Lösung Fall 4 PDF
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Universität Wien
Farsam Salimi
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Summary
Diese Lösungsskizze zum Fall 4 behandelt die Strafbarkeit von A und B wegen eines Verkehrsunfalls. Es werden die rechtlichen Grundlagen und die Anwendung der einschlägigen Paragraphen erläutert. Das Dokument analysiert die objektive und subjektive Sorgfaltswidrigkeit und beurteilt die Zurechnung des Todeserfolgs.
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Assoz. Prof. Mag. Dr. Farsam Salimi Anfängerübung zur Falllösung Strafrecht Lösungsskizze Fall 4 Strafbarkeit des A wegen des Verkehrsunfalls gem § 80 StGB A handelt objektiv sorgfaltswidrig, da er bei Rot in eine Kreuzung fährt und damit gegen die StVO verstößt (Verstoß gegen eine Rechtsnorm). Der...
Assoz. Prof. Mag. Dr. Farsam Salimi Anfängerübung zur Falllösung Strafrecht Lösungsskizze Fall 4 Strafbarkeit des A wegen des Verkehrsunfalls gem § 80 StGB A handelt objektiv sorgfaltswidrig, da er bei Rot in eine Kreuzung fährt und damit gegen die StVO verstößt (Verstoß gegen eine Rechtsnorm). Der Erfolg (Tod des X) tritt letztlich ein. A war auch kausal für den Tod des X: Seine Handlung (sorgfaltswidrige Einfahrt in die Kreuzung) kann nicht weggedacht werden, ohne dass der Todeserfolg entfiele. Auch der Adäquanzzusammenhang ist gegeben, es handelt sich um keinen atypischen Kausalverlauf. Fraglich kann aber sein, ob der Risikozusammenhang durch das Fehlverhalten des Arztes durchbrochen wird. Da sich dieser grob sorgfaltswidrig verhält (Fehler wäre keinem anderen Arzt passiert), wird – unabhängig davon, ob ihm ein aktives Tun in Form der Falschbehandlung oder ein Unterlassen der gebotenen Behandlung vorzuwerfen ist – der Risikozusammenhang durchbrochen. Der Tod des X ist dem A nicht zuzurechnen. A ist nicht gem § 80 StGB strafbar. Strafbarkeit des A wegen des Verkehrsunfalls gem § 88 Abs 1 iVm § 88 Abs 4 Fall 1 A hat aber in sorgfaltswidriger Weise (siehe oben) eine schwere Körperverletzung des X verursacht. Bei den Kopf- und Wirbelverletzungen handelt es sich um an sich schwere Körperverletzungen iSd § 84 Abs 1 Fall 3. Die objektive Zurechnung dieses Erfolges ist unproblematisch. Es liegen keine Rechtfertigungsgründe vor. Sollte A aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht in der Lage gewesen sein, das Ampelzeichen zu sehen, fehlt es an der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit. In diesem Fall kann aber dem A vorgeworfen werden, trotz seines geistigen Ausnahmezustands einen PKW in Betrieb genommen zu haben (Übernahmsfahrlässigkeit). Die Inbetriebnahme des Fahrzeugs in nicht-fahrtüchtigem Zustand ist sowohl objektiv als auch subjektiv sorgfaltswidrig. A ist strafbar gem §§ 88 Abs 1 iVm Abs 4 Fall 1. Strafbarkeit des B wegen mangelhafter Behandlung des X gem (§ 2 iVm) § 80 B unterlässt objektiv sorgfaltswidrig die notwendige Behandlung: Ein maßgerechter Arzt hätte die Untersuchung lege artis durchgeführt, die Gehirnblutung entdeckt und die richtige Behandlung eingeleitet. B hat aufgrund des mit X konkludent geschlossenen Behandlungsvertrags auch Garantenstellung iSd § 2. Der von § 80 geforderte Erfolg tritt ein, X stirbt. B’s Unterlassung war quasikausal für den Todeseintritt, da anzunehmen ist, dass bei rechtzeitiger Behandlung der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeblieben wäre. Auch die sonstigen Voraussetzungen der objektiven Zurechnung sind erfüllt. Es liegen keine Rechtfertigungsgründe vor. Auch hier ist die subjektive -1- Assoz. Prof. Mag. Dr. Farsam Salimi Anfängerübung zur Falllösung Strafrecht Sorgfaltswidrigkeit fraglich. Sollte der junge Arzt aufgrund seiner Unerfahrenheit nicht in der Lage gewesen sein, einen Notfallpatienten lege artis zu behandeln, hätte er die Behandlung nicht übernehmen dürfen. Auch hier läge somit Übernahmsfahrlässigkeit vor. Andere Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich, sodass B wegen §§ 2, 80 zu betrafen ist. Hat B hingegen bestimmte aktive Behandlungsschritte gesetzt, könnte man im Hinblick des Grundsatzes „Primat des Tuns“ auch zu einer aktiven fahrlässigen Tötung gem § 80 gelangen, ohne dass es auf die Voraussetzungen des § 2 ankäme. Am Ergebnis ändert dies freilich nichts. Variante 1: Hier wäre bei der Zurechnung des Todeserfolgs das grob unvernünftige Verhalten des Opfers zu berücksichtigen. Das grob unvernünftige Verhalten des Opfers, trotz Aufklärung des Arztes über die Notwendigkeit einer Sofortoperation, in seine Heimatstadt zu fahren, schließt den Risikozusammenhang aus. Der Tod ist dem A nicht zuzurechnen. A ist daher nicht wegen § 80 strafbar. Es bleibt bei der Strafbarkeit wegen §§ 88 Abs 1 iVm § 88 Abs 4 Fall 1. -2-