Grundlagen der Pneumologie - PDF

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This document, "Grundlagen der Pneumologie", is a 2022 update of a pulmonology study guide for medical professionals in training. It covers topics including physiology, anatomy, radiology, diagnostics, diseases, and therapies in the field of pulmonology. The document is intended to serve as a practical introduction.

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0 Grundlagen der Pneumologie Inhaltsverzeichnis Vorwort...................................................................................................................... 3 GRUNDLAGEN...................................................................

0 Grundlagen der Pneumologie Inhaltsverzeichnis Vorwort...................................................................................................................... 3 GRUNDLAGEN............................................................................................................ 5 1.1 Physiologie.......................................................................................................... 6 1.2 Anatomie............................................................................................................. 7 1.3 Thoraxröntgen..................................................................................................... 8 1.4 Anamnese & Status.......................................................................................... 10 1.5 Synopsis klassischer Befundkonstellationen.................................................... 12 SYMPTOME............................................................................................................... 14 2.1 Thoraxschmerz................................................................................................. 15 2.2 Dyspnoe............................................................................................................ 18 2.3 Husten............................................................................................................... 19 2.4 Hämoptysen / Hämoptoe.................................................................................. 22 UNTERSUCHUNGSTECHNIKEN.............................................................................. 23 3.1 Blutgasanalyse.................................................................................................. 24 3.2 Funktionsdiagnostik.......................................................................................... 26 3.3 Bronchoskopie.................................................................................................. 37 ERKRANKUNGEN..................................................................................................... 42 4.1 Asthma.............................................................................................................. 43 4.2 COPD................................................................................................................ 46 4.3 Pulmonalembolie............................................................................................... 49 4.4 Pneumothorax................................................................................................... 57 4.5 Bronchitis, Pneumonie & Sepsis....................................................................... 60 4.6 Pleuraerguss..................................................................................................... 67 4.7 Interstitielle Lungenerkrankungen..................................................................... 74 4.8 Pulmonale Hypertonie....................................................................................... 79 4.9 Tuberkulose...................................................................................................... 84 4.10 Pneumologische Schlafmedizin – Schlafbezogene Atemstörungen............... 88 4.11 Lungenkarzinom.............................................................................................. 96 4.12 Zystische Fibrose.......................................................................................... 105 THERAPIEFORMEN................................................................................................ 107 5.1 Inhalationstherapie.......................................................................................... 108 5.2 Antimikrobielle Therapie und Impfungen in der Pneumologie......................... 112 5.3 Beatmung und Atemhilfen............................................................................... 119 1 Grundlagen der Pneumologie 5.4 Langzeitsauerstofftherapie.............................................................................. 129 5.5 Lungentransplantation..................................................................................... 134 5.6 Pneumologische Rehabilitation....................................................................... 138 Verzeichnis der Autor*innen.................................................................................. 145 Verzeichnis der Reviewer*innen........................................................................... 146 „Grundlagen der Pneumologie – eine Einführung für Ärzt*innen in Ausbildung“ Eine Publikation der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie 2. Auflage 2022 Stand: 15.12.2022 Eine Haftung seitens der Autorenschaft oder der Herausgeberin ist ausgeschlossen. Die Therapieverantwortung obliegt dem*der behandelnden Ärzt*in. 2 Grundlagen der Pneumologie Vorwort Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich präsentiere Ihnen mit großer Freude die neue Ausgabe des Skriptums „Grundlagen der Pneumologie“. Die Initiative zu diesem Dokument ging 2015 von Dr. Andreas Faze- kas aus, der dann auch die erste Version erstellt hat. Dr. Gregor Rudelstorfer hat als ÖGP Vertreter der Ärzt*innen in Ausbildung dann die vorliegende Aktualisierung initiiert. Ich danke beiden herzlich für ihre Arbeit und ihr Engagement. Im letzten Jahr hielt das Präsidium der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie es für notwendig, das Skriptum zu aktualisieren und an manchen Stellen zu ergänzen bzw. zu überarbeiten. Junge und erfahrenere Mitglieder der ÖGP haben daran mitgear- beitet. Vielen herzlichen Dank sowohl an die Autor*innen als auch an die Reviewer*in- nen für ihre wertvolle Arbeit. Wichtig zu erwähnen ist auch die redaktionelle Arbeit von Mag. Irene Czurda (ÖGP Gesellschaftssekretariat bei Fa. Mondial), welche es ermög- licht hat, dass die Leserinnen und Leser eine einheitliche Arbeit in die Hand nehmen können. Ziel des Skriptums ist, dass besonders die jungen Kolleginnen und Kollegen, die noch wenig Erfahrung im Bereich der Pneumologie haben, eine praktische Einführung in die pneumologischen Untersuchungsmethoden, wichtigsten Krankheiten und Therapie- möglichkeiten bekommen. Es ersetzt nicht Fachbücher oder die aktuellen Leitlinien, ist aber hoffentlich eine praktische Hilfe im Alltag. Wir planen, das Skriptum in Zukunft jährlich zu revidieren und zu aktualisieren und damit durchgehend ein hilfreiches Tool anzubieten. Ich wünsche Ihnen, dass das Skriptum Ihnen hilft, Ihre Patient*innen noch besser be- treuen zu können und in der Medizin noch mehr Freude zu haben. Mit herzlichen Grüßen Gabor Kovacs Präsident der ÖGP November 2022 3 Grundlagen der Pneumologie 4 Grundlagen der Pneumologie KAPITEL 1 5 Grundlagen der Pneumologie 1.1 Physiologie A Fazekas Wozu atmen…? Der Körper benötigt Energie zum Aufrechterhalten lebenswichtiger Prozesse, wie z.B. Muskel- und Nervenaktivität und Metabolismus. Unter aeroben Bedingungen wird diese Energie fast ausschließlich aus der Oxidation von Zucker, Protein und Fett gewonnen. Als Beispiel wird hier die Oxidation von Zucker dargestellt: Zucker + Sauerstoff → Wasser + Kohlendioxid + Energie C6H12O6 + 6(O2) → 6(H20) + 6(CO2) [+ 36-38xATP] ATP = Adenosintriphosphat als Energieträger Diese Reaktion findet in den Mitochondrien der Körperzellen statt und entspricht vom Prinzip her einem Spiegelbild der Photosynthese. Sauerstoff (O2) muss aus der Umge- bung aufgenommen werden und das anfallende Kohlendioxid (CO2) wieder abgeatmet werden. Der Transport der Komponenten erfolgt über das Blut. Die Aufgabe der Lunge in diesem Zusammenhang ist die Oxygenierung und Decarboxylierung des Blutes. Da- mit die Lunge dieser Funktion gerecht werden kann, bedarf es weiterer Komponenten, die in ihrer Gesamtheit das Atmungssystem ausmachen. Die Koordination der Atmung erfolgt über das Atemzentrum in der Medulla oblongata. Das Atemzentrum erhält eine Reihe neuronaler Afferenzen, wobei der wichtigste Atem- stimulus ein erhöhtes arterielles CO2 ist, welches über Chemorezeptoren im Sinus Ca- roticus, einem speziellen Sinnesorgan in der Carotisgabel, gemessen wird. Über den N. phrenicus wird das Zwerchfell als wichtigster Atemmuskel innerviert. Die beiden Pleurablätter halten mittels des zwischen ihnen herrschenden Kapillareffektes die Lunge in Position und vermitteln die Exkursion des Zwerchfells und des Thorax als Halteapparat. Schließlich muss die Durchblutung der Lunge durch ein ausreichendes Herzzeitvolumen sowie patente Lungengefäße und eine gleichmäßige Verteilung in alle Areale gewährleistet sein. Ein ausreichender Hämoglobingehalt ist von Nöten, um die O2-Transportaufgabe des Blutes zu erfüllen. Um Sauerstoff aus der Umgebung aufzu- nehmen, sowie das anfallende Kohlendioxid abzugeben, müssen die Alveolen ventiliert werden. Unter der Voraussetzung von offenen Atemwegen führt die Kontraktion des Zwerchfells maßgeblich zur Ausdehnung der Lunge und damit zur Inspiration. Die Ex- spiration erfolgt unter normalen Bedingungen ohne weiteren Energieaufwand durch die elastischen Rückstellkräfte von Lunge und Thorax und ansonsten durch die exspirato- rischen Muskeln im abdominellen und thorakalen Bereich. Aufgrund der großen Kontaktfläche zur Umwelt erfüllt die Lunge auch eine wichtige im- munologische Aufgabe. Die Lunge hat auch eine wichtige Entgiftungsfunktion über Cyp1A1 und weitere Enzyme wie etwa das Angiotensin Converting Enzyme (ACE). Wei- ters dürfte die Lunge als Reservoir für Megakaryozyten zur Produktion von Thrombozy- ten eine Rolle spielen. 6 Grundlagen der Pneumologie 1.2 Anatomie A Fazekas Die rechte Lunge besteht aus Ober-, Mittel- und Unterlappen. Die linke Lunge besteht aus einem Oberlappen mit Lingula und einem Unterlappen. Die anatomische Zuordnung der verschiedenen Lappen gelingt im Röntgen durch Kombination aus p.a. und Seitbild. Das große, schräge Interlobium verläuft im Seitbild schräg von „hinten oben“ nach „vorne unten“ und teilt rechts den Ober- & Mittellappen vom Unterlappen. Linksseitig teilt es den Oberlappen und die Lingula vom Unterlappen. Auf der rechten Seite werden Ober- & Mittellappen durch das kleine, horizontale Interlobium getrennt. Die rechte Lunge besteht aus insgesamt 10 Segmenten, der linken Lunge fehlt das 7. Segment (= mediobasales Unterlappensegment), anatomisch wird dadurch Platz für das Herz gelassen. Eine Zuordnung einzelner Segmente im CT erfolgt mit Hilfe der zuführenden Bronchien. Abb. 1.2.1 Lappenzuordnung im Thoraxröntgen: Oberlappen – horizontal gestreift rot Mittellappen & Lingula – vertikal gestreift grün Unterlappen – flächig gelb 7 Grundlagen der Pneumologie 1.3 Thoraxröntgen A Fazekas Thoraxröntgen p.a. – Normalbefund Abb. 1.3.1 Quelle: Assoz.Prof. Priv.-Doz. Dr. Helmut Prosch Um das Herz anatomisch möglichst korrekt darzustellen, wird es bei der Aufnahme nah an die Bildplatte gebracht und die Strahlenquelle kommt von posterior mit relativ viel Abstand zum Körper. Insofern werden die Aufnahmen bevorzugt im posterior-anterioren („p.a.“) Strahlenverlauf bzw. und in der seitlichen Aufnahme von rechts nach links auf- genommen. 8 Grundlagen der Pneumologie Thoraxröntgen seitlich – Normalbefund Abb. 1.3.2 Quelle: Assoz.Prof. Priv.-Doz. Dr. Helmut Prosch Weitere Röntgenbeispiele unter radiopaedia.org und radiologymasterclass.co.uk 9 Grundlagen der Pneumologie 1.4 Anamnese & Status OC Burghuber, A Fazekas Anamnese und Status sind die wichtigsten Wegweiser in der Diagnosefindung. Anamnese Neben der üblichen internistischen Anamnese sollen bei jede*r Patient*in der Pneumo- logie die folgenden Punkte explizit exploriert & dokumentiert werden: Atemnot Seit wann? Plötzlich/schleichend? Durchgehend/intermittierend? In Ruhe? Bei welcher Belastung? Gehstrecke limitiert durch Atemnot? Thoraxschmerz Seit wann? plötzlich? Stumpf/scharf? Mit Einatmung assoziiert? Durch Druck auslösbar? Lageabhängig? Bei Belastung schlimmer? Husten/Auswurf Seit wann? Trocken/produktiv? Farbe? Menge? Seit wann? Blutbeimengung? Hämoptysen Seit wann? Wieviel? Wie oft? Rauchen Wie viele Jahre insgesamt? Wieviel im Durchschnitt? Wann aufgehört? 1 pack year = täglich 1 Schachtel zu 20 Zigaretten über 1 Jahr Umwelt/Arbeit Asbest? Schimmel? Industriestaub? Haustiere? Beruf? B-Symptomatik Ungewollter Gewichtverlust von min. 10 %? Über 6 Monate Nachtschweiß, der einen Wechsel der Bettwäsche bedingt? Fieber über 38°C unklarer Genese? Beine Schwellung? Rötung? Überwärmung? Schmerz? Tabelle 1.4.1 Status Die klinischen Zeichen verschiedener Lungenerkrankungen lassen sich leichter verste- hen, wenn man sich einige wenige physikalische Grundprinzipien vor Augen führt. Be- treffend der Auskultation sollte man bedenken, dass Schall in Flüssigkeiten besser ge- leitet wird als in Luft. Weiters stellen Grenzen zwischen zwei Medien unterschiedlicher Dichte (z.B. luftgefüllte Lunge und angrenzender Pleuraerguss) ein Hindernis für den Übertritt der Schallwellen dar, da diese an der Grenze zurückreflektiert werden und so schlechter vom Ort der Entstehung zum Ohr des Untersuchers geleitet werden. Insofern werden z.B. bei Auskultation über einem Pleuraerguss die Atemgeräusche vermindert oder gar nicht hörbar sein. Absente Atemgeräusche finden sich auch über einem Pneumothorax, hier wirkt die abnorme Luftansammlung im Pleuraspalt als ein nahezu unüberwindbares Hindernis für die Schallwellen des Atemgeräuschs. Interponiert sich andererseits ein pneumonisches Infiltrat (Flüssigkeit) zwischen Bronchien und dem Ste- thoskop, so werden die bronchialen Atemgeräusche besser an die Pleura fortgeleitet, auch der Dichteunterschied und der damit verbundene Schallverlust an der Grenze 10 Grundlagen der Pneumologie Lunge und Thoraxwand wird gemindert, insofern hört man über einer Pneumonie tiefer „bis in die Bronchien hinein“ im Sinne eines verschärften, bronchialen Atemgeräusches. Prinzipiell unterscheidet man in der Auskultation ein Atemgeräusch von möglichen Atemnebengeräusche (siehe Tabelle 1.4.1). Bei der Perkussion findet sich über Luft ein sonorer Klopfschall, über Wasser ein fehlender „gedämpfter“ Klopfschall (Schenkel- schall). Ein Pneumothorax wird sich so als hypersonorer Klopfschall darstellen (Schach- telton), ein Pleuraerguss hingegen führt zu einer Klopfschalldämpfung. Beim üblichen internistischen Status fällt besonderes Augenmerk auf folgende Berei- che: Zahnstatus Wichtig im Hinblick auf eine Bronchoskopie/Intubation. Prothesen? Dentogene Keime (z.B. Actinomyces, Fusobacterium) können Ausgangspunkt für thorakale Infektionen sein. Hals Eine ausgedehnte Struma kann zu Atemwegsobstruktion führen. Halslymphknoten sowie supraclavikuläre LK sind zu ertasten: Größe? Konsistenz? Verschieblichkeit? Obere Einflussstauung? Herz Rhythmisch? Geräusche? Thorax Deformitäten? Schmerz? Lunge Atemgeräusch: Vesikuläratmung: fein, rauschend (Normalbefund) Bronchialatmen: schärfer, lauter (z.B. über Pneumonie) Trachealatmen: noch schärfer, noch lauter Vermindert / substanzarm: Emphysem, höhergrad. COPD Absent: Pneumothorax Atemnebengeräusche: Rasselgeräusche (feinblasig bei Pneumonie, mittelblasig bei Bronchitis, grobblasig bei alveolärem Lungenödem) Knistern (Fibrose) Giemen (exspiratorisches Pfeifen bei Atemflusslimitierung in den peripheren kleinen Atemwegen) Stridor (inspiratorisches Pfeifen bei Atemflusslimitierung in den großen zentralen Atemwegen) Perkussion: sonor (normal) gedämpft (Erguss, Pneumonie) hypersonor (Pneumothorax) Verschieblichkeit der Basen während der Atemexkursion Atmung Atemfrequenz (normal ca. 12/min) Symmetrische Thoraxexkursion? Hinzuziehen der Atemhilfsmuskulatur (Hervortreten des Sternocleidomastoideus / Armaufstützen?) Paradoxe Atmung (Juguläre & intercostale Einziehungen bei Inspiration? Finger Trommelschlegelfinger? Uhrglasnägel? Nikotinverfärbung? Beine Ödem (uni-/bilateral)? Schwellung? Rötung? Überwärmung? Schmerz? Haut Zyanose? Blässe? Ikterus? Tabelle 1.4.1 11 Grundlagen der Pneumologie 1.5 Synopsis klassischer Befundkonstellationen A Fazekas, H Koller ENTITÄT KLINIK AUSKUL- PER- RADIOLOGIE TATION KUSSION Normalbefund Unauffällig VA SKS Altersentsprechender Befund Höhergrad. Dyspnoe bei Substanzarmes (HSKS) Überblähung, abgeflachtes COPD Belastung AG Diaphragma, erweiterter Retrosternalraum Exazerbierte (Produktiver) Exspiratorisches (HSKS) Wie bei höhergrad. COPD, bei COPD Husten und Giemen, infektbedingter Exazerbation Atemnot über verlängertes ggf. zusätzlich Infiltrat den Normal- Exspirium, ggf. zustand hinaus, pneumonische Pfeifende RGs Atmung, erhöhte Atemfrequenz Pneumonie Fieber, Husten, Feinblasige (KSD) Infiltrat, Aerobronchogramm, gelb-grünlicher RGs, ggf. parapneumonischer Auswurf, Abge- Bronchialatmen Pleuraerguss schlagenheit Pneumothorax Stechender Vermindertes HSKS Erhöhte Transparenz sowie Thoraxschmerz, bis absentes Fehlen von Lungengefäßen im Dyspnoe Atemgeräusch Pneumothoraxgebiet. Sichtbare Pleura visceralis („white line“) an der Grenze Lunge/Pneumothorax Spannungs- Stechender Tho- Stark HSKS Shift des Mediastinums inkl. pneumothorax rakalschmerz, vermindertes bis Trachea zur kontralat. Seite; Dyspnoe, ggf. absentes ipsilateral erweiterte Schockzeichen Atemgeräusch Interkostalräume Lungenödem Brodelndes Grobblasige SKS, event. Kardiomegalie, prominente Atemgeräusch, RGs KSD zentrale Gefäße, Unschärfe deutliche des Herzrandes und der Dyspnoe, Gefäße, basoapikale kaltschweißig Blutumverteilung, Kerley-B Linien, Interstitielle Zeichnung bzw. flächiges alveoläres Verschattungsmuster 12 Grundlagen der Pneumologie Pulmonal- Atemnot, Vesikulär- SKS Thoraxröntgen meist bland; embolie (PE) Tachykardie, atmung, keine ggf. Gefäßabbruch Hyperventilation, Nebenge- („Westermark Sign“) bzw. Pleuritischer räusche dreieckige pleuraständige Schmerz, ggf. Verschattung („Hampton’s gleichzeitig Hump“). In der CT KM- Zeichen einer Aussparung im betroffenen TBVT, ggf. Gefäß Hämoptysen Pleuraerguss Atemnot, Stark KSD Verschattung des thorakaler Druck vermindertes costophrenischen Winkels mit & Schmerz AG nach lateral ansteigender Begrenzung (Meniskuszeichen); bei gleichzeitigem Pneumothorax im Sinne eines Fluidopneumothorax fällt der Meniskus weg und der Flüssigkeitsspiegel wird durch den Pneu flachgedrückt. Bei größerem Erguss Verschattung der angrenzenden Lungenanteile und Gefäßstauchung IPF - Idiopathic Langsam Knistern SKS „UIP - Usual Interstitial Pulmonary fortschreitende (basalbetont) Pneumonia“ Muster: Fibrosis Atemnot, trocke- Fibrotisch-interstitielle ner Husten, Zeichnung, basal & peripher Trommelschle- betont, Traktionsbronchiek- gelfinger, tasien, peripheres Honey- Uhrglasnägel combing, wenig Milchglas Tuberkulose Fieber, Eventuell RGs SKS Typischerweise OL-betontes Nachtschweiß, kleinfleckig konfluierendes Hämoptysen, Infiltrat, ggf. Kavernen Gewichtsverlust Tabelle 1.5.1 Abkürzungen: AG – Atemgeräusch, KSD – Klopfschalldämpfung, HSKS – Hypersonorer Klopfschall RG – Rasselgeräusch, SKS – Sonorer Klopfschall, VA –Vesikuläre Atmung 13 Grundlagen der Pneumologie KAPITEL 2 14 Grundlagen der Pneumologie 2.1 Thoraxschmerz M Zwilak Der Thoraxschmerz stellt ein häufiges Symptom von Patient*innen mit pulmonalen Vor- erkrankungen dar. Die „Big Five“ des akuten Thoraxschmerzes müssen diagnostiziert und gegebenenfalls sofort therapiert werden. Hierzu zählen das akute Koronarsyndrom (ACS), die Pulmonalarterienembolie (PAE), das akute Aortensyndrom, der Spannungs- pneumothorax und die Ösophagusruptur. Initial steht bei instabilen Patient*innen (Anzeichen für Schock, Vigilanzminderung) die sofortige Stabilisierung im Vordergrund. Eine zielgerichtete Anamnese sollte primär mit der weiteren Diagnostik bzw. mit den einzuleitenden Sofortmaßnahmen simultan ein- hergehen. Der folgend angeführte Algorithmus dient als Beispiel eines möglichen diffe- renzialdiagnostischen Vorgehens und kann Hinweise hinsichtlich Differenzierung zwi- schen kardialem und extrakardialem Thoraxschmerz liefern. Thoraxschmerz Instabil Stabil - Art. Hypotonie RR syst. < 90mmHg - Atemfrequenz > 25/min - Marmorierung der Haut supportive - GCS < 13 Maßnahmen i.v. Zugang (wie zB O2-Gabe, Diagnostik Analgesie) Weiteres Vorgehen mittels ABC Schema lt. ACLS (Familien-, Technische Schmerz-) Status Labor Untersuchungen Anamnese Lokalisation und Röntgen/CT Ausstrahlung Sonographie plötzlich oder Vitalparameter BB, Elektrolyte (Lungen-US, progredient inkl. RR, Echo, Beinvenen- Kard. Marker US) Schmerzqualität BZ, HF, SpO2 (hs TropT/I, Auskultation/ CK-MB) EKG inkl. veg. Begleit- Perkussion Verlaufs-EKG, symptomatik ggf. D-Dimer, ggf. erweiterte Schmerz durch Anzeichen einer BGA, NT-proBNP Ableitungen Druck oder At- TVT und CRP (rechtsventriculär mung auslösbar? / posterior), AP-Symptomatik STEMI-Äquivalent Abb. 2.1.1 15 Grundlagen der Pneumologie Die Primärdiagnostik besteht somit aus 4 wichtigen Pfeilern: Anamnese Status Labor Technische Untersuchungen inkl. Bildgebung und EKG Nachdem der*die Patient*in stabilisiert ist, erfolgt die strukturierte Anamnese. CAVE: vor allem Frauen oder Diabetiker*innen mit einem ACS sind oft asymptomatisch bzw. stellen sich mit unspezifischen Beschwerden vor (Oberbauchbeschwerden, Übel- keit/Erbrechen). Die Qualität des klassisch kardial bedingten Thoraxschmerzes wird ge- wöhnlich als dumpfer Druck bzw. als Beklemmungsgefühl mit Ausstrahlung in den Arm und/oder Kiefer charakterisiert. Hingegen lässt sich der Schmerz aufgrund einer extrakardiopulmonalen Ursache oft präzise lokalisieren und wird als Messerstich ange- geben (lässt man den*die Patient*in den Schmerz lokalisieren und er*sie zeigt mit dem Zeigefinger auf eine spezifische Stelle → eher extrakardiopulmonal, berührt der*die Pa- tient*in mit der flachen Hand den Thorax, weil der Schmerz nicht genau lokalisieren werden kann → eher kardiopulmonal). Atemabhängige Schmerzen deuten auf eine Pul- monalembolie bzw. Pleuritis hin. Ein EKG (innerhalb von 10 min nach erstem med. Kontakt) zählt zur Standarddiagnos- tik. Bei nicht wegweisenden Veränderungen kann eine Erweiterung der Ableitungen z.B. nach posterior oder rechtskardial aufschlussreich sein (z.B. bei unspezifischen Senkun- gen über der Vorderwand) (1). Ein Verlaufs-EKG (nach z.B. 30 min) sollte großzügig aufgezeichnet werden. Bei der Bestimmung der kardialen Troponine zählt nicht nur die absolute Höhe (je nach verwendeten Assay), sondern auch die zeitliche Änderung zum Zeitpunkt 0 und nach 1h. Jedoch korreliert die Höhe des hsT mit der Wahrscheinlichkeit eines ACS. Werte über der 5-fachen Norm besitzen einen hohen positiven prädiktiven Wert (1). Bei nied- riger oder mittlerer Vortestwahrscheinlich (kürzliche TEP, Immobilisation, Thrombose als Vorerkrankungen) kann zum Ausschluss einer Pulmonalarterienembolie ein alters- adjustiertes D-Dimer bestimmt werden. Einen hohen Stellenwert der Diagnostik nimmt der Ultraschall ein. Mittels Echokardio- graphie lassen sich z.B. regionale Wandbewegungsstörungen, ein hämodynamisch wirksamer Perikarderguss bzw. eine Dissektionsmembran bei einer Aortendissektion detektieren. Mittels Lungensonographie lässt sich differenzialdiagnostisch ein Span- nungspneumothorax (fehlendes Lungengleiten, Stratosphere- oder Barcode-sign) nachweisen. Die Pleurasonographie kann selbst einen sehr geringen Pleuraerguss de- tektieren. Eine Duplexsonographie der tiefen Beinvenen kann zur nicht-invasiven Ab- klärung einer Pulmonalarterienembolie verwendet werden. Ein Thoraxröntgen liefert Hinweise auf ein mögliches Infiltrat (Pneumonie), Pneumothorax, Mediastinalemphy- sem (Ösophagusruptur) oder auf eventuell rezente Rippenfrakturen. Mit Hilfe dieser systematischen Abhandlung und hilfreicher klinischer Scores (u.a. Wells-Score, HEART-Score (2)) können frühzeitig vital bedrohliche Ursachen ein- bzw. ausgeschlossen werden. Eine Kombination von diagnostischen Kriterien führt zur end- gültigen Diagnose. 16 Grundlagen der Pneumologie Die Abgrenzung zu weniger akuten Krankheitsbildern stellt sich im klinischen Setting häufig als Hürde dar. Als Differenzialdiagnose kommen u.a. gastrointestinale (Re- fluxösophagitis, Magen-/Duodenalulzera, vertebrale (Rippenfrakturen/Kontusionen), pulmonale (Pneumothorax, Pneumonie, Pleuritis) und psychische Ursachen in Frage. Literatur (1) Ibanez B, James S, Agewall S et al. 2017 ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST-segment elevation: The Task Force for the management of acute myocardial infarction in patients present- ing with ST-segment elevation of the European Society of Cardiology (ESC) (2) Collet JP, Thiele H, Barbato E et al. 2020 ESC Guidelines for the management of acute coronary syndrome in patients presenting without persistent ST-segment el- evation. Eur Heart J 2020. 17 Grundlagen der Pneumologie 2.2 Dyspnoe A Fazekas, GC Funk, I Sperk Dyspnoe ist ein Alarmsignal. Atemnot entsteht, wenn das ZNS die Rückmeldung vom Körper bekommt, dass zu viel CO2, zu wenig O2 bzw. ein zu niedriger pH im Blut vor- liegt. Ein strukturiertes Herangehen hilft, schnell zu einer Diagnose zu kommen und insbe- sondere lebensbedrohliche Ursachen auszuschließen. Oberste Priorität hat die Siche- rung des Atemweges sowie die Erhaltung einer suffizienten Oxygenierung. Die Abklä- rung deckt sich weitgehend mit jener des Thoraxschmerzes (siehe vorherige Seite). Als behandelnde*r Ärzt*in sollte man sich ein Bild darüber machen, seit wann die Atem- not besteht und wie rasch sie aufgetreten ist. Begleitende Symptome v.a. Thora- xschmerzen, Husten, Fieber, Auswurf müssen erfragt werden. Bei der körperlichen Un- tersuchung ist besonders auf Lunge, Herz, Atemmuster, Hautkolorit und Beine zu ach- ten (Details siehe Kapitel „Status & Anamnese“). Die SpO2 muss erhoben werden. Ziel ist zumeist, die Sättigung mit etwaiger O2-Gabe bei 92–96 % bzw. einem paO2 von 60– 90mmHg zu halten. Der Blutdruck muss ge- messen werden, eine BGA und ein Thoraxröntgen durchgeführt werden. EKG, Troponin und BNP helfen, kardiale Ursachen der Atemnot ausfindig zu machen. Anhand der Blut- gasanalyse bzw. des Blutbildes lässt sich eine Anämie erkennen. Mit einem negativen D-Dimer lässt sich in der Regel ein thrombotisches Ereignis ausschließen. Eine CT nach dem PE-Protokoll (bzw. ein VQ-Scan) kann eine Pulmonalembolie nachweisen. Die Therapie der Atemnot richtet sich nach der zugrundeliegenden Diagnose. Wichtige & häufige Ursachen der Atemnot: - Exazerbation bei COPD / Asthma - Herzinsuffizienz / Kardiale Stauung / Lungenödem / KHK - Pneumonie - Pulmonalembolie - Pneumothorax - Herzinfarkt - Anämie 18 Grundlagen der Pneumologie 2.3 Husten L Antoniewicz Husten ist ein Reflex zur mechanischen Reinigung der Atemwege, er findet sich bei einer Vielzahl von pneumologischen und nicht-pneumologischen Erkrankungen. Je nach Dauer wird er unterteilt in: Akuter Husten: < 2 Wochen Subakuter Husten: 2–8 Wochen Chronischer Husten > 8 Wochen Ursachen Akuter Husten Subakuter Husten Chronischer Husten Erkrankung Erkrankung Erkrankung Atemwege/Lunge Atemwege/Lunge Atemwege/Lunge Bronchitis (viral, bakte- Postinfektiöser Chronische Bronchitis riell) Husten (vorüber- COPD Aspiration (Magensaft, gehende bronchi- Asthma Fremdkörper) ale Hyperreagibi- Lungentumore Inhalationsschaden lität) Mykobakterien-Infektion (Brandrauchinhalation) Pertussis Interstitielle Lungenerkrankung Pulmonalembolie Pleuritis Bronchiektasien Pneumonie Rhinosinusitis Cystische Fibrose Pneumothorax Extrapulmonale Extrapulmonale Ursachen Ursachen Gastroösophagealer Reflux (GERD) Lungenstauung Vocal cord dysfunction Chronische Rhinosinusitis / Postna- sal drip Syndrom Nebenwirkung von Medikamenten Psychogener Husten Tabelle 2.3.1: Übersicht über verschiedene Ursachen für Husten. Man bedenke, dass sämtliche Ursa- chen bei allen Husteneinteilungen vorkommen können. Abklärung Akuter/subakuter Husten Die Ursachen können mannigfaltig sein. Bei Alarmzeichen (wie folgt) sollte eine umge- hende Abklärung und ggf. Einweisung ins Krankenhaus erfolgen. Hämoptysen Ruhedyspnoe, Zyanose (Pulsoxymetrie) Heiserkeit (Malignom?) Vd. a. Pneumonie oder Tuberkulose Fieber> 38,5°C Immundefizienz (HIV, Immunsuppression) Akute Herzinsuffizienz (Ödeme) Akute Intoxikation, Aspiration 19 Grundlagen der Pneumologie Die häufigste Ursache sind jedoch virale Infekte der oberen Atemwege. Hier kann eine symptomatische Therapie erfolgen: bei Reizhusten können va wenn gleichzeitig Einschlafstörungen bestehen, Codein-Präparate oder Noscapin zur Linderung beitra- gen. In klinischen Studien ist der Husten-dämpfenden Effekt jedoch meist nicht besser als unter Placebo. Bei viskösem Schleimauswurf kann eine mukolytische Therapie mit z.B. Phytopharmaka (Efeu, Thymian, Primel) Abhilfe schaffen. Synthetische Expek- torantien wie N-Acetylcystein oder Ambroxol/Bromhexin werden oft eingesetzt, haben jedoch keinen nachgewiesenen Effekt auf die Schleimproduktion. Asthmatiker*innen sollten bei Husten und Infekten vermehrt ihren Bedarfs-Inhalator mit Inhalationssteroiden und Beta-Agonisten verwenden. Chronischer Husten Patient*innen mit chronischem Husten haben einen sehr hohen Leidensdruck und oft bedarf es einer umfassenden Abklärung, bis die Ursache gefunden wird: Detaillierte Anamnese (Exposition? Beruf? Reflux? nasale Beschwerden? Aller- gie? Medikamente? usw.) Medikamente, die Reizhusten verursachen (z.B. ACE-Hemmer, Inhalative Medi- kamente, Methotrexat, Amiodaron, Kalziumantagonisten & Biphosphonate kön- nen eine GERD verstärken) Spirometrie mit Bodyplethysmographie (COPD? Asthma? Restriktive Lungener- krankung?) EKG, ggf. Herzecho (Herzinsuffizienz? Pulmonale Hypertonie?) CT-Thorax (Interstitielle Lungenerkrankung? Bronchiektasien? Malignität?) Bei Refluxbeschwerden: Gastroskopie, Ösophagusmanometrie, pH-Metrie HNO-Begutachtung: Rhinitis/Sinusitis? Bei Tagesschläfrigkeit: Nächtliche Polygraphie (Schlafapnoe?) Allergieabklärung Logopädische Begutachtung Spirometrie mit Provokation (Bronchiale Hyperreagibilität?) Die Therapie des chronischen Hustens gestaltet sich oft schwierig. Die zugrundelie- gende Ursache sollte bestmöglich behandelt werden. Rauch- und Expositionska- renz sollten angestrebt werden. Husten vermeidende Atemtechniken könne im Rah- men der Atemtherapie erlernt werden. Inhalative Corticosteroide werden bei der nicht-asthmatischen eosinophilen Bronchitis mit chron. Husten empfohlen und auch als Therapieversuch bei chron. unspezif. Hus- ten. Bei chron. Rhinosinusitis/Postnasal-drip-Syndrom werden intranasale Glucocorti- coide empfohlen. Bei GERD sollte eine Suppression der Magensäure mittels Proto- nenpumpenhemmer durchgeführt werden. Bei Motilitätsstörungen des Ösophagus können Prokinetika wie Metoclopramid oder Domperidom versucht werden. Schluss- endlich können neuromodulatorische Therapien mit Morphin, Gabapentin oder Prega- balin angewandt werden. Literatur Irwin, R.S., et al., Classification of Cough as a Symptom in Adults and Management Algorithms: CHEST Guideline and Expert Panel Report. Chest, 2018. 153(1): p. 196- 209 20 Grundlagen der Pneumologie Kardos, P., et al., Guidelines of the German Respiratory Society for Diagnosis and Treatment of Adults Suffering from Acute, Subacute and Chronic Cough. Pneumologie, 2019. 73(3): p. 143-180 Morice, A.H., et al., ERS guidelines on the diagnosis and treatment of chronic cough in adults and children. Eur Respir J, 2020. 55(1) 21 Grundlagen der Pneumologie 2.4 Hämoptysen / Hämoptoe I Sperk Bluthusten ist ein sehr ernstzunehmendes Zeichen. Differenzialdiagnostisch kommen Infektionen der oberen und unteren Atemwege, Tumore der Atemwege sowie eine Pul- monalembolie bzw. Herzinsuffizienz in Frage. Nicht selten kann z.B. eine laufende An- tikoagulation mit gleichzeitigem Infekt der Atemwege als Ursache gedeutet werden, zu- meist wird aber eine bronchoskopische Abklärung angestrebt. Alternative Blutungsquel- len wie etwa Nasen-Rachen-Raum oder Speiseröhre/Magen müssen in Betracht gezo- gen werden. Bei Patient*innen, die akut wegen Hämoptysen aufgenommen werden, empfiehlt sich folgendes Vorgehen: Laborabnahme inkl. BB, Chemie, Gerinnung, proBNP, Blutgruppenbestimmung, ggf. EKs auf Abruf reservieren Art. BGA: einige BGA-Geräte können rasch das Hb bestimmen Großlumiger kubitaler IV-Zugang Thoraxröntgen bzw. CT mit KM (nach Rücksprache mit Fachärzt*in) Nüchtern lassen für zeitnahe Bronchoskopie Spuckbecher zum Sputumsammeln, um die Blutmenge abzuschätzen Sputum ad Zyto & Antibiogramm (ggf. auch ZN/Auramin, PCR und Kultur auf Mykobakterien) Laufende Antikoagulation nach Möglichkeit pausieren, ggf. reversieren Ggf. Blutdruck-Medikation adaptieren bei tendenziell hypertensiven RR-Werten Exakte und rasche Anamnese, die folgende Fragen beinhalten sollte: 1. Menge: < 100ml/die oder > 150ml/h? CAVE: Wenn der*die Patient*in vor dem ärztlichen Personal eine Nierentasse voller Blut aushustet, dann ist damit zu rechnen, dass der*die Patient*in akut bedroht ist. Ab 150ml/h besteht die absolute vitale Indikation umgehend eine therapeutische Bronchoskopie und/oder Bronchialisangiographie zu veranlas- sen. 2. Zeitpunkt: akut? subakut? Thorax-Schmerz? Möglicherweise PE dahinter? (Wells Score!) 3. HNO- und GIT-Anamnese 4. Lungenerkrankung vorbekannt? 5. Infektsymptomatik Literatur Valipour A, Kreuzer A, Koller H, Koessler W, Burghuber OC. Bronchoscopy-guided top- ical hemostatic tamponade therapy for the management of life-threatening hemoptysis. Chest. 2005 Jun;127(6):2113-8. 22 Grundlagen der Pneumologie KAPITEL 3 23 Grundlagen der Pneumologie 3.1 Blutgasanalyse M Hochrainer, O Schindler, A Fazekas, GC Funk Die Blutgasanalyse ermöglicht eine schnelle, bettseitige („Point-of-care“) Beurteilung von Säure-Basen-Haushalt, Oxygenierung und Ventilation. Zum Verständnis der mög- lichen Pathologien in der BGA ist es nützlich, sich eine „vereinfachte Kohlensäurefor- mel“ vor Augen zu führen: CO2 + H20 ↔ H2CO3 ↔ H+ + HCO3 Kohlendioxid plus Wasser (aus dem Blut) ergibt Kohlensäure. Diese dissoziiert in die sauren Wasserstoff-Ionen (= Protonen) und die (schwache) Base Bikarbonat. Wenn das CO2 schlecht abgeatmet wird und im Blut akkumuliert, wird das Blut sauer = Azidämie. Gegensteuernd kann die Niere vermehrt HCO3 einbehalten und so „metabolisch kom- pensieren“ – dieser Prozess dauert allerdings Tage. Entnahme BGA-Proben sollten aus zumindest 250µl (Microsampler) oder 1ml (heparinisierte Spritze) bestehen und blasenfrei abgenommen werden. Die Blutgasanalyse wird in der Regel arteriell von der A. radialis gestochen. Die kollate- rale Blutversorgung der Hand durch u.a. die Art. ulnaris führt dazu, dass es praktisch keine Kontraindikation gegen die Punktion der Art. radialis gibt. Alternativ kann die Art. brachialis oder im Notfall die Art. femoralis punktiert werden, hier sind ggf. längere Na- deln zu verwenden und auf eine ausreichende Kompression nach Punktion zu achten - unter Bedacht, dass diese Gefäße keine Kollateralversorgung aufweisen. Einzelwerte pH Der pH-Wert mit dem Normbereich 7,35-7,45 ist der negative dekadische Logarith- mus der Wasserstoffionenkonzentration im Blut. Je niedriger der pH-Wert ist, umso mehr freie Wasserstoffionen (H+) liegen also vor und umso saurer ist das Blut. Bei Wer- ten unter 7,35 spricht man von einer Azidämie. Werte unter 7,1 sind aufgrund von Stö- rungen der Proteinfunktion nur kurz mit dem Leben vereinbar. Werte über 7,45 werden als Alkalämie bezeichnet. Werte über 7,7 sind ebenfalls nur kurz mit dem Leben verein- bar. pO2 Der pO2 Wert gibt den Partialdruck des gelösten (also frei im Plasma schwimmenden) Sauerstoffs im Blut an und wird in Millimeter Quecksilber-Säule gemessen. Der Norm- wert im arteriellen Blut (paO2) orientiert sich am Alter des Patienten. Die Normwerte lassen sich wie folgt berechnen: paO2 = 100 - (0,26 x Alter in Jahren). Erniedrigte Werte werden als Hypoxämie bezeichnet. Der Ausdruck „Hypoxie“ (im Gegensatz zu Hypoxä- mie) bezeichnet korrekterweise die Sauerstoffunterversorgung des Gewebes. 24 Grundlagen der Pneumologie Abb. 3.1.1: Algorithmus zur Abklärung einer unklaren Hypoxämie (links) und ungefähre Zuordnung ein- zelner Krankheitsbilder zu den möglichen Mechanismen einer Oxygenierungsstörung. Praktisches Vorgehen bei der aBGA Interpretation: paO2↓ Verifizieren, Sauerstoff bedarfsorientiert verabreichen und Ursache abklären! pH↓ pCO2↑ = Beatmung eventuell nötig! Nicht-invasiv bzw. invasiv je nach Schwere und KI pH↓ BE↓ Laktatazidose?, Urämie?, Ketoazidose?, iatrogene Zufuhr chloridreicher Flüssigkeit?,... Literatur Hochrainer, M., Funk, GC. Interpretation von Säure-Basen-Störungen. Med Klin Inten- sivmed Notfmed 114, 765–776 (2019). https://doi.org/10.1007/s00063-019-00621-x Schinko, H., Funk, GC., Meschkat, M. et al. Arterielle Blutgasanalyse. Wien. Klin. Wo- chenschr. Educ 12, 115–130 (2017). https://doi.org/10.1007/s11812-017-0085-5 25 Grundlagen der Pneumologie 3.2 Funktionsdiagnostik D Doberer, S Hussain, G Trummer Lungenfunktion Die „Lungenfunktion“ zählt zur Standarddiagnostik von Atembeschwerden und Lungen- krankheiten in der Pneumologie. Dabei wird oft von der „kleinen“ (Spirometrie) und „gro- ßen“ (Bodyplethysmographie) Lungenfunktion gesprochen. Mit der Spirometrie werden die ventilatorisch mobilisierbaren Atemvolumina gemes- sen, mit geringerem apparativen Aufwand (günstigere, einfachere Geräte). Die erfass- ten Parameter umfassen die Vitalkapazität (Atemvolumen, welches nach maximaler Inspiration komplett ausgeatmet bzw. nach maximaler Exspiration komplett eingeatmet werden kann) und das FEV1 (jenes Volumen, welches nach maximaler Inspiration in- nerhalb der ersten Sekunde bei forcierter Exspiration ausgeatmet werden kann). Damit kann eine obstruktive Ventilationsstörung quantifiziert werden und deren Reversibilität nach Bronchodilatation. Dabei ist das Verhältnis des forciert exspiratorischen Volumens in 1 Sekunde ausgedrückt in % der forcierten Vitalkapazität (FEV1%FVC relativer Tiffe- neau-Wert bzw. Tiffenau-Index FEV1/FVC) der wesentliche Parameter zur Erfassung einer obstruktiven Ventilationsstörung (FEV1/FVC < Lower Limit of Normal). In der Bodyplethysmographie werden mittels luftdicht verschlossener Kabine mit ho- hen technischen Anforderungen die erfassten Parameter um die statischen Volumina Funktionelle Reservekapazität FRC (Volumen das sich am Ende der Exspiration in Ruheatmung in der Lunge befindet), das Residualvolumen RV (jene Luftmenge, die nach maximaler Ausatmung im Thorax zurückbleibt) und die Totale Lungenkapazität TLC (Gesamtvolumen, welches sich nach maximaler Inspiration in der Lunge befindet) erweitert. Auch kann der Atemwegswiderstand durch Ruheatmung bestimmt werden. Zur Beurteilung einer Restriktion, einer Überblähung oder gleichzeitig vorliegenden rest- riktiven und obstruktiven Ventilationsstörung (mixed disorder) ist die Durchführung einer Bodyplethysmographie essentiell und eine alleinige Spirometrie nicht ausreichend. Für andere Funktionsstörungen der Lunge wie Diffusionsstörungen sind weitere Unter- suchungen wie die Messung der Diffusionskapazität oder eine Blutgasanalyse erforder- lich. 26 Grundlagen der Pneumologie Abb. 3.2.1 Quelle: Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Jahrgang 44, Nr. 10/2018 (6) Statische und dynamische Lungenfunktionsparameter und maximale exspiratorische Flüsse. Inspiratorische Vitalkapazität (IVC= Atemvolumen, welches nach kompletter Exspiration maximal einge- atmet werden kann) mit nachfolgender forcierter Spirometrie. Einsekundenkapazität (FEV1 = Atemvolumen, welches nach maximaler Inspiration forciert in der ersten Sekunde ausgeatmet werden kann), Forcierte Vitalkapazität (FVC = Atemvolumen, welches nach kom- pletter Inspiration forciert maximal ausgeatmet werden kann), IRV=Inspiratorisches Reservevolumen, ERV=Exspiratorisches Reservevolumen, VT=Atemzugvolumen, FRC=Funktionelle Residualkapazität, TLC=Totale Lungenkapazität, IC=Inspiratorische Kapazität, PEF = Maximaler exspiratorischer Spitzen- fluss, „Peak Flow“, FEF 25, 50 und 75 = Maximale Atemflussstärke nach Ausatmung von 25%, 50% und 75% der FVC 2012 wurden die Referenzwerte der „Global Lung Function Initiative (GLI)“ publiziert (Referenzwerte an ca. 75.000 gesunden Nichtraucher*innen weltweit erhoben) und soll- ten nach technischer Möglichkeit auch verwendet werden (4). Mit Lower und Upper Limit of Normal (LLN/ULN) bzw. dem z-Score (Standardabweichung im Vergleich zum Nor- malkollektiv) werden der altersabhängige Mittelwert und die unterschiedlichen Streu- breiten berücksichtigt. Dabei wird für die Lungenfunktion der statistisch physiologische Referenzbereich zwischen LLN und ULN, zwischen der 5. und 95. Perzentile angenom- men, was einem z-Score von -1.645 bis +1.645 entspricht. Abb. 3.2.2 Dies reduziert im Gegensatz zu den bisher üblichen starren %-Soll-Angaben Überschät- zungen von Pathologien besonders in der Altersgruppe unter dem 10. und über dem 45. Lebensjahr. 27 Grundlagen der Pneumologie Abb. 3.2.3 Links: geringere Streuungsbreite für Lungenfunktionsparameter im Altersbereich von ca. 10 bis 45 Jah- ren: die cut-offs durch LLN und 80 % v. Soll stimmen relativ gut überein. Rechts: größere Streubreite in den Gruppen jünger als 10 oder älter als 45 Jahre: cut-off von 80 % v. Soll liegt deutlich über 5. Perzentile (LLN) und damit mögliche Überschätzung einer Pathologie in diesen Altersgruppen. (1) Relative und absolute Kontraindikationen Absolute Kontraindikationen sind alle klinisch instabilen Zustände, wie akuter Myo- kardinfarkt, akute Pulmonalembolie, klinisch relevantes oder dissezierendes thorakales Aortenaneurysma, Spannungspneumothorax u.ä.; in dieser Phase der Erkrankung ist eine Lungenfunktion auch nicht diagnostisch relevant oder therapieentscheidend. Relative Kontraindikationen sind die postoperative Phase nach Abdomen/Thorax-OP, nach Augen-/Hirn-/Ohren-Operationen (Rücksprache mit dem Operateur), nach ausge- dehntem Pneumothorax innerhalb der ersten Wochen. Besondere Vorsicht und Abwä- gung ist bei anamnestisch angegebenen Hämoptysen erforderlich. Typische Fluss-Volumenkurven: Abb. 3.2.4 Quelle: Hans-Jürgen Smith, Höchberg Obstruktive Ventilationsstörung Definition einer obstruktiven Ventilationsstörung FEV1/FVC < LLN. Die Graduierung des Schweregrades kann anhand des z-Scores (Standardabweichung im Vergleich zum Normalkollektiv) oder in % vom Soll erfolgen. Der Vorteil in der Gra- duierung mit z-Score liegt in der Berücksichtigung des altersabhängigen Mittelwertes und dessen Streuungsbreite. 28 Grundlagen der Pneumologie Der Schweregrad wird in 3 Stufen anhand des prä-bronchodilatatorischen FEV1 gradu- iert (leicht, mittelschwer und schwer). Definition Obstruktion, FEV1/FVC < LLN (z-Score 1,645) prä-Bronchodi- latation Methode Beispiel Vorteil Nachteil Verwendung % Sollwert Obstruktion: Deutsche Leichtgradig: FEV1 > 60% Soll Atemwegs- Mittelgradig: FEV1 40 bis 60% Soll liga (2) Schwergradig: FEV1 < 40% Soll z-Score Obstruktion: berücksichtigt den ÖGP (1) Leichtgradig: FEV1 > -2.5 z-Score altersabhängigen Mittelgradig: FEV1 -2.5 bis -3.5 z-Score Mittelwert und die Schwergradig: FEV1 < -3.5 z-Score Streuung Tabelle 3.2.1 Neben den gemessenen Werten soll auch eine visuelle Beurteilung der Fluss-Volumen- Kurve erfolgen. Neben dem eindeutigen Kriterium Tiffenau-Index unter dem Lower Limit of Normal (FEV1/FVC 20%; sReff-Anstieg > 100% und > 2kPa x s). Eine negative Provokationstes- tung macht ein Asthma bronchiale sehr unwahrscheinlich. 34 Grundlagen der Pneumologie Messung des Stickstoffmonoxids in der Ausatemluft (FeNO) Stickstoffmonoxid (NO) ist ein gasförmiger Mediator, der beim Menschen zahlreiche Funktionen aufweist und in verschiedenen Teilen des Respirationstraktes vom Atem- wegsepithel gebildet wird: in den Nasennebenhöhlen (nasal gemessen) oder in den pe- ripheren Atemwegen (als exhalierte NO-Konzentration in ppb gemessen, FeNO). Beim Asthma, insbesondere bei Phänotypen mit Typ-2-Inflammation, kommt es zu erhöhten FeNO-Werten, welche in der Diagnostik oder Therapiekontrolle verwendet werden kön- nen. Messung der Atemmuskelkraft Zur Messung der Atemmuskelfunktion gibt es zahlreiche Methoden, die oft spezielle Einsatzgebiete haben (z.B. in der Intensivmedizin in der Bewertung des Weaning-Pro- zesses). Bei Atemnot und Hyperkapnie kann eine Atemmuskelfunktionsmessung sinn- voll sein bei z.B. neuromuskulären Grunderkrankungen, thorakal-restriktiven Einschrän- kungen, interstitiellen Lungenerkrankungen oder COPD. Im Lungenfunktionslabor wer- den normalerweise nichtinvasive Messungen durchgeführt zur Klärung, ob eine atem- muskuläre Einschränkung vorliegt oder/und der Atempumpe eine erhöhte Last auferlegt ist. Therapiekonsequenz kann ein spezielles Atemmuskeltraining sein. Stellenwert der Impuls-Oszillometrie (IOS) Die IOS dient, wie auch die Bodyplethysmographie, der Ermittlung von Atemwegswi- derständen. Dazu wird ein Druck-Fluss-Signal von einem externen Generator erzeugt und die Resonanz des pulmonalen Systems (Bronchien und Alveolarbereich) darauf gemessen. Es handelt sich um eine Ruheatmungsanalyse. Es lassen sich klinisch rele- vante Fragestellungen zur Differenzierung und Klassifikation der Lungenfunktion, wie z.B. der Reversibilität von Atemwegsobstruktionen, bronchialen Hyperreagibilität sowie Diagnose einer pulmonalen Obstruktion und deren Phänotypisierung auf Grund der fre- quenzabhängigen Verteilung der verschiedenen Oszillationsdrücke im Atemwegsbaum in ihre zentralen und peripheren Komponenten (small airways) beantworten. Ab einem Alter von 2 Jahren ist die oszillometrische Untersuchung möglich. Insbesondere können schlecht kooperierende Patientengruppen wie Vorschulkinder, Schwerkranke und ältere Patient*innen sowie Patient*innen mit neuromuskulären Erkrankungen oder koordinati- ven Problemen untersucht werden. Literatur Atemwegs- und Lungenkrankheiten, Jahrgang 44, Nr. 10/2018 Ganzkörperplethysmo- graphie und Spirometrie C.-P. Criée und H.-J. Smith Coates AL, Wanger J, Cockcroft DW, et al. ERS technical standard on bronchial chal- lenge testing: general considerations and performance of methacholine challenge tests. Eur Respir J 2017; 49: 1601526 [https://doi.org/10.1183/13993003.01526-2016] Criée C.-P. und Mitautoren. Leitlinie zur Spirometrie. Deutsche Atemwegsliga 2015 Criée C.-P. und Mitautoren. Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga und der Deut- schen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Ganzkörperplethysmo- graphie. Dustri-Verlag 2009 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga e.V. in der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) Messung der Atemmuskelfunktion H.-J. Kabitz, S. Walterspacher, U. Mellies, C.P. Criée und W. Windisch ©2014 Deutsche Atemwegsliga, Bad Lippspringe und Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, München – Orlando, ISBN 978-3-87185-493-4 35 Grundlagen der Pneumologie Global Strategy for Diagnosis, Management and Prevention of COPD. The Global Initi- ative for Chronic Obstructive Lung Diseases (GOLD). 2022 report Graham BL, Brusasco V, Burgos F, et al. 2017 ERS/ATS standards for single-breath carbon monoxide uptake in the lung. Eur Respir J 2017; 49: 1600016 [https://doi.org/10.1183/13993003.00016-2016] Hall GL, Filipow N, Ruppel G, et al. Official ERS technical standard: Global Lung Func- tion Initiative reference values for static lung volumes in individuals of European ances- try. Eur Respir J 2021; 57: 2000289 [https://doi.org/10.1183/13993003.00289-2020] Quanjer PH, Stanojevic S, Cole TJ, et al. Multi-ethnic reference values for spirometry for the 3-95-yr age range: the global lung function 2012 equations. Eur Respir J 2012 Skriptum „Spirometrie“ der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, 2. Auflage 2019 Standardization of Spirometry 2019 Update An Official American Thoracic Society and European Respiratory Society Technical Statement Brian L. Graham Am J Respir Crit Care Med Vol 200, Iss 8, pp e70–e88, Oct 15, 2019 [https://doi.org/10.1164/rccm.201908-1590ST] 36 Grundlagen der Pneumologie 3.3 Bronchoskopie A Fazekas, I Sperk, M Meilinger, EM Pani, A Valipour Die Lungenspiegelung dient zur Diagnostik von mediastinalen Lymphadenopathien, pulmonalen Rundherden (< 3cm) oder Raumforderungen (> 3cm), zur erweiterten mik- robiologischen Diagnostik infektiöser Lungenerkrankungen inkl. Tuberkulose, zur Ab- klärung diffuser interstitieller Lungenparenchymerkrankungen sowie zur interventionel- len Therapie unterschiedlicher Atemwegserkrankungen. Im Zuge der Untersuchungsvorbereitung ist auf ein optimales Gerinnungsmanagement zu achten, der Quick-Wert (PTZ) sollte über 50 % und die Thrombozytenzahl über 50 Gi/l liegen. Eine laufende Medikation mit ASS 100mg 1x/d stellt keine Kontraindikation dar. ADP-Antagonisten (Clopidogrel, Prasugrel) sollten zumindest 7 Tage vor dem Ein- griff pausiert werden. Vitamin-K-Antagonisten sollten ebenfalls eine Woche vor Eingriff auf niedermolekulares Heparin (LMWH) umgestellt werden. LMWH sollte am Morgen des Eingriffs pausiert werden, die Gabe kann abends wieder aufgenommen werden, solange keine relevante Blutung besteht. Direkte orale Antikoagulantien (Rivaroxaban, Edoxaban, Apixaban) sollten 48h vor Eingriff pausiert werden. Weiters sollten eine art. Blutgasanalyse sowie eine rezente Bildgebung (CT Thorax), bei geplanten Untersu- chungen in Vollnarkose eine präanästhesiologische Begutachtung mit aktuellem Labor (Blutbild, klinische Chemie, Gerinnung, TSH), ein EKG sowie eine von Ärztin*Arzt und Patient*in unterschriebene Einverständniserklärung vorliegen. Prinzipiell stehen zwei Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Zum einen eine fle- xible Bronchoskopie in Sedoanalgesie über nasalen oder oralen Zugang unter Ap- plikation eines Lokalanästhetikums im nasalen, oralen und endobronchialen Bereich, zum anderen eine kombiniert flexible und starre Bronchoskopie in Vollnarkose, bei der der*die Patient*in mit einem starren Rohr intubiert bzw. hochfrequent beatmet (Jet- Ventilation) wird und das flexible Bronchoskop durch den gesicherten Atemweg des starren Rohrs in das Bronchialsystem eingeführt wird. Zudem können für interventio- nelle Behandlungen (therapeutische Bronchoskopie) starre Instrumente durch das Rohr vorgeschoben werden. Im Rahmen flexibler Bronchoskopien in Sedoanalgesie werden häufig Inspektionen des Bronchialsystems, Sekretabsaugungen, bronchoalveoläre Lavagen oder Bürsten- biopsien durchgeführt. Je nach Gegebenheiten und Erfahrung des Untersucherteams sind auch weitere diagnostische Maßnahmen wie Probeexzisionen unter direkter Sicht, transbronchiale periphere Zangenbiopsien und sonographisch gezielte Lymphknoten- Punktionen mittels flexibler Bronchoskopie in Sedoanalgesie durchführbar. Die flexible Bronchoskopie in Sedoanalgesie findet in einem interdisziplinären Setting statt. Für einen reibungslosen Ablauf stehen außer dem*der untersuchenden Ärzt*in im Optimalfall ein Narkoseteam, zwei Pflegepersonen des gehobenen Dienstes und eine OP-Assistenz zur Verfügung. In Ausnahmefällen ist die flexible Bronchoskopie in Sedo- analgesie auch ohne anästhesiologische Begleitung durchführbar, vorausgesetzt der*die untersuchende Ärzt*in verfügt über die entsprechende Expertise in Hinblick auf die eingesetzten Sedativa. Die kombiniert starre und flexible Bronchoskopie wird für diagnostische und inter- ventionelle Zwecke durchgeführt. Die Patient*innen werden hierbei in Vollnarkose mit 37 Grundlagen der Pneumologie einem starren Bronchoskop intubiert und mit hochfrequentem Beatmungsmodus über das offene starre Rohr beatmet. Dadurch sind eine adäquate Beatmung und der Atem- weg der Patient*innen sichergestellt; zudem bietet das starre Rohr dem Untersucher einen sicheren und offenen Arbeitskanal. Die starre Bronchoskopie erfolgt fast immer in Kombination mit einer flexiblen Broncho- skopie. Es steht zahlreiches starres und flexibles Instrumentarium für die diversen diag- nostischen und interventionellen Verfahren zur Verfügung. Die starre Bronchoskopie findet in einem interdisziplinären Setting statt. Für einen rei- bungslosen Ablauf müssen außer dem*der untersuchenden Ärzt*in ein Narkoseteam, zwei Pflegepersonen des gehobenen Dienstes und eine OP-Assistenz vorhanden sein. Diagnostische Techniken Direkte Inspektion des Bronchialsystems, ggf. Probeexzision unter Sicht mit der fle- xiblen Zange oder Kryosonde Entnahme von Bronchialsekret (BS) für Zytologie, Ziel-Neelson (ZN)-Färbung, TB- PCR, TB-Kultur und Antibiogramm (AB), Multiplex-PCR, Pilzkultur Bronchoalveoläre Lavage (BAL): physiologische Kochsalzlösung wird in die Lunge instilliert und wieder abgesaugt; insgesamt werden 100-200 ml NaCl 0,9% in 20ml Portionen über den Arbeitskanal des Bronchoskops in den Mittellappen oder in die Lingula gespült und wieder gesammelt (Recovery zwischen 50-60 % der instillierten Menge). Die zytologischen, mikrobiologischen und immunzytologischen Befunde aus der BAL lassen diagnostische Rückschlüsse auf Erkrankungen des Lungenpa- renchyms zu. Bürstenbiopsie unter Sicht oder Durchleuchtungs-gezielt: für diffuse oder konsoli- dierte intrapulmonale Prozesse – ergibt einen zytologischen Befund. Durchleuchtungs-gezielte transbronchiale Lungenbiopsie (TBLB) mit der flexiblen Zange oder Kryosonde: für diffuse oder konsolidierte intrapulmonale Prozesse – ergibt einen zytologischen und einen histologischen Befund. TBNA (Transbronchiale Nadelaspiration): Bei der TBNA geht es darum direkt hinter der Bronchial- oder Trachealwand gelegenes, endobronchial nicht sichtbares Ge- webe diagnostisch zu sichern (Lymphknotenpunktionen oder paratracheal gelegene intrapulmonale Konsolidierungen). EBUS (Endobronchialer Ultraschall): Hier gibt es zwei Einsatzmöglichkeiten: 1. EBUS-Skop: ein spezielles flexibles Bronchoskop mit einem eingebauten Ultra- schallkopf, welches ermöglicht transbronchiale Nadelaspirationen (EBUS-TBNA) ultraschall-gezielt durchzuführen (wichtig für das Staging des Bronchuskarzi- noms). 2. Radiale EBUS-Sonde: hier wird über den Arbeitskanal eines konventionellen Bron- choskopes eine dünne Ultraschallsonde eingeführt, die zur besseren Lokalisierung peripherer intrapulmonaler Konsolidierungen zur Gewinnung von Biopsien dient. ENB (Elektromagnetische Navigationsbronchoskopie): Die Diagnostik von bron- choskopisch schwer erreichbaren intrapulmonalen Konsolidierungen wird durch diese Methode vereinfacht. Auf Basis einer vor der Bronchoskopie speziell an- gefertigten Thorax-CT wird ein 3D-Modell des Thorax erstellt, welches dafür ver- wendet wird einen diagnostischen Pfad zur gesuchten Läsion zu errechnen. Die Navigation zur Läsion erfolgt über eine elektromagnetische Sonde, welche über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eingeführt wird. Der*die Patient*in wird für 38 Grundlagen der Pneumologie die Dauer der Untersuchung in ein Magnetfeld eingebracht. Mit einer speziell entwickelten Software wird die 3D-Rekonstruktion des Thorax über das Magnet- feld des*der Patient*in gelegt. Therapeutische Techniken (Interventionen) Entfernung von endobronchialen Fremdkörpern mittels starrer/flexibler Zange, Fang- körbchen, Kryosonde Rekanalisation zentraler Atemwegsstenosen durch exophytisch-wachsendes Fremd- gewebe mit starrer Zange, Kryosonde Stentimplantationen zur Beseitigung zentraler Atemwegsstenosen durch extralumi- nale Kompression > 2/3 des Lumens oder bei Stridor / respiratorischer Insuffizienz, sofern distal der Stenose noch eine reguläre Bronchialanatomie vorhanden ist (ggf. Erweiterung des Lumens vor der Stentimplantation mit dem Dilatationskatheter). Stillung endobronchialer Blutungen: a. Lagerung auf die blutende Seite, ggf. einseitige Intubation mit dem starren Rohr zur Aufrechterhaltung der Ventilation als Bridging zur definitiven Beseitigung der Blutung b. Saugokkludierung des blutenden Bronchus in der „Wedge“-Position c. Endobronchiale Instillation von eiskalter NaCl-Lösung 0,9%, Epinephrin 1:10.000, Tranexamsäure oder eines Hämostyptikums d. Blockade des blutenden Atemweges mit einem Ballonkatheter / Bronchusblocker e. Einbringen selbst-resorbierender Vicryl-Gaze mit der flexiblen Zange in den blu- tenden Bronchus (Tamponade) f. Argon-Plasma-Koagulation von oberflächlichen, sichtbaren Schleimhaut-/ Ge- websblutungen g. Kompression zentraler Atemwegsblutungen mit dem starren Tupfer (mit Epi- nephrin 1:10.000 getränkt) Bronchoskopische Lungenvolumenreduktion (BLVR): 1. Einbringen von endobronchialen Einwegventilen über den Arbeitskanal des Bronchoskopes, um im Idealfall eine Atelektase in einem besonders stark über- blähten Areal bei hochgradigem, heterogenen Lungenemphysem hervorzurufen. Voraussetzung ist der Ausschluss einer kollateralen Ventilation mit der Chartis- Messung, sofern die Fissurenanalyse in der vorher durchgeführten Thorax-CT grenzwertig ist. Die Chartis-Messung dient zur Quantifizierung des Luftflusses durch einen mit dem Okklusionskatheter blockierten Lappen zur Beurteilung einer kollateralen Ventilation. Ist bei offenen Fissuren im Bereich der Interlobärsepten der okkludierte Lappen über einen benachbarten Lungenlappen ventiliert (d.h. ein Luftfluss messbar), so liegt eine kollaterale Ventilation vor und endobronchiale Ein- wegventile sind kontraindiziert. 2. Endoskopische Dampfablation (BTVA = Bronchoscopic Thermal Vapor Ab- lation) bei heterogenem Lungenemphysem: Das erkrankte Lungenareal (Emphy- sem) wird mit einem speziellen Katheter über den Arbeitskanal mit heißem Was- serdampf behandelt. Dadurch kommt es im behandelten Areal zu einer Entzündungsreaktion, die zu einer Fibrosierung und somit zu einer Lungenvolu- menreduktion führt. Bis dieser Prozess abgeschlossen ist, dauert es in etwa drei Monate. Es handelt sich bei diesem Eingriff um ein irreversibles Verfahren. 3. Endobronchiale Rheoplastie: Mit einem speziellen Katheter, welcher über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eingeführt wird, wird krankhafte Bronchial- schleimhaut mittels elektrischer Impulse verödet, was zur Folge hat, dass die 39 Grundlagen der Pneumologie krankhafte Schleimhaut abstirbt und gesunde Schleimhaut nachwächst. Das Ver- fahren dient zur therapeutischen Behandlung von Patient*innen mit schwerer chro- nischer Bronchitis und ausgeprägter Symptomatik. 4. Endobronchiale Vagusablation: Mit einem speziellen Katheter, welcher über den Arbeitskanal des Bronchoskopes eingeführt wird, wird versucht die bronchiale Innervation der bronchokonstruktiv aktiven Fasern des N. vagus an deren Eintritts- punkt in die Lungen mittels Radiofrequenzenergie zu unterbrechen. Da bei COPD- Patient*innen eine deutlich erhöhte cholinerge Hyperreaktivität mit konsekutiver Atemwegsobstruktion und Mukusproduktion herrscht, soll diese Vagusablation zu einer Stabilisierung des Krankheitsverlaufes bei COPD führen. Fallbeispiel für eine therapeutische Bronchoskopie bei einer Patientin mit einer zentra- len Atemwegsstenose: 65-jährige Patientin mit zunehmendem Stridor über die letzten Tage Abb. 3.3.1 Bild links: Blick auf die Trachea bei Stridor durch exophytisch wachsenden Tumor mit extraluminaler Kompression (die entnommenen Proben ergaben ein kleinzelliges Bronchialkarzinom) Bild rechts: Status nach Rekanalisation, Abtragung mit der starren Zange, danach Verschorfung der breit- basigen Durchbruchstelle an der rechten Trachealwand mittels Argonplasmakoagulation, Sicherung des Tracheallumens durch einen Trachealstent, dahinter Blick auf die Hauptbifurkation Bezüglich der Nachsorge von Bronchoskopiepatient*innen ist zu erwähnen, dass po- tenzielle Komplikationen während oder nach der Untersuchung auftreten können, allen voran der iatrogene Pneumothorax im Rahmen von Interventionen oder transbronchia- len Lungenbiopsien (Häufigkeitsangaben in der Literatur variieren zwischen 5 und 20 %), Blutungen, Halsschmerzen, Heiserkeit, Laryngospasmus oder Sedierungs-/ Narko- senebenwirkungen. Darüber sollte der*die Patient*in vor der Untersuchung aufgeklärt werden. Abhängig von der durchgeführten Diagnostik/ Intervention im Rahmen der Bronchosko- pie ist in bestimmten Fällen die Durchführung eines Thoraxröntgens (pa. + seitl.) am selben und/oder am Folgetag erforderlich, beispielsweise nach transbronchialen Lun- genbiopsien, Stent- oder Ventilimplantationen. Ebenso ist bei Patient*innen mit Atemnot oder atemabhängigen Schmerzen nach BSK ein Pneumothorax zu suspizieren und ent- sprechend abzuklären. Klinisch finden sich meist ein abgeschwächtes Atemgeräusch und ein hypersonorer Klopfschall einseitig, ein Thoraxröntgen und ggf. auch eine Not- fall-Thoraxsonographie (Erfahrung vorausgesetzt) sollten in so einem Fall umgehend durchgeführt werden. 40 Grundlagen der Pneumologie Literatur Du Rand IA, Blaikley J, Booton R, Chaudhuri N, Gupta V, Khalid S, Mandal S, Martin J, Mills J, Navani N, Rahman NM, Wrightson JM, Munavvar M; British Thoracic Society Bronchoscopy Guideline Group. British Thoracic Society guideline for diagnostic flexible bronchoscopy in adults: accredited by NICE. Thorax. 2013 Aug;68 Suppl 1:i1-i44 Ernst A, Eberhardt R, Wahidi M, Becker HD, Herth FJ. Effect of routine clopidogrel use on bleeding complications after transbronchial biopsy in humans. Chest. 2006 Mar;129(3):734-7. Hartman JE, Garner JL, Shah PL, Slebos DJ. New bronchoscopic treatment modalities for patients with chronic bronchitis. Eur Respir Rev. 2021 Jan 19; Herth FJ, Becker HD, Ernst A. Aspirin does not increase bleeding complications after transbronchial biopsy. Chest. 2002 Oct;122(4):1461-4. Ingrid Dobbertin, Lutz Freitag, Kaid Darwiche, Germann Ott, Martin Kohlhäufl, Hermann Ingerl: „Bronchoskopie – Techniken, Krankheitsbilder, Therapieoptionen“, Huber Verlag Nahkosteen, Khanavkar, Darwiche, Scherff, Hecker, Ewig: „Atlas und Lehrbuch der Thorakalen Endoskopie“, Springer Verlag Shah PL, Herth FJ, van Geffen WH, Deslee G, Slebos DJ. Lung volume reduction for emphysema. Lancet Respir Med. 2017 Feb;5(2):147-156. Zaric B, Eberhardt R, Herth F, Stojsic V, Carapic V, Popovic ZP, Perin B. Linear and radial endobronchial ultrasound in diagnosis and staging of lung cancer. Expert Rev Med Devices. 2013 Sep;10(5):685-95 41 Grundlagen der Pneumologie KAPITEL 4 42 Grundlagen der Pneumologie 4.1 Asthma C Bal, F Horak, M Idzko Asthma ist eine chronische entzündliche Atemwegserkrankung, die mit einer variablen Limitierung des exspiratorischen Atemflusses einhergeht und häufig eine bronchiale Hy- perreagibilität (BHR) aufweist. Klassische Symptome sind insbesondere nächtlich und morgendlich auftretende Atemnotbeschwerden, keuchende Ausatmung (Giemen), Hus- ten, Brustenge, und reduzierte Belastbarkeit in wechselnder Intensität. Diese können auch durch unterschiedliche Trigger (allergische Exposition, Anstrengung, Stress, In- fekte etc.) auftreten. Die Diagnosestellung erfolgt auf Basis der typischen Atemwegssymptome und Nach- weis der variablen Limitierung des Ausatemflusses (Spirometrie und Reversibilitätstest nach Bronchodilatator (Broncholyse)). Ergänzende Tests (z.B. bronchiale Provokations- testung zum Nachweis der BHR, Messung des exhalierten NO (FeNO), Diffusionsmes- sung (DLCO), Sputum- und Blutanalyse, Allergietest) können notwendig und hilfreich sein. Die Abgrenzung zu anderen Krankheiten wie COPD mittels Lungenfunktion, Anamnese und Labor ist therapieentscheidend. Der akute Asthmaanfall 1. Diagnostik: a. Erheben der Vitalzeichen (Bewusstsein, Atemfrequenz, Puls) b. Körperliche Untersuchung (Auskultation, Pfeifende Atmung, Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, Sprechdyspnoe) c. Erschwerende Faktoren und Differenzialdiagnosen (Anaphylaxie, Pneumothorax, Fremdkörperaspiration, Herzversagen, Pulmonalembolie, Pneumonie) d. Objektive Messungen (Pulsoxymetrie (Vorsicht bei O2 < 90 %)), ev. Spirometrie/Peak-Flowmessung); Thorax-Röntgen bei V.a. Pneumothorax/ Pneumonie etc. 2. Therapie: a. O2-Gabe (Ziel: 93–95 %, bei Kindern 94–98 %) b. Kurzwirksame Beta-2-Agonisten (=SABA, z.B. Salbutamol, Terbutalin) optimal mit Dosieraerosol + Vorschaltkammer (Spacer), alternativ Inhalation mit Vernebler c. Systemische Corticosteroide (p.o. gleich wirksam wie i.v.): Erwachsene: 50mg Prednisolon-Äquivalent 1x/Tag (für 5–7 Tage); Kinder: 1–2mg/kg/Tag (max. 40mg/Tag; für 3–5 Tage) d. Weitere Therapieoptionen: i. Ipratropium Bromid (ev. zusätzlich zu Beta-2-Agonisten) ii. Inhalative Steroide: hochdosiert zu Beginn der Exazerbationen, in Normaldosis bei Entlassung des*der Patient*in iii. Epinephrin: nur bei Anaphylaxie (i.m.) iv. Magnesium (einmalig 2g über 20 min i.v.) in Ausnahmefällen bei Patient*innen, die nicht auf die initiale Therapie ansprechen und weiter hypoxisch sind, Erwachsene mit FEV1 < 30 % bei Vorstellung, und Kinder mit einem FEV1 < 60 % nach einer Stunde Therapie (s. GINA). 43 Grundlagen der Pneumologie e. Nicht empfohlen: Theophylline, Leukotrienrezeptor-Antagonisten (LTRA), Antibiotika (Ausnahme: Pneumonie), Sedativa Langzeit-Management 1. Diagnostik: a. Status & Anamnese: Spezifisches Eingehen auf saisonale und perenniale Allergien und Expositionen, Asthmaanfall-Trigger, Anzahl und Schweregrad der Asthmaanfälle, derzeitige Therapie. b. Lungenfunktionstestung (Spirometrie) mit Broncholyse (Diagnose „Asthma“ bei Zunahme des FEV1 nach Broncholyse um 200ml absolut (Erwachsene) und 12 % relativ (Erwachsene + Kinder)). Ergänzend: FeNO Messung, Provokationstestung (Nachweis einer BHR; unspezifisch: z.B. Methacholin, spezifisch: z.B: Lauftest; hohe Sensitivität, niedrige Spezifität); sowie CO- Diffusionsmessung (insbesondere zur Abklärung einer möglichen COPD und bei schwerem Asthma, da bei Asthma die DLCO meistens unauffällig ist). c. Blutabnahme mit Gesamt-IgE, spezifisches IgE gegen Allergene wie z.B. Hausstaubmilben, Pollen, Haustiere, etc. entsprechend der Anamnese) und Differenzialblutbild (Eosinophilie? (Obergrenze 300/μL = 0.3 G/L). Ev. Sputum- Analyse. d. Symptomaufzeichnung, ev. Peak Flow-Tagebuch, Verlaufskontrollen, Asthmakontroll-Fragebögen (Symptom scores wie ACQ-5, ACT). 2. Therapie: Ziel der Asthmatherapie ist das Erreichen einer guten Asthmakontrolle mit möglichst wenig Atemwegssymptomen und Exazerbationen. Langfristig soll eine persistierende Limitierung des Ausatemflusses verhindert, Nebenwirkungen der Therapie reduziert und die Mortalität gesenkt werden. Die Asthmatherapie muss regelmäßig überprüft und angepasst werden (step-up, step-down). Eine Patientenschulung mit Kontrolle der In- halationstechnik und richtigem Verhalten im Notfall ist dabei wichtig. Das wichtigste Standbein der Asthmatherapie ist die antientzündliche Therapie mit einem inhalativen Steroid (ICS). Erwachsene und Jugendliche sollen nicht mehr mit ei- ner alleinigen SABA-Bedarfstherapie versorgt werden. Bei Therapiestufe 1+2 wird bei Erwachsenen eine Bedarfstherapie mit einer Fixkombination eines ICS mit Formoterol bzw. die regelmäßige Inhalation eines ICS (mit SABA oder ICS/Formoterol bei Bedarf) empfohlen. Bei Kindern soll frühzeitig eine niedrig dosierte ICS-Therapie eingeleitet werden mit SABA bei Bedarf. Mit zunehmendem Schweregrad (Therapie- stufe 3–4) wird die Fixkombination zur Langzeittherapie angewendet und der ICS-Ge- halt stufenweise gesteigert (Bedarfstherapie mit Fixkombination (Erwachsene) oder SABA (Erwachsene + Kinder)) bzw. mit LTRA ergänzt. Zur Evaluation der Asthmakon- trolle sind Symptomtagebücher und Scores wie ACQ-5 und ACT empfehlenswert. Asthmatiker mit hohem ICS-Bedarf (unkontrollierte Therapiestufe 4, Therapiestufe 5) benötigen eine intensivere Untersuchung und Betreuung in einem Spezialzentrum und können eine zusätzliche LAMA-Therapie (=langwirksame Muskarin-Antagonisten wie Tiotropium) sowie neue subkutane Präzisionstherapien (Monoklonale Antikörper) erhal- ten, die auf spezifische Endotypen zielen, unter anderem eine Anti-IgE-, Anti-IL5(R)- und Anti-IL4/IL13-Therapie. Eine zusätzliche Grundlage bildet die Aufklärung über die Natur der Erkrankung, eine Allergen- bzw. Trigger-Vermeidung (ggf. spezifische Immuntherapie), Gewichtsreduk- tion bei Übergewicht sowie das Monitoren der Symptome im alltäglichen (ev. Peakflow- Tagebuch, Scores) sowie klinischen Setting (regelmäßige Lungenfunktionen inkl. FeNO-Messungen). 44 Grundlagen der Pneumologie Literatur Buhl R, Bals R, Baur X, Berdel D, Criée CP, Gappa M, et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. Pneumologie. 2017;71(12):849-919. Buhl R, Bals R, Baur X, Berdel D, Criée CP, Gappa M, et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma – Addendum 2020 [Guideline for the Diagnosis and Treatment of Asthma – Addendum 2020 – Guideline of the German Respiratory Society and the German Atemwegsliga in Cooperation with the Paediatric Respiratory Society and the Austrian Society of Pneumology]. Pneumologie. 2021 Mar;75(3):191- 200. Global Initiative for Asthma. Global strategy for asthma management and prevention. Fontana, WI: Global Initiative for Asthma; 2022. Available from: www.ginasthma.org/reports Weitere Ressourcen sind z. B. Leitlinien der DGP (2020 upgedated) sowie die GINA- Guidelines unter www.ginasthma.org. 45 Grundlagen der Pneumologie 4.2 COPD A Fazekas, AK Mayr, M Meilinger, A Valipour Die COPD („Chronic Obstructive Pulmonary Disease“) ist eine chronische obstruktive Verengung der Atemwege, die in Europa nahezu immer durch jahrelanges Rauchen („Raucherlunge“) bedingt ist. Symptome sind Atemnot, Husten und (morgendlicher) Auswurf. Die Einteilung des Schweregrades erfolgt anhand der Spirometrie („spirometrische Klassifikation”) Bei einer FEV1/FVC Ratio von unter 70 % absolut spricht man prinzipiell von einer Ob- struktion. Bei der FEV1/FVC Ratio handelt es sich um den Quotienten der FEV1 zur FVC. Dieser Quotient beschreibt, welcher Anteil des gesamten Ausatmenvolumens (FVC) bereits in der ersten Sekunde (FEV1) ausgeatmet werden kann. Die Stadieneinteilung der COPD erfolgt anhand des relativen FEV1-Wertes in Prozent bezogen auf einen Referenzwert bei Nieraucher*innen. Dieser Referenzwert wird unter Verwendung von Alter, Geschlecht und Körpergröße berechnet. COPD Schweregrad /spirometrische FEV1% (relativ bezogen auf Klasse Referenzwert) I über 80 % II 50–80 % III 30–50 % IV unter 30 % Tabelle 4.2.1 Weiters kann mit Hilfe des CAT (COPD Assessment Test = Fragebogen) Scores und der vom*von der Patient*in berichteten Exazerbationsfrequenz im letzten Jahr eine Sta- dieneinteilung von A – D getroffen werden. An dieser orientiert sich auch die initiale pharmakologische Therapie: Cat Score < 10 CAT Score ≥ 10 Ab 2 Exazerbationen oder zumindest 1 Stadium C Stadium D Hospitalisierung in → LAMA → LAMA ± LABA oder ICS + LABA letzten 12 Monaten 0-1 Exazerbation (ohne Stadium A Stadium B Hospitalisierung) in → Ein Bronchodilatator → LABA / LAMA letzten 12 Monaten Tabelle 4.2.2 Die Verschreibung von Inhalativen Corticosteroiden (ICS) sollte nach Abwägen des Nut- zen/Risikos erfolgen: 46 Grundlagen der Pneumologie Starke Gründe für Beginn ICS Therapie erwägen bei: ICS nicht verwenden bei: einer ICS Therapie: - Hospitalisierung bei - 1 moderaten - wiederholten ECOPD in Anamnese Exazerbation pro Jahr Pneumonien - 2 oder mehr moderate - 100-300 Eosinophile/µL - weniger als 100 Exazerbationen pro Jahr Eosinophile/µL - Mehr als 300 - Mycobakterieller Eosinophile/µL Infektion in Anamnese - Asthma in Anamnese Tabelle 4.2.3 (Adaptiert nach ERS Journal 52 (6) 1801219, 13.12.2018) In allen Stadien der COPD ist eine Rauchentwöhnung, falls der*die Patient*in noch raucht, verpflichtend zu empfehlen. Impfungen, Ausdauertraining, pneumologische Re- habilitation und die Verschreibung einer LTOT oder Heim-NIV haben einen festen Stel- lenwert. Abb. 4.2.1: C/P seitlich, 78a wbl. Deutliche Überblähung, Fassthorax, Abflachung des Zwerchfells, Erweiterung des retrosternalen Raumes als indirekte Zeichen einer COPD 47 Grundlagen der Pneumologie COPD Exazerbation Eine Verschlimmerung der täglichen Symptome wird als Exazerbation bezeichnet. Die Patient*innen präsentieren sich typischerweise mit verstärkter Atemnot, Husten und ver- mehrtem Auswurf sowie exspiratorischem Giemen/ Bronchospasmus. Bei Hinweis auf eine bakterielle Genese (missfärbiges oder vermehrtes Sputum, er- höhte Entzündungsparameter) erfolgt die Gewinnung von Sputum- und Blutkultur sowie umgehend die Einleitung einer Antibiose. Bei Hypoxie erfolgt die Gabe von Sauerstoff, um die SpO2 bei zumindest rund 90 % zu halten. Eine deutliche Über-Oxygenierung (pO2 >> 100mmHg) ist zu vermeiden, da dadurch möglicherweise eine Hyperkapnie induziert werden könnte. Bei respiratorischer Azidose (pH unter 7,35; pCO2 über 45mmHG) ist die Aufnahme auf eine RCU/ICU zur Einleitung einer NIV (nicht-invasiven Ventilation) zu erwägen. Typische medikamentöse Therapie („forcierte Antiobstruktion“) bei akuter Exazerbation: - Orale Cortisongabe z.B. Aprednisolon Tbl 25mg 2-0-0 über 5 Tage - Kurzwirksame Bronchodilatatoren inhalativ mehrmals täglich, sowie bei Bedarf - Antibiose bei vorliegender bakterieller Infektion (bei COPD IV-Patient*innen ist ein Pseudomonas-wirksames Antibiotikum zu wählen) Nach Beginn einer O2-Therapie soll nach längstens 2 Stunden eine neuerliche art. BGA erfolgen, um den Trend von pCO2 und pH zu evaluieren. Steigende CO2-Werte und sinkender pH sind ein Alarmsignal. Die Verlegung auf eine Beatmungsstation (RCU oder ICU) sollte dringend in Erwägung gezogen werden. Begleitung durch die Atemphy- siotherapie, Sicherstellen der richtigen Inhalationstechnik und Erlernen eines „Krisen- managements“ sind erforderlich. Literatur COPD Assessment Test (CAT): www.catestonline.org/patient-site-test-page-german-germany.html www.goldcopd.org 48 Grundlagen der Pneumologie 4.3 Pulmonalembolie A Fazekas, SM Hochrainer, AK Mayr Unter einer Pulmonalarterienembolie (PAE) bzw. Pulmonalembolie (PE) versteht man den Verschluss einer Lungenarterie durch ein Blutgerinnsel, häufig als Embolus einer tiefen Beinvenenthrombose (TVT) der Bein- oder Beckenvenen. Die PE stellt die dritt- häufigste kardiovaskuläre Todesursache dar. Risikofaktoren: Vorangegangene PE / TVT in der Anamnese Immobilisation/ Rezente OP Karzinom Thrombophilie höheres Alter Einnahme von Östrogen / Gestagen Klinik: Dyspnoe/Tachypnoe Tachykardie Thoraxschmerzen Angst, Beklemmungsgefühl Husten, ggf. Hämoptysen Synkope, Schock Eine ausgedehnte PE führt zu einem Anstieg des pulmonalen Widerstandes und somit zu einer erhöhten Nachlast für das rechte Herz mit Abfall des Herzzeitvolumens. Ge- meinsam mit einer vermehrten Totraumventilation und konsekutiver Hypoxämie kommt es zu einer Myokardischämie, die zu einer akuten Dekompensation des rechten Her- zens führen kann (Rechtsherzinsuffizienz). Diagnose Die klinischen Zeichen einer PE sind unspezifisch (s.o.). Die Verdachtsdiagnose ent- steht durch Mustererkennung und die Abklärung folgt standardisierten Algorithmen (siehe Abbildungen). Das Thoraxröntgen ist bei der PE meist nicht richtungsweisend – eher selten finden sich einen dilatierte zentrale Pulmonalarterie proximal des Embolus (Fleischner-Zeichen), ein Abbruch eines Pulmonalarterienastes mit peripher der PE gelegener Oligämie (Wes- termark-Zeichen) oder ein peripher der PE gelegenes keilförmiges pleuraständiges In- filtrat als Ausdruck eines Lungeninfarktes (Hampton’s Hump). In der BGA kann man ggf. eine Hyperventilation bei relativer Hypoxämie sehen. Das EKG kann eine Sinustachykardie, ein Vorhofflimmern und Zeichen einer Rechtsherzbe- lastung mit neuem kompletten/inkompletten RSB bzw. ST-Änderungen über dem rech- ten Herz (V1-V4) bzw. ein klassisches SI-QIII zeigen. Zeichen einer Rechtsherzbelas- 49 Grundlagen der Pneumologie tung sind ein dilatiertes Rechtsherz sowie ein erhöhter geschätzter systolischer Pulmo- nalisdruck (sPAP) im Herzecho, sowie ein erhöhtes Troponin und ein erhöhtes BNP im Labor. Bei PE-Verdacht ohne hämodynamische Instabilität sind Scores zur Einschätzung der Vortest-Wahrscheinlichkeit (wie der Wells-Score) empfohlen (siehe Abbildung). Ein Wells-Score unter 2 sowie ein negatives D-Dimer (Fibrinabbauprodukt) schließen eine PE zu > 99 % aus – diese Konstellation hat also einen hohen negativ prädiktiven Wert. Aufgrund geringer Spezifität ist die Höhe des D-Dimers nicht systematisch mit der Wahr- scheinlichkeit oder dem Ausmaß einer PE korreliert. Eine D-Dimer Erhöhung findet sich auch in vielen anderen klinischen Situationen z.B. Adipositas, Schwangerschaft, Infekt, Tumor und ist altersabhängig (siehe Tabelle YEARS-Kriterien). Abb. 4.3.1 TTE = Transthorakale Echokardiographie RV = Rechter Ventrikel * Definition hämodynamischer Instabilität: RR-Syst. < 90mmHg und Endorgan-Hypoperfusionszei- chen oder RR-Syst. Absinken um min. 40mmHg für min. 15.min, nicht verursacht durch Sepsis, Hy- povolämie oder de novo Arrythmie. ** Antikoagulation vor definitiver Diagnose nur wenn kein Verdacht auf potenziell interventionsbedürf- tige Erkrankung (Aortendissektion, Mediastinitis, Pneumothorax, Pleuraerguss, Perikarderguss, Trauma…) besteht. *** CTPA = CT-Pulmonalisangiographie. Diese ist auch bei eingeschränkter Nierenfunktion indiziert. Hypovoläme Zustände sollen dabei vermieden bzw. behandelt werden. 50 Grundlagen der Pneumologie # Die PERC-Kriterien sind kein allgemein gültiger Standard. Vgl. Tabelle PERC-Kriterien für ihre Anwend- barkeit und Einschränkungen. Tabelle 4.3.2 * Das PERC-Tool (pulmonary embolism rule-out criteria) wurde für Konstellationen mit niedriger Prä- valenz wie Hausarztpraxen entwickelt, für Menschen < 50 Jahren, nicht untersucht bei Schwangeren. Falls alle PERC-Kriterien negativ sind, kann bei geringer klinischer PE-Wahrscheinlichkeit auf eine D- Dimer-Bestimmung verzichtet werden. Tabelle 4.3.3 **Vorgeschlagener Algorithmus zur Festlegung individueller D-Dimer-Grenzwerte unter Einbeziehung von Vortestwahrscheinlichkeit (YEARS-Kriterien) und Patient*innenalter: Für Patient*innen mit 1. mittlerer PE-Wahrscheinlichkeit (Wells-Score) oder 2. niedriger PE-Wahrscheinlichkeit und > 0 PERC-Kriterien gilt eine PE bei einem D-Dimer unterhalb des individuellen Grenzwertes als ausgeschlossen Falls eine PE wahrscheinlich oder nicht sicher auszuschließen ist, führt man eine CT- Pulmonalis-Angiographie („CT PE“) durch. In der Bildgebung kommt der Thrombus als Kontrastmittelaussparung in der Pulmonalarterie bzw. ihrer Äste zur Darstellung, bei 51 Grundlagen der Pneumologie diesem Untersuchungsprotokoll können gleich auch die Beinvenen auf eine TVT mitun- tersucht werden (alternativ zur Beinvenen-Duplexsonographie). Falls eine KM-Gabe nicht möglich ist (bei z.B. KM-Allergie oder höhergradiger Niereninsuffizienz) kann eine Ventilation/ Perfusion-Szintigraphie („V/Q-Scan“) durchgeführt werden. Hier würde sich im Areal der PE szintigraphisch zwar eine Ventilation finden, jedoch keine Perfusion (sog. „Mismatch“) – die Wahrscheinlichkeit der PE wird vom Nuklearmediziner mit nied- rig/mittel/hoch angegeben. Abb. 4.3.4: CT PE: Pulmonalarterienembolie beidseits mit KM-Aussparungen im linken Pulmonalishaupt- stamm (langer Pfeil) sowie in den Ästen der rechten Pulmonalarterie (kurzer Pfeil) 52 Grundlagen der Pneumologie Risikostratifizierung Abb. 4.3.5 * Bei unklarer Beurteilung der RV-Funktion in CTPA soll diese über Herzecho erfolgen ** Bei PE mit niedrigem Mortalitätsrisiko kann nach Etablierung der Therapie eine Entlassung aus der ZNA mit ambulanter Kontrolle erwogen werden. Voraussetzung ist eine intakte soziale Versorgung mit Zugang zu Gesundheitseinrichtungen. Therapie Bei hohem klinischem Verdacht auf eine PE sollte gleich mit einer Antikoagulation be- gonnen werden, selbst wenn die Bildgebung noch ausständig ist. Eventuell vorliegende relative Kontraindikationen gegen eine Antikoagulation müssen im Einzelfall gegen den Benefit der Antikoagulation abgewogen werden. Die Wahl der Therapie orientiert sich an der hämodynamischen Situation des*der Patient*in: Hämodynamisch instabil: Monitoring + Transfer ad ICU Lysetherapie (ggf. schon in Notaufnahme beginnen): o ≥ 65 kg: Alteplase (z.B.: Actilyse®) 100 mg gesamt (10 mg i.v. Bolus, gefolgt von 90 mg i.v. über 2 Stunden) o < 65 kg: Alteplase (z.B.: Actilyse®) 10 mg i.v. Bolus und 1,5 mg/kg KG i.v. über 2 Stunden Antikoagulation: Unfraktioniertes Heparin (UFH): 5000 IE i.v. Bolus 53 Grundlagen der Pneumologie Hämodynamisch stabil: Bei sicherer PE: sofortige Therapieeinleitung sofern keine KI vorliegen. Bei wahrscheinlicher PE mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit: Therapieeinleitung mit LMWH noch vor CTPA erwägen sofern kein Verdacht auf potenziell interventi- onsbedürftige Erkrankung besteht. Tabelle 4.3.6 Tabelle 4.3.7 54 Grundlagen der Pneumologie Dauer der Antikoagulation Medizinische Indikationsstellung immer auf Basis einer Abwägung zwischen individuel- lem Rezidiv- und Blutungsrisiko. Dokumentierte Aufklärung der Patient*innen über Für und Wider. Tabelle 4.3.8 Beendigung nach 3 Monaten bei niedrigem Rezidivrisiko Zeitlich unbegrenzte Antikoagulation in Erwägung ziehen bei intermediärem Rezidivri- siko Zeitlich unbegrenzte Antikoagulation bei hohem Rezidivrisiko: Rezidiv ohne starken transienten/reversiblen Risikofaktor Antiphospholipidsyndrom Aktive Krebserkrankung Supportive Maßnahmen Frühe Mobilisation, keine Routine-Bettruhe Bei TVT: Kompressionsstrümpfe Klasse 2 zur Prophylaxe des postthrombotischen Syndroms nur bei symptomatischer TVT Follow-Up Gerinnungsabklärung im Verlauf erwägen bei: o Nicht identifizierbarem Risikofaktor, wenn Alter 60 mmHg initial 55 Grundlagen der Pneumologie Pulmonalembolie in der Schwangerschaft Abb. 4.3.9 * Antikoagulation vor definitiver Diagnose nur wenn kein Verdacht auf potenziell interventionsbedürftige Erkrankung (Aortendissektion, Mediastinitis, Pneumothorax,…) besteht. ** Bei KI gg. CTPA alternative Diagnostik (e.g. Vent/Perf-Scan) Literatur Delcroix M et al. ERS statement on chronic thromboembolic pulmonary hypertension. Eur Respir J. 2021 Jun 17;57(6):2002828, https://doi.org/10.1183/13993003.02828-2020. PMID: 33334946. Kabrhel et al. Pulmonary embolism: Diagnostic evaluation in adults who are hemody- namically stable. UpToDate, Waltham, MA 2020. Konstaninides et al. The 2019 ESC guidelines on the diagnosis and management of acute pulmonary embolism. EuropeanHeart Journal, Volume 41, Issue 4, 21 January 2020, Pages 543–603, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehz405 Kulka et al. Acute Pulmonary Embolism–Its Diagnosis and Treatment From a Multidis- ciplinary Viewpoint. Dtsch Arztebl Int. 2021 Sep 17;118(37):618-628, https://doi.org/10.3238/arztebl.m2021.0226. 56 Grundlagen der Pneumologie 4.4 Pneumothorax A Fazekas Eine Luftansammlung zwischen den Pleurablättern wird als Pneumothorax bezeichnet. Ein spontaner, primärer Pneumothorax entsteht ohne erkennbare Ursache bei Pati- ent*innen ohne pulmonaler Vorerkrankung (meist unter 45 Jahren). Bei Frauen im ge- bärfähigen Alter ist an das Vorliegen eines katamenialen Pneumothorax mit Endomet- riose zu denken. Ein sekundärer Pneumothorax entsteht bei Patient*innen mit pulmo- naler Vorerkrankung (z.B. Emphysem, COPD, zystische Lungenerkrankung, Tumor). Ein Pneumothorax kann auch postinterventionell (z.B. nach BSK, Pleurapunktion, tho- raxchirurgischem Eingriff, CT-gezielter Punktion) bedingt sein. Abb. 4.4.1: Pneumothorax rechts. Der kurze rote Pfeil zeigt auf die Pleura visceralis, die sich als „White Line“ demar-kiert. Lateral davon sind keine Lungenstrukturen mehr zu erkennen. Mediastinalshift nach links als Zei-chen eines Spannungspneumothorax. Emphyse bei Nikotinabusus, nebenbefundlich Granulom in den Oberfeldern bei Z.n. TBC. 57 Grundlagen der Pneumologie Typische Symptome sind ein inspiratorisch betonter, stechender Thoraxschmerz der betroffenen Seite und Atemnot. Klinisch findet sich ein vermindertes Atemgeräusch so- wie ein hypersonorer Klopfschall über dem Pneumothorax (die relevanteste Lokation für die Untersuchung liegt pektoral – Luft steigt auf). Radiologisch findet sich eine Trans- parenzerhöhung sowie ein Fehlen von Lungengefäßen im Pneumothorax-Areal, die Pleura visceralis stellt sich als weiße Linie dar, die sich von anderen anatomischen Strukturen wie Rippen oder Schulterblättern abgrenzt. Ein Pneumothorax lässt sich auch sonographisch darstellen: normalerweise gleiten die beiden aneinanderliegenden Pleurablätter aneinander, was sich sonographisch als „seashore“-Phänomen darstellen lässt – bei einem Pneumothorax lässt sich dieses Phänomen nicht nachweisen. Klinisch kann eine Hypoxämie vorliegen, es sollte gleich mit einer O2-Gabe begonnen werden, um die Sättigung zumindest über 90 % zu halten. Prinzipiell könnte die Verab- reichung von Sauerstoff Vorteile bringen, um den Stickstoff aus den Lungenkapillaren schneller auszuwaschen – dies soll zu einer schnelleren Resorption der Luft aus dem Pneumothorax führen. Traditionell wird daher häufig zumindest 2-4 l/min O2 selbst bei normalen Sättigungswerten verabreicht, wobei höhere O2-Flussraten durchaus auch plausibel wären. Allerdings empfiehlt die S3 Leitlinie die Sauerstoffgabe erst bei Hypo- xämie. Ein Pneumothorax unter 4cm Breite wird gängig als „klein“ bezeichnet – hier kann ein konservatives Vorgehen mittels Observation (Thoraxröntgen alle 1-2d bzw. bei zuneh- menden Symptomen) beschritten werden. Ein Pneumothorax über 4cm wird üblicherweise interventionell behandelt. Zur Verdeut- lichung: ein Mantelpneumothorax über ca. 4cm führt zu einem rund 50 %-igem Volu- mensverlust der betroffenen Lungenseite. Initial kann eine einfache Nadelaspiration ver- sucht werden (grüne Nadel/Venflon mit aufgesetzter Spritze und manuellem Sog), übli- cherweise wird aber gleich eine Drainage gesetzt. Hierfür wird unter sterilen Bedingun- gen und nach lokaler

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