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Geographie Erdkunde Geosphäre Wissenschaften

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Die Vorlesungsnotizen behandeln die Grundlagen der Geographie, einschließlich ihrer Geschichte, Definitionen, und die verschiedenen Bereiche der Geographie. Die Vorlesung deckt verschiedene Themen wie die Erdoberfläche, geographische Prozesse, globale Risiken und Megatrends, sowie die verschiedenen Sphären der Geosphäre ab.

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B0 à GEOGRAPHIE Wortherkunft - aus dem Griechischen gē - „Erde“ und gráphein – „schreiben“ Ist nicht schon alles beschrieben und gesagt? Was ist Geographie Der Stein - Mögliche Sichtweisen & Interessen Fragen? - Zeit, Herkunft, natürlich, Material, welche Bedin...

B0 à GEOGRAPHIE Wortherkunft - aus dem Griechischen gē - „Erde“ und gráphein – „schreiben“ Ist nicht schon alles beschrieben und gesagt? Was ist Geographie Der Stein - Mögliche Sichtweisen & Interessen Fragen? - Zeit, Herkunft, natürlich, Material, welche Bedingungen WISSENSCHAFTSDISZIPLINEN (KLAUSURFRAGE) - „Die Art des Denkens und die Aktionen von Wissenschaftler*innen werden nicht vom Objekt gesteuert, sondern von der Haltung des Individuums dem Objekt gegenüber.“ - Wir müssen zwischen einem Erfahrungsobjekt, das vielen Wissenschaften gemein sein kann, und dem Erkenntnisobjekt, das jeweils einer Disziplin zuzurechnen ist, unterscheiden.“ Erfahrungsobjekt à Stein ganz allgemein/ Erkenntnisobjekt à sein Inneres beispielsweise - Das Erfahrungsobjekt ist die Erdoberfläche! - Welches Erkenntnisinteresse haben Geograph*innen? Interesse? - Geomorphologie, Gesellschaft, Interaktion, Prozessstruktur, Umwelt, ALLTAGSGEOGRAPHIE UND WISSENSCHAFTLICHE GEOGRAPHIE - Geographie ist integraler Bestandteil der menschlichen Alltagspraxis - Systematisiert und reflektiert wird die Alltagsgeographie in der wissenschaftlichen Geographie Was ist Geographie - Keine allgemein verbindliche Definition - Gebhardt et al: Es gibt unterschiedliche Arten von Antworten - Studienberatern: … Wikipedia: Gegenstand der Geographie (Erkenntnisobjekt) (Gegenstand der Geographie ist die Erfassung, Beschreibung und Erklärung der Strukturen, Prozessen und Wechselwirkungen in der Geosphäre.) Was ist wo, wie, wann und warum im Raum? (Borsdorf) à Beispiel: Rapsfeld im Südsauerland - Was: Rapsfeld, Wo: Hochsauerland, Wie: , Wann: Frühsommer, Warum: Öl 1 Geographische Themen und Arbeitsfelder: 19-20 Geographie hat keinen Selbstzweck , sondern sucht sich Aufträge - Ergibt sich somit aus Prozessen à geographischer Auftrag - Diese Prozesse spiegeln sich in globalen Megatrends und globalen Risiken wieder: GLOBALE RISIKEN UND MEGATRENDS Der Global Risk Report stellt folgende Risikogruppen heraus (5) 1. Umweltbezogenen Risiken 2. Ökonomische Risiken 3. Soziale Risiken 4. Geo-politischen Risiken (Krieg) 5. Technologische Risiken …die sich um Umfeld unterschiedlicher globaler Megatrends entwickeln und Andockmöglichkeiten für die geographische Forschung eröffnen. Was ist Geographie? - Sich mit der Erdoberfläche befassende Wissenschaft à ihre physische Beschaffenheit, Raum und Ort des menschlichen Lebens und Handelns - Bewegung an der Schnittstelle zwischen den Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften EINFÜHRUNG IN DIE GEOGRAPHIE ERDE UND GEOSPHÄRE Erde - Planet im Sonnensystem - Wasserfläche: 71%, ca.361.1 Millionen km2 - Landfläche: 29%, ca. 148.9 Millionen km2 Je nach Zweckbestimmung - Erdkugel - Rotationsellipsoid (dreidimensionale Ellipse) à keine Kugel da die Erde unterschiedliche Radius hat: Unterschied von 21,5 km und verformt sich so in ihrer Drehung à Warum: Aufgrund von Erddrehung und Erdanziehung ähnelt der Erdkörper in seiner Form einem Rotationsellipsoid, der an den Polen leicht abgeplattet und am Äquator leicht gewölbt ist. - Geoid BEWEGUNG DER ERDE Erdrotation, Präzession - Drehung der Erde um ihre eigene Körperachse 2 - Die Erdachse steht senkrecht auf der Äquatorebene und durchstößt den Erdkörper im Norden im geographischen Nordpol, im Süden im geographischen Südpol mit einer Neigung von 23,5 Grad. Rotationsdauer (eine Drehung von West nach Ost) 23 Std. 56 Minuten. - Die Präzession à Die Erdachse schwankt/taumelt als Rotationsachse und bildet in 21.700 Jahren einen Präzessionskreis, vergleichbar mit einem Kegel der senkrecht auf der Ekliptik steht. Erdrevolution, Ekliptik, Exzentrizität - Erdrevolution à die Bewegung der Erde in Form einer Ellipsenbahn in 365 Tagen und 6 Stunden einmal um die Sonne - Ekliptik à Die Bahnebene der Erde mit der Sonne als Mittelpunkt ist die Ekliptikebene, die Schnittfläche dieser Ebene mit der Erde ist die Ekliptik. - Die Erd(umlauf)bahn schwankt in der Form zwischen mehr kreisförmig und mehr ellipsenförmig (Exzentrizität) mit einer Periode von 95.000 Jahren. - Die Sonne steht dabei nicht in der Mitte der Ekliptikebene (exzentrisch) und es ergibt sich einen sonnenfernsten Stand (Aphel weiter von der Sonne) und einen sonnennächsten Stand (Perihel näher an der Sonne) der Erde. Erdachsneigung, Obliquität, Schiefe der Ekliptik - Die Erdachse steht nicht senkrecht auf der Ekliptikebene, sondern ist um 23,5o geneigt. Diese Obliquität schwankt in einem Zyklus von 41.000 Jahren zw. 22o und 24,5o. - Die Exzentrizität führt zu Veränderungen der Strahlung von 2,4W/km2 - Präzession liegt bei 70-100 W/km2 - Das Erdsystem wird bestimmt von vielen Sphären, die in der Summe als Geosphäre bezeichnet werden Wozu? - Grundlagen zur Erklärung des Strahlungs- und Wärmehaushalts der Erde o Essentiell zur Ausbildung des Klimas auf der Erde SCHEMATISCHE DARSTELLUNG EINES AUSSCHNITTS DER GEOSPHÄRE 3 - Lithosphäre (lithos=Stein) à Erdkruste und oberer Erdmantel, geologischer Sockel o Maximal bis in die Lithosphäre für die Geographie o Bau: obere kontinentale Kruste untere kontinent. Kruste ozeanische Kruste Moho- Diskontinuität oberer Mantel - Pedosphäre (pédon=Boden) o oberste Schicht der Lithosphäre, durch chemische, physikalische und biotische Prozesse umgewandelt - Reliefsphäre (Geomorphologie) o Oberfläche der festen Erde, Neigungen, Abtragungen, Sedimentation - Hydrosphäre (Wasser) o Wasser in unterschiedlichen Aggregatzuständen, durchdringt die Litho- und Pedosphäre, formt die Reliefsphäre § Unterkategorie: Kryosphäre als Unterbereich (Eis) - Atmosphäre (atmós=Dunst) o Lufthülle der Erde, durchdringt Pedo- & Hydrosphäre § Troposphäre als Unterbereich, Wetter bestimmender Teil der Atmosphäre, bis 10 km Wettergeschehen (Niederschlag, Temperatur etc.) Geographierelevant evt. auch untere Stratosphäre bis Ozonschicht (ca. 25 km) - Biosphäre (bios=Leben) o Gesamtheit der lebenden Organismen, auch Ökosphäre oder globales Ökosystem. Rezente Biosphäre ist das Ergebnis der Evolutionsgeschichte der Erde. - Anthroposphäre (ánthopos=Mensch) o Aktivitäten des Menschen, Produkte, Kulturleistungen o Technosphäre als Unterbereich § technische Objekte und Anlagen („Hardware“) (Hochhaus, Straße) o Noosphäre (nous=Geist) als Unterbereich § Immaterielle Sphäre des Menschlichen, beeinflusst über Zweckbestimmung andere Sphären („Software“) (Kulturen) VORLESUNG 21/10/2024 à MULTIPERSPEKTIVITÄT IN DER GEOGRAPHIE - Das „vierfache Kreuz“ oder die „Oppositionen innerhalb der Geographie“ als Orientierungsschema nach Schenk und Schliephake (2005: 26) Stark generalisierend! OPPOSITION 1: UNTERSCHIED HOCHSCHULE-SCHULE - Wissenschaftliche Methodik und Erkenntnis versus Populärwissenschaftliche Aufarbeitung von gesichertem Wissen - Schule: Selektion, bedingte Nachvollziehbarkeit 4 Beispiel: Klimawandel o Klimawandel lässt (einige) Gletscher wachsen. Vermehrte Niederschläge in den "Southern Alps" als Ursache o Es klingt paradox, aber zumindest in einigen Regionen der Erde wachsen trotz des Klimawandels die Gletscher noch. Eine solche Ausnahme entdeckte jetzt ein deutscher Geograph in Neuseeland. o Atmosphäre hat sich erwärmt, warme Luft kann mehr Wasser aufnehmen als kalte Luft à ppp, tropfendes Wasser wird zu Schnee in Norwegen à Gletscher wachsen § Dies wird in der Schulgeographie ignoriert Schule: Reduktion, Vereinfachung - Vereinfachte Darstellungen à nicht vertretbar in der wissenschaftlichen Geographie - Schulbuchinhalte sind nicht frei wählbar. - Verlag und Autoren halten sich an länderspezifische Vorgaben. - Politische Vorgaben! Kontinuität und Wandel der Unterrichtspraxis à Änderung durch die Zunahme des Nationalsozialismus Schritte: 1. physische Geographie und topographisches Wissen. Traditionelle länderkundliche Fakten 2. Heimatkunde (Nationalismus), Geographie aus der Heimatperspektive: der Heimatort, die Heimatregion, das Heimatland, die westliche Welt 3. Sozialwissenschaftliche Geographie, Auswirkungen menschlicher Aktivitäten, Entwicklungsländergeographie 4. Umweltgeographie und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE), Geographie mit einem systemischen Verständnis (theoretisch Ansichtsweise) 5. Bildungsstandards (Kompetenzorientierung à Kompetenzen erlangen und entwickeln , somit kann man sich noch weiters Wissen aneignen) in der Geographie, Standard für geographische Kompetenzbereiche 6. Transformative Bildung in der Geographie; sie geht über Wissensvermittlung und Kompetenzentwicklung hinaus und zielt auf Bewusstmachung ab, die es den Schülern ermöglicht, ihre Rolle als aktive Akteure im globalen Kontext zu erkennen und verantwortungsvoll zu handeln Meilensteine der Schulgeographie im Überblick: à diesen Wandel kennen! Der Unterschied zur Schule – Freiheit der Wissenschaft - Schulen vermitteln Erkenntnisse der Wissenschaft. (Länder-) Politik wählt aus. - Hochschulen erarbeiten sich Erkenntnisse. frei in der Auswahl. Diese Freiheit bedeutet hohe Verantwortung. - Das inhaltliche Ziel eines Studiums unterscheidet sich daher von der Schule durch seine höhere Komplexität. Es geht um die selbständige Anwendung wissenschaftlicher Methoden und wissenschaftlichen Denkens (...) 5 Das Problem der unsicheren „Wahrheiten“ - Schulen vermitteln u.a. Wissen, „sichere Wahrheiten“. - Hochschulen suchen Erkenntnisse mit hoher Gewissheit: Wissen, gesichertes Wissen zu einem bestimmten Zeitpunkt. - Hochschulen widerrufen manchmal „Wahrheiten“. Zum Beispiel … Pandemie…“Impfung schützt vor Ansteckung“ - Erkenntnisse können sich ändern! o Beispiel Ernährungspyramide o Beispiel Relativitätstheorie Fazit à Wissenschaft fragt stets kritisch nach, das führt zu einer Fortentwicklung/ Modifizierung wissenschaftlicher Erkenntnisse Konsequenz für Studenten - Quellen angeben und dies kritisch hinterfragen, Zeitpunkt der Literatur OPPOSITION 2: ALLGEMEINE GEOGRAPHIE VS REGIONAL GEOGAPHIE - Allgemeine Geographie: Nomothetisches Arbeiten (abstrahierend, allgemein gültige Gesetze suchend) - Regionale Geographie: Idiographisches Arbeiten (auf die Einzigartigkeit ausgerichtet) 1. Die Allgemeine Geo. Arbeitet nomothetisch über die Geofaktoren 2. Die Regionale Geo. Arbeitet ideographisch über das Geomer Regional Geographie - Betrachtungsweise der Geographie über alle Themen hinweg: Geomer - Region wird zum Erkenntnisobjekt Geomer Definition: ein abgegrenzter Ausschnitt der Landschaftshülle der Erde und daher als räumlicher Repräsentant zu betrachten. Die Abgrenzung des Geomer erfolgt über klare Definitionskriterien und Toleranzbedingungen ihrer Merkmale und Merkmalskombinationen: Homogenitätsprinzip. --> soll homogen sein - Der Weg zum Erkenntnisobjekt verläuft bei der regionalen Geographie über das Geomer, dem „vertikalen“ Raumausschnitt über alle „(Themen-) Schichten“ hinweg, Allgemeine Geographie à beschäftigt sich mit dem erdsystem im Detail vor allem mit einzelnen Themen und Geofaktoren - Betrachtung EINZELNER „(Themen-) Schichten“ (Geofaktor) - Untersuchung von Formen und Strukturen, Funktionen und Prozesse: Allgemeine Geographie! - Allgemeingültige Gesetze à sollte übertragbar auf andere Regionen sein Allgemeine Geographie: Geofaktor, regionale Geographie: Geomer Geofaktor: Erdmacher, Inhalte der Geo-Teilsphären 6 - Geofaktor (Landschaftsfaktor) Definition à Bezeichnung für Bestandteile und Beziehungen, die im Wirkungsgefüge eines Landschaftssystems zusammenwirken wie Klima, Lagerung, Georelief, Boden, Wasserhaushalt, Klima, Vegetation und Tierwelt (Naturraum) - In der (Kultur-) Landschaft kommen Landnutzung, Siedlungen und Verkehrswege als anthropogene (vom Menschen human) Landschaftsfaktoren hinzu. à Beide bilden zusammen in der realen Landschaft ein Wirkungsgefüge, das jeweilige Landschaftsökosystem Geofaktoren (in der allgemeinen Geographie) unterliegen unterschiedlichen Gesetzen - Einerseits physikalische, chemische und biotische Gesetzmäßigkeiten (z.B. Klima, Relief, Boden u.a.) - Andererseits soziale, ökonomische, kulturelle und technische Normen und Möglichkeiten (Stadttyp, landwirtschaftlicher Betrieb u.a.) - Daraus folgen zwei Großgruppen geographischer Einzeldisziplinen: 1. Einerseits Natur- oder Physische Geographie 2. andererseits Humangeographie OPPOSITION 3: NATUR-/PHYSISCHE GEOGRAPHIE VS HUMANGEOGRAPHIE - Naturwissenschaftliche Methoden (empirisch-analytische Methoden, quantitativ) versus Geisteswissenschaftliche Methoden (hermeneutisches Vorgehen, qualitativ) Beide gelten als Basis der Geographie und hängen zusammen Ein erstes Gebäude der Geographie - Nomothetisch: allgemeingültig - Idiographisch: einzigartig Ppp29 Struktur ppp 30: thematische und regionale Geographie nur dass die nicht aufeinander aufbauen Verschiedenen geographische Bezugsebenen! Zeitungsbericht à Physisch- /humangeographisch Regional - Physichgeographische Stichworte à Wasserkreislauf, Klimawandel, Sandsturm, Biodiversität, Regenmenge, Düre - Humangeographische Stichworte à Abholzung, Wirtschaftsberieche, Tourismus, Wassernotstand - Regionale Stichworte à Amazonas Gebiet, Flusslauf OPPOSITION 4: GRUNDLAGENFORSCHUNG VS. ANWENDUNGSBEZUG - Geographie der (theoretischen) Erkenntnisgewinnung versus Angewandte Geographie mit klarem Verwendungszweck Regionale Geographie, Regionalforschung, Regionalplanung, Raumkonstruktion (Geographie machen) 7 Raumbezogene Aufgabenstellungen der Angewandten Geographie - Bestimmte Ziele werden formuliert - Anwendung: heißt Ergebnisse werden mit in die Raumplanung einfließen Arbeits- und Berufsfelder, Tätigkeiten und Arbeitgeber in der Angewandten Geographie à sehr divers BEZIEHUNG PHYSISCHE UND HUMANGEOGRAPHIE LANDNUTZUNG ALS ERGEBNIS DER MENSCHUMWELT-INTERAKTION - Der Mensch als Mitglied eines Gesellschafts- und Wirtschaftssystems setzt die Naturausstattung mit bestimmten Zielen in Wert, diese Ausstattung wird dann zur naturräumlichen Ressource. Folge ist die Landnutzung. Diese ändert sich mit der Zielsetzung, siehe z.B. den Bedeutungswandel der Braunkohle oder des Lithiums als Folge der Energiewende. Verknüpfung Stehen nicht isoliert im abstrakten Raum à ? Das Entdecken räumlicher Ressourcen: - Direkte Nutzung (Schifffahrt, Wasserkraft…) - indirekte Nutzung (Siedlungsbau, Entwässerung, Entsorgung…) eines Flusses. - Teilweiser Rückbau bei gesellschaftlichem Wandel: Veränderung der Hydrosphäre à vorindustrieller Fluss zu industrialisierter Fluss zu nachhaltig gemanagter Fluss - Geographen. Als Landschaftsgestalter à Zielsetzung ändert sich Brückenfach: - Die Schnittstelle zwischen Natur- und Geisteswissenschaften à Geographie als „Brückenfach“ - Peter Weichhart spricht von diesem Mythos - Er fragt: Was genau soll die Geographie „als Brückenfach“ denn eigentlich „überbrücken“ Peter Weichhart diskutiert, ob die Geographie eine „Zwei-FächerDisziplin“ ist. - „Der weitaus überwiegende Teil der aktuellen Forschungsfragen der Humangeographie und (…) der Physiogeographie orientiert sich an Erkenntnisobjekten, die mit dem klassischen Thema der Mensch-Umwelt-Interaktion nicht das Geringste zu tun haben“ 8 Was soll die Geographie überbrücken? Weichhart hat zwei Antworten: 1. Die Geographie vermittelt zwischen den Wissenschaftshauptgruppen. - Verbindung von Naturwissenschaften und Sozial- sowie Geisteswissenschaften. - Zwei Denkkulturen werden miteinander in Beziehung gesetzt. Erzeugt eine bedeutsame integrative Leistung durch diese Verbindung. 2. bezieht sich unmittelbar auf die Erkenntnisobjektseite. - Geographie integriert Natur und Kultur à Hohe Problemlösungskapazität durch diese Verbindung. - Schlüsselrolle in der Gesellschaft-Umwelt-Forschung. - Erkennt die Schnittstellen zwischen Natur und Kultur. - Offenlegung der relevanten Interaktionen zwischen beiden Bereichen Fazit nach Weichhart: - es wird ein völlig eigenständiges Erkenntnisobjekt konstituiert wird o dass sich differenziert von der Summe der Erkenntnisinteressen von Physio- und Humangeographie grundsätzlich unterscheidet - Drei Säulenmodell nach Weichhart à Gesellschaft-Umwelt-Forschung als drittes Erkenntnisobjekt „Die Geographie als klassisches Brückenfach zwischen den „drei Kulturen“ der Natur-, Kultur und Sozialwissenschaft steht in dem Versuch, ihre Ganzheit zu bewahren, vor dem klassischen philosophischen Problem der Einheit des Mannigfaltigen. Die Geographie kann nur in dem Fall sinnvoll als ein einheitliches Fach verstanden werden, wenn die Vielfalt ihrer Fragestellungen und Themengebiete unter einem bestimmten Gesichtspunkt als Einheit behandelt werden kann (…). Raum ist bisher das verbindende Moment der Geographie“ - Schnittstellen à Anerkennung dieser dritten Säule Wissenschaftliche Perspektive der Geographie - Gesellschaft-Umwelt-Beziehung à sieht im Konzept der Nachhaltigkeit Ansätze für Forschung und Lehre - Analytische Dimension à Nachhaltigkeit bezieht sich auf die drei analytischen Dimensionen: Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt (Ergänzend Literatur) - Normative Orientierungen à Die Dynamik einer nachhaltigen Entwicklung soll sich auf Grundorientierungen, Grundbedürfnisse und Gerechtigkeit ausrichten. - Gestaltungsstrategien à Die praxisorientierte Umsetzung des Konzeptes der Nachhaltigkeit erfordert die Ableitung von planerisch-politischen Gestaltungstrategien wie z.B. die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. 9 NACHHALTIGKEITSFORSCHUNG Dimensionen der Nachhaltigkeit - Ökologische Nachhaltigkeit Erhaltung des ökologischen Systems bzw. des ökologischen Kapitals. Stichwort hierzu sind Nahrungskreisläufe, Klimasysteme, Tragfähigkeit… ÖN begründet sich daraus , dass das ökologische System die Lebensgrundlage menschlicher Aktivitäten bildet. - Ökonomische Nachhaltigkeit Ziel ist die Stärkung der Wirtschaftskraft zur Aufrechterhaltung einer gewünschten Lebensqualität. Stichworte sind Innovationen, Investitionen, Arbeitsproduktivität, Forschung & Entwicklung. Damit verbunden sind Bekämpfung von Armut und Ungerechtigkeit. Ökonomisches Kapital sind Sach-, Wissens- und Humankapital. - Soziale Nachhaltigkeit Hat den sozialen Zusammenhalt in Organisationen & Unternehmen sowie den gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Ziel. Sicherung der Grundgüter zur Befriedigung der Grundbedürfnisse sowie Erhalt des Sozialkapitals (Möglichkeit sich zu beteiligen). Hierzu zählen soziale Netzwerke, Vertrauen und kooperationsfördernde Werte und Normen. Nachhaltigkeit: Nutzung eines regenerierbaren natürlichen Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann. Nachhaltige Entwicklung: Entwicklung die gewährleistet, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind als die heutige Generations, der handelnde Mensch wird mit einbezogen → Dynamik, Bewegung Drei Säulen der Nachhaltigkeit Schnittmengen der Nachhaltigkeit à realitätsnah Das Nachhaltigkeitsdreieck à Erweiterte Konzepte der Nachhaltigkeit durch die vierte Dimension (kulturelle Dimension) à Vorteile humangeographische wird fokussiert Vierte Dimension à Politik - Fokussiert Handlungsorientierung. Dabei beschränkt sie sich auf GOOD GOVERNANCE und nicht auf die Regierung à gilt für alle Beteiligten - Politik macht die Normen und Gesetze - Gute Regierungsführung hat folgende Charakteristika: transparent und effektiv, Berücksichtigung der Meinung von Minderheiten MEILENSTEINE: NACHHALTIGKEIT - Waldbewirtschaftungsprinzip von Carlowitz (1713) à betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit, Ressourcen-ökonomie, forstwirtschaftlicher Status quo - Buch „Die Grenzen des Wachstums“ (1972) à wissenschaftliches Aufzeigen von Wachstumsgrenzen, Herausbildung eines globalen Krisenbewusstseins und zusätzliche Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Belangen 10 - Brundtland-Bericht (1987) à Von der wissenschaftlichen auf die politische Ebene, UN- Sachverständigenkommission, erstmals politische Verknüpfung von sozialen, ökonomischen und ökologischen Problemlagen auf globaler Maßstabsebene: Armut lindern, gerechtere Nord-Süd-Beziehungen herstellen, ökologische Leistungsfähigkeit der Erde beachten. - Rio-Gipfel (1992) à UN Konferenz verabschiedet Handlungsprogramm Agenda 21, Lokale Agenda 21, global denken-lokal handeln, Startpunkt einer multiskalaren Nachhaltigkeitspolitik - Agenda 2030 für NE (2015) à 17 Nachhaltigkeitsziele SDGs UN geht von neuem Wohlstandsverständnis à es gibt keine unpolitische Geographie, Wissenschaft ist nicht neutral, sondern wird politisch gesteuert Ziele der Nachhaltigkeit von Deutschland: Maßnahmen oder vor allem Pilotprojekte, aber auch Global helfen wie Wasser in Kenia, versuchen auch Frieden zu schaffen, die Perspektiven ändern sich auch und Notwendigkeit / In einem Beteiligungsprozess diskutier man über die Weiterentwicklung der Strategie VORLESUNG 28/10/2024 à VIER RAUMBEGRIFFE Die „W“-Fragen - Der Weg zum Erkenntnisobjekt verläuft über die Beschäftigung mit der Geosphäre im Detail und den Geofaktoren. Klausur - Unterschiede zwischen Erkenntnis und Erfahrungsobjekt, Geosphäre, geofaktor etc Klausur Was ist wo, wie, wann und warum im Raum? Vier Raumbegriffe in der Geographie 1. Distanz 1. Realistischer „Containerraum“ 2. Raum 2. Relationaler/funktionaler Raum 3. Standort 3. Wahrnehmungsraum 4. Ort 4. Gesellschaftlich/sozial konstruierter Raum REALISTISCHER „CONTAINERRAUM“ - Distanz: absolut (man kann es messen) - Raum: real - Definition: bestimmte Sachverhalte sind in der physisch-materiellen Welt enthalten. Wirkungsgefüge natürlicher und anthropogener Faktoren verstanden Beispiel: Raum als Container oder als Behälter - Sehr lange Tradition in der Geographie o Vermessung der Erde, Entdeckungszeitalter, Länderkunde o Die traditionelle Länderkunde ist verbunden mit der Inventarisierung und Skalierung des Raumes - Sachverhalt der physisch-materiellen Welt o Verbreitungsgebiet 11 - Prozessfeld à Raumnutzungsprozess Bild - Regionalisierung erfolgt über naturräumliche Einheiten über verschiedene Maßstäbe hinweg. - Klassifizierung und Typisierung von Räumen bezog sich häufig auf große Raumeinheiten, schulgeographische Vermittlung eher auf die regionale und lokale „Heimat“. Dieses Temporalkonzept wird als „Permanenz der Gegenwart“ bezeichnet: - Gegenwartsfokus: Die Gegenwart wird als der wichtigste und relevanteste Zeitpunkt angesehen. Z.B. Ignoranz der historischen Entwicklung. - Kontinuität: Die Gegenwart wird als kontinuierlich und ununterbrochen wahrgenommen. - Unveränderlichkeit: Die Gegenwart wird oft als unveränderlich angesehen. Änderungen oder Entwicklungen werden oft als Teil der Zukunft oder der Vergangenheit betrachtet, nicht als Teil der Gegenwart. Der Gegenstand der „Landschaftsgeographie“ ist der „geformte Raum“. Wie ist die Gegenwart entstanden? - Der Containerraum gestern-heute. -> Zeit, Prozess - Geomorphologie -> physische Landschaftsentwicklung Kulturlandschaftsforschung -> Wirkung des Menschen, auch „Entwicklungsstufen“ des Menschen (Kulturstufenmodell) Dieses Temporalkonzept wird auch als „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ bezeichnet, d.h. das Frühere mischt sich in des Jetzige ein (z.B. witterungsbeständiges Gestein oder See als geschmolzenes Eis) , Gleichzeitigkeit von modern und traditionell. Maßstab der „geographischen“ Betrachtung / Bedeutungsgewinn: Mikorgeographie - Erkenntnisobjekt bezieht sich in der Geographie auf den Durchmesser der Erde und nicht auf z.b Atome oder ausserirdische Dimensionen - Maßstäbe sind variabel Gleichzeitige Bedeutung unterschiedlicher Maßstabsebenen im Zeitalter der Globalisierung Interaktionen zwischen dem „Lokalen“ und dem „Globalen“: Glokalisierung Drei Facetten/Sichtweisen steuern das Verhältnis global – lokal: 1. Das Globale steuert das Regionale/Lokale. Sachzwang Weltmarkt, Passivität, Schadenbegrenzung. Z.B. Unternehmensverlagerung mit Folgen in Region. (Neostrukturalismus) 2. Je stärker der globale Einfluss, desto mächtiger der lokale Widerstand, dialektisches Verhältnis. Forderung nach regionaler Eigenständigkeit. Globalisierung als Zumutung. (Neoregionalismus, -nationalismus) 3. Die „gleiche“ Globalisierung stärkt die regionale/lokale Individualität; Bedeutungsgewinn. Globale Unternehmen setzen auf regionale Kompetenzen und Milieus. Von der Standortqualität profitiert die lokale/regionale Ebene. Mögliche Folge: räumliche Disparitäten. Verbindung zwischen Global und Lokal = win-win Situation Standort: absolut & relative Lage Absolut: xyz-Koodinaten Geographische Koordinaten Höhenangaben ü. NN Relativ: Höchster Berg der Welt Ort: im Sinne von Örtlichkeit Mt.Everest Zentraler Begriff des Containeraum 12 - Begriff der Wirklichkeit - Containerräume „wahr“ im Sinne des „Seienden“. - Sie sind absolut und real 2. FUNKTIONALER / RELATIONALER RAUM Distanz: relativ (Beziehung zwischen zwei Dimensionen) Pendelverkehr Raum: relational (in Zeit gemessen) Änderung à Dimension der Erde hat sich verändert wenn die Erde relational gesehen wird Definition: Räume werden als Systeme von Lagebeziehungen materieller Objekte betrachtet. Bedeutung von Standorten, Lagerelationen und Distanzen für die Schaffung gesellschaftlicher Wirklichkeit liegt. - Zwei Wirklichkeitsbegriffe Beispiel: Zug der zur Uni Stadt fährt oder Pferdekutsche Seit den 1970er Jahren. - Funktionale Raumeinheiten statt physische Landschaftsräume. - Lagerelationen und Distanzen schaffen gesellschaftliche Realität. - Keine determinierende Rolle der Natur, gestaltende Kraft des Menschen. - Beziehungen und Verflechtungen. - Gesellschaftliche Wirklichkeit wird geformt durch Politik und Normen, d.h. der Blick geht vom Heute zum Morgen (Planung des Raumes). - „Zukunft statt Herkunft“ Funktionsbegriff in der Geographie 1. Ergebnis der Wirksamkeit von Kräften/Parametern: Def. Funktion: Wirkweise einer Sache. Beziehung zwischen zwei Faktoren; x-y Beziehung z.B. Scherkraft, Haftund Gleitreibung (Funktionsgleichung) Z.B: Vektorparallelogram der Schwerebeschleunigung an einem Hang 2. Nutzungen Tätigkeiten: Funktion des Raumes à Raumbeanspruchung à diese Funktion kann sich ändern Z.B: Vorlesungsraum, Schule, Büro 3. Aufgaben Leistungen (später unten) à Raumüberwindung Z.B: Versorgungs- oder Absatzgebiet eines Agrarbetriebes: Einzugsgebiet einer Schule / Betrieb versorgt die (regionalen) Brauereien mit Gerste Raumbeansprechung: Funktionszuweisung bei Stadtplanung z.B Industrie soll Wohnen nicht stören - Kommt aus den Sozialwissenschaften 13 NUTZUNGSGLIEDERUNG STADTRAUM - Nutzung als Ergebnis ökonomischer Prozesse ! Klausur Bodenrentenmodell - Beispielnutzungen: Einzelhandel, Kommerzielle Büros, Wohnen - Hohen ökonomischen Nutzen angepasst - Theoretische Gesetzmäßigkeiten der Ansiedlung? - Einzelhandels: Laufkundschaft à Schaufenster, man ist bereit viel zu zahlen um nah am Zentrum zu sein - Büro: Kanzlei soll relativ zentral aber nicht in der Fussgängerzone, nicht soviel Miete zahlen als Einzelhandel - Wohnen à wenig Miete aber ausserhalb vom Zentrum - Schnittlinien: der den meist bietenden abbildet (einzel und kanzler) - Funktionaler Standort Standort-… - … Eigenschaft - … (Lage-) Beziehung Die Bedeutung von funktionalen Standorten kann sich ändern. Was heute günstig erscheint, kann morgen gesellschaftlich anders bewertet werden. Standortfaktoren: sind die Bedingungen, die einen Standort als geeignet oder ungeeignet erscheinen lassen. Zum Beispiel: Verkehrsanbindung, Humankapital, kreatives Milieu usw. Zusammenfassung zweiter Raumbegriff - Es dreht sich um eine gesellschaftliche Wirklichkeit, welche unterschiedlich bewertet werden / Regionalisierung - Funktionale Räume entsprechen einer gesellschaftlichen akzeptierten Wirklichkeit 3. WAHRNEHMUNGSRAUM Räumliche Distanz: subjektiv (unterschiedliche Wahrnehmungen) Raum: wahrgenommen Soziale Distanz: subjektiv Definition: als Kategorie der Sinneswahrnehmung und damit als «Anschauungsformen» gesehen, mit deren Hilfe Individuen und Institutionen ihre Wahrnehmungen einordnende und so Welt in ihren Handlungen «räumliche» differenzieren. Wahrnehmungsraum - Informationsbasis / Maßstab: Fremdinfo z.B. gelesen und eigene Erfahrung (spatial approach) Konstruktion des Wahrnehmungsraums 14 - Wahrnehmung von Raum hat Auswirkungen auf räumliches Verhalten - Dadurch wird Geographie gemacht - Zusammenfassung: Wahrnehmungsraum ist individuell. Es gibt nicht mehr eine Wirklichkeit - -> es gibt eine pluralisierte Wirklichkeit 4. RAUMBEGRIFF: GESELLSCHAFTLCIH KONSTRUIERTER RAUM Definition: Räume werden in der Perspektive ihrer sozialen, technischen und gesellschaftlichen Konstruiertheit aufgefasst, indem danach gefragt wird, wer unter welchen Bedingungen und aus welchen interessen wie über bestimmte Räume kommuniziert und sie durch tägliches Handeln fortlaufend produziert und reproduziert Beispiel: - Politisch motivierter Umgang mit Kirche und Moschee - Darstellung (Gesellschaftsbild (Politik)) - Raumbedeutung durch Kommunikation (Twin Towers, Zeitung, Medien, Kunst) - Image des Stadtviertels über Medien produziert Zusammenfassung: Kommunikation und Handeln verändern den konstruierten Raum ständig. Kann hier von einer Wirklichkeiten gesprochen werden? / Kommunikation wird fortlaufend produziert und reproduziert REGION Was ist eine Region? Definition - zielorientierte Raumabstraktion (verwendet wenn ich ein bestimmtes Ziel habe) mittlerer Ebene verstanden, dessen räumliche Dimension und Abgrenzung sich aus dem oder den definierten Ziel(en) ableitet. Bildung von Regionen: - Regionen bilden heißt: Grenzen ziehen à Regionalisierung Kontinente à Antworten basierend auf verschiedene Aspekte und per Definition: gesellschaftlich anerkannt: 7 - Kontinent = zusammenhängendes Land (vier Kontinente) Grenzen ziehen - Es gibt nur wenige „natürliche“ Grenzen, die meisten Grenzen sind konstruiert. - Bildung von Regionen läuft auf die Bildung von „strukturell möglichst homogenen“ Räumen hinaus, die nach außen abgegrenzt werden, z.B. Tropen. Oder auf Räume mit „möglichst klarer Aufgabe/Funktion“ (Niederschlagseinzugsgebiet). Kriterien: einheitlich, Homogenitätsprinzip Region: „…eine durch bestimmte Kriterien und für bestimmte Zwecke definierte Einheit mittlerer Maßstäblichkeit …“ Geographische Analyse- und Untersuchungsregion 15 4 REGIONSTYPEN: 1. Strukturregion > Homogenitätsprinzip 2. Funktionalregion > Ergänzungsprinzip, Beziehungen 3. Verwaltungsregion > Politische Abgrenzung (Regierungsbezirke) 4. Assoziierte/ diskursive Region > Abgrenzungsdebatte (unwissenschaftlich) STRUKTUR & FUNKTIONALREGION: ASSOZIIERTE/DISKURSIVE REGION - Steht permanent in Produktion und Reproduktion DER LANDSCHAFTSBEGRIFF HAT ZWEI WURZELN: 1. Landschaft als Region, Gesamtinhalt eines Teilstücks der Erdoberfläche. 2. Landschaft als künstlerische Darstellung (Landschaftsmalerei mit „Heimatgefühl“) Kulturlandschaft: Ergebnis der Nutzung und Überformung der Natur durch den Menschen. - Ursprüngliche Bedeutung: Die Vielfalt der Kulturen und Gesellschaften bringen eine vielfältige Kulturlandschaft hervor. Bestimmt die Natur oder die Kultur das Landschaftsbild? -> Determinismusstreit KL wird heute als Fundgrube von „Spuren“ beabsichtigter und unbeabsichtigt produzierter Handlungsfolgen angesehen. Kulturlandschaftstypen sind z.B.: Waldlandschaft, Weinbaulandschaft, Bergbaulandschaft, Energielandschaft. Typen: Weinbaulandschaft, Wald/Energie/Bergbaulandschaft DREI BEDEUTUNGSDIMENSIONEN 1. Essentialistisch: Landschaft als Ausdruck der Ganzheit von Natur und Kultur 2. Positivistisch: Landschaft materielles Wirkungsgefüge 3. Konstruktivistisch: konstitutive Eben für Landschaft das Bewusstsein Deutungsmuster 16 Deutungsverschiebungen: Das Hochgebirge war von der touristischen Erschließung eine Horrorvorstellung (gefährlich) später ein Landschaftsgenuss (Aussicht) VORLESUNG 04/11/2024 à RAUMSTRUKTUREN Das „Was“ in der Geographie Beschreibung der eigenen Wohnung als mikrogeographischer Untersuchungsraum - Containerraum (Grundriss, Größe), Funktionale Raum (Funktionen der einzelnen Zimmer), Wahrnehmungsraum (Häufigkeit der Nutzung der Räume, Verfügbarkeit) Struktur erkennen: Feld, Funktionaler Raum: landwirtschaftliche Fläche, natürliches Wohnen, unterschiedliche Nutzpflanzen, Containerraum: Topographie, keine Reliefenergie Abbildung Räumlicher Strukturen Punkt = Standort Linie =Verbindung von 2 Punkten (Straße startet bei Stadt x und endet bei Stadt y) / Fläche = Polygon Punkte = Knoten (Bedeutung der Knoten sind unterschiedlich) Linien = Ströme Flächen = Netze Oberflächenmuster (Einzugsgebiete, funktionale Räume) Um zu beschreiben brauch man Werkzeuge um zu messen, den Punkt der Baum, die Linien sind die Verbindungen zwischen zwei Punkten, Polygon sind die Verbindung von mehreren Linien und das ergibt eine geschlossene Fläche. Die Linien können die Dynamik darstellen, können aber auch Strömungen darstellen und so kann man Oberflächenmuster erstellen. Kann auch über Raster dargestellt werden durch die Größe der Pixel STRUKTURELEMENTE - Recht grob à weniger Speicherkapazität: Körnung Raumbezug Pixel / Verwaltungseinheit Apotheke: relationaler Raum Zeit Messung in der Form von Pixeln Datengrundlagen Vektor und Pixeldarstellung Geosphäre – Geographische Substanz - Definition: Als „geographische Substanz“ interpretieren wir den materiellen Inhalt der Geosphäre Struktur erkennen 17 1. LAGE (ABSOLUT ODER RELATIV) Absolute Lage wird mit Hilfe von Koordinaten festgelegt - xyz-Koordinaten o Geographische Koordinaten (längen und Breiten grade) o Höhenangaben - Auf der äquatorebene - Nördliche oder südliche Breite - Breitenkreis - Breitengrad am Äquator entlang - Längengrad: der Winkel zwischen Erdmittelpunkt und der Position und einer anderen Referenzkreis à einer verläuft durch Greenwich = Nullmeridian - Lambda & Phi HIMMELSRICHTUNG - Norden o Geographischer Norden ist die Richtung zum Geographischen Nordpol (=Schnittpunkt der Erdachse auf der Nordhalbkugel) o Ungleich magnetischer Nordpol! Verkleinerte Maßangaben: Geographischer Maßstab M = s:S s = Kartenstrecke S = Naturstrecke - Allgemein wird jedoch s=1 gesetzt und die Entsprechung in der Natur als Maßstabszahl (Maßstabsfaktor) m angegeben: M= 1:m - z.B. 1:25.000 „25.000“ = m aber 32:44.000 „44.000“ ≠ m m ergibt sich nach der Normierung (cm). muss durch 32 teilen um auf 1:m zu kommen immer in cm - 1 Meter = 100 cm / 250 Meter = 25.000 cm / 1 cm auf einer 25.000er Karte sind 250 Meter in Natur 2. STOFF & FORM (MATERIAL & GEMOETRIE) Beispiel: Stoff Gesteinsart - Form Talform Kerbtal (Fluss muss sich reinfräsen) / Stoff Baustoff - Form Hausform Klausur à Bild Gebirge: Stoff (wiederstandfähiges Gestein und es hat sich ein Boden gebildet: Vegetation) und Form ( kucken 3. STRUKTUR (ANORDNUNG DER «GEOMETRIEN») Z.B GEBÄUDEANORDNUNG 18 Beispiel: Angabe zu Stoff, Form und Struktur: - Ein kleines Blockhaus (aus Holz) im Wald. - Ein zweistöckiges Backsteinhaus im Straßendorf. - Gebirge: Struktur beschrieben Streifenstruktur 4. KRÄFTE / WIRKUNGEN /FUNKTION (ABLAGERUNG, HEBUNG, EROSION, NUTZUNG) - Gebirge: Viehhaltung, landwirtschaftliche Nutzung, Tourismus, Schuttflächen Hangrutschung, Vegetation Waldansieldung Wie man Räume beobachtet Beispiel aus der Praxis: Laufende Raumbeobachtung des BBSR - Raumbeobachtung Welche Maßstabsebene? Welche Raumeinheit? Welche Indikatoren? Welcher Zeithorizont? à dies zu unterschiedlichen Zeiten RAUMABGRENZUNG: WAS IST EINE SINNVOLLE RAUMEINHEIT? Administrative Einheiten sind wichtige Informationsträger, für die umfassende Daten erhoben und dokumentiert werden. Z.B. - Stadtteil - Gemeinde / Kommune / Stadt - Kreis / kreisfreie Stadt - Regierungsbezirk (z.B. in NRW) / Regionen - Bundesland - Staat - Europa Diese Raumeinheiten können aggregiert werden: z.B. Stadtregion (=Kernstadt mit Umlandgemeinden) und/oder auch typisiert werden: ländlicher Raum, städtischer Raum Aggregation zur Großstadt-REGION = Thesen geleitete Summe von administrativen Einheiten INDIKATOREN Was ist ein Indikator? Indikatoren sind eine Messgröße für einen bestimmten Sachverhalt wie z. B. das Ausbildungsplatzangebot. Ein Indikator ist ein "Anzeiger", der eine hinweisende Information bietet. Indikatorwerte kennzeichnen die durchschnittliche Ausprägung eines betrachteten Merkmals in einem Gebiet. Was ist zu beachten? Indikatorwerte vereinfachen auf Durchschnittswerte. Diese Vereinfachungen machen den Karteninhalt leichter erfassbar. Aber sie verbergen auch manches: Ist ein Gebiet mit einer bestimmten Farbe eingefärbt, bedeutet dies nur, dass die Aussage für das Gebiet oder die darin lebenden Menschen als Gesamtheit gilt, jedoch nicht, dass sie für alle Teilgebiete oder Menschen in diesem Gebiet zutreffend ist. ZEIT & PROZESS: WANDELBARKEIT DES RÄUMLICHEN Primäres Erkenntnisinteresse: Wann im Raum? ZEIT UND RAUM - Raum und Zeit haben in der Erkenntnistheorie nach Immanuel Kant einen besonderen Stellenwert: o Sie sind a priori! …von vornherein; grundsätzlich; ohne weitere Beweise; von der Erfahrung oder Wahrnehmung unabhängig 19 - „Zeit ist, was Uhren messen“ (Zeitpfeil fliesst in eine Richtung) DIE RELEVANZ VON ZEIT UND RAUM - Seit der Aufklärung (ab ca. 1700) eine Asymmetrie bei den Kategorien Raum und Zeit zu Gunsten der Zeit - Raum: etwas Totes, Fixiertes, Undialektisches, Unbewegliches - Zeit: Leben, Dialektik, Reichtum - Prozesse und Entwicklungen werden als zeitliche Verläufe angesehen, während räumliche Unterschiede zeitlich verschobene Durchgansstationen sind. Regionale Unterschiede werden eher zeitlich als räumlich erklärt. (Entw.land, ländl. Raum) - Zeitlicher Wandel ist „erklärendes“ Element - Geographie war die Hilfswissenschaft der Geschichte - Seit den 1980er Jahren „spatial turn“, dem Raum wird die gleiche Erklärungskraft zugesprochen wie der Zeit UNTERSCHIEDLICHES ZEITVERSTÄNDNIS Das mythisch-zyklische Zeitverständnis bis vor ca. 500 Jahren - Natürliche Rhythmen wie z.B. Sonnenaufgang /-untergang, Gezeiten, Jahreszeiten… - Makro-Zyklen der Natur wie z.B. Klimaschwankungen - Ein deterministische Zeitverständnis Das klassische lineare Zeitverständnis - Individuelle Ebene des Menschen - Verbindung von Raum und Zeit, z.B. Tagesreise - Zeitmessung, z.B. Kerze, Wasseruhr, mechanische Uhr - Absolute Zeit, naturwissenschaftliches Verständnis - Vorgegebene Zeit; Kirchturmuhr, Glockenschlag (ab 14. Jh.) - Kontrolle der Zeit, z.B. Arbeitszeit; Ökonomisierung der Zeit - Speicherung der Zeit: Geldhandel, Geld hält die Zeit fest (Wert von materiellen Objekten (Blumen alt und neu) Das moderne lineare Zeitverständnis - Paradigmenwechsel durch die Relativitätstheorien von Einstein - Subjektive/endogene und objektive/messbare Zeit - Relative Eigenzeiten von Objekten - Zeit und Raum sind im vierdimensionalen Zeit-Raum miteinander verbunden - Einstein: „Zeit ist die Ordnung der Ereignisse, wie der Raum als Ordnung der Gegenstände gilt“ - Zeit als Kategorie zur Strukturierung räumlicher Prozesse; im Sinne Einsteins: Ordnung der Ereignisse 20 - Zeitschiene, um räumliche Prozesse zu verstehen - Unterscheidung von Ereignissen, (kultur-) historischer Phänomene und erdgeschichtlicher Prozesse - Entwicklungen unterschiedlicher Reichweiten Erdzeitalter à Skala Äon, ära, Perioden kennen à Die Perioden des Phanerozoikums sind ihnen bekannt! NEUESTE GEOCHRONOLOGISCHE EPOCHE: ANTHROPOZÄN? (GIBT ES NICHT) Merkmale: - Artensterben und –verschleppung - Ausbreitung von Krankheiten - Entstehung neuer Mineralien und Gesteine - Klimawandel mit Pol- und Gletscherschmelze, Bodendegradation und Rückgang Permafrost - Erwärmung Ozeane mit Versauerung, Korallenbleiche, Veränderung Sauerstoffgehalt und Veränderung Meeresströmungen Vorschlag zur Benennung des Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die - Biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. Dieser Vorschlag wurde im März 2024 von der International Commission on Startigraphy abgelehnt. Kalender benutzt um Landschaft zu rekonstruieren ZEITLICHKEIT RÄUMLICHER PROZESSE Lange Reichweiten: Geographien erdgeschichtlicher Entwicklung - Gebirgsbildung - Kontinentalverschiebung - Klimaschwankungen - Bodenentwicklung - Sukzessionen in der Pflanzenwelt … Millionen Jahre, viele Jahrtausende Mittlere Reichweiten: Geographien kulturhistorischer Prozesse - Besiedlungen (Rodungen) - Kulturhistorische Epochen - Römerzeit - Mittelalter (Städtewesen) 21 …tausende Jahre, mehrere Jahrhunderte Geographien von kurzer Dauer und plötzliche Ereignisse: - Waterfront Development - Autogerechte Stadt - Ereignisorientierte Entwicklung - Tsunami - Sturmflut …Jahrzehnte, Momente - Beispiel stark besuchter und weniger besuchter Strand: Wann sieht der Strand so aus? à Tageszeit, Jahreszeit - Zeit-prozess: Bevölkerungsdichte im Zeitverlauf à in die Höhe, bei zeit und Raum Maßstabsebene beachten und definieren Wie treten die auf?: Wellen, Zyklen, Persistenz, Diffusion, Prozess Wellen und Zyklen in der Wirtschaftsgeographie (nach Kondratjew) à Räumliche Aspekte langer Wellen: z.B. Innovationsregionen - Es wird vermutet, dass wir uns in einem sechsten Kondratjew Zyklus befinden, der durch nachhaltige Technologien, grüne Energie und Biotechnologie geprägt ist. Dieser Zyklus könnte durch einen Übergang zu nachhaltigen Wirtschaftspraktiken und erneuerbaren Energien angetrieben werden Zyklus: Relevanz für die Geographie? - Verlauf des Produktlebenszyklus: immer Räumliches dabei à Standortfaktoren sind relevant - Problem der „Gegenwartsschrumpfung“ à Gegenwart als stabile Phase mit Orientierungs- und Bewertungssicherheit wird immer kürzer Persistenz: Beharrlichkeit Bsp: Münster Prinzipalmarkt à historische Gebäude fake nachgebaut à strukturell wieder aufgebaut nach dem zweiten Weltkrieg und ist gleichgeblieben Persistente Strukturen Gegenteil: Übergeprägte Strukturen: Altmarkt Kassel à Fläche für Verkehr à nachbauen nach modernen Grundsätzen, auch in Naturlandschaften: Gestein Mulden und Erosion 22 DIFFUSION: AUSBREITUNG, STREUUNG, MISCHUNG - Expansive Diffusion: Diffusion ausgehend von einer Ursprungsregion in Zeitperioden, räumliche Vergrößerung (Bsp: Stadt, Industriegebiet oder betrieb) Reisfelder in Gebirgen mit Terrassen - Verlagerungsdiffusion: Relocation Verlassen des Ursprungsgebitetes in Zeitperioden à Bsp: Firmen, Haribo konnte nicht expandieren in Bonn - Kombinierte Expansion- und Verlagerungsdiffusion: Diffusion ausgehend von einer Ursprungsregion in Zeitperioden, räumliche Vergrößerung. Bsp: Pflanzenarten, Kulturausbreitung keltische Kultur Letztes Werkzeug: Genese, Zeit, Werdegang VORLESUNG 11/11/2024 à MODELLE IN DER GEOGRAPHIE Was ist wo, wie, wann und warum im Raum? erfolgt u.a. über Modelle und Systeme MODELL - Abbildung der Wirklichkeit - Lat.modulus, Verkleinerungsform /vereinfachtheit von modus, Maß, Einheit - 3 Modell Begriffe: o Modell als Substantiv: Darstellung oder Repräsentation à gängigstes Modell ist die Karte / Die Karte als geographisches Modell der Wirklichkeit - Modelltypologie im Kontext von geographischen Kartenà Schrittfolge die zunehmend abstrakter wird: Bildhaft/ikonisch zu analog (klassisch topographische Karte) zu symbol o Modellhaft als Adjektiv: idealtypisch - Der Weg zum Modell, Aufbau der deutschen Stadt , Grafik Modell der deutschen Stadt à weicht von der Realität ab - Modellhafte Darstellung einer Landschaftsstruktur à Geosphäre hier Geomer o Modellieren als Verb: gestalten, vorführen - Modellieren: Rekonstruktion (man schaut zurück) à Quantitatives Modell - Modellieren: Projektion (in die Zukunft schauen) à Quantitatives Modell MODELLKATEGORIEN - Quantitative Modelle (numerische, mathematische) - Qualitative Modelle (semantische, verbale) o Hypothesen oder Theorien z.B zum demographischen Wandel o Nichtoperationalisierbare Gleichung wie z.B. Bodenfunktionsgleichung: B = f(A, K, O, R,T) § A= Ausgangsgestein; K = Klima; O = biologische Aktivität; R= Relief; T = Zeit - Induktive Modelle (empirisch, bottom-up) 23 o Von dem Speziellen durch Abstraktion zum Allgemeinen kommen o z.B Modell zur Bodenerosion auf Grundlage empirischer Messungen ( es wird auf das Allgemeine geschlossen) - Deduktive Modelle (gesetzmäßig, top-down) o vom Allgemeinen zum Speziellen o Modellerstellung zur Winderosion auf Grundlage physikalischer Gesetze und physikalischer Analogien (schon bekannt) (rasterdaten) MODELLKOMPLEXITÄT - Der (Forschungs-) Aufwand zur Verbesserung von Modellen steigt nicht linear. Personaleinsatz, Rechenzeit und sonstige Forschungsgelder bestimmen die Modellgüte mit. - Insbesondere in der Schulgeographie sind Modelle wichtig, die ohne vertiefte wissenschaftliche Kenntnisse nutzbar sind. Also relative Realitätsnähe und mäßige Komplexität! DIE KARTE ALS MODELL - Karten haben eine lange Tradition und eine große Bedeutung in der Kommunikation räumlicher Sachverhalte. - Störquellen bei der Kommunikation bei Karten: Maßstab, Aktualitätsstand, Mehrdeutigkeit von Symbolen, Lesbarkeit Die kritische Kartographie unterscheidet drei Paradigmen 1. Karten als Abbild der Wirklichkeit - Rechteckige Karten aus Globus: Sphärischen Zweiecke entlang den Längengraden dann auseinanderziehen von Ecken (Verzerrung) - Die Übertragung der dreidimensionalen Erdkugel in eine zweidimensionalen Darstellung ist nicht möglich! Es bleiben 3 Fehler bei der Winkeltreue, Flächentreue oder Abstandstreue - Bedeutendste Weltkarte: Mercator-Karte (Von Gerhard Mercator im 16th Jahrhundert) o War für die Navigation geeignet à Wasser / Winkeltreue gut abgebildet doch Flächen falsch und Abstandsuntreue o Basiert auf einer Zylinderprojektion: Je weiter die projizierten Objekte vom Äquator (Berührungslinie des Zylinders) entfernt liegen, desto größer die Verzerrungen der Flächen, Abstände und Formen. Europa (Nullmeridian) liegt in der Mitte der Karte. (Längengraden parallel zueinander à falsch) o Warum am Äquator entlang: Eurozentrismus der Mercatorprojektion: Kolonialmächte werden betont 2. Karten als Effekte sozialer Strukturen - Der Äquator als Erdhalbkugellinie liegt nicht mittig. Europa ist graphisch zentriert - Flächen der mittleren und hohe Breiten werden vergrößert dargestellt. Dadurch „schrumpft“ die Äquatorialregion (globaler Süden) relativ. - Die Karte übt eine „mentale Macht“ aus, da sich die immer gleiche Darstellung in unser Gedächtnis einprägt. 24 - Drang eine gerechtere Karte zu gestalten: Die UNESCO hat dies kurz probiert durch die alternative Peters-Projektion à hat sich nicht durchgesetzt - Beispiel: Inhalt der Karten (DDR): Karten zum Volks Gebrauch (weglassen von Wegen) und Karten zum militärischen Gebrauch - Beispiel: aktuellen amtlichen topographische Karten der BRD werden christliche Inhalte überdimensional häufig und markant im Vergleich zu anderen Inhalten dargestellt à Moschee und Kirche (auffälliges Symbol) RESUMÉE - Bei der Erstellung einer Karte muss natürlich selektiert und generalisiert werden. - Diesem Prozess liegt eine gesellschaftlich induzierte Logik zugrunde, die nicht statisch ist. - So steckt hinter jeder Karte eine „externe Macht“, die Einfluss auf des Endprodukt nimmt (z.B. Auftraggeber Militär, ADAC, Staat, Google). - Die Karte reproduziert ein bestehendes Normensystem und ist also Ausdruck sozialer und ökonomischer Machtverhältnisse. Google Maps „leitete uns“ als Konsumenten und ist den Anzeigenkunden verpflichtet. - Ausdruck von Politik, Wirtschaft und sozialen Strukturen 3. Karten als Produzenten sozialer Wirklichkeit - Karten werden als Diskurse behandelt à untersucht was verheimlicht, betont oder zentriert wird - Die Karte wird als «Ikono-Text» verstanden: Darstellungsart beeinflusst den Rezipienten Zu berücksichtigende Aspekte: Hierarchien der Darstellung (visuelle Bedeutung), Verschweigen (Nicht-Darstellung), Geometrien (Zentrierung, Orientierung), Symbolik (Graphische Ausschmückung) Beispiel: Leitbilder der Raumordnung à Leitbild Wachstum und Innovation: sehr grob mit Symbolen: wirkt so als würde ganz Deutschland vom Wachstum profitieren Leitbild Ressourcen bewahren, Kulturlandschaften gestalten: rurale Gebiete und grüne Farben dominieren à Konflikt mit der anderen Karte nur auf dem erste Blick: Mehrwirkmächtigkeit von Karten - Z.B: Kriminalitätskartierung (basiert auf wo der Kriminelle erwischt worden ist) Niederländische Grenze - Z.B: Geoweb, OpenStreetMap - Die Trennung zwischen Kartennutzer und Kartenersteller verwischt, die kartographische Kommunikation ist nicht nachvollziehbar. Counter-Mapping: Alternative Perspektiven auf den Raum - Das Counter-Mapping dient dazu, Machtstrukturen in ( meist urbanen) Räumen sichtbar zu machen. Bei dieser Form des Kartierens werden alternative Perspektiven und Geschichten in den Vordergrund gestellt, um die als hegemonial angesehenen traditionellen (kartographischen) Erzählungen zu hinterfragen. Kolletives Mapping und Everyday Mapping 25 VORLESUNG 18/11/2024 à METHODEN IN DER GEOGRAPHIE DIE FRAGE NACH DEM „WAS? BESTIMMT DIE ANTWORT AUF DIE FRAGE NACH DEM „WIE?“ - Brückenfach, Schnittstellenthemen, große Breite geographisches Fragestellungen à Große Methodenvielfalt - Sowohl natur- als auch geisteswissenschaftliche Fragen à Methoden aus unterschiedlichen „Schulen“ Diese Vielfalt führt zu folgenden Leifragen: - Was kann man mit bestimmten Methoden überhaupt erkennen, welche Schlussfolgerungen erlauben sie? à Erkenntnistheoretische Reflexion - Welche Gütekriterien und Standards gelten für unterschiedliche Methoden? à Methodologische Reflexion (Gedanken) METHODEN DES WISSENSCHAFTLICHEN ARBEITENS. FESTLEGUNG VON NORMEN Wissenschaft ist … - „ …eine soziale Institution mit der Funktion, intersubjektiv (...) überprüfbare Aussagen über zu untersuchende Tatbestände zu formulieren. (…) - Im Rahmen der empirischen Wissenschaften ist man bestrebt, systematische Beschreibungen (...) und Erklärungen (...) von zu formulieren und zu diesem Zwecke auch Normen für die Methoden der Realitätserfahrung anzubieten.“ Die Wissenschaftspyramide - Hauptgebiet der Philosophie ist die Erkenntnistheorie à Fragen: Was dürfen wir wissen / Grenzen der Wissenschaft / Forschungsethik / Unterschiedliche Wirklichkeitsbegriffe (subjektiv, gesellschaftlich, objektiv) - Metatheorie, eine Theorie ist ein Modell/Bild der Realität. Theorien sind wissenschaftlich begründete Aussagen, aus denen sich Erkenntnisse ableiten lassen, die empirisch überprüfbar sind à beschäftigen sich mit dem Zustandekommen und der Gültigkeit von Theorien, also mit Theorien über Theorien - Methodologie, darunter versteht man die Vorgehensweise wissenschaftlichen Denkens. Sie beschäftigt sich mit der methodischen Herangehensweise. Sie ist die Lehre von wissenschaftlichen Methoden - In der Praxis wird dann die Methode selbst angewendet: Das praktische Wissen über die Methode ist die Methodik Sinn: Hypothesen zu beweisen und zu testen - Die Haltung des Individuums dem Objekt gegenüber bestimmt die Frage à Positionierung klarmachen 26 DIE THEORETISCHE GRUNDLAGE - Die Geographie ist stark erkenntnistheoretisch geleitet - Erkenntnis kann als Prozess des Erkennens bezeichnet werden - Erkenntnis (Einsicht/Erfahrung) beinhaltet immer die Beziehung zwischen einem erkennenden Subjekt und etwas Erkanntem (=Objekt). - Am Ende eines Erkenntnisprozesses steht das Wissen (sichere Wahrheit) o Kann man überhaupt etwas endgültig wissen? : Wissen muss intersubjektiv überprüfbar sein, hinterfragen - Zweifel ZWEI GROBE RICHTUNGEN DES ERKENNTNISTHEORETISCHEN VORGEHENS 1. Kritischer Rationalismus - Aus den Naturwissenschaften entwickelte Perspektive. - Erkenntnisfortschritt in Form eines Annährungsprozesses an die objektive Welt. - Induktives „entdeckendes“ Vorgehen durch Hypothese-Empirie-Theorie. (vermutung, festellen und Ergebniss Tehorie aufstellen ) - Methodisch kontrolliertes, „kreatives Zweifeln“, dadurch Annäherung an objektive Realität. à Quantifizierend Analytisch Produktion von Wissen Annäherung an Objektivität Die Methoden: Feldmethoden Labormethoden Zählung Kartierung Befragung Mathematische Analyse Modellierung 2. Sozialer Konstruktivismus - Die reale Welt kann nicht neutral und richtig abgebildet werden. - Durch selektive Wahrnehmung wird ein Eindruck von hypothetischer Realität vermittelt. - Suche nach sozialer Konstruktion als Element von Strukturierungsprinzipien der Gesellschaft. - Deshalb methodisch eher interpretativ-verstehend angelegt - Subjektive Daten möglich à § Qualitativ § Rolle sozialer Konstruktionen § Wahrnehmungen § Bewertungen § Verstehen Die Methoden: § Beobachtung § Mental Mapping § Interview § Textinterpretation § Diskursanalyse § Bildinterpretation WIE KOMMT DIE GEOGRAPHIE AN INFORMATIONEN? - Klimastation: Instrumente müssen genormt werden (Messung), objektive Daten? - Immobilienpreise: Inserate hinterfragen Modus (wert der am häufigsten vorkommt), Median (in der Mitte) und arithmetisches Mittel Darstellungsformen von Ergebnissen: - Boxplot à Mittelwert, Streuung, höchst und niedrigste - Lorenzkurve & Gini-Index 27 o Lorenzkurve ist eine Summenhäufigkeitskurve zur graphischen Darstellung von ungleichen Verteilungen, Abweichung von 45 Grad-Geraden o Gini-Index oder Gini-Koeffizient: Gibt das Maß der Abweichung von der Gleichverteilung an. Werte zwischen 0 (= Gleichverteilung) und 1 (= vollständige Konzentration. Deshalb auch Konzentrationsindex KG genannt. KARTIEREN ALS METHODE - Umfasst zwei Tätigkeiten: 1. Datenerfassung im Gelände durch Beobachtung 2. Darstellung der beobachteten Daten in einer Karte - Vier Schritte der Beobachtung 1. Erkennen von Merkmalen eines Objektes unter einer Fragestellung (Kriterien) 2. Finden von weiteren Kriterien für die Auswahl bestimmter Merkmale (Selektion) 3. Dokumentieren dieser Merkmale à Zählen, messen, zeichnen, formulieren 4. Teilschritte zur Lösung eines weiterführenden natur-wiss. Problems zu nutzen (Verwertung) - Methodische Schrittfolge des Kartierens 1. Fragestellung und Hypothese 2. Auswählen der Methode der Datenbehebung und der zu beobachtenden Indikatoren und Anlegen einer Legende 3. Dateneintragung in einer Basiskarte 4. Eintragen in eine Präsentationskarte 5. Interpretation der raumbezogenen Daten In der Physiogeographie: Geländermerkmale / Landschaftsmerkmale im Zusammenhang und Grenzziehungen / zur Hilfe: einheitliche Kartier Anleitungen für Fachgebiete In der Anthropogeographie: Beobachtung zu den quantitativen Arbeitstechniken. Zur Erklärung von sozialen Phänomenen im räumlichen Kontext etc / Die bEobachtung ist ein wesentlicher Bestandteil der Kartierung / ästhetische Wahrnehmung auch - Die Kartierungen erfolgen häufig in Kombination mit Fernerkundungen, digitalen Geländemodellen und werden mit Hilfe des Einsatzes von GIS durchgeführt 28 GRUPPIERUNG KLASSIFIZIERUNG - Thesengeleitete Klassenbildung - Klassen sollen untereinander so verschieden wie möglich sein - Die Daten innerhalb einer Klasse sollen so homogen wie möglich sein - Mit dem Dreiecksdiagramm: Mischgruppen / drei Indikatoren können dargestellt werden, die sich zu 100% aufsummieren müssen - Achsenbeschriftung und zeitliche Dimension beachten GRUNDLAGENKARTE - Die „Wirklichkeit“ ist abhängig vom Maßstab. - 1:25000, 1:50.000, 1:1000.00 à Länge halbiert sich Fläche geviertelt - Automatische Prozesse à können Fehler haben - Regeln der Generalisierung: Vereinfachen, Vergrößern, Verdrängen, zusammenfassen, auswählen(fortlassen), klassifizieren und bewerten (betonen) Achtung: 1:10.000 ist ein größerer Maßstab als 1:100.000 DISKURS-ANALYTISCHE METHODEN - Interpretationsansätze bei der Textanalyse : qualitativ und quantitativ - Qualitativ: nominal skalierte Daten / etwas quantitativer: ordinal (Reihung möglich) / Intervall Skala haben ein höheres Skalenniveau à besser rechnen und messbare Stufung möglich / Rational Skala à quantitativ - Neue Methode entdecken: Indikatoren festlegen, Prozess 29 VORLESUNG 25/11/2024 à METHODEN IN DER GEOGRAPHIE Systeme in der Geographie Übergeordnetes System in der Geographie: Mensch-Umwelt-System Raum + Nutzung = Raumnutzung (-ssystem?) Systeme der Physischen Geographie Systeme in der Humangeographie Regionalwirtschaftliche Systeme Übergreifende Systeme: Mensch/Gesellschaft-Umwelt-System à komplexer interpretiert RAUM + NUTZUNG = RAUMNUTZUNG (-SYSTEM?) - Naturausstattung à einzelne Phänomene die wir fixieren können (Relief, Vegetation, Hydrosphäre, Klimatologische Verhältnisse) Abstraktionsgrad und Maßstabsebene - Humankomplex à lokal spezifische … die man empirisch/systematisch erklären kann - Raumnutzung als Prozess Beispiel: Humankomplex hat den Raum beeinflusst (Auto Abgase à «Klimawandel») Wasserflut à gesellschaftlicher Anspruch an die Politik - E-Autos: Infrastruktur wurde geändert durch die Politikà Lyzeum: Auswirkung auf den Naturraum (die Bedürfnisse vom Menschen) - Arbeitnehmerà Protest Folge-Wirkung Kette verstehen /Wechselwirkung Pfeile SYSTEM: - Wortherkunft: Zusammengesetztes Ganzes, in dem einzelne Teile miteinander in Beziehung stehen. - Ein System ist ein Ensemble von Elementen, die aufeinander bezogen sind und miteinander in Wechselwirkung stehen. - Festlegen einer Systemgrenze ist wichtig : Baustein: System-element, Relation und Regler - Ein System erhält und entwickelt sich durch Strukturen, d.h. durch das Muster (Form) der Systemelemente und ihrer Beziehungsgeflechte. - Ein System ist ein wissenschaftliches Konstrukt zur Erfassung der Wirklichkeit, nicht aber die Wirklichkeit selbst. - Kritik der Konstruktivisten: Es ist nicht das Seiende 30 Vom Modell zum System SYSTEMTYPEN - Offenes Systemà unterscheidet sich davon das wir einen Austausch von Energie und Materie (Physische: Einzugsgebiet eines Fluss, Verwitterungsmaterial fließt in ein anderes System (Input) ein dann sprechen wir von einem offenen System / Masse- und Energieaustausch ) - Geschlossenes Systemà Einfluss von Energie (Physische: globaler Wasserkreislauf, Wasser in drei verschieden Aggregatzuständen vorhanden, die Menge des Wassers bleibt immer gleich (Verdunstung, Niederschlag, Gas etc) Humangeographie Beispiel - Städteverteilung in Deutschland über die Jahre, versucht man über die Quantitativen Indikator darzustellen : Städte verschiedene Funktionen o Krankenhaus basiert auf der Theorie der zentralen Orte Oberzentrum, Mittelzentrum, Unterzentrum à systematisch aufgebaut o Sechseck, weil Kreis nicht vollständig flächendeckend sein kann DIE ELEMENTE EINES SYSTEMS STEHEN MITEINANDER IN BEZIEHUNG Es gibt zwei Arten von Beziehungen: 1. Wirkungsbeziehungen 2. Ausgleichsbeziehungen Mensch-Umwelt System Elemente: Mensch und Umwelt sind eigene Systeme Beziehungen Wirkungsbeziehung: Umwelt auf den Menschen auswirkt (Schlechte Luft auf Gesundheitszustand) Mensch wirkt sich auf die Umwelt aus Ausgleichsbeziehung: natürlicher Ausgleich, Regulation innerhalb des Subsystems Ein reales System kann sein à es gibt nicht nur ein System sondern es gibt sehr verschiedene Systemvariationen (Charakter des Systems erkennen, kann verschieden Eigenschaften haben) 31 z.B.: offen, abgeschlossen, dynamisch, statische EINFACHE WIRKUNGSKETTE ALS BAUSTEIN EINES KOMPLEXEREN REGIONALEN SYSTEMS - Eine Wirkungskette kann Teil eines Systems sein. - Ein System beschreibt jedoch nicht nur die Kette von Ursachen und Wirkungen, sondern auch die Rückkopplungen, Wechselwirkungen und die Gesamtheit der Elemente. Eigenschaften der Wirkungskette im Vergleich zum System: - Linear statt komplex - Ursache-Wirkung-Beziehung statt Wechselbeziehung - Abfolge von Schritten statt Netzwerk Beispiel für regionales Wirtschaftssystem - Kommune Rechterfeld: die grössten Geflügelhaltungsbetriebe - Aufzucht im Stall im Dorf - Schlachtung im Schlachthof in der Stadt - Vermarktung auf dem Großmarkt in der Großstadt o REGIONALES SYSTEM? Ja Man könnte denken ja alle stehen in Beziehung aber nicht jeder kann eine Schlachterei haben, Beziehung zwischen Geflügelbauer und Schlachterei. Die Vermarktung passiert manchmal im Hofladen sondern in großen Konzerne Der Bauer hat ein Vertrag mit den Konzern und weiß dass alle ihm abgenommen werden→ Wechselbeziehung Die Bauern profitieren auch noch von der Eierproduktion und verkaufen diese. Die Masthühner scheiden viel aus dies wird auch wieder genutzt. Der Kot wird getrocknet und mit Weizen vermischt und man hat ein Kompostiertes Gemisch was ideal für die Champignon Zucht geeignet ist Beispiele für Mensch-Umwelt- / Gesellschaft-Umwelt-Systeme? - Beispiel: Usbekistan Aralsee o Ist sehr stark geschrumpft / Wasserspiegel gesunken und teilweise trockengefallen o Wasserstand geht runter durch die Entnahme des Wasser durch die Menschen durch den Rückgang des Sees geht die Fischerei zugrunde. Zufluss wurde durch einen menschlichen Eingriff reduziert wegen der Baumwolle - Systemische Untersuchung: System: Abfluss, Verdunstung, Zufluss o Baumwollanbau für die textil Produktion à Wasser zur Baumwoll Felder begleitet à so stark reduziert GEOGRAPHIE ALS KYBERNETISCHES SYSTEM VERSTEHEN - Kybernetik: Wissenschaft der Steuerung und Regelung von Maschinen und deren Analogie zur Handlungsweise von lebenden Organismen und sozialen Organisationen. - Wichtige Kernbegriffe sind Regulation und Rückkopplung. - Sie wurde auch mit der Formel „die Kunst des Steuerns“ beschrieben. 32 Human und Natur Geographie Systeme - Analytische Dimension: 3 Komponente: Struktur, Funktion, Prozess - Maßstabsebene und Zeit VORLESUNG 2/12/2024 à GESCHICHTE DER GEOGRAPHIE Bei der „Geschichte der Geographie“ geht es nicht um lückenlose zeitliche Phasen. Es geht vielmehr um zeitlich eingeordnete - Sichtweisen, - Beobachtungsroutinen, - Denkansätze, die einen „roten Faden“ darstellen sollen. ETAPPEN DER GESCHICHTE DER GEOGRAPHIE GEOGRAPHIE BIS ZUR FREUEN NEUZEIT (1500 – 1800) - Reiseberichte, Entdeckungen, Kartographie - Strabo, Claudius Ptolemäus, Gerhard Mercator Bereits seit der Antike Beschreibung von Einzelphänomenen, Kompilationen von Faktenwissen: Strabo (63. v.Chr. bis 13 n.Chr.) - Historiker und Geograph - Reiseerfahrungen und zeitgenössische Berichte: „Geographica“ 17 Bände. 33 - Länderkundlicher Duktus auf empirischer Basis; Bezug antike Welt; Geographie als Zweckwissenschaft für Beratung von Politik und Militär. Claudius Ptolemäus (+160 n. Chr.) - Werke zur Geographie, Sammelwerk „Geographia“ als Stand des Wissens: Kompilation Kritik: Defizite bei Belegen - Grundlagen für Ptolemäische Weltkarte von Mercator Informationen? - Detailkenntnisse im Vorderen Orient und Mittelmeerraum durch die Ausbreitung des Islam im 7./8. Jahrhundert (Pilgerfahrten). - Seefahrerperiode und Entdeckungen seit dem 15. Jahrhundert o Z.B. Gerhard Mercator (1512-1594) Mercator Weltkarte „zum Gebrauch der Seefahrer“ 1569 Konjunkturwelle der Geographie vom 15./16. Jh. Bis in das 19.Jahrhunderts, weil … - gesellschaftliches Interesse am Einmaligen und der Andersartigkeit anderer Länder und Völker = idiographischer Ansatz - philosophisches Bedürfnis, die göttliche Ordnung auf der Erde nachzuvollziehen - praktisches Bedürfnis nach strategischen Informationen für Militär und Wirtschaft/Handel im Absolutismus (17./18.Jh.; Herrschaft ohne Widerstände, Monarch: „Der Staat bin ich“). - politisches Informationsbedürfnis Europas über fremde Ressourcen in der Zeit des Kolonialismus (ab 16. Jh.; D erst 1880er-1914) Rolle der Geo?: Zweckwissenschaft, Auftragsforschung, Angewandte Forschung __________________________________________________________________________________ GEOGRAPHIE IM ZEITALTER DER AUFKLÄRUNG - Philosophie, Ratio, Kompilation, Erkenntnistheorie Immanuel Kant (1724-1804) - im 18. Jh. Überwindung tradierter Strukturen durch rationales Denken, Verstehen und Fortschrittlichkeit - Erkenntnistheorie und nutzt dazu Wahrnehmungen in Raum und Zeit - Er ist ein «geographer of the armchair» à Erdbeschreibung, Systematisierung, Kategorisierung (Physische Geographie) - Herausragende Strukturierung einer großen Materialfülle, ist nicht gereist __________________________________________________________________________ GEOGRAPHIE UND DER AUFBRUCH IN DIE MODERNE 34 - Wissenschaftliche Geographie, Ganzheitlichkeit, Mensch und Natur - Carl Ritter, Alexander v.Humboldt - Geo hat sich zur wissenschaftlichen Disziplin entwickelt o Nun «geographer of action» Carl Ritter (* 7.8. 1779 in Quedlinburg (Harzvorland) + 28.9.1859 in Berlin) - Professor in Berlin, Geograph, Historiker - Denkweisen o Naturressourcen einer Region sind die „Mitgift“ Gottes o Natur bestimmt das Handeln des Menschen (Determinismus) o Wirkungskette der Naturverhältnisse o Afrika stand im Fokus, das prägte die Sichtweise. Z.B. Gegner der Sklaverei o Pädagoge, Vors. Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin - Zeitgeist … - Naturraum war Wohnsitz des Menschen nach Ritter - Für Ritter war die Geographie die kausal forschende Wissenschaft als Entwicklungsprozess - Ritter vereinte Länderkunde = Geographie, Völkerkunde = Siedlungsraum, Geschichte = Politische Raum Alexander von Humboldt (* 14.09.1769 in Berlin + 06.05.1859 in Berlin) - Forschungsreisender und Naturforscher - Begründer der Vegetationsgeographie - Systematischer Erkunder Südamerikas – Feldarbeit - Verfasser des «Kosmos- Entwurf einer physischen Weltbeschreibung» - Ganzheitlichen Naturphilosophie - Spiritus rector des ökologischen Paradigmas - Er denkt systemisch Charakteristika des Ansatzes von Humboldt: - Nicht per se Neues suchen, sondern große thematische Spannweite abdecken. § Zusammenwirken der Elemente als Erkenntnisziel. - Ideengeber des ökologischen Paradigmas. - Ästhetische Aspekte spielen mit, da Triebkraft des Forschens das Aufspüren einer Harmonie ist. - Ritter ging stärker vom Menschen als Schöpfung Gottes aus, der die Naturgegebenheiten nutzt. Zwei wichtige Denke und Vorläufer von Humboldt und Ritter waren Immanuel Kant und Gottfried Herderà sahen Geo als nützliche Schulwissenschaft __________________________________________________________________________________ 35 EINE GEOGRAPHIE, ZWEI DISZIPLINEN - Verschiedene Erkenntnisziele, Physische und Politische Geographie - F.Frh. v. Richthofen; Friedrich Ratzel Ferdinand v. Richthofen (* 05.05.1833 Schlesien + 05.10.1905 in Berlin) - Physiogeographie! - Feldforschung - Geomorphologie - Naturwiss. Grundlagen der Physiogeographie - Studium der Geologie und Nachbarfächer - Forschung in Kalifornien und Ostasien - 7 Reisen durch China - Professor auch am GIUB - Determinismus Vier Aspekt umfassen das Wirken von Ferdinand von Richthofen - Begründer der deutschsprachigen Geomorphologie - Methodologe des Faches Geographie, systematische Beschreibung; Genese und Prozessforschung - Erklärer räumlicher Entwicklung in China - Politischer Ratgeber/Berater, als Kolonialgeograph (setzte sich für eine Ausweitung des deutschen Kolonialreiches nach China ein) Das Wirken: leistet seinen Beitrag zum Ausbau des deutschen Imperiums und zur Ausbeutung der eroberten Territorien Artikel: Ambivalenz zwischen politscher Entwicklung und der wissenschaftlichen Entwicklung Institutionell, wurde zum Schulfach Kolonialismus stand politisch nicht hoch in der Agenda, er war seiner Zeit voraus Friedrich Ratzel - Zoologe und Geograph - Begründer der Politischen Geographie als selbständigen Zweiges der allgemeinen Geographie des Menschen und Wegbereiter der Geopolitk: «Lebensraum» - Wissenschaftliche Fundierung der Anthropogeographie - Mitglied der Leipziger Sektion der «Deutschen Kolonialgesellschaft» - 1901 prägte er den Begriff "Lebensraum", den sich später die Nationalsozialisten zu Eigen machten - Beziehungen zwischen Staat und Boden - Lage, Raum, Grenze o Kampf um Raum, übertragen aus der Tierwelt hinaus auf den Menschen o Sozial-darwinistischen Kampf «survival of the fittest» - Hat den Staat als organisches Wesen angesehen (Boden & Staat miteinander verbunden) 36 o Staat = kulturhoch, REGIONALE GEOGRAPHIE UND LÄNDERKUNDE - Länderkundliches Paradigma, Räume statt Geofaktoren, Ganzheitlichkeit - Alfred Hettner Alfred Hettner (* 06.08.1859 Dresden + 31.08.1941 Heidelberg) - Begründer des länderkundlichen Schemas, einflussreicher Methodologie - Geographie zu strukturieren - Layers als einzelne Geofaktoren Ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg - Länderkunde ist verbunden mit der wissenschaftlichen Geo - Dominanz der Physischen Geo mit einem positivistischen Grundverständnis - Containerraum - Landschaftskunde verbunden mit der Schulgeographie und Hoschulgeographie (nach 1919) - Heimatraum und weiter etc à Betrachtungsperspektive - Ab 1960er Länder- und Landschaftskunde als Selbstzweck waren nicht mehr gefragt: Folge: Orientierung an der Allgemeine Geo MODERNISIERUNG DER GEOGRAPHIE NACH DEM 2.WELTKRIEG - Systemforschung, Landschaftsökologie und Sozialgeographie - Carl Troll; Hans Bobek Carl Troll (1899-1975) - Landschaftsökologie - Synthetisch-integratives Verständnis funktionaler Zusammenhänge Seine Leistungen - Standort der Geo im Schnittbereich von Natur-, Geistes- und Sozialwissenschaften - Begründet das Prinzip der dreidimensionalen Betrachtung der Natur- und Lebensräume - Bedeutung von Methoden der Fernerkundung (damals noch Luftbild) - Ökologische Landschaftsforschung als Hauptaufgabe der Geo Zeitumstände des Wirkens von Troll - Professor in Berlin für Kolonial- und Überseegeo - 1938-1966 GIUB 37 - Nanga- Parbat- Expedition à Forscherprivileg Hans Bobek - Sozialgeographie als Betrachtungsweise, nicht als Disziplin. - Perspektive auf Makroebene von Gesellschaften und Kulturen (Kulturstufentheorie) MODERNISIERUNG DER GEOGRAPHIE NACH DEN 1970 JAHREN - Umbruch: Theoretisierung und Quantifizierung, Politisierung - Dietrich Bartels - Sozialgeographie Der Kieler Geographentag 1969 à Plattform für die Wende in der Geographie Forderungen: - Verwissenschaftlichung der Geo - Länderkunde ist keine wissenschaft, arbeiten nur mit Problembezug - Theoretisierung der Geo statt einfach nur Machen Konsequenzen des Umbruchs: - Funktionale Ansätze: Anwendung Raumplanung - Handlungstheoretische Ansätze: rationale Entscheidung - Quantifizierung (Messbarkeit, statistischer Beweis) „Raumgesetze“ gesellschaftlicher Strukturierung (nomothetisch) GEOGRAPHIE IM NEUEN JAHRTAUSEND - Globaler Wandel, Integrative Geo, Dritte Säule der Geo - Gesellschaft-Umwelt-Forschung: Verflechtung und getrennte Wege! - Peter Weihchart Erste große Umweltforschungsprogramme als Reaktion auf Brundtlandbericht und Umweltkonferenzen und Sensibilisierung des Weltinteresses: - WCRP seit 1980 Word Climate Research Program erforscht das physikalische Klimasystem (Atmosphäre, Bodenoberfläche, Ozeane - IGBP seit Mitte der 1980er erforscht die Interaktionen physikalischer, chemische und biologischer Prozesse des globalen Erdsystems - IHDP seit Mitte der 1990er untersucht Dynamik der Landveränderungen, Dimensione globaler Umweltveränderungen, nachhaltige Produktions- und Konsumsysteme bis hin zur Nahrungs- und Wasserthemene, Urbanisierung und Klimawandle - DIVERSITAS seit 2000, das zum Erforschung der biologischen Vielfalt und menschliches Wohlergehen zu verflechten. Biodiversitätsforschung und Abbau der Armut. 38 ESSP: Earth System Science Partnership Das globale Bezeihungsgeflecht des WBGU Anthropozän: à abgelehnt 2024 - Einfluss des Menschen auf das Erdsystem - Konsequenz: Kapitalozän? Perioden: 1. Phase: ca.1800-1945: Industralisierung, Ausbeutung Naturressourcen, Belastung Ökosyst. 2. Phase: 1945-Jahrtasuendwende: Beschleinigung, Bevölkerungsexplosion, Mega- Urbanisierung, Globalisierung, exzessive Konsumgesellschaft 3. Phase: Heute und Zukunft: Bewusstsein über negative Folgen, Ansätze von Global governance Gesellschaft-Umweltbeziehungen Kontrovers diskutiert: - Verwobenheite von Antur, Szialen und TEhcin erde wird deutlich - Geologische Epochen werden mit Leitfossilien expost definiter - Globale Umweltveränderung als Erdzeitalter könnte entpolitisierend wirken - Fokussierung auf raumrelvante Kofnliek 39

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