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Das Dokument enthält Informationen zum Internationalen Gerichtshof. Es behandelt Themen wie die Geschichte, die Funktion, das Statut und die Jurisdikation des Gerichts.

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Internationaler Gerichtshof 04.12.24 Warum konnten die USA im „Nicaragua-Fall“ erfolgreich vor den IGH gebracht werden? ➔ Anerkennung Gerichtsbarkeit ➔ Kompromissarische Klausel ➔ 1985: USA noch obligatorische Gerichtsbarkeit vor dem IGH...

Internationaler Gerichtshof 04.12.24 Warum konnten die USA im „Nicaragua-Fall“ erfolgreich vor den IGH gebracht werden? ➔ Anerkennung Gerichtsbarkeit ➔ Kompromissarische Klausel ➔ 1985: USA noch obligatorische Gerichtsbarkeit vor dem IGH → nach/bei Nicaragua dann Widerruf… → Vorbehalt bei Unterwerfung nicht bei multilat. Verträgem Unterwerfung vor IGH o Souveränitätsbedenken o Aber IGH nimmt Gerichtsbarkeit für sich an, weil Widerruf erst zum ZP der Klage o USA erkennt Urteil & Jursidikation des IGH & Reparationskosten nicht an… ➔ IGH windet sich da raus, (Aus dem USA-Vorbehalt) durch Berufunf auf gleichlautendes VGR (also nicht auf Basis der UNChr, sondern auf Basie des VGR argumentiert) Historie: Der IGH folgte als „Weltgerichtshof“ der Vereinten Nationen auf den Ständigen Internationalen Gerichtshof des Völkerbundes, der seinen Sitz ebenfalls im Friedenspalast in Den Haag hatte. Zwischen der ersten Sitzung im Jahr 1922 und der formellen Auflösung im Jahr 1946 entschied der Ständige Internationale Gerichtshof des Völkerbundes über 29 streitige Verfahren und erstellte 27 Rechtsgutachten. Ab dem Jahr 1940 trat der StIGH bedingt durch den Zweiten Weltkrieg nicht mehr zu Sitzungen zusammen. Ab 1942 begannen Gespräche der Alliierten zur „neuen Weltordnung“ nach Kriegsende; einschließlich der Etablierung eines Internationalen Gerichtshofs nach dem Vorbild des Gerichts des Völkerbundes. Funktion: Die Charta der VN und Art. 1 und 36 des IGH-Statuts stellen klar, dass für die gerichtliche Streitbeilegung der Gerichtshof die einschlägige Institution sein soll. Das schließt weder diplomatische Mittel noch die Schiedsgerichtsbarkeit noch die Gründung weiterer (späterer) internationaler Gerichtshöfe aus. (IGH ≠ exklusives Organ Statut: Bei dem Statut des IGH handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag. Nach Art. 93 Abs. 1 der VN Charta sind alle Mitglieder der VN ipso facto auch Mitglieder des Statuts. → „integral part“ → es greift damit auch Vorraus (s. Art. 103) Das bedeutet nicht, dass sie sich damit obligatorischer Streitbeilegung unterworfen hätten! Der Konsens ist hier nicht auf den Zeitpunkt der Mitgliedschaft in den VN vorverlagert, sondern muss allgemein oder einzelfallabhängig erklärt werden. Nichtmitglieder der VN können nach Art. 93 Abs. 2 VN-Charta dem Statut beitreten. → Vertragsbeding generell | ad.hoc Unterwerfung → spez. Unterwerfungserklärung nötig (allumfassend oder ad hoc → art. 36 oder Art. 35 IGH-Statut) Besetzung Die Besetzung des IGH folgt den detaillierten Regelungen in den Art. 2-21 IGH- Statut. [bei uns dazu viel Hinterzimmer Politik..] Das Gericht besteht aus 15 Richter*innen, die von der Generalversammlung und dem Sicherheitsrat in von einander unabhängigen Wahlverfahren gewählt werden. [→ gleich wie bei StGH: dort wählten Rat & Versammlung des Völkerbundes die Mtgl. Des Gerichtshofes] Damit wird das Wahlverfahren aufrechterhalten, das als Kompromiss bereits dem StIGH zu Grunde lag. Dort wählten Rat und Versammlung des Völkerbundes die Mitglieder des Gerichtshofs. Keine Staatsangehörigkeit darf auf der Bank mehr als einmal vertreten sein. Deutsche Richter: Hermann Mosler (1976-1985); Carl-August Fleischauer (1994- 2003); Bruno Simma (2003-2012); Georg Nolte (seit 2021) Jurisdikation Die grundsätzliche Zuständigkeit des Gerichtshof ist bewusst umfassend gestaltet, um dem Anspruch als „principel judicial organ of the United Nations“ gerecht zu werden. Darauf folgt nicht, dass eine Klage im Einzelfall auch zulässig ist. Die Frage der „jurisdiction of the court“ wird häufig bestritten und teilweise in einem separaten Verfahren vorab entschieden, bevor (bei positiver Feststellung) über die Hauptsache entschieden wird („merits“). [→ IGH Website ansehen] Rechtsquellen: Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut legt dem Wortlaut nach nur das in Verfahren vor dem IGH anwendbare Recht fest. Die genannten Rechtsquellen werden üblicherweise als allgemeine Kategorisierung völkerrechtlicher Normen verstanden und beanspruchen damit Wirkung über das Statut hinaus. Sie werden in den Statuten anderer Gerichtshöfe, in der Literatur und der Staatenpraxis rezipiert. o Wie wird Völkergewohnheitsrecht festgestellt? Welche besondere Schwierigkeit gibt es dabei? → sehr strittiges Feld.. - Consentudo + opinio juris - Nachweis extrem schwierig, ILC - Regionales VGR (auch bilateral mögl.) - Persistent objector („no state fails to deny”) - Wie positive opinion juris? → aus Staatenpraxis → induziert opinio juris (bspw. Aus Duldung) - Praxis gleichzeitig Beweis - VGR im Weltraum: Staatenpraxis schwierig, weil nur wenige Staaten Zugang dazu haben - MR im VGR: schwierig, weil so oft gebrochen… - Instant customary law o Wann ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz anerkannt? - „Pacta sunt servanda“ - Recognised behaviors Tatbestandsmerkmale - Nationale Rechtsanwendungen - Muss auf VR übertragbar sein - Grundsätze, die es überall im VR gibt „ foro internationales“ → strittig [ILC ➔ Vorteil aus Rechtsgrundsätze ggü. VGR: keine opinio juris nötig Verfahrensarten: Streitige Verfahren In den Artikeln 39-64 des Statuts geregelt. „Klassische“ gerichtliche Streitbeilegungsfunktion zwischen (im Regelfall) zwei Staaten. Weitere Staaten, die ein rechtliches Interesse an der Entscheidung haben, können beitreten. Der Gerichtshof kann nach Art. 41 vorläufigen Rechtsschutz gewähren. Die Bindungswirkung von Entscheidungen beschränkt sich auf die Parteien (inter partes). [→ aber auch Leitfaden für VGR/ Rechtserkenntnisquellen → Indizwirkung] Verfahrensarten: Rechtsgutachten [„advisory opionions“] Das Gutachtenverfahren ist in Art. 66-68 IGH-Statut geregelt. Rechtsgutachten sind nicht verbindlich, können aber großen Einfluss auf das Verständnis des Völkerrechts (einschließlich der Feststellung von Gewohnheitsrecht) haben. [v.a. bei nicht -unterworfenen Staaten] Rechtsgutachten werden regelmäßig als bedeutsame Rechtserkenntnisquelle rezipiert. Die drei anhängigen Gutachtenverfahren zu Fragen rechtlicher Verpflichtungen von Staaten im Zusammenhang mit dem Klimawandel (vor dem IGH, dem Seegerichtshof und dem Inter-Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte) zeugen von der hohen Bedeutung, die dieser Verfahrensart zugemessen wird. [→ Mauer- Gutachte etc] Nach Art. 65 Abs. 1 IGH-Statut kann der IGH ein Gutachten abgeben. Zu den antragsberechtigten Institutionen gehören insbesondere die Generalversammlung und der Sicherheitsrat, d.h. Organe mit besonderer Legitimität. Andere Organisationen können im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit Anträge auf ein Rechtsgutachten stellen. [Staaten → GV → Resolution → Rechtsgutachten] Der IGH befasst sich nur mit rechtlichen Fragen, nicht mit (rein) politischen Fragestellungen; darin liegt eine Änderung im Vergleich zum Statut des StIGH. Zur Abgrenzung hat der IGH festgestellt: „a question which expressly asks whether or not a particular action is compatible with international law certainly appears to be a legal question“. (IGH, Nuclear Weapons-Gutachten, ICJ Reports 1996, 226, 233 f.) „However, a mixed question of law and fact is none the less a legal question” (IGH, West- Sahara-Gutachten, ICJ Reports 1975, 12, 19) [→ kompatibel mit IL dann legal question + Mix aus law & fact → legal question] Sofern der IGH seine Zuständigkeit festgestellt hat, hat er einen Ermessensspielraum, das Gutachten zu erstellen. Bisher ist kein zulässiger Gutachtenantrag abgelehnt worden. Vielmehr geht der IGH davon aus, es müssten „compelling reasons“ vorliegen, ein Gutachten nicht zu erstellen. Auch aktuelle Streitigkeiten können Grundlage für ein Rechtsgutachten sein (Beispiel: Chagos), da das Gutachten nicht bindend ist und die Entscheidung im zwischenstaatlichen Streit formell nicht präjudiziert. Hausaufgaben: Bitte befassen Sie sich mit den Hintergründen und den Kernaussagen des IGH im Rechtsgutachten zu „Chagos“ und beantworten Sie folgende Fragen: - Warum war die Erstellung des Gutachtens politisch brisant? - Wie war die Haltung Großbritanniens zum Gutachten? - Welche weiteren gerichtlichen Entscheidungen gibt es im Zusammenhang mit dem „Fall Chagos“? - Haben die internationalen Verfahren zur jüngsten Entscheidung Großbritanniens von Oktober 2024 beigetragen, das Archipel an Mauritius zurückzugeben? (Und wie geht es weiter?) Eine Zusammenfassung des Rechtsgutachtens finden Sie hier: https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/169/169-20190225-SUM-01-00-EN.pdf Politische Brisanz der Erstellung des Gutachtens Thema: Kolonialismus, Selbstbestimmung und territoriale Integrität. Trennung des Chagos-Archipels von Mauritius 1965 durch das Vereinigte Königreich (UK). Nutzung der Inseln, insbesondere Diego Garcia, als US-Militärbasis. Zwangsumsiedlung der Chagossianer als Verstoß gegen Menschenrechte. Missachtung von UN-Resolutionen zur Dekolonisierung. Gutachten kritisierte die rechtlichen Grundlagen der britischen Verwaltung und verstärkte Spannungen zwischen ehemaligen Kolonialmächten und postkolonialen Staaten. 2. Haltung Großbritanniens zum Gutachten Großbritannien lehnte das Gutachten ab und stellte es als bilaterale Streitigkeit dar. Argument: Rechtmäßige Abtrennung der Inseln und sicherheitspolitische Bedeutung von Diego Garcia. Anerkannte das Gutachten nicht als verbindlich. Zweifel an der Verpflichtung zur Rückgabe des Archipels. 3. Weitere gerichtliche Entscheidungen im „Fall Chagos“ UNCLOS-Schiedsgericht (2015): o Urteil gegen Großbritannien wegen Missachtung von Konsultationspflichten bei der Errichtung einer Meeresschutzzone. Britische Gerichte: o 2000: Erklärten Zwangsumsiedlung zunächst als rechtswidrig. o 2008: House of Lords bestätigte Verbot der Rückkehr der Chagossianer. UN-Menschenrechtsausschuss: o Wiederholte Forderungen nach Rückkehrrecht und Schutz der Rechte der Chagossianer. 4. Zusammenhang mit der britischen Entscheidung von Oktober 2024 Internationale Verfahren, besonders das IGH-Gutachten, übten erheblichen Druck auf Großbritannien aus. Unterstützung durch UN-Resolutionen und wachsende diplomatische Isolation des UK. Ergebnis 2024: Großbritannien erklärte Bereitschaft zur Rückgabe des Chagos- Archipels an Mauritius. Zukünftige Herausforderungen: o Klärung der militärischen Nutzung von Diego Garcia. o Planung der Resettlement-Frage der Chagossianer. o Entwicklung eines Übergangsplans zur Wahrung der Interessen von Mauritius und der Sicherheitsinteressen.

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