Wien – Struktur und Organe I PDF
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2023
Mag.a Petra Martino
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This document provides an overview of the structure and organs of the city of Vienna. It is organized into sections detailing the administrative layout and functions, including the organs of the Vienna government and local authorities from an Austrian perspective. It's compiled from June 2023.
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Wien – Struktur und Organe I Mag.a Petra Martino Nr. 461 06/2023 Wien-Akademie Wien – Struktur und Organe I Prüfungsrelevant sind die Inhalte des Skriptums und allfälliger Transskripte zu den entsprechenden E-Learnings. Nicht prüfungsrelevant sind die Inhalte allfälliger Infoboxen bzw. weiterführend...
Wien – Struktur und Organe I Mag.a Petra Martino Nr. 461 06/2023 Wien-Akademie Wien – Struktur und Organe I Prüfungsrelevant sind die Inhalte des Skriptums und allfälliger Transskripte zu den entsprechenden E-Learnings. Nicht prüfungsrelevant sind die Inhalte allfälliger Infoboxen bzw. weiterführender Links. Wien, im Juni 2023 Das Skriptum ist für den Einsatz in Ausund Weiterbildungsveranstaltungen bestimmt. Alle Rechte, insbesondere das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes, sind der Medieninhaberin vorbehalten. Medieninhaberin (Verlegerin) und Herstellerin: Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien Nachdruck, auch auszugsweise, verboten! Verfasst von: Nr. 461 06/2023 Mag.a Petra Martino Inhaltsverzeichnis I INHALTSVERZEICHNIS 1. EINFÜHRUNG.............................................................................................................................. 1 1.1. Die Entstehung des Landes Wien................................................................................... 1 1.2. Sonderstellung Wiens..................................................................................................... 2 1.3. Gebietsumfang und Gebietseinteilung........................................................................ 2 1.4. Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien............................................................. 3 2. WIEN ALS GEMEINDE.............................................................................................................. 4 2.1. Die Organe der Gemeinde Wien................................................................................... 4 2.2. Der Gemeinderat............................................................................................................. 4 2.2.1. Zusammensetzung............................................................................................... 5 2.2.2. Sitzung und Beschlussfassung........................................................................... 6 2.2.3. Rechtliche Stellung und Aufgaben.................................................................... 7 2.3. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister............................................................ 8 2.4. Der Stadtsenat............................................................................................................... 10 2.4.1. Zusammensetzung............................................................................................. 10 2.4.2. Sitzung und Beschlussfassung.......................................................................... 11 2.4.3. Aufgaben.............................................................................................................. 12 2.5. Die amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte....................................................13 2.6. Die Gemeinderatsausschüsse......................................................................................14 2.6.1. Zusammensetzung..............................................................................................14 2.6.2. Sitzungen und Beschlussfassung.....................................................................15 2.6.3. Aufgaben..............................................................................................................15 2.7. Der Magistrat.................................................................................................................. 17 2.7.1. Zusammensetzung.............................................................................................. 17 2.7.2. Aufgaben.............................................................................................................. 21 2.8. Die Bezirksorgane.......................................................................................................... 21 2.8.1. Allgemeines........................................................................................................... 21 2.8.2. Die Bezirksvertretung....................................................................................... 23 2.8.3. Die Bezirksvorsteherin bzw. der Bezirksvorsteher...................................... 23 3. WIEN ALS LAND...................................................................................................................... 24 3.1. Gesetzgebung................................................................................................................ 25 3.1.1. Landtag.................................................................................................................. 25 3.1.2. Weg der Landesgesetzgebung........................................................................ 26 3.2. Vollziehung..................................................................................................................... 29 3.2.1. Landesverwaltung.............................................................................................. 29 3.2.2. Mittelbare Bundesverwaltung......................................................................... 30 II Inhaltsverzeichnis 3.3. Das Verwaltungsgericht Wien................................................................................... 30 3.3.1. Zusammensetzung............................................................................................. 30 3.3.2. Entscheidungen.................................................................................................. 31 3.3.3. Zuständigkeit....................................................................................................... 31 3.4. Die Wiener Umweltanwaltschaft................................................................................ 32 3.5. Die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft........................... 33 3.6. Die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft......................................................... 33 3.7. Wiener Tierschutzombudsstelle.................................................................................34 4. DIREKTE DEMOKRATIE IN WIEN........................................................................................ 35 4.1. Gemeindeebene............................................................................................................. 35 4.1.1. Volksbefragung.................................................................................................... 35 4.1.2. Volksabstimmung.............................................................................................. 38 4.2. Landesebene..................................................................................................................39 4.2.1. Volksbegehren....................................................................................................39 4.2.2. Volksabstimmung...............................................................................................39 5. WIEN ALS PRIVATRECHTSSUBJEKT.................................................................................. 41 ANHANG........................................................................................................................................43 Wien – Struktur und Organe I 1 1. EINFÜHRUNG 1.1. Die Entstehung des Landes Wien INFOBOX Wien war bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 Haupt- und Residenzstadt der österreichisch-ungarischen Monarchie, Hauptstadt der "im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder" (Cisleithanien) sowie Hauptstadt des Kronlandes Österreich unter der Enns (Niederösterreich). Der Wiener Gemeinderat (er besteht seit 1848) war in einer Reihe von Fragen – etwa des Wahlrechts oder der Finanzhoheit – seit 1861 von der Zustimmung des Niederösterreichischen Landtages abhängig. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie 1918 erfolgte die Trennung von Wien und Niederösterreich etappenweise. In der Monarchie war Wien ein Teil Niederösterreichs, in diesem Wien-Niederösterreich lebten 1918 rund 3,3 Millionen Menschen – das waren 54,6 % der österreichischen Bevölkerung, davon 1,8 Millionen in Wien und 1,5 Millionen in Niederösterreich. Daher befürworteten neben dem urbanen Wien und dem überwiegend ländlich geprägten Niederösterreich auch die anderen Bundesländer eine Trennung. Am 10. November 1920 trat das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) in Kraft, in dem Wien bereits als eigenes Bundesland im Zusammenhang mit der Zusammensetzung des Bundesrates aufschien. Der Wiener Gemeinderat beschloss, nunmehr als Landtag, noch am 10. November 1920 eine Wiener Stadtverfassung, welche am 18. November 1920 in Kraft trat. Der Bürgermeister amtierte nun auch als Wiener Landeshauptmann und es gab nun auch einen Wiener Landtag. Die eigentumsrechtliche und organisatorische Trennung vom Bundesland Niederösterreich wurde 1921 verhandelt und führte zum gleichlautend vom Wiener Landtag und vom Niederösterreichischen Landtag beschlossenen „Trennungsgesetz" vom 29. Dezember 1921, das mit 1. Jänner 1922 in Kraft trat. Seit 10. November 1920 ist Wien somit ein eigenes Bundesland, ausgenommen im Austrofaschismus bzw. autoritären „Ständestaat“ 1934-1938, hier war Wien nur „bundesunmittelbare Stadt“ mit Länderstatus sowie im Nationalsozialismus 1938-1945, wo die Deutsche Gemeindeordnung eingeführt wurde. 2 Wien – Struktur und Organe I 1.2. Sonderstellung Wiens Für Wien sieht das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Sonderstellung vor (Art. 108 bis 112 B-VG): Wien ist gleichzeitig Land und Gemeinde (Stadt mit eigenem Statut). Als Stadt mit eigenem Statut besorgt die Gemeinde Wien neben den Aufgaben der Gemeindeverwaltung auch die Aufgaben der Bezirksverwaltung. INFOBOX Bei Anführung Wiens ohne Differenzierung zwischen Land und Gemeinde wird grundsätzlich der Ausdruck „Stadt Wien“ verwendet. 1.3. Gebietsumfang und Gebietseinteilung INFOBOX Der Umfang des Wiener Stadtgebietes änderte sich nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ein weiteres Mal. Am 15. Oktober 1938 trat die Stadterweiterung in Kraft – laut NS-Diktion „Groß-Wien“ nach dem Vorbild von „Groß-Berlin“ und „GroßHamburg“. Rund 200.000 Menschen aus Niederösterreich gehörten nun zur Wiener Bevölkerung. Durch die Eingemeindung von 97 umliegenden Gemeinden entstanden neue Bezirke (Groß-Enzersdorf, Schwechat, Mödling, Liesing und Klosterneuburg). Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde Wien von den Alliierten besetzt und in vier Sektoren aufgeteilt. Die Gebietserweiterungen wurden größtenteils rückgängig gemacht. Es dauerte neun Jahre, bis ausgehandelt war, welche Gemeinden an Niederösterreich fallen sollten. Durch das Landesgesetz vom 29. Juni 1946 (Landesgesetzblatt für Wien Nummer 14/1954) beziehungsweise das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Juli 1946 (Bundesgesetzblatt Nummer 110/1954) wurde die nationalsozialistische Gebietserweiterung vom 15. Oktober 1938 teilweise rückgängig gemacht. Wegen des Einspruchs des Alliierten Rats, der eine Veränderung der Grenzen der Besatzungszonen verhindern wollte, konnte das Gesetz erst am 23. Juni 1954 publiziert werden und trat schließlich am 1. September 1954 in Kraft. Am 2. Juli 1954 wurde ergänzend ein Bezirkseinteilungsgesetz vom Wiener Landtag beschlossen. Kleinere Änderungen der Bezirksgrenzen werden immer wieder vom Landtag beschlossen. Die 23 Wiener Gemeindebezirke sind nicht zu verwechseln mit den politischen Bezirken (z.B. Klagenfurt Land, Feldkirchen, Mödling, Zwettl, Baden). Die Einteilung in die Gemeindebezirke ändert nichts daran, dass das Gebiet der Stadt Wien einen einzigen politischen Bezirk darstellt. Beispiel für Änderung einer Bezirksgrenze: https://www.wien.gv.at/infodat/ergdt?detvid=108226 Wien – Struktur und Organe I 3 1.4. Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien Um das Funktionieren der Stadt Wien zu garantieren, sind „Spielregeln“ erforderlich. Diese Spielregeln, die im Wesentlichen die Organe der Stadt Wien sowie deren Zuständigkeiten festlegen, sind in der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung – WStV), festgeschrieben. Die Wiener Stadtverfassung ist auf Grund der oben beschriebenen Sonderstellung Wiens entsprechend gegliedert: Sie beinhaltet sowohl die Gemeindeordnung als auch die Landesverfassung. Bei dem ersten Teil der Wiener Stadtverfassung, der die Gemeindeordnung beinhaltet, handelt es sich um ein einfaches Landesgesetz, bei dem zweiten Teil –der Landesverfassung – um ein, wie der Name schon sagt, Landesgesetz im Verfassungsrang (vgl. Kapitel 3.1.1.) INFOBOX Näher ausgeführt werden die Bestimmungen der Wiener Stadtverfassung insbesondere durch diverse Geschäftsordnungen und die Wiener Gemeindewahlordnung (vgl. auch die Ausführungen bei den einzelnen Organen). 4 Wien – Struktur und Organe I 2. WIEN ALS GEMEINDE 2.1. Die Organe der Gemeinde Wien Für die Stadt Wien als Gemeinde werden nach der Wiener Stadtverfassung folgende Organe tätig: ORGANE DER GEMEINDE WIEN Gemeinderat Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister Stadtsenat amtsführende Stadträtinnen und Stadträte Gemeinderatsausschüsse Kommissionen des Gemeinderates1 Untersuchungskommissionen2 Bezirksvertretungen Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher Ausschüsse der Bezirksvertretungen3 Magistrat 2.2. Der Gemeinderat 1 Die Kommissionen des Gemeinderates werden in diesem Skriptum nicht näher erläutert. 2 Die Untersuchungskommissionen werden in diesem Skriptum nicht näher erläutert. 3 Die Ausschüsse der Bezirksvertretungen werden in diesem Skriptum nicht nähert erläutert. Wien – Struktur und Organe I 5 2.2.1. Zusammensetzung Der Gemeinderat besteht aus 100 Mitgliedern und wird alle fünf Jahre von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern gewählt. Aktiv bzw. passiv wahlberechtigt sind alle Personen, die folgende Voraussetzungen erfüllen: Aktives Wahlrecht Recht den Gemeinderat zu wählen Passives Wahlrecht Recht in den Gemeinderat gewählt zu werden Österreichische Staatsbürgerschaft Österreichische Staatsbürgerschaft Wahlalter 16 Jahre Wahlalter 18 Jahre kein Ausschluss vom Wahlrecht (z.B. wegen bestimmter Straftaten) kein Ausschluss vom Wahlrecht (z.B. wegen bestimmter Straftaten) Hauptwohnsitz in Wien Hauptwohnsitz in Wien INFOBOX Die näheren Bestimmungen über den Ablauf der Gemeinderatswahlen sind in der Wiener Gemeindewahlordnung 1996 enthalten. 6 Wien – Struktur und Organe I Der Gemeinderat wählt aus seiner Mitte vier Vorsitzende, die sich in der Vorsitzführung abwechseln. Die bzw. der Vorsitzende hat die Gemeinderatssitzungen zu leiten und die Mitglieder zur Ordnung oder zur Sache zu rufen, wenn sie andere Personen beschimpfen oder beleidigen oder vom Thema abschweifen. Darüber hinaus handhabt die bzw. der Vorsitzende das Hausrecht. Darunter fallen z. B. die Bewilligung von Fernsehaufnahmen und die Ermahnung von Zuhörerinnen und Zuhörern auf der Besuchergalerie bei unangemessenem Verhalten. 2.2.2. Sitzung und Beschlussfassung Die Einberufung der Gemeinderatssitzungen erfolgt durch die Bürgermeisterin bzw. den Bürgermeister. Die Sitzungen sind öffentlich, d. h. jede bzw. jeder Interessierte kann die Gemeinderatssitzungen auf der Besuchergalerie mitverfolgen. Auch die Protokolle der Gemeinderatssitzungen (sowohl Sitzungsbericht als auch das wörtliche Protokoll) sind für die Bürgerinnen und Bürger öffentlich zugänglich und im Internet (www.wien.gv.at/mdb/gr/) abrufbar. INFOBOX Es besteht auch die Möglichkeit, die Sitzungen des Gemeinderates über den Link www.wien.gv.at/gr-ltg-tv/ live im Internet zu verfolgen. Über die Infodat Wien (www.wien.gv.at/infodat/) findet man alle Verhandlungsgegenstände des Gemeinderates wie Beschlüsse über Projekte, Budgets, Förderungen usw., politische Anfragen und Anträge, Fragestunden und aktuelle Stunden. Damit der Gemeinderat einen Beschluss fassen kann, muss grundsätzlich mindestens ein Drittel seiner Mitglieder (bei insgesamt 100 Mitgliedern also mindestens 34) anwesend sein (Präsenzquorum). Zu einem Beschluss des Gemeinderates ist die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder (also mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen) erforderlich (Konsensquorum). Präsenzquorum Konsensquorum 1/3 >1/2 Wien – Struktur und Organe I 7 Gültig gefasste Beschlüsse des Gemeinderates sind von der Bürgermeisterin bzw. vom Bürgermeister zu vollziehen (vgl. Kapitel 2.3.), die bzw. der sich hierzu der amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte (vgl. Kapitel 2.5.), des Magistrats (vgl. Kapitel 2.7.) oder der Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher (vgl. Kapitel 2.8.) bedient. INFOBOX Der Ablauf der Gemeinderatssitzungen sowie die Rechte und Pflichten der einzelnen Gemeinderatsmitglieder sind in der Geschäftsordnung des Gemeinderates der Stadt Wien näher geregelt. 2.2.3. Rechtliche Stellung und Aufgaben Der Gemeinderat ist das oberste Organ der Gemeinde, dem alle Organe im eigenen Wirkungsbereich (siehe Aufzählung der Organe in Kapitel 2.1.) verantwortlich sind. Auf Grund dieser Stellung steht dem Gemeinderat – nicht den einzelnen Mitgliedern – ein Weisungsrecht gegenüber allen Gemeindeorganen zu. Gegenüber der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister oder einer amtsführenden Stadträtin bzw. einem amtsführenden Stadtrat kann der Gemeinderat das Misstrauen aussprechen. Dieses Misstrauensvotum führt zum Amtsverlust. Der Gemeinderat hat die Verwaltung des Gemeindevermögens zu überwachen und über die Geldmittel zu verfügen. Dabei obliegt ihm insbesondere die Feststellung des Voranschlages (Budget) die Genehmigung des Rechnungsabschlusses sowie die Festsetzung des Dienstpostenplanes Als weitere Entscheidungen, die der Gemeinderat zu treffen hat, sind insbesondere anzuführen: die Bewilligung zum Erwerb von Liegenschaften ab einem gewissen Wert die Bewilligung von Subventionen ab einem bestimmten Wert (so werden z. B. regelmäßig Förderungen an Kulturschaffende oder Theater und an soziale Einrichtungen vergeben) die Genehmigung der Geschäftsordnung und der Geschäftseinteilung des Magistrats (vgl. Kapitel 2.7.) die Genehmigung von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen (Verordnungen, die ausweisen, ob und wenn ja in welchem Ausmaß gebaut werden darf) die Aufnahme von Darlehen und die Leistung von Bürgschaften 8 Wien – Struktur und Organe I INFOBOX Wesentlich für das Verständnis dieser Kompetenzen ist die sogenannte Wertgrenzenverordnung, die der Gemeinderat gleichzeitig mit dem Beschluss über den Voranschlag festzustellen hat und in der der Gemeinderat den Wert nach § 88 Abs. 1 lit. e WStV bestimmt. Dieser beträgt derzeit EUR 435.000,--. 2.3. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister wird vom Gemeinderat auf die Dauer der Wahlperiode des Gemeinderates gewählt. Der Gemeinderat kann der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister gegenüber das Misstrauen aussprechen. Dieses Misstrauensvotum führt zum Amtsverlust (vgl. Kapitel 2.2.3.). Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister hat folgende Aufgaben: Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister steht an der Spitze der Gemeindeverwaltung und ist Vorstand des Magistrats (vgl. auch Kapitel 2.7.). Daran sind folgende Weisungsbefugnisse geknüpft: Weisungsbefugnisse gegenüber den amtsführenden Stadträtinnen und Stadträten gegenüber sämtlichen Bediensteten der Stadt Wien gegenüber den Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. Daneben haben auch die Dienststellenleiterinnen und Dienststellenleiter jeweils innerhalb ihres Aufgabenkreises die Befugnis, die Gemeinde nach außen zu vertreten. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister beruft den Gemeinderat und den Stadtsenat ein, hat Sitz u. a. in allen Gemeinderatsausschüssen und führt den Vorsitz im Stadtsenat (siehe auch die Kapitel 2.2., 2.4. und 2.6.). Wien – Struktur und Organe I 9 Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister erlässt mit Genehmigung des Gemeinderates die Geschäftsordnung und die Geschäftseinteilung für den Magistrat (siehe Kapitel 2.7.). Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister ist für den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde verantwortlich. Das sind Aufgaben, die durch Bundes- oder Landesgesetze der Gemeinde übertragen sind und die nach den Weisungen des Bundes oder Landes zu besorgen sind. Beispiele: Führen der Personenstandsbücher (Geburt, Trauungen, Sterbefälle), und der Staatsbürgerschaftsevidenz Standesämter Durchführung von Bundes- und Landeswahlen Für den Fall der Verhinderung der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters wird diese bzw. dieser durch die beiden Vizebürgermeisterinnen bzw. Vizebürgermeister vertreten. Diese werden vom Gemeinderat aus dem Kreis der Stadträtinnen und Stadträte gewählt und von der stimmenstärksten bzw. zweitstärksten Partei des Gemeinderates vorgeschlagen. Gehören die Vizebürgermeisterinnen bzw. Vizebürgermeister unterschiedlichen Parteien an, wird die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister durch diejenige bzw. denjenigen vertreten, die bzw. der der stärksten Partei des Gemeinderates angehört. Nur wenn auch diese bzw. dieser verhindert ist, ist die andere Vizebürgermeisterin bzw. der andere Vizebürgermeister zur Vertretung befugt. Als Vorstand des Magistrats wird die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister auch durch die Magistratsdirektorin bzw. den Magistratsdirektor vertreten. 10 Wien – Struktur und Organe I 2.4. Der Stadtsenat 2.4.1. Zusammensetzung Der Stadtsenat besteht aus der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister und mindestens 9 und maximal 15 Mitgliedern, den sogenannten Stadträtinnen und Stadträten. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister führt den Vorsitz, ist jedoch selbst nicht stimmberechtigt. An den Abstimmungen und somit den Beschlussfassungen nehmen also nur die Stadträtinnen und Stadträte teil. 9 bis 15 Stadträtinnen und Stadträte Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister Stadtsenat Vorsitz nicht stimmberechtigt stimmberechtigt Die genaue Anzahl der Stadträtinnen und Stadträte legt der Gemeinderat nach jeder Gemeinderatswahl fest. Die Stadträtinnen und Stadträte werden vom Gemeinderat für die Dauer, für die der Gemeinderat selbst gewählt wurde, gewählt. Die im Gemeinderat vertretenen Parteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke im Gemeinderat Anspruch auf Vertretung im Stadtsenat. Wien – Struktur und Organe I 11 INFOBOX Nach der Gemeinderatswahl 2020 verteilen sich die 100 Mandate des Gemeinderates auf die Parteien wie folgt: Mandate 16 SPÖ 8 FPÖ 46 22 ÖVP 8 Grüne Neos Der Gemeinderat hat nach der Gemeinderatswahl 2020 die Anzahl der Stadträtinnen und Stadträte mit zwölf festgelegt. Aufgrund der oben dargestellten Mandatsverteilung im Gemeinderat teilen sich die zwölf Stadträtinnen und Stadträte auf die Parteien wie folgt auf: Stadtsenat - Aufteilung der Stadträtinnen bzw. Stadträte Wahlperiode 2020-2025 8 6 4 2 0 SPÖ FPÖ ÖVP Grüne Neos 2.4.2. Sitzung und Beschlussfassung Die Einberufung der Stadtsenatssitzungen erfolgt durch die Bürgermeisterin bzw. den Bürgermeister. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Im Gegensatz zu den Sitzungen des Gemeinderates können bei den Sitzungen des Stadtsenates daher die Bürgerinnen und Bürger nicht zuhören. 12 Wien – Struktur und Organe I INFOBOX Damit der Stadtsenat beschlussfähig ist, muss die Hälfte der Stadträtinnen und Stadträte anwesend sein (Präsenzquorum). Zu einem gültigen Beschluss des Stadtsenates ist die einfache Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder (also mehr als die Hälfte) erforderlich (Konsensquorum). Präsenzquorum Konsensquorum 1/2 >1/2 INFOBOX Der Ablauf der Stadtsenatssitzungen ist in der Geschäftsordnung des Wiener Stadtsenates näher geregelt. Die Sitzungsberichte sind im Internet (www.wien.gv.at/mdb/sts/) abrufbar. 2.4.3. Aufgaben Der Stadtsenat berät grundsätzlich alle Angelegenheiten, die dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen sind, vor. Alle für den Gemeinderat bestimmten Geschäftsstücke sind daher vor der Einbringung in den Gemeinderat dem Stadtsenat vorzulegen (Vorberatung). Weitere Aufgaben des Stadtsenates sind beispielsweise: Erstattung des Vorschlages für die Wahl der amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte (vgl. Kapitel 2.5.) Bestellung der Magistratsdirektorin bzw. des Magistratsdirektors auf Vorschlag der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters. Entscheidung über einzelne Personalangelegenheiten für Bedienstete der Stadt Wien (z. B. Beförderungen, Belohnungen, Remunerationen) Entscheidung über die Zuständigkeit von Gemeinderatsausschüssen (vgl. Kapitel 2.6.) im Streitfall Wien – Struktur und Organe I 13 2.5. Die amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte Die amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte sind eigenständige neben dem Stadtsenat bestehende Organe, die unabhängig von den Zuständigkeiten des Stadtsenates eigene Aufgaben haben. Sie werden vom Stadtsenat vorgeschlagen und vom Gemeinderat gewählt. Wählbar sind nur die im Stadtsenat vertretenen Stadträtinnen und Stadträte. Wesentliche Aufgabe der amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte ist die Leitung der Geschäftsgruppen des Magistrats (vgl. Kapitel 2.7.). Eine Geschäftsgruppe ist im Wesentlichen die Zusammenfassung von Magistratsabteilungen und Unternehmungen; sie stellt eine Organisationseinheit innerhalb des Magistrats dar. In ihrer Funktion als Leitung der Geschäftsgruppe sind die amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte gegenüber den ihrer Geschäftsgruppe zugewiesenen Bediensteten weisungsbefugt. Sie selbst unterliegen dem Weisungsrecht der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters. Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister weisungsbefugt amtsführende Stadträtin bzw. Stadtrat weisungsbefugt Bedienstete der Magistratsabteilungen und Unternehmungen der Geschäftsgruppe Darüber hinaus sind die amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte dem Gemeinderat gegenüber verantwortlich: So kann der Gemeinderat gegenüber einer amtsführenden Stadträtin bzw. einem amtsführenden Stadtrat das Misstrauen aussprechen. Dieses Misstrauensvotum führt zum Amtsverlust (vgl. Kapitel 2.2.3.). Zu den weiteren Aufgaben zählen die Berichterstattung im Stadtsenat, die Mitgliedschaft im zuständigen Gemeinderatsausschuss (vgl. Kapitel 2.6.) sowie die Einberufung der Sitzungen des zuständigen Gemeinderatsausschusses (vgl. Kapitel 2.6.) 14 Wien – Struktur und Organe I Den amtsführenden Stadträtinnen und Stadträten sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Seite gestellt, die sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen (Büro der jeweiligen Geschäftsgruppe bzw. „Stadträtinnen- bzw. Stadtratbüro“). 2.6. Die Gemeinderatsausschüsse 2.6.1. Zusammensetzung Jeder Gemeinderatsausschuss besteht aus der zuständigen amtsführenden Stadträtin bzw. dem zuständigen amtsführenden Stadtrat und einer vom Gemeinderat zu bestimmenden Anzahl von Mitgliedern (mindestens 10). Die im Gemeinderat vertretenen Parteien haben nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeinderatsausschuss. INFOBOX Nach der Gemeinderatswahl 2020 verteilen sich die 100 Mandate des Gemeinderates auf die Parteien wie folgt: Mandate SPÖ 16 22 8 FPÖ 46 ÖVP 8 Grüne Neos Die Anzahl der Mitglieder der Gemeinderatsausschüsse wurde nach der Gemeinderatswahl 2020 mit sechszehn festgelegt. Aufgrund der oben dargestellten Mandatsverteilung im Gemeinderat teilen sich die 16 Ausschussmitglieder auf die Parteien wie folgt auf: Gemeinderatsausschüsse - Aufteilung der Mitglieder Wahlperiode 2020-2025 10 5 0 SPÖ FPÖ ÖVP Grüne NEOS Wien – Struktur und Organe I 15 2.6.2. Sitzungen und Beschlussfassung Die Gemeinderatsausschüsse werden von der zuständigen amtsführenden Stadträtin bzw. vom zuständigen amtsführenden Stadtrat einberufen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich. Die Bürgerinnen und Bürger können daher bei den Sitzungen der Gemeinderatsausschüsse nicht zuhören. INFOBOX Damit ein Gemeinderatsausschuss beschlussfähig ist, muss mindestens ein Drittel der Mitglieder anwesend sein (Präsenzquorum). Zu einem gültigen Beschluss eines Gemeinderatsausschusses ist die einfache Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder (also mehr als die Hälfte) erforderlich (Konsensquorum). Präsenzquorum Konsensquorum 1/3 >1/2 INFOBOX Der Ablauf der Sitzungen der Gemeindesratsausschüsse ist in der Geschäftsordnung für die Ausschüsse, Unterausschüsse und Kommissionen des Gemeinderates der Stadt Wien näher geregelt. 2.6.3. Aufgaben Grundsätzlich sind die Gemeinderatsausschüsse für alle privatwirtschaftlichen Angelegenheiten der Gemeinde zuständig, die keinem anderen Gemeindeorgan zugewiesen sind. Sie genehmigen daher alle Ausgaben, für die auf Grund der Betragshöhe nicht ein anderes Organ (insb. Gemeinderat, Stadtsenat oder Magistrat) zuständig ist (Generalkompetenz in nicht behördlichen Angelegenheiten). Die Generalkompetenz in behördlichen Angelegenheiten kommt hingegen dem Magistrat zu (vgl. Kapitel 2.7.2.). Den Gemeinderatsausschüssen obliegt außerdem die Vorberatung der Angelegenheiten, die in den Wirkungsbereich des Stadtsenates gehören. Da in den Wirkungsbereich des Stadtsenates die Vorberatung aller Angelegenheiten des Gemeinderates fällt, beraten die Gemeinderatsausschüsse somit auch alle Angelegenheiten des Gemeinderates vor. 16 Wien – Struktur und Organe I Ein vom Gemeinderat zu beschließendes Geschäftsstück (Antrag) wird daher immer vom zuständigen Gemeinderatsausschuss und vom Stadtsenat vorberaten und nimmt daher folgenden Weg: Antrag Gemeinderatsausschuss Stadtsenat Gemeinderat Vorberatung Vorberatung Beschlussfassung Wien – Struktur und Organe I 17 2.7. Der Magistrat 2.7.1. Zusammensetzung Vorstand Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister Leitung des inneren Dienstes Magistratsdirektorin bzw. Magistratsdirektor Magistrat Amtsführende Stadträtinnen bzw. amtsführende Stadträte Anzahl von Bediensteten Der Magistrat besteht aus der Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister, den amtsführenden Stadträtinnen bzw. Stadträten, der Magistratsdirektorin bzw. dem Magistratsdirektor und der entsprechenden Anzahl von Bediensteten. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister ist Vorstand des Magistrats und für dessen Geschäftsführung verantwortlich (siehe auch Kapitel 2.3.). Der Magistratsdirektorin bzw. dem Magistratsdirektor obliegt insbesondere die Leitung des inneren Dienstes. Davon umfasst sind jedenfalls Maßnahmen, die zur Gewährung eines reibungslosen Amtsbetriebes und zur Erledigung aller anfallenden Geschäfte notwendig sind (Organisation personeller Mittel und Sachmittel, Vorsorge für einen einheitlichen und geregelten Geschäftsgang). Der Magistrat wird in Geschäftsgruppen, in die Magistratsdirektion, den Stadtrechnungshof und die Magistratischen Bezirksämter eingeteilt. 18 Wien – Struktur und Organe I Magistratische Bezirksämter Stadtrechnungshof Magistratsdirektion Geschäftsgruppen MAGISTRAT In den Geschäftsgruppen werden im Regelfall zusammengehörige Verwaltungsaufgaben zusammengefasst. Innerhalb der Geschäftsgruppen findet eine weitere Unterteilung in Abteilungen bzw. Betriebe und Unternehmungen statt. An der Spitze jeder Geschäftsgruppe steht eine amtsführende Stadträtin bzw. ein amtsführender Stadtrat (vgl. auch Kapitel 2.5.). Geschäftsgruppe Leitung: amtsführende Stadträtin bzw. amtsführender Stadtrat MA xx MA xx MA xx MA xx MA xx Unternehmung Wien – Struktur und Organe I 19 INFOBOX Derzeit sind folgende Geschäftsgruppen eingerichtet: Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke Geschäftsgruppe für Soziales, Gesundheit und Sport Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Integration und Transparenz Geschäftsgruppe für Kultur und Wissenschaft Geschäftsgruppe für Innovation, Stadtplanung und Mobilität Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal Geschäftsgruppe für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen INFOBOX Unternehmungen sind wirtschaftliche Einrichtungen, denen der Gemeinderat die Eigenschaft einer Unternehmung zuerkennt. Im Vergleich zu den Abteilungen des Magistrats verfügen sie über eine erhöhte wirtschaftliche Selbstständigkeit. Diese zeigt sich insbesondere darin, dass das Vermögen der Unternehmungen gesondert vom übrigen Vermögen der Gemeinde verwaltet wird. Derzeit bestehen die Unternehmungen: Stadt Wien – Wiener Wohnen Die Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen verwaltet, saniert und bewirtschaftet die städtischen Wohnhausanlagen Wiens. Dazu gehören rund 220.000 Gemeindewohnungen. Wien Kanal Die Unternehmung Wien Kanal ist Österreichs größte Kanalnetzbetreiberin. 99,7 % aller Haushalte in Wien sind an das städtische Kanalnetz angeschlossen. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört neben der Neuerrichtung von Kanälen v.a. auch die Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der Sauberkeit bestehender Kanäle. Wiener Gesundheitsverbund Der Wiener Gesundheitsverbund besteht aus zehn Spitälern, acht Pflegewohnhäusern, zwei Geriatriezentren sowie dem Sozialtherapeutischen Zentrum Ybbs und beschäftigt rund 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 20 Wien – Struktur und Organe I INFOBOX Magistratsabteilungen, die sich ihrer Natur nach eignen würden als Unternehmung geführt zu werden, denen jedoch diese Eigenschaft nicht zuerkannt wurde, können durch Beschluss des Gemeinderates als Betriebe geführt werden. Als Betriebe werden derzeit etwa die MA 10 (Wiener Kindergärten), MA 31 (Wiener Wasser), MA 44 (Bäder), MA 48 (Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark), MA 49 (Forst- und Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien), MA 70 (Berufsrettung Wien) geführt. Die Magistratsdirektion, der Stadtrechnungshof sowie die Magistratischen Bezirksämter sind keiner Geschäftsgruppe zugeordnet und unterstehen daher auch keiner amtsführenden Stadträtin bzw. keinem amtsführenden Stadtrat. Die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister hat mit Genehmigung des Gemeinderates die Geschäftsordnung und die Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien zu erlassen. Die Geschäftsordnung (GOM) regelt den internen Geschäftsgang (Ablauf) des Magistrats, die Geschäftseinteilung (GEM) die konkreten Zuständigkeiten der Dienststellen. Trotz der oben beschriebenen Einteilung des Magistrats sowie einer die Zuständigkeiten der Dienststellen regelnden Geschäftseinteilung, stellt der Magistrat eine verwaltungsbehördliche Einheit dar. Behördliche Anbringen können daher rechtsgültig bei jeder Magistratsdienststelle unabhängig von ihrer konkreten Zuständigkeit eingebracht werden. Anbringen, die bei einer nach der Geschäftseinteilung unzuständigen Dienststelle abgegeben wurden, sind unverzüglich an die zuständige Dienststelle intern weiterzuleiten. Wien – Struktur und Organe I 21 2.7.2. Aufgaben Der Magistrat vollzieht alle behördlichen Angelegenheiten (Hoheitsverwaltung), soweit hierfür nicht andere Gemeindeorgane zuständig sind (Generalkompetenz in behördlichen Angelegenheiten; z.B. Erteilung einer Baubewilligung). Der Magistrat hat auch in Angelegenheiten, für die andere Gemeindeorgane zuständig sind, den aktenmäßigen Verkehr und die Vorbereitung der Erledigung abzuwickeln („Geschäftsbesorgungsmonopol“). Dem Magistrat obliegen überdies beispielsweise die unmittelbare Vermögensverwaltung der Gemeinde, der Abschluss und die Auflösung von Dienstverträgen sowie die Ausarbeitung des Voranschlages und des Rechnungsabschlusses. INFOBOX Dem Magistrat kommt unter Leitung und Verantwortung der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters die Handhabung der Ortspolizei zu (Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen, z. B. Alkoholverbot am Praterstern). 2.8. Die Bezirksorgane 2.8.1. Allgemeines Das Gebiet Wiens ist zu Zwecken der Verwaltung in 23 Gemeindebezirke eingeteilt. 1. 2. 3. 4. Innere Stadt Leopoldstadt Landstraße Wieden 12. 13. 14. 15. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Margareten Mariahilf Neubau Josefstadt Alsergrund Favoriten Simmering 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. Meidling Hietzing Penzing RudolfsheimFünfhaus Ottakring Hernals Währing Döbling Brigittenau Floridsdorf Donaustadt Liesing 22 Wien – Struktur und Organe I Nicht zu verwechseln sind die Gemeindebezirke mit dem politischen Bezirk im Sinne der Bezirksverwaltung, der sich mit dem ganzen Gemeindegebiet der Stadt Wien deckt und für den der Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist. Die Wiener Stadtverfassung sieht im Hinblick auf die Einteilung in Gemeindebezirke besondere Gemeindeorgane vor, deren örtlicher Wirkungsbereich auf einen Gemeindebezirk beschränkt ist (Bezirksorgane). Bezirksorgane sind: die Bezirksvertretungen, die Ausschüsse der Bezirksvertretungen und die Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher Den Bezirksorganen obliegt im Wesentlichen die Verwaltung von Haushaltsmitteln in Angelegenheiten, die im Interesse des Bezirkes gelegen sind. INFOBOX Angelegenheiten im Interesse des Bezirkes sind beispielsweise: die bauliche Instandhaltung von städtischen Kindergärten, Musikschulen sowie von allgemeinbildenden Pflichtschulen die Planung, Errichtung und Instandhaltung der öffentlichen Beleuchtung die Planung, Errichtung und Instandhaltung von Grünanlagen und Spielplätzen die Errichtung und der Betrieb von städtischen WC-Anlagen Unter Verwaltung von Haushaltsmitteln versteht man, dass das jeweilige Bezirksorgan die Entscheidung trifft, wofür das dem Bezirk zur Verfügung stehende Geld ausgegeben wird. Welches Bezirksorgan konkret zuständig ist, hängt von der Höhe des Wertes der Ausgabe ab. Für die konkrete Besorgung der Angelegenheit (z. B. Auftragsvergabe) ist jedoch der Magistrat zuständig. Wien – Struktur und Organe I 23 2.8.2. Die Bezirksvertretung Die Mitglieder der Bezirksvertretungen (Bezirksrätinnen und Bezirksräte) werden alle fünf Jahre von den Wahlberechtigten, die im jeweiligen Bezirk ihren Hauptwohnsitz haben, gewählt. Die Wahl findet gleichzeitig mit der Gemeinderatswahl statt. Die Voraussetzungen für das aktive und passive Wahlrecht sind die gleichen wie bei der Gemeinderatswahl (vgl. Kapitel 2.2.1.) mit dem Unterschied, dass auch Unionsbürgerinnen und Unionsbürger wahlberechtigt bzw. wählbar sind. Die Sitzungen der Bezirksvertretungen sind öffentlich und können daher von jeder Bürgerin bzw. von jedem Bürger mitverfolgt werden. INFOBOX Der Ablauf der Sitzungen der Bezirksvertretungen ist in der Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen näher geregelt. 2.8.3. Die Bezirksvorsteherin bzw. der Bezirksvorsteher Die Bezirksvorsteherin bzw. der Bezirksvorsteher wird auf Vorschlag der stärksten Partei von der Bezirksvertretung auf fünf Jahre gewählt. Zu den Aufgaben der Bezirksvorsteherin bzw. des Bezirksvorstehers gehören neben der Verwaltung der Haushaltsmittel z. B.: die Entgegennahme von Anregungen, Vorschlägen und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger die Repräsentation des Bezirkes bei offiziellen Anlässen die Mitwirkung bei der Festlegung und Auflassung von Kurzparkzonen die Mitwirkung bei der Vollziehung der Gewerbeordnung, der Bauordnung für Wien und des Wiener Veranstaltungsgesetzes die Unterstützung der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, soweit sie den Bezirk betreffen Der Bezirksvorsteherin bzw. dem Bezirksvorsteher obliegt auch die Einberufung und Leitung einer Bürgerversammlung. Eine Bürgerversammlung dient der Information und Diskussion über Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse eines Bezirkes gelegen sind. Bürgerversammlungen finden häufig zu den Themen Neuverbauungen und Verkehrskonzepten statt. 24 Wien – Struktur und Organe I 3. WIEN ALS LAND In den ersten Bestimmungen des landesverfassungsrechtlichen Teils der Wiener Stadtverfassung wird ausdrücklich die Doppelfunktion der Gemeindeorgane bzw. von Gemeindefunktionen (z.B. Magistratsdirektorin bzw. Magistratsdirektor) und Gemeindeeinrichtungen (z.B. Stadtrechnungshof) festgehalten: Gemeinde Land Gemeinderat Landtag Gemeinderatsausschüsse Ausschüsse des Landtages Bürgermeisterin bzw. Bürgermeister Landeshauptfrau bzw. Landeshauptmann Stadtsenat Landesregierung Stadträtinnen und Stadträte Mitglieder der Landesregierung Magistratsdirektorin bzw. Magistratsdirektor Landesamtsdirektorin bzw. Landesamtsdirektor Magistrat Amt der Wiener Landesregierung Stadtrechnungshof Landesrechnungshof Die Organidentität hat zur Folge, dass sowohl deren Konstituierung bzw. Amtsantritt als auch deren Auflösung bzw. Abberufung zusammenfallen. Trotz dieser Identität der Organe muss eindeutig hervorgehen, ob das jeweilige Organ in seiner Funktion als Landes- oder Gemeindeorgan tätig wird. In diesem Sinne sind z. B. die Sitzungen des Landtages gesondert von den Sitzungen des Gemeinderates einzuberufen. In den Landtagssitzungen dürfen Verwaltungsangelegenheiten der Gemeinde nicht verhandelt werden und umgekehrt. Wien – Struktur und Organe I 25 3.1. Gesetzgebung Die Landesgesetzgebung obliegt dem Landtag. 3.1.1. Landtag Zusammensetzung Dem Gemeinderat kommt auch die Funktion des Landtages zu. In Wien wird daher nur der Gemeinderat gewählt; eine eigene Landtagswahl findet nicht statt. Die 100 Mitglieder des Gemeinderates sind daher auch Landtagsabgeordnete. Sitzung und Beschlussfassung Die Einberufung der Landtagssitzungen erfolgt durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten. Die Sitzungen sind öffentlich, d. h. jede bzw. jeder Interessierte kann die Landtagssitzungen auf der Besuchergalerie mitverfolgen. Auch die Protokolle der Landtagssitzungen (sowohl Sitzungsbericht als auch das wörtliche Protokoll) sind für die Bürgerinnen und Bürger öffentlich zugänglich und im Internet (www.wien.gv.at/mdb/ltg/) abrufbar. INFOBOX Es besteht auch die Möglichkeit, die Sitzungen des Landtages über den Link www.wien.gv.at/gr-ltg-tv/ live im Internet zu verfolgen. Über die Infodat Wien (www.wien.gv.at/infodat/) findet man alle Verhandlungsgegenstände des Landtages wie Beschlüsse über Gesetze, politische Anfragen und Anträge, Fragestunden und aktuelle Stunden. Damit der Landtag einen Gesetzesbeschluss fassen kann, muss grundsätzlich mindestens ein Drittel der Landtagsabgeordneten (bei insgesamt 100 Mitgliedern also mindestens 34) anwesend sein (Präsenzquorum). Zu einem Beschluss des Landtages ist die einfache Mehrheit der anwesenden Landtagsabgeordneten (also mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen) erforderlich (Konsensquorum). Landesverfassungsgesetze bzw. -bestimmungen bedürfen einer erhöhten Anwesenheit, nämlich der Hälfte der Landtagsabgeordneten und darüber hinaus auch einer Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen. 26 Wien – Struktur und Organe I Beschlussgegenstand Präsenzquorum Konsensquorum einfache Gesetze 1/3 >1/2 Verfassungsgesetze und Verfassungsbestimmungen 1/2 2/3 INFOBOX Der Ablauf der Landtagssitzungen ist in der Geschäftsordnung des Landtages für Wien näher geregelt. 3.1.2. Weg der Landesgesetzgebung Die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens erfolgt durch die Einbringung einer Gesetzesvorlage. Gesetzesvorlagen können wie folgt eingebracht werden: vom zuständigen Mitglied der Landesregierung (Regierungsvorlage), als Initiativantrag von Mitgliedern des Landtages oder im Wege eines Volksbegehrens In der Praxis spielen die Regierungsvorlagen die größte Rolle, weshalb nur auf diese näher eingegangen wird. Gesetzesentwürfe in Form von Regierungsvorlagen werden in der Regel vom Amt der Wiener Landesregierung, konkret von der nach der GEM zuständigen Magistratsabteilung, ausgearbeitet. Wien – Struktur und Organe I 27 Beispiel: Gesetzesentwürfe im Bereich des Gesundheitswesens werden von der MA 40 – Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht ausgearbeitet. In der Praxis wird der ausgearbeitete Gesetzesentwurf in weiterer Folge einem Begutachtungsverfahren unterzogen. In diesem wird der Gesetzesentwurf zum einen an vom Entwurf betroffene Stadt Wien interne Dienststellen (internes Begutachtungsverfahren) und zum anderen an externe Stellen, wie das Bundeskanzleramt, die Rechtsanwaltskammer Wien, die Wirtschaftskammer Wien usw. (externes Begutachtungsverfahren) zur Stellungnahme übermittelt. Nach Abschluss des Begutachtungsverfahrens und der Auseinandersetzung mit den in diesem eingelangten Stellungnahmen, ist die Gesetzesvorlage vom zuständigen Mitglied der Landesregierung in die Landesregierung einzubringen. Nach Annahme der Gesetzesvorlage in der Landesregierung gelangt diese in den zuständigen Ausschuss. Dort wird die Gesetzesvorlage vorberaten und im Regelfall beschlossen, dass diese dem Landtag mit dem Antrag vorgelegt wird, die Gesetzesvorlage zu beschließen. Nach der Debatte im Landtag beschließt dieser, ob die Gesetzesvorlage angenommen wird. Sieht ein Landesgesetz bei der Vollziehung die Mitwirkung von Bundesorganen vor, muss hierzu die Zustimmung der Bundesregierung eingeholt werden. Verweigert die Bundesregierung ihre Zustimmung, darf der Gesetzesbeschluss nicht kundgemacht werden. Der Gesetzesbeschluss des Landtages ist nach Beschlussfassung durch den Landtag – sofern ein Zustimmungsverfahren notwendig ist, nach dessen Beendigung – durch die Landeshauptfrau bzw. den Landeshauptmann zu beurkunden, durch die Landesamtsdirektorin bzw. den Landesamtsdirektor gegenzuzeichnen und letztlich von der Landeshauptfrau bzw. dem Landeshauptmann kundzumachen. Die Kundmachung der Wiener Landesgesetze erfolgt im Landesgesetzblatt für Wien. INFOBOX Bei der Planung und Ausarbeitung von legistischen Vorhaben sowie der Durchführung von Begutachtungs- und Normsetzungsverfahren ist der „Legistik-Erlass“ vom 18.12.2017, Zl. MDR – 396511-2017-2, zu beachten. 28 Wien – Struktur und Organe I Gesetzesvorschlag in Form einer Regierungsvorlage 1. Ausarbeitung durch die zuständige Magistratsabteilung 2. Begutachtungsverfahren Einbringung durch zuständiges Mitglied der Landesregierung Landesregierung Ausschuss Landtag Debatte ↓ Abstimmung wenn notwendig Zustimmung Bundesregierung einfache Gesetze: Anwesenheit: 1/3 unbedingte Stimmenmehrheit Verfassungsgesetze: Anwesenheit: 1/2 2/3 – Mehrheit der Stimmen Beurkundung durch Landeshauptfrau bzw. Landeshauptmann Gegenzeichnung durch Landesamtsdirektorin bzw. Landesamtsdirektor Kundmachung im Landesgesetzblatt Wien – Struktur und Organe I 29 3.2. Vollziehung Wien als Land hat Vollziehungsaufgaben betreffend Angelegenheiten der Landesverwaltung (selbstständiger Wirkungsbereich des Landes; z. B. Staatsbürgerschaft, Umweltverträglichkeitsprüfung, Tierschutz) und der mittelbaren Bundesverwaltung (Vollziehung obliegt dem Bund, erfolgt aber durch das Land für den Bund; z. B. Gewerbeordnung) 3.2.1. Landesverwaltung Die Vollziehung der Angelegenheiten, die in den selbstständigen Wirkungsbereich des Landes fallen, übt die Landesregierung aus. Die Landesregierung tritt über Einberufung durch die Landeshauptfrau bzw. den Landeshauptmann zusammen. Den Vorsitz in der Landesregierung führt die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann. Die Sitzungen der Landesregierung sind vertraulich. Das bedeutet, dass weder über den Ablauf der Sitzung noch über das Abstimmungsverhalten Auskunft erteilt werden darf. INFOBOX Zu einem gültigen Beschluss der Landesregierung ist die Anwesenheit der Hälfte der Mitglieder erforderlich. Von den anwesenden Mitgliedern muss mehr als die Hälfte (unbedingte Stimmenmehrheit) den Antrag annehmen. Präsenzquorum Konsensquorum 1/2 >1/2 INFOBOX Der Ablauf der Sitzungen der Landesregierung ist in der Geschäftsordnung für die Wiener Landesregierung näher geregelt. 30 Wien – Struktur und Organe I 3.2.2. Mittelbare Bundesverwaltung Die mittelbare Bundesverwaltung üben die Landeshauptfrau bzw. der Landeshauptmann und der Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde aus (Näheres siehe Skriptum „Wien und Bund I“). 3.3. Das Verwaltungsgericht Wien 3.3.1. Zusammensetzung Vizepräsidentin bzw. Vizepräsident Präsidentin bzw. Präsident Verwaltungsgericht Wien Landesverwaltungsrichterinnen und -richter Landesrechtspflegerinnen und -pfleger Laienrichterinnen und -richter Die Landesverwaltungsrichterinnen und -richter werden von der Wiener Landesregierung ernannt. Sie sind unabhängig, unabsetzbar und unversetzbar. Sie werden somit unbefristet ernannt und sind an keine Weisungen gebunden. Die Landesrechtspflegerinnen und -pfleger arbeiten bei den Angelegenheiten, der ihnen nach der Geschäftsverteilung zugeordneten Landesverwaltungsrichterinnen und –richter mit (z. B. Ausschreibung einer mündlichen Verhandlung, Gewährung von Parteiengehör, Ausstellung von Ladungen, Einstellen des Verfahrens). Darüber hinaus obliegt ihnen aber auch die eigenständige Führung und Erledigung von Verfahren über Beschwerden in folgenden Angelegenheiten: Gewährung von Wohnbeihilfen Anträge auf Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einschließlich der Kürzung sowie Ablehnung und Einstellung der Leistungen Wien – Struktur und Organe I 31 INFOBOX In Bundes- und Landesgesetzen kann die Mitwirkung von fachkundigen Laienrichterinnen- bzw. -richtern vorgesehen sein. Sie werden für die Dauer von sechs Jahren von der Wiener Landesregierung bestellt. Sie üben ihr Amt ehrenamtlich und unabhängig aus. Die Mitwirkung von Laienrichterinnen und -richtern kommt nur bei der Entscheidung durch Senate in Betracht (vgl. Kapitel 3.3.2.). Derzeit sind Laienrichterinnen und -richter an den Verfahren über Dienstrechts- und Disziplinarangelegenheiten der Beamtinnen und Beamten der Stadt Wien beteiligt. 3.3.2. Entscheidungen Das Verwaltungsgericht Wien entscheidet durch Senate, Einzelrichterinnen bzw. -richter oder Landesrechtspflegerinnen bzw. Landesrechtspfleger INFOBOX Jeder Senat besteht aus drei Mitgliedern, von denen eines den Vorsitz führt und ein anderes Bericht erstattet. Ist in den Verwaltungsvorschriften die Mitwirkung von fachkundigen Laienrichterinnen und -richtern vorgesehen, werden die gebildeten Dreiersenate durch diese verstärkt. Ein Senat ist beschlussfähig, wenn alle Mitglieder anwesend sind. Zu einem Beschluss ist die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Eine Stimmenthaltung ist nicht zulässig. 3.3.3. Zuständigkeit Das Verwaltungsgericht Wien erkennt im Wesentlichen in Angelegenheiten der Landesvollziehung und der mittelbaren Bundesverwaltung (z. B. Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht, Gewerberecht) über Beschwerden gegen Bescheide einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit (Bescheidbeschwerde) Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit (Maßnahmenbeschwerde) Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerde) 32 Wien – Struktur und Organe I 3.4. Die Wiener Umweltanwaltschaft Die Wiener Umweltanwaltschaft (WUA) ist durch das Wiener Umweltschutzgesetz beim Amt der Wiener Landesregierung eingerichtet. Sie besteht aus der Umweltanwältin bzw. dem Umweltanwalt und dem erforderlichen sonstigen Personal. Die Umweltanwältin bzw. der Umweltanwalt ist bei der Vollziehung der Aufgaben der Wiener Umweltanwaltschaft an keine Weisungen gebunden. Das sonstige Personal ist nur an die Weisungen der Umweltanwältin bzw. des Umweltanwaltes gebunden. Aufgabe der Wiener Umweltanwaltschaft ist es, die Interessen des Umweltschutzes zu wahren und somit zu einer Verbesserung der Wiener Umweltsituation beizutragen. Dies geschieht im Konkreten unter anderem durch die Parteistellung der Wiener Umweltanwaltschaft in den den Umweltschutz betreffenden Verwaltungsverfahren sowie durch die Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, die von wesentlicher Bedeutung für den Umweltschutz sind. INFOBOX Die Wiener Umweltanwaltschaft hat Parteistellung in Verwaltungsverfahren nach dem Wiener Naturschutzgesetz, der Wiener Bauordnung, dem Wiener Jagdgesetz, dem Wiener Fischereigesetz und dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000. Wien – Struktur und Organe I 33 3.5. Die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft Zur Wahrung und Sicherung der Rechte und Interessen der Bürgerinnen und Bürger in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und des Pflegebereichs in Wien ist beim Amt der Wiener Landesregierung die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA) eingerichtet. Die die WPPA leitende Person ist in Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und weisungsfrei (Pflege- und Patientinnen- bzw. Patientenanwältin bzw. -anwalt). Die sonstigen Bediensteten sind nur an deren oder dessen Weisungen gebunden. Die Zuständigkeit umfasst das gesamte Wiener Gesundheitswesen und den gesamten Wiener Pflegebereich. Zu den konkreten Aufgaben der WPPA zählen insbesondere die Behandlung von Beschwerden, die Aufklärung von Mängeln und Missständen und die Abgabe von Empfehlungen. INFOBOX Gesetzliche Grundlage: Gesetz über die Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft Zuständigkeitsbereiche: Krankenanstalten und Pflegeheime, Ordinationen und Ambulatorien, Rettung und Krankenbeförderung, Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Apotheken, Sozialversicherungen und Krankenkassen, Dentistinnen und Dentisten, Hebammen 3.6. Die Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft Zur besonderen Wahrung der Interessen von Kindern und Jugendlichen ist beim Amt der Wiener Landesregierung eine Kinder- und Jugendanwaltschaft (KJA Wien) eingerichtet. Sie besteht aus der Kinder- und Jugendanwältin, dem Kinder- und Jugendanwalt sowie der erforderlichen Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. 34 Wien – Struktur und Organe I Die Kinder- und Jugendanwältin und der Kinder- und Jugendanwalt sind an keine Weisungen gebunden. Zu den Aufgaben der KJA Wien zählen insbesondere die Beratung von Kindern, Jugendlichen und Eltern, die die Stellung von Kindern und Jugendlichen sowie die Aufgaben der Obsorgeberechtigten betreffen. Hilfestellung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Eltern und Kindern bzw. Jugendlichen Information der Öffentlichkeit vor allem über die Kinderrechte Einbringung der Interessen von Kindern und Jugendlichen in Rechtssetzungsprozessen INFOBOX Die gesetzliche Grundlage für die KJA Wien befindet sich im Wiener Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013. 3.7. Wiener Tierschutzombudsstelle Die Wiener Tierschutzombudsstelle wahrt und vertritt die Interessen des Tierschutzes. Sie besteht aus der die Ombudsstelle leitenden Tierschutzombudsperson sowie einer Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Tierschutzombudsperson ist an keine Weisungen gebunden. Aufgabe der Wiener Tierschutzombudsstelle ist es, die Interessen des Tierschutzes zu vertreten. Dies geschieht im Konkreten unter anderem durch die Parteistellung der Tierschutzombudsperson in den den Tierschutz betreffenden Verwaltungsverfahren einschließlich Verwaltungsstrafverfahren. INFOBOX Die gesetzliche Grundlage für die Wiener Tierschutzombudsstelle bzw. die Tierschutzombudsperson befindet sich im Bundesgesetz über den Schutz der Tiere – Tierschutzgesetz. Wien – Struktur und Organe I 35 4. DIREKTE DEMOKRATIE IN WIEN Unter der direkten Demokratie versteht man eine Entscheidungsform, wo die Bürgerinnen und Bürger Entscheidungen selbst treffen und nicht über ihre gewählten Repräsentantinnen und Repräsentanten. Volksbegehren Volksbefragung Land Gemeinde Volksabstimmung Volksabstimmung 4.1. Gemeindeebene 4.1.1. Volksbefragung Gegenstand einer Volksbefragung können alle Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde sein, die in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen. Davon ausgenommen sind aber Wahlen Gemeindeabgaben und Entgelte Personal- und behördliche Angelegenheiten Maßnahmen, durch die in verfassungsgesetzlich geschützte Grund- und Freiheitsrechte eingegriffen werden würde. Eine Volksbefragung ist durchzuführen, wenn der Gemeinderat dies beschließt oder eine bestimmte Anzahl an wahlberechtigten Gemeindebürgerinnen und –bürgern (5 %) dies verlangt. 36 Wien – Struktur und Organe I Die Frage ist so zu stellen, dass sie entweder mit JA NEIN oder zu beantworten ist oder die gewählte Variante Variante A oder Variante B eindeutig bezeichnet werden kann. Der Gemeinderat hat sich mit dem Ergebnis der Volksbefragung zu befassen. Er ist aber nicht verpflichtet, dem Ergebnis zu folgen. INFOBOX Rechtsgrundlage: §§ 112a ff WStV und Wiener Volksbefragungsgesetz In Wien hat es bisher zwei Volksbefragungen gegeben: Volksbefragung 2010 Folgende 5 Fragen konnten beantwortet werden: „1. Im Jahr 2000 wurde durch den Bundesgesetzgeber die Möglichkeit abgeschafft, Hausbesorgerinnen und Hausbesorger anzustellen. Eine bundesgesetzliche Neuregelung ist seither nicht zustande gekommen. Sind Sie dafür, dass in Wien die Möglichkeit geschaffen wird, neue Hausbesorgerinnen und Hausbesorger (mit modernem Berufsbild) einzustellen? 2. Internationale Studien zeigen, dass die Ganztagsschule der entscheidende Erfolgsfaktor für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie darstellt sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung deutlich hebt. Sind Sie für ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen in Wien? Wien – Struktur und Organe I 37 3. Einige Großstädte (zum Beispiel London, Stockholm) haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für das Stadtzentrum eingeführt (Citymaut). In Wien konnte durch die Verkehrspolitik (Ausbau öffentlicher Verkehr, Parkraumbewirtschaftung, Wohnsammelgaragen, Ausbau Radwegenetz) in den letzten Jahren der Autoverkehr in der Stadt deutlich reduziert werden. Soll in Wien eine Citymaut eingeführt werden? 4. In Wien fahren täglich Nachtbusse von 0.30 bis 5.00 Uhr. Ein 24-Stunden-U-BahnBetrieb am Wochenende (Freitag und Samstag) kostet pro Jahr 5 Millionen Euro und bewirkt veränderte Fahrtrouten der Nachtbusse am Wochenende. Sind Sie dafür, dass die U-Bahn am Wochenende auch in der Nacht fährt? 5. Seit 2006 wird in Wien ein freiwilliger Hundeführschein angeboten. Der Hundeführschein ist eine fundierte Ausbildung für Hundehalterinnen und Hundehalter, bei welcher der richtige Umgang mit Hunden gelehrt wird. Bei der Prüfung müssen Hundehalterinnen und Hundehalter zeigen, dass sie den Hund auch in schwierigen Situationen im Griff haben. Sind Sie dafür, dass es in Wien für sogenannte "Kampfhunde" einen verpflichtenden Hundeführschein geben soll?“ Volksbefragung 2013 Folgende 4 Fragen konnten beantwortet werden: „1. Wie soll die Parkplatzsituation und Lebensqualität für Bezirksbewohner/innen verbessert werden? A.) Es sollen für jeden Wiener Bezirk Parkraumregelungen eingeführt werden. B.) Es soll Lösungen für einzelne Bezirke geben (mit Berücksichtigung der Interessen der Nachbarbezirke). 2. Soll sich die Stadt um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2028 bemühen? 3. Die kommunalen Betriebe bieten der Wiener Bevölkerung wichtige Dienstleistungen. Zum Beispiel Wasser, Kanal, Müllabfuhr, Energie, Spitäler, Gemeindewohnbauten und öffentliche Verkehrsmittel. Sind sie dafür, dass diese Betriebe vor einer Privatisierung geschützt werden? 4. Soll die Stadt nach dem Beispiel der Bürger/innen-Solarkraftwerke weitere erneuerbare Energieprojekte entwickeln, die mit finanzieller Beteiligung der Bürger/innen realisiert werden?“ 38 Wien – Struktur und Organe I 4.1.2. Volksabstimmung In einzelnen Angelegenheiten, die dem Gemeinderat zur Entscheidung vorliegen, kann der Gemeinderat beschließen, dass diese durch Volksabstimmung entschieden werden. An der Volksabstimmung teilnehmen können alle wahlberechtigten Gemeindebürgerinnen und -bürger. Jene Gegenstände, die von der Volksbefragung ausgenommen sind (vgl. Kapitel 4.1.1.), können auch keiner Volksabstimmung unterzogen werden. Die Entscheidung muss eindeutig durch JA oder NEIN erfolgen können. Das Ergebnis der Volksabstimmung ist für den Gemeinderat bindend, wenn mindestens 50 % aller wahlberechtigten Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger an der Volksabstimmung teilgenommen haben. Für die Annahme der Angelegenheit muss darüber hinaus mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen auf „JA“ lauten. Eine Volksabstimmung auf Gemeindeebene hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. INFOBOX Rechtsgrundlage: §§ 112e ff WStV und Wiener Volksabstimmungsgesetz Wien – Struktur und Organe I 39 4.2. Landesebene 4.2.1. Volksbegehren Gegenstand eines Volksbegehrens ist ein Antrag auf Erlassung eines Landesgesetzes. Das Volksbegehren muss bereits in Form eines Gesetzesentwurfes gestellt werden. Damit ein Volksbegehren im Landtag behandelt wird, ist es erforderlich, dass den Antrag mindestens 5 % der bei der letzten Wahl zum Wiener Landtag wahlberechtigt gewesenen Personen stellen. Der Landtag ist nur zur Behandlung des Gesetzesentwurfes verpflichtet, muss diesen aber nicht zwingend als Gesetz beschließen. INFOBOX Rechtsgrundlage: § 131b WStV und Wiener Volksbegehrensgesetz 4.2.2. Volksabstimmung Gesetzesbeschlüsse des Landtages können einer Volksabstimmung unterzogen werden, wenn der Landtag dies beschließt. Im Gesetzgebungsverfahren ist die Volksabstimmung vor der Beurkundung und Gegenzeichnung durch die Landeshauptfrau bzw. den Landeshauptmann und die Landesamtsdirektorin bzw. den Landesamtsdirektor durchzuführen (vgl. Kapitel 3.1.). Zur Stimmabgabe berechtigt sind alle zum Wiener Landtag wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger. Die Entscheidung muss eindeutig durch JA oder NEIN erfolgen können. Die Kundmachung des Gesetzes hat zu unterbleiben, wenn bei einer Mindestbeteiligung der Hälfte der zum Wiener Landtag Wahlberechtigten die Mehrheit den Gesetzesbeschluss ablehnt. 40 Wien – Struktur und Organe I VOLKSABSTIMMUNG Beteiligung < 1/2 ≥ 1/2 Stimmverhalten ≥ 1/2 JA Kundmachung INFOBOX Rechtsgrundlage: §131c WStV und Wiener Volksabstimmungsgesetz >1/2 NEIN Keine Kundmachung Wien – Struktur und Organe I 41 5. WIEN ALS PRIVATRECHTSSUBJEKT Die Stadt Wien vollzieht einerseits mit Hoheitsgewalt staatliche Vorschriften, andererseits kann sie aber auch wie jede Privatperson Verträge abschließen (Privatwirtschaftsverwaltung). Es gelten für die Stadt Wien dann die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften wie für jede andere Privatperson (vgl. dazu das Skriptum „Vertrags- und Schadenersatzrecht“). Beispiel: Die Stadt Wien schließt wie eine Privatperson Kaufverträge ab. Zu der Privatwirtschaftsverwaltung gehört auch die Beteiligung der Stadt Wien an Unternehmen. Das bedeutet, dass die Stadt Wien Allein- oder Miteigentümerin von Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften oder GmbHs) ist. Die Stadt Wien hält Beteiligungen an Unternehmen unterschiedlicher Größe, Branche und wirtschaftlicher Ausrichtung. INFOBOX Nach dem Beteiligungsbericht 2021 der Stadt Wien war die Stadt Wien im Jahr 2021 an 31 Kapitalgesellschaften direkt beteiligt. Dabei handelte es sich in 17 Fällen um Mehrheitsbeteiligungen, wobei die Stadt Wien alleinige Eigentümerin von 14 Unternehmen war. An 14 Unternehmen bestand lediglich eine Minderheitsbeteiligung. Die Beteiligungsunternehmen der Stadt Wien hielten zum Teil ihrerseits Beteiligungen bzw. Tochter- und Enkelunternehmen, wonach sich eine große Zahl mittelbarer Beteiligungen (204) der Stadt Wien ergab.4 Je nach Zuständigkeit sind die Verwaltung und die EigentümerInnenvertretung der Beteiligungen in den Geschäftsgruppen des Magistrats der Stadt Wien angesiedelt. 4 Quelle: Beteiligungsbericht 2021 der Stadt Wien 42 Wien – Struktur und Organe I Beispiele: Wien Holding GmbH Die Stadt Wien ist an der Wien Holding GmbH mit 99,99 % beteiligt. Rund 75 Unternehmen sind derzeit unter dem Dach der Wien Holding vereint. Diese Unternehmen sind in den Bereichen „Immobilienmanagement“ (z. B. GESIBA Gemeinnützige Siedlungs- und Bauaktiengesellschaft), „Kultur- und Veranstaltungsmanagement“ (z. B. Vereinigte Bühnen Wien Ges.m.b.H.), „Logistik und Mobilität“ (z. B. Wiener Hafen GmbH & Co KG) sowie „Medien und Services“ (z. B. WH Media GmbH) tätig. Wiener Stadtwerke GmbH Die Stadt Wien ist an der Wiener Stadtwerke GmbH mit 100 % beteiligt. Der Wiener Stadtwerke Konzern ist ein moderner Infrastrukturdienstleister. Seine wirtschaftliche Tätigkeit lässt sich in die Bereiche Energie, Verkehr, Bestattung und Friedhöfe sowie Garagierung untergliedern. Der Bereich Energie umfasst die Sparten Produktion, Netz und Vertrieb (z. B. Wien Energie, Wiener Netze). Weiters erbringen die Wiener Stadtwerke Serviceleistungen in den Bereichen des öffentlichen Personennahverkehrs (Wiener Linien und Wiener Lokalbahnen), der Garagierung (WIPARK Garagen) sowie der Bestattung und Friedhofsverwaltung (z. B. Bestattung Wien, Friedhöfe Wien). Wien – Struktur und Organe I 43 ANHANG https://www.wien.gv.at/english/politics/translation/pdf/organigramm-deutsch.pdf