel- fall von vielen unternehmensindividuellen Faktoren abhängig: Zwischen völlig autarker Formulierung bis zu einem integrierten Abstimmungsprozess sind viele Varianten denk- bar. Dass sich die Unternehmensstrategie aus der Personalstrategie ergibt, wird nur selten der Fall sein; in der Regel überwiegen unternehmensstrategische Rahmenbedingungen des Wettbewerbs, der Finanzierung und der Potenziale. Personalstrategische Grundtypen lassen sich durch Gegenüberstellung der (gesamtunter- nehmensbezogenen) Marktstrategie und des personalpolitischen Leitbilds wie folgt unter- scheiden (s. Gmür/Thommen 2011, S. 22): Figure 17: Personalstrategische Grundtypen Source: Gmür/Thommen 2011, S. 22. Die Einordnung der Personalstrategie in die vier Grundtypen hat Konsequenzen für die Personalfunktionen. Das „eingespielte Team“ bei defensiver Marktstrategie und dem Ziel, die Mitarbeiter langfristig zu binden und zu entwickeln, setzt auf stark personengebundenes spezifi- sches Wissen und Können. Dem häufig familiären Charakter der (oftmals mittelstän- disch und handwerklich geprägten) Unternehmenskultur entsprechend wird die Perso- nalsuche überwiegend in Netzwerken vorhandener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 49 stattfinden. Die vorrangigen Kriterien bei der Auswahl sind Teamfähigkeit, Loyalität und eine auf fachlichen Aspekten basierende Motivation. Gleiches gilt für die Entwicklung, da hier Commitment und langfristige Bindung im Vordergrund stehen. Karrierepläne betreffen allenfalls eine fachliche Weiterentwicklung und eine interne Beförderung nach dem Anciennitätsprinzip. Wechsel sind selten. Im „perfekten System“ (z. B. Call-Center, Schnellimbissketten), das durch eine kurzfris- tige und flexible Beschaffung von Arbeitskraft bei defensiver Marktstrategie gekenn- zeichnet ist, werden Bindungsaspekte so gut wie ausgeblendet. Prozesseffizienz und die schnelle Weitergabe von Wissen über Routinen verlangen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern lediglich ein Handlungs-, aber kaum Fachwissen. Das schlägt unmittelbar auf die (Massen-)Rekrutierung, die Auswahlkriterien und die Führung durch. Zuverläs- sigkeit, Disziplin und eine hohe Leistungsbereitschaft sind wichtiger als das Aufzeigen von Karrieremöglichkeiten und die langfristige Bindung. Motivation findet über die Ent- lohnung nach dem Anforderungs- und dem Leistungsprinzip statt. Der Grundtyp „intelligenter Organismus“ ist dadurch gekennzeichnet, dass innovative Marktpositionen mit einem langfristig zu bindenden Mitarbeiterstamm angestrebt wer- den. Das trifft z. B. für Pharma- und Automobilunternehmen oder hochinnovative Unter- nehmen im Bereich IT oder Social Media zu. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Träger von Innovationskompetenz, Innovationsfähigkeit und -bereitschaft sowie Ziele personalstrategischer Maßnahmen, insbesondere von Personalentwicklung. Dem Ein- fluss von Entlohnung als Bindungsinstrument sind Grenzen gesetzt. Hier gilt es vor allem, nicht-monetäre Anreizmechanismen zu finden, die einen „Brain-Drain“ verhin- dern, zumal die Gewinnung hoch innovativer neuer Mitarbeiter, aufgrund des „War for Talents“, an natürliche Grenzen stößt. Davon unterscheidet sich der Grundtyp der „kreativen Evolution“ dadurch, dass bei aggressiver Marktstrategie gleichzeitig Personal kurzfristig beschafft und flexibel einge- setzt werden muss. Das trifft insbesondere auf stark expandierende professionelle Dienstleistungsunternehmen wie große Anwalts- oder Consulting-Firmen zu, die zudem eine hohe Fluktuation aufweisen. Sie sind darauf angewiesen, durch ihre personalstra- tegischen Maßnahmen eine ständig gefüllte Talent Pipeline zu gewährleisten. Entspre- chend groß ist die Bedeutung eines effektiven Recruitings. Die Bindungsinstrumente stoßen schnell an ihre Grenzen, weil die meist gut ausgebildeten und leistungsfähigen Kräfte eine große Flexibilität bei niedrigem Commitment zeigen, was zu einer hohen Fluktuation führt. Insgesamt zeigt dieses Modell, dass schon bei einer (realistisch gesehen sehr groben) Reduzierung auf jeweils zwei Szenarien der Unternehmens- und Personalpolitik grund- sätzliche Strategien abgeleitet werden können. Es empfiehlt sich daher, die jeweilige unternehmensindividuelle Situation nach diesem Muster als Ausgangsvoraussetzung zu analysieren. Ableitung konkreter Personalstrategien Konkret sind die Personalstrategien nach dem gleichen Muster zu entwickeln wie das bei den Markt- und Wettbewerbsstrategien auch der Fall ist: Zunächst ist eine Bestandsauf- nahme vorzunehmen, in der die externen Rahmenbedingungen und die internen Einfluss- faktoren beschrieben, analysiert und letztlich z. B. in einer SWOT-Matrix gegenübergestellt werden. In der anschließenden Phase der Strategiefindung ist die Personalmanagement- 50 planung mit der Vision und Mission der Unternehmensstrategieplanung, den strategi- schen Unternehmenszielen sowie den abgeleiteten Zielen auf Geschäftsfeldebene abzu- gleichen. Daraus ergeben sich Personalmanagementziele und generelle Schlussfolgerungen für die operative Personalarbeit. Zuletzt steht die Phase der Strate- gieimplementierung und der Strategiekontrolle an. Dabei geht es um die Ableitung kon- kreter Maßnahmenpläne und Leistungsindikatoren für das Personalcontrolling (s. Deut- sche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2008, S. 65). Als ein Instrument, das in den letzten Jahrzehnten aufgrund seiner gleichzeitig einfachen wie aussagekräftigen Struktur eine weite Verbreitung in Theorie und Praxis gefunden hat, empfiehlt sich für die konkrete Ableitung und auch für das ständige Monitoring der strate- gischen Unternehmens- und Personalstrategien die Balanced Scorecard (BSC). Sie hat schon in ihrer originalen Grundstruktur die Mitarbeiterperspektive als Erfolgstreiber. Diese kann nun durch weitere, abgeleitete BSCs verfeinert werden, wie der folgende Vorschlag der DGFP zeigt: 51 Figure 18: Ableitung der HR-Scorecard Source: Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) e. V. 2008, S. 65. ZUSAMMENFASSUNG Ausgangspunkt strategischer Aspekte des HRM ist die Überzeugung, dass das Personal Erfolgstreiber für das gesamte Unternehmen ist. Die theoretische Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Unter- nehmensstrategie und HRM wird nach der jeweiligen Priorisierung in „Hard“- und „Soft Versions“ unterteilt. 52 Ein idealtypischer Erklärungsansatz des Primats der Unternehmensstra- tegie über das HRM ist der Michigan-Ansatz, nach dem sich alle perso- nalwirtschaftlichen Entscheidungen und Maßnahmen auf ihren Beitrag zur Unterstützung der Unternehmensstrategie hin beurteilen lassen müssen. Als das idealtypische Gegenmodell gilt der Harvard-Ansatz, der aufgrund eines anderen Mitarbeiterbildes Interessengruppen und situativen Fak- toren das Primat für die HRM-Politiken, -Ergebnisse und -Langfristwir- kungen einräumt. Von den weiterentwickelten Modellen hat das HR-Business-Partner- Modell nach Dave Ulrich die größte Aktualität. Danach unterscheiden sich Rollen, Aufgaben und Organisationsempfehlungen nach eher opera- tiven oder strategischen, Prozess- oder Menschenorientierungen. Die organisatorischen Empfehlungen beziehen sich neben dem HR-Busi- ness-Partner auf Kompetenz- und Service-Center. Für die konkrete Ableitung und Implementierung von HR-Strategien aus der Unternehmensstrategie empfiehlt sich die Aufteilung in HR-Politik, HR-Strategie und operative Maßnahmen. Personalstrategische Grundtypen können einen Hinweis darauf geben, welche Grundstrategie sich für unterschiedliche Unternehmen im Span- nungsfeld zwischen kurz- und langfristiger Personalpolitik und Effizienz- bzw. Innovationsstrategie ergibt. Für die Implementierung der HR-Strategie und der konkreten HRM-Maß- nahmen empfiehlt sich eine ausgebaute Balanced Scorecard. 53 LEKTION 3 PERSONALPLANUNG LERNZIELE Nach Bearbeitung dieser Lektion … – kennen Sie die Gegenstände und Grundfragen der Personalplanung. – kennen Sie die Unterscheidung in operative und strategische Personalplanung. – kennen Sie die juristischen Rahmenbedingungen der Personalplanung. – können Sie anhand der Personalbedarfsplanung Brutto- und Nettobedarfe unterschei- den und errechnen. – wissen Sie, dass die Personaleinsatzplanung die Balance zwischen der Flexibilisierung und Individualisierung der Arbeitsbedingungen finden muss. – kennen Sie zentrale Instrumente der Personaleinsatzplanung. – kennen Sie die Hauptaspekte der Personalkostenplanung. – kennen Sie grundlegende Verfahren der Personalkostenplanung. 3. PERSONALPLANUNG Einführung BAHN VERSPRICHT VÖLLIG NEUE PERSONALPLANUNG FÜR 2014 Einigung beim Krisentreffen zwischen Bahn und Gewerkschaft: Der Konzern will sämtliche Dienstpläne prüfen, verspricht notwendige Neueinstellungen und den „möglichst kompletten“ Abbau von Überstunden. Wegen der massiven Personalprobleme im Stellwerk Mainz wollen Bahn und Gewerkschaft gemeinsam den kompletten Personaleinsatz des Konzerns über- prüfen. Sie einigten sich am Mittwochabend nach achtstündigen Verhandlungen darauf, die gerade laufenden Personalplanungen für das kommende Jahr in sämtlichen rund 400 Konzernbetrieben gemeinsam mit den Beschäftigten zu überprüfen. Die bis Mitte Oktober zu erarbeitenden Ergebnisse sollen am 4. November in gleicher Runde von Betriebsräten und Personalvorständen erneut diskutiert werden. Sollte es dabei in bestimmten Punkten keine Übereinstimmung geben, wird nach Informationen der „Welt“ eine gemeinsame Kommission eingesetzt, die Lösungen erarbeitet. Die jetzige Einigung sieht vor, dass Überstunden möglichst komplett abgebaut und gewährte Urlaubs- und Ruhetage auch eingehalten wer- den. „Wir haben die Reset-Taste gedrückt“ Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rechnet nach den Worten ihres Chefs Alexander Kirchner mit zusätzlichen Einstellungen. Er wollte sich nicht auf eine genaue Zahl festlegen. Man habe bewusst darauf verzichtet, wie auf einem Basar um Zahlen zu feilschen. „Wir haben uns vorgenommen, gemeinsam daran zu arbeiten, dass sich ein sol- ches Debakel nicht wiederholt“, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Der Prozess werde zeigen, wo Neueinstellungen notwendig seien. „Wir haben die Reset-Taste gedrückt und werden die Personalplanung in allen Bereichen und allen Betrieben der Deutschen Bahn neu aufsetzen lassen“, sagte Kirchner. Für die Bahn-Mitarbeiter sei dies ein wichtiger Schritt nach vorne. 56 Nicht durchsetzen konnte sich die Gewerkschaft allerdings mit ihrer Absicht, künftig direkten Einfluss auf die Personalplanung im Unternehmen zu nehmen. Ein Punkt in der Vereinbarung von EVG und Konzern sieht vor, dass „die Perso- nalplanung letztlich in der Verantwortung des Unternehmens bleibt“. Die Spitze des Eisbergs? Anlass für die Verhandlungen waren massive, seit Wochen anhaltende Probleme im Stellwerk Mainz, wo nicht genügend Fahrdienstleiter vorhanden sind. „Mainz ist die Spitze des Eisbergs“, sagte EVG-Chef Kirchner. Konzernweit seien acht Mil- lionen Überstunden und neun Millionen Stunden ausstehender Urlaub aufgelau- fen. Bahn-Personalvorstand Weber wehrte sich gegen den Vorwurf, bei der Bahn gebe es gar keine Personalplanung. Man nehme den demografischen Wandel ernst, was sich in 20.000 Neueinstellungen in den vergangenen Jahren zeige. Allein im ersten Halbjahr 2013 habe die Bahn 2.000 neue Arbeitsplätze in Deutschland geschaffen. Im Inland beschäftigt die Deutsche Bahn AG mehr als 194.000 Menschen, weltweit sind es rund 300.000. Quelle: Die Welt 2013. 3.1 Grundfragen der Personalplanung Personalplanung ist die Antizipation zukünftiger personeller Entwicklungen. Damit ist schon eines der Grundprobleme angesprochen: Es handelt sich wie bei allen Projektionen in die Zukunft um Entscheidungsgrundlagen, die mit einer sehr hohen Unsicherheit behaf- tet sind. Hinzu tritt der Umstand, dass es sich bei dem Planungsgegenstand um eine hoch- komplexe Angelegenheit handelt. Die zukünftige Geschäftsentwicklung, die Bereitschaft von Arbeitskräften, in Zukunft im Unternehmen anzuheuern, die tatsächliche Wechselbe- reitschaft und die Interdependenzen zwischen allen Einflussfaktoren lassen Personalpla- nung auch in solchen Unternehmen zu einer Herausforderung werden, die weit unterhalb der Größe der Deutschen Bahn angesiedelt sind. Einige Einflussfaktoren sind leichter zu erheben als andere, insbesondere dann, wenn Unternehmen in Branchen tätig sind, die weniger dynamische qualitative Anforderungen an die Beschäftigten stellen. Wenn aber in Branchen gearbeitet wird, in denen die Bedeu- tung des Personals besonders hoch ist, wird schnell deutlich, dass die Personalplanung einen elementaren Beitrag zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit und zur langfristigen Existenzsicherung haben kann. Entsprechend komplex sind einige Planungsmethoden, vor allem dann, wenn sie versu- chen, die Wirkungszusammenhänge mit entsprechend komplexen mathematischen Algo- rithmen abzubilden. 57 Personalplanung umfasst die Analyse der aktuellen quantitativen und qualitativen Bedarfe und der Ausstattung, die zukünftige Personalsituation und aus deren Vergleich die Ableitung geeigneter Maßnahmen. Ziel ist die jederzeitige zukünftige Verfügbarkeit von Personal sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Im Einzelnen sind dies: