Das parlamentarische Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland PDF
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Studienkolleg München
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Dieses Dokument beschreibt das parlamentarische Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Es erläutert die drei Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) und ihre Funktionen. Es wird ein Überblick über die horizontale Gewaltenteilung gegeben.
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Studienkolleg München Sozialkunde Datum: __________ Das parlamentarische Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland Das Regierungssystem eines Landes erschließt sich am besten über die Betrachtung der drei Gewalten Legislative, Exekutive,...
Studienkolleg München Sozialkunde Datum: __________ Das parlamentarische Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland Das Regierungssystem eines Landes erschließt sich am besten über die Betrachtung der drei Gewalten Legislative, Exekutive, Judikative: Ihre 5 Vertreter, deren Zustandekommen und Aufgaben sowie das Ausmaß an Gewaltentrennung und Gewaltenverschränkung. Deutschland als föderalistische Republik hat streng genommen nicht eines, sondern 17 verschiedene Regierungssysteme: im Bund und in den 16 Bundesländern. Letztere sind jedoch analog zum Bund organisiert (lediglich die 10 Bezeichnungen der Verfassungsorgane variieren und es gibt keine doppelte Exekutive), weshalb hier nur das Regierungssystem auf Bundesebene vorgestellt wird. Politisches System der Bundesrepublik Deutschland 15 (aus: Mensch und Politik 11, Schroedel, S. 124) Die horizontale Gewaltenteilung in Deutschland: Die Legislative ist die gesetzgebende Gewalt. In einem demokratischen Staat entscheidet die gesetzgebende Versammlung, also das Parlament darüber, ob Gesetzesvorschläge angenommen und zum Gesetz werden 20 sollen (-e Legislativfunktion). In Deutschland übernimmt dies auf der Ebene des Bundes der Bundestag (als Vertretung des Volkes) in Verbindung mit dem Bundesrat (als Vertretung der Bundesländer), die Studienkolleg München Sozialkunde Datum: __________ Gesetze vorschlagen können (-s Initiativrecht) über Gesetze debattieren und schließlich entscheiden. Hierbei hat der Bundesrat bei ca. 2/3 der 25 Gesetze lediglich eine beratende Funktion, beim übrigen Drittel (in der Regel die „wichtigeren“ Gesetze) braucht es aber die Zustimmung beider Institutionen, damit das Gesetz in Kraft tritt). Die Legislative hat jedoch neben der Gesetzgebung noch weitere Aufgaben. So wählt der Bundestag, wie in parlamentarischen 30 Regierungssystemen üblich, den Bundeskanzler, also den Regierungschef (-e Wahlfunktion). Dieser ist in seiner Arbeit immer von der Zustimmung der Mehrheit des Parlaments abhängig – und kann von dieser auch wieder abgewählt werden (-s konstruktive Misstrauensvotum), wenn der Bundestag nicht mehr mit seiner Arbeit zufrieden ist. Neben dem Kanzler 35 wählt der Bundestag noch andere Personen in Ämter, z.B. 50% der Richter am Bundesverfassungsgericht (die anderen 50% werden vom Bundesrat gewählt). Schließlich ist eine weitere Aufgabe des Parlaments die Kontrolle der Regierungsarbeit (-e Kontrollfunktion). Die in der Öffentlichkeit sichtbare 40 parlamentarische Kontrolle übt dabei die Opposition aus, also diejenigen Fraktionen, die nicht den Regierungsparteien angehören. Sie stellt der Regierung öffentlich kritische Fragen, kann mögliches Fehlverhalten in Untersuchungsausschüssen aufklären lassen und sogar gegen die Entscheidungen der Regierung klagen, wenn sie die Verfassung in Gefahr 45 sehen. Aber auch die Mitglieder der Regierungsparteien kontrollieren „ihre“ Regierung – allerdings jenseits der Öffentlichkeit, in dem sie ihre Kritik hinter verschlossenen Türen äußern. Die Exekutive ist die ausführende Gewalt. Sie muss die Beschlüsse der Legislative ausführen. Die Exekutive hat also dafür zu sorgen, dass die 50 Gesetze nicht nur auf dem Papier stehen, sondern auch im täglichen Leben umgesetzt werden. Die verwaltende Exekutive kennt jeder, zum Beispiel in Gestalt der Polizei, staatliche Lehrkräfte oder der Stadtverwaltung. Sie kümmern sich um die Verwaltung, die Umsetzung der Gesetze im Alltag, sie werden nicht gewählt und sind in Ihren Aufgaben nicht politisch. Studienkolleg München Sozialkunde Datum: __________ 55 Für das Regierungssystem ist jedoch die politische Exekutive entscheidend. Auf der Ebene des Bundes ist die Bundesregierung die ausführende Gewalt, also der Bundeskanzler und die Bundesminister. Der Kanzler wird von der Mehrheit des Bundestags gewählt. Er hat laut Verfassung das Recht, die Minister seiner Regierung auszuwählen und auch deren Anzahl 60 und Zuständigkeiten festzulegen (in der Realität muss er jedoch dabei Rücksicht auf die Parteien nehmen, die ihn gewählt haben). Er hat die Richtlinienkompetenz, legt also die Schwerpunkte der Regierungsarbeit fest. Damit einhergehend ist er das Gesicht der Bundesregierung, trägt also auch die Regierungsverantwortung. Die Bundesregierung (das Kabinett) 65 hat das Gesetzesinitiativrecht. Tatsächlich kommen die meisten Gesetzesinitiativen aus dem Kabinett. Die Ablösung des amtierenden Kanzlers kann nur durch den Bundestag mittels eines konstruktiven Misstrauensvotums erfolgen (die Mehrheit des Bundestags muss also gegen den Kanzler und für einen neuen Kanzler 70 stimmen). Der Bundeskanzler kann jedoch auch im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, um zu überprüfen, ob die Mehrheit immer noch hinter ihm steht. Verliert der Kanzler diese Abstimmung, kann der Bundespräsident den Bundestag auflösen und Neuwahlen ausrufen (was er bisher auch immer getan hat). 75 An der Spitze der Exekutive steht der Bundespräsident, als höchster Vertreter des deutschen Staates. Er repräsentiert die Bundesrepublik nach innen und außen. Seine Aufgaben sind primär repräsentativer und formeller Natur: er prüft und unterschreibt z.B. die Gesetze (hat dabei aber kein Vetorecht), ernennt den Kanzler nach der Wahl durch den Bundestag, 80 sowie die Minister und entscheidet nach einer verlorenen Vertrauensfrage über Neuwahlen. Man spricht hierbei von der staatsnotariellen Funktion. Er ist nicht Mitglied der Regierung und hat – anders als der Präsident in einem präsidialen Regierungssystem wie der USA – keine wirkliche politische Macht. Gewählt wird der Bundespräsident durch die 85 Bundesversammlung, ein Verfassungsorgan, das nur für diese Wahl zusammenkommt und das aus den Mitgliedern des Bundestags sowie der gleichen Anzahl aus Gesandten der Landesparlamente besteht. Studienkolleg München Sozialkunde Datum: __________ Die Judikative ist die rechtsprechende Gewalt. Wenn jemand gegen die Gesetze verstoßen hat und vor Gericht erscheinen muss, dann ist er bei der 90 Judikative gelandet. Dort sorgen die Richterinnen und Richter dafür, dass Verstöße gegen die Gesetze nach bestimmten Regeln verhandelt werden. Und diejenigen, die für schuldig befunden werden, werden bestraft. Die Gerichte sind unabhängig, sie müssen aber die Gesetze beachten. Weder die Regierung noch irgendeine andere Einrichtung oder Person kann sie 95 dazu zwingen, ein Urteil zu fällen, das sie nicht richtig finden (Rechtsstaat). Das höchste Gericht auf Bundesebene ist das Bundesverfassungsgericht. Laut Verfassung hat es das Recht, Gesetze außer Kraft zu setzten, wenn es zu der Überzeugung kommt, dass sie gegen das Grundgesetz verstoßen. Das Bundesverfassungsgericht ist also „die Wächterin des Grundgesetzes“. 100 Es wird nur auf Anruf tätig, kann also nicht selbst ein Verfahren starten. Klagen können sowohl bestimmte Verfassungsorgane – Bundespräsident, Bundesregierung, Bundestag (mind. 1/3 der Mitglieder), Bundesrat – aber auch der einzelne Bürger, wenn er durch ein bestimmtes Gesetz seine Grundrechte verletzt sieht. Gewählt werden die Richter und Richterinnen 105 des Bundesverfassungsgerichts jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat, in beiden Fällen mit einer Zweidrittelmehrheit. Die Regelungen des Grundgesetzes Die genaue Ausgestaltung des Regierungssystems ist im Grundgesetz geregelt. - Wahlvolk: Art 38 GG - Bundestag: ab Art 38 GG - Bundesrat: ab Art 51 GG - Bundeskanzler Art 63 GG - Bundesregierung Art 62 GG - Bundesminister: Art 64 GG - Bundespräsident, Bundesversammlung: Art 54 GG - Bundesverfassungsgericht: Art 94 GG