Haut- und Geschlechtskrankheiten oB

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Dr. Wolfram Hötzenecker

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dermatology skin diseases medical textbook efflorescenes

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This document provides an overview of dermatology, including skin diseases, efflorescence, and treatments. It covers topics like the anatomy and physiology of the skin, dermatological anamnesis, and various skin conditions. Technical terms and medical concepts are discussed.

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Einleitung und Sonstiges Allgemeine Informationen zur Zusammenfassung Am Ende der Zus ist eine Übersicht mit allen Kapiteln und den Seitenanzahlen pro Kapitel Rot = prüfungsrelevanter Inhalt Orange = Merkhilfen CAVE: teilweise schlechter Humor Lehrreiche Abb...

Einleitung und Sonstiges Allgemeine Informationen zur Zusammenfassung Am Ende der Zus ist eine Übersicht mit allen Kapiteln und den Seitenanzahlen pro Kapitel Rot = prüfungsrelevanter Inhalt Orange = Merkhilfen CAVE: teilweise schlechter Humor Lehrreiche Abbildungen und Illustrationen sind hier zu finden Bücher - Fritsch & Schwarz, Dermatologie Venerologie, Springer - Braun-Falco’s Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer Laborwerte https://www.amboss.com/media/de/laborwertliste/f21 Internet https://www.dermis.net/dermisroot/de/home/index.htm Grundlagen der Dermatologie – Effloreszenzenlehre Dr. Wolfram Hötzenecker WH Anatomie und Physiologie der Haut Aufbau Die Haut ist aufgebaut aus der epithelialen Epidermis, der bindegewebigen Dermis und der aus Fettgewebe bestehenden Subcutis. Sie enthält zahlreiche Hautanhangsgebilde wie Haarfollikel, Talgdrüsen, Schweißdrüsen, Nägel, etc. Die Epidermis ist in 4-5 Schichten histologisch gegliedert: 1. Stratum basale 2. Stratum spinosum 3. Stratum granulosum 4. (Stratum lucidum nur bei Leistenhaut) 5. Stratum corneum Stratum basale und Stratum spinosum werden auch als Stratum germinativum zusammengefasst → hier finden Zellteilungen statt → geht auf wie a Germteig Funktionen der Haut - Schützt vor physischen Einflüssen (Kälte, Hitze, Strahlung, Druck, Stoß, Reibung, etc.) - Einwirkung chemischer Substanzen - Eindringen von Mikroorganismen - Wärme und Wasserverlust - Abwehr von eindringenden Mikroorganismen - Resorption bestimmter Wirkstoffe - Ausscheidung von Schweiß - Kreislauf und Thermoregulation durch Hautdurchblutung - Druck-, Vibrations-, Tast-, Schmerz- und Temperatursinnesorgan Dermatologische Anamnese Aktuelle Seit wann?, Wo beginnend?, einmalig vs. dauernd?, intermittierend? Anamnese - Berufsabhängigkeit (Ekzeme) - Äußere Noxen (UV, Kosmetika) - Tierkontakt (Allergie, Infektionskrankheiten) - Jahresabhängigkeiten (Akrozyanose) - Zusammenhang mit Menstruation/Gravidität (Akne, Prurigo gestationis, Melasma gravidarum) Eigene - frühere Hauterkrankungen (z.B.: weist ein Milchschorf bei Säuglingen Anamnese auf eine Atopie hin) - Hautsymptome als erster Hinweis auf innerliche Erkrankungen (Candidose → DM, Palmarerythem → Leberzirrhose) 1 Medikamenten- - Metamorphose der Symptome durch Vorbehandlung anamnese - Medikamente sind häufige Trigger oder Ursache einer Dermatose (beta-Blocker, Antibiotika, Hormonpräparate, Externa) Familien- - Vererbte Dermatosen anamnese - Disposition (Psoriasis, Atopie) - Infektionskrankheiten (kongenital → HIV, Syphilis, durch engen Kontakt → Pyodermien, Läuse, Scabies) Effloreszenzenlehre Hierbei handelt es sich um die Arten von “Hautblüten” (Hautveränderungen), wobei es in der Effloreszenzenlehre um die korrekte Beschreibung dieser geht: Grundlagen Wo? Lokalisation der Beschreibung Wie viel? Anzahl → einzelne/mehrere Wie? Gliederung → gruppiert/disseminiert, konfluierend Begrenzung? scharf/unscharf Farbe rot, braun, gelb, silber, blau, etc. Effloreszenz Primär vs. Sekundär Überblick zu den Effloreszenzen Primär- Alle Veränderungen, die unmittelbar aus krankhaften Prozessen entstehen effloreszenzen - Macula - Urtica - Papel - Plaque - Nodulus - Vesicula - Nodus - Bulla - Tumor - Pustel 2 Sekundär- Können sich aus primären Effloreszenzen entwickeln und einfach spätere effloreszenzen Entwicklungsstufen darstellen oder von außen zugefügt werden. - Crusta - Exkoriation - Squama - Ulcus - Erosion - Cicatrix Beispiel: am Rücken vorliegende, mehrere meist disseminiert verteilte, teils konfluierende scharf begrenzte erythematöse Plaques mit weisslicher Schuppung = Schuppenflechte Primäreffloreszenzen Fleck (Macula) Macula ist eine Veränderung der Hautfarbe, infolge von Durchblutungsänderung, Änderung des Melaningehalts, Ablagerung von nicht-melaninhaltigen Pigment, Blutaustritt, etc. Knötchen (Papula) Papula ≤ 1 cm große solide Volumenzunahme der Haut durch Zunahme der Zellzahl (durch Epithelzellen, Infiltrat, etc.) oder auch durch die Ablagerung einer festen Substanz, die Papula ist erhaben und steht über dem Hautniveau hervor größere zusammenfließende Papulae können auch als Plaque bezeichnet werden 3 Knötchen/Knoten (Nodulus/Nodus) Nodulus/ > 1 cm große solide Volumenzunahme der Haut durch Zunahme der Zellzahl oder Nodus Auflagerung fester Substanzen Nodulus eher im Bereich von ca. 1 cm, Nodus im Bereich von ca. 2 cm, Tumor als das merklich größer als 2 cm ist (eher Gefühlssache als strenge Einteilung) Quaddel (Urtica) Urtica Volumenzunahme der Haut mit beetartiger Erhebung durch ein umschriebenes perivaskuläres Ödem, dauert nur kurz an (im Stundenbereich), Juckreiz Bläschen (Vesicula) Vesicula mit seröser Flüssigkeit gefüllter sichtbarer Hohlraum in der Haut, subepidermal (die Blasendecke ist damit dünn und leicht verletzbar → bei Verletzung entsteht die sekundäre Effloreszenz Erosion) oder intraepidermal 4 e Pustel (Pustula) Pustula mit Eiter gefüllter sichtbarer Hohlraum der Haut, der meist subkorneal oder intraepidermal lokalisiert ist und zum Teil auch an Hautadnexe (Follikelöffnungen, Schweißdrüsenöffnungen) gebunden ist (“follikulär”) Eine Zyste ist im Gegensatz zur Pustula ein präformierter Hohlraum mit unterschiedlichem Inhalt (meist Drüsenprodukte) Sekundäreffloreszenzen Schuppen (Squamae) Squamae Auflagerung aus ablösbaren Hornzellkomplexen man unterscheidet eine groblamelläre Schuppung (z.B. Psoriasis) und eine feinlamelläre Schuppung (wird auch als Pityriasis bezeichnet) 5 Erosion (Erosio) Erosio epidermaler Substanzdefekt, der einige oder alle Schichten der Epidermis umfassen kann, eine Sonderform ist dabei die mechanisch bedingte Exkoriation (Abschürfung durch Kratzen) Geschwür (Ulcus) Ulcus kennt man bereits → tiefreichender Substanzdefekt der Haut mit einer schlechten Heilungstendenz 6 Narbe (Cicatrix) Cicatrix Defektheilung zum Teil mit Atrophie, bzw. zum Teil mit einer Hypertrophie der Haut Kruste (Crusta) Crusta - eingetrocknetes Sekret - meist begleitend zu Erosionen bei leukozytären Entzündungen gelblich verfärbt (eitrige Krusten), bei tiefgehenden Substanzdefekten mit Gefäßwandschädigung bräunlich verfärbt (hämorrhagische Krusten) Rhagade Rhagade schmerzhafter Einriss der Haut, der bis in die Dermis reicht, an Halbschleimhäuten und Schleimhäuten meist als Fissur bezeichnet Untersuchungen in der Dermatologie Allergologie - Pricktest - Konjunktivale und nasale - Scratchtest Provokation - Intrakutantest - Insektenstich Provokation - Nahrungsmittel/ - Photopatchtest Medikamententests - Epikutantest Onkologische Dermatoskopie Dermatologie Fotodiagnostik - Lichttreppe - Fotopatchtest - Photoprovokation Mykologie - Nativpräparat - Woodlicht - Kultur - PCR 7 Operative - LA - Shaveexzision Dermatologie - Subkutane - Nahttechniken Infusionsanästhesie - Kryotherapie - Probeexzision - Exzision Angiologische - Dopplersonographie - Farbkodierte Duplexsonographie Diagnostik - Dynamische Venenfunktionstest Allgemeine Therapiemöglichkeiten der Hautkrankheiten - Lokale Therapie - Lasertherapie - Systemische Therapie - Photodynamische Therapie - Phototherapie - Hyposensibilisierungsbehandlung - Physikalische Therapie - Kompressionstherapie bei chronischer venöser - Operative Therapie Insuffizienz 8 Bakterielle und parasitäre Infektionen Dr. Wolfram Hötzenecker Erysipel (Wundrose) Erreger meist Streptokokken → meistens gibt es eine sichtbare Eintrittspforte (oft interdigital) Symptome Rötung (unscharf begrenztes flammenartig begrenztes Erythem) und asymmetrische Schwellung, Lymphadenitis, Lymphangitis Labor BSG + CRP ausgelenkt, Leukozytose Therapie Penicillin V (p.o.) Follikulitis Erreger meist S. aureus, die Entzündung ist an Haarfollikel gebunden Symptome follikulär gebundene hellgelbe Pusteln (aus jeder Pustel wächst ein Haar), feuchtwarme intertriginöse Räume (Achselhöhle, Leistenregion, Gesäßfalte, Genitalgegend) sind Prädilektionsstellen, die Maximalvariante sind das Furunkel (ein Follikel) oder der Karbunkel (mehrere Follikel) Therapie lokale Antibiose Impetigo contagiosa Erreger meistens S. aureus (→ großblasig), selten S. pyogenes (→ kleinblasig) Patienten tragen die Keime oft nasopharyngeal Symptome kleine Maculae, diese werden zu Bläschen, daraus werden Erosionen und schlussendlich Krusten man unterscheidet kleinblasige vs. großblasige Impetigo Komplikationen selten Glomerulonephritis (M-Oberflächen-Antigen) Therapie - Fucidin-Salbe lokal - Amoxicillin systemisch 9 Skabies (Krätze) Erreger Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei) Übertragung durch engen Körperkontakt, ist rein humanpathogen → die Weibchen der Sarcoptes scabiei graben Gänge im Stratum corneum und legen dort Eier ab, die innerhalb von 2-3 Wochen folgenden Zyklus durchmachen: Ei → Larve → Nymphe → Milbe → die Erkrankung entsteht durch eine immunologische Reaktion auf Milbenbestandteile (Kot) Symptome - es können die Gänge in der Epidermis oft gesehen werden (erscheinen generell “kommaförmig”) - starker Juckreiz vor allem nächtlich (Milben fühlen sich wohl in der Bettdeckenwärme) 4 Wochen nach Erstinfektion - Papeln, Papulovesikel, Impetiginisierung* bei der Erstinfektion kommt es erst nach mehreren Wochen zu Symptomen, während bei einer Reinfektion das Immunsystem bereits sensibilisiert ist, weswegen es dann zu einer schnelleren Reaktion kommt (innerhalb von 24h) Therapie Externe Therapie - Permethrin (SS + Stillzeit) - Lindan - Benzylbenzoat (Kinder) "Einschmieren vom Hals bis zu den Zehen, außer Kinder → da auch Kopf” Systemische Therapie Ivermectin (gegen die noch schlüpfenden Milben) oder nach 8 Wochen (Milben geschlüpft) erneute lokale Therapie Kontaminierte Kleidung für einige Tage in den Keller → Milben sterben ohne Nahrung * Impetiginisierung = bakterielle Superinfektion bei vorbestehender Hauterkrankung Scabies norvegica (Scabies crustosa) Symptome massenhaft Milben → schuppende Erytheme bis Erythrodermie (generalisiert) → entsteht nur bei alten immunsupprimierten Patienten oder bei Hygienemangel Gepflegte Skabies Symptome kaum Hautläsionen aber vollgas Juckreiz Pediculosis (Läuse) Erreger Pediculosis capitis/vestimentorum/pubis, ausschließlich humanpathogen Symptome - Läusebiss (stündliches Saugen) führt zu Juckreiz - Kratzen führt zur Impetiginisierung → es kommt auch zu erythematösen urtikariellen Papeln und bei längerem Bestehen zur Ausbildung eines Ekzems (Cutis vagantium) 10 Therapie Externe Therapie mit Lindan oder Permethrin über 12h, Wiederholung nach 7 Tagen, Nissen und Läuse per Läusekamm aus den Haaren entfernen, Kleidung heiß waschen um Läuse und Nissen (Läuseeier) zu töten Leishmaniose ist eine Tropenerkrankung, die durch Protozoen (Flagellaten) der Gattung Leishmania (15 humanpathogene Arten) ausgelöst wird; Anthropozoonose (befällt Mensch & Tier, wechselseitig übertragbar) → Folge ist eine chronische granulomatöse Entzündung Übertragung - kommt weltweit in warmen Klimazonen vor (v.a. Tropen, Subtropen und Mittelmeerraum) - wird durch den Vektor Sandmücke (Phlebotomen) übertragen IKZ 3 Wochen bis 1 Jahr Diagnostik Auslandsanamnese, Giemsa Histologie oder Ausstrich, PCR Therapie Kryotherapie, Exzision; bei disseminierten Befall → Antimon i.m. oder i.v. (chemisches Element) Prognose 90% narbige Spontanheilung nach Monaten bis Jahren → man unterscheidet dabei die kutane von der viszeralen Leishmaniose KUTAN - kann im Gesicht auftreten - an der Einstichstelle kommt es zu Papel-Plaque-Ulceration - auch Schleimhautbefall und eine LK-Beteiligung sind möglich VISZERAL erst spät Hautsymptome → dunkle Maculae + erythematöse Papeln Larva migrans Erreger - Nematoden (= Fadenwürmer, Strongyloididae + Ascarididae) - sie penetrieren die Haut perkutan - die Infektion ist selbstlimitierend, da der Mensch ein Fehlwirt ist Symptome - linienförmige gewundene Erytheme, Papeln, Vesikeln, juckend - meist an den Füßen Therapie Albendazol, Ivermectin 11 Virale Infektionen der Haut Dr. Tobias W. Fischer Immunantwort dominiert meist die klinische (Haut-) Symptomatik - nicht die Infektion selbst Humane Papillomaviren durch Papillomviren - Verrucae vulgares (Typen 1, 2 ,4, 27) kann entstehen: - Verrucae plantares - Verrucae planae juveniles (Typen 3, 10, 28) - Condylomata acuminata (Typen 6, 11, 16, 18, 31 → spitze Kondylome) - Bowenoide Papulose (onkogene Typen 16, 18) - Epidermodysplasia verruciformis (Typen 5, 8) - Karzinome (onkogene Typen 16, 18) Allgemeine Therapie - Kryotherapie - Keratolyse mit Salicylsäurepflaster - Elektrokaustik - Ätztinkturen (Solcoderman ®, EntWarts ®) - Kürettage - 5-Fluorouracil (Verrumal ®) - Immunmodulatoren (Aldara ®, Veregen ®) Pockenviren durch Pockenviren entstehen - Molluscum contagiosum (Dellwarzen) - Ecthyma contagiosum (Orf-Virus = Schafpocken) Allgemeine Therapie - Zuwarten - Kürettage nach Lidocain-Gel - Kryotherapie - InfectoDell ® 12 Humane Herpesviren Herpes simplex Virus (HSV) Herpes simplex Virus 1 (HSV 1, Herpes labialis) Primärinfektion Gingivostomatitis herpetica (oft ist die Primärinfektion aber nicht klinisch auffällig) Rezidivmanifestation rezidivierender Herpes labialis latent in Trigeminusganglion Übertragung Speichel Herpes simplex Virus 2 (HSV 2, Herpes genitalis) Primärinfektion Vulvovaginitis herpetica (oft ist die Primärinfektion aber nicht klinisch auffällig) Rezidivmanifestation rezidivierender Herpes genitalis latent in Dorsalganglien, lumbal + sakral Übertragung GV, perinatal HSV als schwere Komplikation Ekzema herpeticatum bei Atopischer Dermatitis Vegetierender HS bei Chronisch myeloischer Leukämie (CML) → Bonus: polypös vegetierende Hautveränderungen die auch oft bei HIV Infektionen vorkommen → Herpes vegetans Nekrotisierender HS bei AIDS Ekzema herpeticatum bei Mb. Darier (Dyskeratosis follicularis → gestörte Hautbarriere mit Anfälligkeit für Hauterkrankungen) 13 Erythema exsudativum multiforme (EEM) nach HSV Infektion Morphologie - Target/Schießscheiben oder Kokarden- Läsionen - Quaddelähnliche erythematöse Effloreszenzen mit konzentrischen, teils konfluierenden Ringen Stevens-Johnson-Syndrom kann auch als Maximalvariante eines HSV-induzierten EEM auftreten Morphologie Kokarden-Läsionen, tief-düster, livide, blasig mit Hautablösung < 10% + - schwere Konjunktivitis - erosive Cheilitis mit massiver Stomatitis (+ Mundschleimhaut-Ablösung) - Urethritis Varizella Herpes zoster Virus (VZV) Primärinfektion Varizellen (Windpocken) Rezidivmanifestation Herpes zoster latent in Dorsalganglien Übertragung Tröpfcheninfektion VZV Primärmanifestation - “Windpocken” Symptome Effloreszenzen wie HSV (erythematöse Bläschen) aber nicht gruppiert sondern disseminiert auf der ganzen Haut → “Sternenhimmel” oder “Heubnersche Sternenkarte” → beschreibt Effloreszenzen, die zur gleichen Zeit in verschiedenen Stadien vorliegen → Papeln → Bläschen → Erosionen → Krusten Dabei sind auch der harte Gaumen und auch die Kopfhaut involviert VZV Sekundärmanifestation - “Zoster” Pathogenese Reaktivierung der in den Spinalganglien oder Hirnnervenganglien verbliebenen VZV Viren nach einer vorangegangenen Varicellen-Infektion Symptome - Gürtelrose, reduzierter AZ, Fieber - unilaterale dermatombezogene Hautrötung + Bläschen, meistens sind dabei 2-3 Dermatome unilateral betroffen - Parästhesien, Allodynie (Schmerzen bei Berührung) - motorische Ausfälle - Zosterkeratitis - Postzoster Neuralgie Morphologie erythematöse Maculae, scharf begrenzt + rote Vesiculae Komplikationen - Zoster ophthalmicus mit Visusverlust 14 - Zoster oticus (Ramsay Hunt Syndrom) mit Gehörverlust Therapie bei Varizellen/Zoster topisch Lotio alba (Zinkschüttelmixtur) → Bonus: macht man laut Amboss aber nicht mehr, weil diese bakterielle Sekundärinfektionen begünstigt → stattdessen werden synthetische Gerbstoffe verwendet, die entzündungshemmend wirken und die Abheilung fördern einfacher Zoster oral Aciclovir (5 x 800 mg), Brivudin, Valaciclovir (besser resorbierbar als Aciclovir), Famciclovir bei Risikofaktoren z.B.: Alter, Lokalisation an Gesicht oder Auge, aberrierenden Bläschen, Befall mehrere Segmente oder Generalisierung, nekrotisierendem Zoster Aciclovir i.v. (5 mg/kg KG 3x tgl.), bei immunsupprimierten Patienten eine höhere Dosis mit 10 mg/kg KG 3x tgl. (CAVE: Niere! → Intervalländerung) + suffiziente Schmerztherapie (Schutz vor Postzoster Neuralgie) Prophylaxe bei Varizellen/Zoster Für VZV gibt es jeweils eine Impfung für Kinder als Lebendimpfstoff gegen Varizellen und eine Impfung für Erwachsene als Impfstoff gegen Herpes Zoster Varizellenimpfung im Vierfach-Impfstoff zusammen mit MMR Zoster Impfung Shingrix → ist ein rekombinanter Subunit-Impfstoff mit Adjuvans Zulassung seit 23.03.2018 für Erwachsene ab 50a → senkt die Inzidenz um 90-97% + senkt auch das Risiko für eine Postzoster Neuralgie um 89-100% NWs 80% Lokalreaktion 66% systemische NWs 15 Epstein-Barr-Virus (EBV) Primärinfektion Infektiöse Mononukleose Rezidivmanifestation keine latent in B-Lymphozyten Übertragung Speichel, Tröpfcheninfektion (“Kissing disease”) Assoziation mit Neoplasien - Burkitt-Lymphom, andere B-Zell-Lymphome - nasopharyngeales Karzinom Zytomegalievirus (CMV) Primärinfektion - Zytomegalie der Neugeborenen - Mononukleose bei jungen Erwachsenen Rezidiv- - durch asymptomatisches Virusshedding manifestation - schwere Systeminfektionen bei immundefizienten Patienten latent in ? Übertragung vielseitig → diaplazentar, perinatal, Sekrete (Genitalsekret, Urin, Speichel), Bluttransfusionen, Transplantationen Herpesvirus 6 + 7 Primärinfektion Roseola infantum (3-Tage-Fieber) Rezidivmanifestation asymptomatisches Virusshedding, Pneumonie bei Immundefizienten latent in B- und T-Lymphozyten Übertragung Tröpfcheninfektion, Speichel Herpesvirus 8 Ist mit dem Kaposi-Sarkom assoziiert (Neoplasie) → Bonus: ist sehr aggressiv und tritt bei HIV-Erkrankten an Haut, Mund, Verdauungstrakt und in Lymphknoten auf und sind blaue bis lilafarbene Punkte, Flecken oder Knoten → die Behandlung bringt aber bei AIDS-Erkrankten keine Verlängerung der Lebenszeit → supportiv Coxsackie-Viren Die Coxsackie Viren gehören zur Gattung der Enteroviren und sind damit mit den Polioviren, Echoviren und Rhinoviren verwandt → weitere Informationen: Krankheiten Hand-Fuß-Mund-Krankheit: Coxsackie-Viren A16, A5, A6, A10 16 Herpangina Zahorsky: Coxsackie Viren A2, A4, A5, A6, A8, A10, B4 → Bonus: tritt vor allem bei Kleinkindern auf und betrifft vor allem die Gaumenbögen und manchmal auch die Tonsillen Übertragung Tröpfcheninfektion oder direkter Kontakt Ringelröteln (Erythema infectiosum) Erreger Parvovirus B19 Epidemiologie es tritt vor allem bei Kindern < 14a auf → im Vorschulalter liegt die Durchseuchung bei 5-10% → diese steigt im Erwachsenenalter auf 60-70% saisonal gehäuft im Juni bis November Symptome - lokalisiertes Exanthem an Gesicht, Streckseiten (Extremitäten) und Rumpf - “girlandenförmige” rote Effloreszenzen - Juckreiz - Fieber, Arthralgien, Pharyngitis Komplikationen Anämie, Arthritis Masern (Morbilli) Masern sind eine sehr ansteckende Viruserkrankung, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird (nur humanpathogen). Nach der Erkrankung ist man zwar lebenslang immun, es gibt aber schwerwiegende Komplikationen. Verlauf IKZ 8-14 Tage Klinik 1. katarrhalische Phase mit Schnupfen, trockenen Husten, Fieber für ca. 4 Tage 2. - Konjunktivitis mit geröteten + tränenden Augen - weiße Flecken der Mundschleimhaut (Koplik-Flecken) - typisches Exanthem (hellrote Flecken, die langsam ineinander fließen) 17 Komplikationen Treten bei ca. 10-20% der Kinder < 5 Jahre oder Erwachsenen > 20 Jahre auf. Häufig Mittelohrentzündung, Bronchitis, Pneumonie, Durchfall Gefährlich Keratitis: Entzündung der Hornhaut, die bis zur Erblindung führen kann. Masernenzephalitis: ca. 0,1 - 0,2% aller Masernfälle → beginnt nach 4-7 Tage nach dem Exanthem mit starken Kopfschmerzen, Meningismus, Erbrechen oder Berührungsempfindlichkeit Tödlich SSPE (Subakut Sklerosierende Panenzephalitis) tritt in ca. 0,1‰ aller Masernfälle auf, beginnt aber erst 6-8 Jahre nach der Erstinfektion → es kommt zu schleichenden Verhaltensveränderungen, Muskelzuckungen, Krampfanfällen und verläuft IMMER letal. Röteln (Rubeola) Ist eine hochansteckende Tröpfcheninfektion, die aber bei Kinder bis zu 50% und bei Erwachsenen bis 30% asymptomatisch verläuft Erreger Rubellavirus Verlauf IKZ 14-21 Tage Symptome kleinfleckiges hellrotes Exanthem zuerst im Gesicht, dann am ganzen Körper, LK-Schwellungen im Nacken, Arthralgien Komplikation Rötelninfektion im ersten SS-Trimenon führt zu einer Embryopathie mit Taubheit, Katarakt und Herzfehlern (Gregg-Trias) Scharlach Erreger beta hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS) → diese bilden das Erythrotoxin Epidemiologie betrifft vorzugsweise Kinder zwischen 3-10a Symptome lackfarbene Zunge, Hyperkeratose + Exanthem der Handflächen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, eitrige Tonsillitis + Pharyngitis HIV-Infektion - assoziierte Hauterscheinungen Initial gibt es keine hoch auffälligen Hauterscheinungen → 70% der Fälle symptomloses flüchtiges Exanthem, 70% Lymphadenopathie bei Erstinfektion Serokonversion im HIV Test erst nach 6-12 Wochen bei fortschreitender seborrhoische Dermatitis, Zoster, Pruritus, Soor, orale “hairy” Immunsuppression Leukoplakie, generalisierte Tinea corporis, Mollusca contagiosa, (nach 5-15 Jahre) Verrucae, Kondylome, ulzerierende Herpes simplex, eosinophile Follikulitis, bazilläre Angiomatose (durch Bartonella), Canities (graue Haare), Trichomegalie (auch Hypertrichose), Kaposi-Sarkom, 18 Pyodermien, Impetigo, Ekthymata (Streptokokken Hautinfekt), Scabies norvegica, Psoriasis-Exazerbation Zusätzlich treten auch Hautmanifestationen bei Systemmykosen und mykobakteriellen Infektionen gehäuft auf und es kommt vermehrt zu Geschlechtserkrankungen, parainfektiösen Exantheme und auch Arzneimittelexantheme sind möglich 19 Pilzinfektionen und Parasiten der Haut Dr. Tobias W. Fischer Bei den Dermatomykosen - Dermatophyten (z.B.: Trichophyton rubrum = T. rubrum) gilt das DHS-System - Hefen (z.B.: Candida albicans) - Schimmelpilze (z.B.: Aspergillus flavus) Dermatophyten Eine Infektion der Haut mit Fadenpilzen (Dermatophyten) wird als Tinea bezeichnet → je nach Lokalisation nennt man sie Tinea corporis, manum, pedum, unguium, capitis, etc. Erreger Anthropophile Trichophyton rubrum, T. mentagrophytes var. interdigitale, Erreger T. schönleinii, T. tonsurans, T. violaceum Zoophile Microsporum canis, Trichophyton benhamiae, T. verrucosum, Erreger T. equinum Tinea pedis - Fußpilz Prävalenz ca. 15% Risikofaktoren Hyperhidrosis, Trauma, Okklusion, schlechte Hygiene Erreger T. rubrum, T. mentagrophytes, Tr. violaceum Ausprägungen - Interdigitalmykose (in den Zehenzwischenräumen) - Tinea pedis plantaris (schuppend, chronisch, Fußrand-Betonung) - pustulöse Tinea pedis (bei tieferem Eindringen in die Haut kommt es zur Formung von konfluierenden Pustulae) Diagnose - Nativpräparat - Fluoreszenzfärbung - Pilzkultur (Goldstandard, dauert aber 2-3 Wochen) - PCR - Histologie mit PAS-Färbung - Konfokale Lasermikroskopie (eher im Forschungsrahmen) Therapie lokal Azole (Itraconazol), Allylamine, Terbinafin systemisch Itraconazol (4 Wochen), Terbinafin (2 Wochen) zusätzlich - Desinfektion von Schuhen und Socken - Mitbehandlung einer Onychomykose Bonus: die Interdigitalmykose ist die häufigste Pilzerkrankung, sie breitet sich am Fuß aus (→ Fußsohle) und erzeugt juckende Entzündungszonen → in den Zehenzwischenräumen (v.a. 4. ZZR) erscheint die Haut weißlich aufgequollen (wie gekocht = mazeriert), sie lässt sich schmerzlos abziehen, wodurch erosive Feuchtgebiete entstehen → anfällig für Superinfektionen → gramnegativer Fußinfekt oder Erysipel (GAS) 20 Differenzialdiagnosen zur Tinea pedis Erysipel Infektion durch beta-hämolysierende Streptokokken, sie tritt auch gerne als Komplikation der Tinea pedis auf → diese bildet die Eintrittspforte für die Streptokokken Gramnegativer bakterielle Infektion des Fußes durch z.B.: Pseudomonas aeruginosa Fußinfekt (Bonus: erzeugt eine blau-grünliche Färbung und unangenehmen süßlichen Geruch) - Dyshidrotisches Ekzem - Psoriasis plantaris pustulosa - Nummuläres Ekzem (Bonus: ist mit Hauttrockenheit und kalter Jahreszeit assoziiert) - Allergisches Kontaktekzem 21 Tinea corporis: Mikrosporie Erreger Microsporum canis ist ein hoch virulenter + kontagiöser, obligat pathogener Pilz → Ektotrich, daher lange Therapiedauer Übertragung von Tier zu Mensch über direkten Kontakt oder über kontaminierte Gegenstände, er kann danach aber auch von Mensch zu Mensch übertragen werden Symptome Ringförmiges Ekzem, wird auch als Ringworm bezeichnet (hat aber natürlich keine Verbindung zu Würmern) Diagnose kann unter Wood-Licht-Lampen in dunklen Räumen nachgewiesen werden Therapie lokal kann durchgeführt werden bei 3 oder weniger Herden → Azolpräparate, Ciclopiroxolamin, Terbinafin systemisch Itraconazol, Fluconazol, Terbinafin (für 1-2 Wochen) → Haustiere vom Tierarzt mitbehandeln lassen Wichtig ist es immer die ganze Familie mitbehandeln und bei der Untersuchung Handschuhe anziehen, sonst kriegst du den Scheiß auch Merke: zoophile Erreger sind generell therapieresistenter und pathogener als anthropophile! Kerion Celsi Ist eine eitrige abszedierende Tinea capitis → führt unbehandelt zur Vernarbung Erreger meistens durch Trichophyton verrucosum, “neuer” Erreger: Trichophyton (Arthroderma) benhamiae (auch Tinea faciei) Therapie schnelle Diagnostik und Therapie (lokal + systemisch!) schon nach Nativpräparat nötig → die Therapiedauer beträgt dabei ca. 3 Monate 22 Onychomykose Erreger Trichophyton rubrum (85%), Tr. mentagrophytes, Epidermophyton floccosum, Scopulariopsis brevicaulis Prävalenz ca. 6-14% (deutlich höher mit zunehmendem Alter) Symptome gelbliche Verfärbung des Nagels, Destruktion der Nagelplatte Risikofaktoren Tinea pedum, Alter, Diabetes, Rauchen, Angiopathien, Neuropathien, Trauma DD Nagelläsionen bei Psoriasis oder Lichen ruber Therapie lokal Nagellacke, Nagelsalbe systemisch Terbinafin, Itraconazol, Fluconazol zusätzlich infiziertes Nagelmaterial ablösen, keine Nagelextraktion! Desinfektion von Schuhen und Socken, Mitbehandlung von Tinea pedis/manus, Interdigitalmykose Lasertherapie Hefepilze Candida Intertrigo Erreger verschiedene Candida species Die Candida Intertrigo ist eine Candidamykose, die in Hautfalten vorkommt (Axel, submammär, Rima ani, etc.) → Candida kann aber ebenso eine Candida Paronychie (Candida-Infektion des Nagels) oder eine Candida Interdigitalmykose auslösen! Pityriasis versicolor Erreger Malassezia furfur (Pityrosporum ovale), wird durch sein Aussehen im Nativpräparat auch als “Spaghetti and Meat Balls” bezeichnet 23 Symptome fleckige Hypo- oder Hyperpigmentation → der Malassezia furfur ist bei manchen Menschen Teil der Hautflora, kann er sich vermehren blockt er durch seine Anwesenheit die UV Strahlung und seine Toxine beeinflussen die Melaninproduktion → mit dem Sommerteint wird es deshalb dann nix keine Sonne Läsionen erscheinen hyperpigmentiert Sonne gesunde Haut wird braun, Läsionen erscheinen plötzlich hypopigmentiert Die Infektion ist aber sonst harmlos, die Patienten stört nur das optische Bild Schimmelpilze Phäohyphomykose (opportunistische Mykosen, üblicherweise bei Immunsuppression durch melaninhaltige Schimmelpilze) Parasiten Skabies Erreger Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei variatio hominis) Übertragung längerer enger Hautkontakt - Säuglinge beim Stillen - Kleinkinder beim Kuscheln - Kinder bei Spielen und Sport - Erwachsene beim GV Symptome stark juckende Papeln und Kratzexkoriation am gesamten Integument außer am Gesicht, besonders Fingerkanten (bei Säuglinge auch Gesicht und Fußsohlen), Gänge, kleine Vesikel, Papeln, Exkoriationen, Ekzeme, Impetiginisierung heftiger, besonders nächtlicher Juckreiz (die Milben werden unter der warmen Bettdecke aktiv) postskabiöses Ekzem, postskabiöser Juckreiz 24 Lokalisation Fingerzwischenräume, Handgelenksbeugen, Ellenbogen, Axillen, Mamille, Nabel, Genitale, Leisten (bei Säuglingen auch Kopf, Palmae, Plantae) Diagnostik Nachweis der Milben, Eier und Skybala in den Hautbohrgängen → Skalpell, Kanüle, Dermatoskopie Therapie - Permethrin 5% Creme (Insektizid) - Lindan 0,3-1% Emulsion (Insektizid) - Benzylbenzoat 10-25% Emulsion - Crotamiton 10% Lotion, Creme oder Salbe (Antipruriginosum + kausal) - Ivermectin oral 200 ug/kg KG es gilt immer alle infizierten Personen in einem Haushalt behandeln → sonst Ping-Pong-Erkrankung Allgemeine kürzlich benutzte Wäsche bei 60°C waschen, chemisch reinigen oder 4-7 Tage in Maßnahmen Plastiksäcken lagern, Polstermöbel, Betten, Teppiche saugen Bonus: Ivermectin wirkt über eine Hyperpolarisation der Zellmembranen durch einen Chlorideinstrom, der in weiterer Folge zu einer Lähmung der Milben führt. Pediculosis capitis (“Kopf-Läuse”) Erreger Pediculosis Übertragung - durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch - selten auch über gemeinsam benutzte Kopfbedeckungen Symptome - Juckreiz der Kopfhaut - sekundär auftretende Exkoriation durch Kratzen - durch bakterielle Superinfektion kann ein Ekzem auftreten Diagnostik Nachweis der Läuse und Nissen (Läuseeier) per Lupe Therapie Permethrin Infectopedicul®: ½ Stunde einwirken lassen, 3 Tage nach Behandlung Haare nicht waschen Pyrethrum Goldgeist forte®: ½ Stunde einwirken lassen Dimeticon Jacutin®: 10 min einwirken lassen Die Phthirus pubis (Pediculosis pubis, Scham-, Filzlaus, oder vulgär Sackratte) und Pediculus humanus corporis (Pediculosis vestimentorum) (Kleiderlaus) gehören beide ebenfalls zu den Läusen. 25 Entzündliche Hauterkrankungen I Dr. Judith Traxler Prüfungsinformation: Die Prüfungsfragen stammen aus dem Vortrag! Psoriasis (“Schuppenflechte”) Epidemiologie Ca. 125 Mio Fälle weltweit (ca. 2-3% der Bevölkerung) → damit gibt es in Österreich ca. 250 000 Fälle → Psoriasis ist eine der häufigsten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen Bei ⅓ der erwachsenen Patienten tritt die Psoriasis schon in der Kindheit auf Ätiologie Die Psoriasis ist zu 60-70% genetisch bedingt → es besteht ein Defekt der angeborenen und erworbenen Immunität + der epidermalen Barriere Gleichzeitig kommt - Infektionen meistens ein - lokales Trauma Umweltauslöser - endokrine Faktoren dazu → Beispiele: - Stress - Medikamente (NSAID, beta-Blocker, bestimmte Antibiotika) Tritt die Psoriasis auf, kommt es auch zu Komorbiditäten wie Psoriasis Arthritis, Metabolisches Syndrom, CV Erkrankungen, etc. Genetik - betroffener Elternteil = 15% Erkrankungswahrscheinlichkeit - beide Elternteile betroffen = 50-75% Erkrankungswahrscheinlichkeit Es wird eine Beteiligung der PSORS 1-8 Gene vermutet (PSORS 1 bei 50% der Betroffenen) Es gibt auch eine - HLA-Cw6 = 10x Risiko Assoziation mit HLA Typen - HLA B27 = fast immer bei Psoriasis arthritis - HLA-DR7 Pathogenese Es handelt sich um eine T-Zell vermittelte Erkrankung + Zytokin vermittelte Entzündungsreaktion Es kommt im Verlauf zu einer epidermalen Differenzierungsstörung → Psoriasis Patienten produzieren 40x mehr Keratinozyten → Schuppung Verlaufsvarianten Typ I - Manifestationsalter vor allem in der 2.-3. Lebensdekade - häufige Rezidive + meist schwere Verläufe - pos. FA bei 15% 26 Typ II - Manifestation 5.-6. Lebensdekade - Verlauf meist moderat und variabel - pos. FA bei 2% Morphologie der Läsionen - flacher, runder, scharf begrenzter Plaque, ziegelrote Farbe - silbrig weiße, groblamelläre Schuppen Schuppen haften nur locker und lassen sich in toto abheben (”Wachstropfenphänomen”/”Kerzenwachsphänomen”) Beim Abheben kommt es zu punktförmigen Blutungen (“Auspitzphänomen”) Nach Abheilung entsteht ein hypopigmentierter Fleck “psoriatisches Leukoderm” Prädilektionsstellen Typische Lokalisationen - Kopf - Nabel - Ellbogen - LWS Bereich - Knie Klinische Varianten sind nach Lokalisation und Verlauf eingeteilt Psoriasis vulgaris, Psoriasis guttata, Psoriasis capillitii, Psoriasis palmoplantaris, Psoriasis pustulosa, Psoriasis inversa, Nagelpsoriasis, Erythrodermatische Psoriasis Psoriasis guttata auch "Tropfenförmige Psoriasis", häufig bei Kindern nach Streptokokken Infekten (Pharyngitis) Morph. Plaques/Papeln sind pink bis rot, disseminiert, scharf begrenzt, meistens am Stamm, nach Reizung der (noch nicht beeinträchtigten) Haut entstehen strichförmig konfluierende Plaques (Köbner-Phänomen) 27 Psoriasis vulgaris Die “klassische” Psoriasis Morph. großflächige rote schuppende scharf begrenzte Plaques Psoriasis capillitii (Kopfhautpsoriasis) - tritt bei 40% der Psoriasis Patienten zusätzlich auf - 25-50% beginnen auch im Bereich der Kopfhaut Typischerweise können auch Ohren und Gehörgänge betroffen sein, starker Juckreiz, scharfes Abschneiden der Läsionen im Bereich der Haargrenze Im Bereich der Kopfhaut kommt es aber typischerweise nicht zu Vernarbung → keine bleibende Alopezie, ABER die meisten Patienten kratzen sich so viel, dass es trotzdem zu einer Vernarbung + bleibender Alopezie kommt! → diese Fälle sind schwer zu therapieren! Psoriasis palmoplantaris Morph. dicke (oft festhaftende) Hyperkeratosen die gerne einreißen und tiefe Rhagaden bilden → besonders plantar führt dies beim Gehen zu starken Schmerzen DD hyperkeratotisch-rhagadiformes Handekzem, Tinea Psoriasis pustulosa palmoplantaris Morph. es kommt zur Pusteln im Bereich von Handflächen und Fußsohlen, die wiederum zu “Eiterseen” konfluieren können → sind besonders schmerzhaft Bei der Psoriasis pustulosa palmoplantaris gehen die Meinung auseinander, ob es sich überhaupt um eine Psoriasis handelt, da sie auf die Therapie nicht gut anspricht Nagelpsoriasis Morph. besonders die Nagelmatrix ist betroffen → dies führt zu kosmetisch unschönen Veränderungen → Tüpfelnägel, subunguale Hyperkeratosen, Ölflecken 28 Tüpfelnägel Parakeratosen der oberflächlichen Nagelplatte, Befall des proximalen Teils der Nagelmatrix (charakteristisch, aber nicht spezifisch → ist auch bei Ekzem/gesunden Nägeln möglich) subunguale Psoriasis des Nagelbetts, subungual groblamellierte weißgraue Hyperkeratosen Schuppenmassen Ölflecken parakeratotisches Material innerhalb der Nagelplatte → gelbliche Veränderungen Dies kann bis zur Onychodystrophie und somit zur Zerstörung des Nagels führen Psoriasis inversa kommt intertriginös in der Analregion, submammär, axillär, etc. vor Morph. weniger Schuppung (wegen des feuchten Milieus), dafür mehr gerötete Plaques Hier sind wichtige DDs immer ein intertriginöses Ekzem oder eine Pilzinfektion oder Zinkmangel! Psoriasis bei Kindern Kommt nur selten vor! → tritt dabei typisch im Windelbereich auf (DD: Windeldermatitis) Morph. Plaques schuppen bei Kindern weniger Erythrodermie Ist eine generalisierte Rötung (Hauptmerkmal) und Schuppung (weniger ausgeprägt, nicht so charakteristisch) der ganzen Haut → gehört zu den sehr schweren Verlaufsformen der Psoriasis Die hohe Hautdurchblutung führt zu einer kardiovaskulären Belastung, die bei älteren Patienten auch zu Events führen kann! 29 Psoriasis pustulosa generalisata von Zumbusch Morph. Ist eine Form, bei der Pusteln und Eiterseen vorkommen, die wiederum generalisiert an der ganzen Haut vorkommen können Die Pusteln kommen aber im Gegensatz zur palmoplantaren Form auch auf normaler Haut vor und sind dabei nicht nur auf den Plaques lokalisiert Psoriasisarthritis Epidemiologie 0,1-0,2% der Bevölkerung, bis zu 30% der Patienten mit Schuppenflechte - 75% Haut-Psoriasis vor Gelenken - 15% gleichzeitig - 10% Arthritis vor Haut-Psoriasis Labor RF negativ klinische periphere - asymmetrische Oligoarthritis Formen Arthritis - symmetrische Oligoarthritis (ähnlich der RA) - (meist distale) Interphalangealgelenke (vgl. RA: eher Fingergrund- und Fingermittelgelenke betroffen) - Erosion + Knochenneubildung nebeneinander Monoarthritis große Gelenke axialer Befall Sakroiliakalgelenke, HWS Daktylitis Wurstfinger + Wurstzehen Enthesitis Tendinitis, Tendovaginitis, Epicondylitis, plantare Fasciitis Arthritis schwerer Verlauf mit massiver Schädigung und Zerstörung mutilans der Gelenke → Verkürzung und Einschrumpfen der Finger und Zehen, Schwanenhalsdeformität* Besonders Patienten mit Nagelpsoriasis haben ein erhöhtes Psoriasis Arthritis Risiko! * Bonus: eine Schwanenhalsdeformität beschreibt eine Hyperextension im PIP bei gleichzeitiger Flexion im DIP der Langfinger, die den Faustschluss und Zangengriff 30 einschränken kann und als Traumafolge oder im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis oder Psoriasisarthritis vorkommt. Der psoriatische Erkrankungskomplex Auge Uveitis, Episkleritis, Iritis GI CEDs Bewegungsapparat Psoriasisarthritis, Spondylarthropathien (Wirbelgelenkserkrankungen) Psyche Depression, Angststörung, erhöhte Suizidrate, Suchterkrankungen CV + Metabolisch Arterielle Hypertonie, Dyslipidämie, Insulinresistenz, DM, Adipositas, kardiovaskuläre Erkrankungen, Myokardinfarkt (MI), Insult Mortalitätsrisiko - erhöhtes Risiko für Malignome (Plattenepithelkarzinom, Lymphome) - 2-3x erhöhtes Risiko für CV Ereignisse - schwere Psoriasis: 2x so hohe Sterberate generell - schwere Psoriasis: Männer sterben 3,5 Jahre früher und Frauen 4,4 Jahre früher Bestimmung der Krankheitsaktivität PASI (Psoriasis Area and Severity Index) standardisierte Index Skala zur Bestimmung des Schweregrades der Psoriasis Faktoren Fläche, Erythem, Infiltration, Schuppung gibt einen Punkt-Index von 0-72 DLQI (Dermatology Life Quality Index) Fragebogen (10 Fragen) zum Messen des Einflusses von Hauterkrankungen auf die Lebensqualität Punkte von 0-30 Definition des Schweregrades leichte Psoriasis PASI 10 Es gibt aber auch “Upgrade-Kriterien” → trifft ein Upgrade Kriterium zu, ist es automatisch eine mittelschwere bis schwere Psoriasis → dadurch ist in weiterer Folge auch eine systemische Therapie indiziert → die Kriterien lauten wie folgt: 31 Upgrade - ausgeprägte Erkrankung von sichtbaren Arealen Kriterien - ausgeprägte Erkrankung der Kopfhaut - Erkrankung des Genitalbereichs - Erkrankung der Handflächen und Fußsohlen - Onycholyse oder Onychodystrophie von mind. 2 Fingernägeln - Jucken und damit einhergehendes Kratzen - Vorliegen therapieresistenter Plaques Therapie leichte Psoriasis lokale Therapie Vitamin D, Cortison, Calcineurin-Inhibitoren (Off-Label) mittel/ systemische alte Therapie (viel mehr NW als neue, aber billiger und von schwere Therapie der Krankenkasse bevorzugt): MTX, Ciclosporin, Psoriasis + ggf. topisch Fumarsäureester, Acitretin (wie oben) neue Therapie (targeted therapy): Adalimumab (anti TNFalpha), Certolizumab, Guselkumab, Risankizumab, Tildrakizumab, Secukinumab, Brodalumab, Ixekizumab → Bonus: Plaques, etc. sind dadurch gut behandelbar, die Arthritis spricht aber nicht sehr gut darauf an Pityriasis rosea (“Röschenflechte”) Morph. Primärplaque: solitärer kreisrunder scharf begrenzter lachsroter Herd mit peripherer Schuppenkrause (“Collarette”) betont am Stamm Verlauf nach Tagen bis Wochen bildet sich ein stammbetontes Exanthem aus ovalen ähnlichen Läsionen in der Spaltrichtung der Haut ("tannenbaumartige" Verteilung) Abheilung innerhalb von 1-3 Monaten Therapie Topische Steroide, Steroidstoß, UVB Strahlung Vermeiden von Irritation (da sonst Ausbreitung auf Gesicht und restlichen Körper) Patho- man vermutet eine Assoziation mit einer vorausgegangenen Viruserkrankung, aber genese sonst ist noch nichts bekannt Pityriasis rubra pilaris Ist eine seltene Psoriasis ähnliche Erkrankung, verläuft chronisch Pathogenese unbekannt, es kommt zu einer hyperproliferativen Keratinisierungsstörung bei der hereditären atypischen juvenilen Form (autosomal dominant) liegt wahrscheinlich eine Gain-of-Function-Mutation auf CARD14 vor Klinik Primärläsion: kleine orangerote follikuläre, hyperkeratotische Papeln Primärläsionen konfluieren, es entstehen flächenhafte gelbrote Herde, 32 teilweise schuppend, innerhalb der erkrankten Haut gibt es scharf abgegrenzte Inseln mit gesunder Haut (Nappes claires) An Handflächen und Fußsohlen kommt es zu roten, diffusen Hyperkeratosen mit Bildung schmerzhafter Rhagaden und teilweise longitudinale Furchung und Verdickung der Nägel Die Erkrankung tendiert dazu, sich im Sommer zu verschlechtern Lokalisation Capillitium, Streckseiten der Extremitäten, Rumpf und Gesicht Therapie → Retinoide, MTX, Cyclosporin A, Biologika → keine Phototherapie/Photochemotherapie → führt häufig zu Verschlechterung Lichen (ruber) planus (“Knötchenflechte”) Ätiologie Ätiologie und Pathogenese sind nicht klar, man vermutet Autoimmunität gegen Keratinozytenantigene → Autoimmunreaktion gegen basale Keratinozyten → führt zu deren Apoptose Bonus: Assoziation mit HCV/HBV (13x höheres Risiko für LRP), DM (50% der LRP Patienten haben eine Glukosestoffwechselstörung), Kontaktallergien (Gold, Amalgam, Kupfer bei oraler Form) Morphologie Die Primäreffloreszenzen sind hierbei 0,5-1 mm große polygonale abgeflachte Papeln → sie erscheinen hell livide bis fliederfarben, schräg einfallendes Licht wird von der Oberfläche reflektiert, die Papeln entstehen in Gruppen → Bonus: Grenzlinie zw. Papeln = netzartiges weißes Linienwerk (Wickham Streifung), lineare Anordnung der Effloreszenzen in Kratz- od. Reibespuren (Köbner Phänomen), Juckreiz Lokalisation - Beugeseiten der Handgelenke und Unterarme - seitliche Knöchelgegend der Fußgelenke - Schleimhautbefall (bis 50%): Mund- und Genitalschleimhaut - Nägel (10%) - Capillitium - generalisierter Lichen planus (Lichen planus exanthematicus) 33 Generalisierter Lichen planus (Lichen planus exanthematicus) Beginnt mit Läsionen an Lichen-Prädilektionsstellen Klinik Juckreiz, langsame Ausbreitung (bis zu Maximum der Erythrodermie) Lichen ruber der Nägel Morph. Nägel sind verdünnt + verkürzt, ausgefranster Nagelplatten mit Längsverwerfung der Oberfläche, Tüpfeln, Pterygien möglich, selten farblose oder rote Längsstreifung (Erythronychie), Glanznägel (durch Dauerscheuern) kann bis zur Zerstörung der Nagelplatte führen Lichen planus der Schleimhaut Morph. weiße diffuse Plaques oder Papeln an den Wangen und am Zungenrand (auch die Lippen sind davon eventuell betroffen) → die Aufhellung wird als Wickham-Streifung (Bonus: hier oft stark ausgeprägt) bezeichnet und entsteht durch die Verdickung des Stratum granulosum (Hypergranulose) Meistens bestehen dabei aber keine Symptome Erosiver Lichen planus Symptome schmerzhaft, besonders im Bereich der Genitalschleimhaut, oral bis zu Schluckstörung und Unmöglichkeit der Nahrungsaufnahme Lichen planopilaris Ist eine seltene Entzündung der Haarwurzelscheiden und Haarbulbi → es kommt zur Verödung der Haarfollikel und Fibrose Symptome vernarbende Alopezie, beginnend mit gruppierten kleinfleckigen alopezischen Areale, die nach peripher wachsen Bonus: pilus = Haar 34 Therapie des Lichen ruber lokalisierte Formen Steroidsalben, teilweise okklusiv Andere Formen - systemische GCs (+ Cortisonstoß) - UVB, PUVA - Acitretin (Retinoid), Cyclosporin A 35 Ekzeme Dr. Irena Angelova-Fischer Ekzem/Dermatitis = nicht infektiöse Entzündung der Haut Klinische Stadien eine Ekzems Verschiedene Stadien einer Dermatitis können immer gleichzeitig bestehen! 1 Stadium erythematosum Erythem 2 Stadium vesiculosum Ödem der Epidermis mit Bläschen und Blasenbildung 3 Stadium madidans nässende Erosionen 4 Stadium crustosum Krustenbildung 5 Stadium squamosum Schuppen Nach dem Stadium squamosum kommt es entweder zu einer Restitutio oder einem Übergang in ein chronisches Ekzem! Histologie Akutes Stadium Spongiose mit interzellulärem Ödem der Epidermis Chronisches Akanthose mit Hyper- und Parakeratose (= Vermehrung des Stratum Stadium spinosum + Keratinozyten haben im Stratum corneum immer noch Zellkerne) Bonus: eine Spongiose entsteht durch die Einwanderung von Entzündungszellen in die Epidermis und ist eine typische Veränderung für ekzematöse Dermatitiden → es bildet sich dabei ein Ödem zwischen den Zellen der Epidermis Eine Akanthose beschreibt eine Verbreiterung des Stratum spinosum → entspricht einer Verschiebung des Gleichgewichts zu den unreifen Zellformen der Epidermis → entweder durch eine verstärkte Proliferation oder durch eine verzögerte Differenzierung 36 Klassifikation der Ekzeme nach Akuität und Stadium akut, subakut, chronisch, chronisch-rezidivierend nach Pathogenese exogen, endogen, seborrhoisch, Exsikkationsekzem nach Morphologie nummuläres, dyshidrosiformes Ekzeme, etc. nach Lokalisation Hand, Fuß, Kopfhaut, Lid, etc. Die 4 Hauptgruppen Kontaktekzem Atopisches Ekzem Seborrhoisches Ekzem Sonderformen Kontaktekzem Akut toxisches irritatives Kontaktekzem selten (meistens bei Arbeitsunfällen mit Chemikalien) Symptome klinisches Bild einer Verätzung → Läsionen nur im Einwirkungsbereich der Noxe, es findet keine Streuung statt Chronisch kumulativ-toxisches Kontaktekzem ist die häufigste Form des Kontaktekzems Auslöser Lösungsmittel, Wasser, Waschmittel, Detergenzien, Desinfektionsmittel, Okklusion, Mechanische Belastung häufige Kombination mehrerer Faktoren Symptome tiefe Rhagaden, Erythem, schmerzhaft Pathogenese Das Kontaktekzem ist KEINE Typ I oder Typ IV Reaktion → schwache Irritantien verschlechtern progredient die Hautbarrierefunktion → Entzündung Aber es besteht generell ein erhöhtes Risiko bei positiver Anamnese für Atopie und auch bei Feuchtarbeit und Exposition zu mehreren Irritanzien 37 Allergisches Kontaktekzem Das allergische Kontaktekzem ist eine Typ IV Immunreaktion Symptome klinisch stille Sensibilisierungsphase, bei wiederholtem Kontakt Restimulationsphase mit manifesten Ekzem häufige Nickel, Duftstoffe, Cobalt, Thiurame (Gummi), Wollwachs, Kaliumdichromat Kontaktallergene (in Zement), (Chlor-) Methylisothiazolinone (in Shampoos, Seifen, etc.) Diagnose - detaillierte allergologische Anamnese - Epikutantest zum Nachweis der Sensibilisierung - Relevanzbeurteilung der positiven Testreaktion (ist es für den Patienten beruflich, etc. relevant?) Therapie - Auslöser identifizieren und Vermeiden - Patienten aufklären + Allergiepass vergeben - Topische Glukokortikoide - Hautpflege - Persönliche Schutzmaßnahmen Erkrankungen des atopischen Formenkreises Atopisches Ekzem Rhinoconjunctivitis allergica Asthma bronchiale Atopie Bereitschaft gegen bestimmte Substanzen sensibilisiert zu werden und mit Konjunktivitis, Inhalationsallergien oder Ekzemen zu reagieren Sie entstehen im “Atopic march” Inzidenz: Das Neuauftreten von atopischer Dermatitis und Nahrungsmittelallergien nimmt mit zunehmendem Alter ab Asthma bronchiale hat seinen Gipfel rund um 5a 38 Allergische Rhinitis nimmt mit dem Alter zu Atopisches Ekzem (atopische Dermatitis) chronisch-rezidivierende, stark juckende Entzündung der Haut Epidemiologie beginnt in der frühen Kindheit (oft verbunden mit respiratorischen Allergien + Asthma bronchiale) - betroffen sind 1-3% der Erwachsenen und 5-20% der Kinder in Industrienationen - Beginn bei 50% der Patienten innerhalb des ersten Lebensjahres, bei weiteren 30% innerhalb der ersten 5 Lebensjahre - selten gibt es auch Spätmanifestationen (late onset atopic dermatitis) - mehr als ⅔ der Patienten mit positive FA für atopische Ekzeme, allergische Rhinokonjunktivitis oder Asthma - 30-50% der Patienten entwickeln ein Asthma bronchiale und oder Rhinitis allergica zusätzlich zum atopischen Ekzem Pathogenese “inside out Primär immunologische Dysbalance mit TH2 Dominanz, lokale Hypothese” neuroendokrine Dysfunktion Sekundär kommt es zur Entzündung der Haut “outside in Primär gestörter Barrierefunktion der Haut → Xerosis, erhöhter Hypothese” transepidermaler Wasserverlust, erhöhter pH-Wert der Hautoberfläche Sekundär kommt es zur gesteigerten Immunaktivierung durch vermehrtes Eindringen von Allergenen Für die “outside in Hypothese” sprechen Mutationen im Filaggrin Gen, die zu einer Beeinträchtigung der epidermalen Barriere führen → sind wichtige Faktoren in der Pathogenese der atopischen Dermatitis und prädisponieren auch für die Entwicklung von respiratorischen Allergien und Nahrungsmittelallergien Filaggrin ist ein Strukturprotein das in der Epidermis produziert wird → wird im Rahmen der terminalen Keratinozytendifferenzierung in kleinere Peptide aufgespalten und spielt bei der Bildung des cornified envelope und des NMFs eine Rolle 39 Klinik der atopischen Dermatitis Lokalisation + Erwachsene: eher Lichenifikation + Beugenekzem Morphologie Säuglinge: stark nässende Läsionen, Kapillitium, Wangen, Streckseiten der Extremitäten Leitsymptome trockene Haut, quälender Juckreiz, Exkoriation (Juckreiz → Kratzen → Dermatitis → mehr Juckreiz) “Es gibt kein atopisches Ekzem ohne Juckreiz” atopische Stigmata - Ichthyosis der Hand → Hyperlinearität der Handflächen (assoziierte Merkmale) + 10% der Patienten mit atopischer Dermatitis haben auch eine Ichthyosis vulgaris (vererbte Verhornungsstörung) Diagnostische Kriterien 1 Positive Eigen- oder FA für Atopie 2 Ekzem in typischer Morphologie und Verteilung 3 Juckreiz 4 Chronischer und oder rezidivierender Verlauf Dabei sind 3 von 4 Kriterien erforderlich! Komplikationen Patienten mit atopischer Dermatitis sind verstärkt für bakterielle + virale infektionen anfällig → liegt daran, dass die Expression der antimikrobiellen und antiviralen Peptide Cathelicidin und human beta Defensin 2 in befallener Haut vermindert ist 60-90% der Patienten sind mit S. aureus kolonisiert und sie sind generell viel anfälliger für ein Ekzema herpeticatum (atypische, ausgedehnte Infektionen mit HSV)! Differenzialdiagnosen Entzündliche Dermatosen Seborrhoische Dermatitis, Kontaktekzem, Psoriasis Infektionen und Infestationen Skabies, Impetigo Contagiosa, Tinea Primäre Immundefizienzsyndrome Wiskott-Aldrich Syndrom, Hyperimmunglobulin E Syndrom Therapie der atopischen Dermatitis In Remission trockene Haut behandeln → Emollentien (Weichmacher für die Haut) Akutstadium Entzündung reduzieren + trockene Haut behandeln → anti-entzündliche Therapie + Emollientien 40 + Patienten brauchen lebenslang eine intensive Hautpflege Leitliniengemäße Therapie Stufe 1 Trockene Haut - Topische Basistherapie - Vermeidung oder Reduktion von Triggerfaktoren Stufe 2 leichte Ekzeme - Erforderliche Maßnahmen der vorherigen Stufen - niedrige potente topische GCs und oder topische Calcineurininhibitoren Stufe 3 moderate Ekzeme - Maßnahmen von vorher - höher potente topische GCs - topische Calcineurininhibitoren Stufe 4 persistierende schwer - Maßnahmen von vorher ausgeprägte Ekzeme - systemische immunmodulierende Therapie: oder ohne topischen - Dupilumab (IL4/IL13), Tralokinumab (IL13), Behandlungserfolg Ciclosporin, off Label Therapeutika Auswahl der Lokaltherapie nach Stadium, Schweregrad, Lokalisation, Alter Auswahl der Salbengrundlage “feucht auf feucht, fett auf trocken” Fettcreme oder Salben eher auf chronisches Ekzem Lotionen und Gels eher auf akutes nässendes Ekzem Seborrhoisches Ekzem Manifestationsalter im Säuglingsalter (in den ersten 3 LM) oder nach der Pubertät Epidemiologie Prävalenz 5% + gehäuft und therapieresistent bei HIV Patienten + assoziiert mit Malassezia furfur (Hefepilz, Auslöser der Pityriasis versicolor) Besiedelung Lokalisation Kapillitium, Gesicht, Seborrhoische Areale (Prästernalregion) Formen - infantiles seborrhoisches Ekzem - Seborrhoisches Ekzem des Erwachsenen - Seborrhoisches Kopfekzem Therapie → gegen Shampoos: Ketoconazole, Ciclosporxoxolamin, Malassezia furfur Zinkpyrithion + antientzündlich topische Steroide bis Klasse II Sonderformen der Ekzeme Dyshidrosiformes Ekzem Morphologie eruptiv aufschießende, gruppierte, unterschiedlich große, wasserklare, gräulich 41 schimmernde juckende Bläschen in der Abheilungsphase erythematöse schuppende Plaques bei Chronifizierung Squamae, hyperkeratotische Plaques und Rhagaden Ätiologie idiopathisch, Assoziation mit Rauchen, Atopisches Ekzem, Allergisches Kontaktekzem Lokalisation Handinnenfläche, Fußsohlen Nummuläres Ekzem Symptome münzförmige Ekzemherde, stark juckend, therapieresistent Lokalisation Extremitäten Stauungsekzem Entsteht bei Patienten mit chronisch venöser Insuffizienz (CVI) → Es muss zusätzlich immer eine Typ IV Sensibilisierung ausgeschlossen werden! Exsikkationsekzem Entsteht meistens in den Wintermonaten bei älteren Patienten Lokalisation am Unterschenkel Symptome erhöhte Hauttrockenheit, Erythem nur schwach! 42 Dermatologische Allergologie Dr. Irena Angelova-Fischer Sofort- und Spätallergien Allergische - Heuschnupfen 14% Lebenszeit- - allergisches Asthma 8% prävalenz - Insektengiftallergie 3% - Kontaktekzeme 8% - Neurodermitis 4% - Nahrungsmittelallergie 0,2% typisches Heuschnupfen Rhinorrhoe, Niesen, Juckreiz, Konjunktivitis klinisches Bild allergisches Asthma Dyspnoe Insektengiftallergie Urticae, Juckreiz, Anaphylaxie Ekzem Entzündung, Vesikel, Schuppung, Juckreiz Typ I Heuschnupfen, allergisches Asthma und Insektengiftallergie sind typische Typ I Reaktion Reaktionen → entstehen schnell und sind flüchtig Typ IV Ekzeme sind eher Typ IV Reaktionen → brauchen länger für Entstehung bleiben Reaktion aber auch länger relevant Wiederholung: Allergieformen nach Coombs und Gell 1 Soforttyp IgE vermittelte Aktivierung - Heuschnupfen Sympt. in von Mastzellen - Asthma < 30 min - generell Allergien 2 Zytotoxischer IgG vermittelte Erkennung - Blutgruppen- Sympt. in Typ von Antigenen unverträglichkeit Minuten - Medikamenten- induzierte Zytopenien 3 Immunkomplex- IgG vermittelte Erkennung - Serumkrankheit Sympt. in Typ von löslichen Antigenen - Arthusreaktion 3-8 h → die Komplexierung führt - Vaskulitis zur Aktivierung des - Nephritis (IK-GN) Komplements und von - Farmerlunge Fc-Rezeptoren 4 Spätreaktions- T-Zell vermittelte - Kontaktekzem Sympt. in Typ Erkennung von - Transplantatabstoßung 24-48 h MHC-präsentierten - Tuberkulinreaktion Antigenen 43 Typische Hautsymptome Sofortreaktion Schwellungen, Anaphylaxie, Quaddel, sofort, flüchtig Juckreiz, Entzündung, Erythem Spätreaktion Bläschen, Krusten, Schuppung, Rhagaden, verzögert, anhaltend Pathogenese Typ I Allergie Mastzell-vermittelt → Histamin Voraussetzung ist eine Sensibilisierung gegen ein Epitop nach Erstkontakt → IgE Bildung Häufige Insektengifte, Nahrungsmittel, Pollen, Tierhaare, Pilzsporen, Latex, Auslöser Hausstaubmilbe (HSM), etc. Säuglings-/Kindesalter: Kuhmilcheiweiß, Hühnereiweiß, Erdnuss, Nüsse Erwachsenenalter: Kern- und Steinobst, Nüsse, Erdnuss, Sellerie, Gewürze, Soja- und Sojaprodukte, Krusten- und Schalentiere Symptome Primäre Nahrungsmittel- Urtikaria, Angioödeme, Anaphylaxie (bis zu Schock, Asthma, allergien (Kinder) ausgeprägte GI-Symptome, Kreislaufarrest und Tod) Pollenassoziierte - häufig orale Allergiesymptome (Jucken, Schwellung Nahrungsmittelallergien der MSH, Gaumen, Hals) (Kreuzallergie bei Erwachsenen) - selten Rhinitis, Asthma oder Anaphylaxie Anaphylaxie - Einteilung nach Ring und Messmer Grad Haut Abdomen Respiratorisches Kardiovaskuläres System System I → Juckreiz - - - → Flush II → Urtikaria Übelkeit, Rhinorrhoe, Tachykardie (>20/min Anstieg), Krämpfe Dyspnoe Hypotonie (>20 mmHg → Angioödem Verminderung), Arrhythmie III Erbrechen Larynxödem, Schock Bronchospasmus, Zyanose IV Erbrechen Atemstillstand Kreislaufstillstand 44 Diagnostik der Typ I Allergie In VIVO - Hauttests: Prick-, Intrakutan-, Scratch-, Reibtest Testverfahren - Nativtestung (einfach das Nahrungsmittel selbst nehmen statt einer industriell gefertigten Lösung) - Provokation (konjunktival, nasal, bronchial, oral) In VITRO - Bestimmung der spezifischen IgE (Anamnese-geleitet) Testverfahren - Basophilendegranulationstest - Einzelkomponentendiagnostik Einzelkomponentendiagnostik Es wird die Sensibilisierung auf einzelne Komponenten (sensibilisierendes Molekül) überprüft → Beispiel: r Bet v 1 (Birkenpollen) n Gal d 1 (Hühnerei) r rekombinant n natürlich gereinigt Bet Betula (Genus-Name) Gal Gallus (Genus-Name) v verrucosa (Spezies-Name) d domesticus (Spezies-Name) r Bet v 1 ist das Majorallergen der Birkenpolle und n Gal d 1 das Majorallergen des Hühnereis. Phl p 1/5b ist ein Majorallergen verschiedener Gräserpollen Einzelkomponentendiagnostik wird beispielsweise bei Nahrungsmittelallergien (besonders bei Kleinkindern) verwendet → rekombinante Diagnostik ist hilfreich zur Unterscheidung zwischen primären und pollenassoziierten Nahrungsmittel-Allergien Sensibilisierung ≠ Allergie! Auch bei einer über Hauttests bestätigten Sensibilisierung muss immer die klinische Relevanz überprüft werden! → Sensibilisierung ≠ Krankheit Überprüfung des - sichere Anamnese (zeitlicher Verlauf und typische Symptome) Krankheitswertes - oder Provokationstest Typ IV Allergie (Spättyp) T-Zell + dendritische Zellen (antigenpräsentierende Zelle) vermittelt Diagnostik Epikutantest (Allergene werden für einige Tage aufgeklebt, “okklusiv”) 45 Formen immunologisch-bedingter Hypersensitivität Typ II - Zytotoxischer Typ IgG/IgM vermittelte zytotoxische Lyse von Blutzellen Beispiele - Thrombozytopenische Purpura (TTP) - Hämolytische Anämie - Transfusionsreaktionen - Granulozytopenie Typ III - Immunkomplextyp Beispiele Vaskulitiden, Serumkrankheit, Exogen-allergische Alveolitis (EAA) Immunglobulinkomplexe IgG/IgM/IgA → Gefäß- & Gewebeschädigung 46 Intoleranzreaktionen der Haut Dr. Irena Angelova-Fischer Unerwünschte Arzneimittelreaktionen Definition Schädliche unbeabsichtigte Reaktionen in Dosierung, die beim Menschen zur nach WHO Prophylaxe, Diagnose und Therapie üblich sind - Ursache für 3-9% aller stationären Behandlungen - Auftreten bei 10-20% aller hospitalisierten Patienten - Hautbeteiligung bei 2-3% aller hospitalisierten Patienten - enden in 0,15% der Fälle letal Klassifikationen Unverträglichkeit Intoxikationen → zu starker pharmakologischer Effekt Über- Intoleranz → Überempfindlichkeit im Sinne einer empfindlich- pharmakologischen Toxizität keiten Allergie → krankmachende Überempfindlichkeit aufgrund immunologischer Sensibilisierung Idiosynkrasie → nicht immunologische Überempfindlichkeit ohne Bezug zur pharmakologischen Toxizität (Bonus: entsteht durch eine fehlende Funktion oder das Nichtvorhandensein von bestimmten Enzymen) Makulopapulöses Arzneimittelexanthem Häufigste Manifestation (80%) → fast alle AM können ein makulopapulöses Exanthem auslösen! häufigste beta-Laktam ABs (vor allem Aminopenicilline) + es gibt ein erhöhtes Risiko bei Auslöser viralen Erkrankungen (EBV) Morphologie - Rosa-rote Makulae und Papeln - können zu Plaques konfluieren - symmetrische Verteilung - ausgehend vom Stamm, im Verlauf Ausbreitung auf Extremitäten - Abheilung mit Schuppung (Desquamation) Symptome Juckreiz verschiedener Intensität, meistens keine systemischen Beschwerden Diagnose klinisches Bild + zeitlicher Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme Therapie Absetzen der verdächtigen Medikamente. Bei Juckreiz: Antihistaminika, topische Kortikosteroide, eventuell auch systemische Steroide 47 Erythema fixum Morph. scharf begrenzte erythematöse Macula, immer an der gleichen Stelle, immer nach dem gleichen Medikament, meistens eine einzelne Läsion (nur selten multilokulär) SDRIFE Syndrome = Baboon-Syndrome = symmetrical drug related intertriginous and flexural erythema Morphologie typische Morphologie und Verteilung → Erythem symmetrisch in den intertriginösen Arealen Symptome keine systemischen Beschwerden Auslöser beta-Laktam Antibiotika, Metronidazole, Cetuximab AGEP (Akute generalisierte exanthematische Pustulose) Morphologie Erythem + multiple kleine nicht-follikuläre sterile Pusteln auf erythematösem Grund, selten Schleimhautbeteiligung, Organbeteiligung < 20% Symptome Akuter Beginn mit Fieber > 38°C und Neutrophilie Gesichtsschwellung, Juckreiz und Brennen Prognose gut, Abheilung mit Desquamation innerhalb von 2 Wochen 48 Auslöser Aminopenicilline, Sulfonamide, Chinolone, Hydroxychinoline, Makrolide, Terbinafin, Diltiazem ca. 2-12 Tage Latenz nach Medikamentengabe Therapie Absetzen des verdächtigen Medikamentes, symptomatische Therapie mit Antihistaminika und GCs Schwere Arzneimittelreaktionen - sind insgesamt selten - folgen nicht einem einheitlichen Pathomechanismus - Auftreten in der Regel schon beim ersten Behandlungszyklus → es gibt keine Sensibilisierungsphase! Erythema exsudativum multiforme (EEM) akutes mukokutanes Reaktionsmuster, wird in 2 Formen unterteilt: Minorform meist durch Infektionen (HSV) ausgelöst, milde Symptomatik, teilweise rezidivierend Majorform meist durch Medikamente klinisch schwere Reaktion, extensive Schleimhautbeteiligung als Ausdruck einer zytotoxischen AM-Reaktion Lokalisation Handinnenfläche, Mundschleimhaut Morphologie Schleimhauterosionen und kokardenförmige Läsionen → dunkel in der Mitte, dann hell, dann dunkel Therapie Absetzen aller verdächtigen Arzneimittel, systemische GCs (Prednisolon- Äquivalent 60-80 mg/d bis zur klinischen Besserung), in wenig ausgeprägten Fällen reichen lokale GCs, bei oraler Beteiligung antiseptische Mundspülung 49 EEM majus - Stevens-Johnsons-Syndrom (SJS) - Toxische epidermale Nekrolyse (TEN) Inzidenz 1,5-1,8 pro 1 Mio. Patienten Bei EEM majus, SJS und TEN handelt es sich um schwere blasenbildende epidermolytische Hautreaktionen (+ Schleimhautbeteiligung) mit großflächiger Ausprägung (Ablösung der Epidermis, SH-Erosionen) und potentiell letalem Ausgang EEM/SJS/TEN wurden früher unterschieden sind aber heute eigentlich durch ihre gemeinsame Klinik, Ätiologie und Pathogenese als unterschiedliche Stadien einer Krankheitsentität beschrieben - SJS = Hautablösung 1-5% der Hautoberfläche - TEN/SJS Overlap = 10-15% Hautoberfläche - TEN = 25-35% Ablösung Ätiologie AM mit hohem Allopurinol, Carbamazepin, Cotrimoxazol, Risiko Sulfonamide, Sulfasalazin, Lamotrigin, Nevirapin, NSAR vom Oxicam-Typ, Phenobarbital, Phenytoin AM mit moderaten Cephalosporine, Makrolide, Gyrasehemmer, Risiko Tetrazykline, NSAR von Phenylessigsäure-Typ (Diclofenac) Latenz 4 Tage bis 4 Wochen Morphologie großflächige Blasen auf dem Boden eines makulösen konfluierenden Exanthems, atypische Kokarden, Ablösung der Haut durch mechanischen Druck oder Reiben, Schleimhautbeteiligung (MSH, okulär, genital, anal) Symptome Schwere Allgemeinsymptome: hohes Fieber, starkes Krankheitsgefühl Prognose hängt von Alter und Ausmaß der Epidermolyse ab → Komplikationen + Folgeschäden bei 50% der Patienten, Letalität SJS = 10%, TEN > 30% 50 Komplikationen Symblepharon (Verwachsung der Konjunktiva), orale, ösophageale, genitale, urethrale Strikturen, Nagel- und Haarverlust, chronisch-obstruktive Bronchitis/Bronchiolitis Therapie - Intensivmedizinische Betreuung - Supportive Therapie: Aufrechterhaltung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts - Augenärztliche Mitbetreuung - Sofortiges Absetzen aller verdächtigen Medikamente - Systemische Steroide - Intravenöse Immunglobuline (IVIG) - Ciclosporin (Immunsuppressivum) Nikolski Zeichen Ist ein klinisches Nekrolyse-Zeichen, dass bei allen EEM/SJS/TEN Patienten mehrmals täglich durchgeführt werden sollte! → dabei wird kräftig an mehreren Stellen der Haut 10-20x gerieben → lässt sich die Haut dadurch ablösen (“Blase auslösbar”) ist Nikolski positiv → die Epidermolyse hat somit begonnen EEMM, SJS, SJS/TEN Overlap, TEN Einteilung EEMM SJS SJS/TEN TEN mit TEN auf großflächigen Overlap Maculae Erythemen Hautablösung 10% Typische Ja - - - - Kokarden Atypische Erhaben Flach Flach Flach - Kokarden Maculae - Ja Ja Ja - Verteilung Extremitäten Stammbetont, generalisiert DRESS (Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms) Morphologie schweres persistierendes konfluierendes Exanthem + systemische Zeichen Symptome Fieber > 38,5°C, Leukozytose, Eosinophilie, atypische Lymphozyten, Transaminasenerhöhung, Hepatosplenomegalie, Lymphadenopathie (LA) Prognose Mortalität ca. 10% Auslöser Carbamazepin und Allopurinol sind für 40% der Fälle verantwortlich Latenz = 2-8 Wochen 51 Vergleich - AGEP vs. DRESS vs. SJS/TEN Eigenschaft AGEP DRESS SJS/TEN Latenz 2-3 Tage 2-6 Wochen 1-3 Wochen Dauer 1 Woche mehrere Wochen 1-3 Wochen Fieber +++ +++ +++ Gesichtsödem ++ +++ - Pusteln +++ + - Blasen + + +++ Kokarden +++ Schleimhautbeteiligung +++ Labor Leukozytose mit Leukozytose mit Neutrophilie Eosinophilie 52 Pigmentierte Hauttumore Dr. Jacqueline Oberneder-Popper Terminologie der Melanozytären Tumore Melanozytäre Nävi gutartige umschriebene Proliferationen der Melanozyten Melanotische Flecken - umschriebene Vermehrung von Melaninpigment - Anzahl der epidermalen Melanozyten weitgehend normal Malignes Melanom bösartiger melanozytärer Tumor Auflichtmikroskopie Dermatologische Auflichtmikroskopie wurde von Johann Saphir im Jahr 1920 eingeführt. Nicht invasive Untersuchung mit der man klinisch nicht erkennbare Merkmale von Hauttumoren erkennen kann Indikation eignet sich gut zur Früherkennung von Tumoren Einteilung Nävus - Kongenitaler Nävus - Erworbener Nävus - Blauer Nävus - Spitznävus Melanom - superfiziell spreitend - knotig - Lentigo maligna - akral-lentiginöses Melanom Kongenitaler melanozytärer Nävus (CMN) = Riesennävus Ist zum Zeitpunkt der Geburt vorhanden oder entsteht innerhalb des ersten Lebensjahres Epidemiologie 1-2% Häufigkeit bei Geburt Morphologie rund bis oval, braun, braunschwarze Farbe, häufig verstärkte Behaarung (Hypertrichose) Einteilung klein < 1,5 cm mittel M1 = 1,5-10 cm M2 = 10-20 cm groß L1 = 20-30 cm L2 = 30-40 cm riesig G1 = 40-60 cm G2 > 60 cm 53 Komplikationen Entartungsrisiko - 2-5% bei kongenitalem Riesennävus - mehr als 70% der Melanome innerhalb der ersten Lebensjahre - 30% der Melanome entstehen nicht innerhalb des Nävus ZNS Beteiligung - in 10-20% der Patienten mit >20 cm Nävusgröße - Gefahr der neurokutanen Melanozytose (Schädel MRT) Erworbene melanozytäre Naevi Einteilung nach Histologie und Klinik Junktionsnävus Pigment ist in der Epidermis, (“zwischen” Epidermis und Dermis = dermoepidermale Junktionszone) Compound Nävus Pigment in der Epidermis + Dermis (dermoepidermale Junktionszone & bindegewebige Dermis) Dermaler Nävus Pigment ausschließlich in der bindegewebigen Dermis Zu den erworbenen melanozytären Naevi gehören alle Nävi, die nach dem 1. LJ entstehen. Es gibt viele klinische und histopathologische Varianten, wobei der Clark Nävus (atypischer/dysplastischer melanozytärer Nävus) die häufigste Form darstellt Morphologie typische zentrale Verdunklung Ätiologie Induktion durch UV-Licht, Sexualhormone (Pubertät, Schwangerschaft) 54 Prädisposition männliches Geschlecht, heller Hauttyp (Typ I + II), genetische Disposition Spitz Nävus Epidemiologie häufig im Kindesalter Morphologie sehr rasch wachsender roter Knoten oder stark pigmentierter Plaque Lokalisation häufig in Gesicht und Extremitäten Hierbei ist die wichtigste DD das maligne Melanom! Blauer Nävus Morphologie Knoten mit blauer Farbe → die bläuliche Verfärbung entsteht durch den Tyndall Effekt (Milchglaseffekt) der darüberliegenden ungefärbten Dermis → dabei wird blaues Licht durch den Melaningehalt der Dermis reflektiert → entsteht also durch die tiefe Lage der Melanozyten Die wichtigsten DDs sind das knotige Melanom oder eine Melanom-Metastase → im Zweifelsfall sollte ein blauer Nävus immer von einem FA kontrolliert werden Melanotische Flecken Epheliden Café au lait-Flecken Melanozytäre Schleimhautflecken Epheliden (Sommersprossen) Morphologie scharf begrenzte und bizarre gelblich bis bräunliche Pigmentflecken, treten nach Sonnenkontakt auf und bilden sich im Winter zurück Epheliden entstehen ausschließlich durch eine Vermehrung von Melanin in den Melanozyten und Keratinozyten (es kommt zu keiner numerischen Änderung der Melanozyten) 55 Es ist auch keine maligne Entartung davon bekannt! Café au lait Flecken Morph. Fingernagel bis handtellergroße, ovale, homogen milchkaffeefarbene Flecken Ätiologie solitär oder sekundär im Rahmen von Systemerkrankungen - Einzelne (≤ 3) bei 3% der Neugeborenen und 10% der älteren Kinder - > 6 Café-au-lait-Flecken von > 0,5 cm (präpubertär) und > 1,5 cm (postpubertär) an Neurofibromatose Typ I (Mb. Recklinghausen) denken! Melanozytäre Schleimhautflecken Morphologie erworbene Hyperpigmentierung der hautnahen genitalen, analen oder oralen Schleimhäute Epidemiologie bei People of color (POC) häufiger als bei hellhäutigen Menschen CAVE: eine Lentiginose der Schleimhäute kann auch Hinweis auf eine Genodermatose sein 56 Malignes Melanom Ist ein bösartiger Tumor der von Melanozyten ausgeht: Epidemiologie - Entstehung de novo und meistens nicht aus Nävi - >90% aller Sterbefälle durch Hauttumore → Hauttumor mit der höchsten Metastasierungsrate Risikofaktoren - UV-Strahlung - besonders erhöhte Sonnenexposition in der Kindheit + Jugend Bonus: vor allem einzelne schlimme bis blasenbildende Sonnenbrände ausschlaggebend (im Ggs. zu Basaliom: durch kumulative UV Belastung ausgelöst) wichtigster Parameter für die Prognose ist die Tumordicke nach Breslow Formen Lentigo-maligna Melanom (LMM) Superfiziell spreitendes Melanom (SSM) Noduläres Melanom (NM) Akral lentiginöses Melanom (ALM) Superfiziell spreitendes Melanom (SSM) Epidemiologie häufigste Melanomform Lokalisation bevorzugt am Stamm Morphologie primär horizontales Wachstum → großflächig Ätiologie BRAF Mutation in 60% Noduläres Melanom Epidemiologie zweithäufigstes Melanom 57 Morphologie aggressiv, vertikal wachsend Ätiologie entsteht bei hellhäutigen intensiv sonnenexponierten Menschen, auf zuvor unveränderter Haut oder auf einem vorbestehenden Nävus Lentigo maligna Melanom Lokalisation vor allem Gesicht, seitliche Halspartien, Decolletee, Unterschenkel, Unterarm, meist bei älteren Menschen Morphologie Langsam wachsend, in der Dermatoskopie sind graue Kreise um die Follikelöffnungen zu sehen (im Gegensatz zum Lentigo solaris → Follikelöffnungen gefärbt) Ätiologie mit chronischer Sonnenexposition assoziiert Akrolentiginöses Melanom Lokalisation an Handinnenflächen und Fußsohlen, sowie an Fingern und Zehen und unter den Nägeln wachsend Morphologie Hutchinson-Zeichen bei Nagelmelanom → Unterscheidung zwischen Nagelhämatom vs. Nagelmelanom → periunguale Pigmentierung Ätiologie Mutation im c-Kit Gen Melanomerkennung A Asymmetrie Asymmetrie der Veränderung B Begrenzung unregelmäßige Begrenzung? C Colorit uneinheitliche Pigmentierung (Polychromasie) D Durchmesser > 5 mm E Enlargement über dem Hautniveau? generell (schnelles?) Wachstum in alle Richtungen 58 Aber nicht alle Veränderungen der Muttermale können mit freiem Auge erkannt werden → deshalb immer das Auflichtmikroskop auspacken! Therapie des malignen Melanoms Therapie und - Tumordicke nach Breslow (Entfernung von der Tumoroberfläche bis zu Prognose den am tiefsten liegenden Tumorzellen) hängt ab von - LK-Metastasen - Fernmetasen Operative Therapie Kurative Intention → radikale Exzision mit hohem Sicherheitsabstand gegen lokale Rezidive Melanom in situ 0,5 cm Sicherheitsabstand Melanom < 1-2 mm 1 cm Sicherheitsabstand Melanom > 2,1 mm 2 cm Sicherheitsabstand Medikamentöse Therapie des metastasierten Melanoms Targeted Therapie bei BRAF Mutation → der BRAF Signalweg verursacht Wachstumsreize und Mitoseinduktion (mutiert → überaktiviert/unkontrolliert) BRAF-Inhibitoren Dabrafenib, Vemurafenib MEK-Inhibitoren Trametinib, Cobimetinib Immuntherapie CTLA-4 Immuncheckpoint der auf T-Zellen exprimiert wird → verhindert die Induktion der Immunantwort durch dendritische Zellen PD-1 kann durch den von Tumorzellen exprimierten PD-L1 die Immunreaktion der T-Zelle inhibieren 59 Immuntherapie hat den Vorteil, dass sie vom Mutationsstatus unabhängig eingesetzt werden kann! CTLA-4-Antikörper Ipilimumab PD-1-Antikörper Nivolumab, Pembrolizumab → bei malignen Melanomen werden CTLA-4 und PD-1 Antikörper auch kombiniert Therapie bei lokoregionären Metastasen Talimogene Laherparepvec (T-VEC) intraläsionär appl. HSV-1 basiertes onkolytisches Virus Wie verhindere ich es, zum malignen Melanom zu werden, wenn ich in die Sonne gehe? Oberstes Gebot = Sonnenbrand vermeiden - Mittagssonne meiden (11:00-15:00) - Schatten aufsuchen, aber auch im Schatten ist die UV-Strahlung bei 50% - reichlich Sonnenschutzmittel verwenden (Sonnenschutz Faktor 50) - im Gebirge und am Meer höheren Lichtschutzfaktor - Sonnenschutz durch Kleidung und Sonnenbrille - empfindliche Kinderhaut ist extrem schutzbedürftig → Säuglinge und Kleinkinder bis etwa 2 Jahre auf keinen Fall der direkten Sonne aussetzen - künstliche UV-Strahlung (Solarium) meiden Bonus: Sonnenschutzfaktor = Lichtschutzfaktor (LSF) = beschreibt, um ein Wievielfaches der Zeit man länger in der Sonne verbringen kann → LSF 20 bedeutet 20x länger in der Sonne bleiben zu können. Mit “20x” ist aber die Eigenschutzzeit gemeint → Eigenschutzzeit ist individuell extrem unterschiedlich → Hauttypen! Sonnencreme - richtige Anwendung - 30 min vor Exposition - 2 mg/cm2 Sonnenschutzmittel - für den Körper eines Erwachsene zirka 3 Esslöffel - nach den Schwimmen soll das Sonnenschutzmittel erneut in derselben Menge aufgetragen werden (auch bei wasserfesten Sonnenschutzmittel) - besonders Lippen, Ohren, Nase, Schulter, Fußrücken besonders gut eincremen 60 Nicht pigmentierte Hauttumore Dr. Jacqueline Oberneder-Popper Epidemiologie von

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