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Universität Osnabrück

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Musikgeschichte Musiktheorie Musik Geschichte der Musik

Summary

Dieser Lernzettel bietet eine Zusammenfassung zu verschiedenen Epochen der Musikgeschichte. Er deckt Themen wie die Analyse historischer Quellen, Musikkulturen in Mesopotamien und Ägypten, die Bedeutung der griechischen Musik sowie die Musik des römischen Reichs ab. Der Lernzettel bietet einen Überblick über die historischen Entwicklungen der Musik und fasst die zentralen Punkte jeder Epoche zusammen, inkl. der Bedeutung von Notation und Musikformen.

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Musikgeschichte - Einführung Analyse und Auswertung historischer Quellen (Methode) Ursprünge heutiger Musik & Musiklebens (Fragestellung) historische Komponisten, Musikstücke, Praxen (Gegenstand) -> synchron (Querschnitt) oder diachron (Längsschnitt) Was ist Musik und wann beginnt Musikgeschi...

Musikgeschichte - Einführung Analyse und Auswertung historischer Quellen (Methode) Ursprünge heutiger Musik & Musiklebens (Fragestellung) historische Komponisten, Musikstücke, Praxen (Gegenstand) -> synchron (Querschnitt) oder diachron (Längsschnitt) Was ist Musik und wann beginnt Musikgeschichte? -> Frage nur aus eigener Perspektive, Kultur, Zeit und Begrifflichkeit zu beantworten Besser: Wann beginnen die Phänomene, die wir als wichtig für unseren Musikbegriff und unsere Musik ansehen? Faktoren, die Musikbegriff bestimmen: -Geschichtsbewusstsein -massenhafte und weite Verbreitung -lange Zeit gespeichert -Schöpfer/-innen -wird auch besprochen Erste schriftliche Quellen Musik 3.Jahrtausend vor Christus Erste Versuche aufzuschreiben 2.Jahrtausend vor Christus -> eindeutig lesbare Notation erst ab dem 11. Jahrhundert Zusammenfassung (Mesopotamien) Bereits im 3. Jahrtausend (d.h. noch in der Jungsteinzeit) gab es in Mesopotamien eine hoch entwickelte Musikkultur mit Musikspezialisten und einem weit entwickelten Instrumentarium. Es gab eine standardisierte Musikbildung (Schulen, Lexika mit Instrumentennamen) sowie ein Nachdenken über Musik (Definition von Intervallen, Konstruktion von Tonleitern). Manche Forscher gehen von zwei Notationssytemen (im 2. Jhrtsd. v. Chr.) aus: Einer Intervallschrift und einer Tabulatur. 38 Zusammenfassung (Ägypten) Bereits im 3. Jahrtausend (d.h. in der Zeit des Alten Reichs 2707– 2216) gab es in Ägypten eine hoch entwickelte Musikkultur mit Musikspezialisten und einem weit entwickelten Instrumentarium. Abbildungen zeigen Musiker, die unterschiedliche Handzeichen machen. Es könnte sich – neben typischen Sängergesten – um cheironomische Zeichen handeln, d.h. um Handzeichen, die bestimmte Tonhöhen oder Intervalle anzeigen und damit Musiker koordinieren. 43 Wiederholung Griechenland 1 Hauptinstrumente der Griechen waren der Aulos und die Lyra/Leier. Instrumente der Lautenfamilie wurden nicht verwendet. An der griechischen Überlieferung kann man den Übergang von der Mythologie zur Wissenschaft im Denken über Musik nachvollziehen: - Götterhimmel (Musen, Apoll) und Mythen (Marsyas, Orpheus) - Pythagoreische Vorstellung von der harmonischen Ordnung der Schöpfung - Menschenbildende bzw. erzieherische Funktion von Musik, Staatsordnung durch charakterbildende Funktion der Musik (Plato und Aristoteles) - Wissenschaft der Musik/Musiktheorie (Aristoxenos) 54 Wiederholung Griechenland 2 Die Pythagoreer beschrieben die Intervalle als (harmonische) Verhältnisse. Die pythagoreische Stimmung geht von der reinen Quinte (3:2) aus und berechnet alle weiteren Intervalle aus Quinte und Oktave (2:1). Das griechische Tonsystem geht von vier in allen Tongeschlechtern festgelegten Tönen aus: die Oktave teilt sich in Quarte, Ganzton, Quarte. Die beiden Quarten werden – je nach Tongeschlecht und -art mit zwei weiteren Tönen „aufgefüllt“. Es werden auch Viertel- und Dritteltöne verwendet. Unsere Begriffe „diatonisch“, „enharmonisch“ und „chromatisch“ bezeichneten bei den Griechen Tongeschlechter. Die griechischen Tonleitern verlaufen von oben nach unten! (Bei der Übernahme des diatonischen Tongeschlechts im Mittelalter wurde das verwechselt). Notation von Tonhöhen durch Buchstaben (mind. seit 4. Jhd. v. Christus, evtl. seit 6. Jhd. v. Chr.) mit zwei Systemen: das dorische Alphabet für Instrumentalmusik, das ionische für Vokalmusik. Auch wenn die griechiche Notation bis um 500 n. Chr. bekannt war, sind nur sehr wenige Fragemente erhalten. 55 Zusammenfassung Rom: Die überlieferte römische Musik ist (soweit wir wissen) überwiegend griechisch (griechische Notation, viele griechische Texte, griechische Autoren) In römischen Abbildungen findet sich die Hydraulis, eine im 3. Jhd. v. Chr. von Griechen erfundene Orgel mit einem hydraulischen Wasserbehälter zum Ausgleich der Windstößigkeit. Die Römer setzten im Gegensatz zu den Griechen offenbar häufiger Blechblasinstrumente ein: Cornu (Horn), Tuba (Trompete/Fanfare), Bucina (gebogene Trompete) 56 Zusammenfassung Epochenbeginn Mittelalter Der Beginn des Mittelalters wird in der Regel am Untergang des römischen Reichs und dem Aufstieg des Christentums festgemacht (Absetzung des letzten röm. Kaisers 476 n.Chr.). Der Epochenbegriff ist – wie alle Einteilungen – ein Konstrukt mit einer dahinterliegenden Ideologie („dunkles Mittelalter“, Beschränkung auf europäische Geschichte). Boethius war wichtig als Vermittler antiken Wissens über die Musik an das Mittelalter. Augustinus greift u.a. die Problematik der Musik im Gottesdienst auf. Das Wissen des Mittelalters wird in die sieben freien Künste gegliedert. Die Musik gehört dort zu den mathematischen Künsten. 22 Was leisten Neumen? Neumen sind kein System zur Notation von Kompositionen. Sie sind ein komplexes Notationssystem zur Memorierung eines gehobenen, musikalischen Textvortrags. In Verbindung mit dem Text markieren sie die Zahl der Töne pro Silbe und geben Hinweise auf den ungefähren Verlauf der Melodielinie. Sie geben manchmal Hinweise zu ungefähren Längen und Kürzen der Silben, zu Beschleunigung und Verlangsamung, zur Aussprache der Silben und evtl. auch zur Dynamik („erhebe die Stimme“). 28 Konsequenzen einer geschriebenen Musik Konsequenzen: die Wahrnehmung gleicht sich der Schrift an: Musik als Fläche (oben/unten, von links nach rechts) Einzeltöne statt textabhängige musikalische Gesten der Ton löst sich als eigenes Phänomen vom Wort aus einer Handlung (Singen) wird ein Gegenstand (Text) Sänger teilen sich (ab dem 13. Jhd.) in Komponisten und Interpreten (neue Hierarchien!) in der Notation liegt die Wahrheit (Machtfunktion: das „Werk“) das fixierte Stück wird unabhängig von Personen und Gruppen die Schrift verändert das Lernen (Notenlernen statt Repertoire) das Geschriebene entlastet das Gedächtnis, neue Komplexität wird möglich. die Schrift ermöglicht das Nachdenken über das Stück40 Konsequenzen einer geschriebenen Musik Ende der Gemeinschaft von Erfahrenen und Unerfahrenen (sie werden zu Lehrenden und Lernenden) Ende der Dynamik einer mündlichen Kultur. Musik wird fixiert bzw. eingefroren und sie wird monopolisiert (sie gehört nicht mehr der Gemeinschaft sondern einzelnen) Ende der hohen Kunst der Rekonstruktion aus dem Gedächtnis auf der Basis von Text, Formeln und Tonart. Ende der Einheit von Text und Musik mit der Quadratnotation geraten auch viele Feinheiten der Textrezitation in Vergessenheit, die die Neumen noch dokumentieren. 41 Fazit Die ersten Neumen, die eher Zeichen für die Memorierung eines gehobehen Textvortrags waren, entwickeln ab dem 9. Jahrhundert eine zunehmende Tendenz hin zur Diastematik und einer punktuellen (Ton statt Intervall) und räumlichen Vorstellung (hohe o. tiefe Noten) von Musik. Mit der Erfindung der Notenlinien im Terzabstand (angebl. durch Guido von Arezzo vor 1025) kann die exakte Tonhöhe aufgeschrieben werden. Die Notation der Tondauer ist noch nicht notwendig. Das hat massive Auswirkungen auf die Vorstellungen von der Musik aber auch auf die Soziologie der Musiker....und: Es macht die Komposition mehrstimmiger Musik42möglich. Zusammenfassung: Anfänge der Mehrstimmigkeit - mit der Schrift kommt die Kunst des Tropierens (sukzessive oder auch simultane Ergänzung eines Cantus firmus durch Einschub oder gleichzeitige Addition von Text und/oder Melodie) - die improvisierte Mehrstimmigkeit wird komplexer: das Quartorganum bildet den Übergang zwischen einfachem Parallelsingen und flexiblem, beliebigem Einsatz bestimmter, konsonanter Intervalle - Das Organum des Mailänder Traktats braucht Vorausplanung (Einteilung in Abschnitte), Cantus firmus in der Unterstimme, perfekte Konsonanzen zu Beginn und am Ende eines Abschnitts, ansonsten beliebige Konsonanzen - Die St. Martial-Epoche (vor 1100 – nach 1200) verschriftlicht einige dieser Improvisationen (erhalten in Kloster St. Martial und Santiago de Compostela). Satzarten: Note gegen Note (Discantusfaktur – entsteht aus Quartorganum) oder Note gegen Melisma (Haltetonfaktur, entsteht aus Heterophonie) oder Melisma gegen Melisma (mit Neutextierung der Oberstimme: Simultantropus) 49 Zusammenfassung Notre-Dame Notre-Dame Epoche (1163 – ca. 1250) Namensgeber Kathedrale Notre-Dame in Paris (Baubeginn 1163) Städtische Kultur Repertoire: vor allem responsoriale Gesänge der Messe (Graduale, Alleluja) und der Offizien. Vertont werden solistische Abschnitte Repertoire gesammelt im „Magnus liber organi“ (verschiedene Handschriften, in verschiedenen Versionen) Einführung der Modalnotation (Rhythmus wird notierbar!), orientiert sich an Versmetren (1. – 6. Modus) und wird kodiert durch Abfolge von Ligaturen. Hauptgenres Organum (liturg. Melodie und Text, bis 4-stimmig) Motette (jede Stimme eigener Text) Conductus (neue Melodien und Texte, homorythmisch) Erste Komponistennamen bekannt: Leonin und Perotin 76 Zusammenfassung Mittelalter 1 - Beginn der Epoche mit Untergang des Römischen Reichs (410 o. 476 n. Chr.) - christliche Kirche und Klöster als Bewahrer aber auch Filter der antiken Kultur - griechische Notation geht verloren, musikalische Kultur und (weitgehend) auch Liturgie werden mündlich überliefert - Kunst der Erinnerung und Rekonstruktion der liturgischen Gesänge durch Formelwissen - 800 n.Chr.: Karl der Gr. wird zum Kaiser gekrönt: Bildungsbewegung, Christentum als Staatsreligion, Versuch der Durchsetzung einer einheitlichen Liturgie für ein einheitliches Reich - Entwicklung der Neumen aus den prosodischen Zeichen der antiken Textrezitation als weitere Gedächtnisstütze Zusammenfassung Mittelalter 2 - Neumen dienen der Verschriftlichung einer kunstvollen, gehobenen Textrezitation - Text und Musik beginnen sich jedoch zu trennen: Tonhöhe wird wichtig: diastematische Neumenschriften werden weiterentwickelt, Ligaturen in Einzelnoten (punctum) aufgelöst - Zu Beginn des 11. Jahrhunderts werden die Notenlinien im Terzabstand eingeführt (zunächst 4) > Guido von Arezzo († um 1050) - Mit der Schrift entwickelt sich das Tropieren: Liturgie wird durch neue, eingeschobene Texte und Melodien ergänzt (z.B. Sequenzen). - Mit dem Quartorganum entwickelt sich aus der mündlichen improvisierten Mehrstimmigkeit eine Technik, eine zweite, unabhängige Stimme zu einer gegebenen Stimme (Cantus firmus) zu improvisieren. - Improvisierte „Organa“ werden im Kloster St. Martial und in Santiago de Compostela aufgeschrieben. 60 Zusammenfassung Mittelalter 3 - St. Martial-Epoche (vor 1100 bis nach 1200): definiert durch einen Korpus von 6 Haupthandschriften mit Organa aus dem Kloster St. Martial und aus Santiago de Compostela. - Zweistimmige Organa über Tropen der Liturgie im Diskantusstil (Note gegen Note), im organalen Stil (Haltetonfaktur: Note gegen Melisma oder Melisma gegen Melisma) - Im Satz Melisma gegen Melisma ergeben sich Probleme mit der Rhythmisierung, da keine Orientierung an der Silbenlänge möglich - In der Notre Dame-Epoche (1163 bis ca. 1250) wird daher die Modalnotation eingeführt. Sie orientiert sich an antiken Versmaßen und kodiert Längen und Kürzen durch die Abfolge von Ligaturen. - städtische Kultur (benannt nach Notre-Dame de Paris), erste Komponistennamen (Leonin und Perotin) 61 Zusammenfassung Mittelalter 4 - mehrstimmig vertont wird jetzt direkt die Liturgie und zwar die solistischen Teile responsorialer Gesänge der Messe (z.B. Introitus, Graduale, Alleluja) und der Offizien - Formen: Organum (4stimmig v. Perotin), Motette, Conductus - doch die rhythmische Notation erwies sich als zu schwerfällig. Daher wurde die Mensuralnotation („messbar“) entwickelt, deren Formen die Ars antiqua (1240/50 - 1310/20) und die Ars nova (1320 - 1380) kennzeichnen. - Mensuralnotation schreibt jedem Notenzeichen einen eigenen Dauernwert zu. Die Werte sind mathematisch/divisiv gedacht (1/2, 1/3...). Die Notenzeichen können sich noch untereinander beeinflussen, um „Perfektion“ zu erreichen). - Die Notenwerte der Ars antiqua zerfallen grundsätzlich in drei nächst kleinere Werte. In der Ars nova wird die Zweiteiligkeit gleichberechtigt. Man erfindet immer kleinere Notenwerte. 62 Zusammenfassung Mittelalter 5 - Die Dreiteiligkeit der Noten gerät immer mehr außer Gebrauch und ist am Ende des 16. Jahrhunderts vergessen. *** Im Verlauf der Renaissance, d.h. bis ca. 1600 bildet sich unsere heutige Notation aus: grundsätzliche Zweiteiligkeit, runde und hole Notenköpfe, Taktstriche (einschl. Taktzeichen), Partitur und Stimmbücher 63

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