Pädagogik im Altertum: Erziehung und Bildung (PDF)

Summary

This document explores ancient educational practices and philosophies, focusing on key figures and their approaches to teaching and learning. The text examines concepts such as paideia, the Sophists' methods, and the contrasting views of Plato and Aristotle on learning and the soul. It also outlines the role of education in different societal contexts from the ancient Greek and Roman times up to the Middle Ages.

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**[ERZIEHUNG UND PÄDAGOGIK IM ALTERTUM]** **VL1. ALTERTUM UND MITTELALTER** **SPARTA** - Kinder gehören der Gemeinschaft - Auslese der Neugeborenen - ab 7. Lebensjahr Ausbildung der Jungen in Altersgruppen unter Leitung des Pädonomen - Physische, militärische Erziehung, Disziplinie...

**[ERZIEHUNG UND PÄDAGOGIK IM ALTERTUM]** **VL1. ALTERTUM UND MITTELALTER** **SPARTA** - Kinder gehören der Gemeinschaft - Auslese der Neugeborenen - ab 7. Lebensjahr Ausbildung der Jungen in Altersgruppen unter Leitung des Pädonomen - Physische, militärische Erziehung, Disziplinierung - Erziehung als Zweck und Dienst - Jahrgangssystem - Frauen als „Neue-KriegerGebärende" **OLYMPIA UND HOMER** - Das Spiel in der Erziehung (Kampf- und Wettspiel) - Homer: Ilias und Odyssee - Geschichten und Bilder als vollkommenes Streben (Ziel von Erziehung) - Odysseus als Prototyp für Lernfähigkeit - Leistung der Griechen: Erziehung als Gegenstand des Nachdenkens und der planenden Vorsorge (nicht nur der Praxis) **DIE ENTDECKUNG DER LEHRKUNST: DIE SOPHISTEN** - „Gott weiß alles; der Lehrer weiß alles besser." - „Erste Aufklärung" - Dem Anschein misstrauen und nach dem „wahren Grund" fragen - Viele Lehren, nicht eine Wahrheit, die diskutiert werden können (Rhetorik, Lehrgespräch, Bildung als Sprachbildung) - Mensch als Maß aller Dinge nicht Mythen - Gründung (zu bezahlender) Schulen - Position der Sophisten: *„Junger Mann, es wird dir also geschehen, wenn du dich zu, dass du schon an dem ersten Tage, den du bei mir zubringst, besser geworden nach Hause gehen wirst, und an dem folgenden ebenfalls, und so alle Tage zum Besseren fortschreitest." (Protagoras)* - Gegenposition Sokrates: *„Geburtshilfe leisten nötigt mich der Gott, erzeugen aber hat er mir verwehrt. Daher bin ich selbst keineswegs etwa weise, habe auch nichts dergleichen aufzuzeigen (...) Die aber mit mir umgehen, zeigen sich zuerst zwar zum Teil als gar sehr ungelehrig; hernach aber, bei fortgesetztem Umgang, alle, denen es der Gott vergönnt, als wunderbar schnell fortschreitend (...) und dieses offenbar ohne jemals irgend etwas von mir gelernt zu haben, sondern nur aus sich selbst (...) Die Geburtshilfe indes leisten dabei der Gott und ich." (Sokrates in Platon)* **PLATON (427 -- 348 V.CHR.)** - Schüler des Sokrates, Lehrer des Aristoteles - 386 v.Ch. Gründung der „Akademie" in Athen - Konzeption des „idealen Staates" - Höhlengleichnis (Bildung als Ziehen) - Mäeutik: Gedanken Gebären **ZWEI KONKURRIERENDE POSITIONEN:** - Für **Platon** bedeutet Lernen Widererinnerung, und zwar der Ideen, die die Seele immer schon in sich trägt und die anlässlich konkreter Sinneseindrücke reaktiviert werden. - Für **Aristoteles** ist die Seele eine tabula rasa (eine leere Tafel), auf die Sinneseindrücke eingetragen werden; Lernen bedeutet so gesehen Aufnahme und Speicherung von Sinnesdaten. **WEITERE ENTWICKLUNGEN** Hellenistische Schulen - ab 400 v.Ch. öffentliche, allgemeine Schulen für Kinder der Freigeborenen - Athen, Milet, Teos - Sportlich-militärische Übung - Lesen und Schreiben nach Buchstabiermethode im Chor → Lernen und Erziehung als Gegenstand des Nachdenkens und der Planung als Leistung der Griechen →Paideia als Lebensform der Griechen **[ERZIEHUNG UND BILDUNG IM MITTELALTER ]** **DAS MITTELALTER** - Ca. 529 - 1517 - Analphabetismus weltlicher Herrscher vs. lateinische Schriftsprache des Klerus - Kirchliches Bildungsmonopol (Kloster-, Dom- und Stiftsschulen) - Ständische Erziehung: Kleriker, Ritter, Bürger - Bauernstand bleibt von Bildungsveranstaltungen ausgeschlossen - Ziel der Erziehung: Emanzipation von sich selbst und Hinwendung zu Gott **RITTERBILDUNG** - **Bis 7. Lbj.:** bei Mutter - **7. Lbj.:** Page auf benachbarte Burg - 7 ritterlichen Künste: Reiten, Schwimmen, Pfeilschießen, Fechten, Jagen, Schachspielen, Dichtkunst - **14. Lbj.:** Knappe - **21. Lbj.:** Ritterschlag - Idealtypus: Parzival →schulfrei und lebensnah →Bedeutung für Kreuzzüge **BÜRGERBILDUNG** **Für Handwerk:** - Gestufter Aufbildungsgang: Lehrling → Geselle → Meister - Wanderjahre - Orientierung an Erfordernissen der Berufswirklichkeit **Für Verwaltung und Handel:** - lateinische Stadtschulen **DIE KLOSTERSCHULEN** - Bildung der Kleriker (Mönche und Nonnen, Externe) - Unterrichtssprache Latein - \"sub virga degere\" (unter der Rute leben) als Synonym für „zur Schule gehen" - Elementarunterricht und \"septem artes liberales\" **septem artes liberales:** - Grammatik -- Rute - Rhetorik -- Tafel und Griffel oder Lorbeerkranz - Dialektik -- Schlange oder Hundekopf - Arithmetik -- Rechenbrett oder Rechenseil - Geometrie -- Zirkel oder Staubtafel - Musik -- Musikinstrument - Astronomie -- Astrolabium **ANTHROPOLOGISCH-PÄDAGOGISCHE ASPEKTE** Jeder Mensch ist Kind und Ebenbild Gottes - Würde und Einmaligkeit - Erbsünde - Verkündigung der Botschaft Christi - Gott als eigentlicher Erzieher („Lehrer lasst euch nicht nennen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus" Mt 23,10) - Erziehung zur Nachfolge - Alles, Welt und Mensch hat seinen Ursprung in göttlicher Gnade - Pädagogischer Pessimismus → Christlich emanzipiert ist derjenige, der sich zuallererst von sich selbst emanzipiert und sich in der Liebe und Hinwendung zu Gott in der Erfüllung der gestellten Aufgabe wiederfindet **MEISTER ECKHART (CA. 1260-1328)** - Dominikanischer Priester - Studium in Paris (Magister → Meister) - Ab 1311 Lehrer in Paris, Straßburg, Köln - Tod während eines laufenden Inquisitionsprozess - Begriff der Bildung: (bildunga) **BILDUNG ALS GOTTEBENBILDLICHKEIT** - „Bilden" wird verstanden als gebildet werden durch Gott, nach dem Abbild Gottes. (imago-dei-Lehre) - Die menschliche Seele wird gebildet im Sinne von „nachgebildet". - Bildung ist ein Prozess, auf den der Einzelne keinen Einfluss hat. Es ist nicht die Aufgabe des Menschen, sich zu bilden. Der Prozess wird von außen an den Menschen herangetragen. - Das angestrebte Ziel dieses Prozesses ist in der Schöpfung festgelegt und damit durch Gott bestimmt. **GRÜNDUNG VON UNIVERSITÄTEN** - Ab 12. Jahrhundert durch Spezialisierung und Anziehungskraft einzelner Klosterschulen - Selbstorganisation von Studenten (Bologna) oder Professoren (Paris) gegen kirchliches Bildungsmonopol - Ausschluss von Frauen - Voraussetzung: Geld, päpstliche Bulle, Universitätsprivileg des Landesherren/ Kaisers - vier klassische Fakultäten (Philosophie bzw. artes, kirchliches und weltliches Recht, Medizin, Theologie) - Gemeinsamer Beginn in Artistenfakultät **[2. VL. HUMANISMUS, REFORMATION UND GEGENREFORMATION]** **VERÄNDERUNGEN IM 14./ 15. JH.** - Entdeckung Amerikas (1453) - Gesellschaftliche Umwälzungen - Zurückdrängung des Einflusses des Papsttums - Stärkung des Bürgertums - Erstarken der Nationalstaaten - Technische Neuerungen - Erfindung des Buchdrucks - Bedeutung des Geldes - Erfindung der Feuerwaffen **NEUES MENSCHENBILD:** - *\"Erkenne Dich selbst, o göttliches Geschlecht in menschlicher Verkleidung!\" (Marsilio Ficino)* **NEUES WELTBILD:** - \"heliozentrische Weltbild\" - 1543 Kopernikus: \"Sechs Bücher über die Umläufe der Himmelskörper„ **HUMANISMUS** - Wiederbelebung der gelehrten Welt - Mensch als Schöpfer seiner Welt und seiner selbst - Leitsprache Latein durch klassische Texte: *„Die gesamte Richtschnur unseres Lebens ist in der geistigen Beschäftigung mit der (antiken) Literatur und Wissenschaft enthalten."* (Papst Pius II) - Ablehnung der Scholastiker wegen weltfremder Fragestellungen - Ausbildung eines selbstständigen kritischen Denkens - „erste Bildungsrevolution der Neuzeit" - Beginn Mitte des 14. Jh. in Italien **ERASMUS VON ROTTERDAM (CA. 1469 -- 1536)** - „Bürger der ganzen Welt" - Unehelicher Sohn eines Priesters - *„Keiner kann sich seine Eltern oder sein Vaterland aussuchen, um so mehr kann jeder selbst seinen Geist bilden und sein Benehmen formen."* **„Die Erziehung überwindet alles"** - Eigene Entscheidung und Fähigkeit zur Überwindung der Sünde - Neue Gesellschaft pädagogisch herstellbar - Wichtigkeit der Qualität und Kontinuität von Erziehenden - Ablehnung der Prügelstrafe: „gern aber lernen wir, von denen, die wir lieben" - Notwendigkeit einer frühen Bildung **BEDEUTUNG DER FRÜHPÄDAGOGIK** - 1529*: „Über die Notwendigkeit einer frühen allgemeinen Charakter- und Geistesbildung der Kinder": „Bäume wachsen vielleicht von selbst... aber Menschen, das glaube mir, werden nicht geboren, sondern gebildet."* - Alle Menschen sind prinzipiell bildungsfähig, wenn auch unterschiedlich begabt - Vier Bildungsaufgaben: **Bildungsnotwendigkeit und -willigkeit des kleinen Kindes** *„Wenn dir die Natur einen Sohn gibt, so übergibt sie Dir nichts weiter als eine rohe Masse. Deine Aufgabe ist es, die nachgiebige und zu allem bildsame Materie in die beste Verfassung zu bringen. Unterlässt du es, so hast du eine Bestie; bist du sorgsam, dann hast du sozusagen ein göttliches Wesen. Sobald das Kind geboren wird, ist es empfänglich für das, was den Menschen kennzeichnet. Daher wende ihm nach dem Ausspruch Vergils schon in den frühesten Jahren eine besondere Sorgfalt zu. Bilde das Wachs, solange es noch ganz weich ist; forme den Ton, wenn er noch feucht ist; fülle mit dem besten Nass den Krug, solange er neu ist; färbe die Wolle, wenn sie schneeweiß vom Walker kommt, noch von keinem Flecken **v**erunstaltet ist."* **NEUES GOTTESBILD: REFORMATION** **MATIN LUTHER (1483-1546)** - 1517 Thesenanschlag - 1534: erste Bibelübersetzung - Erziehung kann Kenntnisseund Fähigkeiten vermitteln, nicht jedoch den Menschen im Innersten heilen. Dies liegt nur in Gottes Gnade - Aufbau Schulwesen als Aufgabe der Kirche **GEGENSPIELER DES ERASMUS VON ROTTERDAM** „*dass den Menschen ein freier Wille nicht in bezug auf die Dinge eingeräumt sei, die höher sind als er,sondern nur in bezug auf das, was so viel niedriger ist als er... Im übrigen hat er gegenüber Gott oder den Dingen, welche Seligkeit oder Verdammnis angehen, keinen freien Willen, sondern ist gefangen, unterworfen, verknechtet -- entweder dem Willen Gottes oder dem Willen des Satans."* (Der große Katechismus: Schrift vom unfreien Willen, nach März 2000: 253.) **PHILLIPP MELANCHTHON (1497-1560)** - Praeceptor Germaniae (Lehrer Deutschlands) - Rektor der Universität Wittenberg - Individuelle Betreuung der Studienanfänger - Schulung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit - Gründung von Schulen - Unterrichtsprache Latein - Verfassen vieler Schulbücher - Entwicklung didaktischer Prinzipien (Primärmotivation, Wiederholung und Vertiefung, exemplarisches Lernen) - Visitation von Schulen →Verbesserungen - Lehrbücher der Grammatik, Rhetorik, Dialektik, - Psychologie, Ethik - **LOBREDE AUF DIE NEUE SCHULE** - *„Denn die Religion und die heiligen Schriften können nicht überdauern,* *wenn ihr sie nicht mit Hilfe der Wissenschaften bewahrt. Außerdem* *fordert Gott, dass ihr eure Kinder zur Tugend und Religion erzieht. Wer* *keine Mühe darauf verwendet, dass seine Kinder so gut wie möglich* *unterrichtet werden, handelt nicht nur pflichtvergessen gegenüber Gott,* *sondern verbirgt hinter einem menschlichen Aussehen seine tierische* *Gesinnung.... Daher besteht gerade in der wohlgeordneten Bürgerschaft* *ein Bedarf an Schulen, in denen die Jugend, die Pflanzstätte der* *Bürgerschaft, ausgebildet wird. Denn wenn einer meint, dass man ohne* *Unterweisung zu einer wirklichen Tüchtigkeit gelangen könnte, so täuscht* *er sich gewaltig."* - *„Was eure Professoren betrifft, so kann ich euch versichern, dass deren Gelehrsamkeit der von ihnen übernommenen Aufgabe gewachsen ist."* **JOHANNES CALVIN (1509-1564)** - Studium der Rechtswissenschaft - 1536-1538, 1540-1564 Predigeramt in Genf →christlicher Polizeistaat - Doppelte Prädestination (Vorherbestimmung): theologisches Konzept, nach dem Gott von Anfang an das Schicksal des Universums und aller Menschen vorherbestimmt hat. - Auserwählte und Nicht-Auserwählte - Pädagogischer Pessimismus - Zuchtmittel mit denen Gott den Menschen an seine Verderbtheit - erinnert - Kernstück der Erziehung ist die Predigt - „*Die Jugend ist sehr verdorben, und will man ihnen nicht jede Frechheit erlauben, so beißen sie und bäumen sich auf wie wilde Rosse. Es geht darum, sie kurz zu halten und ihre Narrheiten zurückzudrängen*." **GEGENREFORMATION** - Reaktion der katholischen Kirche auf die Reformation - Konzil von Trient (1545-1563) - Katholische Kirche als einzige Institution, die Glaubenswahrheit besitzt - Einrichtung von Priesterseminaren - Versuch der Zurückdrängung des Protestantismus (notfalls auch mit kriegerischen Mitteln) → 30.-jähriger Krieg **IGNATIUS VON LOYOLA (1491-1556)** - Spanischer Offizier - 1534: Gründung des Jesuitenordens (1540 Bestätigung durch Papst) - Heranbildung einer Elite, die sich für Alleingeltung Katholizismus einsetzt - Zentralistisch und hierarchisch **DIE JESUITEN (SOCIETAS JESU, SJ)** - Schul- und Kollegiengründung in Europa (Gelehrtenschulen) - Ratio atque Institutio Studiorum Societatis Iesu (Ratio studiorum) (verbindlicher Studienplan der Jesuiten) - Kein Schulgeld - Verbindung religiöser Erziehung mit humanistischer Bildung - Volksschulen nur in Missionsgebieten - Re-Katholisierung verlorener Gebiete - 150 Jahre führend im Unterrichtswesen **3. VL. BAROCKZEITALTER** **BAROCKZEITALTER** - Beginn 17. Jahrhundert bis etwa 1730 - Empirismus und Rationalismus als Beginn der modernen Wissenschaft - Realismus und Orientierung an Wirklichkeit - Suche nach Lerngesetzlichkeiten (Universal-Methode) - Aufwertung der Muttersprache - Entwicklung ständischen Schulwesens: Adelsschulen, Ritterakademien, Realschulen, Volksschulen **WOLFGANG RATKE (RATICHIUS) (1571-1635)** - Begründer der Didaktik (Didacticus) - v.a. Entwicklung einer Didaktik der Sprachen - 1612 Vorstellung der Didaktik auf dem Reichstag iFrankfurt (Memorial) - Einführung von „Quickstunden" - Neue didaktische Materialien wie große Lesetafeln und Buchstabentäfelchen - Gründer des ersten Schulbuchverlages - Publikation fremdsprachiger Bücher parallel zur deutschen Version bzw. zuerst deutsche Übersetzung - Naturgemäßheit der Erziehung **PRINZIPIEN UND POSTULATE** - Alle Kinder -- Knaben und Mädchen -- haben ein Recht, lernen zu dürfen; - Einführung in Sprachlehre in Muttersprache, dann Latein: *„Alles zuerst in der Mutter Sprach. Denn in der Mutter Sprach ist der Vortheil, daß der Lehr Jünger nur auff die Sache zugedenken hat, die er lernen soll und darff sich nichts weiters mit der Sprachbemühen."* - Ein guter Unterricht erfordert gut ausgebildete Lehrer und Lehrerinnen; - Zuerst müssen die Dinge betrachtet, müssen Erfahrungen gesammelt werden, dann erst hat es einen Sinn, Begriffe zu bilden; - In einem bestimmten Zeitabschnitt darf nur ein Bildungsinhalt behandelt werden, denn die Überfülle des Stoffes verwirrt; - wer sich an die Ordnung der Natur hält, beginnt beim Leichten und schreitet - kontinuierlich zum Unbekannten und Komplizierten fort; - Vertiefung und Festigung des Gelernten erfordert fortwährende Selbstständigkeit, Übung und Wiederholung, sowie ein zwangsfreies und fröhliches Lernklima - Strafen sind allenfalls bei Boshaftigkeit und Mutwillen gerechtfertigt, nie aber gegen Lernschwäche **DIE RATACHIANER** - Johann Amos Comenius (1592-1670) - Johannes Kromayer (1576-1643): Theologe und Schulreformator in Thüringen - Christoph Helwig (1581-1617): Theologe, Historiker und Sprachwissenschaftler an der Universität Gießen **JOHANN AMOS KOMENSKÝ (COMENIUS)** - Geboren in Südmähren - Mitglied der Böhmischen Brüder p - (1632 Wahl zum Bischof) - Exil in Lissa (Polen): Aufbau eigenen Stadtteils mit eigenembSchulwesen - Wirken in Lissa, London, Leiden, Stockholm, Siebenbürgen, Amsterdam - erster Theoretiker einer systematischen und umfassenden Pädagogik **PÄDAGOGISCHE ANTHROPOLOGIE** - Pädagogischer Realist: Erziehungsbedürftigkeit und Erziehbarkeit: *„Wenn der menschlichen Verkehrtheit eine Grenze gesetzt werden soll, dann kann dies nur durch eine verständige und umsichtige Erziehung der Jugend geschehen."* - Mensch als Ebenbild Gottes - Alle Menschen streben von sich aus nach Wissen - Mensch als „Mikrokosmos" - Mensch ist ursprünglich gut - Selbstbildungskräfte des Menschen **FORDERUNG NACH BILDUNG FÜR ALLE** Gleichheit des Menschen vor Gott: - Bildung für alle Stände und Geschlechter: - *[„alle alles ganz zu lehren]... allen, sprich: jeden einzelnen Menschen, ungeachtet seines Alters, seiner Besitzverhältnisse, seines gesellschaftlichen Standes, seines Geschlechtes -- mithin jedes Wesen, das als Mensch zur Welt kommt."* - Bildung von Menschen mit Behinderung: - *„Der Erziehung... bedürfen alle, die Gescheiten und auch die Dummen"* - „*Wenn sie sagen, dass man nicht aus jedem Holz einen Löffel schnitzen könne, so antworte ich: Aber aus jedem Menschen kann ein Mensch werden, wenn nicht einer auftritt, der die Sache verdirbt*." **BEGRÜNDUNG DER IDEE DER GEMEINSCHAFTSSCHULE** *„Sie müssen also so weit wie möglich miteinander geführt werden, damit sie sich gegenseitig beleben, anregen und anspornen. Zweitens sollen alle zu allen Tugenden, auch zu Bescheidenheit, Eintracht, gegenseitiger Dienstbereitschafterzogen werden. Deshalb darf man sie nicht so früh voneinander trennen und einigen wenigen die Gelegenheit bieten, sich mehr zu dünken als die andern und diese neben sich zu verachten. Drittens scheint es mir sehr voreilig, schon im sechsten Lebensjahr bestimmen zu wollen, zu welchem Beruf sich ein Kind eignen wird, ob für die Wissenschaft oder das Handwerk. Weder die Kräfte des Geistes noch seine Neigungen sind in diesem Alter genügend zu erkennen."* (Comenius: Große Didaktik) **DIDACTICA MAGNA (1657)** Ist „die vollständige Kunst, alle Menschen alles zu lehren oder sichere und vorzügliche Art und Weise, in allen Gemeinden, Städten und Dörfern eines jeden christlichen Landes Schulen zu errichten, in denen die gesamte Jugend beiderlei Geschlechts ohne jede Ausnahme rasch, angenehm und gründlich in den Wissenschaften gebildet, zu guten Sitten geführt, mit Frömmigkeit erfüllt und auf diese Weise in den Jugendjahren zu allem, was für dieses und das künftige Leben nötig ist, angeleitet werden kann..." **ZIEL DER DIDAKTIK** *„Erstens und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen."* - Gestufte Gemeinschaftsschule - Mutterschule (1-7 Lbj.): „Eichen und Buchen als Lehrer" - Muttersprachschule (7-12. Lbj.) Lesen, Schreiben,Rechnen, religiöse, sittliche und naturwissenschaftliche Grundlagen in Muttersprache - Lateinschule (13-19 Lbj.) Weiterführende Bildung, Latein, Griechisch, Hebräisch - Universität (19-25 Lbj.) **ORBIS SENSUALIUM PICTUS (DIE SICHTBARE WELT)** - Publikation 1658 in Nürnberg - Erfindung des kindgerechten Schulbuches - Darstellung der Welt Gottes, des Menschen und der Natur in lateinischer und deutscher Sprache - Illustration mit 150 Holzschnitten POEMA PORWER POINT PAGINA 14 **PIETISMUS** - Religiöse Erweckungsbewegung innerhalb des Protestantismus - Hauptvertreter Philipp Jacob Spener (1635-1705) - Reaktion auf Trauma des Dreißigjährigen Krieges - Positionen: - Erneuerung des religiösen und sittlichen Lebens in Europa - Verinnerlichter Glauben und echte, tiefe Frömmigkeit - Intensives Bibelstudium - Allgemeines Priestertum - Verwirklichung eines tätigen, dem praktischen Leben dienenden Christentum **AUGUST HERMANN FRANCKE (1663-1727)** Einer der Hauptvertreter des Pietismus - Geboren in Lübeck - 1687 Erweckungserlebnis - Gründung einer Armenschule - 1698 Grundsteinlegung für Waisenhaus in Halle - Weiterentwicklung zur Schulstadt (Franckesche Stiftungen) **DIE FRANCKESCHEN STIFTUNGEN** - Schulstadt mit Schul- und Wohngebäude, - Werkstätten, Gärten und eine Apotheke - Bibliothek und „Wunderkammer" (Realien) - Finanzierung über Spenden und Arbeit der Bewohner - bis zu 2.500 Menschen - Konzeption einer christlich inspirierten Gesellschaftsreform **PÄDAGOGISCHE POSITIONEN** - Menschenbild häufig kritisiert: Es geht „*zuvor und zu allererst darum, dass der natürliche Eigenwille gebrochen werde" und, dass alles getan werde, „den Willen unter den Gehorsam zu bringen", aber „mit aller Liebe, Sanftmut und Geduld".* - Jahrgangssystem wird durch Fachsystem ersetzt - Naturwissenschaftlicher Unterricht (Realien) und Arbeitsunterricht - Vorkämpfer des naturwissenschaftlichen Unterrichts und der Arbeitsschule - Begründung der neuzeitlichen Lehrerbildung (Seminarium praeceptorium) **4. VL. DIE AUFKLÄRUNG** **Immanuel Kant (1724 -- 1804)** - „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursachen derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegen, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! Ist also der Wahlspruch der Aufklärung." Immanuel Kant, 1784 **WIE KANN AUFKLÄRUNG PRAKTISCH WERDEN?** 1. Durch „öffentlichen Gebrauch" (Kant), d.h. Kritik von Vorurteilen, Aberglauben, Dogmen, Traditionen. 2. Durch Erziehung: „*Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muss... Der Mensch kann nur Mensch werden durch Erziehung. Er ist nichts, als was die Erziehung aus ihm macht*." (Kant) **KENNZEICHEN DER EPOCHE** - Erziehung in Hand des Menschen - Vertrauen auf die Möglichkeit der Erziehung - Recht auf Bildung für alle Menschen - Mensch ist perfektibel - Schule löst sich von Kirche - Kritik, Aufklärung, Mündigkeit, Emanzipation, Toleranz, Fortschritt - Ambivalenz von Höherbildung der Menschheit und Verzweckung (Philantropismus) **JEAN JACQUES ROUSSEAU (1712-1778)** - Geburt in Genf, Mutter stirbt bei Geburt - 1722 Flucht des Vaters wegen Rauferei - Wächst bei Onkel und Pfarrer auf Lehre als Kupferstecher - Förderung durch Madame de Warens - 1741 Paris - Autodidakt - Lernt die Wäscherin Thérèse Le Vasseur kennen, die ihm fünf Kinder gebärt → Findelhaus → „Bekenntnisse" (1782) - 1762: Gesellschaftsvertrag - 1762: Emile oder „Über die Erziehung" - Verbot der Bücher →Flucht und Asyl **EMILE. ODER ÜBER DIE ERZIEHUNG** - Erster pädagogischer Bestseller - „Tut das Gegenteil vom Üblichen und ihr werdet fast immer das Richtige tun." - Fiktive Erziehung eines gesunden, durchschnittlich begabten Jungen aus gutem Hause bis 25. Lebensjahr - Ziel: in der Gesellschaft zu bestehen ohne Schaden zu nehmen Konstruktion, die der Erkennbarkeit, nicht der Verwirklichung des Gedachten dient **ENTDECKER DES KINDES UND DER KINDHEIT** *„Achtet die Kindheit, beurteilt sie nicht voreilig, weder im Guten noch im* *Bösen... Lasst die Natur wirken, ehe ihr euch an ihrer Stelle handelnd* *einmischt... Ihr kennt den Wert der Zeit, sagt ihr, und ihr wollt sie nicht* *verlieren. Man verliert sie aber viel eher, wenn man sie schlecht nützt... Ihr* *seid beunruhigt, wenn es seine ersten Jahre mit Nichtstun verbringt! Ist* *Glücklichsein denn nichts? Den ganzen Tag spielen, springen, laufen, ist das* *nichts? Sein ganzes Leben wird es nie wieder so beschäftigt sein... Liebet die* *Kindheit, fördert ihre Spiele, ihre Freuden, ihr liebenswürdiges Wesen! Wer* *von euch hat sich nicht manchmal nach dem Alter zurückgesehnt, in dem das* *Lachen immer um die Lippen spielt und der Friede immer in der Seele wohnt?* *Warum wollt ihr den unschuldigen Kleinen den Genuss dieser kurzen und* *flüchtigen Spanne und ein so kostbares Gut, das sie nicht missbrauchen* *können, rauben? Warum wollt ihr diese ersten dahineilenden Jahre, die für sie* *so wenig wiederkehren wie für euch, mit Bitterkeit und Schmerzen füllen?...* *Lasst sie sich des Lebens freuen, sobald sie es können.!* **ALTERSGEMÄSSE ERZIEHUNG** - Kindheit (Geburt bis 3. Lebensjahr): - Bedürftigkeit und natürliches Wachstum - Knabenalter (bis 12. Lbj.) - Vitalität, Erlebnismut, primäre Motivation - Vorpubertät (12-15. Lbj.) - Zeit der Arbeit, des Unterrichts, der Studien - Robinson Crusoe - Erlernen Handwerk - Jünglingsalter (15-20. Lbj.) - Ordnung und Sprache der Gefühle - aus Erzieher wird Freund - Mitglied der Gesellschaft **NEGATIVE PÄDAGOGIK** - Nicht eingreifen / Zeit verlieren / Euch und euer Räsonnement zurücknehmen / Entmoralisierung / „Verhindern, dass etwas geschieht" - erziehet: - Nicht für Berufe und gesellschaftliche Rollen - Nicht durch Belehrung, Beschämung, Bestrafung - Nicht unter dem Druck, sei es von Zeitplänen, sei es von ehrgeizigen Zielen, sei es von Vergleichen **POSITIVE ANTHROPOLOGIE** - „alles ist gut, wie es aus den Händen des Schöpfers kommt; alles entartet unter den Händen des Menschen. Der Mensch zwingt ein Land, die Erzeugnisse eines anderen hervorzubringen, einen Baum, die Früchte eines anderen zu tragen. Er vermengt und vertauscht das Wetter, die Elemente, die Jahreszeiten. Er verstümmelt seinen Hund, sein Pferd, seine Sklaven. Alles dreht er um, alles entstellt er.... Nichts will er haben, wie es die Natur gemacht hat, selbst den Menschen nicht. Man muss sich, wie ein Schulpferd, für ihn dressieren; man muss ihn nach seiner Absicht stutzten wie einen Baum seines Gartens." **DIE DREI ERZIEHER** 1. Die Natur, mit deren Hilfe sich die Fähigkeiten und Kräfte des Menschenkindes entfalten; 2. Die Menschen, die dem Kind den Umgang mit diesen Kräften und Fähigkeiten lehren; 3. Die Dinge erziehen durch die Erfahrung, die wir mit ihnen machen und durch Anschauung „Von den drei Arten der Erziehung hängt die Natur gar nicht, die der Dinge nur in gewisser Hinsicht von uns ab. Die der Menschen ist die einzige, die wir in unserer Gewalt haben; und auch da nur unter gewissen Voraussetzungen, denn wer kann hoffen, die Reden und Handlungen derer überwachen zu können, die das Kind umgeben?" **ERFAHRUNGSLERNEN** - Belehrung durch die Dinge **SOPHIE ODER DIE FRAU** - Fünftes Buch - In der Rezeption Rousseaus lange Zeit ausgeklammert, dass beschriebenen pädagogischen Prämissen nur für Jungen gelten **BIOLOGISTISCHER DIFFERENZANSATZ** „In allem, was nicht mit dem Geschlecht zusammenhängt, ist die Frau Mann... Das einzige, was wir sicher wissen, ist, dass alles, was sie gemeinsam haben, zur Art, alles, was sie unterscheidet, zum Geschlecht gehört... Diese Ähnlichkeiten und diese Verschiedenheiten müssen auch die Moral beeinflussen. Diese Folgerung ist einleuchtend und... zeigt zugleich, wie töricht es ist, über den Vorrang oder die Gleichberechtigung der Geschlechter zu streiten. Also ob nicht jedes von beiden, wenn es nach seiner Sonderveranlagung die naturbedingten Ziele anstrebt, vollkommener wäre, als wenn es dem anderen ähnlicher zu sein trachtet!" **GESCHLECHTERDIFFERENZ ALS NATURGESETZ** „ In der Vereinigung der Geschlechter tragen beide gleichmäßig zum gemeinsamen Zweck bei, aber nicht auf die gleiche Weise. Daraus ergibt sich der erste bestimmbare Unterschied in ihren gegenseitigen moralischen Beziehungen... Der eine muss aktiv und stark sein, der andere passiv und schwach: notwendigerweise muss der eine wollen und können; es genügt, wenn der andere wenig Widerstand leistet. Steht dieser Grundsatz fest, so folgt daraus, dass die Frau eigens geschaffen ist, um dem Mann zu gefallen. Es ist weniger zwingend notwendig, dass ihr der Mann auch seinerseits gefällt; sein Vorzug liegt in der Kraft; er gefällt allein dadurch, dass er stark ist. Ich gebe zu, dass das noch nicht das Gesetz der Liebe ist; aber es ist das Gesetz der Natur, das älter ist als die Liebe selbst... Warten, bis sie sich nichts mehr aus Männer machen, hieße warten, bis sie zu nichts mehr nütze sind." **POTENZIELLE MUTTERSCHAFT ALS BEGRÜNDUNG DER UNGLEICHHEIT** „Die Pflichten, die beiden Geschlechtern zufallen, sind nicht gleich zwingend und können es auch nicht sein. Wenn sich die Frau darüber beklagt, dass die Ungleichheit zwischen ihr und dem Mann ungerecht ist, so hat sie unrecht. Diese Ungleichheit ist keine menschliche Einrichtung, zum mindesten nicht das Werk eines Vorurteils, sondern das der Vernunft... Leichthin zu behaupten, dass die beiden Geschlechter einander gleich seien und dieselben Pflichten hätten, heißt sich in leeren Redensarten zu verlieren... Ihr sagt, dass die Frau ja nicht immer gleich ein Kind bekommen muss! Nein, aber es ist ihre Bestimmung, Kinder zu bekommen... Nachdem einmal bewiesen ist, dass der Mann und die Frau weder nach dem Charakter noch nach dem Temperament gleich gebildet sind noch sein dürfen, so folgt daraus, dass sie auch nicht die gleiche Erziehung haben dürfen." **ERZIEHUNG DER FRAU** *„Sie müssen viel lernen, aber nur das, was sich für sie schickt."* *„Ein rechtschaffener Mann hängt nur von sich selbst ab und kann der öffentlichen Meinung trotzen. Eine rechtschaffene Frau hat damit nur die Hälfte ihrer Aufgabe gelöst: das, was man über sie denkt, ist nicht weniger wichtig als das, was sie wirklich ist. Daraus folgt, dass ihre Erziehung in dieser Hinsicht das Gegenteil von unserer sein muss. Die öffentliche Meinung ist für die Männer das Grab ihrer Tugend, für die Frauen aber deren Thron."* **ERZIEHUNG VON SOPHIE KONKRET:** - Puppe als bevorzugtes Spielzeug (Putz) - „Tatsächlich lernen alle Mädchen nur mit Widerwillen Lesen und Schreiben; aber wie man eine Nadel hält, das lernen sie gerne" - Nähen, sticken, klöppeln - Beizeiten an den Zwang gewöhnen - Gewöhnt sie daran, mitten im Spiel unterbrochen zu werden und anderen Pflichten ohne Murren zu folgen - Singen und tanzen, weniger Essen als die Jungen - Strebt in allem nach Mittelmaß - Anwendung der Prinzipien, die der Mann gefunden hat (Männer machen Wissenschaft) **DIE FOLGEN: ETABLIERUNG EINES MUTTERMYTHOS** - Die Frau ist: - Auf den Mann bezogen und diesem untergeordnet - Hausfrau und Mutter; als solche wird sie idealisiert - Erziehung der Frau dient allein diesen Zielen *„Ihre Würde besteht darin, unbekannt zu bleiben; ihr Ruhm liegt in der Achtung ihres Gatten; ihre Freuden bestehen im Glück ihrer Familie."* **WIRKUNG** - Vorläufer der Französischen Revolution - Anstöße zur Begründung der Entwicklungspsychologie - Großer Einfluss auf weitere Pädagogen, z.B. Pestalozzi - Wurzel der Reformpädagogik (Menschenbild, Erziehung als Wachsen lassen) - Rückkehr zur ursprünglichen, naturverbundenen Lebensweise - Getrennte Erziehung der Geschlechter - Etablierung eines ideologisch überhöhten Muttermythos **4.VL. JOHANN HEINRICH PESTALOZZI UND DIE PESTALOZZIANER** **JOHANN HEINRICH PESTALOZZI (1746-1827)** - Elementar- und Lateinschule in Zürich - Studium Theologie und Jura - 1767 landwirtschaftliche Lehre - 1769 Heirat mit Anna Schulthess - Landwirt in Birr (Neuhof) → Armenerziehungsanstalt - 1770 Geburt des Sohnes HansJakob **1. Pestalozzi als Vater: Modifizierung der Rousseauschen Gedanken bei der Erziehung des Sohnes Hans-Jakob** ![](media/image2.png) **2. Der Schriftsteller Pestalozzi** CAPITULOS PAGINA 5 **THEORETISCHER ANSATZ** - Familie und Dorf als pädagogische, soziale und politische Ordnungsprinzipien - Erziehung der Landbevölkerung als Instrument zur politischen Reform - Kern der Gesundung: - Familiäre Erziehung Gertruds - Väterliche Regierung des Junkers und des Pfarrers - Wirtshaus als Ursache allen Übels →Christlicher Paternalismus →Hilfe zur Selbsthilfe →Ständetheoretischer Ansatz **3. PESTALOZZI ALS MANN: TRADIERUNG DES FRAUENBILDES VON ROUSSEAU** Getrud: (\...) Ich kannte ihre Eltern. Es war in ihrer Haushaltung nie eine Ordnung, und dann fiel sie auch noch dem Pfarrer Flieg in Himmel in die Hände, der ihr den Kopf mit Meinungen über die Offenbarung des Johannes u. dgl. füllte und sie darob träumen und darüber lesen machte, wie wenn sie dafür in der Welt wäre. Rudi: Sie vergaß sich ob ihren Büchern so sehr, dass ich oft fürchten musste, sie zünde mir noch das Haus an; so vergeßlos ging sie mit allem um, was sie zur Hand nahm. Von den Kindern mag ich nur gar nichts sagen. Die Bücher waren ihr Heiligtum und ihr Himmel. Sie vergaß mich und die Kinder und alles, was sie hatte. Gertrud: Das ist übel! Die Bücher müssen einer Frau höchstens wie der Sonntagsrock sein. **VERTEUFELUNG DER GEBILDETEN FRAU VS. IDEALISIERUNG DER TREU SORGENDEN MUTTER UND EHEFRAU** \"Dieses Bild der großen Mutter, die über der Erde brütet, ist das Bild der Gertrud und eines jeden Weibes, das seine Wohnstube zum Heiligtum Gottes erhebt und ob Mann und Kinder den Himmel verdient.\" **Bedeutung der Mutter und der „Wohnstube"** - „...dass die Vorzüge, die die häusliche Erziehung hat, von der öffentlichen müsse nachgeahmt werden, und dass die letztere nur durch die Nachahmung der ersteren für das Menschengeschlecht einen Wert hat..." - „Jede gute Menschenerziehung fordert, dass das Mutterauge in der Wohnstube täglich und stündlich jede Veränderung des Seelenzustandes ihres Kindes mit Sicherheit in seinem Auge, auf seinem Munde und seiner Stirn lese." **4. PESTALOZZI ALS SOZIALPÄDAGOGE** - \- Pestalozzi wird Bauer → wirtschaftlicher Ruin - \- Umwandlung des Neuhofs zu einer Armenanstalt (Aufnahme von 40 Kindern) - Verbindung industrieller Tätigkeit (Spinnen, Weben) mit Schulunterricht und sittlicher Erziehung. - Aus wirtschaftlichen Gründen musste er die Anstalt um 1780 schließen. → Publikation in den „Neuhofbriefen" **PESTALOZZI ALS SOZIALPÄDAGOGE:** - Helvetische Revolution - Einmarsch der Franzosen 1798 - Stans: Armenanstalt zur Betreuung von Kriegswaisen - Ca. 80 Kinder - Einzige Unterstützung: eine Haushälterin - Schließung nach 7 Monaten - Entwicklung seiner Lernmethode **DIE ANFANGSSCHWIERIGKEITEN** \"Außer dem nötigen Geld mangelte es übrigens an allem, und die Kinder drängten sich herzu, ehe weder Küche noch Zimmer noch Betten für sie in Ordnung sein konnten. Das verwirrte den Anfang der Sache unglaublich. Ich war in den ersten Wochen in einem Zimmer eingeschlossen, das keine 24 Schuh ins Gevierte hatte. Der Dunstkreis war ungesund, schlechtes Wetter schlug noch dazu, und der Mauerstaub, der alle Gänge füllte, vollendete das Unbehagliche des Anfangs. Ich mußte im Anfang die armen Kinder wegen Mangel an Betten des Nachts zum Teil heimschicken. Diese alle kamen dann am Morgen mit Ungeziefer beladen zurück." **ISOLIERTE STELLUNG** „Das unglückliche Land hatte durch Feuer und Schwert alle Schrecknisse des Krieges erfahren. Das Volk verabscheute größtenteils die neue Verfassung. (...) Ich stand unter ihnen als ein Geschöpf der neuen verhassten Ordnung. (...) Diese politische Missstimmung war dann noch durch eine ebenso starke religiöse Missstimmung verstärkt. Man sah mich als einen Ketzer an, der bei einigem Guten, das er den Kinder tue, ihr Seelenheil in Gefahr bringe. Diese Leute hatten noch nie einen Reformierten in irgendeinem öffentlichen Dienst, will geschweigen als Erzieher und Lehrer ihrer Kinder (...) gesehen." **Über den Zustand der Einrichtung** „Außer dem nötigen Geld mangelte es übrigens an allem, und die Kinder drängten sich herzu, ehe weder Küche, noch Zimmer, noch Betten für sie in Ordnung sein konnten. Das verwirrte den Anfang der Sache unglaublich. Ich war in den ersten Wochen in einem Zimmer eingeschlossen, das keine 24 Schuh insGevierte hatte. Der Dunstkreis war ungesund, schlechtes Wetter schlug noch dazu, und der Mauerstaub, der alle Gänge füllte, vollendete das Unbehagliche des Anfangs." **Über den Zustand der Kinder:** „Die meisten dieser Kinder waren... in dem Zustand, den die äußerste Zurücksetzung der Menschennatur allgemein zu seiner notwendigen Folge haben muss. Viele traten mit eingewurzelter Krätze ein, dass sie kaum gehen konnten, viele mit aufgebrochenen Köpfen, viele mit Hudeln, die mit Ungeziefer beladen waren, viele hager, wie ausgezehrte Gerippe, gelb,grinsend, mit Augen voll Angst und Stirnen voll Runzeln des Misstrauens und der Sorge, einige voll kühner Frechheit, des Bettelns, des Heuchelns und aller Falschheit gewöhnt; andere vom Elend erdrückt, duldsam, aber misstrauisch, lieblos und furchtsam... Träge Untätigkeit, Mangel an Übung der Geistesanlagen, und wesentlicher körperlicher Fertigkeiten waren allgemein. Unter zehn Kindern, konnte kaum eins das ABC." **Die positiven Kräfte der Natur:** „Der gänzliche Mangel an Schulbildung war indessen gerade das, was mich am wenigsten beunruhigte; den Kräften der menschlichen Natur, die Gott auch in die ärmsten und vernachlässigtesten Kinder legte, vertrauend, hatte mich... frühere Erfahrung schon längst belehrt, dass diese Natur mitten im Schlamm der Rohheit, der Verwilderung und der Zerrüttung die herrlichsten Anlagen und Fähigkeiten entfaltet... ich sah auch bei meinen Kindern, mitten in dieser Rohheit diese lebendige Naturkraft... hervorbrechen." **Der Pädagoge zuerst als „sichere Basis" dann als Lehrender!** „Ich war überzeugt, mein Herz werde den Zustand meiner Kinder so schnell ändern, als die Frühlingssonne den erstarrten Boden des Winters. Ich irrte mich nicht..." „Ihre Suppe war die meinige, ihr Trank war der meinige. Ich hatte nichts, ich hatte keine Haushaltung, keine Freunde..., ich hatte nur sie. Waren sie gesund, ich stand in ihrer Mitte, waren sie krank, ich war an ihrer Seite. Ich schlief in ihrer Mitte..." „Vor allem wollte und musste ich also das Zutrauen der Kinder und ihre Anhänglichkeit zu gewinnen suchen. Gelang mir dieses, so erwartete ich zuversichtlich alles Übrige von selbst..." **5. PESTALOZZI ALS SCHULMEISTER UND ELEMENTARPÄDAGOGE** **LEHRERBILDUNGSANSTALT** **AUSGANGSSITUATION DES SCHULWESENS** \"Soweit als ich ihn \[den Schulunterricht\] kannte, kam er mir wie ein großes Haus vor, dessen oberstes Stockwerk zwar in hoher vollendeter Kunst strahlt, aber nur von wenigen Menschen bewohnt ist; in dem mittleren wohnen denn schon mehrere, aber es mangelt ihnen an Treppen, auf denen sie auf eine menschliche Weise in das obere hinaufsteigen könnten; und wenn sie Gelüste zeigen, etwas tierisch in dasselbe hinaufzuklettern, so schlägt man ihnen einen Arm oder ein Bein, das sie dazu brauchen konnten, provisorisch entzwei; im dritten wohnt eine zahllose Menschenherde, die für Sonnenschein und gesunde Luft vollends mit den oberen das gleiche Recht haben, aber sie wird nicht nur im ekelhaften Dunkel fensterloser Löcher sich selbst überlassen, sondern man bohrt in demselben noch denen, die auch nur den Kopf aufzuheben wagen, um zu dem Glanz des obersten Stockwerks hinaufzugucken, noch gewaltsam die Augen aus.\" (PSW 13, S. 242) **SITTLICHE ELEMENTARBILDUNG** **PÄDAGOGISCHER ANSATZ: KOPFHERZ-HAND** ** Kopf:** Die höchste Leistung in intellektueller Hinsicht ist das gereifte Urteil. Dieses beruht auf vollendeter Sachkenntnis, die das Kind unter anderem in den Schulfächern erwirbt. ** Herz:** Basis von Sittlichkeit und Religiosität sind einerseits die Gefühle der Liebe, des Vertrauens und der Dankbarkeit, die der Säugling zur Mutter als Antwort auf die Befriedigung seiner Bedürfnisse entwickelt, andererseits die Fertigkeiten der Geduld und des Gehorsams, welche sich durch das richtige Erzieherverhalten der Mutter ergibt **Hand**: \"die gute Besorgung seiner wesentlichsten Angelegenheiten„ (Handwerk, Schlagen, Tragen, Werfen, Stoßen, Ziehen, Drehen, Drücken, Schwingen) **BEDEUTUNG UND WIRKUNG** **DIE PESTALOZZIANER** Mitarbeiter aus Iftern sowie v.a. in Preußen, aber auch andern deutschen Ländern, z.B. **ADOLPH DIESTERWEG (1790-1866)** →Verbesserung Ausbildung und Anerkennung Volksschullehrer →Anregungen zur Gründung des „Centralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen" →gegen kirchlichen und politischen Einfluss auf Schule →Autonomie der Schule **VL. 6: DIE PHILANTHROPEN** **DIE PHILANTHROPEN (MENSCHENFREUNDE)** **PHILANTHROPINE** **JOHANN BERNHARD BASEDOW (1724-1790)** 1749 Hauslehrer im Hause von Qualen in Borghorst 1753 Professor an der dänischen Ritterakademie Soro 1761 Lehrtätigkeit am Gymnasium Christianeum in Altona 1774 Dessauer Philantropin **DAS PHILANTHROPIN IN DESSAU (1774-1783, Existenz bis 1793)** Erste Philanthropinische Versuchs- und Musterschule Für Jungen v.a. des Adels und Bürgertums Einfluss auf alle späteren Philantropine und Lehrkräfte 1776-77 Nachfolge durch Johann Heinrich Campe **GOETHE ÜBER BASEDOW (DICHTUNG UND WAHRHEIT)** „...er war nicht der Mann, weder die Gemüter zu erbauen noch zu lenken. (...) Viel wunderbarer jedoch, und schwerer zu begreifen als seine Lehre, war Basedows Betragen. Er hatte bei dieser Reise die Absicht, das Publikum durch seine Persönlichkeit für sein philanthropisches Unternehmen zu gewinnen, und zwar nicht etwa die Gemüter, sondern geradezu die Beutel aufzuschließen. Er wußte von seinem Vorhaben groß und überzeugend zu sprechen, und jedermann gab ihm gern zu, was er behauptete. Aber auf die unbegreiflichste Weise verletzte er die Gemüter der Menschen, denen er eine Beisteuer abgewinnen wollte, ja er beleidigte sie ohne Not, indem er seine Meinungen und Grillen über religiöse Gegenstände nicht zurückhalten konnte. (...) Schon daß er ununterbrochen schlechten Tabak rauchte, fiel äußerst lästig, um so mehr, als er einen unreinlich bereiteten, schnell Feuer fangenden, aber häßlich dunstenden Schwamm nach ausgerauchter Pfeife, sogleich wieder aufschlug und jedesmal mit den ersten Zügen die Luft unerträglich verpestete. Ich nannte dieses Präparat Basedowschen Stinkschwamm und wollte ihn unter diesem Titel in der Naturgeschichte eingeführt wissen; woran er großen Spaß hatte, mir die widerliche Bereitung, recht zum Ekel, umständlich auseinandersetzte und mit großer Schadenfreude sich an meinem Abscheu behagte. Denn dieses war eine von den tiefgewurzelten üblen Eigenheiten des so trefflich begabten Mannes, daß er gern zu necken und die Unbefangensten tückisch anzustechen beliebte. Ruhen konnte er niemand sehn; durch grinsenden Spott mit heiserer Stimme reizte er auf, durch eine überraschende Frage setzte er in Verlegenheit, und lachte bitter, wenn er seinen Zweck erreicht hatte, war es aber wohl zufrieden, wenn man, schnell gefaßt, ihm etwas dagegen abgab. **CHRISTIAN GOTTHILF SALZMANN (1744 -- 1811)** 1784 Gründung des Philanthropin Schnepfenthal: **KREBSBÜCHLEIN (1780)** Oder Anweisung zu einer unvernünftigen Erziehung der Kinder: Mittel, sich bei den Kindern verhasst zu machen Man darf ihnen nur Unrecht tun, so wird der Hass von allein erfolgen Das kleine Lottchen war in den Grasgarten ihres Vaters gegangen. Da war alles voller Veilchen! Hei! Rief Lottchen vor Freude aus... Davon will ich eine ganze Schürze voll pflücken und der Mutter ein Sträußchen winden... Um die Freude noch größer zu machen, schlich sie sich in die Küche, nahm einen porzellanenen Teller, legte das Sträußchen darauf, und nun ging es in vollem Springen die Treppe hinauf...Da stolperte Lottchen - fiel -- und bauz! Da ging der porzellanene Teller in hundert Stücke... Die Mutter, die in der Stube den Fall hörte, sprang sogleich zur Tür heraus, und da sie den zerbrochenen Teller sah, lief sie zurück, holte eine dicke Rute, und ohne sich nur mit einem Worte zu erkundigen, was das Kind mit dem Teller habe machen wollen, ging sie auf dasselbe zornig zu... und gab ihr einen derben Schilling. Lottchen geriet in eine Art von Wut, da sie sah, daß ihr so offenbar Unrecht geschah. Lange konnte sie es nicht vergessen, und niemals fiel es ihr wieder ein, der Mutter ein Sträußchen zu winden." **„AMEISENBÜCHLEIN" (1806)** *An Hermann! So nenne ich dich, lieber junger Mann, der du in deiner Brust ein Streben fühlst, durch Tätigkeit für Menschenwohl dich in der Welt auszuzeichnen..."* * „Wozu nützen alle Theorien, wenn die Leute fehlen, die sie ausführen können?.. Ach gebt uns gute Erzieher!"* * „Ich will also diesen Plan, der sich gut lesen lässt, aber schwer ausführen lässt \[Anm. da zu teuer\], lieber ganz aufgeben und jedem, der sich der Erziehung widmet, einen etwas einfacheren vorlegen, der in drei Worten begriffen ist: Erziehe dich selbst!"* **→ „Erziehung der Erzieher"** **„WINKE ZUR SELBSTERZIEHUNG"** **1**. Sei gesund! **2.** Sei immer heiter! **3.** Lerne mit Kindern sprechen und umgehen! **4.** Lerne mit Kindern dich beschäftigen! **5**. Bemühe dich, dir deutliche Kenntnisse der Erzeugnisse der Natur zu erwerben! **6.** Lerne die Erzeugnisse des menschlichen Fleißes kennen! **7**. Lerne deine Hände brauchen! **8.** Gewöhne dich, mit deiner Zeit sparsam umzugehen! **9**. Suche mit einer Familie oder einer Erziehungsgesellschaft in Verbindung zu kommen, deren Kinder oder Pflegesöhne sich durch einen hohen Grad von Gesundheit auszeichnen! **10**. Suche dir eine Fertigkeit zu erwerben, die Kinder zur innigen Überzeugung von ihren Pflichten zu bringen! **11.** Handle immer so, wie du wünschst, dass deine Zöglinge handeln sollen! **JOHANN CHRISTOPH FRIEDRICH GUTSMUTHS (1759 -1839)** \"Je mehr wir den Körper mit den Gegenständen umher in Collision bringen, das heißt: je mehr wir ihn üben, um so mehr wir ihn üben, um so mehr werden seine Organe geschärft und alle geistigen Kräfte aufgeboten, um die verschiedenen Beziehungen jener Gegenstände auf uns zu ergründen und ihre Wirkungen zu erforschen.\" „Um die Herzen der Kinder zu gewinnen, spiele man mit ihnen; der immer ernste, ermahnende Ton kann wohl Hochachtung und Ehrfurcht erwecken, aber nicht so leicht das Herz für natürliche, unbefangene Freundschaft und Offenherzigkeit aufschließen. Am offensten ist man unter seinesgleichen... Durch Spiele nähert sich der Erzieher der Jugend, sie öffnet ihm ihr Herz um so mehr, je näher er kommt, sie handelt freier, wenn sie in ihm den Gespielen erblickt... Spiele verbreiten im jugendlichen Kreise Heiterkeit und Freude, Lust und Gelächter. Wären alle Menschen stets lustig und vergnügt, sicher würde nicht so viel Böses geschehen." (GutsMuths: Spiele zur Übung) **GESCHLECHTSSPEZIFIK** „Ich habe nur für Knaben und Jünglinge eine Gymnastik geschrieben, und maße mir die Entscheidung der Frage, ob auch die weibliche Jugend förmlich zu Leibesübungen anzuhalten sey, nicht an. Die Meynungen gehen hier von einander ab; es gibt mehrere wichtige dafür und dagegen. Ich selbst halte es mit den letzteren. Aber so sehr ich selbst überzeugt bin, daß ein förmlicher gymnastischer Kursus, wie ich ihn bisher angegeben habe, für die weibliche Jugend nicht seyn könne, eben so klar ist es mir, und gewiß tausenden, daß die physische Erziehung des Weibes in den gebildeten höheren Ständen eben sowohl ein Extrem ist (...) Ist auch das Weib nicht bestimmt zu männlicher Kraft und Ausdauer und männlichem Muthe (...); so kann dieses seinen schönen Körper doch wohl nicht bloß dazu haben, um ihn nur zu allerley kleinen eleganten Sachen abzurichten (....) Keine förmliche Gymnastik für die Mädchen; aber tägliche Bwegung im Freyen, muntere und bewegende häusliche Verrichtungen." (Aus: GutsMuths: Gymnastik für die Jugend, S. 273) **FRIEDRICH EBERHARD VON ROCHOW (1734-1805)** Übertragung der philanthropischen Gedanken auf die ländlichen Verhältnisse 1773 Eröffnung Musterschule im Dorf Reckahn **AUS: „KINDERFREUND"** „Ein kluger Mensch wollte heirathen, und kam in ein Haus, in welchem zwo Schwestern waren. Die eine war huebsch, putze sich gern, und that nicht gern nuetzliche Arbeit. Die andre aber war fleißig; that alles im Hause, und besorgte die ganze Wirtschaft. Welche von beyden wird er wohl geheirathet haben?" → Mann als Wählender **ERNST CHRISTIAN TRAPP (1745-1818)** 1779 Professur für den ersten deutschen Lehrstuhl der Pädagogik (und Philosophie) in Halle: \"Von der Notwendigkeit, Erziehen und Unterrichten als eine eigene Kunst zu studieren„ Antrittsvorlesung) Versuch Etablierung Universitätsstudium für alle Lehrer → scheitert **TRAPP ALS „VATER DER EMPIRISCHEN ERZIEHUNGSWISSENSCHAFT" (MÄRZ)** Un periódico con texto Descripción generada automáticamente **JOHANN HEINRICH CAMPE (1746 -- 1818)** Schriftsteller der philanthropischen Bewegung (Jugendbuch) Robinson der Jüngere: Überarbeitung analog Gedanken Rousseaus Erzieher der Geschwiste Humboldt **POSITIONEN UND LEISTUNGEN DER PHILANTHROPEN** Lebensweltliche und praktische Bildung Entwicklung von Lehrmaterialien und Lehrbüchern Versuch der Lösung von kirchlicher und religiöser Bevormundung Vorwurf der „Verzweckung" der Bildung für Staat → Gegenbewegung des Neuhumanismus **VL. 6: WILHELM VON HUMBOLDT UND DER NEUHUMANISMUS** **WILHELM VON HUMBOLDT (1767-1835)** Geboren in Potsdam Aufwachsen im Schloss Tegel Bruder: Alexander →Naturwissenschaftler Hauslehrer (Campe, Engel, Kunth) Vorbereitung auf Universitätsstudium in Privatvorlesungen Studium in Frankfurt (Oder) und Göttingen (Jura, Philosophie, Alte Sprachen) bis 1790 Reise mit Campe in das revolutionäre Paris Staatsdienst, dann Privatgelehrter, preußischer Resident am päpstlichen Stuhl 1809: Direktor der Sektion für Kultur und Unterricht **STEIN-HARDENBERGSCHE REFORMEN IN PREUSSEN** Umfassende Reformen im Zuge der französischen Revolution und der Niederlage Preußens - 1807 -- 1808 Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein - Ab 1809 Fortsetzung der Reformen durch Karl August Graf von Hardenberg Umfassende Reformen im Zuge der französischen Revolution und der Niederlage Preußens **ERGEBNISSE DER REFORMEN** →Abschaffung der Leibeigenschaft →Rittergüter können auch vom Bürgertum gekauft werden →Schaffung einer modernen Regierung mit fünf Ministerien (Inneres, Äußeres, Finanzen, Krieg, Justiz) →Besitzbürger erhalten Recht auf Wahl von Stadtverordneten →Öffnung des Offizierskorps für Bürgerliche; Abschaffung der Prügelstrafe →Reduzierung der Rechte des Landadels →Gleiche Rechte für Juden →Neuhumanistische Bildungsreform **HUMBOLDT ALS BILDUNGSPOLITIKER UND -THEORETIKER** Theorie der Bildung des Menschen (1793) Der Königsberger Schulplan (1809) Der Litauische Schulplan (1809) Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin (1810) -- 1810 Gründung der Berliner Universität **HUMBOLDT ZWECKFREIHEIT DER BILDUNG** Bildung als Instrument der Höherbildung des Menschen Positive Anthropologie: Bedürfnis nach Höherbildung als anthropologische Konstante →Anregungspotential wichtig, aber intrinsische Motivation Entwicklung der Selbstbildungskräfte des Menschen, Bildung des Individuums zu Individualität Trennung und Hierarchisierung allgemeiner und beruflicher Bildung →Bildung vs. Ausbildung Abgrenzung zu „Verzweckung" der Bildung der Philanthropen **Theorie der Bildung des Menschen (1793)** „Im Mittelpunkt aller besonderen Arten der Tätigkeit nämlich steht der Mensch, der ohne alle auf irgend etwas einzelnes gerichtete Absicht nur die Kräfte seiner Natur stärken und erhöhen, seinem Wesen Wert und Dauer verschaffen will. Da jedoch die bloße Kraft einen Gegenstand braucht, an dem sie sich üben, und die bloße Form, der reine Gedanke, einen Stoff, in dem sie , sich darin ausprägend, fortdauern könne, so bedarf auch der Mensch einer Welt außer sich. Daher entspringt sein Streben, den Kreis seiner Erkenntnis und seiner Wirksamkeit zu erweitern, und ohne dass er sich selbst deutlich dessen bewusst ist, liegt es ihm nicht eigentlich an dem, was er von jener erwirbt oder vermöge dieser außer sich hervorbringt, sondern nur an seiner inneren Verbesserung und Veredelung.... Rein und in seiner Endabsicht betrachtet ist sein Denken immer nur ein Versuch seines Geistes, vor sich selbst verständlich, sein Handeln ein Versuch seines Willens, in sich frei und unabhängig zu werden, seine ganze äußere Geschäftigkeit überhaupt nur ein Streben nicht in sich müßig zu bleiben. Bloß weil beides, sein Denken und sein Handeln nicht anders als vermöge eines dritten, nur vermöge des Vorstellens und des Bearbeitens von etwas möglich ist, dessen eigentlich unterscheidendes Merkmal es ist, Nicht-Mensch zu sein, sucht er soviel Welt als möglich zu ergreifen und so eng, als er nur kann, mit sich zu verbinden." **BEDEUTUNG DER (KLASSISCHEN) SPRACHEN** Sprache(n) als Mittel der Formung des Menschen Zweckfreiheit der klassischen Sprachen, v.a. des Griechischen „Nur noch ein paar Winke jetzt über die Erlernung der alten Sprachen. Von dem Grundsatz ausgehend, einmal dass die Form einer Sprache als Form sichtbar werden muss, und dies besser an einer toten, schon durch ihre Fremdheit frappierenden, als an der lebendigen Muttersprache geschieht, dann dass Griechisch und Lateinisch sich gegenseitig unterstützen müssen, würde ich festsetzen, dass alle Schüler ohne Ausnahme beide in der untersten Klasse jede schlechterdings lernen müssten..." **GRUNDPOSITIONEN ZUR HOCHSCHULPOLITIK** Einheit von Forschung und Lehre Akademische Freiheit (Staat muss finanzielle Absicherung der Universitäten sichern, darf inhaltlich aber keinen Einfluss nehmen Zweckfreiheit des Studiums Einsamkeit und Freiheit Universität als offene Diskursgemeinschaf „Es ist ferner eine Eigentümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit fertigen und abgemachten Kenntnissen zu tun hat. Das Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, beide sind für die Wissenschaft da..." „Sobald man aufhört, eigentlich Wissenschaft zu suchen, oder sich einbildet, sie brache nicht aus der Tiefe des Geistes geschaffen, sondern könne durch Sammeln extensiv aneinander gereiht werden, so ist alles unwiederbringlich und auf ewig verloren..." Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin (1910) **TRENNUNG UND HIERARCHISIERUNG BERUFLICHER UND ALLGEMEINE BILDUNG** Nachrangigkeit der beruflichen Bildung vor einer allgemeinen Bildung („Zweckfreiheit") →Bildung vs. Ausbildung Lebens- und Praxisferne der Gymnasien und Universitäten In Folge deutscher Sonderweg der dualen Berufsausbildung als nicht-akademische „Sackgasse" „Es gibt schlechterdings gewisse Kenntnisse, die all gemein sein müssen, und noch mehr eine gewisse Bildung der Gesinnungen und des Charakters, die keinem fehlen darf. Jeder ist offenbar nur dann ein guter Handwerker, Kaufmann, Soldat und Geschäftsmann, wenn er an sich und ohne Hinsicht auf seinen besonderen Beruf ein guter, anständiger, seinem Stande nach aufgeklärter Mensch und Bürger ist. Gibt ihm der Schulunterricht, was hierzu erforderlich ist, so erwirbt er die besondere Fähigkeit seines Berufs nachher sehr leicht und behält immer die Freiheit, wie im Leben so oft geschieht, von einem zum anderen überzugehen. Fängt man aber von dem besonderen Berufe an, so macht man ihn einseitig, und er erlangt nie die Geschicklichkeit und Freiheit, die notwendig ist, um auch in seinem Berufe allein nicht bloß mechanisch, was Andere vor ihm getan, nachzuahmen, sondern selbst Erweiterungen und Verbesserungen vorzunehmen" (Bericht der Sektion des Kultus und Unterrichts an den König, Dezember 1809) **WIDERSPRÜCHLICHE ZWECKFREIHEIT** „nur die Wissenschaft, die aus dem Inneren stammt und ins Innere gepflanzt werden kann, bildet auch den Charakter um, und dem Staat ist ebenso wenig wie der Menschheit um Wissen und Reden, sondern um Charakter und Handeln zu tun." (Humboldt 1809) (Der Staat) könne „die innere Überzeugung hegen, dass, wenn sie ihren Endzweck erreichen, sie auch seine Zwecke, und zwar von einem viel höheren Gesichtspunkte aus, erfüllen, von einem, von dem sich viel mehr zusammenfassen lässt und ganz andere Kräfte und Hebel angebracht werden können, als er in Bewegung zu setzen vermag." (Humboldt 1809) **HUMBOLDT ALS SCHULREFORMER** Der Königsberger Schulplan (1809) Der Litauische Schulplan (1809) **DREI STADIEN DES UNTERRICHTS** **Elementarunterricht:** Vorbereitung auf den Unterricht, Muttersprache, Sprach- und Zahlverhältnisse ** Schulunterricht:** Erwerb und Übung der Fähigkeiten, die für Wissenschaft erforderlich ist, Lernen des Lernens, „Der Schüler ist reif, wenn er so viel bei andern gelernt hat, dass er nun für sich selbst zu lernen im Stande ist." **Universitätsunterricht:** Einheit der Wissenschaft, ausschließlich wissenschaftliches Nachdenken an einem Orte, der Lehrer und Lernende vereinigt. „Der Universitätslehrer ist nicht mehr Lehrer, der Student nicht mehr Lernender, sondern dieser forscht selbst, und der Professor leitet seine Forschung und unterstützt ihn darin." **NEUHUMANISTISCHE BILDUNGSREFORM: DER PLAN** Idee einer allgemeinen Menschenbildung, d.h. gemeinsame gestufte Schule: Elementarunterricht, Schulunterricht und Universitätsunterricht →grundlegende Reform der Volksschule (Nationalerziehung) Aber: Beibehaltung des Privilegs des Unterrichts durch Privatlehrer Abschaffung paralleler Schulstrukturen, v.a. berufsqualifizierender Schulformen →Zurückdrängung der bürgerlichen Mittel- und Realschulen Einführung einer Lehramtsprüfung (examen pro facultate docendi) Aufwertung der alten Sprachen als Kernbereich einer Allgemeinbildung Einführung des Abiturs als Zugangsberechtigung (Abbau Privilegien des Adels) **NEUHUMANISTISCHE BILDUNGSREFORM: REALITÄT** Beibehaltung des gegliederten ständischen Schulsystems: Unbeabsichtigte Folge: Verstärkung sozialer Selektion: AKTUELLE FOLGEN DER NEUHUMANISTISCHEN REFORMEN Begriff Bildung vs. Erziehung -- Sonderstellung des deutschen Bildungsdiskurses Abitur als Zugangsberechtigung (Hierarchische) Trennung beruflicher und allgemeiner Bildung Dominanz der Buchschule vs. Lebensschule Verbindung von Forschung und Lehre und Zweckfreiheit der Bildung droht mit Bologna verloren zu gehen →"Verschulung" der Universitäten **VL. 8: JOHANN FRIEDRICH HERBART UND DIE REFORMPÄDAGOGIK** **JOHANN FRIEDRICH HERBART (1776-1841)** 1798 Bekanntschaft mit Pestalozzi Professuren in Göttingen → Königsberg → Göttingen Aufwertung der Pädagogik als Wissenschaft Primat des Intellekts Drei Wege zum Erziehungsziel: Regierung, Zucht, Unterricht Formalstufentheorie / Didaktik **HERBART ALS PÄDAGOGE** Pädagogik als Wissenschaft: Drei Wege zum Erziehungsziel: Menschenbild: Kinder sind ungeschliffene Edelsteine Gesellschaftsbild: hierarchisch, obrigkeitsstaatlich Rationalistisches Grundverständnis, Intellekt **FORMALSTUFENTHEORIE** Ursprünglich für Einzelunterricht des Hauslehrers entwickelt Formalstufentheorie als unterrichtsmethodisches Verfahren Formalstufentheorie dominiert die Volksschule bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts (Herbartianer) **DIE HERBARTIANER** - Karl Volkmar Stoy (1815-1885) - Wilhelm Rein (1847-1929) - Friedrich Wilhelm Dörpfeld (1824-1893) - Tuiskon Ziller (1817-1882) **VERDIENSTE DER HERBARTIANER** Umgestaltung der Methode für Schulunterricht Wegbereiter der Pädagogik als eigenständige Disziplin an den Universitäten (eigenständige Lehrstühle) Didaktische Ausbildung als Grundlage für Lehrerbildung Etablierung von Lehrerfortbildungen Engagement für die Hebung des (Volksschul)lehrerstandes Thematisierung der Schulverwaltungsfrage und Forderung nach „Emanzipation der Schule" **KRITIK AN DEN HERBARTIANERN** Weit von den Lehren Herbarts entfernt Unterricht als ergebnissicheres Verfahren Objektiv gültige Unterrichtsmethode Einseitige kognitive Orientierung (Intellektualistisch) Hohe Lehrerzentriertheit des Unterrichts aus der Lern-Logik wird eine Lehr-Logik moralische Nötigung und harte Disziplinierung der Schüler starres Kategorienmuster vs. offene Vertiefungs- und Besinnungsphasen (Formalismus) **DIE REFORMPÄDAGOGIK** Hauptthese: dem materiellen Aufschwung entspricht ein kultureller Niedergang Bildungswesen ist Ursache des Zerfalls und Hebel zur Erneuerung Kritik an der Lern- und Buchschule (zu intellektualistisch, lebensfremd) Pädagogik *vom Stoffe* aus (Herbartianer) wird ersetzt durch Pädagogik *vom Kinde aus* Reformpädagogiken gehen davon aus, dass Kinder lernen *wollen* Heterogene internationale Bewegungen **REFORMPÄDAGOGISCHE BEWEGUNGEN** „Das Kind nicht in Frieden zu lassen, das ist das größte Verbrechen der gegenwärtigen Erziehung gegen das Kind. Dahingegen wird, eine im äußeren, sowie im inneren Sinne schöne Welt zu schaffen, in der das Kind wachsen kann; es sich darin frei bewegen zu lassen, bis es an die unerschüttliche Grenze des Rechts des anderen stößt, das Ziel zukünftiger Erziehung sein." (Ellen Key: Das Jahrhundert des Kindes) **ELLEN KEY (1849 -- 1926)** Schwedische Schriftstellerin und Frauenrechtlerin 1900: „Das Jahrhundert des Kindes" = symbolischer Startschuss der Reformpädagogik ![Tabla Descripción generada automáticamente](media/image4.png) **REFORMPÄDAGOGISCHE ANSÄTZE** Kanonisierung auf: Montessori-, Waldorf-, Erlebnispädagogik Arbeitsschulbewegungen: Georg Kerschensteiner, Hugo Gaudig, Paul Oestereich (Deutschland); USA (William Heard Kilpatrick, John Dewey); Sowjetunion (Anton S. Makarenko, Blonski); Frankreich (Freinet) Kollektiverziehung: Sowjetunion (Makarenko); Israel (KibbutzErziehung); Peer-Gerichte (Alexander Sutherland Neil, Janusz Korczak; Glenn Mills School); Landerziehungsheimbewegung (Paul Geheeb, Hermann Lietz) Alternative Schulcurricula (Jena-Plan -- Peter Petersen; DaltonPlan -- Helen Parkhurst) Reformpädagogische Bewegungen sind sehr inhomogen und eine klare Abgrenzung ist entsprechend schwierig. Fast alle Modelle der Reformpädagogik weisen jedoch (unterschiedlich stark ausgeprägt) folgende Elemente auf: **VERBINDENDE KENNZEICHEN VON REFORMPÄDAGOGIK** Den Versuch systematisches Lernen und das persönliche Erleben in einen angstfreien Bildungsprozess zu integrieren. Konsequente Kindorientierung Entwicklung zur eigenständigen Persönlichkeit und Entfaltung der Individualität Gestaltung einer anregenden Lernlandschaft Persönlichkeitsbezogene Leistungsbewertung Ganzheitlichkeit (Einbeziehung der Sinne und des Körpers) Gesellschafts- und Kulturkritik Demokratie (z.B. Schulgemeinde) Enthierachisierung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses Jahrgangsübergreifender Unterricht **UND HEUTE?** - Viele Elemente der Reformpädagogik sind heute selbstverständlicher Teil der Arbeit in Regelschulen -- auch wenn dies noch ausbaufähig ist... - Reformpädagogische Schulen sind häufig Privatschulen. Damit besteht das Problem verstärkter sozialer Selektivität (z.B. Schulgeld) - Ausländeranteil an privaten und öffentlichen Schulen, 2008Tabla Descripción generada automáticamente - Viele Elemente der Reformpädagogik sind heute selbstverständlicher Teil der Arbeit in Regelschulen -- auch wenn dies noch ausbaufähig ist... - Reformpädagogische Schulen sind häufig Privatschulen. Damit besteht das Problem verstärkter sozialer Selektivität (z.B. Schulgeld) - Grundfrage: (Weitere) Reformierung der staatlichen Schulen vs. Gründung reformpädagogischer Privatschulen? **VL. 9: REFORMPÄDAGOGIK AM BEISPIEL KOLLEKTIVERZIEHUNG UND ARBEITSSCHULE** **I: ARBEITSSCHULANSÄTZE** Internationale Bewegung: - USA: John Dewey (1859-1952), William Heard Kilpatrick (1871-1961) - Deutschland: Hugo Gaudig (1860-1923), Georg Kerschensteiner (1854- 1932), Robert Seidel (1850-1933) - Russland/ Sowjetunion: Anton Semonovic Makarenko (1888-1939), Pavel Blonskij (1884-1941) Kein geschlossenes System, sondern breite Palette von Ansätzen von geistiger Arbeit über Projektarbeit bis zu Produktionsarbeit Grundgedanke Eigenaktivität der Lernenden Fließende Übergänge zur Kollektiverziehung **PROJEKTMETHODE IN DEN USA** Gemeinsame Entwicklung durch John Dewey und Kilpatrick Teil der **„progressiv ecudation"** 1915 Artikel "The Problem-Project Method" Jeder Unterricht bewusst gewollt Bedeutung der **„experience"** 4 Phasen: Beabsichtigen, Planen, Ausführen, Beurteilen -- in Hand der Lernenden (Theorie) „Ein Projekt kann definiert werden als jede Richtung des Handelns, die man sich vorgenommen und zur Durchführung akzeptiert hat." (Kilpatrick 1915) Eigenständigkeit des Projektunterrichts als Basis für Erziehung zu Demokratie **ARBEITSSCHULE IN DEUTSCHLAND** +-----------------------------------+-----------------------------------+ | **Kerschensteiner** | **Kontrahenten** | +===================================+===================================+ | Gymnasiallehrer | **Hugo Gaudig** | | | | | 1895-1918 Schulrat in München | - freie geistige Schularbeit | | | | | Lücke zwischen Entlassung aus | - Selbststätigkeit und | | Volksschule und Militär | Selbstständigkeit nicht | | | Staatsbürger | | Berufsausbildung und | | | | **Robert Seidel:** | | „staatsbürgerlichen Unterricht" | | | | - Streit um „Vaterschaft" der | | Kerschensteiners Starenhaus | Arbeitsschule: „Die Schule | | | der Zukunft eine | | Lernen in Arbeitsgemeinschaft | Arbeitsschule" | | | | | | - Erziehung zur Demokratie bzw. | | | Abschaffung der | | | Klassenstruktur der | | | Gesellschaft | +-----------------------------------+-----------------------------------+ **PAWEL PETROWITSCH BLONSKIJ (1884-1941)** **BLONSKIJ: GRUNDLEGENDE ANSÄTZE** „Produktionsschule" als Schule für wirtschaftlichen und industriellen Produktionsweise des 20. Jahrhunderts: Die Produktionsschule soll auf das Arbeiten in der Industriegesellschaft vorbereiten. Wurzeln Karl Marx: Der Mensch erfüllt sich erst in Arbeit, sie ist das Mittel zur Selbstverwirklichung (Arbeit als wirtschaftlich produktive Arbeit für die Gesellschaft). Erziehung ist durch produktive Arbeit möglich Arbeit als Privileg der Selbstverwirklichung des Menschen Aufhebung der (entfremdeten) Trennung von Kopf-und Handarbeit Aufhebung der Klassengegensätze **II: KOLLEKTIVERZIEHUNG** Kibbuzerziehung in Israel Ansätze aus der sozialistischen Pädagogik - Sowjetunion Makarenko - Kinderrepubliken Konfrontative Pädagogik: Glen Mills School (USA) **ANTON MAKARENKO (1888 -- 1939)** Einjähriger Lehrerkurs 1905 -- 1912 Lehrer an Elementarschule für Eisenbahnerkinder 1912-1917 Studium am Lehrerbildungsinstitut in Poltawa 1920 -1928 Gorki-Kolonie → Das pädagogische Poem. Der Weg ins Leben 1927- 1935 Dserschinski-Kolonie →Flaggen auf den Türmen **GORKI-KOLONIE** Kolonie für jugendliche „Rechtsverletzer" Beginn mit fünf Zöglingen 1924: 111 Zöglinge, davon 9 Mädchen 1926 Umzug nach Kurjasch, weitere 400 Kinder Ca. 13-18 Jahre alt „Ernstcharakter" der Arbeit **PÄDAGOGISCHE PRINZIPIEN** Erleben existentieller Grenzsituation; Notwendigkeit der Selbstversorgung „Explosionsmethode" Kommandeurspädagogik - Einübung in Kommandieren und Sichunterordnen - Prinzip der parallelen Einwirkung - Einwirkung nimmt Umweg über das Kollektiv *„Wir haben es nur mit der Abteilung zu tun; das Individuum geht uns nichts an"* **„KOMMANDEURSPÄDAGOGIK"** ![Diagrama Descripción generada automáticamente](media/image6.png) **KOLLEKTIVERZIEHUNG II: KIBBUZ** ** Kibbuzִ** (hebräisch) ִ יּבּוץ: „Sammlung, Versammlung, Kommune"; Mehrzahl *Kibbuzim*) Erste Kibbuzgründung 1910 Ideologie sozialistisch oder zionistisch Heute ca. 2% der Bevölkerung \"Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen\". **PÄDAGOGISCHE ZIELE** Pädagogik Teil des Ideals der Schaffung einer neuen Gesellschaft basierend auf Gleichheit und Gerechtigkeit → der neue Mensch **STRUKTUR DER KOLLEKTIVERZIEHUNG** +-----------------------------------+-----------------------------------+ | **Grundkonzeption** | **Veränderungen nach 1948 | | | (Staatengründung)** | +===================================+===================================+ | Säuglingshaus → Kinderhaus → | Kinder schlafen zu Hause | | Jugendhaus | | | | Verkleinerung der Gruppen | | Übernachtung im Kinderhaus | | | | Feste Bezugsbetreuung durch | | Mutter kommt zu Stillzeiten | eine Metapelet | | | | | Betreuung durch Metapelet | Ausbildung der Metapelet | | | | | Reproduktive Tätigkeiten durch | Rückkehr der Mütter zu einer | | Metapelet | stärkeren traditionellen | | | Frauenroll | | Kinder kommen nach Arbeit der | | | Eltern nach Hause | | +-----------------------------------+-----------------------------------+ **KOLLEKEKTIVERZIEHUNG III: KONFRONTATIVE PÄDAGOGIK** Colla, Herbert E./Scholz, Christian/ Weidener, Jens (Hrsg.) (2008) Konfrontative Pädagogik. Das Glen Mills Experiment. Mönchengladbach: Forum Verlag Weidner, Jens/ Kilb, Rainer (Hrsg.) (2011) Handbuch Konfrontative Pädagogik: Grundlagen und Handlungsstrategien zum Umgang mit aggressivem und abweichendem Verhalten. Weinheim: Juventa. 2019 Schließung wegen Missbrauchsvorwürfen **GLEN MILLS SCHOOL** Delinquente, Gewalt- und Gangorientierte jugendliche Wiederholungstäter Kriminelle Gang →Pro-soziale Gang (Gruppenorientierung methodisch vertraut) Rückfallquote ca. 30% Phasen: - 1\. Kontrollphase (Etablierung einer positiven Normkultur) - 2\. Kennenlernphase (Erkennen der Erwartungshaltung und Ziele der Professionellen + Logik subkultureller Jugend-GangProzesse) - 3\. Gemeinschaftsphase (Diskussion und Konfrontation der Jugendlichen entlang etablierter Normen) →Ziel: Internalisierung pro-sozialen Verhaltens **PRINZIPIEN** Auf Grundlage vertrauensvollen von Respekt geprägten Beziehung gilt es delinquentes Handeln ins Kreuzfeuer der Kritik zu nehmen Ergänzung als pädagogisches ultima ratio (Für USA zu ‚luxuriös', für Deutschland ‚zu hart') „Jugend erzieht Jugend", Historische Bezüge: - Korczak: Strafgesetzbuch; - Makarenko: Kammeradschaftsgericht; - Neill: Schulversammlung u.a. D **VL. 10. ENTWICKLUNG DER SOZIALPÄDAGOGIK / SOZIALEN ARBEIT** **SOZIALE ARBEIT** Der heutige Begriff der Sozialen Arbeit entstand aus zwei Richtungen: →Entstanden aus den sozialen Folgen der Industrialisierung (soziale Frage) **URSACHEN UND LÖSUNGEN DER SOZIALEN PROBLEME** Armut und Verelendung als Folge der schwindenden Erziehungskraft proletarischer Familien, der Entwurzelung und des Herausgerissenseins aus den traditionellen Wertemilieus der dörflich-bäuerlichen Gemeinschaften, der überlieferten Sitten und Moral Verelendung als Folge der Logik kapitalistischer Produktionsverhältnisse **SOZIALPOLITIK** **SOZIALPOLITISCHE ANTWORTEN:** Einführung von Kranken-, Invaliden-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung (Versicherungsprinzip) Entwicklung einer staatlichen und privaten Armenfürsorge Entwicklung einer modernen Sozialarbeit **SOZIALARBEIT** **DAS ELBERFELDER SYSTEM** Versuch, die kommunale Armenverwaltung an die Bedingungen der Industriegesellschaft anzupassen **STRASSBURGER SYSTEM** Weiterentwicklung des Elberfelder Systems Schaffung kommunaler Verwaltungen als erste Anlaufstelle (Prüfung der Bedürftigkeit) Hauptamtliche Armenpfleger (i.d.R. Männer) betreuen bis 600 Personen Ehrenamtliche Frauen Ermittlungstätigkeit in den Familien → Anfänge der Teilung zwischen Innen- und Außendienst **ENTWICKLUNG WOHLFAHRTLICHER INSTITUTIONEN UND PRINZIPIEN** Entwicklung eines Systems der privaten (Wohlfahrtsverbände) und öffentlichen Fürsorge Deutschland: Weiterentwicklung zum AntiAggressions-Training (AAT) **SUBSIDIARITÄTSPRINZIP** Nach dem Subsidiaritätsprinzip soll eine (staatliche) Aufgabe soweit wie möglich von der unteren Ebene bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden. Verhältnis zwischen öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe: \"(1) Die öffentliche Jugendhilfe soll mit der freien Jugendhilfe zum Wohl junger Menschen und ihrer Familien partnerschaftlich zusammenarbeiten. Sie hat dabei die Selbständigkeit der freien Jugendhilfe in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben sowie in der Gestaltung ihrer Organisationsstruktur zu achten. \(2) Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen. \(3) Die öffentliche Jugendhilfe soll die freie Jugendhilfe nach Maßgabe dieses Buches fördern und dabei die verschiedenen Formen der Selbsthilfe stärken\" (§ 4 SGB VIII). **SOZIALARBEIT ALS FRAUENBERUF** Reformimpulse aus der bürgerlichen Frauenbewegung 1893: Jeanette Schwerin (1852 - 1899) „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit" → Entwicklung der Sozialen Arbeit als Frauenberuf **PROFESSIONALISIERUNG DER SOZIALARBEIT** Alice Salomon (1872-1948) 1908 interkonfessionelle Soziale Frauenschule in BerlinSchöneberg (erste Ausbildungsstätte für Sozialarbeit) Deutsche Akademie für soziale und pädagogische Frauenarbeit mit Forschungsabteilung Forschungsprojekt „Bestand und Erschütterung der Familie in der Gegenwart" **Beispiel: Reihe „Forschungen über Bestand und Erschütterung der Familie in der Gegenwart"**Una captura de pantalla de un celular con texto Descripción generada automáticamente con confianza media **METHODE DER EINZELFALLARBEIT** 1917: Mary Richmonds Hauptwerk \"Social Diagnosis" → Case work 1926: Salomon „Soziale Diagnose" → soziale Diagnostik → Theoretische Grundlegung der (Einzel)Fallarbeit **METHODE: GEMEINWESENARBEIT** Jane Addams (1860-1935) 1889: Hull House in Chicago →Settlement Bewegung Aktivitäten: Abendschule für Erwachsene, Kleinkind- und Kindergartengruppen, Vereine, Küche, Kunstgalerie, Café, Turnhalle, Buchbinderei, Musikschule, Bibliothek, verschiedene Arbeitsausbildungen, Schauspielgruppe, Englischunterricht für Nachbarschaft, Working-People's Social Science Club, Gründung Gewerkschaften, Unterstützung Einrichtung öffentliche Badehäuser, Unterstützung Streiks, Überwachung Müllabfuhr Forschung: 1893 Hull House Maps and Papers Enge Verbindung zur University Chicago **SOZIALPÄDGOGIK** **PÄDAGOGISIERUNG DER SOZIALEN ARBEIT** Probleme der Sozialarbeit als primär pädagogische, als Störungen der Entwicklung, des Lernens, der Motivation, der Moral (Pädagogisierung der Problemursachen) Zur Lösung der sozialen Notlage ist ein alternatives Handeln der Betroffenen erforderlich (Pädagogisierung als Problemintervention) Zuordnung zur Wissenschaftsdisziplin Pädagogik als Teil des Verwissenschaftlichungsprozesses Sozialpädagogik als Wechselbeziehungen zwischen Erziehung und Gemeinschaft (Paul Natorp) **WAS IST SOZIALPÄDAGOGIK?** **Paul Natorp (1854-1924) -** 1899: Buch „Sozialpädagogik" Sozialpädagogik ist kein Teilgebiet der Pädagogik, sondern eine Aufgabe der Pädagogik: *„Die sozialen Bedingungen der Bildung und die Bildungsbedingungen des sozialen Lebens bilden die Themen der Sozialpädagogik..."* **Gertrud Bäumer (1873-1954)** Sozialpädagogik ist nicht ein Prinzip dem die gesamte Pädagogik sowie ihre Theorie, ihre Methoden, ihre Anstalten und Werke -- also vor allem die Schuleunterstellt ist, sondern ein Ausschnitt: *„alles, was Erziehung, aber nicht Schule und nicht Familie ist.* Sozialpädagogik bedeutet hier den Inbegriff der gesellschaftlichen und staatlichen Erziehungsfürsorge, sofern sie außerhalb der Schule liegt." **Klaus Mollenhauer (1928-1998)** Sozialpädagogik umschreibt „denjenigen Bereich der Erziehungswirklichkeit, der im Zusammenhang der industriellen Entwicklung als ein System gesellschaftlicher Eingliederungshilfe notwendig geworden ist, sich erweitert und differenziert hat" Die sozialpädagogische Aktion richtet sich nicht unmittelbar auf den zu Erziehenden, sondern (...) auf das sozialpädagogische Feld So produziert die Gesellschaft im Sozialpädagogen einen ihrer heftigsten Kritiker **SOZIALPÄDAGOGIK UND JUGENDBEWEGUNG** Enge Verbindung zwischen Jugendbewegung, Reformpädagogik und Sozialpädagogik (Nohl, Bäumer, Wyneken) Wandervogel Protest gegen autoritäre Strömungen der bürgerlichen Gesellschaft Überwindung von Statusund Milieugrenzen zur „wahren" Volksgemeinschaft **METHODE: GRUPPENARBEIT** Erster Freideutsche Jugendtag („Fest der Jugend") 1913 auf dem Hohen Meißner *Aus der „Meißner Formel": „Die Freideutsche Jugend will nach eigener Bestimmung vor eigner Verantwortung mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten. Für diese innere Freiheit tritt sie unter allen Umständen geschlossen ein.... alle gemeinsamen Veranstaltungen der Freideutschen Jugend sind alkohol- und nikotinfrei."* →Selbsterziehungsbereitschaft der Gruppe →Gruppe als neue Form der Jugenderziehung →Gruppenerziehung als zentrale Methode der Jugendarbeit →Erzieher als Kamerad und Vorbild **BEGRIFFLICHE VERWIRRUNGEN** „Mit dem Ausdruck ‚Sozialpädagogik' als einem erziehungswissenschaftlichen Terminus hat es seine eigenen Schwierigkeiten (...) Obwohl er seit gut einhundert Jahren im Gebrauch ist, wechselt seine Bedeutung immer noch von Autor zu Autor, von Interessensgruppe zu Interessengruppe. Man tut deshalb gut, keine Übereinkunft vorauszusetzen, sondern zu sagen, wovon man zu sprechen beabsichtigt." (Mollenhauer 1971) Häufige Verwendungen: Sozialarbeit / Sozialpädagogik als zwei Stränge, dann Soziale Arbeit als Verbindung Sozialpädagogik als Oberbegriff, damit synonym für Soziale Arbeit **GETRENNTE WEGE** +-----------------------------------+-----------------------------------+ | **Sozialarbeit** | **Sozialpädagogik** | +===================================+===================================+ | Tradition in der | Starke Tradition in | | Wohlfahrtspflege/ soziale | geisteswissenschaftlicher | | Frauenarbeit | Erziehungswissenschaft / | | | Jugendbewegung | | Fürsorge, Hilfe und Kontrolle | | | | Einfluss kritischer EW → | | Soziale Frauenschulen → höhere | Emanzipation und Empowerment | | Fachschulen → Fachhochschulen | | | →University of Applied Science | Universitär verankert als Teil | | | der Erziehungswissenschaft | +-----------------------------------+-----------------------------------+ **SOZIALE ARBEIT** Zusammenführung der historischen Entwicklungslinien von Sozialarbeit und Sozialpädagogik Profession und Disziplin, die die Bereiche von Theoriebildung, Forschung, Lehre, Weiterbildung sowie Praxis systematisch zusammenführt und fachlich ausgestaltet. Kompromissbegriff zwischen Universität und FH, aber weiterhin kein Konsens darüber, ob die Soziale Arbeit eine eigene Disziplin bildet oder ob diese einer anderen Disziplin(EW) zugeordnet werden sollte. **FACHDISZIPLINÄRE VERORTUNG UND KONTROVERSEN** ![Interfaz de usuario gráfica, Texto, Aplicación Descripción generada automáticamente](media/image8.png) **Kontroversen:** Ziel Wissenschaft der Sozialen Arbeit? Promotion in Erziehungswissenschaft (Universität) oder Sozialer Arbeit (FH/ University of Applied Science)? **VL. 11: ERZIEHUNG IM NATIONALSOZIALISMUS** *„Meine Pädagogik ist hart. Das Schwache muss weggehämmert werden. In meinen Ordensburgen wird eine Jugend heranwachsen, vor der sich die Welt erschrecken wird. Eine gewalttätige, herrische, unerschrockene, grausame Jugend will ich. Jugend muss das alles sein. Schmerzen muss sie ertragen. Es darf nichts Schwaches und Zärtliches an ihr sein. Das frei herrliche Raubtier muss erst wieder aus ihren Augen blitzen. (...) So merze ich die Tausende von Jahren der menschlichen Domestikation aus. So habe ich das reine, edle Material der Natur vor mir. So kann ich Neues schaffen."* (Adolf Hitler in März 2000: 643) **PRINZIPIEN UND ZIELE DER NSERZIEHUNG** Führerautorität als Fundament der neuen Erziehung Kollektivismus „Du bist nichts -- Dein Volk ist alles" Körperliche Ertüchtigung → Wehrkraft Antisemitismus und Rasselehre Zucht und Selektion Indoktrination statt Erziehung Biologistische Geschlechterdifferenz: Mädchen robuste nationalsozialistische Mütter **PHASEN DES NS-SYSTEMS** **1. Phase der Machtsicherung 1933-1935:** - Entlassungen politisch unerwünschter Pädagogen, Zentralisierung und Gleichschaltung von Staat und Gesellschaft, neue Jugendorganisationen. **2. Phase der Kriegsvorbereitung 1937-1940:** - Eingriffe in die Schulstruktur, neue Lehrpläne, obligatorische Hitlerjugend und Lagererziehung, Ausgrenzung und Neuordnung der Lehrerbildung **3. Phase der Machterweiterung und Zerfall 1941-1945:** - Kriegsmangelsituation, Rekrutierung von Schülern („Kindersoldaten": Flakhelfer, Volkssturm) in der Endphase, Minimalisierung von Bildung in den besetzten Gebieten **VORSCHULISCHE ERZIEHUNG** *„Machen wir uns klar, daß dieses Alter, in welchem unser Kind sich jetzt befindet, zwar verhältnismäßig wenig Raum bietet für eigentliche Erziehung, d. h. für die geistige, in bestimmter Richtung gelenkte Beeinflussung. Desto größer ist aber seiner Bedeutung für die Ausbildung wirklich gesundheitsgemäßer und gemeinschaftsfähiger Lebensgewohnheiten, die uns, später der Schule und anderen Erziehungseinrichtungen bis hinauf zum Arbeitsdienst, ja zum Heer die Erziehungsarbeit in ungeahntem Maß erleichtern werden."* (Johanna Haarer: Unsere kleinen Kinder. Lehmanns, München 1936, S. 182) **ERZIEHUNGSPRINZIPIEN NACH HAARER** Mutter muss einen ‚guten' Ehemann aussuchen →gute Nachkommen erzeugen Geburt: Kind wird abgenabelt und in einen separaten Raum gelegt. Erst nach 24 Stunden wird es zur Mutter gebracht. Beschäftigung mit dem Kind soll auf das Nötigste beschränkt werden Mutter soll das Baby schreien lassen→ kein Herumtragen, wiegen etc. , höchstens ein Schnuller zur Beruhigung Jede Beschäftigung mit Kind richtet sich nach einem regelmäßigem Tagesablauf Stillen ist Mutterpflicht und darf nicht länger als 20 Minuten dauern Die Mutter spricht kaum mit ihrem Kind und wenn, dann nicht in „Kindersprache" Zeitpunkt des Stuhlgangs wird von Mutter bestimmt Kind kommt in einen eigenen Raum getrennt von den Erwachsenen Körperkontakt mit Kind ist schädlich und verwöhnend Strafen für ungehorsames Verhalten: z. B. Nichtbeachtung, hungern lassen, schlagen → Strafen soll Gehorsam zur Folge haben *„Auch wenn das Kind auf die Maßnahmen der Mutter mit eigensinnigem Geschrei antwortet, ja gerade dann lässt sie sich nicht irre machen. Mit ruhiger Bestimmtheit setzt sie ihren Willen weiter durch, vermeidet aber alle Heftigkeit und erlaubt sich unter keinen Umständen einen Zornesausbruch. Auch das schreiende Kind muss tun, was die Mutter für nötig hält und wird, falls es sich weiterhin ungezogen aufführt, gewissermaßen \'kaltgestellt\', in einen Raum verbracht, wo es allein sein kann und so lange nicht beachtet, bis es sein Verhalten ändert. Man glaubt gar nicht, wie früh und wie rasch ein Kind solches Vorgehen begreift\"* (Haarer 1934, S. 249). *„Das Kind begreift unglaublich rasch, dass es nur zu schreiben braucht... Nach kurzer Zeit gibt es keine Ruhe mehr, bis es wieder getragen, gewiegt oder gefahren wird -- und der kleine, aber unerbittliche Haustyrann ist fertig."* **SCHULE IM NS** Erziehung zu echten Nationalsozialisten: hohe Priorität von Sport und Rassenlehre Führerkult Ausgrenzung der jüdischen Mitschüler/innen Gleichschaltung der Lehrkräfte im NS-Lehrerbund Schule als Vorstufe zum späteren Wehrdienst Haupterziehungsmittel waren NSJugendorganisationen **NS-JUGENDORGANISATIONEN** Ab 1936 Zwangsmitgliedschaft Prinzip „Jugend wird von Jugend geführt" Nach Geschlecht und Alter getrennt: - Jungen: Deutsches Jungvolk (DJ) 10-14 Jahre („Pimpfe"); Hitlerjugend (HJ) 14-18 Jahre - Mädchen: Jungmädelbund (JM) („Jungmädel"); Bund Deutscher Mädel (BDM) **ERZIEHUNG ZUR ELITE** Adolf-Hitler-Schulen - 7.-12. Schuljahr - Parteischulen für Jungen mit Internat Nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) - Aufnahmeprüfung - 3 der 53 Napola auch für Mädchen SS-Junkerschulen - bis 23 Jahre - Ausbildung SS-Führungsnachwuchs Ordensburgen - -- Für bewährte NSDAP-Kader (25-30 Jahre) →Parteifunktionäre **WIDERSTAND UND OPFER** **ADOLF REICHWEIN (1898 -- 1944)** Studium Geschichte und Philosophie in Marburg 1923-1929 Sekretär der Volkshochschule in Thüringen 1927-1930 Mitarbeiter preußisches Kultusministerium 1930 Mitglied der SPD 1930 Professor an der PH Halle 1933 Entlassung aus politischen Gründen 1933-1939 Landschullehrer in Tiefensee →Reformpädagogik, Modell moderner Landschulpädagogik 1933 Ruf an die Universität Istanbul (Rufablehnung) 1935 Beamter auf Lebenszeit Ab 1940 Mitglied des Kreisauer Kreises und Kontakte zum kommunistischen Widerstand 1944 Verhaftung; am 20.10.1944 Verurteilung durch den Volksgerichtshof und Hinrichtung in Berlin-Plötzensee **„SCHAFFENDES SCHULVOLK" (1937)** Einklassige Dorfschule in Tiefensee, Kinder 6-14 Jahre Schule nicht als getrennter Schonraum für Unmündige, sondern als ein spezifisch gesellschaftlicher Lebensraum Ziel: demokratische Gesellschaft mit Chancen für alle Pädagogisches Prinzip der Lebensnähe Ganzheitlichkeit, Projektarbeit, „Schule der Tat" Inhomogene Lerngruppe als Chance Statt Lehrplan ein an den Gegebenheiten orientierter Jahresplan Autorität des Lehrers durch Sach- und Personenkompetenzen **JANUSZ KORCZAK (1878 -- 1942)** eigentlich Henryk Goldszmit Polnischer Arzt, Reformpädagoge und Schriftsteller Publikationen: - 1919 „Wie man Kinder lieben soll" - 1928 „Das Recht des Kindes auf Achtung" - 1923 Kinderbuch „König Hänschen der I" **\"DOM SIEROT\" (HAUS DER WAISEN)** 1912 in Warschau gegründet Jüdisches Waisenhaus erste Kinderzeitung der Welt (1926) Formen des demokratischen Zusammenlebens von Kindern (Kinderparlament, Gesetzbuch, Kameradschaftsgericht etc.). 1940 Übersiedlung mit Kindern ins Getto 5. August 1942 zusammen mit seiner engsten Mitstreiterin Stefania Wilczynska, weiteren Mitarbeitern und über 200 Kindern nach Treblinka deportiert und ermordet **BEGRÜNDER DER „KINDERRECHTE"** „Ich fordere die Magna Charta Libertatis als ein Grundgesetz für das Kind. Vielleicht gibt es noch andere -- aber diese drei Grundrechte habe ich herausgefunden: **VL. 12: SOZIALISTISCHE PÄDAGOGIK** **ENTSTEHUNG AB ENDE DES 19. JAHRHUNDERTS** Entstehung im Rahmen der Sozialdemokratie \"Die Sozialdemokratie ist im eminentesten Sinne die Partei der Bildung" (Wilhelm Liebknecht, 1872) Grundgedanke: **ERSTE GENERATION SOZIALISTISCHE PÄDAGOG\*INNEN** ![Interfaz de usuario gráfica, Texto, Aplicación Descripción generada automáticamente](media/image10.png) 1906 Leitsätze zum Mannheimer Parteitag 1906 bis 1919 Zentralbildungsausschusses der SPD **GRUNDPRÄMISSEN SOZIALISTISCHER PÄDAGOGIK** **Einheitlichkeit des Schulwesens (Einheitsschule)** *„Wenn jedes Kind sich nur in der Volksschule elementare Bildung holen kann, gewinnen auch die herrschenden Klassen Interesse an der allseitigen Hebung der Volksschule; sie gewinnen ein Interesse daran, einzutreten für höhere Aufwendungen zu ihrer Ausgestaltung, für Einführung besserer Unterrichtsmethoden, gegen die Verfälschung des Wissensstoffes usw. Erst wenn das Kind des arbeitenden Mannes neben dem des reichen Fabrikanten in der Einheitsschule sitzt, wenn die Bourgeoisie ihr Fleisch und Blut in diese schicken muss, wird sie für Reform der mangelhaften, zum Teil grob verfälschten Volksbildung zu haben sein."* (Clara Zetkin, Die Schulfrage, 1904) **Einheitlichkeit des Schulwesens (Einheitsschule)** „*Wenn jedes Kind sich nur in der Volksschule elementare Bildung holen kann, gewinnen auch die herrschenden Klassen Interesse an der allseitigen Hebung der Volksschule; sie gewinnen ein Interesse daran, einzutreten für höhere Aufwendungen zu ihrer Ausgestaltung, für Einführung besserer Unterrichtsmethoden, gegen die Verfälschung des Wissensstoffes usw. Erst wenn das Kind des arbeitenden Mannes neben dem des reichen Fabrikanten in der Einheitsschule sitzt, wenn die Bourgeoisie ihr Fleisch und Blut in diese schicken muss, wird sie für Reform der mangelhaften, zum Teil grob verfälschten Volksbildung zu haben sein."* (Clara Zetkin, Die Schulfrage, 1904) „Verfälschung des Wissensstoffes" Vermittlung des Wissens, das Aufrechterhaltung Macht der Bourgeoise dient und nicht der eigenen Emanzipation und Befreiung (Begriff der Entfremdung -- Karl Marx) Schule als Instrument der Klassengesellschaft **Weltlichkeit der Schule** *Die Konfessionalisierung und Klerikalisierung der Schulen, wie sie durch den Entwurf ganz bewusst herbeigeführt werden soll, schädigt selbstverständlich die geistige und sittliche Entwicklung der Kinder der werktätigen Massen aufs höchste. An Stelle der Entwicklung des Triebes zur selbständigen Forschung, zum selbständigen Denken und Handeln tritt die Lähmung von Geist und Charakter durch das Dogma. Aber es sind nicht nur die Kinder des Volkes, die in ihrer geistigen Entwicklungsmöglichkeit auf das schwerste durch die Verpfaffung der Schule getroffen werden: Nein, es sind auch die Lehrer, geehrte Anwesende! In welche unmögliche Lage kommt der Lehrer, der unter dem Druck der Religionsgesellschaften gezwungen werden kann, in seinem Unterricht Auffassungen zu vertreten, die sich mit seiner innersten Überzeugung absolut nicht vertragen!* (Zetkin 1927, Rede zum Entwurf des Reichsschulgesetzes) →materialistische Weltauffassung → Religion als Privatangelegenheit →Art des Denkens und Lernens im Widerspruch zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen →Beseitigung des Religionsunterrichtes und kirchlichen Schulaufsicht/ Trägerschaft **Unentgeltlichkeit der Schule** *„Zur Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehrmittel brauche ich nichts zu sagen. Nicht minder wichtig ist die unentgeltliche Verpflegung an allen öffentlichen Schulen, da nur bei genügend genährtem Körper ein körperliches und geistiges Arbeiten möglich ist. Auch die Einbeziehung der Kinder der Wohlhabenden in die schlichte, aber nahrhafte öffentliche Verpflegung ist für diese Kinder körperlich und seelisch nur von Vorteil, und bewahrt außerdem die öffentliche Verpflegung vor dem Odium des Almosens".* (Schulz, Mannheimer Parteitag, 1906) **Arbeitsschulansatz** *„so ergibt sich als das eigentliche charakteristische Kennzeichen der sozialistischen Erziehung die Arbeit, die körperliche Arbeit als Grundlage der Erziehung, auch der geistigen und sittlichen. \... Die Arbeit hat den Menschen zu dem gemacht, was sie heute ist, sie steht am Anfang der kulturellen Entwicklung, sie hat die Kultur auf die heutige Höhe geführt. Die Arbeit wird auch die Erlösung der Menschheit aus ihrer heutigen ökonomischen und geistigen Unfreiheit bewirken. Über die Arbeit, die Praxis, muß von der künstlichen Trennung von ihrer geistigen Wesenheit, von der Theorie, zu der sie jahrhundertelang gezwungen worden ist, befreit werden."* (Heinrich Schulz, Sozialdemokratie und Schule, 1907) \- Aufhebung der Trennung von Theorie und Praxis, von körperlicher und geistiger Arbeit \- Abgrenzung zu Kinderarbeit \- Teil der internationalen reformpädagogischen Bewegung **Kollektiverziehung** *„Aber das Ziel der Erziehung soll nicht bloß sein, die Persönlichkeit zu erziehen, sondern die Persönlichkeit im Bewusstsein ihres Zusammenhanges mit der Allgemeinheit zu erziehen; sie im Bewusstsein dessen zu erziehen, was sie der Gemeinschaft dankt und was sie ihr schuldet. Wir bedürfen der öffentlichen Erziehung, damit in der Brust des Kindes von zartester Jugend an alle jene Gefühle entwickelt werden, welche Wurzeln der sozialen Tugend sind, der die Gesellschaft bedarf."* (Zetkin, Mannheimer Rede, 1906) Öffentliche Erziehung als Korrektiv zur Erziehung in Familie (Persönlichkeit) Grundgedanke: Individuum bedarf auch der Gemeinschaft zu seiner vollsten Entwicklung Teil der internationalen reformpädagogischen Bewegung **Koedukation** *„Wir fordern ferner den gemeinsamen Unterricht und die gemeinsame Erziehung der Geschlechter. Am Unterricht selbst wie an der Schulverwaltung sollen Frauen und Männer gleichberechtigt beteiligt sein -- auch in puncto des Gehalts -- nach ihren persönlichen Fähigkeiten und Leistungen (\...) Der gemeinsame Unterricht und die Gleichberechtigung von Frau und Mann auf dem Gebiete des Unterrichts, der Erziehung ist eine bedeutsame Notwendigkeit und trägt dazu bei, das Ungesunde, Gekünstelte, Überreizte in den Beziehungen der Geschlechter zueinander zu beseitigen, das sich besonders in der Zeit der Pubertät bemerkbar macht. Die Absperrung der Geschlechter voneinander, die lügenvolle Geheimnistuerei und Unwissenheit in sexuellen Fragen, in der die Jugend aufwächst, ist mit schuld an dem ungesunden Stand der Dinge heute und seinen bösen Folgen."* (Zetkin, Die Schulfrage, 1904) \- Koedukation als Gegengewicht gegen geschlechterstereotype Zuschreibungen \- Männer und Frauen können gleichberechtigt in alle Berufe gehen →gemeinsame Erziehung **Erziehung als „gemeinsames Elternwerk"** *„...denn die Voraussetzung: die Mutter ist die von der Natur dazu vorbestimmte Erzieherin der Kinder, erscheint uns als einer jener seichten, landläufigen Gemeinplätze, die noch so zahlreich durch ein Jahrhundert humpeln, in dem sie nichts mehr zu suchen haben. Die Mutter ist die „natürliche" (das heißt durch die natürlichen Beziehungen zwischen sich und dem Kinde bestimmte) Erzieherin und Pflegerin für das Säuglingsalter, die Stillperiode, nicht darüber hinaus.... Hat das Kind aber einmal das Säuglingsalter hinter sich, so ist es für seine Entwicklung an sich durchaus gleichgültig, ob dieselbe von der Mutter oder einer dritten Person geleitet wird."* (Zetkin 1889) →Öffentliche Erziehung *„Die Erziehung im Heim hat das Wirken der öffentlichen Unterrichts- und Erziehungsanstalten zu vervollständigen. Sie soll nicht bloß Mutterwerk, sie muss gemeinsames Elternwerk sein"* (Zetkin 1906, Mannheimer Parteitag) →häusliche Erziehung als Aufgabe beider Geschlechter **UMSETZUNG IN DER DDR?** [ Einheitlichkeit, Weltlichkeit und Unentgeltlichkeit des Bildungssystems ] Verbot konfessioneller Schulen → Religionsunterricht als Angelegenheit der Kirchen Kinderkrippe (0-3 Jahre) →Teil des Gesundheitswesens →Ausbildung in Medizinischen Fachschulen Kindergarten (0-6/7 Jahre →Teil des Bildungswesens →Ausbildung in Pädagogischen Fachschulen Ab 1980er Jahren weitgehend flächendeckende Abdeckung (80% Krippenplätze) (ganztägige Öffnungszeiten 6-18 Uhr) Schrittweise Einführung einer Einheitsschule (bis 8. später bis 10. Klasse) als Ganztagsschule Verbot von Privatschulen Elternunabhängige Stipendien Veränderung der Zulassungskriterien zu Oberschule und Universität →Reduzierung sozialer Ungleichheit in den 1950er Jahren Gráfico, Gráfico de líneas Descripción generada automáticamente [ Koedukation in allen Bildungseinrichtungen ] Ab Anfang der 1980er Jahre proportionale Chancengleichheit der Geschlechter an den Universitäten, in Gesamtdeutschland erst Anfang des neuen Jahrtausends Verändertes Rollenverständnis durch Frauenbild der berufstätigen Mutter ![Gráfico, Gráfico de líneas Descripción generada automáticamente](media/image12.png) [ Einführung des Arbeitsunterrichts ] [ Kollektiverziehung ] **ABER: IDEOLOGISCHE DURCHDRINGUNG AUF ALLEN EBENE

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