Klausur Skript Grundlagen des Methodischen Handelns PDF

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This document provides definitions and explanations of social work concepts and methodologies. It explores different theoretical frameworks and models used in the field of social work.  

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Skript: Grundlagen des Methodischen Handelns Como Zipfel 1.3 Was ist Soziale Arbeit? Zur Definition des Begriffs der Sozialen Arbeit Die nachfolgenden Definitionen der Sozialen Arbeit beziehen sich auf die folgenden institutionellen Quellen: E...

Skript: Grundlagen des Methodischen Handelns Como Zipfel 1.3 Was ist Soziale Arbeit? Zur Definition des Begriffs der Sozialen Arbeit Die nachfolgenden Definitionen der Sozialen Arbeit beziehen sich auf die folgenden institutionellen Quellen: E Fachausschuss „Theorie- und Wissenschaftsentwicklung“ des Fachbereichtags Soziale Arbeit (1999) Bundesarbeitsgericht (1995 und 1997) International Federation of Social Workers & International Association of Schools of Social Work (2014) 1.3.1 Definition des Fachausschuss „Theorie- und Wissenschaftsentwicklung“ des Fachbereichstags Soziale Arbeit E „Die Wissenschaft der Sozialen Arbeit ist die Lehre von den Definitions-, Erklärungs- und Bearbeitungsprozessen von gesellschaftlich und professionell als relevant angesehener Problemlagen. Der Gegenstand der Sozialen Arbeit ist die Bearbeitung von gesellschaftlich und professionell als relevant angesehenen Problemlagen.“ (1999) 1.3.2 Definitionen des Bundesarbeitsgerichts i „Die Tätigkeit eines Sozialarbeiters/Sozialpädagogen hat ihren Schwerpunkt in der Bekämpfung von Fehlentwicklungen durch Veränderung von Menschen, ihren Lebenslagen und Lebensqualität sowie der sie bedingenden gesellschaftlichen Strukturen. (…) Dazu gehört die Veränderung des Menschen, seiner Lebenslage und Lebensqualität und der sie bedingenden gesellschaftlichen Strukturen als Ziel des beruflichen Handelns“ (1995) (alte Definition) „Knapp definiert besteht die Aufgabe des Sozialpädagogen in der Hilfe zur besseren Lebensbewältigung, was sich je nach der Problemsituation und auslösender Lebenslage als Entwicklungs-, Erziehungs-, Reifungs- oder Bildungshilfe verstehen lässt. Durch psychosoziale Mittel und Methoden sollen die als Bedürftigkeit, Abhängigkeit und Not bezeichneten Lebensumstände geändert werden.” (1997) (neue Definition) · Ende : 07 10. 1.3.3 Definition der International Federation of Social Workers & International Association of Schools of Social Work „Soziale Arbeit ist eine praxisorientierte Profession und eine wissenschaftliche Disziplin, deren Ziel die Förderung des sozialen Wandels, der sozialen Entwicklung i Auftrag 5 17. und des sozialen Zusammenhalts sowie die Stärkung und Befreiung der Menschen ist. Ethik Die Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit, die Menschenrechte, gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlagen der Sozialen Arbeit. Gestützt auf Theorien zur Sozialen Arbeit, auf Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften und indigenem Wissen, werden bei der Sozialen Arbeit Menschen und Wissenschaftliche Strukturen eingebunden, um existenzielle Herausforderungen zu bewältigen und das Wohlergehen zu verbessern. Die obige Definition kann auf nationaler und/oder Fundierung regionaler Ebene noch erweitert werden.“ (2014) Übersetzung: Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V (DBSH) 1.4 Die 1.4 Die drei drei grundlegenden grundlegenden Säulen Säulen der der Sozialen Sozialen Arbeit: Arbeit: Gesellschaftliche Gesellschaftliche Aufgabe, Aufgabe, wissenschaftliche wissenschaftliche Fundierung, ethische Fundierung, ethische Orientierung Orientierung Die unter dem Punkt 1.3 dargestellten, maßgeblichen Definitionen Sozialer Arbeit weisen inhaltlich auf drei grundlegende Säulen bzw. Bestandteile dieses Berufsbildes hin: Säule 1: Soziale Arbeit hat eine klar umschriebene gesellschaftliche Aufgabe und Funktion: die Bearbeitung, Reduzierung und Lösung von individuellen Problemlagen bzw. sozialen Problemlagen Säule 2: Soziale Arbeit hat eine wissenschaftliche Fundierung Säule 3: Soziale Arbeit erfordert ethisches Bewusstsein und Wissen als Orientierung für das professionelle Handeln Professionelle Soziale Arbeit Gesellschaftliche Aufgabe Wissenschaftliche Ethische und Funktion Fundierung Orientierung Säule 1 Säule 2 Säule 3 1.4.1 1.4.1 Erste Erste Säule: Säule: Gesellschaftliche Gesellschaftliche Aufgabe Aufgabe und und Funktion Funktion Nach Carmen Kaminsky (Ethik in der Sozialen Arbeit, 2017) hat die Praxis der Sozialen Arbeit die Aufgabe, die folgenden drei Werte und Ziele für ihre Klientel zu realisieren: Ziel sozialer Höchste Werte Gesellschaftliche Relevanz Oberste Ziele Arbeit Klienten Autonomie Selbstständigkeit Befähigung zur Lebensführung Teilnahme am sozialen Leben & Zugehörigkeit Soziale Teilhabe (z.B. Leute mit Förderung & Erhalt von Inklusion & Partizipation Beeinträchtigung kein Vorteil bei Förderung & Erhalt von materieller Versorgung & von Grundsicherung Teilnahme am Leben) gewaltfreien Lebensbedingungen Lebensqualität Essen, trinken, wohnen, sicherer Raum wo man keine Angst haben muss angegriffen zu werden, Jugendamt (Kindeswohlgefährdung)) Nach Michael Bommes und Albert Scheer (Soziologie der Sozialen Abeit, 2000) lassen sich die gesellschaftlichen Aufgaben und Funktionen der Sozialen Arbeit mit den folgenden drei Begriffen umfassend beschreiben: Inklusionsvermittlung Exklusionsvermeidung Exklusionsverwaltung Ende : Diese Definition ist insofern überzeugend, da alle Zielgruppen der Sozialen Arbeit durch ihre individuellen bzw. sozialen Problemlagen entweder einem 21. 10. Exklusionsrisiko unterliegen oder bereits von Exklusion betroffen sind. Zielgruppen gehören alle dazu auch z.B. Migrationshilfen,… 1.4.1.1 Was bedeutet Soziale Inklusion und Exklusion? Exklusion (lat. exclusio = Ausschluss) bezeichnet den nachhaltigen Ausschluss einzelner sozialer Akteure oder ganzer Gruppierungen aus wichtigen gesellschaftlichen Bereichen. Dieser Ausschluss geschieht gegen den Willen der Betroffenen und hat gleichzeitig den Charakter der Abwertung. Inklusion (lat. inclusio = Einschluss) strebt eine umfassende Gleichberechtigung und Gleichbehandlung aller Menschen an. Individuelle Unterschiede und Jeder hat die Abweichungen von der „Normalität“ werden zwar wahrgenommenen, die Betroffenen werden jedoch nicht mehr ausgesondert und speziellen Bereichen oder gleichen Rechte Fördersystemen zugeordnet, sondern bringen ihre Begabungen in den regulären Bildungs- und Berufssystemen sowie im sozialen Alltag ein. Insofern geht die Inklusion über die Integration (lat. integratio = Wiederherstellung eines Ganzen) hinaus, weil dieser i.d.R. ein vorheriger Selektionsprozess vorausgeht um Menschen mit Besonderheiten bzw. Handicaps mehr oder weniger wohlwollend in Systeme für „regelgerechte Menschen“ einzugliedern (dadurch entsteht eine Nähe zum Begriff der Assimilation). 1.4.1.4 Rahmenbedingungen der Praxis: Soziale Einzelfallhilfe, Soziale Gruppenarbeit, Gemeinwesenarbeit Um ihren gesellschaftlichen Auftrag und ihre Funktion erfüllen zu können, haben sich in der Sozialen Arbeit drei traditionelle Rahmenbedingungen bzw. Unterscheidungsmerkmale herausgebildet: die Soziale Einzelfallhilfe die Soziale Gruppenarbeit die Gemeinwesenarbeit (ist eine offene Therapie, man hat somit keine Akte vom Klienten) Diese drei Fachbegriffe wurden im Zuge der West-Integration der Bundesrepublik in den 1950er und -60er Jahren aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum übernommen bzw. importiert: Soziale Einzelfallhilfe (social casework), Soziale Gruppenarbeit (social group work), Gemeinwesenarbeit (community organisation & development for social welfare). Bei der Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit handelt es sich um „Settings“, also spezifische Gegebenheiten und Gestaltungen wie z.B. Räumlichkeit, zeitlicher Rahmen, Kontext des Auftrags, Atmosphäre, Milieu, Umfeld usw. - innerhalb von Handlungsfeldern der sozialpädagogischen Praxis. Diese bezieht sich hier vor allem auf die Anzahl der teilnehmenden Klienten/innen. 1.4.1.5 Methoden oder Settings? Ein terminologisches Problem - das sich z.T. bis heute innerhalb der Fachöffentlichkeit darstellt - entstand aus der Tatsache, dass in der älteren Fachliteratur die Einzelfallhilfe, die Gruppenarbeit und die Gemeinwesenarbeit als die „Klassischen Methoden der Sozialen Arbeit“ bezeichnet wurden. Der Diskurs über Methoden in der Sozialen Arbeit wurde in der Bundesrepublik Deutschland in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg bis in die späten 1970er Jahre geprägt von einer Bezugnahme auf diese „Klassischen Methoden“. Es handelt sich bei den „Klassischen Methoden“ jedoch nicht um Methoden (der Diagnostik, Intervention & Evaluation), die auf einem wissenschaftlichen Konzept beruhen (siehe Abschnitt: Wissenschaftliche Fundierung), sondern um die o.g. „Settings“ der Sozialen Arbeit. Bisweilen findet sich leider auch noch in der aktuellen Fachliteratur ein unpräziser Umgang mit dem Begriff der „Klassischen Methoden“ – möglicherweise ist dies letztlich auch als der Ausdruck eines Generationenkonflikts innerhalb der Disziplin zu bewerten, der erst künftig überwunden sein wird. Merke: Bei der Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit und Gemeinwesenarbeit handelt es sich um Rahmenbedingungen/Settings - z.B. in der Schulsozialarbeit, Erziehungsberatung, Betriebliche Sozialarbeit oder Suchthilfe. Die Einzelfallhilfe, Gruppenarbeit und die Gemeinwesenarbeit nehmen als Arbeitsmilieus in der Praxis der Sozialen Arbeit nach wie vor einen breiten Raum ein. Diesen Arbeitsmilieus werden wiederum eine Reihe von verschiedenen Methoden zugeordnet. Ende : 28 10.. 1.4.2 Zweite Säule: Wissenschaftliche Fundierung Vorbemerkung: Die hauptsächlichen Methoden, die in einem sozialpädagogischen Hilfeprozess (direkte Arbeit mit Klienten/innen) zum Einsatz kommen unterscheiden sich in vier Funktionsbereiche: Methoden zum Aufbau einer/s Arbeitsbeziehung/Arbeitsbündnisses Methoden der Diagnostik Methoden der Intervention Methoden der Evaluation Im zweiten Teil dieses Materials, Verhaltensorientierte Methoden, wird näher auf diese vier Funktionsbereiche sowie auf den strukturierten Aufbau eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses in der Sozialen Arbeit eingegangen. Hinweis: Neben diesen o.g. Methoden gibt es auch Methoden in anderen Bereichen, z.B. Forschungsmethoden. Setting D Da Handlungsfelder Kinder- und Jugendhilfe Ambulant Seniorenarbeit SGB VIII Erziehungsplanung Eigener geschätzter Raum Behindertenhilfe Heimerziehung 1:1 Fachkraft, Klient/in Migrationshilfen Resozialisierung Sozialpädagogische Familienhilfe Zeitliche Begrenzungen Arbeit+Beruf U.a. Kostenfrei Suchthilfe U.a. 1.4.2.1 Grundbegriffe der Methodenlehre Was ist eine Methode? Griechisch: methodos, meta-hodos = nachgehen, verfolgen, der richtige Weg. Gut bei Eine Methode ist ein planmäßiges Vorgehen zur Erreichung eines bestimmten Ziels bzw. zur Lösung eines theoretischen oder praktischen multiple choice Problems. Wissenschaftlich fundierte Methoden basieren auf einem Regelsystem (Theorie, herrschende Lehrmeinung, Konzept) fragen Methoden in der Sozialen Arbeit zielen auf eine planbare, nachvollziehbare und kontrollierbare Gestaltung von Hilfeprozessen ab. abfragbar Dabei müssen sie dem Interventionsziel, der sozialen Umwelt, den beauftragenden Institutionen sowie den beteiligten Personen gerecht werden. Wichtiger Prüfprozess: nicht die Verifikation sondern die Falsifikation. Gegen die Hypothese (?) Methodik kann nicht ohne der Methode bestehen -> baerisert somit auf der Methode Was bedeutet Methodik? Methodik ist die Gesamtheit der einzelnen Methoden, die in einer wissenschaftlichen Disziplin oder einem anderen Wissenssystem angewandt werden. Der Begriff Methodik wird bisweilen in der Fachliteratur aber auch - nicht ganz zutreffend - dargestellt als die Lehre über die in einem Gebiet angewandten Methoden. Was bedeutet Methodologie? Methodologie ist die Lehre von den Methoden. Es ist die wissenschaftliche Diskussion von Methoden hinsichtlich ihrer Eignungen bzw. Wirksamkeit für die Anwendung in einem bestimmten Gebiet. Methodologie geht über die Diskussion von „reinen“ Methoden hinaus und erfordert auch umfassendes Fachwissen über den Bereich bzw. den Gegenstand („Handlungsfeldkompetenz“), in dem die Methoden eingesetzt werden sollen. Eine methodologische Fragestellung ist z.B.: „Warum muss bei dieser Problemstellung diese spezielle Methode angewendet werden und keine andere?“; „Welche Methode ist bei dieser speziellen Problemstellung am erfolgversprechendsten?", „Welche Methode muss ausgeschlossen werden, da sie nicht funktioniert bzw. schadet?“ Was sind Verfahren bzw. Techniken? Verfahren und Techniken sind Einzel- bzw. Teilelemente von Methoden, die sich insbesondere Detailproblemen widmen. Dazu gehören konkrete Handlungsanweisungen. Deren Anwendung ist standardisiert und deren Wirkung ist i.d.R. vorhersehbar. Sie dienen der Erreichung des Gesamtziels. Bisweilen werden Verfahren in der Fachliteratur auch definiert als die Kombination einzelner Techniken. bsp.: Klient mit großer Stressproblematik wie Bunrout. Je nach Fall entscheidet man sich für ein Entspannungsverfahren. Gibt verschiedene Entspannungsverfahren wie Atemtechniken, Autogenes Training, Achtsamkeitsübungen, … Man fängt ganz oben an mit einer Theorie. Danach kommt die Methoden diese verschiedene Techniken haben. Schlagen dann bei dem Klienten eins zu eins auf. 1.4.2.2 Die Eigenschaften von wissenschaftlichen Methoden in der Sozialen Arbeit Die folgenden sechs Eigenschaften charakterisieren wissenschaftliche Methoden in der Sozialen Arbeit: Regelbasierung: Methoden müssen eine Fundierung in wissenschaftlichen Theorien, Konzepten bzw. Lehrgebäuden haben Zielorientierung: Methoden sollen vom einem unerwünschten Ist-Zustand zum erwünschten Soll-Zustand führen können Handlungsorientierung: Das konkrete methodische Vorgehens muss beschreibbar und praktikabel sein, im Sinne einer detaillierten Handlungsanleitung Planbarkeit: Methodisches Vorgehen umfasst die Erstellung eines Handlungsplans mit Prognose (Hypothese) Umsetzbarkeit: Methoden müssen vermittelbar bzw. lehrbar und erlernbar für den Anwender und ggf. die Klientel sein Evaluation: Methoden müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit empirisch überprüfbar sein 1.4.2.3 Das Modell „Konzept-Methode-Technik“ (Geißler & Hege) Das Modell „Konzept-Methode-Technik“ von Karlheinz Geißler und Marianne Hege wurde erstmals 1978 in deren Buch Konzepte sozialpädagogischen Handelns. Ein Wird eine Frage dazu Leitfaden für soziale Berufe vorgestellt. Das Buch wurde in der Fachöffentlichkeit breit rezipiert und erreicht bis 2007 insgesamt 11 Auflagen. Aktuell ist das Buch kommen vergriffen. Nach Geißler und Hege muss sich zielgerichtetes methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit sich aus einer hierarchischen Rahmenstruktur der miteinander verwobenen Elemente von Konzept, Methode und Technik ableiten (siehe Abb. auf der folgenden Seite). Geißler und Hege analysieren in ihrem Buch insbesondere Psychoanalyse, Gesprächstherapie sowie kommunikationstheoretische Methoden der Sozialen Arbeit. Ihr Modell ist jedoch auf alle Methodenschulen übertragbar. Konzept: Ist ein übergeordnetes Handlungs- und Erklärungsmodell im Sinne einer etablierten wissenschaftlichen Theorie oder Lehrgebäudes. In diesem Gebäude werden die Ziele, Inhalte, Methoden und Techniken, die in einem Hilfeprozess zum Tragen kommen, in einem sinnvollen Zusammenhang gebracht. Methode: Ist der Plan der Vorgehensweise zur Zielerreichung bzw. Problemlösung, der sich aus dem Konzept ableitet Techniken: Sind erprobte professionelle Handlungen, Interaktionen bzw. Kommunikationen, die sich aus dem Konzept und der Methode ableiten. Im Rahmen einer Intervention setzten sie den Plan der Vorgehensweise in der Praxis um. Abbildung: Konzept-Methode-Technik, Geißler & Hege (1978) Konzept Kochkunst! KONZEPT: Zubereitung von Fleisch oder Gemüse durch starkes erhitzen ist herkömmlich! Methode (Wärmezufuhr)M METHODE: Braten, Grillen, Kochen, Backen, Dämpfen,… Technik Methode TECHNIK: Pfanne Feuer Wasser Ofen Dampfgarer Öl+Fett Kohle Topf Konzept Aus: Galuske, M.: Methoden der Sozialen Arbeit, 2013, S. 32 1.4.2.4 Das Modell „Handlungskonzepte und Methoden in der Sozialen Arbeit“ (Galuske) Michael Galuske entwirft in seinem breit rezipierten Buch Methoden der Sozialen Arbeit. Eine Einführung (zuerst 1998; aktuell 10. Aufl. 2013) ein Ordnungssystem für die Praxis der Sozialen Arbeit. Er gliedert dabei die diversen Konzepte, Methoden, Arbeitsbereiche und Handlungsfelder in die drei Teilbereiche (siehe Abb. folgende Seite): direkt interventionsbezogene Konzepte und Methoden (a) Einzelfallbezogen (b) Gruppen- und Sozialraumbezogen indirekt interventionsbezogene Methoden struktur- und organisationsbezogene Methoden Beim Teilbereich „direkt interventionsbezogene Konzepte und Methoden“ nimmt Galuske eine Binnendifferenzierung in die folgenden zwei Untergruppen vor: (a) einzelfallbezogene Methoden und (b) gruppen- bzw. sozialraumbezogene Methoden. Damit bezieht er sich auf die drei Klassischen Methoden der Sozialen Arbeit. Galuskes Modell hat eine große Überzeugungskraft, weil es ihm gelingt einen Großteil der heterogenen Handlungsfelder und der differenzierten Methodenlandschaft der Sozialen Arbeit strukturiert sowie zutreffend abzubilden: von der Einzelfallhilfe bis zur Sozialplanung. Zu kritisieren ist, dass er wichtige Methodenschulen (z.B. die psychoanalytische und die verhaltensorientierte) weitgehend außer Acht lässt. Zudem erscheint die Vermengung von Arbeitsbereichen (z.B. Streetwork, Jugendhilfeplanung) mit Methodenschulen (z.B. Klientenzentrierte Beratung, Familientherapie) diskutabel. Aus: Galuske, M.: Methoden der Sozialen Arbeit, 2009, S.164 - Ende 04 11. :. 1.4.3 Dritte Säule: Ethische Orientierung Welche Bedeutung hat die Ethik? In der Alltagssprache werden die Begriffe Moral und Ethik häufig inhaltlich gleichbedeutend verwendet. Dies nicht ganz zu Unrecht, denn es gibt im Spannungsfeld dieser beiden Begriffe elementare inhaltliche Überschneidungen. Der Begriff Moral leitet sich aus den lateinischen „mos“ (Sitte, Gewohnheit, Brauch, Benehmen, Lebenswandel, Tradition) sowie „moralis“ (die Sittlichkeit betreffend) ab. Die Moral besteht aus allseits verbreiteten akzeptierten Normen, Wertvorstellungen, Überzeugungen und Handlungsmustern, die das menschliche Norm Verhalten innerhalb bestimmter Gemeinschaften regulieren und denen Verbindlichkeit zugesprochen wird (z.B. den Zehn Geboten, das Grundgesetz). Moralische Orientierungen werden in diesem Sinne bisweilen in einem Imperativ als Pflichten („Du musst…“) oder Verbote („Du darfst nicht…“) dargestellt. Der Begriff Ethik leitet sich aus dem griechischen „ethos“ bzw. „ta ethika“ (das Ethische) „ethikos“ (ethisch) sowie aus dem lateinischen „ethice“ (Ethik) ab und umschreibt die Sitten, Gebräuche, Gewohnheiten, Charaktere, Tugenden und Denkweisen bzw. auch die Sittenlehre Die Ethik ist ein Teilgebiet der Philosophie. Ihr wissenschaftlicher Gegenstand ist das menschliche Handeln, sofern diese Handlungen unter sittlich-moralischen Gesichtspunkten zu bewerten sind. Insofern ist die Ethik als eine Moral: Gesetze Ethik: Ist die Reflexion der Gesetze. Sie brauch einen Rahmen um die Dinge zu reflektieren Reflexionsebene der Moral darzustellen, im Sinne einer Moralphilosophie. Vor diesem Hintergrund diskutiert sie Fragen wie z.B: Was ist gutes (ethisches) und was ist schlechtes (unethisches) Handeln? Was ist gerecht und was ist ungerecht? Was kann und darf ich tun? Zu welchem Handeln bin ich verpflichtet? Was macht eine Handlung zu einer guten Handlung? Was ist ein gutes Leben? Was ist gut für den Einzelnen und für die Gemeinschaft? In seinen Buch Erläuterungen zur Diskursethik (1992) schlägt Jürgen Habermas sinngemäß die folgende Differenzierung der Begriffe Moral und Ethik vor: Moral ist die Reflektion über das „Richtige“ und das „Falsche“ Ethik ist die Reflektion über das „Gute“ und das „Schlechte“ Der Moral fällt in dieser Sichtweise eine höhere Bedeutung zu, da sie die Rahmenbedingungen des ethischen Handelns definiert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Moral und Ethik stets individuelle und kollektive Aspekte umfassen. Beispiel: Die Selbstbestimmung und Autonomie eines Menschen sind zweifellos hohe ethische Werte; sie dürfen aber nicht mit dem Anspruch auf unbegrenzte individuelle Durchsetzung verbunden sein, sondern müssen sich in den Grenzen des moralisch Richtigen (z.B. den Gesetzen) bewegen. So stößt der Wunsch nach Selbstentfaltung eines jungen Mannes, der mit seinem neuen Sportwagen flott mit 120 Stundenkilometern durch eine Großstadt rasen will, an die rechtlichen Grenzen (z.B: StGB) zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer, hier in Form der Straßenverkehrsordnung. 1.4.3.1 - Keine aktuelle Belegung - 1.4.3.2 Prinzipien: Menschenrechte, Menschenwürde und Soziale Gerechtigkeit Der Deutsche Berufsverband Soziale Arbeit e.V. weist darauf hin, dass die folgenden Prinzipien zum Kernbestand der Ethik der Sozialen Arbeit gehören: Menschenrechte und Menschenwürde: Soziale Arbeit basiert auf der Achtung vor dem besonderen Wert und der Würde aller Menschen und aus den Rechten, die sich daraus ergeben. Sozialarbeiter/innen sollen die körperliche, psychische, emotionale und spirituelle Integrität und das Wohlergehen einer jeden Person wahren und verteidigen. Soziale Gerechtigkeit: Sozialarbeiter/innen haben eine Verpflichtung, soziale Gerechtigkeit zu fördern in Bezug auf die Gesellschaft im Allgemeinen und in Bezug auf die Person, mit der sie arbeiten. Die Würde des Menschen und die Wahrung Menschenrechte sind also zentrale Werte und Ziele Sozialer Arbeit. Denn die professionellen Handlungen von Sozialpädagogen/innen in der Praxis betreffen oft unmittelbar das individuelle Wohlergehen sowie den Alltag und die soziale Lebensumwelt ihrer Klientel. Folgerichtig ist daher, von der Sozialen Arbeit als einer „Menschenrechtsprofession“ (Staub-Bernasconi) zu sprechen. 1.4.3.3 Berufsethische Dilemmata: das Doppelmandat Berufsethische Dilemmata in der Sozialen Arbeit treten dann auf, sich wenn eine Fachkraft zwischen zwei begründeten professionellen - sich aber widersprechenden - Zielformulierungen entscheiden muss. Das Resultat dieser Entscheidung führt dabei in jedem Fall für eine der betroffenen Seiten zu negativen Konsequenzen. Dieses Dilemma wird insbesondere im sogenannten „Doppelmandat“ der Sozialen Arbeit deutlich. Auf der einen Seite besteht für Sozialarbeiter/innen die Verantwortung gegenüber einer konkreten Person, die hilfebedürftig ist und die ihre eigenen individuellen Interessen hat. Auf der anderen Seite besteht für Sozialarbeiter/innen die Pflicht, Hilfeleistungen ausgehend von den Maßgaben der beauftragenden Institutionen bzw. Kostenträger (z.B. dem Jugendamt) vorzunehmen. Diese Institution repräsentiert das öffentliche Interesse. Diese beiden Interessenlagen können sich im Einzelfall radikal widersprechen. Und so entsteht für sozialpädagogische Fachkräfte ein Loyalitätskonflikt, ein berufsethisches Dilemma zwischen: Individueller Unterstützung, Förderung und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Klienten, mit dem Ziel, dass sich dessen Problemlage reduziert und er selbstbestimmt leben kann: d.h. Parteilichkeit für den Klienten. Kontrolle, Erziehung, Anpassung und Sanktionierung des Klienten, damit dieser möglichst schnell das vom Kostenträger vorgegebene Ziel erreicht: d.h. Agent der gesellschaftlichen Normen. Ethische Dilemmata erfordern von den Fachkräften ein Höchstmaß an Verantwortung, Fachlichkeit und Professionalität in der Entscheidungsfindung. Es stellt sich auch die grundlegende Frage: Wem gegenüber ist der Sozialpädagoge in seinem Handeln verpflichtet? Für Martin Shaw ihn befinden sich Sozialpädagogen/innen gegenüber ihrer Klientel immer in einer Kontrollstellung, auch dann wenn die Kontrolle nur begrenzt ist. Shaw fordert daher, dass Fachkräfte sich dieser Verantwortung bewusst werden: Für Sozialpädagogen/innen liegt das Dilemma letztlich gar nicht in der Anwendung oder Nichtanwendung von Kontrolle, sondern in der Frage, wo die Kontrolle in einer bestimmten Situation liegt und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden sollte. Also: Kontrolle – zu welchem Zweck? Selbstverwirklichung – zu welchem Zweck? Fragen die man sich stellen kann. Mit Klient auch anschauen ob es überhaupt passt Thomas Schumacher schlägt bzgl. ethischer Dilemmata und Zielkonflikte in zwei Handlungsorientierungen vor: 1. Verhalte dich in der Entscheidungssituation umsichtig und achte auf die Plausibilität der Argumente. Vermeide den Widerspruch! Entscheide dich für eine Option, deren erwartbare Folgen du verantworten kannst. 2. Die Kraft der Argumente ist aus dem beruflichen Wissen der Sozialen Arbeit zu ziehen. Erwartbare Folgen müssen nicht persönlich, sondern durch die Profession verantwortbar sein. Nicht nach Schema F. Man muss aus der Berufserfahrung und erlerntem dem Klienten /Institution über helfen Die ethische Entscheidungsfindung bei komplexen Konflikten kann auch dann, wenn sich alle beteiligten Fachkräfte nach bestem Wissen beraten und mit den besten Absichten handeln, zu Disparitäten und Kompromissen führen, mit denen nicht alle Personen und Interessen vollständig zufrieden sind. Schumacher bemerkt hierzu: „Dass eine Dilemmasituation nicht unmittelbar, sondern nur durch neue Konstrukte aufgelöst werden kann, zeigt die Grenzen der Ethik. Ethik weist denkbare Lösungswege, nicht mehr und nicht weniger. Sie findet in dem Maß überzeugend Anwendung, wie sie als Instrument in die Hände verantwortungsvoll denkender und handelnder Menschen gegeben ist.“ (DBSH 2014, S. 39) 1.4.3.4 Das Doppelmandat: Zwei Fallbeispiele (Kostka & Riedl) Während einer kurzzeitpädagogischen Maßnahme der offenen Jugendhilfe gewinnt ein Sozialarbeiter das Vertrauen des 14-jährigen Dennis, der ihm andeutet, sexuell missbraucht zu werden. Er äußert sich jedoch nicht zum/zur Täter/in. Dennis lebt in einem Heim für schwererziehbare Jugendliche. Kurze Zeit nach der Veranstaltung meldet sich die Heimleiterin bei dem Sozialarbeiter und möchte wissen, was vorgefallen ist, weil Dennis völlig aufgelöst sei. Während die Heimleiterin den kollegialen Austausch einfordert, hadert der Sozialarbeiter mit seinem Gewissen, da Dennis ihn gebeten hat, mit niemand über seine Aussage zu reden. Ein Vertrauensbruch des Sozialarbeiters könnte Dennis Fähigkeit zu vertrauen noch weiter beeinträchtigen. Die Sozialarbeiterin Frau K. ist auch gelernte Krankenschwester und besitzt gute medizinische Fachkenntnisse. Sie arbeitet in einer Beratungsstelle, die auch Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus betreut. In ihre Sprechstunde kommt mehrmals ein Mann, der Anzeichen einer Tuberkulose zeigt. Frau K. rät ihm sich behandeln zu lassen und bietet an, ihn an eine medizinische Einrichtung zu vermitteln. Sie macht deutlich, dass er vielleicht eine ansteckende Tuberkulose hat und die Gesundheit anderer gefährdet. Er ist nicht bereit, sich behandeln zu lassen, weil er Angst vor Entdeckung durch die Behörden hat. Stattdessen beharrt er darauf, dass er sich selbst helfen kann. Frau K. fühlt sich zum einen an ihre Schweigepflicht gebunden, befürchtet aber auch, dass er viele Menschen anstecken könnte. Sie überlegt, was sie tun soll. 1.4.3.5 Ethische Handlungsorientierungen für die Praxis Fachkräfte der Sozialen Arbeit stehen häufig vor der Aufgabe ethische Dilemmata zu bewältigen und es besteht für sie somit die Notwendigkeit, angemessene und begründete Entscheidungen zu treffen. Aus verhaltensorientierter Perspektive liegt es nahe, diesen Prozess der Entscheidungsfindung und seine Resultate so weit wie möglich subjektiver Beliebigkeit zu entziehen und ihn zu operationalisieren und zu objektivieren. Als Instrumentarien zur Orientierung, zur Strukturierung komplexer Entscheidungen und zur Systematisierung relevanter Gesichtspunkte können Praktikern/innen dabei diverse Ethik-Richtlinien dienen. Beispiele nach Lieb 1992, S.186f., Horster 2013, S. 20f.; Borchers 2013: Richtlinien im Sinne einer präskriptiv-normativen Ethik, d.h. sie formulieren was eine Fachkraft möglichst zu tun oder zu lassen habe bzw. welche fachlichen DBSH Berufsethik Handlungen als gut oder schlecht zu bewerten seien; Vorlagen für die Durchführung einer ethischen Evaluation eines Hilfeprozesses. (z.B. Checklisten & Fragen zu ethischen Standards); stichwortartige ethische Prinzipien, die einen hohen Grad an allgemeiner Anschlussfähigkeit und einzelfallbezogener Interpretation zulassen (z.B. Vier- Prinzipien-Ansatz); Ethische Entscheidungsfindung in Anlehnung an das „Sieben- Schritte-Modell“ (Reamer 2006) (nicht prüfungsrelevant) Ende 18.11. praktikable Organisationskriterien für die Durchführung eines ethischen Diskurses bei komplexen Entscheidungsfindungen (z.B. Ablaufpläne und Bearbeitungsschemata zur ethischen Fallbesprechung) Ethik-Richtlinien liegen nicht nur im Bereich der psychosozialen Dienste vor, sondern sind bereits seit mehreren Jahrzehnten in den unterschiedlichsten Arbeits- und Berufsfeldern als Bereichsethiken verbreitet (z.B. Ökologie, Medien, Wirtschaft, Informationstechnologie). Allerdings besitzen sie in Professionen, die sich insbesondere der Arbeit mit hilfesuchenden, instabilen und bisweilen auch misstrauischen Menschen widmen (z.B. Medizin, Psychotherapie, Pflege, Soziale Arbeit) möglicherweise eine besondere Relevanz. 1.4.3.5.1 Berufsethische Orientierungshilfen 1: Der Vier-Prinzipien-Ansatz Im Jahr 1979 veröffentlichten Tom L. Beauchamp und James F. Childress erstmals die Monographie Principles of Biomedical Ethics. Mittlerweile liegt das Buch in der 8. Auflage (2019) vor und stellt für den Bereich der Medizinethik die internationale am breitesten rezipierte Fachpublikation dar. Vor dem Hintergrund, dass in der Medizin das Patientenwohl den zentralen Wert bedeutet, stellen die beiden Autoren die folgenden vier Prinzipien als ethische Orientierungsgrößen in den Mittelpunkt ihrer Diskussion: Beneficence (Prinzip der positiven Fürsorge bzw. Hilfeleistung), Non-maleficence (Prinzip der Schadensvermeidung bzw. des Nichtschadens), Respect for Autonomy (Respekt vor der Autonomie und Selbstbestimmung des Patienten) Justice (Prinzip der Gerechtigkeit) Diese vier sehr allgemein formulierten Normen bedürfen inhaltlicher Konkretisierungen - ausgedrückt in der Form von Regeln wären dies z.B.: 1. für das Prinzip der Fürsorge „hilf Personen ohne Einschränkung“, „hilf Personen, die in Gefahr sind“, „handle aktiv zum Wohle der Anderen“, „beseitige Bedingungen, die anderen Schaden verursachen werden“, „schütze und verteidige die Rechte anderer“; 2. für das Prinzip des Nichtschadens „verursache keine Verletzungen“, „füge anderen keinen Schmerz oder Leid zu“, „entziehe niemandem die Lebensgrundlagen“; 3. für das Prinzip der Autonomie „respektiere die Privatsphäre des Anderen“, „schütze vertrauliche Informationen“, „wenn gefragt, hilf anderen dabei, wichtige Entscheidungen zu treffen“, „sage die Wahrheit“; 4. für das Prinzip der Gerechtigkeit „achte auf eine gleichrangige Behandlung der Anderen“, „vermeide Bevorzugung oder Benachteiligung von anderen“, „achte unter gleichen Bedingungen auf eine gleiche Verteilung von Ressourcen (Gütern, Dienstleistungen)“, „räume den Anderen Chancen-gleichheit ein“. Dass der Vier-Prinzipien-Ansatz in der Anwendung bei einzelfallbezogenen Konflikten an Grenzen seiner Wirkungsmöglichkeiten stoßen kann, wird durch besondere Problemlagen unterstrichen: z.B. bei bestimmten Patienten- bzw. Klientelgruppen, denen Aufgrund diverser schwerer Einschränkungen (psychische Erkrankung, geistige Behinderung, Altersdemenz u.a.) die Möglichkeit fehlt, ihre Wünsche nach Autonomie zu äußern und ihre Einstellung zum Hilfeprozesses angemessen zu artikulieren bzw. dies in den Händen der jeweiligen gesetzlichen Vertretung liegt (was wiederum neue ethische Fragen aufwerfen kann); oder bei Klienten, die als Insassen von Justizvollzugsanstalten zwar in der Lage sind, Autonomiewünsche zu äußern, deren Selbstbestimmung jedoch durch die Haftstrafe eingeschränkt ist. Letzlich ist festzustellen, dass der Vier-Prinzipien-Ansatz durch seine Betonung einer Einzelfallarbeit, seinen großen Ermessenspielräumen sowie seiner Begrenzung auf lediglich vier allgemein anerkannte moralische Leitbegriffe insbesondere auch für die Praxis in den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit eine sehr gute Anschlussfähigkeit besitzt. 1.4.3.5.2 Berufsethische Orientierungshilfen 2: Die informierte Zustimmung Prüfungsrelevant Das Prinzip der informierten Zustimmung bzw. informierten Einwilligung bedeutet, dass Klienten/innen vor dem Beginn einer Intervention zuerst eine umfassende Aufklärung über Verlauf, Nutzen und ggf. Schaden eines Hilfeprozesses bekommen müssen – erst dann können sie der Intervention zustimmen. Dieses Prinzip findet seine historischen Ausgangspunkte in der medizinischen Ethik des 20. Jahrhunderts, vor allem dem Nürnberger Kodex vom 20. August 1947. Für die praktische Umsetzung des Prinzips der informierten Zustimmung in den verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit stellen die von Mattias Lutz- Bachmann folgenden fünf Kriterien eine angemessene Orientierungsgröße dar: Klient/in muss über alle Aspekte der Erkrankung und der vorgeschlagenen Behandlung/Intervention informiert werden. Klient/in muss die Informationen verstehen können. Die Entscheidung des/r Klienten/in muss freiwillig sein. Klient/in muss die Kompetenz zur Entscheidung besitzen. (Vormuntschaftsrechtliche Folgen. Eltern müssen evtl. entscheiden) Klient/in muss seine Zustimmung zur Behandlung/Intervention geben und soll die zuständige Fachkraft hierzu autorisieren. Die Anwendung dieser Kriterien der informierten Zustimmung kann jedoch in der Praxis der Sozialen Arbeit aus den unterschiedlichsten Gründen an ihre Grenzen stoßen: z.B. wenn keine Einwilligungsfähigkeit besteht. Dies ist der Fall z.B. bei Minderjährigen, bei Erwachsenen unter gesetzlicher Betreuung, oder bei Klienten/innen mit einer schweren intellektuellen Minderbegabung. Zudem können Klienten auch vorübergehend einwilligungsunfähig sein, z.B. wenn sie eine schwere akute psychische Krise durchlaufen. Solche Fallkonstellationen werfen bzgl. der informierten Zustimmung vor allem organisatorische Fragestellungen auf, die nur durch ein entsprechendes institutionelles Regelwerk, das alle gesetzlichen Vorschriften berücksichtigt, zu beantworten sind. Doch es sind noch weitere Hemmnisse bei der Anwendung der informierten Zustimmung denkbar: z.B. könnten ambivalente oder misstrauische Klienten/innen von einer umfassenden Information, die wahrheitsgemäß über Chancen und Risiken des Hilfeprozesses aufklärt, abgeschreckt werden; ängstliche oder hypochondrische Klienten könnten zu deutlich vermehrten dysfunktionaler Selbstbeobachtung inspiriert werden. In diesen besonderen Fällen kann sich eine detaillierte Aufklärung also auch ggf. negativ auswirken. Prüfungsrelevant 1.4.3.5.3 Berufsethische Orientierungshilfen 3: Fragen zur ethischen Selbstreflexion Im Jahr 1977 legte die amerikanische Association for advancement of behavior therapy einen Fragenkatalog vor, der psychosoziale Fachkräfte zur ethisch- moralischen Selbstreflexion anregen soll. Dieser Fragebogen soll explizit für alle Methodenschulen einsetzbar sein. Es geht bei dem Bogen nicht nur um die Beantwortung der Fragen, sondern um den Reflexionsprozess selbst. Dies ist eine Kurzversion des Fragebogens mit den acht Hauptfragen. In der Langversion sind den Hauptfragen noch jeweils zwei bis vier Detailfragen zugeordnet. 1. Wurden die Ziele des Hilfeprozesses angemessen sorgfältig geprüft? (Ist der Klient zufrieden?) 2. Wurde die Auswahl der Interventionsmethoden angemessen geprüft? Passt es? 3. Ist die Teilnahme des Klienten freiwillig? (Gibt es in der S.A. Zwang? Ja. Wie z.B. Obhutnahme (Zwangsmaßnahmen) Bereich Psychatrie: S.A. Nicht direkt involviert. Selbstgefährdung steht auf dem Spiel. Ausnahmefälle: Krisenintervention ) 4. Für den Fall, dass eine andere Person oder Körperschaft ermächtigt ist, den Hilfeprozess zu veranlassen, wurden die Interessen des untergeordneten (zugeordneten) Klienten ausreichend berücksichtigt? (Komungschsftsbetreuer (Kommen vom Gericht). Verträge, Gesundheit,…klären alles die Komunschsftsbetreuer) 5. Wurde die Angemessenheit der Intervention beurteilt? (Passt es? Oder ist es zu klein? ?) 6. Wurde die Vertraulichkeit in der Behandlungssituation gewahrt? 7. Verweist die Fachkraft seine Klienten zu anderen Dienststellen, falls dies erforderlich ist? 8. Ist die Fachkraft qualifiziert, die Intervention durchzuführen? Ende 25.11. Zweites Skript Zur Einführung Zur Einführung ein ein kleiner kleiner mikro-soziologischer mikro-soziologischer Exkurs Exkurs über über nicht-behaviorale nicht-behaviorale Handlungstheorien Handlungstheorien Die klientelbezogenen Interventionen in einem sozialpädagogischen Hilfeprozess sind Handlungen, die sich auf das Verhältnis zwischen Fachkraft und Hilfesuchenden beziehen. Diese Handlungen erzeugen bei der betroffenen Klientel Auswirkungen, die ohne ihr Zutun nicht auftreten würden. Die erzeugten Auswirkungen können einen positiven Charakter (z.B. im Sinne einer erwünschten Reduzierung des Leidensdrucks des Klienten) oder einen negativen Charakter (z.B. im Sinne einer unerwünschten Überforderung des Klienten) haben. Im Gegensatz zur behavioralen Terminologie unterscheiden die verschiedenen sozialwissenschaftlichen Handlungstheorien i.d.R. zwischen „Verhalten“ und „Handlung“ - z.B. Max Weber in seinem Grundlagenwerk Wirtschaft und Gesellschaft (1921/22): Verhalten besitzt keinen Handlungscharakter, sondern umschreibt zumeist unbeabsichtigte, reflexartige Reaktionen wie z.B. Schwitzen, Gähnen, Nießen, Stolpern, Sich-verschreiben, Sich-verrechnen. Dieses Verhalten gewinnt erst dann einen Handlungscharakter, wenn es absichtlich her bei geführt wird. Handlungen besitzen immer eine Absichtlichkeit, einen Sinn und eine Begründung, sie sind zumeist wissentlich (kognitiv) und willentlich (volitiv), sie verfolgen ein Ziel und sie verfügen ggf. auch über geeignete Mittel, die situationsabhängig bzw. zweckgerichtet eingesetzt (instrumentell) eingesetzt werden können. Das absichtliche Verweigern einer erforderlichen Aktivität (z.B. unterlassene Hilfe- leistung in einem Notfall) ist in diesem Sinne auch eine Handlung. Ursachen, Gründe, Ziele (Davidson) Nach Donald Davidson (1963; dt.: Handlungen, Gründe und Ursachen 1985) wird eine Handlung durch eine primäre Begründung verursacht, dem ein zielgerichtetes Handeln folgt. Die Handlung ist ein Mittel zum Zweck, um ein Ziel zu erreichen. Davidson verbindet hier zwei grundlegende klassische Positionen: Kausalismus (hat ursächlichen Charakter) beschreibt eine Handlung als das Ergebnis eines Wirkens von externen Kräften und Ursachen, die außerhalb der handelnden Person liegen; Intentionalismus (hat zielgerichteten Charakter) beschreibt eine Handlung unter Berücksichtigung der inneren Motivationen und Gründen der handelnden Person liegen. Beispiel für die Verbindung der beiden Positionen: Ein Mann spaziert im Wald. Plötzlich beginnt es zu regnen. Der Mann öffnet seinen Regenschirm, schützt sich so vor dem Wasser und bleibt trocken. Der Regen ist ein externes Naturereignis und liegt zeitlich vor dem Handeln (= Ursache). Der Mann entwickelt nun den Wunsch, trocken zu bleiben (= Ziel) und hat das Wissen, das dies unter einem Schirm zu erreichen ist. Ursache und Ziel gemeinsam sind die primäre Begründung, dass der Mann nun einen Schirm verwendet (= Handlung). Elemente einer Handlung (Rescher) Nicolas Rescher definiert in seinem Buch „Philosophische Vorstellungen“ (2012) die folgenden fünf konstituierenden und deskriptiven Elemente einer Handlung: 1. Handlungssubjekt (WER hat es getan?) 2. Akttyp (WAS hat er/sie getan?) 3. Modalität der Handlung (WIE hat er/sie es getan?) a) Art und Weise (AUF WELCHE ART UND WEISE hat er/sie es getan?) b) Mittel (WOMIT hat er/sie es getan?) 4. Kontext der Handlung Klausurrelevant a) Zeitlicher Aspekt (WANN hat er/sie es getan?) Er würde nur die Fachbegriffe verwenden: b) Räumlicher Aspekt (WO hat er/sie es getan?) Handlungsubejkt, Akttyp,… c)Umstände (UNTER WELCHEN UMSTÄNDEN hat er es/sie getan?) 5. Gründe und Ursachen der Handlung a) Kausalität (WAS WAR DIE URSACHE dafür, dass er/sie es getan hat?) b) Finalität (MIT WELCHEM ZIEL hat er/sie es getan?) c) Intentionalität (IN WELCHEM GEISTIGEN ZUSTAND hat er/sie es getan?) Kommunikatives Handeln (Habermas) In seinem Buch „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981) differenziert Jürgen Habermas vier Handlungsarten bzw. –typen aufgrund der ihnen zugrundeliegenden unterschiedlichen Handlungspläne: 1. Teleologisches Handeln: das Tun eines/r Akteurs/in bezieht sich auf die Erreichung eines Ziels. „Gut“ ist dieses Handeln, wenn der Akteur/in sein Ziel mit möglichst geringen Investitionen erreicht - das Handeln also erfolgreich und effizient ist. 2. Normenreguliertes Handeln: bezeichnet das Tun von Mitgliedern einer sozialen Gruppe, die ihr Handeln an geteilten Werten, Normen und Regeln (z.B. religiöse, moralische, politische, rechtliche, kulturelle) orientieren. „Gut“ ist dieses Handeln, wenn ein Akteur/in die Normen so erfüllt, wie es die anderen Gruppenmitglieder von ihm/ihr erwarten. 3. Dramaturgisches Handeln: bezeichnet das Tun von Interaktionsteilnehmern, die füreinander ein Publikum bilden, vor dem sie sich den anderen darstellen. Das Handeln dient hier vor allem der „guten“ sozialen Selbstrepräsentation und bedient sich i.d.R. dem Mittel der Sprache. (Anmerkung FCZ: …und auch dem Bild…) 4. Kommunikatives Handeln: beschreibt ein Handeln zwischen zwei oder mehr Interaktionspartnern/innen als eine Praxis zwischen- menschlicher Beziehung. Das Ziel ist „gute“ Verständigung über die Handlungspläne der einzelnen Partner/innen und idealerweise mit einer Einigung bzw. Kooperation. Das kommunikative Handeln stellt den umfassendsten Typ des Handelns dar, der die anderen Typen ggf. integriert. Modell: Exemplarische interne & externe arbeitsbezogene Einflussfaktoren auf Fachkräfte in der Praxis der Sozialen Arbeit (Como-Zipfel & Lanig) AUFTRAG / ZIELE z.B.: Resozialisierung VERHALTEN DER Betreuung KLIENT*INNEN z.B.: Beratung Verhaltensexzess Erziehung Verhaltensdefizit Rehabilitation Gewohnheiten Pflege Motivation Zwangskontext Mitarbeit Individuelle Förderung Milieu/Umfeld INSTITUTIONELLE PERSPEKTIVE z.B.: Arbeitgeber*in Kostenträger*in GESELLSCHAFTLICHE Handlungsfeld / Setting FAKTOREN z.B.: Arbeitszeiten SOZIALPÄDAGOG*IN: Politisches Geschehen Räumliche Ausstattung INTERNE FAKTOREN z.B.: Image der Klientel/des Berufs Beziehung zu Kolleg*innen / Alter, Geschlecht Zeitgeist und Trends Leitung Gesundheitszustand Öffentliche Debatten Rechtlicher Rahmen Bildung, Herkunft Ökologische, ökonomische und Religiöse Überzeugungen soziale Themen Politische Überzeugungen Feste Gewohnheiten Tagesform BERUFLICHE PRIVATE ENTWICKLUNG z.B.: LEBENSSITUATION z.B.: Seit wann berufstätig Einkommensverhältnisse Fort- und Weiterbildungspläne Familiäre Verhältnisse Feste Stelle / Honorar Soziale Kontakte Nebenbeschäftigungen Freizeit und Hobbies Karriereweg / Position Vollzeit/Teilzeit PROFESSION z.B.: Perspektiven Aus- und Weiterbildungen Berufserfahrung Fachkompetenzen Mitgliedschaft in Berufsverbänden oder Gewerkschaften Kontakt mit Forschung / Lehre 2. Methoden der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit lerntheoretis In diesem 2. Teil werden die Fachtermini, das lerntheoretische Konzept, der Aufbau eines Hilfeprozesses sowie die Methoden der Verhaltensorientierten che Konzept Sozialen Arbeit dargestellt. Bei den Methoden liegt der Schwerpunkt auf denen, die am Anfang eines Hilfeprozesses stehen: Informationsgewinnung, Anamnese kommt nicht Beziehungsaufbau, Motivation, Verhaltensdiagnose und Zielbestimmung. in der Klausur In der Sozialen Arbeit gibt es neben dem verhaltensorientierten Ansatz noch weitere traditionsreiche Methodenschulen gibt. Hervorzuheben sind hier dran u.a.: gesprächstherapeutische, psychoanalytische und systemische Konzepte (dies wurde bereits im 1. Teil erwähnt) Ein wichtiges Kriterium für die Wahl der Methoden, die in einem sozialpädagogischen Hilfeprozess zum Einsatz kommen, ist deren wissenschaftlich nachgewiesene Wirksamkeit. Im benachbarten Berufsfeld der Psychotherapie wurden im Rahmen des Psychotherapeutengesetztes (1999) jahrelange, umfangreiche Wirksamkeitsstudien durchgeführt, mit dem Resultat, dass nur zwei Methodenschulen im vollen Umfang (d.h. für Kinder, Jugendliche, Erwachsene) als sogenannte „Richtlinienverfahren“ durch den Gemeinsamen Bundesausschuss anerkannt wurden: Psychoanalytisch begründete Verfahren (d.h. Psychoanalyse & tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie) sowie die Verhaltenstherapie. 2.1 Das Konzept der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit In ihren grundlegenden Zielsetzungen unterscheidet sich die Verhaltensorientierung nicht von anderen Formen der Sozialen Arbeit. Auch sie steht selbstverständlich für die verantwortungsvolle Förderung und die Unterstützung ihrer Klientel bei der Lösung und Bewältigung von deren Problemlagen; dies stets unter der Wahrung der Menschenwürde, der sozialen Gerechtigkeit, dem Einbezug der Lebensumwelt und der Autonomie ihrer Klientel. Die besonderen Charakteristika der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit finden sich somit nicht in deren Zielsetzungen, sondern in der Gestaltung des Weges, der zum Ziel führt: also in dem Konzept, Methoden und Techniken, die in der Praxis eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses zum Tragen kommen. Im Folgenden werden die 10 Charakteristika der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit wie folgt definiert: Kurze Version (10 Charakteristika) 1. Fundament der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit sind die behavioralen Lerntheorien 2. Der Focus der Verhaltensanalyse liegt hauptsächlich auf der Gegenwart, nicht auf Ereignissen aus der fernen Vergangenheit 3. Verhalten kann beobachtet, operationalisiert und gezählt werden 4. Die Ziele des Hilfeprozesses leiten sich aus der Verhaltensanalyse ab 5. Die Festlegung der Ziele erfolgt immer in Absprache und mit der ausdrücklichen Zustimmung der Klienten/innen 6. Der Hilfeprozess soll förderliches Zielverhalten aufbauen, schädigendes Problemverhalten abbauen sowie die Kompetenzen der Klienten/innen zur Selbsthilfe und Autonomie fördern 7. Das förderliche Zielverhalten sollte auch auf andere Problembereiche übertragen werden können 8. Während des Hilfeprozesses erfolgt eine regelmäßige Überprüfung von dessen Wirkungen, der Prozess soll helfen und darf nicht schaden 9. In den Hilfeprozess können ggf. Dritte einbezogen werden. 10. Der Hilfeprozess fordert von allen Beteiligten eine hohe Verantwortlichkeit. Lange Version (10 Charakteristika) 1. Sie betont die zentrale Bedeutung des Lernens für die Erklärung und Veränderung menschlichen Handelns. Sie berücksichtigt deshalb insbesondere die Prinzipien der klassischen Lerntheorien (respondentes Lernen, operantes Lernen, sozial-kognitives Lernen), d.h. wissenschaftlichen Modellvorstellungen mit empirischem Gehalt. Die Verhaltensorientierte Sozialen Arbeit geht davon aus, dass ein Großteil menschlichen Verhaltens gelernt ist und demzufolge problematisches Verhalten wieder verlernt und zielführendes Verhalten neu aufgebaut werden kann. 2. Sie führt eine umfassende gegenwartsbezogene Analyse des Anliegens der Klientel durch (Verhaltensanalyse). Bei dieser stehen das Anliegen der Klientel sowie aktuelle Einflussfaktoren aus der intrapersonellen, sozialen und materiellen Umwelt im Mittelpunkt. Das bedeutet: genetische und somatische Gegebenheiten (z.B. Formen von Behinderungen) sowie psychische und soziale Erfahrungen aus der Vergangenheit (z.B. Scheidung der Eltern) werden zwar in die Informationsgewinnung einbezogen, können aber nicht mehr bzw. nur begrenzt verändert werden, so dass die Verhaltensanalyse immer an der gegenwärtigen auslösenden und aufrechterhaltenden Bedingungen des Problemverhaltens ansetzt. 3. Unter „Verhalten“ wird unter behavioraler Perspektive in erster Linie äußerlich beobachtbares (motorisches) Verhalten verstanden, wobei während des Hilfeprozesses zudem auch die Ebenen des emotionalen, kognitiven und physiologischen Verhaltens betrachtet werden. Das Problemverhalten der Klientel wird operationalisiert (konkretisiert auf Verhaltensebene) und quantifiziert (ermöglicht die Zähl- und Messbarkeit). Diese qualitative und quantitative Analyse sind Teile der Verhaltensanalyse. 4. Die im Hilfeprozess verfolgten Ziele leiten sich aus der Verhaltensanalyse ab. 5. Die Analyse des Anliegens, die Festlegung der Interventionsziele sowie die Durchführung der Veränderungsmaßnahmen erfolgen stets unter Einbezug und in Absprache mit der Klientel bzw. deren gesetzlicher Vertretung. Es gilt die Wahrung von Transparenz und informiertem Einverständnis der Klientel. 6. Der Hilfeprozess ist alltagsorientiert und hat einen übenden Charakter. Er soll förderliches Zielverhalten aufbauen, schädigendes Problemverhalten abbauen Er soll zudem die Kompetenzen zur Selbstkontrolle der Klientel fördern, d.h. zur „Hilfe zum Selbstmanagement“ beitragen, damit die Veränderungen auch dann noch aufrecht erhalten werden können, wenn der Hilfeprozess beendet ist. 7. Sie strebt an, dass positiv veränderte (spezielle) Verhaltensweisen der Klientel auch auf andere Problemsituationen übertragen werden können (Generalisierung). 8. Der Verlauf und die Fortschritte des Hilfeprozesses werden kontinuierlich überprüft, indem die Messdaten der Gegenwart mit Messdaten der Situation vor Beginn, während und nach Ende der Intervention verglichen werden (prozessbegleitende und abschließende Evaluation). Dies um abschätzen zu können, ob die Intervention tatsächlich die gewünschte Änderung des Verhaltens bewirkt hat und keine negativen Nebenwirkungen hat. 9. Sie bezieht im Bedarfsfall wichtige Personen aus dem Lebensumfeld des Klienten in den Hilfeprozess ein bzw. berät Mediatoren (z.B. Eltern, Lehrkräfte), und berücksichtigt so das soziale Nah-Umfeld des Klienten. 10. Sie betont die starke Verantwortlichkeit von allen Personen (Klient/in, Fachkraft, Bezugspersonen), die mittelbar bzw. unmittelbar an der Durchführung eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses beteiligt sind. 2.2 Der Aufbau eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses Charakteristisch für einen verhaltensorientierten Hilfeprozess in der Sozialen Arbeit ist ein gestuftes, schrittweises Vorgehen. Zunächst werden Informationen gewonnen, die Problemlage analysiert, die Ursachen des Verhaltens herausgearbeitet sowie die angestrebten Ziele gemeinsam mit dem/der Klienten/in formuliert. Erst nach dieser ausführlichen Verhaltensdiagnostik wird die Verhaltensmodifikation initiiert. Hierbei wird die aktive Beteiligung des/der Klienten/in vorausgesetzt, eine bloße Reflexion seiner/ihrer Lage reicht nicht aus. Vielmehr ist er/sie aufgefordert, die entsprechenden Verhaltensänderungen aktiv im Alltag vorzunehmen und einzuüben. Außerdem wird die Lage des/der Klienten/in auf zwei Ebenen betrachtet: Auf der Mikroebene wird ein bestimmtes situatives Problemverhalten dahingehend analysiert, wie es zustande gekommen ist und aktuell aufrechterhalten wird. Die Intervention setzt bei der Veränderung dieses Problemverhaltens als Angelpunkt der Gesamtveränderung an. Auf der Makroebene wird auch die Lebenssituation des/der Klienten/in einschließlich ihres sozialen und gesellschaftlichen Umfeldes betrachtet. Zudem wird die Wirkung der Intervention gemessen. In der Fachliteratur finden sich verschiedene Modelle, die den Aufbau eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses beschreiben. Im Folgenden werden in chronologischer Reihenfolge drei Modelle dargestellt, die die „Evolution“ von den ursprünglichen Fragestellungen bis hin zum aktuell umfassendsten Gesamtablaufplan darstellen. Zu den drei Modellen werden zu 100% Fragen dran kommen 2.2.1 Modell 1: Die drei Ausgangsfragen der Verhaltensmodifikation (Kanfer & Saslow 1969) Im Jahr 1969 formulierten Frederick Kanfer und George Saslow die drei Ausgangsfragen der Verhaltensmodifikation. Diese umfassen die wichtigsten Prinzipien der Verhaltensdiagnostik und bilden das Kernstück eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses. 1. Zielanalyse: Welche besonderen Verhaltensmuster verlangen eine Veränderung hinsichtlich ihrer Intensität, ihrer Dauer oder der Bedingungen, unter denen sie auftreten? (= Deskription) 2. Problemanalyse: Welches sind die Bedingungen, unter denen dieses Verhalten erworben wurde, und welche Faktoren halten es momentan aufrecht? (= Explikation) 3. Interventionsplanung: Welches sind die praktikabelsten Mittel, um die erwünschten Veränderungen bei diesen Individuen zu erzielen? Durch Veränderung des Verhaltens, der Umgebung oder der Selbsteinschätzung des Klienten? (= Prognose) 2.2.2 Modell 2: Die fünf prozessualen Aspekte in der Verhaltensdiagnostik (Schulte 1974) Aus den drei Ausgangsfragen der Verhaltensmodifikation leiten sich eine Erweiterung zu einer Verhaltensdiagnostik ab, die folgenden fünf voneinander unterscheidbare, aber aufeinander bezogene Aspekte umfasst: 1. Die Beschreibung des Problems oder Anliegens (deskriptiver Aspekt; Leitfrage: Was ist Sache, worum geht es?) setzt sich zum Ziel, die Anliegen des Klienten in eine intersubjektiv überprüfbare Sprache zu übersetzen und damit einer Analyse und Messung zugänglich zu machen. 2. Die Suche nach den aktuellen als auch ätiologischen (auch entwicklungsbezogenen) Ursachen des Problems (explikativer Aspekt; Leitfrage: Warum ist das so?) bemüht sich darum, im Lichte ausgewählter wissenschaftlicher Theorien die Problemlage zu interpretieren und so zu einem Verständnis ihrer Verursachung zu gelangen. 3. Die Überprüfung der Angemessenheit der Erklärung (evaluativer Aspekt; Leitfrage: Welche Fakten sprechen für diese Deutung?) sucht nach empirischen Belegen für die explikative Problemerklärung. Die Verhaltensdiagnostik verlangt also einen Nachweis der Gültigkeit von Erklärungen. 4. Die Bestimmung des anzustrebenden Zielzustandes (normativer Aspekt; Leitfrage: Wohin soll sich eine Änderung bewegen?) muss explizit angeben, welche Verhaltensweisen in Zukunft statt der bisherigen problematischen Reaktionen gezeigt werden sollen. Auch genannt: „Zielanalyse“, „Zieldefinition“, „Zielbestimmung“. 5. Die Ableitung von Interventionsmethoden mithilfe derer der angestrebte Zielzustand erreicht werden kann (modifikatorischer Aspekt; Leitfrage: Wie soll das erreicht werden?) ergibt sich idealerweise aus den Ergebnissen zur Ursachenbestimmung und der angestrebten Zielperspektive. Auch genannt: „Therapie- bzw. Interventionsplanung“, „Prognose“. 2.2.3 Modell 3: Das Sieben-Phasen-Modell (Kanfer & Grimm 1980) Mit dem „Process Model of Behavior Modifikation“ von 1980 haben Frederick Kanfer und L.G. Grimm eine grundlegende Orientierung für den strukturierten, stufenweisen Aufbau eines verhaltensorientierten Hilfeprozesses. Dieser Aufbau ist prinzipiell gültig für viele psychosoziale Dienstleistungen, z.B. Psychotherapie, Beratung, Soziale Arbeit. In der Fachliteratur wird dieses Modell seit Jahrzehnten breit rezipiert. Im deutschsprachigen Raum trägt dieses Modell die Bezeichnung „Sieben- Phasen-Modell“ und wurde erstmals 1990 in dem Buch Selbstmanagement-Therapie von Kanfer, Reinecker & Schmelzer veröffentlicht (derzeit in der 5. Auflage von 2012 erhältlich). Übersicht: Das „Sieben-Phasen-Modell“ (modifizierte Kurzversion) 1. Eingangsphase: Schaffung günstiger Ausgangsbedingungen (Bildung einer kooperativen Arbeitsbeziehung, Beginn der allgemeinen und problembezogenen Informationssammlung u.a.) Ziel: Grundlegende Voraussetzungen für den Hilfeprozess schaffen. 2. Aufbau von Änderungsmotivation, vorläufige Auswahl von Änderungsbereichen (Nutzung von inhärenten Motivationsbedingungen, Reduktion von Demoralisierung und Resignation, vorläufige sachliche und motivationsabhängige Auswahl von Änderungsbereichen u.a.). Ziel: Aufbau von Motivation zur weiteren Teilnahme am Hilfeprozess. 3. Verhaltensdiagnose und funktionales Bedingungsmodell (situative Verhaltensanalyse, kontextuelle Verhaltensanalyse der Pläne, Kognitionsanalyse, u.a.). Ziel: Deskription, Explikation, Diagnose. 4. Vereinbaren der Ziele (gemeinsame Zielanalyse nach vorheriger transparenter Diskussion der Befunde/Sachlage, Definition von Interventionszielen, ggf. Zwischenzielen, Zeitplanung u.a.). Ziel: Deskriptive Zielbestimmung und –vereinbarung. 5. Planung und Durchführung der Intervention und Methodenwahl (Interventionsplanung auf Basis der Informationen aus den ersten vier Phasen, Entscheidung über Intervention, Durchführung der Intervention); Ziel: Prognose und Intervention. 6. Evaluation der Fortschritte (kontinuierliche interventionsbegleitende Diagnostik, Prä- und Post-Evaluation, zielabhängige Evaluation). Ziel: Überprüfung der Wirksamkeit der laufenden Intervention. 7. Endphase: Erfolgsoptimierung und Abschluss (Stabilisierung und Transfer der Fortschritte, Arbeit an restlichen Ansatzpunkten bzw. Bearbeiten neuer Ziele, Erlernen von Selbstmanagement, Ausblenden der Kontakte, abschließendes Feedback, Vorbereitung von Katamnesen). Ziel: Abschließende Evaluation und Abschluss des Hilfeprozesses 2.3 Hinweise zur Umsetzung des Sieben-Phasen-Models in der Praxis (hier nur Phase 1 bis 3) Im Folgenden werden verschiedene Aspekte des sozialpädagogischen Handelns bzgl. der Umsetzung des Sieben-Phasen-Modells in der Praxis eines Hilfeprozesses dargestellt. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen lediglich sich auf die ersten drei Phasen des Modells. 2.3.1 Phase Eins: Arbeitsbeziehung und Informationssammlung Die Ziele der Eingangsphase sind, dass grundlegende Voraussetzungen und günstige Ausgangsbedingungen für den sozialpädagogischen Hilfeprozess geschaffen werden. Dazu gehören insbesondere der Beginn der allgemeinen und problembezogenen Informationssammlung sowie die Bildung einer kooperativen Arbeitsbeziehung. Diese Phase ist von großer Bedeutung für den weiteren Verlauf des Hilfeprozesses: z.B. können durch unprofessionelle Handlungen der Fachkraft Irritationen bei den Ratsuchenden ausgelöst werden. Diese können dazu führen, dass keine vertrauensvolle Fachkraft-Klient/in-Beziehung und Arbeitsallianz aufgebaut werden können, was ggf. zu einer mangelhaften Mitarbeit der/s Klienten/in oder zu einem frühen Abbruch des Hilfeprozesses führen kann. 2.3.1.1 Die allgemeine biographische oder lebensgeschichtliche Anamnese Ein strukturierter sozialpädagogischer Hilfeprozess beginnt i.d.R. mit einer Anamnese. Für die Verhaltensorientierte Soziale Arbeit dient die allgemeine Anamnese zur Gewinnung einer generellen, übersichtsartigen Informationssammlung bzgl. der/s Klienten/in. Die allgemeine lebensgeschichtliche Anamnese ist immer der speziellen problembezogenen Verhaltensdiagnostik (Phase 3) vorgelagert. Durch die allgemeine Informationssammlung wird i.d.R. eine große Anzahl von Daten erfasst. Auch wenn sich viele Teile der Anamnese ggf. auf die lang zurückliegende Vergangenheit (z.B. Erlebnisse in der frühen Kindheit) des Klienten beziehen können, so sollten jedoch durch diese Informationssammlung hauptsächlich die gegenwartbezogenen Daten (z.B. aktuelle Familiensituation, Wohnsituation, Berufssituation) ermittelt werden. Wenn Daten für den späteren Verlauf des Hilfeprozesses nicht relevant sind, wird auf diese nicht mehr zurückgegriffen (Siehe Trichter-Modell) Abbildung: Trichter-Modell zur Informationssortierung von Meinrad Perrez Es gibt in der verhaltensorientierten Fachliteratur mehrere Hinweise zur Strukturierung einer lebensgeschichtlichen Anamnese. Erwähnenswert sind hier insbesondere: Bartmann, U. (2013): Verhaltensmodifikation als Methode der Sozialen Arbeit; 4. Auflage, Tübingen: DGVT-Verlag. S. 34-3 Lazarus, A. (1973): Fragebogen zur Lebensgeschichte, Tübingen: DGVT-Verlag Exemplarisch kann eine lebensgeschichtliche Anamnese in folgende Themenfelder (mit jeweils mehreren zugehörigen Unterpunkten) gegliedert werden: Kindheit und Herkunftsfamilie Schule, Ausbildung und Beruf Partnerschaft, eigene Familie, Sexualität Soziales Umfeld und Freundeskreis Wohnsituation und Finanzen Psychische und körperliche Erkrankungen Freizeit, Hobbys, Interessen und Ressourcen Nach der lebensgeschichtlichen Anamnese wissen wir zwar schon viel Allgemeines über einen Klienten, aber noch relativ wenig über sein aktuelles Problem bzw. sein Anliegen – diese Informationen erhalten wir erst durch systematische Fragen der qualitativen und quantitativen Analyse (Phase 3). Die umfangreichen Informationen aus der Anamnese müssen trotzdem geprüft und selektiert werden, da sich hierunter auch einige Hinweise befinden können, die für die weitere Verhaltensdiagnostik und die Interventionsplanung von Bedeutung sein könnten. Nicht in jedem Fall ist eine umfassende Durchführung einer allgemeinen Anamnese erforderlich. Dies hängt stets von dem Handlungsfeld, der Problemlage sowie dem Einzelfall ab. Beispielsweise ist in der Schuldnerberatung eine intensive Befragung des Bereichs „Sexualität“ nicht dringend erforderlich – außer wenn die finanziellen Probleme in diesem Bereich entstehen (z.B. durch häufige Bordellbesuche eines Klienten). 2.3.1.2 Quellen der Information Für die Anamnese und die Vorbereitung der Verhaltensdiagnose werden vielfältige Informationen über den Klienten und dessen aktuelles soziales und beruflichen Umfeld benötigt. Aus welchen Quellen erhalten wir die wichtigen, relevanten Informationen zum Beginn des Hilfeprozesses? Persönliches anamnestisches Gespräch: Interview, Exploration sowie ggf. standardisierter Fragebogen - hierdurch erhalten wir eine erste allgemeine Beschreibung der aktuellen Lebenssituation und der Problemlage des Klienten/in (Selbstbeurteilung) Informationen durch Mitteilungen von Bezugspersonen: Familienmitglieder, Partner/in, Lehrer/in, Ärzte/innen usw. (verbale Fremdbeurteilung) Sichtung und Auswertung vorliegender schriftlicher Unterlagen: Amtliche oder ärztliche Berichte, Testergebnisse, Zeugnisse, Dokumente u.a. (schriftliche Fremdbeurteilung) Verhaltensbeobachtung des/r Klienten/in durch die Fachkraft: Mimik, Gestik, Motorik, Sprache, äußeres Erscheinungsbild, Kleidung u.a. Subjektive Beurteilungen der Fachkraft: Mit was versucht der/die Klient/in zu imponieren? Welche Gedanken und Gefühle löst das Verhalten des/r Klienten/ in bei der Fachkraft aus: Mitleid, Sympathie, Abneigung, Ekel, Furcht…? Was will er/sie bei mir durch dieses Verhalten erreichen: will er/sie mit mir flirten oder mich einschüchtern oder mich provozieren oder mich erpressen…? Besonderheiten des Settings: Rahmenbedingungen des Hilfeprozesses: kommt der/die Klient/in selbständig aus eigener Motivation zur Teilnahme, oder ist er/sie durch Dritte verpflichtet zur Teilnahme (z.B. Auflage des Gerichts, Zwangskontext, Justizvollzugsanstalt) 2.3.1.3 Bildung einer Arbeitsbeziehung Der Aufbau und die Gestaltung eines vertrauensvollen Arbeitsbündnisses sowie einer tragfähigen Fachkraft-Klient-Beziehung stellt in der Verhaltensorientierten Sozialen Arbeit einen Lern- und Entwicklungsprozess dar, bei dem bestimmte Methoden und Techniken zum Einsatz kommen. Der Begriff «Beziehung» entsteht demnach aus einer Anzahl von professionellen Verhaltensweisen der Fachkraft, die z.B. der Klientel Mut zu machen offen über ihre Probleme zu sprechen sowie die Motivation zur Mitarbeit wecken. Ziele einer vertrauensvollen Beziehungsgestaltung zwischen Fachkraft und Klientel sind die Herstellung eines positiven emotionalen Verhältnisses (Affiliation) und die Förderung des gemeinsamen Arbeitsbündnisses (Allianz). Eine gute Arbeitsbeziehung ist somit das Ergebnis einer guten bzw. gelungenen professionellen Interaktion zwischen Fachkraft und Klient/in. Die Beziehung der Fachkraft zur Klientel stellt keine Alltags- oder Freundschaftsbeziehung dar, sondern ist als eine Dienstleistungs- oder Arbeitsbeziehung zu verstehen. Diese Arbeitsbeziehung ist insbesondere durch ihre Ausrichtung auf bestimmte Themen/Probleme, durch ihre zeitliche Begrenzung sowie durch die unterschiedlichen Rollen/Funktionen der beteiligten Personen charakterisiert: so werden einerseits von Klienten/innen z.B. Mitarbeit, Ehrlichkeit und Öffnungsbereitschaft gefordert; andererseits von der Fachkraft z.B. Kompetenz, Aufmerksamkeit, Respekt, Anteilnahme, Intuition, Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit sowie professionelle Distanz. Wichtig: Die verhaltensorientierte Perspektive sieht in einer positiven Arbeitsbeziehung zwischen Klient/in und Fachkraft eine wesentliche und notwendige Grundbedingung für das Gelingen eines sozialpädagogischen Hilfeprozesses - aber eine gute Beziehung alleine ist noch keine ausreichende Bedingung für den Erfolg. Denn dies reicht als hauptsächliche Interventionstechnik nicht aus. Die behaviorale Sichtweise steht damit im Gegensatz zur psychoanalytischen Theorie: dort wird die „helfende Beziehung” als wesentliche Behandlungstechnik verortet, z.B. bei dem Ansatz der „korrigierenden Erfahrung”, in der die Fachkraft bewusst in eine Art Eltern-Kind-Beziehung mit dem/r Klienten/in tritt, um ihn/ihr die „gute Mutter" oder den „guten Vater" erleben zu lassen. 2.3.1.3.1 Gestaltung der Gesprächsführung und der Rahmenbedingungen Zu Beginn eines sozialpädagogischen Hilfeprozesses (Erstkontakt) empfinden Klienten/innen häufig Unsicherheit, Ängstlichkeit oder sogar Misstrauen bzgl. der ihnen noch fremden Institutionen und Fachkräfte. Daher ist in dieser Phase eine Reduktion der negativen Emotionen durch ein wertschätzendes und unterstützendes Verhalten der Fachkräfte von besonderer Bedeutung. Der Gestaltung der professionellen Gesprächsführung und der organisatorischen Rahmenbedingungen kommt daher eine besondere Aufmerksamkeit zu. Im Folgenden werden Gestaltungsmöglichkeiten zur Herstellung eines positiven emotionalen Verhältnisses der Fachkraft zum/r Klienten/in und zur Bildung einer Arbeitsallianz zusammengefasst: Gesprächsführung: To-Do´s Aktive Zuwendung zum Klienten: aufmerksames Interesse, Ernstnehmen, Achtsamkeit; Basisverhalten: positive Wertschätzung (emotionale Wärme), einfühlendes Verstehen (Perspektiv-Übernahme, Empathie) sowie Transparenz (Echtheit); Wahrung von Objektivität und Neutralität („distanzierte Anteilnahme"); Selbstwert-stützendes Vorgehen: Respekt und Akzeptanz, Höflichkeit, Geduld, entlastende Formulierungen („Anderen Menschen geht es ähnlich"), Validierung positiver, erfolgreicher und gesunder Aspekte des/r Klienten/in; Förderung von Selbstexploration und Selbstöffnung: Nachfragen, Zusammenfassen, Paraphrasieren („Was ich verstanden habe ist..."), Sortieren, Einholen von Rückmeldung (ggfs. Korrigieren, Ergänzen). Gesprächsführung: Not-To-Do´s Allgemein: Indem wir Hilfesuchende, nicht beachten, aus dem Weg gehen, das Positive und die Anstrengung, es gut zu machen, nicht anerkennen. Indem wir ihnen Kooperation und Hilfe verweigern. Indem wir ihren Aufforderungen nicht nachkommen, Abmachungen nicht einhalten. Indem wir sie nicht zu Wort kommen lassen, sie kritisieren, bloßstellen, herabsetzen, verleumden. Speziell Indem wir (durch unser Sprechverhalten) den Hilfesuchenden dazwischenreden, unpassende Fragen stellen, Vorwürfe machen, auf Fehlern herumhacken, ungeduldig drängeln, dauernde Einwände, mit andern reden, überlegene Erklärungen abgeben. Indem wir (durch unseren Ausdruck) Desinteresse zeigen, gähnen, wegschauen, uns nicht mitfreuen, nicht mitlachen, unmotiviert lachen, mit unserer Stimme einen scharfen Ton anschlagen. Indem wir (durch körperliche Abwendung) uns distanzieren, den anderen meiden, Abbruch des Blickkontaktes, uns abwenden, wegdrehen. Gestaltung der Rahmenbedingungen Klärung der Zuständigkeit: eine klare Kommunikation darüber, welche Personen und welche Anliegen adressiert werden können und welche nicht (ggf. Weitervermittlung). Bereitstellung personaler Bedingungen: das Hilfsangebot sollte gegenstandsadäquat (Vorhandensein entsprechender Fachkenntnisse) und personenadäquat sein (z.B. interkulturelle und ggf. sprachliche Kompetenz bei Klientel mit Migrationshintergrund). Bereitstellung räumlicher Bedingungen: Vorhandensein geeigneter Räume (schall- und blickdicht), Gewährleistung von Ungestörtheit (z.B. Abstellen des Telefons) und spezielle Ausstattung von Räumen (z.B. Spielzimmer für Kinder) Klärung inhaltlicher, interaktiver und struktureller Aspekte: Kommunikation über geforderte (z.B. Pünktlichkeit) und unerwünschte Verhaltensweisen (z.B. Beleidigungen, Drohungen) beider Seiten; über Erwartungen der Klientel (ggf. Korrektur unangemessener Erwartungen) und denen der Fachkraft (z.B. an die Mitarbeitsbereitschaft der Klientel: Durchführung von Übungen, das Ausfüllen von Evaluierungsbögen etc.). Umgang mit Informationen: Gewährleistung von Diskretion (Schweigepflicht), Umgang mit Berichten, Angehörigen, Supervision etc Klärung der Formalitäten der Kontakte: Information über den möglichen Zeitplan (Uhrzeit, Dauer, Frequenz), Umgang mit Fehlzeiten und Kontakte zwischen Terminen.

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