Deakquisition - dasBibliothekswissen (PDF)

Summary

This document is a guide on library deacquisition, detailing criteria for removing materials from a library's collection, including cases where materials are no longer needed due to a loss of public interest or changes in usage patterns. It covers various aspects of the deacquisition process, such as criteria, organization, and associated costs.

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Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...  Suche...  Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   Sie be nden sich hier: Home » dasBibliothekswissen » Handbuch » Deakquisition Deakquisition 20.09.2024 — Von Prof. Dr. Konrad Umlauf. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH  Kapitel 8.1.5 in Au age 86  In Kapitel: Produktpolitik, Informationsdienstleistungen  Bestandsmanagement  Handbuchartikel  Premium  Geprüft  Zitationsverweis  Deakquisition ist die geplante Herausnahme von Medieneinheiten aus dem Bestand integraler Teil jedes einer Bibliothek einschließlich der Beendigung einer Lizenz. Synonyme sind Bestandskonzepts Ausscheidung, Aussonderung, Bestandsabbau, Deakzession, Löschung, engl. deacquisition und weeding, mitunter fälschlich auch Makulierung. Makulierung meint freilich die Vernichtung der deakquirierten Medieneinheiten, z. B. zur Gewinnung von Recycling-Papier. Deakquisition soll integraler Teil jedes Bestandskonzepts sein, auch wenn bestimmte Teile des Bestands oder bestimmte Medieneinheiten von der Deakquisition ausgenommen werden, wird in der Praxis nicht selten vernachlässigt, teils konzeptionell, teils in der Anwendung eines allfällig vorhandenen Konzepts. 8.1.5.1 Kriterien Als ein Kriterium in einer Kriterienliste nennen manche Deakquisitions-Richtlinien entbehrlich. Dabei handelt es sich allerdings eher um eine Formulierung, die nahezu beliebige Interpretationen erö net als um ein fachlich tragfähiges Kriterium. In einer Deakquisitions-Richtlinie kann diese Formulierung aber gerade erwünscht sein, damit man in jedem Fall, auch wenn keines der anderen genannten Kriterien passt, deakquirieren kann. Im Folgenden sollen fachlich präzise Kriterien genannt und erläutert werden. Keine Archivierungsfunktion Zwingende Voraussetzung der Deakquisition ist in jedem Fall, dass für die Bestände Ö entlicher betre enden Medieneinheiten keine Archivierung vorgesehen ist. Das gilt generell Bibliotheken, für die Bestände Ö entlicher Bibliotheken, für Lehrbuchsammlungen und für die Bestände der meisten Spezialbibliotheken. Nach herrschendem Verständnis haben Lehrbuchsammlungen, die Universitäts-, Staats- und Landesbibliotheken insgesamt eine Archivierungsfunktion, meisten Spezialbibliotheken auch wenn dies rechtlich nicht kodi ziert ist. Frühere Ansätze zur Planung von Speicherbibliotheken, an die wissenschaftliche Bibliotheken ältere und selten nachgefragte Bestände abgeben sollten und die nur jeweils ein letztes Exemplar aufbewahren und im Fall der Nachfrage ein Digitalisat davon liefern sollten, blieben weitgehend folgenlos. Wegfall des Informationsbedarfs Ein Wegfall des Informationsbedarfs in Bezug auf bestimmte Fachgebiete, Themen, Medientypen, Niveaus usw. kann durch Ereignisse wie die folgenden verursacht werden: Allgemein: Das Verschwinden von Anwendungen, die in den Medien behandelt Verschwinden von werden. Anwendungen Bei einer Hochschulbibliothek: Einstellung eines Studiengangs. Allerdings besteht nach Immatrikulationsstopp noch für einige Jahre, mindestens die doppelte Regelstudienzeit, ein Bedarf fort. Bei einer Schulbibliothek: Wegfall eines Unterrichtsfachs, einer Schulstufe, Wegfall eines Unterrichtsfachs 1 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... Wegfall eines Unterrichtsfachs Wegfall von Themen, die bisher im Unterricht behandelt wurden.   Kontakt Bei einer Hochschulbibliothek: Umpro lierung einer Professur aus Anlass einer Neuberufung. dasBibliothekswissen Bei einer Hochschul-, Spezial- oder Institutsbibliothek: Beendigung eines  Themen Handbuch   Forschungsprojekts, das sonst nicht bearbeitete Forschungsthemen bearbeitete. Bei einer Ö entlichen Bibliothek: Verschwinden von Themen aus dem ö entlichen Diskurs. Allerdings sind interdisziplinäre Aspekte mit zu bedenken. Bei Einstellung eines Studiengangs Sinologie kann die Literatur des Faches – oder jedenfalls seine grundlegende Literatur – weiterhin für Studiengänge wie Japanologie oder Linguistik von Interesse sein. Auch der Zeitverlauf von Substitutionen kann noch einige Zeit weiteren Bedarf bedeuten, nachdem ein Produkt vom Markt verschwunden ist; beispielsweise waren DOS-Anwendungen noch viele Jahre nach der Einstellung seiner Auslieferung und des Supports verbreitet. Aus diesen und anderen Gründen zwei bis drei Jahre nicht spricht einiges dafür, den Wegfall eines Informationsbedarfs allein nicht zum Anlass für Deakquisition zu nehmen, sondern das Erlöschen der Nutzung abzuwarten. ausgeliehen Keine Nutzung (mehr) Nutzung wird vordergründig durch Ausleihen angezeigt. Aufwändiger zu messen ist die Präsenznutzung. Eine Maßnahme kann sein, die Medieneinheiten, bei denen vermutet wird, dass sie keine Präsenznutzung mehr haben, ins geschlossene Magazin zu versetzen und nach einem Jahr die Zahl der Bestellungen zu überprüfen. Das Amt für Bibliotheken und Lesen in Südtirol emp ehlt den allerdings mit guten Erwerbungsetats ausgestatteten Ö entlichen Bibliotheken der Provinz, Medieneinheiten zu deakquirieren, wenn sie zwei bis drei Jahre lang nicht ausgeliehen wurden. 1 Verzicht auf Sta elexemplare bzw. Rückführung der Lizenzen auf eine Nutzungsoption Ein Verzicht auf Sta elexemplare kann die Reaktion auf zurückgegangene Nutzung oder die gelindere Form einer Reaktion auf fehlende Nutzung sein: Nur ein letztes auf einen aktuellen Bedarf Exemplar wird aufbewahrt, weil es für die gering gewordene Nutzung ausreicht oder obwohl es nicht mehr genutzt wird. ausgerichtet Veränderung des Bestandspro ls Bei Gebrauchsbibliotheken wie Lehrbuchsammlungen, Ö entlichen Bibliotheken, den meisten Fachhochschul- und Spezialbibliotheken ist das Bestandspro l auf einen aktuellen Bedarf ausgerichtet. Freilich deckt die Bibliothek häu g nicht den Medienbedarf ihrer Zielgruppen insgesamt ab, sondern nur de nierte Bereiche davon. So sehen sich Hochschulbibliotheken für den Freizeitbedarf ihrer Studierenden nach Mangas, Fantasy Romanen oder Mietrechtsratgebern in der Desinformation Regel als nicht zuständig an. Eine Veränderung des Bestandspro ls kann deshalb auch bei (fort-)bestehendem Bedarf zur Deakquisition führen. Veralterung In Gebrauchsbibliotheken ohne Archivierungsfunktion besteht kein Bedarf, inhaltlich veraltete Medieneinheiten im Bestand aufzubewahren. Die Praktiker in Ö entlichen Bibliotheken neigen zu der Au assung, veraltete Medieneinheiten, insbesondere auf dem Fachgebiet Recht, könnten Desinformation bewirken. Um das Kriterium ohne Ausstattung und Layout eine detaillierte inhaltliche Prüfung handhabbar zu machen, praktiziert man z. T. die Deakquisition einer früheren Au age, sobald eine aktuelle Au age erworben wurde. Das ist in vielen Fällen allerdings zu schematisch. In Ö entlichen Bibliotheken bezieht man das Kriterium nicht nur auf die Inhalte, sondern auch auf Ausstattung und Layout und deakquiriert Belletristik oder Kinderbücher mit altmodisch wirkenden Covern, während zugleich Neuausgaben mit genau denselben Texten erworben werden. Die Empfehlung des HochschulinformationsSystems Hannover, geistes- und sozialwissenschaftliche Medieneinheiten sollen in der Regel nach 40 Jahren, Medieneinheiten der 2 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...   Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   3 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...   Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   4 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...   Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   5 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...   Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   6 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio...   Kontakt dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   naturwissenschaftlichen, technischen und medizinischen Fächer sollen in der Regel nach 20 Jahren wegen Veralterung deakquiriert werden, wurde im Allgemeinen nicht umgesetzt. 2 Verschleiß, Verschmutzung Verschlissene Medieneinheiten sollen deakquiriert und, wenn sie nicht veraltet sind und ein Informationsbedarf weiter besteht, durch neue Exemplare ersetzt werden. In Ö entlichen Bibliotheken legt man großen Wert auf einen auch physisch attraktiven Bestand; die Maßstäbe für die Benutzer setzt der stationäre Buchhandel. Verzicht auf Print, wenn zusätzlich Mikroform oder online vorhanden In Hochschulbibliotheken betrachtet man Netzpublikationen oft als attraktiver als Printausgaben. Dies entspricht jedoch nicht in allen Fällen den Erwartungen der Benutzer. Eine Benutzerbefragung an der Universität Karlsruhe (Karlsruhe Institute of Technology) ergab, dass gedruckte Lehr- und Fachbücher häu ger als elektronische Bücher genutzt werden – ob hier das Angebot die Nutzung prägt oder ob es sich um Optionen der Benutzer handelt, wurde dabei nicht untersucht. 3 An bayerischen Hochschulbibliotheken bevorzugt gut die Hälfte der Benutzer Lehrbücher in gedruckter Form. Wenn die Verzichtsoption angesprochen wird, äußern die Befragten folgende Präferenzen: 37 Prozent der Befragten können auf das gedruckte Lehrbuch verzichten, wenn es elektronisch verfügbar ist, 53 Prozent auf das wissenschaftliche Buch und 65 Prozent auf das Nachschlagewerk. 4 Der Verzicht auf Printausgaben, wenn die betre ende Ausgabe als Netzpublikation verfügbar ist, stellt gegenwärtig wohl eher eine bibliothekarische Rationalisierungsmaßnahme dar. Noch stärker gilt dies für die Alternative von Mikroformen; sie sind in der Benutzung unbeliebt. Gleichwohl verzichten viele Bibliotheken auf die Aufbewahrung von gedruckten historischen Zeitungen, historischen Dissertationen und Patenten, wenn der Inhalt auf Mikroformen im Bestand bleibt, nicht zuletzt wegen der ohnehin geringen Nutzung bei aufwändiger Bestandserhaltung der physischen Exemplare. Raumgewinn Wiederholt stellt sich das Erfordernis der Reduktion des Bestands einzig aus dem Interesse am Raumgewinn, wenn die Regalkapazitäten erschöpft sind und eine Flächenerweiterung nicht in Sicht ist. Dann werden Kriterien wie die hier angeführten zur Anwendung gebracht, die man ohne dieses Erfordernis nicht angewendet hätte. Mit dem Motiv des Raumgewinns bzw. der Unterbindung von Neubaubedarfen wird die oben zitierte Empfehlung des HochschulinformationsSystems Hannover begründet (Deakquisition geistes- und sozialwissenschaftlicher Bestände nach 40 Jahren, Deakquisition in STM-Fächern nach 20 Jahren). 5 8.1.5.2 Ausgenommene Bestände Von der Deakquisition ausgenommen sind Medieneinheiten, für die eine rechtliche Verp ichtung zur unbefristeten Aufbewahrung besteht. Die Archivierung ist rechtlich 7 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... verp ichtend bei P ichtstücken – dem P ichtexemplarrecht steht die unbefristete   Kontakt Aufbewahrungsp icht gegenüber – und bei Kulturgut, das unter das Kulturgutschutzgesetz fällt und das mithin ins Verzeichnis national wertvollen dasBibliothekswissen Kulturgutes (www.kulturgutschutz-deutschland.de) eingetragen ist.  Themen Handbuch   Das Kulturgutschutzgesetz macht die Abwanderung, z. B. den Export, national wertvoller Kulturgüter von einer restriktiv zu handhabenden Genehmigung abhängig. Das betri t nicht direkt die Deakquisition, doch eine legale Abwanderung setzt die Deakquisition voraus. Anders liegen die Verhältnisse bei einem Standortwechsel mit Eigentumsübertragung innerhalb Deutschlands; hier fände gar keine Abwanderung statt – allerdings wird eine solche Eigentumsübertragung höchst selten vorgenommen. Ferner sind hier Medieneinheiten zu nennen, für die aufgrund eines Schenkungsvertrags, eines Dauerleihvertrags o. ä. eine Aufbewahrungsverp ichtung besteht. Über die rechtliche Verp ichtung hinaus können in einer Deakquisitions-Richtlinie Gruppen von Medieneinheiten, die im Interesse der unbefristeten Aufbewahrung von der Deakquisition ausgenommen sind, ausdrücklich genannt werden wie z. B. (die folgenden Gruppen sind nicht durchgängig disjunkt und können deshalb als Liste nicht ohne Weiteres verwendet werden): Erwerbungen im Rahmen des Sondersammelgebietsprogramms bzw. eines Fachinformationsdienstes, Altbestand, Medieneinheiten mit Erscheinungsjahr vor…, Unikate, letzte Exemplare, wenn die Bestandspolitik nur die Deakquisition von Mehrfachexemplaren vorsieht, ggf. das letzte Exemplar in einem Verbund, bestimmte Medientypen, beispielsweise Nachlässe, Handschriften, bibliophile Publikationen, Malerbücher… Medieneinheiten der Zugangsjahre 1933 bis 1945 (es könnte sich um Raubgut handeln), Medieneinheiten de nierter Provenienzen, z. B. Publikationen der übergeordneten Institution oder über Schriftentausch bezogene Medieneinheiten, Medieneinheiten, die als geschlossene Sammlung in die Bibliothek gekommen sind und in diesem Kontext erhalten werden sollen, Regionalia, Klassiker, kulturelles Erbe. 8.1.5.3 Organisation und Kosten Hinsichtlich der Organisation kommt es zunächst darauf an, Zuständigkeiten zu scha en. Üblich ist, für die Deakquisition genau die Mitarbeiter zuständig zu machen, die auch für den Bestandsaufbau zuständig sind. Personalkapazitäten für die Deakquisition vorzusehen. Sehr häu g wird Deakquisition nicht laufend in der Routine betrieben, sondern als kleinere Projekte organisiert, die in Zeiten geringerer Auslastung realisiert werden, z. B. während der vorlesungsfreien Zeit oder während der Sommermonate mit nachlassender Benutzung der Ö entlichen Bibliotheken – wenn nicht die eigenen Mitarbeiter vor allem genau in dieser Zeit Urlaub haben. Anspruchsvoll und bis jetzt kaum vorgenommen wären Berechnungen, die die Kosten für den Betrieb großer Magazin ächen einschließlich der Gebäudeabschreibungen den Personalkosten für die Deakquisition gegenüberstellen, um eine Kosten- Nutzen-Entscheidung für die eine oder die andere Option zu begründen. In Ö entlichen Bibliotheken kamen Untersuchungen über Arbeitszeitbedarfe auf einen Wert von 2,04 Minuten je Deakquisitionsfall (Entscheidung, Herausnahme aus dem Regal, Löschung im Katalog, Entsorgung), in Universitätsbibliotheken auf 15 Minuten mit einem Anteil von 40 Prozent des gehobenen Dienstes und 60 Prozent des mittleren Dienstes. 8 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... Die Deakquisitionsentscheidung wird durchgeführt, indem eines der folgenden   Kontakt Verfahren angewendet wird oder Kombinationen davon: dasBibliothekswissen bei physischen Beständen Einzelprüfung am Regal,  Themen Handbuch   Einzelprüfung am Katalog, Generierung von Listen nach formalen Kriterien wie: — Erscheinungsjahr, — Ausleihhäu gkeit unter einem bestimmten Wert, — Erscheinungsjahr vor einem bestimmten Wert. Je nach Charakter der Entscheidung kann sie an Hilfskräfte delegiert werden, die dann z. B. anhand formaler Kriterien Medieneinheiten aus dem Regal herausnehmen. Weitere Schritte im Deakquisitionsprozess sind: Löschung des Exemplardatensatzes (bei Deakquisition von Mehrstücken) bzw. des Katalogisats (bei Deakquisition des letzten oder einzigen Exemplars), ggf. Kennzeichnung im Inventarverzeichnis, Entwidmung des physischen Exemplars (i. d. R. durch einen Stempelaufdruck neben dem Eigentumsstempel). Bei Netzpublikationen steht an dieser Stelle der Prozesskette die Sperrung des Zugri s und ggf. die Löschung der Dateien, wenn diese auf dem eigenen Server gehostet werden. Zwischenlagerung bis zur Entsorgung (zu dieser siehe 8.1.5.4). 8.1.5.4 Entsorgung Die Zwischenlagerung bis zur Entsorgung muss so geschehen, dass eine unbefugte Entsorgung nicht möglich ist. Folgende Kanäle kommen für die Entsorgung physischer Medieneinheiten in Frage. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen müssen vorab geklärt werden (Befugnis zum Verkauf bzw. zur kostenlosen Abgabe, Vereinnahmung und Verbuchung der Zahlungen). Der Verkauf oder die unentgeltliche Weitergabe von Netzpublikationen, an denen die Bibliothek das Eigentum erworben hat, ist rechtlich dann nicht zulässig, wenn die Bibliothek das Eigentum unter – wie üblich – Allgemeinen Geschäftsbedingungen erworben hat, die dies ausschließen (Urteil des Bundesgerichtshofs AZ: I-ZR 120/14, OLG Hamm AZ: 22 U 60/13). Antiquariatsbuchhandel. Infolge des schwunghaften Handels mit gebrauchten Büchern auf Plattformen wie dem Zentralen Verzeichnis antiquarischer Bücher (www.zvab.com) lassen sich relevante Preise nur ausnahmsweise erzielen und man ist mitunter froh, wenn man einen Antiquar ndet, der beträchtliche Mengen bedruckten Altpapiers abtransportiert und einen symbolischen Preis bezahlt. Altpapierhandel. Manchmal ndet man nicht einmal Bieter zur Abholung des Altpapiers. Problematisch für Altpapierhändler sind i. d. R. die Einbanddecken, besonders wenn sie foliiert sind. Aber ein halbes Jahr später kann die Situation anders sein, weil die Altpapierpreise stark schwanken. Flohmarkt. Besonders Ö entliche Bibliotheken haben gute Erfahrungen mit dem Einzelverkauf (Au age im Foyer usw., unkontrollierter Münzeinwurf) und mit dem Aktionsverkauf auf Stadtfesten o. ä. (z. B. nach Gewicht, nach Größe…) gemacht. Verschenken. Man kann die entwidmeten Exemplare im Foyer usw. zur kostenlosen Mitnahme auslegen. Oder man ndet gemeinnützige Vereine vor Ort, die das Altpapier abholen und ihrerseits die weitere Entsorgung übernehmen, ggf. an den Altpapierhandel verkaufen und eine allfällige Zahlung für ihre Zwecke verwenden. Derartige Verfahren sollen durch einen Verwaltungsakt abgesichert sein. Makulierung. Hierbei führt die Bibliothek das Altpapier direkt, ohne den Altpapierhandel, der Müllentsorgung oder der Altpapierverwertung zu. Tausch. Besonders Spezialbibliotheken, allen voran Kunst- und Museumsbibliotheken, unterhalten einen elaborierten Schriftentausch. Man 9 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... kann den etablierten Tauschpartnern deakquirierte Stücke anbieten; dazu   Kontakt kann ein eigens dafür eingerichtetes Wiki mit RSS-Feed dienen. Allgemein steht für Tauschangebote und Suche nach Tauschstücken die Datenbank Eltab dasBibliothekswissen (Elektronische Tauschbörse für Bibliotheken, https://eltab.ub.uni-kl.de),  Themen Handbuch   betrieben von der Universitätsbibliothek Kaiserslautern, zur Verfügung. Freilich liegt im Interesse der Kooperation mit den Tauschpartnern, dass man nur solche Titel anbietet, die für die Partner potenziell von Interesse sein können. Manche Partner achten genau auf eine ausgeglichene Tauschbilanz, sei es in Stückzahlen oder nach monetärem Wert. Abgabe an eine Speicherbibliothek, an eine Archivbibliothek. Der Unterschied zum Tausch besteht vor allem im Fehlen der potenziellen Gegenleistung, auch darin, dass der Empfänger in den meisten Fällen vorab auf vertraglicher Basis oder kraft einer Richtlinie feststeht. Egal, welcher Kanal gewählt wird (falls er überhaupt gangbar ist): Eine Kosten- Nutzen-Abwägung ist erforderlich. Ein meistens besonders ungünstiges Kosten- Nutzen-Verhältnis weisen folgende Entsorgungskanäle auf: Flohmarkt als Aktionsverkauf. Die erzielten Einnahmen stehen i. d. R. in einem gravierenden Missverhältnis zu den Personalkosten. Die Aktion lässt sich fast nur als Maßnahme der Ö entlichkeitsarbeit rechtfertigen. Anders liegen die Verhältnisse, wenn Freiwillige die Aktion oder den Einzelverkauf leisten. Makulierung. Diese Maßnahme kommt fast nur in Betracht, wenn die Müllabfuhr kostenlos oder im Rahmen eines Pauschalvertrags Altpapiertonnen zur Verfügung stellt. Tausch. Nur bei schmalen Segmenten der Medienmärkte (Ausstellungskataloge, Kongressschriften, Erstausgaben u. a. m.) steht der Aufwand für den Schriftentausch in einem akzeptablem Verhältnis zum Nutzen, d. h. zu den erhaltenen Medieneinheiten. Je kleiner die Losmengen, desto schlechter das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Je größer die Losmengen, desto problematischer kann die ö entliche Wahrnehmung sein. 8.1.5.5 Externe und interne Kommunikation Obwohl Deakquisition integraler Bestandteil der Bestandspolitik ist und die entsorgten Medieneinheiten i. d. R. weder monetär noch kulturell relevante Werte darstellen, emp nden Teile der Mitarbeiter in Bibliotheken und Teile der Ö entlichkeit die Deakquisition als unzulässig, wie u. a. Nicholson Baker’s Polemik gegen die British Library zeigte. 6 Innerbetrieblich sind folgende Maßnahmen empfehlenswert: Dienstanweisungen. Sie tragen zur Überzeugung der Mitarbeiter wohl nichts bei, vermitteln aber den Mitarbeitern das Gefühl, abgesichert zu sein und ggf. nicht persönlich belangt werden zu können. Fortbildungen und Workshops. Wichtig sind hier Best-Practice-Beispiele aus anderen Bibliotheken, am besten vorgetragen von Mitarbeitern dieser Bibliotheken. Deakquisitionskonzepte, die von eigenen Mitarbeitern oder von externen Gutachtern erstellt wurden. Man hat unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz im Kollegium gute Erfahrungen gemacht, wenn diese Deakquisitionskonzepte ein Spektrum an Varianten anbieten, von denen weder die radikalsten noch die gelindesten implementiert werden. In der externen Kommunikation bieten sich folgende Maßnahmen an: Gremienarbeit bei der übergeordneten Institution, z. B. der Bibliothekskomission der Hochschule oder dem Kulturausschuss der Gemeindevertretung. Hier gilt ähnliches wie für die Fortbildungen und Deakquisitionskonzepte. Darstellung auf der Website, in Weblogs. Teile der Ö entlichkeit und ihrer Vertreter schätzen den monetären und kulturellen Wert von Medieneinheiten, 10 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... die zur Deakquisition vorgesehen sind, nicht angemessen ein. Sachliche   Kontakt Argumentationen können Einsichten erzeugen. Dasselbe gilt für Pressemitteilungen und Pressegespräche mit anschaulichen Beispielen. Ziel dasBibliothekswissen ist insbesondere zu vermeiden, dass Journalisten meinen, sie  Themen Handbuch   würden kritikwürdiges Verhalten von Mitarbeitern des ö entlichen Dienstes aufdecken, wenn sie über Deakquisitionen berichten. Gerne ist dann die metaphorische Rede von der Rettung von Kulturschätzen. Für Pressemitteilungen gelten die im Abschnitt 7.2.4 dieses Handbuchs beschriebenen Regeln. 8.1.5.6 Deakquisitions-Richtlinien Vorteilhaft ist eine Deakquisitions-Richtlinie auf Landes-, kommunaler oder Bibliotheksebene. Die Vorteile sind: Klarheit in Zuständigkeiten, insbesondere Entscheidungskompetenzen. So kann auf Landesebene geregelt sein, dass zur Deakquisition vorgesehene Bestände zunächst der Landesbibliothek anzubieten sind und nur bei deren Ablehnung deakquiriert werden dürfen. In der Praxis soll sich dann ein Konsens zwischen den Partnern herausbilden, der die Prüfung der Angebote durch die Landesbibliothek erleichtert. Legitimation der Entscheidungen, Entlastung der Mitarbeiter. Nachteile können sich ergeben, wenn die Richtlinie den fachlichen Entscheidungsspielraum unangemessen einengt. Deshalb kommt es darauf an, unter den Kriterien Formulierungen zu verwenden, die ausreichende Spielräume belassen, z. B. indem als Kriterien für die Deakquisition u. a. „entbehrlich“ und „unbrauchbar“ aufgeführt werden. Als Kriterien gegen die Deakquisition („von der Deakquisition sind ausgeschlossen…“) sollen möglichst wenige, nur zwingende Kriterien aufgeführt werden wie: Zugänge aufgrund des P ichtexemplarrechts, Zugänge mit Erscheinungsjahr vor 1850. Eine Landesrichtlinie kann durch eine interne Dienstanweisung konkretisiert werden. Bund Richtlinie des Bundesministeriums der Justiz zur „Aussonderung entbehrlicher Druckschriften aus den Bibliotheken der Bundesjustizverwaltung“ vom 10. März 1995 www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/ bsvwvbund_10031995_61021110Z3158094.htm Bayern Richtlinien für die Aussonderung, Archivierung sowie Bestandserhaltung von Bibliotheksgut in den Bayerischen Staatlichen Bibliotheken vom 21. Juli 1998. In: Bibliotheksforum Bayern 26 (1998) S. 194–199. Bekanntmachung über die Aussonderung entbehrlicher Bücher. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 15. Februar 1972 In: Bayerisches Justizministerialblatt 1972 S. 33. Hamburg Abgabeordnung für Bibliotheksgut vom 2. August 1989. In: Mitteilungsblatt Hamburger Bibliotheken 10 (1990) S. 67–69. Hessen 11 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... Abgabe von Druckschriften aus den Behördenbibliotheken an die   Kontakt wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes. Gemeinsamer Runderlass vom 23. November 1970 dasBibliothekswissen In: Staatsanzeiger für das Land Hessen 1970 S. 2286.  Themen Handbuch   Aussonderung und Verwertung von Druckschriften. Runderlass des Hessischen Ministers der Justiz vom 28. September 1984 mit Änderungen vom 10. Dezember 1984 In: Justiz-Ministerial-Blatt für Hessen 36 (1984) S. 777–779, 37 (1985) S. 2. Mecklenburg-Vorpommern Richtlinien über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulbibliotheken des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 7. Juli 1993. In: AmtsBl. M-V, S. S. 1430. Geändert durch: Erste Änderung der Richtlinien über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulbibliotheken des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In: Mittl.bl. BM M-V 2001 S. 593; http:// service.mvnet.de/_php/download.php?datei_id=609 Niedersachsen Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Gerichtsbüchereien. Allgemeine Verfügung des Niedersächsischen Ministeriums der Justiz vom 3. November 1994 In: Niedersächsische Rechtsp ege 48 (1994) S. 354. Nordrhein-Westfalen Richtlinien über die Aussonderung von Bibliotheksgut, Behandlung von Buchgeschenken und Durchführung des Schriftentausches durch die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen. Erlass des Ministers für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. Januar 1990, neue Fassung vom 16. Juni 2008 amtlich nicht verö entlicht (Aktenzeichen 1452-IB.15), mitgeteilt vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Lansky Nr. 871). Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden (ohne Gefangenenbüchereien). Allgemeine Verfügung des Justizministers vom 18. August 1975 mit Änderungen vom 21. Januar 1982 und 30. April 1986, neue Fassung vom 12. Mai.1992 amtlich nicht verö entlicht (Aktenzeichen 1452-IB.15), mitgeteilt vom Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Lansky Nr. 878). Rheinland-Pfalz Aussonderung entbehrlicher Bücher und sonstiger Druckschriften aus den Büchereien der Justizbehörden (ohne Gefangenenbüchereien). Rundschreiben des Ministeriums der Justiz vom 17. März 1994. In: Justizblatt Rheinland-Pfalz 48 (1994) S. 142. Sachsen Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Aussonderung von Bibliotheksgut (VwV Aussonderung). In: SächsABl. 2001/15, S. 481. Sachsen-Anhalt Richtlinie für die Aussonderung, Archivierung sowie Bestandserhaltung von Bibliotheksgut in den Hochschulbibliotheken des Landes Sachsen-Anhalt, RdErl. des MK vom 11. Dezember 2008 (Az. 54.2-55006). In: Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt (MBl. LSA) 2008/46, S. 867 f. ULB Bonn 12 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... Handreichung für die praktische Durchführung von Aussonderungen,   Kontakt 11. September 2012 www.ulb.uni-bonn.de/institutsmitarbeiter/aussonderung dasBibliothekswissen  Themen Handbuch   FHB Emden/Leer Aussonderungsrichtlinie für die Hochschulbibliothek der Fachhochschule Emden/Leer. Gemäß Senatsbeschluss vom 13. April 2010. In: Verkündungsblätter. Amtliches Mitteilungsblatt der Hochschule Emden/Leer. Nr. 4 v. 11. Mai 2010 http://www.hs-emden-leer.de/ leadmin/user_upload/Pressestelle/pdf/ Verk%C3%BCndungsblatt~2010-4.pdf UB Karlsruhe Arbeitshilfen für dezentrale Bibliotheken: Richtlinien zur Aussonderung von Literaturbeständen, Stand März 2011 zu § 5 Abs. 4 der Verwaltungsordnung für das Bibliothekssystem vom 18. Februar 1991 www.bibliothek.kit.edu/cms/downloads/PDF/ Arbeitshilfe_Richtlinien_zur_Aussonderung_von_Literaturbestaenden.pdf Arbeitshilfen für dezentrale Bibliotheken: Aussonderung von Literaturbeständen, Handbuch Universität Karlsruhe (TH) 83. Ergänzung – Juli 2006, Stand Juli 2010 www.bibliothek.kit.edu/cms/downloads/PDF/ Arbeitshilfe_Aussonderung_von_Literaturbestaenden_IV-A1.pdf UB Kiel Richtlinien zur Aussonderung von Bibliotheksgut der Universitätsbibliothek Kiel, 18. Dezember 2002; geändert am 27. Mai 2003 www.ub.uni-kiel.de/ueber/doc/nutzung/richtlinien.html Fußnoten 1 Bestandsabbau (2012). Bozen: Amt für Bibliotheken und Lesen = http:// www.provincia.bz.it/kulturabteilung/download/Bestandsabbau_2012.pdf 2 Vogel (2005), Bernd; Cordes, Silke: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen. Organisation und Ressourcenplanung. Hannover: HIS (Hochschulplanung; 179), S. 60–63. 3 Grosch, Michael: Mediennutzungsgewohnheiten im Wandel. Ergebnisse einer Befragung zur studiumsbezogenen Mediennutzung. Unter Mitarbeit von Gerd Gidion. Karlsruhe 2011. 4 Matschkal, Leo: E-Books: elektronische Bücher. Nutzung und Akzeptanz. Umfrage an bayerischen wissenschaftlichen Bibliotheken. In: BIT online 12 (2009), Heft 4, S. 391–394. 5 Vogel (2005), Bernd; Cordes, Silke: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen. Organisation und Ressourcenplanung. Hannover: HIS (Hochschulplanung; 179), S. 60–63. 6 Baker, N.: Der Eckenknick oder wie die Bibliotheken sich an den Büchern versündigen. Reinbek bei Hamburg 2005. – Cox, R.J.: Vandals in the stacks? A response to Nicholson Baker’s assault on libraries. Westport, Conn. 2002. Konrad Umlauf 13 of 14 12/12/24, 09:16 Deakquisition | dasBibliothekswissen https://www.dashoefer.de/dasbibliothekswissen/handbuch/biblio-8-1-5-deakquisitio... Humboldt-Univ. Berlin. Studium der Ger-   Kontakt manistik, Volkswirtschaftslehre, Wirt- schaftspädagogik und Publizistik an der dasBibliothekswissen Freien Universität Berlin, 1981 Dipl.-Bibl.  Themen Handbuch   ÖB Berlin....  Weitere Informationen 14 of 14 12/12/24, 09:16

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