Konstruktionslehre - KL 1.1 Einführung Grundlagen 2023 PDF
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htw saar
2023
Prof. Dr.-Ing. S. Junk
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This document is a lecture on engineering design (Konstruktionslehre) including introductory material, followed by a description of the lecturer, and the course structure. It details the course's contents, including a section on course literature.
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Konstruktionslehre Kapitel 1.1 EINFÜHRUNG GRUNDLAGEN Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.1 Konstruktionslehre Vorstellung Dozent Prof. Dr.-Ing. S. Junk Ausbildung zum Werkzeugmechaniker bei DIEHL Munitionssysteme Studium Konstruktions- und Fertigungstechnik an der Universität des Saa...
Konstruktionslehre Kapitel 1.1 EINFÜHRUNG GRUNDLAGEN Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.1 Konstruktionslehre Vorstellung Dozent Prof. Dr.-Ing. S. Junk Ausbildung zum Werkzeugmechaniker bei DIEHL Munitionssysteme Studium Konstruktions- und Fertigungstechnik an der Universität des Saarlandes Luft-Luft-Rakete IRIS-T von DIEHL BGT Defence Promotion am Lehrstuhl für Werkstofftechnologie und Präzisformgebung bei Prof. Hirt, heute RWTH Aachen Prozessentwicklung und Umformsimulation bei EBERSPÄCHER Abgastechnik Leichtbau-Abgasanlage von Eberspächer Bildquellen: sirviper.com, Eberspächer Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.2 Konstruktionslehre Vorstellung Dozent Seit 2008 Professur an der Vorlesungsangebot Bachelor: Technische Mechanik 1 und 2 Neue Technologien 1 Maschinenelemente Computer Aided Engineering 1 Vorlesungsangebot Master: 3D-Farbdrucker Computer Aided Engineering 2 Neue Technologien 2 Workshop Rapid Prototyping Forschungsschwerpunkte: Additive Manufacturing und Rapid Tooling mit 3D-Druckern Reverse Engineering mit 3D-Scannern 3D-Scanner Bildquellen: 3D-Systems, Artec Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.3 Konstruktionslehre Arbeitsweise und Bewertung Modul: Konstruktionstechnik-1 (5 Credits) Vorlesung: Konstruktionslehre CAD 1 Hausarbeit Prüfung: Klausur Konstruktionslehre (90 min) 60 Punkte Klausur CAD-1 (60 min) 40 Punkte Klausurnote (Summe) 100 Punkte Hausarbeit Hausarbeitsnote 100 Punkte Modulnote: 80 % der Pkt. in der Klausur 20 % der Pkt. in der Hausarbeit Verbindlich ist das aktuelle Modulhandbuch! Jeder Teil muss einzeln bestanden werden. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.4 Konstruktionslehre Hausarbeit Benotete Hausarbeit (100 Pkt.) Das Thema ist eine Problemstellung zu den Grundlagen der Konstruktionsmethodik. Es wird montags in der 3. Woche des Blockes 1B (1. Semesters) verteilt. Ausgabe der Aufgabenstellung: Siehe E-Mail Studiengangleitung Die Hausarbeit ist eine 30 Stunden umfassende Prüfungsleistung, die in einem Zeitraum von 60 Werktagen (Mo-Fr außer gesetzlichen Feiertagen) ab Ausgabe des Themas bearbeitet wird (Bemerkung: Unter dieser Bedingung ist die Abgabe in der 1. Woche des Blockes 2A (2. Semester). Abgabe der Hausarbeit: Siehe E-Mail Studiengangleitung Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.5 Konstruktionslehre Vorlesungsinhalte Einführung Grundlagen CAD und Normung Grundlagen der Konstruktionsmethodik (Planen, Konzipieren, Entwerfen und Ausarbeiten) Bewertungsmethoden Einführung in die Maschinenelemente der Verbindungs- und Antriebstechnik Technisches Zeichnen und Skizzieren (Ebene und Raum) Darstellung, Bemaßung, Tolerierung, Kantenzustände und technische Oberflächen Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.6 Konstruktionslehre Literatur zur Vorlesung: Konstruktionslehre Vajna, S., Weber, C., Zeman, K., Hehenberger. P. et al. CAx für Ingenieure: Eine praxisbezogene Einführung 3. Auflage Verlag: Springer ISBN: 978-3662546239 Erscheinungsdatum: Juni 2018 Bender, B., Gericke, K. (Herausgeber) Pahl/Beitz Konstruktionslehre: Methoden und Anwendung erfolgreicher Produktentwicklung 9. Auflage Verlag: Springer ISBN: 978-3662573020 Erscheinungsdatum: Januar 2021 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.7 Konstruktionslehre Literatur zur Vorlesung: Konstruktionslehre Conrad, K. Grundlagen der Konstruktionslehre: Maschinenbau, Strategien, Menschen Verlag: Hanser ISBN: 978-3446475809 Erscheinungsdatum: Mai 2023 Bürger, M., Dambacher, M., Hartmann, A. et al. Konstruktionslehre Maschinenbau Verlag: Europa Fachbuch ISBN: 978-3758514005 Erscheinungstermin: August 2021 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.8 Konstruktionslehre Literatur zur Vorlesung: Technisches Zeichnen Labisch, S. und Wählisch, G. Technisches Zeichnen - Selbstständig lernen und effektiv üben Verlag : Springer Vieweg ISBN : 978-3658306496 Erscheinungsdatum: Oktober 2020 Hoischen, H. Technisches Zeichnen, 38. Auflage Grundlagen, Normen, Beispiele, Darstellende Geometrie Verlag : Cornelsen ISBN : 978-3064523616 Erscheinungstermin: Februar 2022 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.9 Konstruktionslehre Literatur zur Vorlesung: Maschinenelemente Decker, K.-H. et al. Maschinenelemente Funktion, Gestaltung und Berechnung Verlag: Carl Hanser ISBN: 978-3446472303 Erscheinungstermin: Dezember 2023 Spura, C., Fleischer, B., Wittel, H., Jannasch, D. Roloff/Matek Maschinenelemente Normung, Berechnung, Gestaltung Verlag: SpringerVieweg ISBN : 978-3-658-40913-5 Erscheinungsdatum: September 2023 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.10 Konstruktionslehre Literatur zur Vorlesung: Maschinenelemente Niemann, G., Winter, H., Höhn, B. R., Stahl K. Maschinenelemente (Band 1 bis 3) Verlag: Springer ISBN : 978-3662554814 Erscheinungsdatum: Oktober 2019 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.11 Konstruktionslehre Entwickeln und Konstruieren Entwickeln und Konstruieren ist eine interessante Ingenieurtätigkeit, die fast alle Gebiete des menschlichen Lebens berührt, sich der Gesetze und Erkenntnisse der Naturwissenschaft bedient, zusätzlich auf spezielles Erfahrungswissen aufbaut, weitgehend in Eigenverantwortung handelt und die Voraussetzungen zur Verwirklichung von Konstruktive Tätigkeit im Einflussbereich Lösungsideen schafft. des kulturellen und technischen Lebens Quelle: Pahl/Beitz Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.12 Konstruktionslehre Konstruieren Konstruieren ist das vorwiegend schöpferische Vorausdenken technischer Erzeugnisse. Dazu gehören: Finden von optimalen und kostengünstigen Lösungen auf der Basis von Wissen und Erfahrung Gedankliches und darstellendes Gestalten der Lösungen Wahl der Werkstoffe und der Fertigungsverfahren Produktdatenmodell Schaffen einer technisch und wirtschaftlich Quelle: Bürger et al. vertretbaren stofflichen Umsetzung der Lösung Ergebnisse des Konstruierens: Zeichnungen und Stücklisten Erzeugnisgliederungen Weitere Dokumente (z.B. Montageanleitung) Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.13 Konstruktionslehre Entwicklung und Konstruktion Ein Unternehmen existiert und interagiert in und mit einer komplexen Umwelt. Innerhalb des Unternehmens ist die Entwicklung eine der Hauptabteilungen. Zur Entwicklung ist sie aber auf Mit- und Zuarbeit aller Abteilungen der Firma angewiesen. Die Abteilung Konstruktion ist in der Regel wichtiger Bestandteil der Entwicklung. Unterscheidung von Entwicklung und Konstruktion Quelle: Ehrenspiel Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.14 Konstruktionslehre Definition Maschinenelemente Als Maschinenelemente bezeichnet die Gesamtheit aller Maschinen- und Konstruktionselemente, die die funktionsmäßig nicht mehr weiter zerlegbaren Bestandteile einer Maschinenkonstruktion darstellen. Maschinenelemente sind auf Prinzipien der technischen Mechanik beruhende technische Lösungen immer wieder auftretender elementarer Aufgaben bei der Konstruktion und Entwicklung. Deshalb existieren die selben Maschinenelemente in verschiedensten Maschinen, immer mit den selben Funktionen. Maschinenelemente sind in ihren Eigenschaften und Belastungsmöglichkeiten relativ gut erforscht und weitgehend standardisiert bzw. genormt. Durch die häufige Verwendung sind sie in der Regel preiswert verfügbar. Auf der guten Kenntnis und soliden Berechnung der Maschinenelemente beruht die Qualität und Funktionstüchtigkeit jeder technischen Konstruktion. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.15 Konstruktionslehre Definition Maschinenelemente Maschinenelemente / Konstruktionselemente Nicht weiter zerlegbare Bauteile, z.B.: Federn, Bolzen, Schrauben, Wellen, Dichtungen oder Gruppen, die in ihrer Kombination eine Einheit bilden und eine Funktion erfüllen, z.B. Welle-Nabe-Verbindungen, Lager Komponenten Umfassende Maschinenelemente, die oftmals Maschinenelemente beinhalten, z.B.: Kupplungen, Getriebe, hydraulische Komponenten (Pumpen, Ventile) Baugruppen Eine Baugruppe ist ein in sich geschlossener aus zwei oder mehr Teilen und/oder Baugruppen niederer Ordnung bestehender Gegenstand einer Anlage oder eines Systems, ohne die das gesamte System gar nicht oder nur eingeschränkt funktioniert. Quelle: Schmidt-Kretschmer Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.16 Konstruktionslehre Aufbau technischer Systeme Maschinen primärer Zweck: Energie umsetzen und / oder Energiefluss ermöglichen Beispiele: Werkzeug-, Haushaltsmaschinen, Fahrzeuge,... Apparate primärer Zweck: Stoffe umsetzen und / oder Stofffluss ermöglichen Beispiele: Wärmetauscher, Filter, Zentrifugen,... Geräte primärer Zweck: Signale umsetzen und / oder Signalfluss ermöglichen Beispiele: Rechner, Waagen, Messgeräte,... Quelle: nach Koller Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.17 Konstruktionslehre Einordnung der Maschinenelemente in die Konstruktionslehre Quelle: Schmidt-Kretschmer Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.18 Konstruktionslehre Produktentwicklung Produktentwicklung umfasst alle Aktivitäten aus einer ersten Idee für ein Produkt bis zur Platzierung auf den Markt. Phasen der Produktentwicklung: Planen und Klären der Aufgabe Konzipieren Entwerfen (Skizzen) Ausarbeiten (CAD) Phasen der Produktentwicklung Quelle: nach Ehrenspiel Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.19 Konstruktionslehre Ablauf eines Produktentwicklungsprozesses Technische Entwicklungsziele Gewünschte Produkteigenschaften Zweckorientierte Beschreibung der Produktbestandteile Zusammenhänge im Produkt Prinzipielle Lösung der technischen Problemstellung Gesamtkonzept Herstellungsorientierte Gestaltebene Baustruktur Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.20 Konstruktionslehre Konstruktionsmethodik nach VDI 2221 Konstruktion steht am Anfang des Produktentwicklungsprozesses Keine starre Ablauffolge, da immer wieder „Schleifen“ zur Optimierung erfolgen müssen Maßgebliche Weichenstellungen erfolgen in der Konstruktion Konstruktion erstellt die notwendigen Produktdokumentationen (Zeichnungen, Stücklisten,…) Diese Dokumente sind Grundlage für folgende Prozesse: Planung, Fertigung, Vertrieb, Qualitätssicherung,… Konstruktionsprozess nach VDI Richtlinie 2221 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.21 Konstruktionslehre Detaillierte Konstruktionsmethodik nach VDI 2221 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.22 Konstruktionslehre Neue Konstruktionsmethodik: Agile Produktentwicklung Heute wird Produktentwicklung mit einem modernen Umfeld konfrontiert, das geprägt wird durch: volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit), kurz VUCA. Ein Antwort darf soll mithilfe der agilen Produktentwicklung gefunden werden. Die Grundlagen wurden im agilen Manifest beschrieben und zunächst in der Softwareentwicklung umgesetzt. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.23 Konstruktionslehre Neue Konstruktionsmethodik: Agile Produktentwicklung Entwicklungsagilität ist die Bereitschaft einer Entwicklungsmethode, Veränderungen zu begrüßen und aus ihnen zu lernen, um Kundenwert zu erzeugen Ziele agiler (Software-)Entwicklung: Höhere Flexibilität als bei klassischen Modellen Fokussierung auf die zu erreichenden Ziele Angehen von technischen und sozialen Problemen nicht schwergewichtig und bürokratisch vorgehen Dazu stehen eine Reihe von agilen Methoden zur Verfügung, z.B. SCRUM, Design Thinking, Lean Software Development Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.24 Konstruktionslehre Agile Produktentwicklung: Scrum Scrum zählt zu den bekanntesten agilen Ansätzen und stellt ein Rahmenwerk dar, mit dessen Hilfe Menschen komplexe adaptive Aufgabenstellungen angehen können. Deshalb erfolgt die Produktentwicklung bei Scrum iterativ in Feedback-Schleifen von wenigen Wochen, den sog. Sprints. Bei jedem Sprint soll eine verwendbare Produktversion entstehen, das Inkrement – auch wenn dieses nur einen minimal zusätzlichen Funktionsumfang hat. Dieser iterativ-inkrementelle Ansatz erlaubt es dem Projektteam, auf Änderungen oder Probleme zu reagieren und Feedback von den Stakeholdern anhand eines funktionieren Produkts bzw. Prototyps zu erhalten anstatt anhand von Dokumenten. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.25 Konstruktionslehre Konventionelle vs. Agile Produktentwicklung Ziel der konventionellen Produktentwicklung ist ein funktionsfähiges Produkt: first time right Dagegen zielt die agile Produktentwicklung auf den schrittweisen Ausbau des Produkts unter Akzeptanz von vielen Rückschlägen: Fail fast - fail cheap - fail early Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.26 Konstruktionslehre Konventionelle vs. Agile Produktentwicklung Konventionell Agil Anforderungen zu Beginn bekannt Anforderungen zu Beginn unscharf Änderungen von Anforderungen Änderungen an Anforderungen während während Projektverlauf schwierig Projektverlauf eingeplant Hohe Kosten für späte Mäßige Kosten für späte Anforderungsänderungen Anforderungsänderungen Anforderungsbeschreibung aus Anforderungsbeschreibung aus technischer Sicht (Features) Kundensicht (Anwendungsfälle) Sequenzieller Entwicklungsprozess Iterativer Entwicklungsprozess Starrer Projektmanagementprozess Fortlaufende Prozessverbesserungen Kunde sieht nur Endergebnis Kunde bewertet Zwischenergebnisse Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.27 Konstruktionslehre Konventionelle vs. Agile Produktentwicklung Konventionell Agil Wenn es eng wird, eher Meilensteine Wenn es eng wird, eher Aufwand schieben verringern Große Teams möglich Relativ kleine Teams nötig Klare Hierarchie Selbstorganisierte Teams Viele Spezialisten im Team Viel gemeinsame Verantwortung Team sitzt verteilt und ist in mehreren Team sitzt zusammen und hat Fokus auf Projekten tätig ein Projekt Aufgaben von oben zuteilen Aufgaben selbstständig übernehmen Viel Kommunikation über Dokumente Viel informelle Kommunikation und und lange Meetings Standup-Meetings Aufwandsschätzung durch Projektleiter Aufwandsschätzung gemeinsam im oder Experten Team Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.28 Konstruktionslehre Konstruktionsarten Neukonstruktion: Konstruieren eines Produktes völlig ohne Rückgriff auf Vorgänger-/Vorbildlösungen. Eine Neukonstruktion muss durchgeführt werden, wenn eine neue Aufgabenstellung gegeben ist. Anpassungskonstruktion : Konstruktionsprozess geht hierbei zwar von bekannten Vorgängern/Vorbildern aus. Jedoch sind die Anforderungen quantitativ und/oder qualitativ erheblich erweitert und machen in Teilbereichen neue Lösungen notwendig (partielle Neukonstruktion). Variantenkonstruktion: Konstruieren durch Variation bekannter Vorgänger/Vorbilder. Die prinzipielle Lösung steht fest, die Gestalt der Bauteile und Baugruppen kann jedoch mit Hilfe der allgemeingültigen Variationsregeln noch verändert und optimiert werden Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.29 Konstruktionslehre Beispiele für Konstruktionsarten Sobald eine grundlegend neue Problemstellung gelöst wird, liegt eine Neukonstruktion vor. Eine Anpassungskonstruktion liegt dann vor, wenn das Lösungsprinzip bzw. das prinzipielle Konzept des Produktes unverändert bleibt und lediglich die Gestaltung verändert wird. Eine Variantenkonstruktion zeichnet sich dadurch aus, dass innerhalb vorgedachter Systemgrenzen die Abmaße und/oder die Topologie von Bauteilen bzw. Baugruppen variiert werden, im Wesentlichen sind bei Variantenkonstruktionen die Werkstoffe sowie die Außengestalt bekannt. Quelle: Kirchner Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.30 Konstruktionslehre Konstruktionsarten Konstruktionsarten unterscheiden u.a. nach: Umfang der Konstruktionsphasen Anteil von kreativen bzw. schematischen Tätigkeiten Zeitlichen Häufigkeit in der Praxis Arbeitsaufgabe/ Anforderungen Quelle: nach Ehrlenspiel Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.31 Konstruktionslehre Erlöse und Kosten über Produktlebenszyklus Bei der Produktentwicklung entstehen erhebliche Vorleistungskosten Break-even-point: Vorleistungskosten der Produktentwicklung sind durch Verkauf gedeckt Gewinn entsteht Gewinn ist meist nicht proportional zum Break-even-point Umsatz, da das Produkt veraltet und Konkurrenzprodukte entstehen Überarbeitung des Produkts bzw. Ablösung durch neues Produkt Entwicklung von Erlösen und Kosten über Produktlebensdauer („life-cycle-cost“) notwendig Quelle: Ehrlenspiel Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.32 Konstruktionslehre Einfluss der Produktlebensdauer Hochofen (Thyssen-Krupp): Produktlebensdauer ca. 20 Jahre „langlebige“ Produkte „kurzlebige“ Produkte Digitale Kamera (Sony) Produktlebensdauer: ca. 2-3 Jahre Bei kurzlebigen Produkten muss die Gewinnzone schnell erreicht werden, bevor der Marktaustritt erfolgt Bei langlebigen Produkten entstehen zu Beginn des Produktlebenszyklus‘ lange Zeitspannen, in denen Kosten anfallen Problem der Finanzierung Quelle: Feldhusen Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.33 Konstruktionslehre Bedeutung von „time to market“ Quelle: Feldhusen, nach Kramer Aufgrund der Produktalterung ergibt sich ein Preisverfall Nur bei kurzer Entwicklungszeit lassen sich hohe Umsatzpotentiale umsetzen Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.34 Konstruktionslehre Markteintrittsstrategie Um Marktrisiken so weit wie möglich zu reduzieren und Marktchancen optimal zu nutzen ist die Markteintrittsstrategie von entscheidender Bedeutung: Die Risiken bzgl. entstehender Kosten werden bei spätem Markteintritt minimiert. Jedoch sind dann keine großen Marktpotentiale mehr zu erreichen. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.35 Konstruktionslehre Bedeutung von „time to market“ Jahr, in dem die israelische Firma M-Systems (heute Scandisk) den ersten USB- Stick („Universal Serial Bus“) auf den Markt brachte 2000 Damalige Herstellungskosten des USB-Sticks pro Stück in Dollar 55 Zahl der Schreibmaschinenseiten, die sich auf dem Stick speichern ließen 1600 Zahl der Schreibmaschinenseiten, die sich auf einem USB-Stick der aktuellen Generation speichern lassen 6 700 000 Durchschnittspreis für einen USB-Stick in Deutschland im Jahr 2009 in Euro 12,18 Quelle: Brand Eins, 01/2010 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.36 Konstruktionslehre Kostenfestlegung in der Produktentwicklung Kostenfestlegung und Kostenverursachung in unterschiedlichen Unternehmensbereichen Quelle: Eigner Konstruktion legt ca. 70 % der Produktkosten fest, verursacht aber nur ca. 2 bis 10 % der Kosten Schon in den frühen Phasen des Produktlebenszyklus‘ werden die Kosten festgelegt Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.37 Konstruktionslehre Dilemma der Produktentwicklung Einflussmöglichkeiten auf Kosten Produktlebenszyklus In den Anfangsphasen des Produktlebenszyklus‘, in denen man am meisten beeinflussen kann, weiß man am wenigsten über die späteren Kosten. Ob das Produkt die geforderten Eigenschaften erfüllt, zeigt sich aber erst nach der Produktion und bei Nutzung. Quelle: Lindemann Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.38 Konstruktionslehre „Rule of Ten“ „Je später ein Fehler entdeckt und behoben wird, um so teurer wird es!“ Rule of Ten: Die Beseitigung von Fehlern bei der Produktentwicklung wird im Verlauf des Produktlebenszyklus‘ progressiv teurer (Faktor 10) Fehlerkosten, Kosten um Fehler zu verhüten und zu beseitigen nach VDMA- Untersuchung: 5,3% vom Umsatz Fehler-Früherkennung ist unbedingt erforderlich! Quelle: Ehrenspiel Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.39 Konstruktionslehre Definition CAE Computer Aided Engineering (CAE)1 umfasst u.a. folgende Aufgaben: Modellierung und Darstellung Computer Aided Design (CAD) Analyse, Berechnung u. Simulation z.B. Finite Elemente Methode (FEM) Aufbau von virtuellen Prototypen Virtual Reality (VR) Direkte Herstellung von Prototypen Rapid Prototyping (RP) Rechnerunterstützte Planung und Durchführung von Fertigungs-, Montage- und Prüfprozessen Computer Aided Manufacturing (CAM) Dokumentation der Produktdaten bei der Produkterstellung Product Data Management (PDM) Vorausplanung aller Produkt-Lebensphasen mit Erfassung und Auswertung der dabei anfallenden Daten Product Lifecycle Management (PLM) … 1 engl. CAE = Rechnerunterstützte Entwicklung Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.40 Konstruktionslehre Mensch oder Computer? Alle diese Aufgaben können von Menschen oder Computern durchgeführt oder zumindest unterstützt werden. Einige Aufgaben, z.B. Ideenfindung und Konzeption, werden derzeit vom Menschen besser durchgeführt, während andere, z.B. Simulation oder Datenmanagement, heute schon schneller und effektiver von Computern erledigt werden. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.41 Konstruktionslehre Motivation für den Einsatz von CAE CAE CAE CAE CAE Fehlererkennung und Fehlerbebung durch CAE-Einsatz Quelle: nach Weber et al. CAE bietet neue Möglichkeiten zur Fehlererkennung und Fehlerbebung: In der Produktentwicklung können wesentlich mehr potenzielle Fehlentwicklungen früher erkannt werden Fehler können mit geringerem Aufwand behoben werden als ohne den CAE-Einsatz Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.42 Konstruktionslehre Treiber und Wegbereiter im Produktentwicklungsprozess Treiber der Prozessentwicklung: Kürzere Entwicklungszeiten und Time-to-Market Reduzierung der Gesamtkosten Verbesserung der Qualität Erhöhte Produkt-Komplexität Gestiegene Zahl von Design-Varianten Verteilte Entwicklungsteams (Hersteller, Zulieferer) Weltweit verteilte Entwicklungs-, Fertigungs- und Service-Standorte Wegbereiter der Prozessentwicklung: Zunehmende Leistungsfähigkeit von Computer- Hardware Erhöhte Leistungsfähigkeit der Software Zunehmender Rechnereinsatz durch Ingenieure Zunehmende Integration von CAx-Tools Quelle: Shea Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.43 Konstruktionslehre Klassische Produktentwicklung: Wasserfallmodell In der klassischen Produktentwicklung wird die Produktplanung im Rahmen der Produktplanung von Marketing und Vertrieb verantwortet. Es folgt die eigentliche Produktent- wicklung unter Führung der Bereiche Entwicklung und Konstruktion an. Basierend auf der fertigen technischen Quelle: Kirchner Dokumentation des Produktes werden dann durch die Fertigungsplanung und die Fertigungsverfahrensentwicklung die Herstellprozesse erarbeitet, wobei meist Fertigungs- und Montage- prozesse den Schwerpunkt bilden. Bei materiellen Produkten folgt die Fertigung. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.44 Konstruktionslehre Treiber: Verkürzung von Entwicklungszeit und Time-to-Market Beispiel: Entwicklung des Daimler-Chrysler „Crossfire“ durch Karmann Quelle: Shea, Sandfort und kleine Trimpe Ganze Palette der zur Verfügung stehenden CAx-Tools wird eingesetzt Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.45 Konstruktionslehre Moderne Produktentwicklung: Simultaneous Engineering Das Simultaneous Engineering unterscheidet sich daher in zweierlei Hinsicht vom konventionellen, weitgehend sequentiell ablaufenden Vorgehen: Sowohl Produktplanung als auch Produkt- und Prozessentwicklung werden integriert von einem interdisziplinären Entwicklungsteam vorgenommen, während des gesamten Produktentstehungsprozesses werden die Arbeiten soweit wie möglich überlappend durchgeführt, d. h. parallelisiert. Bei vielen Projekten im Rahmen des Simultaneous Engineering werden die Aspekte der Kundenorientierung und der Integration noch weitergetrieben, indem Vertreter der Kunden und/oder der Lieferanten und ggf. Entwicklungspartner mit in das Entwicklungsteam aufgenommen werden. Projektteam und Projektarbeit erhalten damit einen beachtlichen Umfang. Durch eine Parallelisierung der Arbeiten der Bereiche Produktplanung, -entwicklung und Prozessentwicklung soll hauptsächlich die Entwicklungszeit verkürzt werden, im Englischen als Time to Market bezeichnet. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.46 Konstruktionslehre Moderne Produktentwicklung: Simultaneous Engineering Die Arbeiten der nachgelagerten Abteilung werden bereits gestartet, während die Arbeiten des laufenden Prozesses noch nicht abgeschlossen sind. Eine Parallelisierung einfach durch einen frühzeitigen Start von Folgeprozessen beispielsweise nach Fertigstellung von 70 % der Arbeiten des laufenden Prozesses allein ist allerdings nicht Erfolg versprechend. Die zeitliche Überlappung muss sorgfältig geplant und vom Projektmanagement kontinuierlich überwacht werden, damit das Ziel des Simultaneous Engineering erreicht werden kann. Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.47 Konstruktionslehre Treiber: Verkürzung von Entwicklungszeit und Time-to-Market Beispiel: Entwicklung des Daimler-Chrysler „Crossfire“ durch Karmann Projektplan: 1engl. Kick-Off: Anstoß Quelle: Shea, Sandfort Nur 18 Monate vom „Kick-off“1 bis zum „Start of production“ SOP und kleine Trimpe Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.48 Konstruktionslehre Treiber: Kostenreduzierung Beispiel: Entwicklung des Daimler-Chrysler „Crossfire“ durch Karmann Verringerung der physischen Prototypen und der Erprobungskosten Reduzierung der Kosten für die Produktherstellung Reduzierung der Kosten für Garantie Simulation Front-Offset-Crash Physikalischer Test: Front-Offset-Crash (140ms, ~ 500.000 Knoten), Berechnungszeit 11,2 h; mit 12 CPUs in einem Linux-Cluster Quelle: Shea, Sandfort und kleine Trimpe, 2004,www.iihs.org Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.49 Konstruktionslehre Treiber: Verbesserung der Qualität Beispiel: Entwicklung der Daimler-Chrysler „Crossfire“ durch Karmann Erhöhung der Genauigkeit und Verbesserung der Toleranzen Prüfung von mehr Design-Alternativen und Varianten in der gleichen Zeit Verbesserung der Kommunikation zwischen den einzelnen Entwicklungsabteilungen (Konstruktion, Berechnung, Versuch) Verbesserung des Verständnisses der Zusammenhänge im Gesamtsystem Optimierung eines Tür-Stoppers (Türzuschlag) Erhöhung der Lebensdauer um dem Faktor 500 Quelle: Shea, Sandfort und kleine Trimpe, 2004 Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.50 Konstruktionslehre Treiber: Komplexität und Variantenvielfalt Systemkomplexität und Variantenvielfalt am Beispiel Automobil: Persönlicher Wunsch des Kunden, etwas Exklusives und Einzigartiges zu sein, spiegelt sich im Kaufverhalten Zunahme der Varianten in der Produktpalette Streben des Kunden nach individueller Gestaltung des Fahrzeugs exakt nach Kundenwunsch ausgewählte Ausstattung führt zu einer Kombinations- und Variantenvielfalt, deren Komplexität in der Produktentwicklung beherrscht werden muss Quelle: Seiffert Zunahme der Varianten über die Zeit Anzahl der Produktinnovationen als Komplexitätstreiber Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.51 Konstruktionslehre Treiber: Weltweit verteile Teams und Standorte Weltweit verteilte Entwicklungsteams und Unternehmensstandorte Digitaler Austausch von Modellen und Informationen gemeinsame Ablage und Sicherung für die Modelle und Informationen global verteilte Zusammenarbeit Allgemein verständliche Dokumentationen sind Informationsaustausch in einer Videokonferenz notwendig, z. B. bei einem international arbeitenden Automobilzulieferer (Quelle : Labisch) Prof. Dr.-Ing. S. Junk Folie 1.1.52