Einführung in die Wirtschaftsinformatik PDF
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Universität Bern
2024
Prof. Dr. Thomas Myrach
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This document is a lecture on Wirtschaftsinformatik, focusing on processes and information systems, specifically digitalization of processes. The lecture, given by Prof. Dr. Thomas Myrach at the University of Bern on May 1, 2024, covers topics like digital media, automation, and communication in processes.
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Einführung in die Wirtschaftsinformatik Prozesse und Informationssysteme: Digitalisierung von Prozessen Prof. Dr. Thomas Myrach Universität Bern Institut für Wirtschaftsinformatik Abteilung Informationsmanagement Bern, 1. Mai 2024 Logischer Aufbau Informationstechnologien...
Einführung in die Wirtschaftsinformatik Prozesse und Informationssysteme: Digitalisierung von Prozessen Prof. Dr. Thomas Myrach Universität Bern Institut für Wirtschaftsinformatik Abteilung Informationsmanagement Bern, 1. Mai 2024 Logischer Aufbau Informationstechnologien Daten Prozesse Nutzen Lernziele dieser Lektion − Sie können beschreiben, in welchen Aspekten sich Prozessdigitalisierung niederschlägt. − Sie haben einen Eindruck, in welchen Komponenten eines Informationssystems sich ein Prozess niederschlägt. − Sie können beschreiben, wie der Zusammenhang zwischen menschlichen und maschinellen Akteuren in einem Prozess ist. − Sie wissen, wie man (Swim-)Lanes zur Modellierung von Interaktionen zwischen Benutzern und Systemen nutzt. − Sie können anhand eines Beispiels verschiedene Ausprägungsformen der Digitalisierung beschreiben. − Sie wissen, was unter Workflows verstanden wird. 3 Gliederung Prozessdigitalisierung Prozesse und sozio-technische Systeme Beispiel für Prozessdigitalisierung Prozesse und Informationssysteme 4 Digitale Prozesse Merkmale der Prozessdigitalisierung − Digitale Medien − In Prozessen verwendete Dokumente/Belege werden digitalisiert. − Erhöhte Flexibilität bei der Bearbeitung, Veränderung und Weitergabe. − Automatisierung − Prozessaktivitäten werden maschinell erledigt. − Aktivitäten erfordern weniger menschliche Arbeit, werden schneller und weniger fehleranfällig. − Kommunikation − Nachrichten werden in digitaler Form über Rechnernetze ausgetauscht. − Koordination in und zwischen Prozessen wird beschleunigt und vereinfacht. 5 Dokumente und Digitalisierung − Dokumente manifestieren sich traditionellerweise als Papierdokumente. − Für die Digitalisierung werden sie in geeigneten Datenstrukturen abgebildet. − Auf der Benutzeroberfläche werden Dokumente durch Bildschirmmasken repräsentiert. − In Datenbanksystemen finden sich die Daten von Dokumenten in einem logischen Datenschema. − Zwischen der externen und der logischen Ebene bestehen Unterschiede. 6 Dokumente und Digitalisierung Beispiel: Datenschema für Angebotsdaten Angebotnr Kunde Kunde Ort SO030 4711 4711 X SO031 4711 4712 Y SO032 4712 Angebotnr Artikel Menge SO030 A 5 SO030 B 1 SO031 A 1 Artikel Preis SO031 B 4 A 20 SO032 C 3 B 35 SO032 A 2 C 50 7 Dokumente und Digitalisierung Beispiel: Externe Sichten für Angebotsdaten Kunde: Chamber Works Ort: Detroit Auftragsnr: SO003 Datum: 2019-03-20 Artikel Menge Spreis VPreis On-Site Monitor 10 30.75 307.50 Toner Cartridge 1 70.00 70.00 8 Digitalisierung und Automatisierung − Vom System durchgeführte (teil-) automatische Arbeitsschritte und gesicherte Regeln. − Erfolgt durch Algorithmen, die in Computer-Programmen realisiert sind. − Automatismen entlasten die menschlichen Akteure bei der Durchführung des Prozesses. − Positive Folgen: − Verringerung des Arbeitsaufwands − Beschleunigung des Arbeitsablaufs − Reduzierung von Fehlerquellen 9 Digitalisierung und Automatisierung Beispiel: Lagerbestandsreduktion Die Auslieferung des Auftrags «SO030» führt zu einer Lagerbestandsreduktion bei den ausgelieferten Artikeln. Artikel Preis L_Menge Auftragnr Artikel A_Menge A 20 20 t1 B 35 10 SO030 A 5 SO030 B 1 C 50 12 SO031 A 1 Artikeldaten SO031 B 4 t2 Artikel Preis L_Menge SO032 C 3 A 20 15 SO032 A 2 t3 B 35 9 Auftragsdaten C 50 12 10 Kommunikation und Digitalisierung − Kommunikation ist das Versenden von Nachrichten von einem Sender (Quelle) an einen Empfänger (Senke). − Computer sind durch Ein- und Ausgabegeräte in der Lage, mit der Umwelt zu kommunizieren. − Traditionell werden Dokumente für die Weitergabe ausgedruckt. − Ausgegebene Dokumente müssen beim Empfänger wieder manuell eingegeben werden. − Alternative ist die Versendung von digitalen Dokumenten über geeignete Kommunikationsmedien. − Export und Import der Daten über Datenschnittstellen. 11 Kommunikation und Digitalisierung Datenaustauschprozess Export Transport Import Applikation Applikation "abc" "abc" 1 2 Papier- Postversand Manuelle ausdruck Fax Eingabe Datei- Datenträger Datei- export Netzwerk import 12 Zwischenfazit − Prozessdigitalisierung setzt an unterschiedlichen Aspekten an. − Im Zentrum steht die Digitalisierung von Dokumenten, die damit informationstechnisch bearbeitbar werden. − Die Verarbeitbarkeit von digitalen Dokumenten bzw. Daten ermöglicht die Automatisierung von Prozessschritten. − Durch die Digitalisierung kann auch die Übertragung von Nachrichten anders gestaltet werden. − Der digitale Austausch von Daten hat das Potenzial, Prozesse zu beschleunigen. 13 Gliederung Prozessdigitalisierung Prozesse und sozio-technische Systeme Beispiel für Prozessdigitalisierung Prozesse und Informationssysteme 14 Prozesse und Handlungsträger Mensch und Maschine Handlungs- träger Mensch Maschine 15 Prozesse und Automatisierung − Manuelle Prozess(-aktivität) − Wird ausschliesslich von Menschen durchgeführt. − Maschinen sind nicht beteiligt. − Teilautomatische Prozess(-aktivität) − Wird sowohl von Maschinen als auch von Menschen durchgeführt. − Menschen und Maschinen interagieren dabei miteinander. − Automatischer Prozess(-aktivität) − Wird ausschliesslich von Maschinen durchgeführt. − Es erfolgt kein Eingriff von Menschen. 16 Use Case (Anwendungsfall) Ein Use Case beschreibt die Ein Use Case bündelt Szenarien, Interaktionen eines Akteurs die eintreten können, wenn ein mit einem Software-System zur Akteur versucht, mit Hilfe des Erreichung eines fachlichen Systems das fachliche Ziel zu Ziels. erreichen. Interaktionen Use Case Akteur System 17 Use Case (Anwendungsfall) Darstellungsformen Use-Case-Diagramm: Use-Case-Formular: Gibt einen visuellen Überblick. Präzisiert einen Use Case. Beschreibt Interaktionen in Szenarios. Interaktionen Use Case Akteur System 18 Use Case (Anwendungsfall) Beispiel: Use Case "Angebot erstellen" Angebot erstellen Vertriebsmitarbeiter Schritt Akteur System 1 Angebot anlegen wählen 2 Angebotsmaske anzeigen 3 Kundendaten auswählen 4 Kundendaten übernehmen 5 Produktdaten auswählen 6 Produktdaten übernehmen 7 Erstellung abschliessen 19 Prozessmodelle (BPMN) Abbildung in Prozessdiagrammen − In Geschäftsprozessdiagrammen (BPD) können Aktivitäten modelliert werden. − Es lässt sich nicht direkt modellieren, ob die Aktivitäten von Menschen und/oder Maschinen durchgeführt werden. − Die Aktionen von Menschen und Maschinen könnten auf verschiedene Arten berücksichtigt werden: − Prozessdiagramme könne Aktionen modellieren ohne nähere Kennzeichnung, ob diese manuell und/oder maschinell durchgeführt werden. − In Prozessdiagrammen können die Aktionen von Menschen und Maschinen dadurch modelliert werden, dass diese verschiedenen Swimlanes zugeordnet werden. 20 Prozessmodelle (BPMN) Implizite Benutzer-System-Interaktion Vertrieb Angebot Angebot erstellen versenden Anfrage Angebot Angebot erhalten erstellt gesendet 21 Prozessmodelle (BPMN) Explizite Benutzer-System-Interaktion Anfrage erhalten Verkäufer Angebot Kunden- Produkt- daten Erstellung anlegen daten auswählen abschliessen wählen auswählen Angebot erstellt Angebots- Produkt- System Kundendaten daten maske übernehmen anzeigen übernehmen 22 Zwischenfazit − In sozio-technischen Systemen interagieren menschliche und maschinelle Akteure bei der Bearbeitung einer Aufgabe. − Menschliche und maschinelle Aktivitäten ergeben zusammen den Prozess. − An der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine finden Interaktionen statt. − Dies wird durch die Technik der Use Cases zum Ausdruck gebracht. − In Prozessdiagrammen wie BPMN werden menschliche und maschinelle Tätigkeiten oftmals nicht differenziert dargestellt. − Allerdings kann die Rolle von Mensch und Maschine durch einzelne (Swim-) Lanes abgebildet werden. − Durch die Einordnung der Aktivitäten in die Lanes wird die menschliche oder maschinelle Bearbeitung deutlich gemacht. 23 Gliederung Prozessdigitalisierung Prozesse und sozio-technische Systeme Beispiel für Prozessdigitalisierung Prozesse und Informationssysteme 24 Prozessveränderungen durch Digitalisierung Beispiel: Evolution bei den Zahlungen Digitale Welt Analoge Welt Heute Zukunft Abtippen Scannen Genehmigen 25 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung Zahlungsaufträge über Formular − Kunden können ihrer Bank schriftlich einen Zahlungsauftrag erteilen. − Für einen Zahlungsauftrag wird ein vorgegebenes Formular verwendet. − Das Formular wird zur Autorisierung des Zahlungsauftrags benötigt und ist daher zu unterschreiben. − Das ausgefüllte Formular ist mit den Einzahlungsscheinen der Bank zu übermitteln. 26 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung Brieflich mit Zahlungsauftrag R.empfänger Zahlungs- Zahlungs- Zahlungs- auftrag auftrag auftrag Zahlungs- nehmen ausfüllen verschicken auftrag Z.auftrags- Rechnung Zahlungsauftrag formulare Einzahlungs- schein(e) Bank Rechnung Einzahlungs- R.steller schein 27 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung Digitalisierung von Zahlungsaufträgen − Kunden können über ein Web-Portal mit ihrer Bank interagieren. − Damit können Transaktionen ausgelöst werden, die sonst einen Gang zu einer Bankfiliale erfordert haben. − Die Substitution des Schalterbetriebs durch einen elektronischen Kanal verspricht insbesondere den Banken eine Kosteneinsparung. − Im E-Banking können auch Zahlungsanweisungen erfolgen. − Der Zahlungsauftrag über ein spezielles Formular entfällt. − Die Kunden autorisieren sich über die Web-Seite. − Der Vorgang der Rechnungsstellung ist vorderhand unberührt. − Kunden bekommen weiterhin vom Rechnungssteller eine Rechnung, häufig mit einem vorgedruckten Einzahlungsschein. − Dieser dient dem Kunden nur noch als Vorlage für das Erfassen der Zahlungsdaten. 28 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung E-Banking-Prozess aus Kundensicht: Manuelle Erfassung Banksystem R.empfänger Rechnungs- E-Banking daten starten erfassen Rechnung Zur Zahlungs- maske Verarbeitung anzeigen vormerken Rechnung Teilautomatisierung einer Prozessaktivität: Manuelle Erfassung der Daten vom Papier Übermittlung der Einzahlungs- durch Menschen. Zahlungsanweisung R.steller schein auf Papier entfällt. 29 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung E-Banking-Prozess aus Kundensicht: Scannen der Daten Banksystem R.empfänger Rechnungs- Rechnungs- E-Banking daten daten starten scannen kontrollieren Rechnung Zur Zahlungs- maske Verarbeitung anzeigen vormerken Rechnung Teilautomatisierung einer Prozessaktivität: Übermittlung der Einzahlungs- Scannen der Daten Zahlungsanweisung R.steller schein mit vom Papier durch auf Papier entfällt. Q-Code Menschen. 30 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung Electronic Bill Presentment and Payment (EBPP) − Form der digitalen Abwicklung des Rechnungs-Zahlungsprozesses. − Setzt sich aus zwei Elementen zusammen: − Präsentation der Rechnung − Bezahlungsmöglichkeit − Häufig in Form des Konsolidatoren-Modells über ein Portal. − Rechnung wird auf dem Portal bereitgestellt. − Der Rechnungsempfänger wird benachrichtigt. − Der Rechnungsempfänger kann die Rechnung genehmigen und die Zahlung auslösen. − Typischerweise besteht eine Schnittstelle zur Geschäftsbank des Rechnungsempfängers, die die genehmigte Zahlung gleich verarbeiten kann. 31 Beispiel: Rechnungsstellung und Zahlung EBPP-Prozess aus Kundensicht: Vorlage digitaler Rechnungen EBPP-Portal R.empfänger EBPP- Rechnung Portal genehmigen starten Zur Rechnung(en) Verarbeitung anzeigen vormerken Teilautomatisierung: Zahlungs- Rechnungs- Genehmigung der anweisung benachrichtigung elektronischen Übermittlung der Rechnung durch Zahlungsanweisung R.steller Digitalisierung der Rechnungsdokumente: Menschen. Übermittlung digitaler Dokumente und auf Papier entfällt. Nachrichten. 32 Fazit − Durch Prozessdigitalisierung wird Prozessveränderung ermöglicht. − Bei der Digitalisierung kann es zu unterschiedlichen Ausprägungen und Gestaltungsvarianten kommen. − Digitalisierung kann ganz neue Vorgehensweisen ermöglichen. − Ziel jeder Prozessveränderung durch Digitalisierung sollte eine Verbesserung des Prozesses für die beteiligten Akteure sein. − Dies sollte sich in betriebswirtschaftlichen Vorteilen niederschlagen. 33 Gliederung Prozessdigitalisierung Prozesse und sozio-technische Systeme Beispiel für Prozessdigitalisierung Prozesse und Informationssysteme 34 Prozesse und Informationssysteme − Geschäftsprozesse schlagen sich in Informationssystemen typischerweise nur implizit nieder. − Die Anforderungen eines Geschäftsprozesses können sich an verschiedenen Stellen der Systemarchitektur zeigen. − Es kann gravierende Folgen haben, wenn ein Geschäftsprozess nicht zum Informationssystem passt. − Anpassungen zwischen Geschäftsprozessen und Informationssystemen können erforderlich sein. − Grundsätzliche Anpassungsvarianten: − Der Geschäftsprozess muss an die Möglichkeiten des Informationssystems angepasst werden. − Das Informationssystem muss an die Anforderungen des Geschäftsprozesses angepasst werden. 35 Prozesse und Informationssysteme Ansatzpunkte in der Systemarchitektur Benutzer- − Benutzerführung: Schnittstelle Die Benutzerführung entspricht dem (User Interface) Prozessablauf. − Funktionen/Geschäftslogik: Geschäftslogik Die Geschäftslogik automatisiert (Business Logic) einzelne Schritte des Prozesses. − Datenstrukturen: Die Datenstrukturen entsprechen Datenhaltung den im Prozess benötigten Daten (Data Management) und ihren Abhängigkeiten. 36 Workflow-Management Begriff Workflow − Informationstechnische Unterstützung von Geschäftsprozessen. − Die einzelnen Schritte werden (teilweise) automatisiert. − Basis ist eine Spezifikation für die Ausführung von Arbeitsabläufen − Anhand dieser Spezifikation wird der Ablauf durch ein IT-System gesteuert. − Ausführende Ressourcen können Menschen und Maschinen sein. − Menschen bekommen durch den Workflow bestimmte Aufgaben, die sie bearbeiten müssen. − Der Workflow überwacht, ob die Aufgaben in einer gewissen Frist bearbeitet werden. − Zu benutzende Ressourcen sind Unterlagen, wie z.B. Dateien. 37 Workflow-Management Komponenten eines Workflows 38 Workflow-Management Handlungsaufforderungen − Menschen können im Rahmen von Workflows Aufforderungen zur Erledigung bestimmter Arbeitsschritte erhalten. − In festgesetzten Fristen können auch Erinnerungen erfolgen. − Allenfalls können Stellvertreterregelungen hinterlegt sein. 39 Zwischenfazit − Prozesse schlagen sich in herkömmlichen Programmen oftmals nur implizit nieder. − Für den Prozess relevante Festlegungen können auf allen drei Ebenen einer Systemarchitektur erfolgen. − Durch Workflows ist es möglich, Prozesse in einem System zu hinterlegen und sie maschinell zu steuern. − Die zu erledigenden Aufgaben werden vom System angestossen. − Menschen können im Zuge von Workflows Handlungsaufforderungen erhalten. 40