THOP-Elternprogramm Manual für Gruppenleiter PDF

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Pädagogische Hochschule Salzburg Stefan Zweig

2016

Manfred Döpfner, Claudia Kinnen, Joya Halder

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parenting program ADHD behavioral problems child development

Summary

This manual (2016) is a group program for parents of children with ADHD symptoms and expansive behavioral problems. It's structured to support parents in diagnosing, treating, and working through group sessions to better understand and manage at-home situations.

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Döpfner Kinnen Halder THOP-Elternprogramm – Manual für Gruppenleiter Gruppenprogramm für Eltern von Kindern mit ADHS-Symptomen und expansivem Problemverhalten E-BOOK INSIDE + ARBEITSMATERIAL ONLINE-MATERIAL Döpfner Kinnen Halder THOP-Elternprogramm – Manual für Gruppenleiter Lizenziert für...

Döpfner Kinnen Halder THOP-Elternprogramm – Manual für Gruppenleiter Gruppenprogramm für Eltern von Kindern mit ADHS-Symptomen und expansivem Problemverhalten E-BOOK INSIDE + ARBEITSMATERIAL ONLINE-MATERIAL Döpfner Kinnen Halder THOP-Elternprogramm – Manual für Gruppenleiter Lizenziert für Ulrike Kipman Lizenziert für Ulrike Kipman Manfred Döpfner Claudia Kinnen Joya Halder THOP-Elternprogramm – Manual für Gruppenleiter Gruppenprogramm für Eltern von Kindern mit ADHS-Symptomen und expansivem Problemverhalten Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial Lizenziert für Ulrike Kipman Anschrift der Autoren: Prof. Dr. Manfred Döpfner Dr. Claudia Kinnen Dipl.-Päd. Joya Halder Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln Robert-Koch-Str. 10 50931 Köln Dieses Buch ist erhältlich als: ISBN 978-3-621-28345-8 Print ISBN 978-3-621-28370-0 E-Book (PDF) Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungseinrichtungen. Haftungshinweis: Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle übernehmen wir keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich. 1. Auflage 2016 © Beltz Verlag, Weinheim, Basel 2016 Werderstraße 10, 69469 Weinheim Programm PVU Psychologie Verlags Union http://www.beltz.de Lektorat: Karin Ohms Herstellung: Lelia Rehm Illustration: Klaus Gehrmann, Freiburg Umschlagbild: Klaus Gehrmann, Freiburg Satz und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza Printed in Germany Lizenziert für Ulrike Kipman Inhaltsübersicht I Diagnostik und multimodale Behandlung von Kindern mit ADHS und Störungen des Sozial­verhaltens 9 1 11 Symptomatik 2 Pathogenese 14 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen 17 4 Wirksamkeit von Elterntrainings, THOP und weiterer davon abgeleiteter Interventionen 20 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie von Kindern mit ADHS und oppositionellen Verhaltensstörungen 26 II Einführung in das THOP-Elterngruppenprogramm 29 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm 31 7 Über dieses Manual 32 8 Häufige Schwierigkeiten 35 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit 40 III Gruppenstunden des THOP-Elterngruppenprogramms 45 10 Gruppenstunde 1: ADHS – Was ist das? 47 11 Gruppenstunde 2: Wir nehmen die Probleme unter die Lupe 67 12 Gruppenstunde 3: Der Teufelskreis und der erste Schritt heraus: Sich wieder mögen lernen 80 13 Gruppenstunde 4: Sorgen Sie für klare Regeln 95 14 Gruppenstunde 5: Sparen Sie nicht mit Lob und seien Sie konsequent! 111 15 Gruppenstunde 6: Setzen Sie Punktepläne ein und fördern Sie die Stärken Ihres Kindes 133 16 Gruppenstunde 7: Gut geplant ist halb entspannt 157 17 Gruppenstunde 8: Rückblick und weitere Planung 174 IV Anhang 189   Inhaltsübersicht Lizenziert für Ulrike Kipman 5 Lizenziert für Ulrike Kipman Inhalt I Diagnostik und multimodale Behandlung von Kindern mit ADHS und Störungen des Sozial­verhaltens 1 9 Symptomatik 1.1 ADHS 1.2 Störungen des Sozialverhaltens 1.3 Verlauf 11 11 13 13 2 Pathogenese 2.1 ADHS 2.2 Störungen des Sozialverhaltens 14 14 16 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen 17 4 Wirksamkeit von Elterntrainings, THOP und weiterer davon abgeleiteter Interventionen 20 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie von Kindern mit ADHS und oppositionellen Verhaltensstörungen 26 II Einführung in das THOP-Elterngruppenprogramm 29 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm 31 7 Über dieses Manual 32 8 Häufige Schwierigkeiten 8.1 Schwierigkeiten durch divergierende Störungskonzepte 8.2 Schwierigkeiten durch inadäquate Erwartungshaltungen der Eltern 8.3 Schwierigkeiten durch eigene Problematiken der Eltern 8.4 Gruppendynamische Schwierigkeiten 8.5 Schwierigkeiten bei der Durchführung 35 35 36 37 37 38 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit 40 III Gruppenstunden des THOP-Elterngruppenprogramms 45 10 Gruppenstunde 1: ADHS – Was ist das? 10.1 Übersicht über Gruppenstunde 1 10.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 1 47 47 48 11 Gruppenstunde 2: Wir nehmen die Probleme unter die Lupe 11.1 Übersicht über Gruppenstunde 2 11.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 2 67 67 69 12 Gruppenstunde 3: Der Teufelskreis und der erste Schritt heraus: Sich wieder mögen lernen 12.1 Übersicht über Gruppenstunde 3 12.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 3 80 80 82   Inhalt Lizenziert für Ulrike Kipman 7 8 13 Gruppenstunde 4: Sorgen Sie für klare Regeln 13.1 Übersicht über Gruppenstunde 4 13.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 4 95 95 97 14 Gruppenstunde 5: Sparen Sie nicht mit Lob und seien Sie konsequent! 14.1 Übersicht über Gruppenstunde 5 14.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 5 111 111 112 15 Gruppenstunde 6: Setzen Sie Punktepläne ein und fördern Sie die Stärken Ihres Kindes 15.1 Übersicht über Gruppenstunde 6 15.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 6 133 133 135 16 Gruppenstunde 7: Gut geplant ist halb entspannt 16.1 Übersicht über Gruppenstunde 7 16.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 7 157 157 159 17 Gruppenstunde 8: Rückblick und weitere Planung 17.1 Übersicht über Gruppenstunde 8 17.2 Durchführungsanleitung zu Gruppenstunde 8 174 174 175 IV Anhang 189 Arbeitblätter Literatur Weiterführende Informationen Hinweise zum Download der Arbeitsmaterialien Sachwortverzeichnis 190 194 198 199 200 Inhalt  Lizenziert für Ulrike Kipman I Diagnostik und multimodale Behandlung von Kindern mit ADHS und Störungen des Sozial­ verhaltens 1 Symptomatik 2 Pathogenese 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen 4 Wirksamkeit von Elterntrainings, THOP und weiterer davon abgeleiteter Interventionen 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie von Kindern mit ADHS und oppositionellen Verhaltensstörungen Lizenziert für Ulrike Kipman Lizenziert für Ulrike Kipman 1 Symptomatik Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und Störungen des Sozialverhaltens (SSV) gehören zu den häufigsten psychischen Störungen im Kindesalter, sie treten oft gemeinsam auf und werden unter dem Begriff der externalen oder auch expansiven Verhaltensstörungen zusammengefasst. 1.1 ADHS Die ADHS ist durch eine Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsstörung, Ablenkbarkeit), der Impulskontrolle (Impulsivität) und der Aktivität (Hyperaktivität) gekennzeichnet. Diese Auffälligkeiten treten bei den meisten betroffenen Kindern bereits vor dem Alter von sechs Jahren auf und sind in mehreren Situationen und Lebensbereichen nachweisbar – in der Familie, im Kindergarten, in der Schule oder auch in der Untersuchungssituation (Döpfner et al., 2013a). Die genauen diagnostischen Kriterien lassen sich im DSM-5 (APA/Falkai et al., 2015) nachlesen. Diese Symptomkriterien weichen nur unwesentlich von den Kriterien des etwas älteren ICD-10 ab (Dilling et al., 2011, 2015). Die Störungen der Aufmerksamkeit, der Aktivität und der Impulskontrolle müssen sowohl nach DSM-5 als auch nach ICD-10 über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in einem Ausmaß vorhanden sein, das dem Entwicklungsstand des Kindes nicht angemessenen ist und das zu deutlichen Beeinträchtigungen des sozialen oder schulischen Funktionsniveaus führt. Die Symptome müssen zudem in mehreren Lebensbereichen auftreten. ICD-10 setzt voraus, dass die Symptomatik bereits vor dem Alter von sechs Jahren aufgetreten sein muss, während DSM-5 verlangt, dass die Symptome vor dem Alter von zwölf Jahren auftreten. In der Regel ist jedoch ein Symptombeginn bereits vor der Einschulung zu beobachten, wobei bei weniger stark ausgeprägten Fällen eine relevante Symptomatik erst in den Grundschuljahren beobachtet werden kann. Wenn die ersten Grundschuljahre jedoch völlig symptomfrei durchlaufen wurden und die Symptomatik erst im vierten oder fünften Schuljahr einsetzt, sollten differenzialdiagnostisch andere psychische Störungen in Betracht gezogen werden. Beide Diagnosesysteme unterscheiden sich zwar nur unwesentlich in der Definition der einzelnen Kriterien, wohl aber in der Bestimmung der Anzahl und der Kombination dieser Kriterien, die für die Diagnose einer ADHS vorliegen müssen. Wie Abbildung 1.1 zeigt, fordert das ICD-10, dass sowohl Störungen der Aufmerksamkeit als auch Störungen der Impulskontrolle und Störungen der Aktivität für die Diagnose einer einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) vorhanden sein müssen. Sind zusätzlich die Kriterien einer Störung des Sozialverhaltens erfüllt, dann wird eine Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) diagnostiziert. Demgegenüber unterscheidet das DSM-5 zwischen: CC dem gemischten Erscheinungsbild der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, bei dem wie beim ICD-10 alle Kernsymptome auftreten, wenn mindestens sechs Kriterien (ab dem Alter von 17 Jahren fünf Kriterien) für Unaufmerksamkeit und mindestens sechs (ab dem Alter von 17 Jahren fünf Kriterien) Kriterien für Hyperaktivität/Impulsivität erfüllt sind CC dem vorwiegend unaufmerksamen Erscheinungsbild, wenn mindestens sechs (ab 17 Jahre fünf) Kriterien für Unaufmerksamkeit, aber weniger als sechs (ab 17 Jahre fünf) Kriterien für Hyperaktivität/ Impulsivität erfüllt sind CC dem vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Erscheinungsbild, wenn mindestens sechs (ab 17 Jahre fünf) Kriterien für Hyperaktivität/Impulsivität, aber weniger als sechs (ab 17 Jahre fünf) Kriterien für Unaufmerksamkeit erfüllt sind 1.1 ADHS Lizenziert für Ulrike Kipman 11 Diagnosen nach ICD-10 Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität Impulsivität F90.0 Einfache Aufmerksamkeitsund Aktivitätsstörung situationsübergreifend Störung des Sozialverhaltens F90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Diagnosen nach DSM-5 Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität/Impulsivität situationsübergreifend Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität/Impulsivität situationsübergreifend Aufmerksamkeitsstörung Hyperaktivität/Impulsivität situationsübergreifend Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: gemischtes Erscheinungsbild Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend unaufmerksames Erscheinungsbild Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend hyperaktivimpulsives Erscheinungsbild Abbildung 1.1 Diagnosen einer Hyperkinetischen Störung nach ICD-10 und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/­ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nach DSM-5 Sowohl für die Zusammenfassung von Hyperaktivität und Impulsivität in eine Dimension, wie vom DSM-5 vorgeschlagen, als auch für ihre getrennte Betrachtung (sensu ICD-10) ließen sich empirische Belege finden (Breuer et al., 2009; Döpfner et al., 2008a; Erhart et al., 2008). Bei Jugendlichen, die nicht mehr alle für eine Diagnose notwendigen Symptome zeigen, kann nach DSM-5 die Diagnose durch den Zusatz »teilremittiert« spezifiziert werden. Vermutlich wird sich das in Vorbereitung befindliche ICD-11 der Einteilung von DSM-5 anschließen. Allerdings lassen sich auch mit dem ICD-10 Patienten mit einem vorwiegend unaufmerksamen Erscheinungsbild unter F98.8 oder auch F90.8 abbilden. Komorbidität Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen ohne zusätzliche – komorbide – psychische Störungen sind eher die Ausnahme (Pliszka, 1998). Bei bis zu 80 Prozent der Kinder mit ADHS werden komorbide Störungen diagnostiziert, welche die Prognose der ADHS maßgeblich negativ beeinflussen können (Biederman & Faraone, 2005; Yoshimasu et al., 2012). Am häufigsten treten oppositionelle Störungen des Sozialverhaltens (bis zu 50 %), stärker ausgeprägte Störungen des Sozialverhaltens (30-50 %), affektive, vor allem depressive Störungen (15-20 %), Angststörungen (20-25 %) und umschriebene Lernstörungen (10-25 %) auf. Darüber hinaus werden gehäuft Tic-Störungen sowie Sprech- und Sprachstörungen, aber auch Stö- 12 1 Symptomatik Lizenziert für Ulrike Kipman rungen der motorischen Funktionen beobachtet (vgl. Döpfner et al., 2013a). In epidemiologischen Studien werden teilweise noch höhere Komorbiditätsraten gefunden. Jensen et al. (1997) schlussfolgern nach einer Übersicht über entsprechende Studien, dass die Komorbiditätsraten in epidemiologischen Stichproben für Störungen des Sozialverhaltens einschließlich oppositioneller Verhaltensstörungen zwischen 43 und 93 Prozent liegen und für internalisierende Störungen (Angststörungen, depressive Störungen) zwischen 13 und 51 Prozent. Neben diesen komorbiden Störungen treten bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS vermehrt zusätzliche Probleme und Belastungen auf. Die betroffenen Kinder wiederholen häufiger eine Klasse, haben schlechtere Schulnoten und erreichen geringere Leistungen in Sprach-, Lese-, Rechtschreibund Rechentests. Die Kinder haben eine geringere soziometrische Position in der Gleichaltrigengruppe und die Eltern-Kind- sowie die Lehrer-Kind-Beziehungen sind durch ein hohes Maß an negativen, bestrafenden und kontrollierenden Interaktionen gekennzeichnet. 1.2 Störungen des Sozialverhaltens Die Störungen des Sozialverhaltens zeichnen sich im Kindesalter vor allem durch oppositionelle Verhaltensweisen gegenüber Erwachsenen und durch aggressives Verhalten hauptsächlich gegenüber Gleichaltrigen auf (Petermann et al., 2016). Die genauen Kriterien lassen sich im DSM-5 (APA/Falkai et al., 2015) nachlesen. Diese Diagnose beschreibt ein mindestens sechs Monate lang anhaltendes Muster von ärgerlicher/gereizter Stimmung, streitsüchtigem/trotzigem Verhalten oder Rachsucht, nachgewiesen über mindestens vier der im DSM-5 aufgelisteten Symptome, die sich in der Interaktionen mit mindestens einer Person zeigt, die kein Geschwister ist. Diese Symptomkriterien weichen nur unwesentlich von den Kriterien des ICD-10 für eine Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten ab (Dilling et al., 2011, 2015). DSM-5 verlangt zudem, dass die Verhaltensstörung mit Leidensdruck für die Person selbst oder für andere Personen im unmittelbarem sozialen Umfeld (z. B. Familie, Gleichaltrigengruppe) verbunden ist oder dass sie negative Auswirkungen auf soziale, pädagogische, berufliche oder andere wichtige Funktionsbereiche hat. Im Gegensatz zu ADHS müssen die Symptome einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten nicht in mehreren Lebensbereichen auftreten. Eine Generalisierung der Symptomatik über mehrere Lebensbereiche weist jedoch auf einen höheren Schweregrad hin. Störungen des Sozialverhaltens können im Kindesalter isoliert oder in Kombination mit anderen psychischen Störungen auftreten, vor allem mit ADHS und mit emotionalen Störungen (Ängsten und Depressionen). 1.3 Verlauf Bei ADHS vermindert sich in vielen Fällen im Jugendalter die motorische Unruhe, während Impulsivität und Aufmerksamkeitsstörungen und damit meist auch Beeinträchtigungen im schulischen Bereich sich oft fortsetzen (Faraone et al., 2006). Mitunter treten koexistierende Störungen und Probleme (z. B. aggressives Verhalten) in den Vordergrund der Gesamtproblematik. Bei Betroffenen mit günstigem Verlauf der Problematik sind dagegen oft keine Unterschiede mehr zu Gleichaltrigen festzustellen. Die Symptomatik kann bei einem Teil der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter hinein fortbestehen, bei anderen vermindern sich die Probleme in der Spätadoleszenz und mit Eintritt in das Erwachsenenalter weiter. Verlaufsuntersuchungen an klinischen Stichproben zeigen, dass bei 40 bis 80 Prozent der Kinder mit der Diagnose ADHS die Störung bis ins junge Erwachsenenalter fortbesteht (Döpfner et al., 2013a). Bei Kindern mit einer Störung des Sozialverhaltens kann ebenfalls im Laufe der weiteren Entwicklung eine Verminderung von Wutausbrüchen und impulsivem Verhalten beobachtet werden, doch können auch dissoziale Verhaltensweisen zusätzlich auftreten und sich die Symptomatik insgesamt verschärfen. 1.3 Verlauf Lizenziert für Ulrike Kipman 13 2 Pathogenese 2.1 ADHS Bei ADHS wird generell eine Interaktion psychosozialer und biologischer Faktoren vermutet, die letztlich zum klinischen Bild der ADHS führt. Allerdings weisen die Studien eindeutig darauf hin, dass psychosoziale Faktoren eine geringere Rolle und biologischen Faktoren ein großer Stellenwert für die Entstehung von ADHS eingeräumt werden muss, wobei die ausschließliche Betrachtung biologischer Faktoren nur zu einem begrenzten Teil die Entwicklung von ADHS erklären kann. Neurobiologische und neuropsychologische Ebene Auf der neurobiologischen und neuropsychologischen Ebene lässt sich die Vielzahl der Untersuchungsbefunde dahingehend zusammenfassen, dass bei Patienten mit ADHS eine grundlegende Dysfunktion des kortikalen-striatalen Netzwerkes vorliegt. Hierbei scheinen erbliche Faktoren eine bedeutende Rolle zu spielen mit einer wahrscheinlich genetisch bedingten dysfunktionalen Informationsverarbeitung zwischen Frontalhirn und Basalganglien. Zwillingsstudien belegen eine hohe Heritabilität der ADHS zwischen 60 und 90 Prozent, wobei in diese sowohl genetische Einflüsse als auch Gen-Umwelt-Interaktionen einfließen. Die dysfunktionale Informationsverarbeitung kann möglicherweise auch durch Komplikationen in der Schwangerschaft, durch Exposition gegenüber toxischen Substanzen (Alkohol, Nikotin) oder durch neurologische Erkrankungen und durch Einflüsse der psychosozialen Umwelt mitverursacht oder verstärkt werden. Neurophysiologische und neuroanatomische Befunde belegen sowohl morphologische als auch funktionelle Besonderheiten. Neuropsychologische Studien weisen auf Störungen der Aufmerksamkeit, der Selbstregulation, der Flexibilität im Denken, der Reaktionshemmung, des Zeitmanagements, des Arbeitsgedächtnisses, des Planens und Organisierens von Verhalten hin. Auf motivationaler Ebene wurde eine spezifisch erhöhte Abneigung gegen Belohnungsverzögerungen identifiziert (vgl. Döpfner et al., 2013a). Psychosoziale Ebene Auf der psychosozialen Ebene ist eine Häufung von ADHS in Familien mit geringerem sozioökonomischem Status in mehreren Studien nachgewiesen (z. B. Döpfner et al., 2008a). Zahlreiche Befunde belegen, dass ADHS auch in einem Zusammenhang mit speziellen Eltern-Kind-Beziehungsmustern steht. Dabei spielen die sog. erzwingenden Interaktionen eine besondere Rolle. Mütter von Kindern mit ADHS stellen häufiger Aufforderungen an diese, äußern sich häufiger in negativer Weise und verhalten sich weniger responsiv gegenüber ihren Kindern (z. B. DuPaul et al., 2001; Johnston, 1996; Keown & Woodward, 2002). Diese Befunde stehen in Übereinstimmung mit dem Konzept der gegenseitig erzwingenden (coerciven) Interaktionen, das Patterson (1982) ursprünglich für Kinder mit aggressiven Verhaltensauffälligkeiten beschrieben hat. Abbildung 2.1 gibt ein biopsychosoziales Modell zur Entstehung von ADHS wieder, das die weitgehend gesicherten Befunde zu den ätiologischen Faktoren von ADHS integriert (vgl. Döpfner et al., 2013a). Dieses Modell berücksichtigt als primär kausale Elemente genetische Faktoren und epigenetische Vorgänge bei der Hirnentwicklung, Schädigungen des Zentralnervensystems durch metabolische Störungen, Traumen usw. inklusive zentralnervöser Einflüsse von Toxinen bzw. Nahrungsmittelbestandteilen sowie psychosoziale Faktoren. Als vermittelnde Elemente werden neurobiologische (neuroanatomische, neurochemische und neurophysiologische) und neuropsychologische Auffälligkeiten und Prozesse angesehen, die schließlich auf der Verhaltensebene ADHS sowie koexistierende Störungen und Auffälligkeiten auslösen. Die neurobiologischen und neuropsychologischen Mediatoren lassen sich als sog. Endophänotypen verstehen, d. h. Brücken zwischen Genetik und Verhalten, die genetische und epigenetische Auswirkungen auf das Verhalten unmittelbar reflektieren. Insgesamt scheinen genetische Faktoren den Hauptanteil bei 14 2 Pathogenese Lizenziert für Ulrike Kipman der Verursachung von ADHS auszumachen, während erworbene biologische Faktoren und psychosoziale Faktoren eher eine untergeordnete Rolle spielen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese primären Faktoren nicht unabhängig voneinander additiv wirken, sondern dass Interaktionen zwischen ihnen vermutlich sehr bedeutsam sind. Die primären Ursachen wirken sich auch auf weitere neurobiologische sowie neuropsychologische Prozesse aus. So sind auf der neurobiologischen Ebene bei Kindern mit ADHS zahlreiche strukturelle und funktionelle zerebrale Auffälligkeiten nachweisbar, wie beispielsweise eine Störung im Dopamin-Stoffwechsel. Auf der neuropsychologischen Ebene lassen sich Störungen der Selbstregulation in verschiedenen Funktionsbereichen finden. Die klinische Symptomatik von ADHS kann somit als eine Resultante dieser primär kausalen neurobiologischen Faktorenkette mit Moderation durch psychosoziale Faktoren betrachtet werden. Psychosoziale Faktoren können die Ausprägung der Symptomatik, die Entwicklung komorbider Störungen und den Verlauf der Symptomatik im Sinne eines Vulnerabilitäts-Stress-Modells bei neurobiologisch vulnerablen Personen beeinflussen. Der Schweregrad der ADHS-Symptomatik und der längerfristige Verlauf sowie die Komorbidität mit anderen Störungen gehen mit ungünstigen psychosozialen Bedingungen einher. Die ADHS-Symptome bewirken wiederum eine Zunahme an negativen Interaktionen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen (Eltern, Erzieher, Lehrer, Geschwister, Gleichaltrige). Ungünstige Bedingungen in Familie und Schule (z. B. psychische Belastungen der Bezugspersonen, inkompetentes Erziehungsverhalten, große Klassen), aber auch in der Gleichaltrigengruppe (z. B. andere auffällige Kinder) unterstützen die weitere Entwicklung solcher ungünstigen Interaktionen. Diese bewirken ihrerseits wiederum eine Zunahme der ADHS-Symptomatik und der Störungen im Selbstregulationsprozess und sie unterstützen die Entwicklung weiterer komorbider Symptome. Ursachen Genetische Disposition Schädigung des ZNS Toxine, Allergene und Nahrungsmittelintoleranzen Ungünstige psychosoziale Bedingungen Prozesse Ebenen Epigenetische Veränderungen Neurobiologie Strukturelle und funktionelle Abweichungen (z.B. Störungen des DopaminStoffwechsels) Störungen sensomotorischer, exekutiver und motivationaler Funktionen Neuropsychologie ADHS-Symptome Symptome Zunahme an negativen Interaktionen mit Bezugspersonen Interaktionen ▶ Leistungsdefizite ▶ Aggressives Verhalten ▶ Emotionale Störungen Komorbide Symptome Abbildung 2.1 Biopsychosoziales Modell zur Entstehung von ADHS 2.1 ADHS Lizenziert für Ulrike Kipman 15 2.2 Störungen des Sozialverhaltens Bei Störungen des Sozialverhaltens spielen unabhängig von ADHS Temperamentsmerkmale, die mit Problemen in der Emotionsregulation in Zusammenhang stehen (z. B. ausgeprägte emotionale Reaktivität, niedrige Frustrationstoleranz), für die Entstehung der Störung eine Rolle. Die für ADHS beschriebenen psychosozialen Faktoren lassen sich ebenfalls und meist noch deutlicher auch für Störungen des Sozialverhaltens belegen. Sehr strenge, inkonsistente oder vernachlässigende Erziehungsmethoden sind häufig in Familien von Kindern und Jugendlichen mit einer Störung mit Oppositionellem Trotzverhalten anzutreffen und diese Erziehungspraktiken spielen in vielen Theorien zu den Ursachen der Störung eine wesentliche Rolle. Für Patterson et al. (1989) sind Hauptursachen für die Entwicklung oppositioneller und aggressiver Verhaltensweisen in der frühen Kindheit inkonsistente Erziehung und mangelnde Kontrolle, verbunden mit mangelnder Wärme und verminderter Aufmerksamkeit für angemessene prosoziale Verhaltensansätze der Kinder. 16 2 Pathogenese Lizenziert für Ulrike Kipman 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen Die spezifische Diagnostik von Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) sowie von Störungen des Sozialverhaltens baut auf einer allgemeinen multimodalen Diagnostik von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen auf, wie sie im Leitfaden zur Diagnostik psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter (Döpfner & Petermann, 2012) beschrieben ist. Ausführliche Anleitungen zur spezifischen Diagnostik von ADHS und von Störungen des Sozialverhaltens sowie eine Zusammenstellung der diagnostischen Materialien finden sich: CC im Leitfaden zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner et al., 2013a) CC im Kinder-Diagnostik-Systems KIDS zu Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner et al., 2006) CC im Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-5 für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-III; Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) CC in den Leitfäden zu Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner et al., 2013b) und zu Störungen des Sozialverhaltens (Petermann et al., 2016) Tabelle 3.1 gibt eine Übersicht über hilfreiche Verfahren der störungsübergreifenden und der störungsspezifischen multimodalen Verhaltens- und Psychodiagnostik. Exploration Im Rahmen der multimodalen diagnostischen Abklärung einer ADHS und der Störung des Sozialverhaltens steht die Exploration der Eltern, des Kindes/Jugendlichen und der Erzieher/Lehrer im Zentrum der Diagnostik. Ohne Informationen sowohl von den Eltern als auch von dem Kind/Jugendlichen und von Erziehern/Lehrern ist die Diagnose einer ADHS nicht möglich und auch für die Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens sollten die Urteile von Eltern und Lehrern einbezogen werden, da die Symptomatik in verschiedenen Lebensbereichen sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die Exploration des Kindes/ Jugendlichen bezieht auch die Verhaltensbeobachtung des Kindes/Jugendlichen während der Exploration und während anderer Untersuchungen (z. B. testpsychologische Untersuchung) sowie seine psychopathologische Beurteilung mit ein. Alle anderen diagnostischen Maßnahmen sind optional, aber häufig indiziert (vgl. Döpfner et al., 2013a): CC Standardisierte Fragebögen für die Eltern, für das Kind/den Jugendlichen und für den Erzieher/Lehrer können die Exploration ergänzen und erleichtern. Falls eine Exploration der Erzieher/Lehrer nicht möglich ist, können Fragebögen diese auch ersetzen. Häufig erleichtern Fragebögen die Exploration, wenn sie vor der Exploration beantwortet werden. Der Untersucher kann dann die Informationen aus den Fragebögen zur gezielten weiterführenden Exploration nutzen. CC Eine testpsychologische Untersuchung der Intelligenz oder des Entwicklungsstandes bzw. der schulischen Leistungsfähigkeit oder der Aufmerksamkeitsleistung und Impulsivität kann unter bestimmten Bedingungen indiziert sein. Eine grundlegende kurze Prüfung der intellektuellen Leistungsfähigkeit ist jedoch meist indiziert. Neuropsychologische Tests beispielsweise der Aufmerksamkeit, der Impulskontrolle oder des Kurzzeitgedächtnisses können ergänzend hilfreich sein. CC Eine orientierende körperliche und neurologische Untersuchungen mit weitergehenden somatischen Abklärungen bei Indikation ist vor allem zur differenzialdiagnostischen Abklärung und zur Erfassung komorbider somatischer Erkrankungen notwendig und sie ist auch Bestandteil der Überprüfung der Indikation für eine Pharmakotherapie. 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen Lizenziert für Ulrike Kipman 17 Tabelle 3.1 Verfahren der multimodalen Verhaltens- und Psychodiagnostik von ADHS und oppositionellem Verhalten Stufe Klinisches Urteil Elternurteil Erzieher-/ Lehrerurteil Selbsturteil (ab 11 J.) Störungsüber­ greifende Diagnostik EPSKI CASCAP-D DCL-SCREEN ILF-SCREEN 3-5 J.: VBV-EL 3-5 J.: CBCL1½ -5 CBCL6-18R FBB-SCREEN 3-5 J.: VBV-ER 3-5 J.: CTRF1½ -5 TRF6-18R FBB-SCREEN YSR11-18R SBB-SCREEN Störungs­spezifische Diagnostik ES-HOV DCL-ADHS DCL-SSV ILF-EXTERNAL EI-PF VWU 3-5 J.: FBB-ADHS-V FBB-ADHS FBB-SSV EF-PF FAVK-F 3-5 J.: FBB-ADHS-V SBB-ADHS FBB-ADHS SBB-SSV FBB-SSV FAVK-S FAVK-F CASCAP-D: Psychopathologisches Befund-System bei Kindern und Jugendlichen (Döpfner et al., 1999) CBCL 11/2–5: Elternfragebogen für Klein- und Vorschulkinder (Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2002a) CBCL 6–18R: Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (Döpfner et al., 2014) CTRF: Fragebogen für Erzieherinnen von Klein- und Vorschulkindern (Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist, 2002b) DCL-ADHS: Diagnose-Checkliste für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) DCL-SCREEN: Diagnose-Checkliste zum Screening psychischer Störungen (Döpfner Görtz-Dorten, 2016) DCL-SSV: Diagnose-Checkliste für Störungen des Sozialverhaltens (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) EF-PF: Elternfragebogen über Problemsituationen in der Familie (Döpfner et al., 2006, 2013b) EI-PF: Elterninterview über Problemsituationen in der Familie (Döpfner et al., 2006, 2013b) EPSKI: Explorationsschema für psychische Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter (Döpfner & Petermann, 2012; Döpfner & Steinhausen, 2012) ES-HOV: Explorationsschema für Hyperkinetische und Oppositionelle Verhaltensstörungen (Döpfner et al., 2006, 2013b) FAVK: Fragebogen zum aggressiven Verhalten von Kindern (Görtz-Dorten & Döpfner, 2010). FBB-ADHS: Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) FBB-ADHS-V: Fremdbeurteilungsbogen für Vorschulkinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) FBB-SCREEN: Fremdbeurteilungsbogen zum Screening psychischer Störungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) FBB-SSV: Fremdbeurteilungsbogen für Störungen des Sozialverhaltens (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) ILF-EXTERNAL: Interview-Leitfaden für Externale Störungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) ILF-SCREEN: Interview-Leitfaden zum Screening psychischer Störungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) SBB-ADHS: Selbstbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) SBB-SCREEN: Selbstbeurteilungsbogen zum Screening psychischer Störungen (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) SBB-SSV: Selbstbeurteilungsbogen für Störungen des Sozialverhaltens (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016) TRF/6-18R: Lehrerfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen (Döpfner et al., 2014) VBV-EL: Verhaltensbeurteilungsbogen für Vorschulkinder – Elternfragebogen (Döpfner et al., 2016) VBV-ER: Verhaltensbeurteilungsbogen für Vorschulkinder – Erzieherfragebogen (Döpfner et al., 2016) VWU: Beurteilungsbogen: Verhalten während der Untersuchung (Döpfner et al., 2013b) YSR/11-18R: Fragebogen für Jugendliche (Döpfner et al., 2014) Ausführliche Hinweise zur Exploration der Eltern und der Erzieher oder Lehrer werden im Leitfaden zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (Döpfner et al., 2013a) gegeben sowie im Rahmen des Therapieprogramms für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten THOP (Döpfner et al., 2013b). Hilfreich für eine klinische Exploration sind das Explorationsschema für Hyperkinetische und Oppositionelle Verhaltensstörungen (ES-HOV; Döpfner et al., 2013a,b, 2006) und die Diagnose-Checkliste für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen DCL-ADHS bzw. für Störungen 18 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen Lizenziert für Ulrike Kipman des Sozialverhaltens (FBB-SSV) aus dem Diagnostik-System für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-5 für Kinder- und Jugendliche (DISYPS-III; Döpfner & Görtz-Dorten, 2016). Anhand der DiagnoseCheckliste lassen sich die einzelnen Kriterien für die Diagnose einer ADHS nach ICD-10 und nach DSM-5 im Rahmen einer niedrig strukturierten klinischen Exploration bewerten. Das DISYPS-III enthält zudem einen Interviewleitfaden für externale Störungen (ILF-External), der ergänzend eingesetzt werden kann, um eine höher strukturierte Exploration entsprechend den Kriterien eines strukturierten Interviews durchzuführen. Zur Festlegung der Ansatzpunkte von Interventionen im Rahmen eines Elterntrainings hat sich das Elterninterview über Problemsituationen in der Familie, EI-PF (Döpfner et al., 2006, 2013b) erwiesen. Standardisierte Fragebögen Standardisierte Fragebögen für Eltern, für ältere Kinder/Jugendliche und für Erzieher/Lehrer zur Erfassung der ADHS-Symptomatik und komorbider Symptome und Probleme können ausgesprochen nützlich sein. Bei der Erfassung der ADHS- und der oppositionell-aggressiven Symptome sind Eltern- und Erzieher-/ Lehrerfragebögen im Allgemeinen valider als Selbstbeurteilungsverfahren. Bei der Erfassung komorbider emotionaler Symptome können Selbstbeurteilungsverfahren sensitiver sein. Basisverfahren. Als Basisverfahren zur Erfassung eines breiten Spektrums psychischer Auffälligkeiten haben sich die in Tabelle 3.1 aufgelisteten Verfahren bewährt. Im Rahmen der störungsspezifischen Diagnostik können der Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (FBB-ADHS) und der Fremdbeurteilungsbogen für Störungen des Sozialverhaltens (FBB-SSV) eingesetzt werden, die sowohl von den Eltern als auch von den Erziehern/Lehrern beurteilt werden können. Diese Fragebögen sind Bestandteil des umfassenden Diagnostik-Systems für psychische Störungen nach ICD-10 und DSM-5 für Kinder und Jugendliche, DISYPS-III (Döpfner & Görtz-Dorten, 2016). Die Bögen enthalten die Diagnosekriterien für ADHS und für Störungen des Sozialverhaltens. Wenn die Bögen vor der Exploration der Eltern oder der Erzieher bzw. Lehrer ausgefüllt werden, dann kann die Exploration sehr gezielt erfolgen und der Untersucher kann sich sein eigenes Urteil durch Nachfragen bilden, das er dann auf den entsprechenden Diagnose-Checklisten dokumentieren kann. Für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren wurde der Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen im Vorschulalter (FBB-ADHS-V) entwickelt, der die spezifische Ausprägung der ADHS-Symptomatik bei Vorschulkindern erfasst. Er ist sowohl für das Erzieherurteil als auch das Elternurteil normiert. Im Elternfragebogen über Problemsituationen in der Familie, EF-PF (s. Döpfner et al., 2013b, 2006) schätzen die Eltern ein, wie problematisch sie das Verhalten des Kindes in 16 alltäglichen familiären Situationen erleben. Der Fragebogen ist parallel zum Elterninterview über Problemsituationen, EI-PF (Döpfner et al., 2006, 2013b) aufgebaut. Wenn der Fragebogen vor dem Elterninterview ausgefüllt wird, kann dieses Interview zielgerichteter und schneller durchgeführt werden. Zur Erfassung aggressiver und oppositioneller Verhaltensweisen hat sich vor allem der Fragebogen zum aggressiven Verhalten von Kindern (FAVK, Görtz-Dorten & Döpfner, 2010) bewährt, der zwischen gleichaltrigenbezogener Aggression und erwachsenenbezogener Aggression sowie zwischen verschiedenen störungsaufrechterhaltenden Faktoren unterscheidet. Er liegt sowohl im Fremdurteil als auch im Selbsturteil vor. 3 Multimodale Diagnostik externaler Störungen Lizenziert für Ulrike Kipman 19 4 Wirksamkeit von Elterntrainings, THOP und weiterer davon abgeleiteter Interventionen Meta-Analysen und systematische Übersichtsarbeiten zur Wirksamkeit von Elterntrainings und anderer verhaltenstherapeutischer Interventionen bei Kindern mit ADHS und Störungen des Sozialverhaltens zeigen insgesamt, dass verhaltenstherapeutische Interventionen wirkungsvoll sind. Für Kinder mit Störungen des Sozialverhaltens sind die Effekte anhand mehrerer Meta-Analysen sehr gut belegt. So konnten Comer et al. (2013) sehr große Effekte (g > 0,8) für behaviorale Trainings (überwiegend Elterntrainings) für Kinder unter acht Jahren finden. Ähnliche Effekte können Leijten et al. (2013) und McCart et al. (2006) belegen. Bei Kindern mit ADHS liegen je nach Methode der Meta-Analysen leicht divergierende Ergebnisse vor. Die von Pelham und Fabiano (2008) und Fabiano et al. (2009) vorgelegten Übersichtsarbeiten und MetaAnalysen fassen eine Vielzahl von Studien zusammen, welche die Wirksamkeit von eltern- und familienzentrierten sowie kindergarten- und schulzentrierten Interventionen bei Kindern mit ADHS überprüft haben. Sie bewerten, auf der Basis der gesamten Literatur zu Wirksamkeitsstudien, Elterntrainings sowie Interventionen im Kindergarten und in der Schule als empirisch gut belegte Verfahren zur Behandlung von Kindern mit ADHS. Die Effektstärken lagen für Parallel-Kontrollgruppenstudien im Median bei d = 0.47 und für Eigenkontrollgruppenstudien bei d = 0.64 und damit im mittleren Bereich. Bei Studien mit Stimulanzientherapie werden höhere Effektstärken von etwa 1.0 bezogen auf die ADHS-Symptomatik erreicht. Die in verhaltenstherapeutischen Studien erzielten Effekte liegen also hinsichtlich der Effektstärken im mittleren Bereich, allerdings eher unter den Effekten von Stimulanzientherapie. Vergleichbare Ergebnisse zeigt auch die Meta-Analyse von van der Oord et al. (2008). In Meta-Analysen, bei denen ausschließlich randomisierte Kontrollgruppenstudien zur Wirksamkeit verhaltenstherapeutischer Interventionen bei Kindern mit der Diagnose einer ADHS einbezogen wurden, konnten ebenfalls im Elternurteil Effekte von Elterntrainings auf die ADHS-Symptomatik gefunden werden (Sonuga-Barke et al., 2013). Allerdings sind Eltern bei diesen Studien gegenüber der Behandlungsbedingung nicht verblindet, wie das bei randomisierten Kontrollgruppenstudien zur Wirksamkeit der Pharmakotherapie der Fall ist. Man kann daher nicht ausschließen, dass Eltern in ihrem Urteil beeinträchtigt sind. Daher wurden in weiteren Analysen nur Erfolgsmaße zugelassen, die weniger anfällig gegenüber einer solchen Urteilsverzerrung sind (z. B. Verhaltensbeobachtung, Lehrerurteile bei Elterntrainings). In diesen sekundären Analysen zeigten sich keine Effekte von verhaltenstherapeutischen Interventionen (hauptsächlich Elterntrainings). In weiteren Analysen konnten Effekte von verhaltenstherapeutischen Interventionen auf oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten der Kinder und auf das Erziehungsverhalten der Eltern belegt werden (Daley et al., 2014). Kombinationsbehandlung In mehreren Studien wurde die Wirksamkeit einer Kombination von Stimulanzienbehandlung mit verhaltenstherapeutischen Interventionen untersucht. Die Mehrzahl der Studien, die eine Kombination von Stimulanzientherapie mit Interventionen in der Familie und in der Schule untersuchten, weisen insgesamt auf eine gegenüber einer ausschließlichen Stimulanzientherapie leicht erhöhten Wirksamkeit multimodaler Interventionen hin (Döpfner et al., 2013a; van der Oord et al., 2008). Während die Wirksamkeit von isolierter Verhaltenstherapie und auch die höheren Effekte der Kombinationstherapie gegenüber ausschließlicher Verhaltenstherapie gut belegt sind, ist die relative Bedeutung kombinierter Verhaltens- und Pharmakotherapie im Vergleich zu Pharmakotherapie umstritten (zusammenfassend Döpfner et al., 2013a). Hinsichtlich der Langzeiteffekte lassen sich einerseits deutliche Verbesserungen der Symptomatik bei den behandelten Patienten nachweisen, jedoch weder überzeugende Belege für die Überlegenheit von Pharmakotherapie noch von Verhaltenstherapie finden. Weitere Studien zu den langfristigen Effekten von multimodaler Therapie und von Pharmakotherapie sind daher dringend geboten. 20 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten THOP Das Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten THOP im Einzelformat (in dem auch schulzentrierte und patientenzentrierte Interventionen integriert sind) ist im Rahmen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Kölner Adaptiven Multimodalen Therapiestudie bei Kindern mit ADHS (KAMT) entwickelt und evaluiert worden. Mehrere Publikationen liegen zu den Ergebnisse der Kurzzeit- und der Langzeiteffekte vor (Döpfner et al., 2004, 2015, 2016). In der Studie wurden 75 Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren mit der Diagnose einer ADHS ambulant behandelt. Nach einer sechswöchigen Phase der Psychoedukation und des Beziehungsaufbaus wurden die Patienten initial entweder verhaltenstherapeutisch (n = 45) oder medikamentös mit Methylphenidat (n = 28) behandelt. Je nach individuellem Verlauf wurde die Behandlung danach mit der jeweils anderen Interventionsform kombiniert. Dadurch wurde eine multimodale Therapie entsprechend dem jeweiligen Therapieverlauf durchgeführt. Insgesamt konnten bis zu fünf Behandlungsphasen mit jeweils sechs Sitzungen mit den Eltern und/oder dem Kind sowie begleitenden Lehrerkontakten durchgeführt werden. Bei den Kindern, die initial oder im weiteren Verlauf ergänzend mit dem Therapieprogramm THOP behandelt wurden, konnten folgende Ergebnisse erzielt werden: CC 28 Prozent der Kinder, die initial mit Verhaltenstherapie behandelt wurden, mussten aufgrund klinischer Kriterien ergänzend mit Stimulanzien behandelt werden, weil Verhaltenstherapie nicht hinreichend wirksam war; bei 72 Prozent war eine zusätzliche Stimulanzientherapie nicht nötig. CC Etwa 50 bis 60 Prozent der Kinder, die ausschließlich mit Verhaltenstherapie behandelt wurden, zeigen bei Behandlungsende nur noch minimale Verhaltensauffälligkeiten in der Familie (therapierelevante individuelle Verhaltensprobleme in der Familie oder keine Diagnose einer ADHS und/oder Störung des Sozialverhaltens). CC Etwa 35 bis 40 Prozent der Kinder, die ausschließlich mit Verhaltenstherapie behandelt wurden, zeigen bei Behandlungsende nur noch minimale Verhaltensauffälligkeiten in der Schule (therapierelevante individuelle Verhaltensprobleme in der Schule oder keine Diagnose einer ADHS und/oder Störung des Sozialverhaltens). CC Zusätzliche Effekte von Verhaltenstherapie nach vorausgegangener Stimulanzientherapie lassen sich nur in geringem Umfang nachweisen. Die klinischen Erfahrungen mit dem Therapieprogramm im Rahmen der genannten Studie und der klinikeigenen Schwerpunktambulanz lassen sich wie folgt umreißen: CC Das Eltern-Kind-Programm wird von der überwiegenden Mehrzahl der Eltern und Kinder gut angenommen. Der Anteil der Eltern, die ein Therapieangebot nicht in Anspruch nehmen oder das Programm vorzeitig beenden, ist relativ gering. CC Das Eltern-Kind-Programm kann auch gut bei Eltern mit geringerem Bildungsniveau durchgeführt werden. Durch die starke Betonung der anleitenden und der einübenden Komponenten lässt sich das Programm auch gut mit Eltern aus niedrigeren sozialen Schichten durchführen. CC Die Zufriedenheit der Eltern mit dem Programm ist hoch. Die überwiegende Mehrzahl der Eltern ist mit der Therapie zufrieden oder sehr zufrieden, auch dann, wenn nicht alle der bei Behandlungsbeginn formulierten Therapieziele erreicht werden konnten. CC Bei der überwiegenden Mehrzahl der Familien kann eine deutliche Verminderung oppositioneller und hyperkinetischer Auffälligkeiten erreicht werden. Nur sehr wenige Familien scheinen überhaupt nicht von dem Programm profitiert zu haben. Allerdings ist nur ein geringer Anteil der behandelten Familien und Kinder bei Behandlungsende völlig problemfrei. CC Bei Kindern mit sehr stark ausgeprägter ADHS-Symptomatik ist eine Pharmakotherapie meist unverzichtbar. Das betrifft mindestens 30 Prozent der Kinder mit der Diagnose. Wenn eine initiale Verhaltenstherapie nicht hilft, sollte nicht zu lange damit gewartet werden, bis die Wirksamkeit einer Stimu- 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman 21 lanzientherapie überprüft wird. Wenn sich in den ersten zwei bis drei Monaten keine deutlichen Veränderungen unter der Verhaltenstherapie erzielen lassen, sollte eine entsprechende ergänzende oder alternative Pharmakotherapie erwogen werden. Bei manchen Kindern ist dann auch keine intensive Verhaltenstherapie mehr nötig, wohl aber eine kontinuierliche Beratung und Begleitung indiziert. Eine Nachuntersuchung 1,5 Jahre nach Therapieende an 66 der 75 Patienten (Döpfner et al., 2015) zeigte, dass zum Nachuntersuchungszeitpunkt 32 Patienten pharmakotherapeutisch behandelt wurden, während 34 Patienten keine Medikamente einnahmen. In beiden Gruppen konnte eine weitgehende Stabilisierung der Therapieeffekte sowohl im Urteil der Eltern als auch der Lehrer belegt werden. In einer weiteren Nachuntersuchung, durchschnittlich 8,8 Jahre nach Behandlungsende (Döpfner et al., 2016), konnten grundlegende Informationen von allen 75 ehemaligen Patienten eingeholt werden. Weniger als 10 Prozent der Patienten waren zu diesem Zeitpunkt noch in pharmakologischer bzw. psychologischer Behandlung. Im gesamten Nachuntersuchungszeitraum konnte eine weitere signifikante Verminderung der Symptomatik belegt werden und bei fast 70 Prozent der Patienten konnte eine Normalisierung der ADHS-Symptomatik beobachtet werden. Hinsichtlich globaler Maße der schulischen und der beruflichen Karriere als auch hinsichtlich der Delinquenzrate zeichnet sich ein überwiegend positives Bild ab, wenngleich insgesamt deutliche Funktionsbeeinträchtigungen bei einem substanziellen Anteil der Patienten hinsichtlich Schulkarriere, Bildungsabschluss und Delinquenzraten zu erkennen waren. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit lag im unteren Durchschnittsbereich (Schürmann et al., 2011). In einer multizentrischen Studie zur Wirksamkeit des Therapieprogramms THOP bei Müttern mit ADHS, deren Kinder ebenfalls an einer ADHS-Symptomatik litten, wurde das Programm bei 144 Eltern im Einzelformat (12 Sitzungen) durchgeführt (Jans et al., 2015). Dabei konnte gezeigt werden, dass sich nach Behandlung der elterlichen ADHS-Symptomatik die Symptomatik des Kindes im Verlauf der Therapie weiter deutlich reduzierte und teilweise auch stärker reduzierte als in der vorangegangenen Behandlung der Eltern. Von mehreren Forschergruppen wurde die Wirksamkeit die familienzentrierten Interventionen von THOP im Gruppenformat auf der Basis des THOP-Manuals (Döpfner et al., 2013b) untersucht. Tabelle 4.1 gibt eine Übersicht über die Wirksamkeit von THOP sowohl im Einzel- als auch im Gruppenformat. CC Berk et al. (2008) untersuchten Veränderungen der Symptomatik im Verlauf eines Elterngruppentrainings (10 × 90 Minuten) und die Zufriedenheit der Eltern mit dieser in der Routineversorgung durchgeführten Therapie. Veränderungen in der Symptomatik wurden im Prä-Post-Vergleich mit dem Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (FBB-ADHS) erhoben. Die globale Elternzufriedenheit und die Zufriedenheit der Eltern mit einzelnen Behandlungsbausteinen wurden mit einem neu entwickelten Zufriedenheitsfragebogen erfasst. Im Urteil der Mütter konnten signifikante Verminderungen der ADHS-Symptomatik nachgewiesen werden. Die Effektstärken weisen auf mittlere Effekte hin. Die Zufriedenheit der Eltern mit dem Elterngruppentraining insgesamt und mit einzelnen Komponenten war hoch. CC Salbach et al. (2005) publizierten eine Untersuchung zur Wirksamkeit eines Elterngruppentrainings nach THOP. Eltern von 16 Kindern mit ADHS bildeten gemeinsam mit ihren Kindern die Experimentalgruppe und nahmen an einem wöchentlich stattfindenden zehnwöchigen Gruppentraining teil. Die Kinder erhielten eine medikamentöse Behandlung mit Methylphenidat. Daneben erfolgte eine Beratung. Als Kontrollgruppe fungierten 17 weitere Kinder mit einer ADHS nebst ihren Eltern. Die Kinder wurden ebenfalls pharmakotherapeutisch behandelt, profitierten von einer Beratung, ihre Eltern nahmen aber nicht an dem Gruppentraining teil. Bezogen auf die Experimentalgruppe erfolgte vor und nach dem Training die Erhebung der Variablen »Konfliktsituationen zu Hause«, »Hausaufgabenprobleme« sowie »Kernsymptomatik der Hyperkinetischen Störung« mittels Fragebogen. Bei den Eltern der Kontrollgruppe wurde mittels Fragebogen lediglich die »Kernsymptomatik der Hyperkinetischen Störung« erfasst. Am Ende des Gruppentrainings zeigte sich bei der Experimentalgruppe eine signifi- 22 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman Tabelle 4.1 Studien zur Kurzzeitwirksamkeit von THOP im Einzel- und Gruppenformat Studie Stichprobe Intervention Ergebnisse Döpfner et al. ADHS (6-10 J.) (2004) EG: n = 75 Sequentielles Adaptives Design: Psychoedukation (n = 75) MPH-Medikation + THOP (n = 38) THOP Einzel (bis 18 × 50 Min; n = 37) Prä-Post-Effektstärken THOP (n = 37): ADHS (Eltern): 1,0, (Lehrer): 1,0 CBCL Total: 1,4; TRF-Total: 0,7 Berk et al. (2008) ADHS (7-12 J.) EG: n = 41 THOP Elterngruppen (10 × 90 Min); Klinische Routine Prä-Post-Verminderungen von ADHS-Symptomen (Elternurteil), mittlere Effekte Hohe Zufriedenheit der Eltern Salbach et al. (2005) ADHS (7-12 J.) EG: n = 16 KG: n = 17 EG: THOP-Elterngruppen (10 × 90 Min) Prä-Post-Verminderungen von + Pharmako ADHS-Symptomen in EG KG: Beratung + Pharmako Therapieeffekt im Vergleich zu KG auf Hyperaktivitätsindex; andere Maße: Trends Lauth et al. (2006) ADHS EG1: n = 15, EG2: n = 15, EG3: n = 15, KG: n = 15 EG1: Aufmerksamkeitstraining (AT) EG2: THOP (10 × 50 Min) EG3: AT + THOP KG: Wartekontrolle Elternurteil, Kindurteil (ADHS): EG1 = EG2 = EG3 > KG Lehrerurteil: keine Effekte Dreiskörner et al. (2006) ADHS (7-13 J.) EG1: n = 31 EG2: n = 3 EG3: n = 15 KG: n = 16 EG1: THOP-Elterngruppe (15 × 90 Min) EG2: Aufmerksamkeitstraining, Baistraining (AT) (10 × 90 Min.) Kindergr. + 3 × 90 Min. Elterngruppe EG3: wie EG2; Basis+ Strategietraining KG: Wartekontrolle EG2, EG3 > KG (3 neuropsych. Variablen) EG2, EG3 = KG Verhalten EG1 > KG Konzentration, Verhalten Eltern/Lehrer EG1 > EG2, EG3 (Konzentration, Verhalten) EG = Experimentalgruppe, KG=Kontrollgruppe CC kante Symptomverringerung bezüglich der ADHS-Symptomatik. Diese Verringerung war im Vergleich zur Kontrollgruppe ausgeprägter, allerdings nicht signifikant (Mann-Whitney-U-Test). Bei der Prüfung nach dem allgemeinen linearen Modell zeigte sich aber bezogen auf die Variable »Hyperaktivitätsindex« ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Aufgrund der relativ begrenzten Stichprobengröße konnten mit dieser Studie nur starke Effekte statistisch signifikant abgesichert werden. Lauth et al. (2005) führten ebenfalls ein Gruppentraining mit dem THOP von 10 × 50 Minuten durch. Insgesamt 60 Kinder (Altersbereich 7;3–12;2 Jahre) mit der Diagnose einer ADHS wurden aus einer größeren Grundgesamtheit ausgewählt. Jeweils 15 Kinder wurden einem kindzentrierten Aufmerksamkeitstraining, einem Elterntraining mit THOP, einer Kombinationsbehandlung (Kind- und Elterntraining) oder einer Wartekontrollgruppe ohne Behandlung per Zufall zugewiesen. Die Effekte dieser Behandlungsmaßnahmen wurden jeweils aus der Perspektive der Eltern, der Lehrer und der Kinder in wiederholten Messungen zu Behandlungsende und zehn Wochen nach Therapieende überprüft. Im Urteil der Eltern und der Kinder führten alle drei Interventionsformen zu einer bedeutsamen und andauernden Reduktion der ADHS-Symptomatik. Nach Lehrerurteil änderte jedoch keine der Behandlungsbedingungen die Symptomatik. Auch in dieser Studie konnten aufgrund der begrenzten Stichprobengröße nur starke Effekte statistisch signifikant abgesichert werden. 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman 23 CC Dreiskörner et al. (2006) setzten THOP ebenfalls in Elterngruppen ein, die über 15 Wochen (15 × 90 Minuten) durchgeführt wurden. 96 Kinder zwischen sieben und 13 Jahren nahmen in drei Zentren an der Untersuchung teil. 31 Kinder absolvierten gemeinsam mit ihren Eltern ein 15-wöchiges THOPTraining, 34 ein 15-wöchiges Training für aufmerksamkeitsgestörte Kinder, 15 Kinder das Basistraining und 16 Kinder bildeten eine Wartegruppe. Für das Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern konnten nur leichte Verbesserungen bei der kognitiven Hemmungskontrolle und der Nutzung des phonologischen Arbeitsgedächtnisses nachgewiesen werden, die ADHS-Symptome verminderten sich jedoch kaum. Mit dem THOP-Training konnten tendenziell die Aufmerksamkeitsleistungen gesteigert werden. Insbesondere ließ sich die familiäre Interaktion verbessern und die ADHS-Symptomatik sowohl in der Familie als auch in der Schule vermindern. Präventionsprogramm für Expansives Problemverhalten PEP Neben den Studien zur Wirksamkeit von THOP im Einzel- und Gruppenformat liegen mehrere Studien zu dem auf der Basis von THOP entwickelte Präventionsprogramm für Expansives Problemverhalten (PEP) (Plück et al., 2006) vor, das ebenfalls im Gruppenformat durchgeführt wird. PEP wurde hauptsächlich zur indizierten Prävention bei Kindern im Kindergartenalter, die bereits expansive Verhaltensauffälligkeiten zeigen, entwickelt. Das Training besteht aus zehn 90- bis 120-minütigen wöchentlichen Sitzungen, an denen fünf bis sechs Teilnehmer teilnehmen. PEP richtet sich schwerpunktmäßig an die Eltern und Erzieherinnen drei- bis sechsjähriger als expansiv auffällig indizierter Kinder. In einer randomisierten Kontrollgruppenstudie wurden zunächst Kinder mit expansiven Verhaltensauffälligkeiten per Screening systematisch erfasst. Von 60 drei- bis sechsjährigen Kindern nahmen sowohl die Erzieherinnen als auch die Mütter am PEP-Training teil. 65 Kinder dienten als nicht-behandelte Kontrollgruppe. Erhoben wurden das Erziehungsverhalten der Mütter und das kindliche Problemverhalten aus Sicht der Mütter und der Erzieherinnen. Nach der Intervention zeigten sich in der Interventionsgruppe eine Verminderung des Problemverhaltens und eine Verbesserung des elterlichen Erziehungsverhaltens. In der Interventions-, nicht aber in der Kontrollgruppe nahm aber der Anteil an Familien deutlich ab, die zu Beginn der Studie über unterdurchschnittliche Erziehungskompetenzen verfügten. Veränderungen von Erziehungs- und Problemverhalten wiesen eine signifikante Korrelation auf. Es konnten klinisch bedeutsame Veränderungen der ADHS und oppositionellen Symptomatik nachgewiesen und gezeigt werden, dass sich die Erfolge auch langfristig stabilisieren (Hanisch et al., 2006, 2010a,b). In zwei nachfolgenden Studien wurden die Wirksamkeit des PEP-Elterntrainings und des PEP-Erziehertrainings in der Routineanwendung überprüft. Hautmann et al. (2008) trainierten 59 Mitarbeiter aus 37 beratenden Einrichtungen in einer zweitägigen Schulung in der Durchführung des PEP-Elterntrainings. In einem Eigenkontrollgruppendesign wurden zwei Prä-Messungen durchgeführt, zum einen drei Monate, zum anderen unmittelbar vor der Intervention (Wartekontrollphase). Messungen nach der Intervention fanden direkt im Anschluss an das Training, sowie drei Monate später statt. In die Studie gingen Familien ein, die in 37 verschiedenen Einrichtungen der psychosozialen Versorgung vorstellig wurden. Insgesamt lagen von 198 Familien Fragebogen zu allen drei Messzeitpunkten vor. In der Wartekontrollphase vor dem Training konnten – wenn auch nicht durchgängig – bei einigen der erhobenen Erlebens- und Verhaltensbereiche Veränderungen über die Zeit ermittelt werden. Wenn solche auftraten, handelte es sich durchgängig um eine Abnahme der Symptomatik. Unmittelbar nach dem Training konnte bei allen Variablen eine Abnahme der Verhaltensauffälligkeiten ermittelt werden. Hier lagen die Effektstärken im kleinen bis mittleren Bereich. Im Vergleich zur Wartephase konnten die Verhaltensauffälligkeiten des Kindes während der Therapie stärker vermindert und das Erziehungsverhalten stärker verändert werden. Insgesamt belegt die Studie eine gute Wirksamkeit der Elternkomponente von PEP unter Bedingungen der Routineversorgung. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sich durch das Training klinisch bedeutsame Veränderungen erzielen lassen, dass Patienten mit den stärksten Auffälligkeiten am deutlichsten von der Intervention profitieren und dass sich die Effekte stabilisieren (Hautmann et al., 2009a,b, 2010, 2011). 24 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman Angeleitete Selbsthilfe Aus dem THOP wurden verschiedene Studien zur Wirksamkeit angeleiteter Selbsthilfe für Eltern von Kindern mit ADHS und/oder externalen Störungen abgeleitet und evaluiert. Dabei wurden den Eltern schriftlich die wichtigsten Informationen zum Störungsbild vermittelt und konkrete Anleitungen zur Umsetzung von Interventionen in der Familie gegeben und zusätzlich wurden telefonische Beratungen der Eltern durchgeführt. Ausgangspunkt für die schriftlichen Informationen war der Elternratgeber Wackelpeter & Trotzkopf (Döpfner et al., 2011), aus dem in den weiteren Studien in verschiedene Hefte für Eltern entwickelt wurden. Kierfeld und Döpfner (2006) untersuchten erstmals Veränderungen der Symptomatik bei Kindern mit expansiven Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen einer Eltern-Selbsthilfe-Intervention mit dem Elternbuch Wackelpeter & Trotzkopf. Insgesamt wurden 21 Kinder im Alter von sechs bis 15 Jahren mit der Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und/oder einer Störung mit oppositionellem Trotzverhalten aus einer klinischen Inanspruchnahmepopulation rekrutiert. Die Bibliotherapie erstreckte sich über einen Zeitraum von zehn Wochen und beinhaltete die schrittweise Durcharbeitung des Elternbuches. Begleitend fanden mit den Eltern wöchentlich kurze Telefonkontakte (ca. 20 Minuten) statt. Das expansive Verhalten der Kinder nahm in diesem Zeitraum signifikant ab und das Erziehungsverhalten der Eltern konnte gestärkt werden. Die Zufriedenheit mit dem Programm war hoch. Das Angebot einer anschließenden intensiven Therapie nahmen weniger als 20 Prozent in Anspruch. In einer randomisierten Kontrollgruppenstudie untersuchten anschließend Kierfeld et al. (2013) die Effektivität dieser Selbsthilfeintervention bei 26 Familien mit einem expansiv auffälligen Kind im Alter von drei bis sechs Jahren im Vergleich zu einer Wartekontrollgruppe (22 Kinder). Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte in der Interventionsgruppe eine Verminderung von externalen und internalen Verhaltensauffälligkeiten im Urteil der Mütter sowie eine Verminderung dysfunktionaler Erziehungspraktiken belegt werden. Die Stabilität dieser Effekte konnte in einem Einjahres-Follow-up belegt werden (Ise et al., 2015). In einer bundesweiten Studie wurden die Effekte des Programms ebenfalls belegt (Mokros et al., 2015). Dose et al. (2016) konnten zudem zeigen, dass sich mit dem Programm bei Patienten mit ADHS, die bereits eine Stimulanzientherapie erhielten, jedoch noch weitere ADHS-Symptome zeigten, eine zusätzliche Verbesserung der ADHS-Symptomatik und der Funktionsbeeinträchtigung erzielen lässt. Insgesamt belegen diese Studien zur Kurz- und Langzeitwirksamkeit von THOP im Einzelformat und im Gruppenformat sowie die Studie zu den von dem Therapieprogramm abgeleiteten Interventionen – dem Eltern-Selbsthilfeprogramm Wackelpeter & Trotzkopf und dem Präventionsprogramm PEP –, dass diese Interventionen bei der Verminderung expansiver Verhaltensauffälligkeiten von Kindern wirkungsvoll sind und dass die Elternkomponenten auch zu einer günstigen Veränderung des Erziehungsverhaltens der Eltern beitragen. 4 Wirksamkeit Lizenziert für Ulrike Kipman 25 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie von Kindern mit ADHS und oppositionellen Verhaltensstörungen Zur Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen empfehlen nationale und internationale Leitlinien ein multimodales Vorgehen unter Einbeziehung von Psychoedukation und Psychotherapie, von psychosozialen Interventionen und Pharmakotherapie (Döpfner et al., 2007a; Taylor et al., 2004). Therapeutische Interventionen kann man danach klassifizieren, wer im Zentrum der Therapie steht – der Patient, seine Eltern oder andere Bezugspersonen, z. B. Erzieher oder Lehrer. Demnach lassen sich prinzipiell patienten-, kindergarten- und schulzentrierte sowie eltern- und familienzentrieren Interventionen voneinander abgrenzen, die sich in unterschiedlichem Maße empirisch bewährt haben (vgl. Döpfner et al., 2013a). Allerdings müssen nicht alle Interventionen bei jedem Patienten im Rahmen einer multimodalen Therapie gemeinsam angewendet werden. Die multimodale Therapie ist adaptiv und in der Regel sequenziell aufgebaut, d. h., die einzelnen Interventionen werden bei bestimmten Indikationen durchgeführt und in Abhängigkeit vom Verlauf der Therapie können Interventionen kombiniert werden. Abbildung 5.1 stellt einen Entscheidungsbaum zur Planung einer solchen adaptiven multimodalen Therapie bei Schulkindern mit ADHS dar (Döpfner et al., 2013a). In diesen Entscheidungsbaum sind nur die bislang gut bewährten Interventionen aufgenommen; nicht berücksichtigt sind Neurofeedback und Nahrungsergänzung, für die zwar positive Ergebnisse vorliegen, die aber weiterer Erforschung bedürfen. Psychoedukation. Die Psychoedukation (Aufklärung und Beratung) der Eltern und auch des Kindes oder Jugendlichen in altersangemessener Form ist Grundlage jeder therapeutischen Intervention. Informationen über das Störungsbild, die Diagnose, die möglichen Ursachen, den vermutlichen Verlauf und über die möglichen Behandlungsansätze werden gegeben. Die Beratung der Eltern bezieht sich auf allgemeine Strategien des Umgangs mit dem Kind und berücksichtigt dabei auch andere Belastungen in der Familie (z. B. Partnerschaftsprobleme). Hierzu können auch schriftliche Materialien wie Patientenratgeber (z. B. Döpfner et al., 2007b) oder auch Informationen von Internetportalen (http://www.adhs.info) eingesetzt werden. Psychoedukation ist ein wesentlicher Bestandteil des THOP-Elterngruppenprogramms. Medikamentöse und Verhaltenstherapie. Eine primäre medikamentöse Therapie ist indiziert, wenn eine stark ausgeprägte und situationsübergreifende ADHS-Symptomatik (in der Familie, in der Schule und häufig auch in der Untersuchungssituation beobachtbar) besteht, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit oder der Beziehungen zu anderen Menschen führt. Treten ADHS-Symptome oder oppositionelle/aggressive (externale) Verhaltensstörungen im Unterricht (weiterhin) auf, dann sind verhaltenstherapeutische Interventionen in der Schule indiziert, die Psychoedukation, Interventionen im Unterricht und kognitive Interventionen beim Patienten umfassen können. Sind die verhaltenstherapeutischen Interventionen bezüglich der ADHS-Symptomatik in der Schule nicht oder nicht hinreichend erfolgreich, dann wird alternativ oder ergänzend medikamentös behandelt. Treten ADHS-Symptome oder oppositionelle/aggressive (externale) Verhaltensstörungen in der Familie (weiterhin) auf, dann sind Elterntrainings mit verhaltenstherapeutischen Interventionen in der Familie indiziert, die durch kognitive Interventionen beim Patienten ergänzt werden können. Hier kann das THOP-Elterngruppenprogramm eingesetzt werden. Sind die verhaltenstherapeutischen Interventionen bezüglich der ADHS-Symptomatik in der Familie nicht oder nicht hinreichend erfolgreich, dann wird alternativ oder ergänzend medikamentös behandelt, um auch die ADHS-Symptomatik in der Familie zu vermindern. Bei Vorschulkindern wird dieser Entscheidungsbaum modifiziert. Da die gegenwärtig verfügbaren ADHS-Medikamente erst ab dem Alter von sechs Jahren zugelassen sind und da Studien zeigen, dass die pharmakologische Therapie bei Kindern unter diesem Alter sich zwar als wirkungsvoll erwiesen hat, ihre 26 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie Lizenziert für Ulrike Kipman Psychoedukation (Aufklärung und Beratung) der Eltern und des Kindes/Jugendlichen Stark ausgeprägte situationsübergreifende hyperkinetische Symptomatik mit erheblicher Funktionseinschränkung Ja Pharmakotherapie(1) Nein ADHS-Symptome auch bei optimalen Arbeitsbedingungen mit Therapeuten? Ja Eltern-Kind-Programm: Selbstinstruktionstraining Ja Eltern-Kind-Programm: Interventionen in der Familie Nein/Ja Externale Auffälligkeiten des Kindes in der Familie? Nein Nein/Ja Noch ausgeprägte ADHS-Symptomatik? Ja Kombination mit Pharmakotherapie(1,2) Ja Externale Auffälligkeiten des Kindes in der Schule? Aufklärung und Beratung der Lehrer Interventionen in der Schule Nein Nein Noch ausgeprägte ADHS-Symptomatik? Ja Kombination mit Pharmakotherapie(1) Ja Komorbide Störungen? Therapie komorbider Störungen, u. a.: Soziales Kompetenztraining Übungsbehandlung Einzel-/Gruppenpsychotherapie (1) soweit keine Kontraindikation vorliegt (2) wenn ADHS nicht auf familiären Kontext beschränkt ist Abbildung 5.1 Entscheidungsbaum zur Planung einer multimodalen Therapie bei external auffälligen Schulkindern 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie Lizenziert für Ulrike Kipman 27 Wirksamkeit jedoch geringer ist als bei Schulkindern und stärkere Nebenwirkungen zu erwarten sind (vgl. Döpfner et al., 2013a), wird eine Pharmakotherapie erst dann empfohlen, wenn alle anderen Interventionen keine hinreichende Wirkung erzielt haben und weiterhin eine sehr starke Symptomatik persistiert. Indikationen für das THOP-Elterngruppenprogramm. Das THOP-Elterngruppenprogramm lässt sich also in verschiedenen Konstellationen einsetzen: CC im Rahmen einer Behandlung eines Kindes mit leichter bis moderater ADHS (mit oder ohne Störung des Sozialverhaltens) als primäre und ausschließliche Intervention oder ergänzt durch kindzentrierte und kindergarten- bzw. schulzentrierte Interventionen (z. B. anhand des Therapieprogramms THOP; Döpfner et al., 2013a; schulzentrierte Interventionen auch: Frölich et al., 2014) CC im Rahmen einer Behandlung eines Kindes mit starker ADHS (mit oder ohne Störung des Sozialverhaltens) als primäre Intervention, wenn Eltern der Pharmakotherapie nicht zustimmen oder wenn Pharmakotherapie nicht erfolgreich ist, gegebenenfalls ergänzt durch kindzentrierte und kindergarten- bzw. schulzentrierte Interventionen CC im Rahmen einer Behandlung eines Kindes mit residualer ADHS (mit oder ohne Störung des Sozialverhaltens) als ergänzende Intervention, wenn durch Pharmakotherapie die expansive Symptomatik nicht hinreichend vermindert werden konnte CC im Rahmen einer Behandlung eines Kindes mit oppositioneller Verhaltensstörung ohne ADHS als primäre und ausschließliche Intervention oder ergänzt durch kindzentrierte und kindergarten- bzw. schulzentrierte Interventionen (z. B. anhand des Therapieprogramms THOP; Döpfner et al., 2013a; schulzentrierte Interventionen auch: Frölich et al., 2014; kindzentriert für Störung des Sozialverhaltens: Therapieprogramme THAV und ScouT; Görtz-Dorten & Döpfner, 2010, 2016) 28 5 Das THOP-Elterngruppenprogramm im Rahmen einer multimodalen Therapie Lizenziert für Ulrike Kipman II Einführung in das THOPElterngruppenprogramm 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm 7 Über dieses Manual 8 Häufige Schwierigkeiten 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit Lizenziert für Ulrike Kipman Lizenziert für Ulrike Kipman 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm Beim THOP-Elterngruppenprogramm handelt es sich um eine Gruppenintervention für Eltern von Kindern im Grundschulalter (ca. 6 bis 12 Jahre), bei denen die Diagnose einer ADHS gestellt wurde oder der Verdacht darauf besteht. Das THOP-Elterngruppenprogramm soll zur Verbesserung der therapeutischen Versorgung im Rahmen einer multimodalen Therapie beitragen. Das Programm orientiert sich an Verträgen zur Förderung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS, die in manchen Bundesländern zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen abgeschlossen wurden. Das THOP-Elterngruppenprogramm wurde an der Universität Köln auf der Grundlage des Therapieprogramms für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten THOP (Döpfner et al., 2013) und dem davon abgeleiteten Präventionsprogramm für Expansives Problemverhalten PEP (Plück et al., 2006) entwickelt. Das Elterngruppenprogramm kann im Gruppenformat, aber auch im Einzelkontakt eingesetzt werden. Bei schwerwiegender Symptomatik oder wenn Probleme im Kontakt mit Gleichaltrigen oder in der Schule bestehen, sollte die Elterngruppe in Kombination mit einer gleichzeitig oder zeitversetzt stattfindenden Psychotherapie des Kindes oder auch einer medikamentösen Behandlung der ADHS-Symptomatik des Kindes durchgeführt werden. Wenn aber vor allem Schwierigkeiten im häuslichen Kontext bestehen und die Symptomstärke eher gering ausgeprägt ist, kann die Elterngruppe auch als einzige Intervention ausreichend sein. Bei sehr leichter oder subklinischer Symptomatik können unter Umständen auch Selbsthilfemanuale (Döpfner et al., 2011) oder eine App (ADHS-Kids: Eltern helfen ihren hyperaktiven und trotzigen Kindern; Döpfner, 2016) bereits eine ausreichende Unterstützung bieten. Zielgruppe. Die Interventionen dieses Elterngruppenprogramms sind zugeschnitten auf Eltern von Kindern im Grundschulalter. Wenn Eltern jugendlicher ADHS-Patienten an einer Gruppe teilnehmen, sind leichte Modifikationen der Inhalte notwendig. Teilweise sind erste Ideen für derartige Modifikationen bei der Darstellung der einzelnen Bausteine des Programms erwähnt. Weitere Ideen zu Interventionen in Familien mit jugendlichen ADHS-Patienten finden sich im Selbsthilferatgeber Wackelpeter und Trotzkopf in der Pubertät (Kinnen et al., 2015). Aufbau des Programms. Das THOP-Elterngruppenprogramm besteht aus insgesamt sieben inhaltlichen Bausteinen. Jeder Baustein ist so konzipiert, dass er innerhalb von einer Doppelstunde behandelt werden kann. Einzelne Krankenkassen unterstützen die Durchführung von ADHS-Elterngruppen in der Regel in Form von acht Doppelstunden oder vier vierstündigen Terminen. Hinweise auf aktuelle Verträge können über www.zentrales-adhs-netz.de eingesehen werden. Wenn Sie die Elterngruppe also in Form von acht Doppelstunden durchführen, haben Sie in der letzten Doppelstunde die Möglichkeit, Themen zu vertiefen oder zu ergänzen. Selbstverständlich können Sie auch eigene Schwerpunkte setzen, z. B. indem Sie einzelne Bausteine ausführlicher besprechen und dafür an anderen Stellen kürzen. Wenn Sie die Elterngruppe in vier vierstündigen Terminen durchführen möchten, können Sie jeweils zwei inhaltliche Bausteine je Termin besprechen. Vorteil hierbei ist, dass die Eltern zu weniger Terminen erscheinen müssen und somit weniger Möglichkeiten bestehen, Termine zu versäumen. Nachteil bei diesem Vorgehen ist aber, dass die Anforderungen an die Eltern bei paralleler Bearbeitung von zwei inhaltlichen Bausteinen sehr groß sind, was die Vor- und Nachbereitung der Termine sowie die Umsetzung der besprochenen Interventionen im Alltag angeht. Gleichzeitig werden die Familien bei acht Terminen in der Regel über einen längeren Zeitraum begleitet als bei nur vier Terminen, was eine längerfristige Beibehaltung der besprochenen Interventionen begünstigt. Gruppengröße. Nach unseren Erfahrungen hat sich eine Gruppengröße von fünf bis acht Familien als günstig erwiesen, damit einerseits genügend Teilnehmer da sind, um einen Austausch anzuregen und um auch dann noch eine gute Gruppenatmosphäre zu haben, wenn einmal nicht alle Eltern teilnehmen können. Andererseits haben bei dieser Gruppengröße und der begrenzten Zeit in den Gruppenstunden dennoch 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm Lizenziert für Ulrike Kipman 31 alle Eltern die Möglichkeit, sich zu einem Thema zu äußern und mit ihren Fragen zu Wort zu kommen. Bei Gruppen mit mehr als acht Teilnehmern hat die Elterngruppe einen deutlicheren Schulungscharakter und es gibt nicht mehr für alle Eltern die zeitliche Möglichkeit, in der Diskussion die Themen auf ihre eigene Situation anzuwenden. Nach unserer Erfahrung benötigen Eltern aber in der Regel Unterstützung bei der Umsetzung der Programminhalte auf ihre individuelle Situation, sodass eine kleinere Gruppengröße besser geeignet ist, um die Eltern nachhaltig zu unterstützen. 32 6 Über das THOP-Elterngruppenprogramm Lizenziert für Ulrike Kipman 7 Über dieses Manual In diesem Manual finden Sie Informationen und Anwendungshinweise rund um die Computer-Präsentationen, welche Sie in den THOP-Elterngruppen verwenden können. Die einzelnen Folien der Präsentation sind in diesem Manual noch einmal aufgeführt und Sie erhalten verschiedene Hinweise, die Ihnen die Erläuterung der Inhalte in einer Elterngruppe erleichtern sollen. Wie Sie die Präsentation nutzen können Folien. Für jede Folie finden Sie eine Angabe, wie viel Zeit Sie in etwa für die jeweiligen Inhalte einplanen sollten (bei ca. 5-8 Elternteilen in der Gruppe). Hierbei sind jeweils Zeitspannen angegeben, die von 1 bis 5 Minuten (in grün) über 5 bis 10 Minuten (in orange) bis zu 10 bis 15 Minuten (in rot), in Ausnahmefällen auch länger reichen können. Bei diesen Zeitspannen handelt es sich um Richtwerte, die je nach Interessenlage der Gruppe, Teilnehmeranzahl und eigenen Themenschwerpunkten des Therapeuten1 von der tatsächlich benötigten Zeit abweichen können. Des Weiteren finden Sie in diesem Manual Angaben dazu, welche weiteren Materialien zur Bearbeitung der Inhalte der Folie hilfreich sein könnten bzw. auf welcher Seite des Elternarbeitsbuches sich die entsprechende Information wiederfindet. Dies wird mit dem Buchsymbol sowie der Seitenzahl angegeben ( S. 3). Folien, die nicht im Elternarbeitsbuch enthalten sind, sind durch das durchgestrichene Buchsymbol ) gekennzeichnet. ( Zudem wird die spezifische Zielsetzung der einzelnen Folien erläutert und es werden teilweise weiterführende Informationen gegeben. Des Weiteren werden mögliche Schwierigkeiten bei der Vermittlung der Inhalte in Elterngruppen vorweggenommen bzw. wir möchten Ihnen Hinweise geben, wie Sie als Therapeut mit diesen Schwierigkeiten bestmöglich umgehen können. Bei darüber hinausgehenden Schwierigkeiten, die Sie in der Praxis erfahren, erhalten Sie Unterstützung im Rahmen der Supervision. Verlinkungen. In den Computer-Präsentationen sind an einigen Stellen Verlinkungen zu optionalen Folien mit weiterführenden Informationen eingebaut. Die Folien, die Verlinkungen enthalten, erkennen Sie im Manual anhand des Verlinkungssymbols (∞) unterhalb der Folie. Die verlinkten Folien mit weiterführenden Informationen werden darauf folgend abgebildet und sind an dem Verlinkungssymbol vor dem Titel oberhalb der Folie zu erkennen. Je nach Vorkenntnissen der Gruppe und je nach Vortragsstil können Sie die Inhalte anhand der Übersichtsfolien vermitteln oder durch die weiterführenden (verlinkten) Folien veranschaulichen. Elternarbeitsbuch. Die teilnehmenden Eltern erhalten zusätzlich zu den Informationen in der Elterngruppe ein Elternarbeitsbuch (Kinnen et al., 2016), in dem die Inhalte der Bausteine noch einmal ausführlicher erläutert sind. Die Anschaffung kann über die Eltern selbst oder für alle teilnehmenden Eltern gemeinsam über den Therapeuten erfolgen. In diesem Elternarbeitsbuch finden sich die Informationsfolien der Computer-Präsentation sowie teilweise weiterer erläuternder Text. Dieser Text wird nicht in Gänze in diesem Manual wiederholt. Es ist daher sinnvoll, wenn Sie als Therapeut auch einmal einen Blick in das Elternarbeitsbuch werfen, sodass Ihnen die Informationen, die die Eltern hierin erhalten, ebenfalls bekannt sind. Folien mit Fragen an die Teilnehmer oder Anleitung zum Rollenspiel finden sich im Elternarbeitsbuch nicht. Im Folgenden finden Sie zunächst Informationen über Schwierigkeiten bei der Durchführung des THOPElterngruppenprogramms mit entsprechenden Hinweisen, wie Sie diesen Schwierigkeiten begegnen kön- 1 Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die Angaben beziehen sich aber immer auf Angehörige beider Geschlechter. 7 Über dieses Manual Lizenziert für Ulrike Kipman 33 nen. Zudem finden Sie einige Erläuterungen zu den einleitenden Folien innerhalb der ersten Gruppenstunde. Anschließend werden die acht Gruppenstunden ausführlich dargestellt. Um eine THOP-Elterngruppe durchzuführen, benötigen Sie neben diesem Manual die PowerPointFolien mit den Materialien, die Sie den Eltern während der Gruppenstunden in Form einer ComputerPräsentation als gemeinsame Gesprächsgrundlage und Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte zeigen können. Sie erhalten diese Dateien über die Homepage des Verlages www.beltz.de, dort stehen sie zum Download bereit (weitere Informationen zum Download finden Sie auf S. 199). Zur Verwendung der Präsentation während der Gruppenstunden benötigen Sie einen PC oder Laptop, auf dem das Programm PowerPoint installiert ist, sowie einen Beamer und eine Leinwand oder eine weiße Wand, auf die die Präsentation projiziert werden kann. Darüber hinaus kann es auch hilfreich sein, wenn Sie über ein Flipchart mit entsprechendem Papier und Stiften verfügen, um die individuellen Inhalte und Themen der Gruppe noch einmal zusammenfassend festzuhalten. Gruppenprogramm für Eltern von Kindern mit ADHS-Symptomen und expansivem Problemverhalten Manfred Döpfner, Claudia Kinnen & Joya Halder Herzlich willkommen © Döpfner Kinnen Halder (2016). 34 7 Über dieses Manual Lizenziert für Ulrike Kipman 8 Häufige Schwierigkeiten 8.1 Schwierigkeiten durch divergierende Störungskonzepte Dissimulierende Eltern Insbesondere wenn Eltern auf Anraten der Schule oder anderer Hilfssysteme in die Beratung oder Therapie kommen, sind sie manchmal der Auffassung, dass die Probleme mit ihrem Kind gar nicht so schwerwiegend seien wie von Außenstehenden beschrieben, und lehnen eine intensive Elternberatung daher als überflüssig ab. Nehmen Sie diese Bedenken der Eltern ernst und leiten Sie sie dazu an, die Situation mit ihrem Kind systematisch zu analysieren (Baustein 2). Sollten sich nachhaltig keine Auffälligkeiten im häuslichen Rahmen zeigen, sind möglicherweise Interventionen mit dem Kind selbst oder den Erziehern bzw. Lehrern sinnvoll. Externalisierende Eltern Manchen Eltern fällt es schwer, ihren eigenen Beitrag an der Entwicklung der Problematik wahrzunehmen. Meist haben diese Eltern Störungskonzepte, die sich ausschließlich auf organische Ursachen (Hirnschädigungen) oder stabile Eigenschaften des Kindes (Konzentrationsprobleme) beziehen. Diese Eltern haben daher oftmals die Überzeugung, sie könnten die Symptomatik durch ihr eigenes Verhalten gar nicht beeinflussen. Besprechen Sie mit diesen Eltern daher schon bei Baustein 1 die Relevanz des elterlichen Erziehungsverhaltens als modulierenden Faktor der Symptomatik. Sollten Sie im Verlauf den Eindruck haben, dass die Compliance der Eltern gering ist und sie sich immer wieder auf ihr biologisches Entstehungskonzept zurückziehen, ist es unter Umständen auch sinnvoll, im Verlauf noch einmal zu Baustein 1 zurückzugehen und die Ursachen und aufrechterhaltenden Bedingungen noch einmal ausführlich zu besprechen, das Störungsmodell aus Baustein 2 erneut aufzugreifen und den Teufelskreis aus Baustein 3 zu wiederholen. Eltern mit Schuldgefühlen Anders als die Eltern, die ADHS als rein genetisches Phänomen einschätzen, gibt es auch immer wieder Eltern, die die genetischen Ursachen für die kindlichen Verhaltensprobleme fast vollständig vernachlässigen und sich selbst und ihren mangelnden erzieherischen Kompetenzen die Schuld an der Symptomatik geben. Heben Sie hervor, dass es nie nur eine Ursache für solche Probleme des Kindes gibt und es in dieser Beratung insgesamt auch nicht um die Zuweisung von Schuld geht. Schuldzuschreibungen sind in der Regel in die Vergangenheit gerichtet und daher nicht hilfreich für zukünftige Lösungen. Generell gilt es, ein Gleichgewicht darin zu finden, die Eltern zu entlasten und die genetischen Ursachen hervorzuheben, aber andererseits dennoch die Chancen, die in einer Optimierung der elterlichen Erziehungsstrategien, wie sie in den THOP-Elterngruppen angestrebt werden, zu betonen. Eltern hinterfragen die Diagnose Die meisten Eltern von Kindern mit ADHS berichten von Situationen, in denen es ihrem Kind sehr gut gelingt, sich ausdauernd zu konzentrieren und aufmerksam zu sein, z. B. beim Computerspielen oder bei anderen Spielen, die dem Kind Spaß machen. Manchmal schließen die Eltern daraus, dass ihr Kind deshalb keine Aufmerksamkeitsproblematik haben könnte. Auch wenn üblicherweise problematische Situationen manchmal besser verlaufen, erweckt dies bei Eltern (oder auch anderen Bezugspersonen) unter Umständen den Eindruck, das Kind »kann es doch« und »will sonst nur nicht«. Diese Trugschlüsse gilt es in den Elterngruppen immer wieder zu hinterfragen und den Eltern immer wieder zu erklären, warum das Kind aber dennoch eine ADHS hat und dass die positiven »Ausreißer« deshalb umso außergewöhnlicher und anerkennenswerter sind. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, als Therapeut selbst solche Bedenken 8.1 Schwierigkeiten durch divergierende Störungskonzepte Lizenziert für Ulrike Kipman 35 stellvertretend für die Eltern zu formulieren (»Und dann denken Sie manchmal: ›Er kann es doch, warum macht er das dann nicht immer so?‹«), damit diese Bedenken der Eltern »auf dem Tisch liegen« und Sie diese aufgreifen und mit ihnen arbeiten können. 8.2 Schwierigkeiten durch inadäquate Erwartungshaltungen der Eltern Hohe Erwartungen der Eltern an ihre Kinder Oftmals haben Eltern den Eindruck, das Zielverhalten, das sie von ihrem Kind erwarten, sei »doch selbstverständlich«. Dieser Eindruck kann durch Vergleiche mit Gleichaltrigen oder mit Geschwistern ohne ADHS entstehen. Bei diesen Vergleichen schneiden die ADHS-Kinder aufgrund ihrer störungsspezifischen Schwierigkeiten selbstverständlich schlechter ab. Erinnern Sie die Eltern daher immer wieder an die ADHS-Diagnose des Kindes und die Beeinträchtigungen, die sich daraus ergeben. Betonen Sie, dass das Kind eine deutlich höhere Anstrengungsbereitschaft zeigen muss als »normale« Kinder, um kleine Verbesserungen zu erreichen, und bestärken Sie die Eltern darin, diese Anstrengung zu würdigen und dem Kind positiv zurückzumelden. Vergleiche zwischen Kindern machen dabei keinen Sinn und sind nicht zielführend. Wenn das Kind etwas dazu lernt, was es vorher nicht konnte, sollte dies auch als Fortschritt wahrgenommen werden – unabhängig davon, ob der jüngere Bruder dieses Verhalten schon länger zeigt. Als Grundregel für Eltern gilt: Loben Sie erwünschtes Verhalten immer dann, wenn Sie unerwünschtes Verhalten tadeln würden. Drängende Eltern Die ersten Gruppenstunden der THOP-Elterngruppe dienen der Psychoedukation sowie der Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung. Manchmal entsteht daher der Eindruck bei teilnehmenden Eltern, die Arbeit an den eigentlichen Problemen beginne erst in der zweiten Hälfte des Programms, und die Eltern drängen auf schnellere Tipps zur Reduktion ihrer Probleme. Betonen Sie diesen Eltern gegenüber, dass die genaue Definition und Analyse der Probleme, die Beachtung positiver Ausnahmen und die Verbesserung der Beziehung zu ihrem Kind wichtige Voraussetzungen darstellen, um die Verhaltensprobleme ändern zu können. Führen Sie ihnen darüber hinaus vor Augen, dass die Verhaltensprobleme des Kindes in der Regel schon viele Jahre bestehen und sie sich daher auch diese wenigen Wochen Zeit lassen sollten, um die wichtigen Interventionen Schritt für Schritt zu planen. Vorschnell geplante Interventionen sind zumeist nicht erfolgversprechend und nähren nur die Befürchtung der Kinder (und auch der Eltern), dass die Inhalte des Programms nicht hilfreich sein könnten. Es werden vorwiegend schulische oder kindzentrierte Themen oder komorbide Symptome als Probleme benannt bzw. in das Gespräch eingebracht Überdenken Sie gemeinsam mit den Eltern (ggf. auch in einem Einzelgespräch), inwiefern ihre Anliegen in der THOP-Elterngruppe hinreichend berücksichtigt werden können bzw. ob evtl. weitere Unterstützungsangebote für die Familie sinnvoll wären. Nach klinischen Studien ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass Hilfsmaßnahmen, die an einem Problembereich ansetzen, z. B. in der Familie, auch Verbesserungen von Problemen in anderen Bereichen, z. B. in der Schule, nach sich ziehen. Die Hilfsmaßnahmen wirken vielmehr sehr spezifisch. Daher ist bei schwerwiegenden Problemen in verschiedenen Lebensbereichen des Kindes in der Regel auch eine Kombination verschiedener Hilfsmaßnahmen nötig, z. B. eine parallele medikamentöse Therapie, Psychotherapie des Kindes, Beratung der Lehrer und Teilnahme der Eltern an einer Elterngruppe (vgl. Elternarbeitsbuch, S. 23). 36 8 Häufige Schwierigkeiten Lizenziert für Ulrike Kipman 8.3 Schwierigkeiten durch eigene Problematiken der Eltern Eltern mit eigener ADHS-Symptomatik Häufig haben Eltern von Kindern mit ADHS auch selbst ähnliche Schwierigkeiten. Zum Beispiel fällt es ihnen schwer, sich selbst zu strukturieren und zu organisieren. Die Teilnahme an der THOP-Elterngruppe erfordert aber (durch die umfangreiche Vor- und Nachbereitung) ein gewisses Maß an Selbstorganisation. Sollten Sie bei Eltern das Gefühl haben, dass ihnen dies Schwierigkeiten bereiten könnte, unterstützen Sie diese Eltern, denen die Selbstorganisation und -strukturierung schwerfällt, von Beginn an darin, darüber nachzudenken, wann sie sich Zeit für die Vor- und Nachbereitung der Stunden nehmen können. Auch eine eigene Diagnostik und ggf. Behandlung der elterlichen ADHS-Symptomatik kann sinnvoll sein, da eine Minderung der eigenen Symptome es den Eltern erleichtern kann, die Inhalte des Programms umzusetzen und so auch ihrem Kind zu helfen. Eltern mit depressiver Symptomatik Die Probleme mit einem Kind mit ADHS können bei den Eltern zu Gefühlen der Hoffnungslosigkeit und eigenen Inkompetenz bis hin zu depressiven Verstimmungen führen. Thematisieren Sie diese Schwierigkeiten vorsichtig und versuchen Sie zu explorieren, inwieweit sich die Schwierigkeiten der Eltern nur auf die Bewältigung der kindlichen Problematik beziehen (z. B. im Sinne eines Hilflosigkeitsgefühls) oder darüber hinausgehen. Sollte dies der Fall sein, ermutigen Sie die Eltern unbedingt, sich selbst Hilfe zu suchen. Hierbei kann es sinnvoll sein, dies mit den Eltern in einem 1:1-Kontakt zu besprechen und nicht die Gruppenstunde hierfür zu nutzen. Eltern mit massiven Paarkonflikten Paarkonflikte können in einer Elterngruppe deutlich zutage treten, wenn beide Eltern an den Gruppenstunden teilnehmen. Aber auch, wenn nur ein Elternteil in den Stunden zugegen ist, können Unstimmigkeiten der Eltern deutlich werden. Explorieren Sie auch hier zunächst, inwieweit sich die elterlichen Konflikte auf den Umgang mit dem kindlichen Problemverhalten beziehen und damit Teil der Elternberatung sein können und sollen oder inwieweit sie darüber hinausgehen. Massive und langjährige Paarkonflikte sollten Sie dazu veranlassen, die Eltern zur Aufnahme einer Paarberatung oder -therapie zu motivieren. Dies sollten Sie sinnvollerweise mit den Eltern im Einzelkontakt besprechen. 8.4 Gruppendynamische Schwierigkeiten Eltern äußern sich sehr ausführlich Stoppen Sie die Eltern in der ersten Gruppenstunde noch nicht allzu schnell, sondern geben Sie ihnen die Möglichkeit, sich ausführlich vorzustellen. Bei Wortbeiträgen, die sich auf spätere Inhalte beziehen, verweisen Sie aber auf die folgenden Diskussionen und bitten Sie um Verständnis, fortfahren zu wollen. Im Verlauf kann es sinnvoll sein, auch gezielt eher ruhigere Eltern anzusprechen und nach ihrer Meinung zu fragen, damit sich die Redeanteile so ausgleichen. Eher gesprächige Gruppenteilnehmer können sich allerdings auch gut eignen, um sie z. B. in Rollenspiele einzubeziehen oder exemplarisch mit ihnen Interventionen zu besprechen, wenn die restlichen Gruppenteilnehmer eher introvertiert sind. Eltern sind sehr verschlossen und äußern sich nur knapp Ermutigen Sie die Eltern immer wieder dazu, sich einzubringen, intervenieren Sie aber nicht allzu stark, wenn sie sich kurz fassen. Manche Eltern möchten in den ersten Stunden zunächst einmal den Gruppenprozess beobachten. Ermutigen Sie sie aber im späteren Verlauf, sich verstärkt zu äußern. 8.4 Schwierigkeiten durch inadäquate Lizenziert für Ulrike Kipman 37 Eltern kennen sich privat Wenn sich Eltern privat kennen, kann dies zum einen zu Koalitionen innerhalb der Gruppe führen, die den Gruppenprozess beeinflussen können, andererseits kann hierdurch aber auch eine größere Offenheit entstehen. Thematisieren Sie als Therapeut bestehende Verbindungen der Gruppenteilnehmer und ermutigen Sie alle Eltern, die Auswirkung dieser Verbindungen auch im Verlauf immer wieder zu thematisieren. Eltern erscheinen wiederholt nicht zu den Gruppenstunden Vereinbaren Sie bereits zu Beginn der THOP-Elterngruppe, wie Sie damit umgehen möchten, wenn Eltern einmal nicht erscheinen. Da die Inhalte des Programms im Elternarbeitsbuch noch einmal recht ausführlich aufgeführt sind, ist es meist möglich, ein einmaliges Fehlen durch eine entsprechende Vor- und Nachbereitung auszugleichen. Ein mehrfaches Fernbleiben bringt aber neben inhaltlichen Gründen auch Schwierigkeiten in der Gruppenatmosphäre und -dynamik mit sich und sollte daher vermieden werden. 8.5 Schwierigkeiten bei der Durchführung Es können nicht alle Inhalte eines Bausteins in einer Doppelstunde bearbeitet werden Das THOP-Elterngruppenprogramm ist generell modular aufgebaut, d. h., es ist nicht unbedingt das Ziel, dass alle Inhalte auch in jeder Gruppe komplett besprochen werden. Vorgespräche mit den teilnehmenden Eltern können helfen, die Inhalte auf die Bedürfnisse der Gruppenteilnehmer anzupassen und individuelle Schwerpunkte zu setzen. Die achte Gruppenstunde ist zudem thematisch offen und dient der Vertiefung einzelner Themen, die in den vorherigen Gruppenstunden nicht oder nicht ausführlich genug besprochen werden konnten. Eltern bringen in jeder Stunde neue Probleme vor Vielen Eltern fällt es schwer, über die THOP-Elterngruppe hinweg bei einzelnen Problemen zu bleiben und diese systematisch zu verändern, anstatt in jeder Woche das aktuell schwerwiegendste Problem vorzubringen. Selbstverständlich sollte es in der Gruppe auch Zeit geben, aktuelle Anliegen zu besprechen. Dennoch macht es Sinn, einzelne Themen weiterzuverfolgen und auch dann weiter an ihnen zu arbeiten, wenn sich bereits kurzfristig eine Verbesserung eingestellt hat. Das vorschnelle »Abhaken« eines Problems führt in der Regel dazu, dass zum einen die Anstrengung aller Beteiligten, das Problem zu vermindern, nicht hinreichend gewürdigt wird und dass zum anderen das Problem in der Folge schnell wieder auftritt. Eltern können die »Jobs der Woche« aus Zeitgründen nicht erfüllen Mit der Teilnahme an der THOP-Elterngruppe kommt auf die Eltern in der Tat eine große Zusatzaufgabe neben ihrem normalen Alltag zu und es ist nur allzu verständlich, dass die Zeit zur Vor- und Nachbereitung sowie zur Umsetzung der Tipps begrenzt ist. Zentraler Punkt, damit das THOP-Elterngruppenprogramm hilfreich sein kann, ist die Umsetzung der Tipps im Alltag. Eltern mit begrenzten Ressourcen sollten sich hierauf konzentrieren. Die Übungssituationen können in der Gruppenstunde nicht ausreichend vorgeplant werden Gerade in großen Gruppen besteht eine besondere Herausforderung des Therapeuten darin, den Eltern bei der Übertragung der Therapieinhalte auf ihre eigene Situation behilflich zu sein. Therapieeffekte hängen von dieser Übertragung in hohem Maße ab. Daher sollte in der THOP-Elterngruppe besonderer Wert auf die Vorbereitung der Übungssituationen gelegt werden, indem Eltern sich entsprechende Notizen machen, die Situation im Rahmen der THOP-Elterngruppe durchdenken und erproben, bevor sie festgefahrene Verhaltensmuster in Übungssituationen im Alltag verändern können (s.a. Abschnitt »Drängende Eltern«). 38 8 Häufige Schwierigkeiten Lizenziert für Ulrike Kipman Rollenspiel kommt nicht in Gang Spielen Sie das Rollenspiel zunächst vor der Gruppe selbst vor, entweder mit einem Co-Therapeuten oder einem eher extravertierten Elternteil. Versuchen Sie, dabei Schwierigkeiten einzubauen, die die Eltern an diesem Beispiel entdecken können. Bieten Sie den Eltern ein Modell, indem Sie mit eigenen Fehlern im Rollenspiel offen, vielleicht humorvoll umgehen. Geben Sie den Eltern möglichst Rückzugsräume für Rollenspiele zu zweit. 8.5 Schwierigkeiten durch inadäquate Lizenziert für Ulrike Kipman 39 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit Zielsetzung des Abschnitts Einführung der Teilnehmer in das THOP-Elterngruppenprogramm, gegenseitiges Kennenlernen Materialien CC CC Materialien für Therapeuten: Manual (S. 40–44), Flipchart (optional), Namensschilder (optional), Teilnehmerliste (S. 190) Materialien für Eltern: Elternarbeitsbücher, Gruppenregeln (S. 191), Infoblatt (S. 192), Elternarbeitsbuch (S. 9–10) Anmerkungen Es wird empfohlen, für die erste Gruppenstunde zusätzliche 30 Minuten einzuplanen, die für diesen Abschnitt genutzt werden können. Damit die Eltern Nutzen aus den Übungselementen des THOP-Elterngruppenprogramms (»Generalproben«) ziehen können, muss zunächst eine vertraute Atmosphäre geschaffen werden. Zudem profitieren die Eltern von der Erfahrung, dass es anderen Eltern ähnlich wie ihnen geht, und das Bedürfnis nach einem allgemeinen Austausch ist zu Beginn groß. Vorstellungsrunde Zielsetzung: Erstes Kennenlernen der Eltern CC erste Kontaktaufnahme der Gruppenmitglieder untereinander CC Informationen über mögliche bereits bestehende Beziehungen innerhalb der Gruppe CC Entwicklung einer angenehmen und vertraulichen Arbeitsatmosphäre CC Klärung von Erwartungen der Eltern und konkreten Veränderungswünschen Vorstellungsrunde  Ihr Trainer …  Sie selbst (z.B. Name, Alter, Hobbys) …  Ihr Kind (z.B. Name, Alter, Geschwister, Schule, Foto) …  Kennen Sie andere Eltern aus der Gruppe?  Was erwarten Sie von dieser Schulung? Mögliche Schwierigkeiten CC Die Eltern äußern sehr hohe Veränderungserwartungen für die Zeit der THOP-Elterngruppe. Äußern Sie Verständnis für den Wunsch der Eltern, die Probleme in kurzer Zeit lösen zu wollen. Verweisen Sie aber darauf, wie lange die Probleme in der Familie schon bestehen, und werben Sie um Verständnis dafür, dass die Veränderung festgefahrener Probleme in der Regel einige Zeit in Anspruch nimmt. Nichtsdestotrotz können im Rahmen der THOPElterngruppe wichtige erste Schritte zur Verminderung der Verhaltensprobleme des Kindes ergriffen werden, die eine Entlastung für die Familien schaffen und die Bearbeitung weiterer ähnlicher Verhaltensprobleme erleichtern sollten.  Was wollen Sie aus dieser Schulung mitnehmen?  Was soll sich für Sie verändern?  Was erwarten Sie von der heutigen Gruppenstunde?  ca. 30 Minuten Flipchart Namensschilder Teilnehmerliste (Vordruck auf S. 190) Gruppenregeln (Vordruck auf S. 191) 40 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit Lizenziert für Ulrike Kipman CC Eltern schildern vor allem schulische Probleme oder Probleme mit Gleichaltrigen. Geben Sie den Eltern kurz Gelegenheit, auch diese Themen darzustellen und sich darüber auszutauschen, betonen Sie aber dann, dass im Rahmen der THOP-Eltern­ gruppe vor allem familiäre Pro­blem­situationen behandelt werden sollen, da die Eltern bei diesen Situationen selbst zugegen sind und diese beeinflussen können. Schulische Probleme oder Probleme mit Gleichaltrigen sollten ggf. in einer begleitenden Einzeltherapie des Kindes behandelt werden. Tipps CC Sie können die Namen der Eltern und des Kindes auf einem Flipchart aufschreiben und Eltern, die nicht zur ersten Sitzung kommen konnten, ergänzen. In den ersten Stunden kann ein Blick auf dieses Papier die gegenseitige Ansprache erleichtern und einen Gruppenprozess begünstigen. Wenn Sie mit Namensschildern arbeiten möchten, können Sie diese jetzt einführen. CC Sie können alternativ auch eine Teilnehmerliste herumgeben, auf der die Eltern ihren Namen, Kontaktdaten sowie Angaben zu ihrem Kind aufschreiben. Wenn die Eltern gern jenseits der Gruppenstunden in Kontakt treten würden, kann diese Liste auch (das Einverständnis aller Eltern vorausgesetzt) vervielfältigt und an die Eltern ausgegeben werden. Einen Vordruck zu dieser Liste finden Sie am Ende dieses Buchs (S. 190). CC An dieser Stelle sollten Sie zudem Gruppenregeln mit den teilnehmenden Eltern vereinbaren. Hierfür können Sie den Vordruck verwenden, den Sie am Ende dieses Buchs finden (S. 191). Alternativ können Sie natürlich auch selbst ein vergleichbares Blatt mit den Eltern entwickeln. Wichtige Themen hierbei sind: –– Vertraulichkeit. Die in der Gruppe besprochenen Themen sollten unbedingt der Verschwiegenheit unterliegen und Gruppen­mitglieder sollten sich verpflichten, die besprochenen Themen nicht mit Unbeteiligten zu besprechen. –– Respektvoller Umgang. Die Eltern sollten einander ausreden lassen und mit Respekt begegnen. So sind wertende Aussagen über das, was ein anderes Gruppenmitglied von sich erzählt, zu vermeiden. –– Pünktlichkeit. Um die knapp bemessene Gruppenzeit bestmöglich zu nutzen, sollten die Eltern sich bemühen, pünktlich zu den Gruppenstunden zu erscheinen. So können unnötige Wiederholungen und Verzögerungen vermieden werden. 9 Materialien zur Einführung in die Gruppenarbeit Lizenziert für Ulrike Kipman 41 Ablauf der THOP-Elterngruppe Zielsetzung: Information über strukturelle und organisatorische Aspekte CC Absprache der Termine der THOP-Elterngruppe oder Benennung gesetzter Termine CC Vorstellung der Materialien des THOP-Elterngruppenprogramms Wie soll die Schulung ablaufen?  Die Termine …  Materialien − Elternarbeitsbuch: mit den Inhalten der Schulung, Memokarten und Protokollen für Ihre Vorbereitungen zu Hause und zum Nachlesen − Computerpräsentation: zur Diskussion der Inhalte in der Gruppe und zur Planung der Anwendung der Tipps auf Ihre Situation  1–5 Minuten Info- und Terminblatt (Manual, S. 192) Elternarbeitsbücher Ablauf der THOP-Elterngruppe Zielsetzung CC Vermittlung eines Überblicks über die Themen der THOP-Elterngruppe CC kurze Darstellung der Bausteine des THOP-Elterngruppenprogramms CC Ausblick auf die kommenden Elternstunden Wie soll die Schulung ablaufen? Die Themen (1) ADHS – Was ist das? (2) Wir nehmen die Probleme unter die Lupe (3) Der Teufelskreis und der erste Schritt heraus: Sich wieder mögen lernen (4) Sorgen Sie für klare Regeln (5) Sparen Sie nicht mit Lob und seien Sie konsequent (6) Setzen Sie Punktepläne ein und fördern Sie die Stärken Ihres Kindes (7) Gut geplant ist halb entspannt (8) Rückblick und weitere Planung Weiterführende Informationen CC Die acht Bausteine des THOP-Elterngruppenprogramms befassen sich mit den folgenden Themen: CC Baustein 1: Psychoedukation zum Thema ADHS: Symptomatik, komorbide Symptome, Ursachen, Verlauf, Behandlungsansätze CC Baustein 2: Problemdefinition, Störungskonzept CC Baustein 3: Teufelskreis als Modell der Entstehung und Aufrechterhaltung dysfunktionaler familiärer Kommunikation, Stärkung der positiven Eltern-Kind-Beziehung CC Baustein 4: Definition von Familienregeln und Vereinbarung dieser Regeln mit dem Kind CC Baustein 5: Festlegung angemessener und natü

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